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"Beziehungsinvalide", "vollverkabelt", "spracharm", "gewalttätig" - solche leichtfertig verwendeteten Adjektive sind schnell zur Hand, wenn es um die Charakterisierung von sozialen "Problemkindern" geht. Kann man mit solchen Kindern überhaupt ins Gespräch kommen? Ganz und gar, wenn es um Themen der Religion und des Glaubens geht? Die Autorin schildert in bewegenden Reportagen den rauen und harten Alltag vernachlässigter Kinder - einen Alltag, der gekennzeichnet ist von verbaler und körperlicher Gewalt, aber auch von tiefen existentiellen Fragen und dem Ausharren in der Hoffnungslosigkeit. Die langen Jahre als Religionslehrerin an Förderschulen haben die Autorin ein Gespür entwickeln lassen für die Beheimatung des "Heiligen im Groben", für die "Gottesliebe im Stall" und für den "Gott, der auch im finsteren Tal bei uns" ist. Ihre Reportagen lehren uns die "Blume im Matsch", den "Engel im T-Shirt" und den "Klosterbruder im Kampfanzug" zu sehen. Dabei will sie keinesfalls eine heile Welt herbeierzählen, sondern dazu anregen, das Heil in der Welt aufzuspüren.
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Seitenzahl: 211
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Da ich in sieben Jahren meist gleichzeitig an drei Stuttgarter Schulen in allen Klassenstufen unterrichtet habe, ist die Anonymität der Kinder gewahrt.
In fast allen Gruppen waren evangelische und katholische Schüler und Schülerinnen zusammengefasst.
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
Hermann, Inger:
Halt’s Maul, jetzt kommt der Segen:
Kinder auf der Schattenseite des Lebens fragen nach Gott / Inger Hermann. – Stuttgart: Calwer Verl., 1999
eBook-ISBN 978-3-7668-4239-8
eBook-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
www.brocom.de
10. Auflage 2011
© 1999 by Calwer Verlag Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten.
Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags.
Umschlaggestaltung: ES Typo-Graphic, Stuttgart
Satz: Karin Klopfer, Calwer Verlag
Druck und Verarbeitung: AZ Druck und Datentechnik, Kempten
E-mail: [email protected]
Internet: www.calwer.com
Inhalt
Geleitwort
Vorüberlegungen
Da ist doch Krieg in meinem Land: Entwurzelte Kinder
Moses in der Tiefgarage
Wir Menschen können alles: Scheiß und Liebe
Eigentlich sind wir doch keine Dummenschule
Halt’s Maul, jetzt kommt der Segen
Von guten Mädchen und Kondomen
An Gott glaub’ ich nur in Portugal
Ich hab’ niemand so lieb wie mein’ Hasen
Leichen im Fluss – das ist besser
Klosterbruder im Kampfanzug
Kennt Ihr Gott eigentlich auch Ausländer?
Glücklich sein – das geht doch nicht
Die Gitarre und das Sündenböckchen
Reflexionen
Misshandelt und missbraucht
Gott ist bestimmt sauer auf mich
Nutte! – Na und?
Mitten im Matsch – die Blume
Miteinander schlafen – so’ne Sauerei
Manchmal denke ich, die Mama mag mich doch
Ich bin traurig – weil ich jetzt nicht mehr Jungfrau bin
Dann haben sie ihn verkauft
Da kommt ja unser Erzengel – verpiss dich
Wenn ich von meinem Bruder schwanger werde, dann schlägt sie mich tot
Reflexionen
Ich hab doch Angst
Aufschlitzen – das bringt Spaß
Das Chaos und der Segen
Ich hab gebetet – und bin trotzdem ein Versager
Der Engel im T-Shirt
Toll, der geile Satz von Martin Luther King
Ich bin Niemand
Was ich vom neuen Jahr erwarte? Scheiße
Null Bock auf so’n beschissnes Leben
Rambo sucht Gott
Sarah, das Stinktier
Dann verreck’ ich eben auch
Ich weine, weil sie sich früher mal geliebt haben
Lieber tot sein – als Angst haben
Ich glaube an die Liebe, auch wenn ich sie nicht sehe
Sei froh, dass du nur mit der Bratpfanne geschlagen wirst
Meine Mutter – eine Hure
Interessiert Gott Sie denn auch in der Freizeit?
»… bis uns endlich die Polizei erwischt hat«
Reflexionen
Dem Tod begegnet – und allein gelassen
Gestorben? – Verreckt ist der!
Der hat das Leben wenigstens hinter sich
Mein Vater – das Gespenst
Von der Ecke hinter dem Papierkorb
Nicht gestorben – aufgehängt hat er sich
Reflexionen
Dumme Kinder – weise Kinder
Gott umgibt mich – auch wenn die Bierflaschen fliegen
Komisch, jetzt gerade habe ich keine Angst
Ich sehe, weil ich nicht sehe
Das Kind von meiner Cousine – ein Gotteskind
Markus liest. Ein Gottesbeweis?
Warum lächelt der Mann?
Wozu hat man einen Namen?
Nietzsche und Rilke – aber doch nicht mit diesen Schülern
Reflexionen
Schlussüberlegung: »Die gottgedachte Spur, die sich erhalten … « (Goethe)
Nachwort zur dritten Auflage
Geleitwort
»Ich denke, Gott mag mich nun mal, ob ich Scheiß bau oder nicht, weil Gott, der kann doch gar nicht anders als lieben. Stimmt’s nicht? Nur wir Menschen können noch viel anderes, töten und so.« Das sagt Otto im Religionsunterricht (7. Schuljahr) einer Förderschule in einer süddeutschen Großstadt. Inger Hermann stellt in diesem Buch Gesprächssequenzen aus ihrem Unterricht vor. Sie versteht es meisterhaft, die Frage nach dem, »was uns unbedingt angeht« (Paul Tillich) mit diesen »entwurzelten, geschundenen und gedemütigten Großstadtkindern« zu bedenken.
Zum Stichwort Kinderphilosophie sind in den letzten Jahren einige Bücher entstanden, die staunen lassen, wie Schülerinnen und Schüler der Grundschule schwierigste philosophische Fragestellungen erörtern. In den Schülerbeiträgen dieses Buches kommt eine Kindertheologie zur Sprache, die nicht nur durch hohes Reflexionsniveau, sondern vor allem auch durch existentielle Tiefe überzeugt. Es ist faszinierend zu sehen, wie sehr gerade klassisch theologische Themen wie die Gottesfrage im Lebenshorizont der Kinder Bedeutung haben. Dies kann Mut machen, diesen Themen mehr zuzutrauen als es oft geschieht, und ihnen im Religionsunterricht einen gebührenden Platz einzuräumen.
Manche Leserin und manchen Leser mag die unverblümte Sprache der Kinder erschrecken. Doch die Erkenntnis stellt sich schnell ein: Nur so können sie sich äußern. Nur so können sie ihr schreckliches Leid und die tiefen Verletzungen aussprechen.
Mir ist es beim Lesen so ergangen: Einmal begonnen konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Die Unterrichtsgespräche sind geradezu eine Aufforderung, sich im Religionsunterricht viel stärker als bisher auf das einzulassen, was die Schülerinnen und Schüler an Fragen, Problemen und Erkenntnissen einbringen.
Vorberlegungen
Vater unser, der du bist im Himmel
Wo ist der Himmel?
Der Himmel? berall. Gott ist berall.
Ist er dann auch im Drei-Farben-Haus?
Drei-Farben-Haus? Was ist denn das?
Naja, wo die Nutten Sie wissen schon. Wo die Mnner immer reingehen. Ich will nur wissen, ist Gott auch da drin?
Und ich antworte: Ja.
Ich kann von Gott nur sprechen, kann nur Religionsunterricht halten, wenn ich ihm zumute, berall zu sein. Der Gott, der in Klstern und Kirchen beheimatet ist, an den ich mich in Gebet und Meditation wende, den ich unter dem Sternenhimmel erfahren kann, diesem Gott sind meine Schler nie begegnet.
Verschiedene Wege mag es geben, religise Erfahrungen zu vermitteln. Mit diesen Kindern Grostadtkindern, entwurzelt, geschunden, gedemtigt bleibt fr mich nur der eine: mit ihnen in die Tiefe auch ihrer dunkelsten Alltagserfahrungen hineinzugehen und zu vertrauen: Der Name dieser unauslotbaren Tiefe ist Gott (Tillich).
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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