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Warum kostet Milchkaffee in einem Glas sechs Franken, wie kommen Sie schnell und günstig zu einer neuen Wohnungseinrichtung, oder wie machen Sie am besten Karriere? In den Texten findet sich für alle und alles eine Erklärung, - und falls nicht: Zumindest eine fundierte Behauptung. Und wenn es gelogen ist, dies alles, dann wenigstens auf glaubwürdige Art und Weise. Was will man mehr? Eine Auswahl der besten Texte von Jürg Ritzmann, die während der letzten zwanzig Jahre im Humor- und Satiremagazin «Nebelspalter» erschienen sind. «Halbwissen ist ganz stark verbreitet» entführt den Leser an einen umtriebigen Basar mit flapsigen Wortspielen, doppelbödigen Pseudo-Weisheiten und feinen Bösartigkeiten - stets mit einem Hauch von Selbstironie, nie jedoch mit erhobenem Zeigefinger.
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Seitenzahl: 304
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für Elia und Luis
man muss schon ein bisschen lachen
Inhaltsverzeichnis am Schluss des Buches
Krimi in zwei Tagen
Aisha und das Fenster
Von A nach B (nach C)
Licht aus
Mia schlägt zu
Koffertetris
Der Untergang der Urschweiz
Hallo?
Der Senf dazu
Der Berg ruft
Eins, zwei, Schummelei
Jeder weiss
Trautes Heim, Glück allein
Tischchen deck dich
Mann über Bord
Der Glanz der Abwesenheit
Das Tier in Dir
Bitte wenden Sie
Einfach schön
Das kleine ABC des Aufstiegs
Capisce?
Die Gedanken sind …
Der Weg ist das Ziel
Brot und Stabhochsprung
Sie sind hier
Wie Du mir
Schöne, geordnete Ferien
Was
nicht
draufsteht
Neuen Sand braucht das Land
Auge in Auge mit dem Dienstheischer
Heute: Der Kaufentscheid
Gleich und gleich
Neulich im Tante-Emma-Laden
Wer den Schaden hat …
Tierisch geile Ostern
Kollaps durch Raps
Bei denen
Hybridiologisch gesehen
Über Rabeneltern und Golf
Hol schon mal die Lachsbrötchen, Harry
Alles Mist
Es regnet Hirn
Gib Gas
Lichtblitz in Bümpliz
Black Friday for Future
Well Loch Ness
Der Nabel der Welt
Adieu La France
Nichts
Das Böse fährt mit
Flipper lacht sich tot
Mach das weg
Calimero ruft Manitou
Der Veganer - eine Hommage
Durch die Blume
Reihe H, Platz 12
Lektion 1: Die Rechtskurve
So ein Welleben
Guten Tag
Fengen Sie an
Susanne
Das Auge läuft mit
Heute: Grammatikbetrachtung
Neulich im Slum
Selber schuld
Allerhand
Das erste Mal
Guru Guru
Wer’s glaubt
Alles explodiert
Paradox im Paradies
Die Frischhaltefolie: Eine Abrechnung
So wird aus Ihrem Kind ein Promi
Rettet die Welt
Klagein, klagaus
Hopfen und Malz
Jein
Viva la Evolution
Heute: Verhaltensökonomie Lektion 1
Der Mann mit der Fahne
Gesuch Nummer 2'410'978
Im Südtessin unten
Der Eiermann
Phobitte sehr
Alles «E» oder was?
Ab durch die Mitte
Über das Einbildungswesen
Viel Nebel um nichts
Der Chef
Sum sum
Feuerwehr: Tel. 118
Français, s'il vous plaît
Nordoben
Raus mit dem Strauss
Wau, wau
Ohne Titel
Auf nach Mykonos
Von Tischen und Glück
Schöne neue Welt
Achtung Stadtistik
Probieren geht über Studieren
Aus der Farbenlehre
Der Reim der Pubertät
Eins, zwei, Polizei
Oh, Tannenbaum
Zur Mitte, bitte
Ski heil
Weit und breit Sauberkeit
Crème de la Crème
Fatal kausal
Vom
Hund
Chef
Viel, viel Glück
Trittst in der EU daher …
Ende der Stange
Fifi bringt's
...
und ich sage dir, wer du bist
Man wohnt deutsch
Er ist immer da
Der Duft der Luft
Vorsprung durch Technik
Er, der Schweinehund
Der liebe Wolf
Darling, guck Curling
Usw
Kamikatze
Zu Tische
Mannomann
Das Tier und wir
Kompensautomobil
Im Dreck
Hallo, was zu trinken?
ABC für Liftfahrer
Egal
Zuckersüss
Es ist Wahnsinn
Gib Gas!
Container lügen nicht
Wie Katz und Maus
Tärääää
Das Auge fährt mit
Montag der 13
Er soll pfeifen
Es ist gesund
Statistik für Angefangenen
Schweizer Qualität
Robologik
Keinen Strom du hast
Das Weiss ist heiss
Was es nie gab
Bäume fällen
So grün
Do-it-yourself
Froh mit Bio?
Eine wahre Geschichte
Charlie dankt
Blau wie der Enzian
Von Ostern, Pfingsten und Bethlehem
Das gescheite Heim
Hören Sie hin
Stein oder nicht Stein
My Car is my Castle
Bambi ist tot!
Modisch ins Glück
Paul offline
Wir sind hier
Diagnose: Total irre
Fakten, Fakten, Fakten
Zieh an, zieh an
Alles Krise oder was?
Haaaalllloooo!
Automatisch von alleine
Hebel runter
Chefsache
Hu – ha
Wurm der Entrüstung
Stumpfsinn im Alltag: Die Mauer
Saug das weg
Der dort mit der Krawatte
Guten Appetit
Sie sollen verbrennen
Von Kurven und Linien
Fronschraisch
Wir
Wenn – dann - sonst
Alles hohl
Baguette zum Glück
Thurgau first
Wir gewinnen
Knigge zum Hochzeiten
Die Tasche aus Berlin
Verleiht Flügel
Die Blase drückt
Oh, Susanne
Gack, gack
Schaf, Kindchen, Schaf
Siehe unten
Es leuchtet rot
Glück & Liebe
Zeit für Luxus
Weniger ist mehr
Da haben wir den Salat
Vernachrichtend
Wer hat den Grössten?
Schäumen Sie gut
Von Schön- und Dunkelheit
Knäck, knäck
Der Schweiss ist heiss
Einen Krimi zu schreiben ist einfach: Sie brauchen ein paar belanglose Figuren, mindestens einen überdurchschnittlich scharfsinnigen Detektiv und einen Gärtner. Und natürlich mindestens ein Delikt (Tipp: Das Verbrechen soll wenn möglich eher am Anfang der Geschichte passieren, nicht gegen Ende). Ebenfalls sehr wichtig ist ein zweiter Polizist, der nicht ganz so schlau ist wie sein Chef, jedoch die richtigen Fragen stellt um die Geschichte voranzutreiben. Einen Harry Klein.
Weit verbreitet ist natürlich, ein paar Krimis zu lesen, die besten Teile zu kopieren und sodann zu einer neuen, noch besseren Geschichte zu mixen. Ist verpönt, merkt jedoch niemand. Eine der beliebtesten Beleidigungen in Literatenkreisen ist deshalb «Du elender Mixer» anstatt, wie beim gemeinen Volk … - na ja, Sie wissen schon. «Klauen» heisst in Künstlerkreisen übrigens «sich inspirieren lassen», was schöngeistig klingt und in Interviews extrem gut ankommt. Niemand erfindet das Rad, man macht es einfach noch runder. Besser halt.
Und bauen Sie mindestens einen Wendepunkt in Ihre Story, der Ihre Leserschaft total verblüfft: Die Tatwaffe war nicht wie ursprünglich angenommen Arsen sondern eine Motorsäge, der verantwortliche Forensiker hat ein Verhältnis mit der Schwägerin des Tatverdächtigen oder der Gärtner war zur Tatzeit in der Sauna und hat ein dampfdichtes Alibi. Es ist spannend. Der Leser wird später einschlafen. Dennoch sind solche Richtungswechsel so selten wie eine Spurensicherung, die den Tatort nicht total zertrampelt.
Apropos Tatort: Die überraschendste Wendung in der rund vierhundertjährigen Geschichte von «Tatort» war, als der Chefpolizist eines Morgens eine Tasse Tee anstelle von Kaffee trank (ausserordentlich clever, denn Koffein macht viele Menschen nervös). Trotzdem – oder gerade darum – gilt diese Serie als äusserst beliebt. Übrigens: Der Satz «fahr schon mal den Wagen vor, Harry» soll angeblich in keiner der rund dreihundertfünfzigtausend Folgen von «Derrick» gesagt worden sein. So ist Fernsehen.
Aber zurück zu Ihrem Buch. Am besten legen Sie sich ein skandinavisch klingendes Pseudonym zu. Es erhöht die Chancen, einen Bestseller zu landen. Irgendein Sören Sörensson veröffentlicht ein Buch – und zack: Top Ten. Viele nordländische Namen beinhalten ein «ø» oder so ähnlich, was den potentiellen Leser sehr, sehr stark beeindruckt. Es ist geheimnisvoll. Nahezu hundert Prozent der Morde finden in einem Fjord statt, übrigens.
So, das waren die wichtigsten Hilfestellungen für Ihren Erstling. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, und freue mich auf den nächsten Besuch in der Buchhandlung (am Eingang liegen ja immer diese Bestseller).
Mit freundlichen Grüssen, Ihr Jørg Røtzmønn.
2020
Allen Menschen, die der Hauskatze eine ausgesprochene Intelligenz zuschreiben, sei ausdrücklich gesagt: Nein. Liebe Tierfreunde, für Sie mag nun eine Welt in sich zusammenbrechen, aber nein, Katzen sind nicht sonderlich intelligent. Die Kapazität ihres Gehirns - der Katzen, nicht der Tierfreunde, Sie verstehen - ist ungefähr zwischen Stechmücke und Regenwurm anzusiedeln (Stechmücke ohne aufgesaugtes Blut, wohlgemerkt) und besteht neben Wasser hauptsächlich aus Luft.
Man kann jetzt natürlich hingehen und Dinge sagen wie «Meine Katze merkt sofort, wenn es mir schlecht geht und kommt zu mir» oder «meine Aisha weiss, wenn es fünf Uhr ist und wartet am Fenster, weil ich dann vom Büro nach Hause komme». Ja, es ist möglich, dass Aisha das tut. Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, eine Bezugsperson hätten, die mit Hilfe eines Dosenöffners Ihr Überleben sichert, was würden Sie tun? Also, ich würde nicht nur am Fenster sitzen und doof rausgucken, wenn Gott vom Büro heimkehrt.
Wären Katzen intelligent, dann würden sie in die Rasenfläche vor dem Haus «welcome home» hineintrampeln. Oder sie würden darauf bestehen, auch zu uns zu kommen, wenn es uns nicht schlecht geht, um einer allzu sehr einseitigen Freundschaft entgegenzuwirken (ja ja, ich weiss, sie ruft nur dann an, wenn es ihr schlecht geht). Oder ein Kater würde jedes Mal, wenn sein Besitzer zu einem anderen Menschen - der gerade von «dieser Katze» gesprochen hatte - sagt «Sie ist im Fall ein Er» kräftig zubeissen in die Wade oder die grosse Zehe, mit der Intention, die Welt zumindest ein bisschen zu verbessern.
Ja, das würden Katzen tun, vermutlich. Aber das alles bleibt natürlich unsere Vermutung, weil wir die Tiere ja nicht danach fragen können. Die können ja nicht einmal sprechen.
2016
Die «Militärische Abkürzung» nennt der Zivilist schlicht «Umweg». Zurecht. Die Idee ist ja extrem clever: Der Schweizer Kommandant will seine Truppen – ja, gestalten wir das Planspiel doch gleich realitätsnah: von Beinwil am See nach Hildisrieden verschieben. Da der Feind sehr, sehr intelligent ist (sonst hätte er ja erst gar nicht bis in diese Region vorstossen können) wird er diese geplante Truppenbewegung vorausahnen, und auf ebendiesem direkten Weg einen Angriff planen. Vielleicht mit Tarnkappenbombern.
Nun kommt die List: Der Schweizer Kommandant gibt den Befehl, zuerst nach Büron, dann nach Sempach und erst dann … - na ja, Sie wissen schon. Der Feind ist dadurch total verwirrt und der Krieg sozusagen gewonnen. Aufmerksame Armeefreunde haben es bemerkt: Mit «verschieben» habe ich ein bisschen Jargon eingebaut, um Kompetenz vorzutäuschen. In Wirklichkeit habe ich im Militär eine leichte Verschiebung meines Verstandes erfahren. Und: In Beinwil am See steht nach wie vor kein geheimer Marinestützpunkt, übrigens.
Dumm ist nur, um auf das obige Beispiel zurückzukommen, wenn der Feind den taktisch ausgeklügelten Umweg ebenfalls vorausahnt, oder antizipiert, wie man im Sport gerne zu sagen pflegt. Das Augenmerk des BöFei - militärisch für «Böser Feind» - richtet sich also auf die längere Strecke via Büron und Sempach (merke: Schlacht bei Sempach, 1386) und der Effekt der Militärischen Abkürzung verpufft ohne Vorteil. Einfach schade. Glücklicherweise weiss das der Schweizer Oberst,
natürlich, der schlaue Fuchs, womit wir bei der Moral angelangt wären: Sollten Sie, liebe Leserin, lieber Leser, im Ernstfall einmal Truppen kommandieren, dann nehmen Sie den direkten Weg.
2021
Lassen Sie uns einen Blick auf das Satellitenbild werfen: Westeuropa sieht bei Nacht aus wie ein umgeknickter Weihnachtsbaum. London zum Beispiel strahlt, als hätte es den Brexit nie gegeben und Paris gleicht einer riesigen Laterne. Mit Abstand am hellsten leuchtet Rom. Das muss mit dem Vatikan in Zusammenhang stehen. Der ist eine Art Fixstern. Heller als Irina Beller (bitte verzeihen Sie diesen Reim, er hat sich aufgedrängt).
Hingegen sieht man Bern Bethlehem nicht, paradoxerweise (das richtige Bethlehem in Israel übrigens auch nicht). Die Chinesische Mauer kann man nachts übrigens genauso nicht sehen wie tagsüber, via Satellit, denn das ist eine urbane Legende, die sich eisern hält und wie ein Leuchtturm in der Brandung steht, sozusagen. Fast ganz Afrika ist dunkel (also, Sie verstehen). Afrikaner haben offenbar ein weitaus ausgeprägteres Energiebewusstsein als Westeuropäer.
Die Folgen der Lichtverschmutzung sind fatal: Vögel können zum Teil nicht mehr navigieren, die Photoprothese (oder wie das heisst) der Pflanzen wird gestört und – das schlimmste überhaupt – nachts ist es nicht mehr richtig dunkel, je nach Gegend. Es gibt kein Recht auf Dunkelheit, was vorerst dumm klingen mag, doch gravierend ist (man denke nur an die dunkle Seite der Macht aus Star Wars). Apropos Helligkeit: Die Scheinwerfer von Volkswagen übersteigen die Richtwerte für Lichtverschmutzung um das Fünffache. Wir bleiben dran.
Doch nun die gute Botschaft: Wir alle können etwas gegen die Lichtverschmutzung tun. Meinetwegen zum Beispiel bräuchte es keine Strassenlampen, denn ich gehe nur noch am Tag nach Draussen (nachts ist es mir zu hell). Wenn doch, dann fahre ich ohne Licht Auto, um andere nicht zu stören. Würden alle diesem Beispiel folgen, so wären die Auswirkungen auf dem nächsten Satellitenbild erkennbar, mit Sicherheit. Die grossen Städte würden nicht mehr so hell leuchten. Ausser der Vatikan, natürlich, aber darüber vielleicht ein anderes Mal.
2018
Am ersten Schultag ist die Welt in Ordnung. Die Kinder freuen sich, die Lehrkräfte werden nicht müde zu betonen, dass sie sich enorm auf die neue Klasse freuen, Worte wie «spannend» und «gemeinsam» hallen inflationär durch die Schulzimmer, und die Eltern freuen sich natürlich auch. Wieder einmal Ruhe im Haus. Manche machen auch Fotos.
Zirka ab der zweiten Schulwoche kristallisieren sich die ersten Talente heraus. Mia schlägt Luca ins Gesicht, weil auch Mädchen schlagen können, Emma exekutiert geschickt ihren Füllfederhalter an Chayennes Pausenbrot und Noah will einfach kein Schiff zeichnen. Wer ganz genau hinsieht, der entdeckt auf dem Pult der Lehrerin ein angebrochenes Päckchen Valium. An der Kaffeemaschine im Lehrerzimmer wird leicht erschöpft über «Ritalin» geplaudert. Und über Abtreibung.
Die ersten Lernfortschritte – wir befinden uns inzwischen in Woche acht - bringen nicht ganz überraschend gewisse Unterschiede ans Licht. Vielleicht ist Tim doch nicht hochbegabt, sondern einfach Tim, und Mia muss eventuell doch nicht so dringend eine Klasse überspringen, weil Mami einen IQ von 150 gemessen hat. Vielleicht ist eine Dezimalstelle verrutscht. Max schaut gerne aus dem Fenster und ist gut im Turnen. Emsig werden Elterngespräche organisiert.
Aber bei einer solchen Lehrerin, wissen Sie, da kann man ja nicht «performen», um es mit den Worten von Jasons Vater zu formulieren. Kommt da angetanzt im Wollpullover, hat eine randlose Brille auf und greift einfach nicht durch, wenn die anderen … und überhaupt: Die Tests zu schwierig, die Klasse zu gross, die Tage zu lang, und diesen Nonsens haben wir früher auch nicht gelernt in Mathe. Wer zur Hölle muss wissen, wo der Rhein hinfliesst?
Doch aufgepasst, das Ganze soll nicht allzu negativ klingen. Bald sind wieder Ferien!
2019
Hemden sollten immer zuoberst im Koffer verstaut werden, richtig zusammengelegt: Man lege das Kleidungsstück vor sich hin und falte zuerst den rechten und dann den linken Ärmel gegen innen (wer die Richtungen verwechselt, wird sein Wunder erleben, denn das sieht nach dem Auspacken vielleicht doof aus!). Am Schluss wird das Hemd mit beiden Händen sachte in den Koffer gelegt. – Voilà.
Wurde der Koffer bei der Ankunft von mangelhaft ausgebildetem Personal (Achtung: Entwicklungsländer!) umgekehrt auf das Gepäckband gelegt - oder geworfen -, dann bitte sofort umdrehen. Sonst zerknittert alles. Zerknitterte Hemden sehen generell unvorteilhaft aus. Eine grosse Ausnahme bilden Hawaii-Hemden. Die sehen auch gebügelt scheisse aus. Dann schon lieber mit nacktem Oberkörper ins Restaurant, ehrlich.
Nicht selten unterschätzt werden die Schuhe. Zwar besteht keine Gefahr des Zerknitterns, doch hören Schuhe am häufigsten den Satz «ach, die müssen ja auch noch mit rein». Meist muss dann in die sorgfältig gepackten Kleider Raum getschaggt werden, um Platz zu schaffen. Wer früher «Tetris» gespielt hat, weiss, was gemeint ist. Über achtzig Prozent der Wutanfälle mit Verletzungsfolge gehen auf das Konto von Schuhen. Sie haben es gemerkt: «Getschaggt» ist ein neuer Fachausdruck aus der japanischen Reisepack-Lehre.
Sozusagen eine Ausgeburt der Hölle, aus packtechnischer Sicht, sind Faltenröcke. Wer sich zu Hause nicht sicher war, ob Fehlkauf oder nicht, merkt das spätestens vor Reiseantritt. Zwar sind die Falten nach dem Transport noch vorhanden, doch an vollkommen anderen Stellen. Kreuz und quer. Um dem entgegenzuwirken, kann man versuchen … - ach was: Verbrennen Sie das Teil! Mit Benzin.
Kommen wir zum Fazit: Das Leben wird enorm einfacher mit der richtigen Packstrategie. Probieren Sie es aus, es lohnt sich auf alle Fälle! Dank einer ausgeklügelten, cleveren Technik
konnten wir das Gepäck meiner Partnerin für das verlängerte Wochenende auf fünf Koffer reduzieren. Das sind zirka sieben Kubikmeter. Ich wünsche Ihnen schöne, faltenlose Ferien!
2018
Ganz am Anfang vermutete man ja auf der Südseite des Rheins nur Urwald und wilde Tiere. Es war unbekanntes Gebiet, das Ende der Welt. Irgendwann baute dann – es muss um die Karnevalszeit gewesen sein – ein Nord-Alemanne ein Schiff und überquerte den Fluss:
Die Schweiz war entdeckt, der Startschuss für die Kolonialisierung war gefallen. Sie bauten Brücken. Und sie sprachen kein spanisch oder portugiesisch, leider (dann hätten wir sie wenigstens nicht verstanden). Nein, sie sprachen deutsch und spazierten einfach über die neuen Brücken des Rheins. Zu uns Eingeborenen, die wir bis anhin ein so schönes Leben abseits der grossen, bösen Welt gelebt hatten.
Natürlich brachten sie auch Krankheiten mit, die dem helvetischen Immunsystem bislang unbekannt waren: Der berüchtigte Lauthalsus Wortschwallus (lat.), im Volksmund Luftröhren-Durchzug genannt, ist eine davon. Das Hauptsymptom ist permanent lautes Sprechen. Eine andere Geissel der Menschheit zwingt den Erkrankten, sich am Buffet vorzudrängeln und den Teller so vollzuladen … - gut, genug der Medizin.
Indigene Stämme in ganz Helvetien wehrten sich. Appenzeller, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, sahen sich plötzlich mit einem kulinarischen Gegenangriff in Form von heidnischen Brezeln und Schweinshaxn konfrontiert. St. Galler Olmawürste drohten von profanen, importierten Bockwürsten verdrängt zu werden, Senf hin oder her und die legendäre Zuger Kirschtorte sah sich der mastigen Schwarzwälder Torte gegenüber (was anfänglich als geschickter Marketingtrick der Firma Weight Watchers gewertet wurde. Die Amerikaner mischen doch bei jeder Invasion mit …).
Auch sprachlich war die Kolonialisierung desaströs: Das Billett hiess plötzlich nicht mehr Ticket, sondern Fahrkarte. Damit nicht genug. Die französische Schweiz – Entschuldigung: Die französischsprachige Schweiz – beobachtete die Situation sehr kritisch und befürchtete einen zu grossen Einfluss der Deutschen auf das Land. Man beschloss, von nun an bei Volksabstimmungen konsequent das Gegenteil in die Urne zu werfen als die Deutschschweizer.
Aber wir wollen nicht alles schlecht reden. Die Imperialisten brachten auch den Fortschritt. Schweizer lernten, wie man richtige Autos baut, oder zumindest fährt (mit Ausnahme der Aargauer natürlich), wie man drängelt auf der Autobahn und wie man für den halben Lohn arbeitet, dafür doppelt so gut. Und so weiter.
Bis heute hat sich das Land nicht von der Besetzung lösen können. Der Widerstand beschränkt sich auf das traditionelle, demonstrative Ballen der Faust im Sack. Nicht einmal eine gezielte Hetze eines Schweizer Boulevardblattes gegen die deutschen Immigranten zeigte Wirkung. Schlimmer noch, die Zeitung ging unter. – Ach, nein, so weit sind wir gar noch nicht.
2010
Wenn das Telefon klingelt, abends, beim Herrn Lehrer, dann zuckt dieser zusammen: Es könnte ein verärgerter Vater sein, oder eine Mutter, die sich beschweren möchte. Maximilian hat nämlich die Strafe zu Unrecht bekommen, heute, wissen Sie, schliesslich hat als erster Mika den Unterricht gestört, nicht … - wie bitte? Natürlich war ich zu dieser Zeit im Büro, aber Maximilian hat alles erzählt, alles!
Und die 3 in Physik, das möchte ich noch festgehalten haben, suggeriert Aussenstehenden, dass Maximilian in diesem Fach eine ungenügende Leistung erbracht haben könnte. Dabei habe ich mit ihm geübt, höchstpersönlich, nur bei Ihrem Test war die Zeit viel zu knapp bemessen. Und wenn das nicht korrigiert … - Sie unterbrechen mich schon wieder? Ich bin kein Physiker, nein. Sie aber auch nicht, also bringen Sie das in Ordnung!
Wenn das so weitergeht, dann kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass Maximilian am Ende des Schuljahres den Übertritt in die Oberstufe nicht in der obersten Stu … - ja, genau, das meine ich! Und das kann ja wohl nicht angehen. Und genau darum opfere ich wertvolle Zeit meines Feierabends, um mit Ihnen … - ich drehe langsam durch, was unterbrechen Sie mich denn jetzt … Sie haben auch Feierabend? – Ja, klar, Sie haben ja nachmittags um sechzehn Uhr Feierabend, wenn Sie nicht gerade Ferien haben, oder frei, Sie … - hallo? – Hallo, sind Sie noch dran?
2019
Das Wichtigste ist natürlich die Marinade. Das Allerwichtigste. Ohne Marinade können Sie ebenso gut ein Stück Karton auf den Grill schmeissen. Oder ein Stück ungewürztes Fleisch. Genau: Im eigentlichen Sinne bedeutet die Aussage «das ist ein leckeres Steak» denn auch «das ist ein Steak mit leckerer Marinade». Diese neuen Vegetarier-Würste schmecken übrigens wie Dachpappe.
Wie wir diversen Konsumentenmagazinen entnehmen können, durchläuft der Lebenszyklus (Deutsch: Lifecycle) eines Rindviehs zuerst die Theke mit den ungewürzten Stücken, bevor es elegant zu den vakuumverpackten, marinierten Grilladen wechselt. Aber wer glaubt schon Konsumentenmagazinen. Zumal wir bis heute auf ein Konsumentenmagazin warten, das sich mit der Qualität von Konsumentenmagazinen befasst.
Zurück zum Tier: Was macht denn eigentlich eine gute Marinade aus? Ist es der Senf einer Marke, die mit tanzenden Tuben wirbt? Ist es eine von Meisterköchen ausgeklügelte Gewürzmischung aus handerlesenem mauretanischem Baumpfeffer, geröstetem Walliser Kreuzkümmel und gedünstetem Salz aus dem vitalen Teil des Toten Meeres? Oder ist es am Ende Geschmackssache?
Manche reiben die Grillade mit Bier ein oder mit Whiskey, manche hängen sie drei Tage gesalzen in eine Dunkelkammer bei Räucherstäbchen und klassischer Musik. Und ein paar lassen es beim Auspacken auf den staubigen Boden fallen. Viele Menschen hauen auch eine halbe Flasche irgendeiner künstlich aromatisierten Grillsauce dazu, wenn das Fleisch bereits fertig auf dem Teller liegt. Na toll. Was ist denn nun das Beste?
Wir wissen es nicht genau. Dass schlussendlich der Geschmack jedes einzelnen zählt, ist mit an Sicherheit angrenzender Wahrscheinlichkeit so gut wie unmöglich, denn: Jeder Grillmeister und jeder, der es zu sein glaubt, kennt die einzig wahre, ultimative unverfälschbare Supermarinade dieser Welt. Sozusagen die Wahrheit. Das ist so ähnlich wie mit den Weltreligionen, mit dem Unterschied, dass um die Marinade-Frage viel mehr Kriege geführt worden sind. Item.
Dieser Beitrag wäre zweifelsohne unvollständig ohne die exklusive Offenlegung des besten Marinaderezepts, das jemals das Licht den Planeten Erde erblickt hat. Das ist eine Premiere, und Sie sollten versprechen, das Geheimnis zu hüten wie Ihre Grillzange: Salz und Pfeffer kurz einreiben.
2014
Wenn der Berg ruft, meine Damen und Herren, dann sollten Sie schon genau hinhören: Er hat uns einiges zu sagen. Wir sollten doch im Keller unsere Skiausrüstung holen gehen und sodann die frische Alpenluft geniessen kommen. Es sei gesund. Ja, solche Dinge ruft der Berg. Und wenn er ruft, meine Damen, dann können sogar Männer zuhören.
Tatsächlich sind die Schweizer Berge die schönsten der ganzen Welt, die Schweizer Hoteliers die innovativsten (was immer dieses Modewort bedeuten mag) und der Schweizer Schnee am weissesten. Nicht zu vergessen das Personal in den Bergrestaurants, das immer ein nettes Lächeln übrighat, wenn wir die Rösti ohne Speck wünschen, obwohl in der Speisekarte doch für jeden Idioten schwarz auf weiss lesbar geschrieben steht, dass es die Rösti mit Speck zu kriegen gibt. Warum also in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah ist.
So richtig offiziell ruft der Berg seit nunmehr hundertfünfzig Jahren, im Winter zumindest. Und viele Schweizer Ohren hören inzwischen auch den österreichischen Berg rufen, aus unerfindlichen Gründen, obwohl das natürlich drollig klingt, wegen des Dialekts. Aber: Es grenzt an Landesverrat, als Eidgenosse ins Nachbarland Ski fahren zu gehen. Wir gehen ja auch nicht nach Deutschland Lebensmittel einkaufen, wenn wir in Grenznähe wohnen, oder? Als ob Sie eine ausländische Automarke anstelle einer schweizerischen präferieren würden. Geht nicht.
1865 also reisten die ersten Briten in die Schweiz, weil es da im Winter so schön schneite wie es in England im Sommer regnet. Zugegeben klingt es in guten Kreisen auch weitaus besser, wenn man sagt, man habe sich in den Schweizer Bergen beim Ski fahren das Bein gebrochen als bei einem Fehltritt auf einen Schafsdreck in Schottland. Und so kamen immer mehr. Die fremde Sprache der Touristen war für die Walliser und Bündner kein Problem, zumal sie ja ebenfalls eine Sprache sprechen, die sie selbst untereinander nicht verstehen.
Zeitgleich mit dem Wintertourismus wurde auch das Klagen der Hoteliers erfunden: Kein Schnee, leere Betten und Touristen mit Sonderwünschen in Restaurant werden pünktlich beklagt, sodass sogenannte Unterländer seit nunmehr hundertneunundvierzig Jahren die Befürchtung haben, dass der Schweizer Wintertourismus im Sterben liege. Ja, es geht bergab mit den Skigebieten.
Und so enden diese Zeilen mit einem innbrünstigen Appell, liebe Leserin, lieber Leser: Hören Sie hin, wenn der (Schweizer!) Berg ruft! Wählen Sie eine Schweizer Destination und betreiben Sie somit aktive Strukturerhaltung mit Ihren Aktivferien! Und vor allem: Bestellen Sie verdammt nochmal diejenige Rösti, die auf der Karte seht!
2015
Meine Herren, wenn Sie «Schwimmen mit Delfinen» auf Ihrer Liste stehen haben, dann behalten Sie das in gewissen Situationen besser für sich. Die langbeinige Blondine auf dem Barhocker neben Ihnen wird sich auf die andere Seite drehen, zum Kerl hin, auf dessen Liste «Safari mit Abschuss Löwe» oder «Befreiung Belarus mit Sturmgewehr 90» steht. Ja, die Welt ist ein böser Ort. Delfine sind übrigens schwule Wale.
Und nun die gute Botschaft: Schummeln ist erlaubt, beim Gespräch über die Bucket List, ohne schlechtes Gewissen. Lebensziele sind schliesslich etwas persönliches, und intime Dinge geben wir höchstens in den sozialen Medien preis, nicht aber Auge in Auge. Daher wird Ihnen beispielsweise Greta Thunberg niemals ins Gesicht sagen, dass sie liebend gerne auf den Mond fliegen würde (und viele würden sie kostenlos und mit Handkuss auf den Mond schiessen).
Beinahe sind wir abgeschweift: Da die Bucket List meist nur im Kopf des Inhabers niedergeschrieben ist, kann sie sehr flexibel justiert werden: Aus Delfinen werden Löwen, aus Dreizimmerwohnungen in Niederbipp werden Fincas in Andalusien, aus einem Skoda Fabia ein Porsche Cayenne. Das ist moralisch total okay. Im Grunde geht es die anderen einen feuchten Kehricht an, was wir im Leben erreichen wollen. - Ich kann schwimmen mit wem ich will, basta!
2021
Was inzwischen jeder weiss: Weiss ist keine Farbe, genauso wenig wie schwarz. Manche Menschen reden zuweilen von Dunkelschwarz, was uns so hellhörig machen sollte wie «lachs» und «pflaume». Oder «eierschale». Wir könnten hingehen, den Namen einer beliebigen Sache wählen und diesen zur Farbe deklarieren: Frosch, Dachs, Luchs. «Och, mein neuer Mantel ist nicht hellbraun, nicht beige, nein, er ist eher so scheisse». - Ha!
Marketingmenschen erfinden jeweils ganz tolle neue Farben, zum Beispiel für Autos: Diamantblau, rosenholz oder rubellanbraun. Ein erfolgreicher Werber muss – neben exzessivem Kokainkonsum – mindestens zehn Farben ins Leben gerufen haben, bevor er diesen Preis da, Sie wissen schon, diesen Werberpreis gewinnen kann (es gibt doch jeweils diese Veranstaltung, an der sich Werbeprofis selbst feiern und loben, weil es ihre Kunden nicht tun). Paradoxblau.
Bei schwarz ist das anders. Schwarz ist eben nicht anthrazit und dunkelgrau, sondern schwarz. Punkt. Amen. Und: Schwarz macht schlank. Weiss gekleidete Einbrecher bleiben stecken im Küchenfenster. Dunkelschwarz macht vollschlank, übrigens. Und wer jetzt einwenden mag, dass es dunkelschwarz nicht gebe: Doch, soeben ist es erfunden worden. Von uns. Wir sind die Besten. Hier steht es geschrieben. Schwarz auf weiss. Amen.
2015
Es gibt Leute, die werfen mit Popcorn im Kinosaal. Knallmais. Wenn man das tut, dann kommt früher oder später der dicke Mann mit der Taschenlampe, und die Spannung im Saal steigt ins Unermessliche: Jeder Besucher fragt sich, wo der Lichtkegel wohl stehen bleiben wird. – Da! - Der Rentner, der neben einer Gruppe von Jugendlichen gesessen hat, wird freundlich aber bestimmt hinausbegleitet (gewisse Airlines bieten diesen Service ebenfalls an, ganz ohne Popcorn).
Dann gibt es Kinobesucher, die lachen in den falschen Momenten. - Ständig! Wenn zum Beispiel Leonardo DiCaprio in «Titanic» im Eismeer versinkt, und alle Besucherinnen unter siebzehn Jahren (also etwa neunzig Prozent der Anwesenden) ihre Taschentücher klatschnass flennen, dann lachen diese Ignoranten höhnisch. Das ist sehr ärgerlich, wirklich. Die bemerken gar nicht, wie blöd sie sind. Manche lachen auch, wenn Til Schweiger versucht, einen Witz zu machen. Es ist zum Weinen.
Vor fast jeder Kinovorstellung gibt es Gäste, die den Informationsgehalt ihrer Eintrittskarte nicht in die Realität der Sessel-Anordnung im Saal transferieren können. Tatsächlich. Auf ihren offensichtlichen Irrtum angesprochen, halten sie mit einer beneidenswerten Beharrlichkeit an ihrer Meinung – und an ihrem Sessel – fest, als ob das Ticket des anderen Gastes in einem Paralleluniversum gekauft worden wäre, und sie in der unsrigen Gegenwart sehr wohl Recht hätten. Popcorn ist übrigens ein sehr, sehr dummes Lebensmittel.
Zur nachhaltig mühseligen Art von Sitznachbarn gehört der Mitmensch, der offenbar vor dem Kinobesuch mehrere Tagen in einem geheimen Verliess gefangen gehalten wurde, ohne Essen und Trinken. Da wird geschmatzt und geschlürft, dass man ständig meint, der Film spiele an einer stürmischen Meeresbrandung, hinter Cameron Diaz lauere ein knochenzermalmendes Monster («nein, bitte nicht Cameron Diaz!») oder King Kong verspeise gerade die russische Luftwaffe. Viele Kinos bieten – vermutlich im Zeichen der akustischen Vielfalt – mexikanische Nachos mit Guacamole an. Ein Traum!
Sie sehen: Heutzutage lohnt es sich gar nicht mehr, ins Kino zu gehen, bei all den Dumpfbacken, die einem da auf die Nerven gehen. Für ein Besuch in einer Bar, einem Restaurant, im Zoo oder eines Konzerts (Justin Bieber!) gilt das Gleiche. Sauna ebenfalls. Am Schönsten ist es immer noch zu Hause. «Titanic» ist übrigens ein sehr, sehr trauriger Film. Ausser die Szene natürlich, in der Leonardo DiCaprio im Meer versinkt.
2017
Beim Tisch hört der Spass auf. Sie können ein noch so schäbiges Zelt aufbauen, mit einem angerotzten Wohnwagen aus den Achtzigerjahren antanzen oder die Wäscheklammern zu Hause vergessen: Ihre Qualifikation als Camper offenbart sich mit dem Tisch. Er ist die Cervelat im Wurstsalat, sozusagen, oder die Zeltstange in der Brandung, meinetwegen.
Die meisten Modelle lassen sich zusammenklappen, aus Platzgründen. Auf der Rückfahrt vom Urlaub lassen sich Besitzer von solchen Tischen leicht am einbandagierten Daumen erkennen. Professionelle Campingtische wollen mit geschultem Auge ausgesucht werden. Dies wäre kein seröses Blatt, hätten wir hier keine essentiellen Ratschläge bereit.
Beine müssen entweder demontiert oder eingeklappt werden können (nein, nicht gespreizt, liebe Blondinen, wir reden nicht von Luftmatratzen). Dies hat nicht etwa damit zu tun, dass der Tisch sonst mangels Platz nicht transportiert werden könnte, nein, der Grund ist das absolute Unvermögen des Mannes, das Auto richtig zu beladen. Erinnerungen an «Tetris» werden wach. Tatsächlich belädt in über neunzig Prozent der Partnerschaften der Mann das Fahrzeug, während die Frau kopfschüttelnd danebensteht und wertvolle Tipps erteilt.
Fast wären wir abgeschweift. Die Beine müssen einzeln verstellbar sein, weil der geübte Zeltfreund keine Furcht vor unebenem Gelände zeigt. Das Gepäck des wahren Kenners beinhaltet eine Wasserwaage (Vorsicht: die Mondphasen können die Genauigkeit des Messgerätes beeinflussen!) Beim Aufstellen des Lagers gilt auch hier die 1-3-10 Formel, was so viel heisst, wie: Eine Zeiteinheit für das Aufstellen des Zeltes, drei für die Luftmatratze und zehn für den Tisch (bei Regen sind es etwas mehr für den Tisch, weil der Beton langsamer trocknet). Ebenfalls erschwerend ist Treibsand.
Ein bisher ungelöstes, grosses Problem: Viele Tische sind an der Stelle, an der sie sich klappen lassen, nicht vollkommen eben, nicht nahtlos, sozusagen, mit dem Resultat, dass man von der einen Ecke diagonal in die andere Ecke keine volle Bierflasche gleiten lassen kann, was zweifelsohne Auswirkungen auf das Ferienerlebnis haben kann. Kaum ein Camper, der nicht mindestens einmal von einer Bierflasche getroffen worden wäre, aus Versehen, die dann ausgelehrt ist, unglücklich. Ja, Unheil lauert überall.
In diesem Sinne, viel Spass beim Campen! Und denken Sie an das alte Sprichwort: Lieber auf eigenen Beinen stehen als ein Tisch, der … - gut, verstanden, ich höre auf.
2020
Zwei Matrosen stehen an der Reling. Sie befinden sich auf offener See. Da entdeckt der eine Matrose eine Person im Wasser, die mit beiden Armen winkt und um Hilfe schreit.
Matrose 1:
Hey, sieh dort, einer ist über Bord gegangen
Matrose 2:
(ruft)
Mann über Bord! Mann über Bord!
Matrose 1:
Wirf ihm einen Rettungsring zu!
Matrose 2:
Es sind keine da. Du, guck dir das an, das ist unser Kapitän! Unser Kapitän ist über Bord gegangen!
Kapitän:
Hilfe, Hilfe!
Matrose 1:
Du musst reinspringen und ihn retten!
Matrose 2:
Das Wasser ist eiskalt. Das schaffe ich nicht. Spring du!
Matrose 1:
Wenn wir ihn nicht retten, sind wir alle verloren. Ohne ihn können wir das Schiff steuern!
Matrose 2:
Also, mach schon, spring rein und rette ihn!
Matrose 1:
Ha, damit du sicher an Land zurückkommst, soll ich meine Gesundheit riskieren?
Kapitän:
Hilfe, helft mir!
Matrose 2:
Wir alle sind verloren, wenn wir ihn nicht retten!
Matrose 1:
Dann spring doch du rein.
Matrose 2:
Ruf den Ersten Offizier. Der soll ihn rausholen.
Matrose 1:
Dafür ist keine Zeit. Ausserdem kann der nicht schwimmen.
Kapitän:
Helft mir, ich ertrinke! Hilfe!
Matrose 2:
Wir sollten die Maschinen stoppen, sonst entfernt sich unser Schiff immer weiter.
Matrose 1:
Spring! Spring endlich!
Matrose 2:
Siehst du ihn noch? Ich kann ihn nicht mehr sehen!
Matrose 1:
Ich kann ihn auch nicht mehr sehen. Wir sind verloren.
2017
Unentschuldigte Absenzen sind das Ärgernis unserer Zeit, dagegen war die Pest ein Ponyhof. Wenn jemand fernbleibt, von einem Termin, dann sagen alle anderen, die angetanzt sind «der ist einfach nicht gekommen» und «unabgemeldet». Sie ärgern sich. Ein paar runzeln die Stirn. Der Abwesende kann sich ja nicht rechtfertigen, ist vollkommen wehrlos. Manche Anwesenden schieben auch ein «typisch» nach.
Der Ferngebliebene hätte sich entschuldigen sollen, klar, das ist die goldene Regel, die Formel, die in einem Stollen im Alpenmassiv in Granit eingraviert ist: Immer entschuldigen. Permanent. Darauf basiert unsere Zivilisation, - ach, was sage ich: Das Leben auf Erden. Gewisse Dinge sind einfach so, wie sie sind.
Völlig ausser Acht gelassen wird dabei nicht selten: Vielleicht ist es gar nicht die Schuld des Unentschuldigten, dass er nicht hat auftauchen können. Der vermeintlich unentschuldigte arme Kerl hätte sich also für etwas entschuldigen müssen, wofür er gar nichts kann. Tausend Dinge könnten passiert sein, von Haus- bis Milzbrand, es gibt fast nichts auf dieser Welt, das nicht geschehen könnte. Aber das alles wissen wir nicht, natürlich, es ist reine Spekulation. Denn er ist ja nicht aufgekreuzt, unentschuldigt.
2021
Schadenfreude ist die Eigenschaft schlechthin, die den Menschen über das Tier stellt. Tiere können keine Schadenfreude empfinden – nicht einmal Kühe, die als sehr gemein bekannt sind. Selbst Rachegefühle kennen sie nicht. Es sind arme Kreaturen. Als wohl einzige Ausnahme seien hier Tauben erwähnt, derer Lebenszweck ganz offenbar darin besteht, vorsätzlich auf Anzug tragende Menschen zu scheissen.
Es gibt Tramführer, deren primäres Tagesziel dann erreicht ist, wenn sie mindestens einem herbeieilenden Passagier das Gefühl gegeben haben, sie würden mit der Abfahrt warten, um sodann vor seiner Nase die Türen zu schliessen und abzufahren. Manche Passagiere, die es sich im Fahrzeug bereits bequem gemacht haben, finden dies ebenfalls sehr, sehr lustig. Generell sollten Menschen mehr lachen, im Alltag.
Selbst Tauben würden niemals jemanden an der Tramstation zurücklassen. Kühe schon gar nicht. Spontane Bösartigkeit bedingt eine gewisse Intelligenz. Der Hund meiner Grosseltern – ein Rehpinscher, was jetzt nicht rassistisch sein sollte – war so altersschwach, dass er kaum noch gehen konnte. Beim Versuch, im Gartenteich Wasser zu trinken verlor er das Gleichgewicht und starb den Ertrinkungstod. Böse Zungen allerdings sprechen heute noch von Suizid, weil sein Herrchen immer den gleichen Spaziergang mit seinem Hund gemacht hat.
Wir wissen es nicht. Es entzieht sich ebenfalls unserer Kenntnis, ob die anderen Mithunde schadenfreudig gebellt haben, als sich die Nachricht über den Todesfall via Urinbotschaft an den Pfosten der Region verbreitet hat. Todesanzeigen in Zeitungen haben etwas extrem Beruhigendes. Der Leser lebt. Und manch einer erinnert sich beim einen oder anderen Namen an Geschehnisse im Zusammenhang mit der verstorbenen Person, die nicht eben erfreulich waren. So sind wir.
Nicht einmal Kühe lesen den Teil mit den Todesanzeigen, obwohl Kühe als sehr neugierig gelten. Sie schliessen untereinander Wetten ab, welcher Blödmann wohl als nächstes an den Elektrozaun pinkeln wird. Das Muhen der Kühe ist übrigens ein Zeichen ausgesprochener Langeweile. Immer mehr Menschen sind sich den Gefahren von Elektrozäunen bewusst. – Nur neulich habe ich einen gesehen, ich sage Ihnen … ich hätte mich fast totgelacht!
2015
Früher - also: ganz früher - da musste man noch anderen Menschen den Weg erklären. Mit richtigen Wörtern, verbal. Das konnte ganz schön kompliziert werden: «An der dritten Kreuzung rechts, und dann vier Strassen weiter dreimal links bis zum Haus mit den roten Lichtern», oder so ähnlich. Gerade für Männer, bei denen ja ab und an diagnostiziert wird, sie könnten nicht gut zuhören, die sich jedoch gleichzeitig hartnäckig weigern, eine Person am Strassenrand nach dem Weg zu fragen, ein Dilemma. Oftmals war der Weg das Ziel.