Handbuch psychoanalytisch-interaktionelle Therapie - Ulrich Streeck - E-Book

Handbuch psychoanalytisch-interaktionelle Therapie E-Book

Ulrich Streeck

4,4

Beschreibung

Das in der überarbeiteten und erweiterten 3. Auflage vorliegende Handbuch speist sich aus den langjährigen klinischen Erfahrungen der Autoren mit der psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung von Patienten, die an schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsentwicklung (Persönlichkeitsstörungen bzw. strukturelle Störungen) leiden. Der mit der psychoanalytisch-interaktionellen Methode arbeitende Therapeut bietet sich dem Patienten als ein erreichbares Gegenüber an und nutzt die therapeutische Beziehung, um dem Patienten die Mitgestaltung interpersoneller Beziehungen und dadurch insgesamt eine stabilere Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen.Das Buch ist auf praktische und pragmatische Belange ausgerichtet und bietet eine Fülle von Hinweisen für die klinische Arbeit mit diesen Patienten. Die Methode, die anhand einer Vielzahl von Beispielen anschaulich und nachvollziehbar auch für nicht damit Vertraute dargestellt wird, ist im Unterschied zu anderen psychotherapeutischen Behandlungsverfahren vorrangig auf zwischenmenschliche Beziehungen der Patienten ausgerichtet. Die therapeutische Arbeitsweise bewegt sich nahe an den Problemen in der sozialen Alltagswelt dieser Patienten. Darüber hinaus liefert das Buch vielfältige Hinweise, die zum Verständnis von schwierigen interpersonellen Problemen und für den Umgang damit relevant sind.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 411

Veröffentlichungsjahr: 2014

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,4 (18 Bewertungen)
9
8
1
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ulrich Streeck / Falk Leichsenring

Handbuch psychoanalytisch- interaktionelle Therapie

Behandlung von strukturellen Störungen und schweren Persönlichkeitsstörungen

3., überarbeitete und erweiterte Auflage

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-647-99643-1

Umschlagabbildung: MoinMoin/shutterstock.com

© 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen / Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A.

www.v-r.de

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Satz: SchwabScantechnik, Göttingen

»Die Geselligkeit ist nichts Unwesentliches oder Zufälliges, sondern die Grundbestimmung der Conditio humana. Das Bedürfnis nach Anerkennung ist das konstitutive menschliche Faktum. In diesem Sinn existiert der Mensch nicht vor der Gesellschaft und das Menschliche gründet im Zwischenmenschlichen. So tief man auch in den menschlichen Geist vordringt, man wird niemals ein isoliertes Wesen finden, sondern nur Beziehungen zu anderen Wesen.«

Tzvetan Todorov

»Fortschritt wäre dann nicht ein Vordringen in die Tiefe, sondern das Entwickeln und Erfinden immer neuer Beschreibungen unseres Lebens, die uns helfen, uns und unsere Beziehungen zu den Anderen fortzuentwickeln.«

Peter Bieri

Inhalt

Zu diesem Handbuch

Wegweiser durch das Handbuch

Zum Gebrauch des Handbuches

Die psychoanalytisch-interaktionelle Methode

Zur Entwicklung der psychoanalytisch-interaktionellen Therapie

Benachbarte Therapiemethoden

Strukturelle Störungen – schwere Persönlichkeitsstörungen

Implizites Beziehungswissen und strukturelle Störungen

Die psychoanalytisch-interaktionelle Behandlungstechnik

Die Vorbereitung des Patienten auf die Behandlung

Aufklärung des Patienten

Aufklärung des Patienten über die Diagnose

Aufklärung des Patienten über die Behandlung

Rahmenbedingungen

Schwerpunkt der Behandlung

Suizidales und selbstverletzendes Verhalten

Umgang mit Medikamenten

Therapie außerhalb der Therapiezeiten

Dauer der Behandlung

Ausfall von Stunden

Honorarfragen

Verstehen Patient und Therapeut die vereinbarten Rahmenbedingungen gleich?

Modifikationen des Rahmens im Verlauf der Therapie

Die Vereinbarung verbindlicher Rahmenbedingungen misslingt

Ringen um Rahmenbedingungen als Therapie

Die Haltung des Therapeuten

Beziehungsstörungen im therapeutischen Gespräch

Zur Manifestation struktureller Beeinträchtigungen im therapeutischen Gespräch

Zum Erleben von Beziehungen (Objektbeziehungen)

Stabilität von Beziehungen (Beziehungskonstanz, Objektkonstanz)

Selbstwahrnehmung und Selbstregulierung in interpersonellen Beziehungen

Wahrnehmen und Ausdruck von Gefühlen

Psychische und interpersonelle Abwehr

Antizipation der Wirkung des eigenen Verhaltens auf andere

Handlungsimpulse, Befriedigungsaufschub und Frustrationstoleranz

Regression und interpersonelle Beziehungen

Gewissen und Idealansprüche

Die Behandlungstechnik

Der antwortende Modus

Deutungen und Alltagsgespräche

Antworten und Alltagsgespräche

Antwortende Interventionen und Toleranzgrenzen

Antworten und die therapeutische Arbeit an und mit Gefühlen

Zum antwortenden Umgang mit Idealisierungen

Antworten und Antizipation habituellen Verhaltens

Antworten und das Primat der Progressionsorientierung

Motivation zur Behandlung

Zusammenfassung: Funktionen von Interventionen im antwortenden Modus

Der Therapeut als realer und als virtueller Interaktionsteilnehmer

Zum therapeutischen Umgang mit Affekten

Wahrnehmung und Differenzierung von Gefühlen

Ausdruck von Gefühlen

Zum therapeutischen Umgang mit nichtsprachlichem Verhalten

Zum Primat der Selbstregulierung

Besondere Probleme in der therapeutischen Arbeit

Schweigen des Patienten und Initiative zum Kontakt

Schweigen während der Behandlung

Affektives und impulsives Verhalten

Negative Übertragungen

Suizidalität

Zum Umgang mit Träumen

Zur Beendigung der Behandlung

Psychoanalytisch-interaktionelle Gruppentherapie

Psychoanalytisch-interaktionelle Arbeit in der Gruppe

Die Grundeinheit sozialer Interaktion

Konzepte zum Verständnis von Mehr-Personen-Situationen

»Definition der Situation«

Die Grundregel für die Gruppe und die Offenheit der Situation

Explizite und implizite Situationsdefinitionen

Sanktionen

Soziale Normen

Interaktionsmuster

Vorbereitung der Patienten auf die Gruppentherapie

Das Vorgespräch für die Gruppentherapie

Der Nutzen von Gruppentherapie

Die Grundregel für die therapeutische Arbeit in der Gruppe

Modifikationen der Grundregel für besondere Patientengruppen

Ausblick auf die bevorstehende Gruppenbehandlung

Zur Rolle des Gruppentherapeuten

Gruppe ohne Gruppentherapeut

Verpflichtung zur Verschwiegenheit

Wie hat der Patient die Hinweise des Gruppentherapeuten verstanden?

Haltung und Aufgaben des Therapeuten in der Gruppe

Zur therapeutischen Technik in der Gruppenbehandlung

Der antwortende Modus

Erläuterungen zu grundlegenden Aspekten interpersoneller Beziehungen

Schwerpunkte der therapeutischen Arbeit in der Gruppe

Explizite und implizite Themen

Wie wird die aktuelle Situation definiert?

Welche sozialen Normen gelten hier?

Gefühle

Beziehungserleben und Beziehungsgestaltung (Objektbeziehungen)

Komplikationen in der Gruppentherapie

Gefährdungen des Rahmens

Normen in der Gruppe, die Entwicklung behindern

Häufiger Wechsel von Gruppenteilnehmern

Sozial ängstliche Patienten

Wiederkehrende interpersonelle Probleme in der Gruppe

In Kontakt treten

Aggressivität und Kritik

Toleranzgrenzen

Emotionale Nähe und Intimität

Gleichheit und Differenz

Trennung und Abschied

Kurzgruppenpsychotherapie

Chancen psychoanalytisch-interaktioneller Gruppentherapie

Psychotherapie bei strukturellen Störungen: Forschungsstand

Fort- und Weiterbildung in der psychoanalytisch-interaktionellen Methode

Checkliste für Therapeuten

Literatur

Ergänzende Literaturhinweise

Register

Zu diesem Handbuch

Dem vorliegenden Handbuch der psychoanalytisch-interaktionellen Methode liegen Erfahrungen aus über drei Jahrzehnten klinisch-psychotherapeutischer, psychiatrischer und psychoanalytischer Tätigkeit in der Versorgung von Patienten zugrunde, die ganz überwiegend unter beeinträchtigten und vernachlässigenden, oftmals auch gewalttätigen und traumatisierenden Verhältnissen aufgewachsen sind und die in ihrer Entwicklung – wenn überhaupt – nur sehr eingeschränkte Erfahrungen mit ausreichend guten Beziehungen haben machen können, deshalb grundlegende Funktionen der Selbst- und Beziehungsregulierung nicht oder nur bedingt haben entwickeln können und oftmals am sozialen Leben nur am Rande teilnehmen.

Das Handbuch wendet sich an Psychotherapeuten, Psychiater, Kinder- und Jugendpsychiater, Suchtkrankentherapeuten, Pflegepersonal in der Psychiatrie und Psychotherapie, aber auch an Angehörige anderer sozialer Berufe, die mit diesen Patienten und Klienten zu tun haben.

Im Mittelpunkt stehen neben diagnostischen Gesichtspunkten die behandlungstechnischen Mittel, die die psychoanalytisch-interaktionelle Methode kennzeichnen, in erster Linie die Haltung, mit der der Therapeut an der Beziehung zu dem Patienten oder zur Gruppe der Patienten teilnimmt, sowie der sogenannte antwortende Modus, der die Art und Weise charakterisiert, wie der Therapeut das Gespräch mit dem Patienten und die therapeutische Beziehung von seiner Seite aus gestaltet.

Wegweiser durch das Handbuch

Die Gliederung des Handbuches lehnt sich an die Abfolge der Schritte an, wie sie auch in der klinischen Praxis aufeinander folgen. Nach einer einleitenden Darstellung von Grundzügen der psychoanalytisch-interaktionellen Methode und deren Entwicklung sind die Patienten Thema, für deren Behandlung die Methode in erster Linie entwickelt wurde, Patienten mit sogenannten strukturellen Störungen oder schweren entwicklungsbedingten Störungen der Persönlichkeit. Im Anschluss an ein Kapitel zu implizitem Beziehungswissen wird die psychoanalytisch-interaktionelle Behandlungstechnik dargestellt – die vielfältigen Aspekte, die bei der Vorbereitung der Patienten auf die bevorstehende Behandlung zu beachten sind, Manifestationen struktureller Beeinträchtigungen der Patienten in ihren Äußerungen und Erzählungen sowie in der therapeutischen Beziehung und die besonderen therapeutischen Techniken der psychoanalytisch-interaktionellen Methode. Beispiele aus dem klinischen Behandlungsalltag zeigen, wie interpersonelle Beziehungen in der Behandlung in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt werden und wie und auf welchen Wegen der Patient es erreichen kann, seine interpersonellen Beziehungen und sich selbst stabiler zu regulieren und sich in seiner sozialen Lebenswelt sicherer zu verankern. Dem schließt sich das Kapitel zur psychoanalytisch-interaktionellen Gruppentherapie an; dabei wird in dem Teil zur therapeutischen Arbeit in der Gruppe auf die vorangegangenen Kapitel Bezug genommen. Das Handbuch beschließen Hinweise zum aktuellen Forschungsstand.

Zum Gebrauch des Handbuches

Das Handbuch soll Psychotherapeuten bei der Anwendung der Behandlungsmethode in der täglichen klinischen Praxis unterstützen. Zweifellos gewährleistet die genaue Kenntnis eines Handbuches oder Manuals noch nicht, dass die Behandlung, die der Therapeut durchführt, für diesen Patienten auch hilfreich ist. Eine psychotherapeutische Behandlung lässt sich nicht in der Weise realisieren, dass in einem Manual dargestellte Behandlungstechniken an einem Patienten ausgeführt werden. Kein Manual kann einem Psychotherapeuten die Fähigkeit vermitteln, sich in seinen Patienten einzufühlen und sich vor Augen zu führen, wie dieser Patient in diesem Moment vermutlich fühlt und die Situation erlebt und wie es für diesen Patienten in dieser Sequenz vermutlich sein wird, wenn er als Therapeut sich in dieser Situation so oder anders verhalten und sich in dieser oder jener Weise äußern wird. Das aber ist für jede Therapie, die einem Patienten nicht nur übergestülpt wird, eine wichtige Voraussetzung. Psychotherapie ist ein Gespräch, ist soziales Handeln, und es gibt kein Manual, das die Fähigkeit vermitteln könnte, ein Gespräch zu führen. Zwar kann eine Sprache gelernt werden, aber die Kenntnis der Sprache gewährleistet noch nicht die Fähigkeit, ein Gespräch zu führen. Und wenn ein Sprecher ein Gespräch so führen würde, wie ein Manual das empfehlen könnte, wäre er noch kein kompetenter Gesprächsteilnehmer.

Ein Handbuch kann und soll auch das Lernen mittels Supervision nicht ersetzen. Die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Psychotherapeuten dürfte wohl in allen Therapieformen das wichtigste Lernmedium sein.

Gleichwohl sollte der Nutzen eines Handbuches auch nicht unterschätzt werden. Psychotherapeuten, die die psychoanalytisch-interaktionelle Methode erlernen oder mit der Methode bereits arbeiten, wird empfohlen, die entsprechenden Kapitel wieder und wieder zu lesen, wenn sich ihnen in ihrer praktischen Arbeit oder in der Supervision Fragen stellen. Je weiter sie sich in den Text vertiefen und das Gelesene mit ihren praktischen Erfahrungen verknüpfen, desto häufiger werden sie feststellen, dass sich die Hinweise in dem Handbuch für die praktische Arbeit oftmals wie selbstverständlich aus den Besonderheiten struktureller Beeinträchtigungen des Patienten und aus den Anforderungen der Behandlung selbst ergeben.

Am Ende der meisten Kapitel findet sich eine kurze Zusammenfassung (»Merke«) einiger wichtiger, in dem Kapitel behandelter Hinweise. Sie ersetzen nicht die Lektüre des gesamten Kapitels, können aber dem Psychotherapeuten, der mit der Methode arbeitet, als Erinnerungsstütze dienen.

Die psychoanalytisch-interaktionelle Methode

Die psychoanalytisch-interaktionelle Therapie ist eine entwicklungsorientierte psychotherapeutische Methode für die Behandlung von Patienten, deren Beeinträchtigungen diagnostisch meist mit Persönlichkeitsstörungen oder sogenannten strukturellen Störungen in Verbindung gebracht werden. Mit der Zusammenführung der auf den ersten Blick unvereinbaren Begriffe »psychoanalytisch« auf der einen und »interaktionell« auf der anderen Seite in der Bezeichnung »psychoanalytisch-interaktionelle Methode« kommt zum Ausdruck, dass die Störung der Patienten psychodynamisch verstanden wird, die Therapie dagegen – abweichend von der für die Psychoanalyse charakteristischen Arbeitsweise – auf interaktives Geschehen, auf das »Zwischen« also, und auf interpersonelle Beziehungen ausgerichtet ist. Insofern wäre die Bezeichnung »psychodynamisch-interaktionelle Methode« angemessener. Da der Name »psychoanalytisch-interaktionelle Therapie« sich aber seit einigen Jahrzehnten eingeprägt hat, wird er hier trotz mancher weit reichender Unterschiede zu einer streng verstandenen Psychoanalyse beibehalten.

Interaktion ist kein psychologischer Begriff. Wenn man genau hinsieht, wo in der Psychotherapie von Interaktion die Rede ist, fällt auf, dass es dort oftmals nicht um Interaktion geht, sondern um Verhalten entweder von Patienten oder von Therapeuten gegenüber den jeweils anderen. Und dieses Verhalten wird dann als Ausdruck psychischen – bewussten oder unbewussten – Erlebens verstanden. In der Behandlungssituation wird, was ein Geschehen zwischen den Anwesenden ist, dementsprechend auf unbewusste psychische Dispositionen zurückgeführt. Interpersonelles Verhalten wäre dann nur Manifestation individueller psychischer Dispositionen: Das Geschehen zwischen den Anwesenden ginge aus psychischem Geschehen hervor. Damit wird interpersonelles Geschehen, das Verhalten von Anwesenden im Kontext des Verhaltens von anderen, die Wechselwirkung (Balint, 1963), aber gerade zum Verschwinden gebracht.

Der Schwerpunkt liegt in der psychoanalytisch-interaktionellen Therapie nicht vorrangig auf der intrapsychischen Welt, auf dem unbewussten und bewussten Erleben des Patienten; im Vordergrund stehen vielmehr die Schwierigkeiten des Patienten, sich selbst im Kontakt mit anderen zu regulieren und seine zwischenmenschlichen Beziehungen zu gestalten. Der Weg hin zu psychischer Stabilisierung verläuft hier zuvorderst über eine Verbesserung der Möglichkeiten des Patienten zur Selbst- und Beziehungsregulierung und so zur Teilnahme am sozialen Leben.

Psychotherapie ist gewöhnlich auf den seelischen Zustand des Patienten ausgerichtet. Die therapeutische Arbeit mit der psychoanalytisch-interaktionellen Methode fokussiert demgegenüber vorrangig auf das Selbst des Patienten im Kontakt mit anderen, auf die soziale Lebenswelt und damit auf die Möglichkeit, reziproke interpersonelle Beziehungen zu gestalten und mitzugestalten.

Die überragende Bedeutung einer ausreichend sicheren Verankerung in der sozialen Lebenswelt sowohl für die psychische wie für die körperliche Gesundheit ist unstrittig. Nicht nur bedarf es relativer psychischer Stabilität, um in befriedigender Weise am Zusammensein mit anderen teilnehmen zu können, sondern ausreichend gute und verlässliche zwischenmenschliche Beziehungen sind auch der sicherste Garant für relative seelische Gesundheit, die ihrerseits immer auch – so Ehrenberg (2012) – »die Gesellschaftlichkeit des heutigen Menschen« (S. 499) betrifft.

Die psychoanalytisch-interaktionelle Methode ist entwicklungsorientiert: Im Vordergrund steht das Bemühen um Entwicklung und Förderung von psychosozialen Fähigkeiten, die es dem Patienten ermöglichen, ausreichend befriedigende interpersonelle Beziehungen zu gestalten und sich in der sozialen Lebenswelt tragfähiger zu verankern, Fähigkeiten, über die er aufgrund oft äußerst schwieriger Bedingungen in seiner Entwicklung bis dahin nicht oder nur eingeschränkt verfügt.

Die Ausrichtung der psychoanalytisch-interaktionellen Arbeitsweise auf die interpersonellen Beziehungen des Patienten und auf die Schwierigkeiten, sich mit seiner Umwelt in ein von Wechselseitigkeit bestimmtes Verhältnis zu setzen, geht mit einer spezifischen Handhabung der therapeutischen Beziehung einher – und das bedeutet aus psychodynamischem Blickwinkel auch: mit einer besonderen Handhabung von Übertragung und Gegenübertragung. Statt aus vermeintlich neutraler oder technisch neutraler Position auf den Patienten und dessen Verhalten hinzuzeigen, wie das für die Psychoanalyse charakteristisch ist, wird die therapeutische Beziehung hier genutzt, um das Erleben und Verhalten des Patienten in seinen zwischenmenschlichen Beziehungen transparent und die Mittel und Wege zur Mitgestaltung dieser Beziehungen im Kontext des Verhaltens von anderen verständlich werden zu lassen. Damit ist verbunden, dass sich die therapeutische Arbeit in großer Nähe zur sozialen Alltagswelt des Patienten bewegt.

Die psychoanalytisch-interaktionelle Methode trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die Fähigkeiten und Funktionen der Selbst- und der Beziehungsregulierung von Patienten mit sogenannten strukturellen Störungen oder schweren Persönlichkeitsstörungen ihre Anpassung an die meist erheblich belasteten Bedingungen reflektieren, unter denen sich ihre Entwicklung vollzogen hat, die aber nicht geeignet sind, die Teilnahme an und die Gestaltung von ausreichend befriedigenden interpersonellen Beziehungen, die von Reziprozität und wechselseitiger Anerkennung bestimmt sind, zu ermöglichen. Die Umstände, unter denen die Patienten aufgewachsen sind, waren häufig von vernachlässigenden, emotional höchst kargen, manchmal misshandelnden und traumatisierenden Beziehungserfahrungen bestimmt und haben tiefe Spuren in der Persönlichkeit und der Struktur der Persönlichkeit hinterlassen. Dass es den Patienten in der Folge nicht oder nur schwer möglich ist, an einer sozialen Welt teilzunehmen, in der das Zusammensein mit anderen zugleich von Wechselseitigkeit und von Selbstbestimmung geprägt ist, gehört zu den gravierendsten Folgen der schwierigen Bedingungen, die ihre Entwicklung begleitet haben. Die Patienten sind, wenn überhaupt, oft nur eingeschränkt in der Lage, die Perspektive der anderen zu übernehmen, von einem dritten Standort aus auf sich selbst zu blicken und sich selbstreflexiv mit dem eigenen Verhalten und Erleben und mit einem interpersonellen Geschehen auseinanderzusetzen, an dem sie selbst gerade beteiligt sind. Die Fähigkeit, die Perspektive der anderen zu übernehmen, ist ein für das soziale Leben grundlegendes, aber im Alltag meist auch ein als derart selbstverständlich vorausgesetztes Können, dass leicht übersehen wird, wie schwierig sich das Zusammensein mit anderen gestaltet, wenn diese Fähigkeit nicht oder nur bruchstückhaft entwickelt werden konnte.

Mit ihrer spezifischen Ausrichtung auf zwischenmenschliche Beziehungen und der Fokussierung auf das Selbst im Zusammensein mit anderen, auf interpersonelle Beziehungen und Interaktion und auf den untrennbar engen Zusammenhang von Selbst- und Beziehungsregulierung – und das bedeutet: auf Verhalten und Erleben im Kontext des Verhaltens von anderen – unterscheidet sich die psychoanalytisch-interaktionelle Methode von anderen aus der Psychoanalyse hervorgegangenen Behandlungsmethoden. In diesem Sinn liegt der psychoanalytisch-interaktionellen Methode eine »Zwei- oder Mehr-Personen-Psychologie« (Balint, 1968) zugrunde.

Die psychoanalytisch-interaktionelle Therapie ist seit ihren Anfängen im Feld der klinischen Versorgung schwer gestörter Patienten verankert. Die Methode wird seit den 1970er Jahren in der psychotherapeutischen Versorgung von Patienten mit schweren Persönlichkeitsstörungen bzw. sogenannten strukturellen Störungen erfolgreich eingesetzt, anfangs in erster Linie als Therapie in der Gruppe im Rahmen klinisch-stationärer Patientenversorgung. Seither wurde die Methode auf der Grundlage vieljähriger klinischer Erfahrungen ständig weiterentwickelt. Sie stützt sich auf Erfahrungen und psychodynamische Konzepte, die ihren Ursprung in der Psychoanalyse haben und die zu einem Teil auf die besonderen Bedingungen strukturell gestörter Patienten hin adaptiert wurden. Darüber hinaus wurden in die Weiterentwicklung der psychoanalytisch-interaktionellen Methode auch Erkenntnisse aus Nachbargebieten einbezogen, für die soziales Alltagsleben und damit Interaktion und Interpersonalität zentrale Themen sind. Die moderne psychoanalytisch-interaktionelle Methode wird als Einzel- und als Gruppentherapie im ambulanten wie im stationären Bereich bei Patienten im Erwachsenenalter und bei jugendlichen Patienten eingesetzt. Vor dem Hintergrund, dass Jugendliche alterstypisch in einigen ihrer strukturellen Fähigkeiten, beispielsweise ihrer Fähigkeit zur Selbstreflexion oder zum Mentalisieren, labilisiert sind und psychische Realität in der Entwicklungsphase der Adoleszenz mehr gezeigt als mit Worten mitgeteilt wird, kommt die psychoanalytisch-interaktionelle Methode für die Behandlung psychischer Störungen auch bei Jugendlichen zur Anwendung (Cropp, Zimmermann u. Streeck-Fischer, 2014; Streeck-Fischer u. Streeck, 2010, 2013).

Zur Entwicklung der psychoanalytisch-interaktionellen Therapie

Die Anfänge der psychoanalytisch-interaktionellen Methode reichen in die erste Hälfte der 1960er Jahre zurück. Ausgehend von der Erfahrung, dass viele psychisch kranke Patienten im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter mit den in der damaligen Psychiatrie zur Verfügung stehenden Mitteln nicht ausreichend behandelt werden konnten, mussten für deren therapeutische Versorgung psychotherapeutische Mittel erst entwickelt und erprobt werden. Weder waren die traditionellen psychiatrischen Kliniken für diese Aufgabe eingerichtet, noch standen für eine Patientenklientel, deren Störungen sich nicht in Worten zum Ausdruck brachten, sondern gezeigt wurden oder sich zeigten, geeignete psychotherapeutische Methoden zur Verfügung. Zwar hat es seit Mitte des 20. Jahrhunderts vereinzelte Versuche gegeben, Patienten, deren Störungen sich hinter Diagnosen wie Psychopathie, Soziopathie oder abnorme Persönlichkeit verbargen, psychoanalytisch zu behandeln, dennoch blieb die Behandlung psychiatrisch kranker Patienten mit psychotherapeutischen Mitteln ein weitgehend unbearbeitetes Gebiet. Um für diese Aufgabe nutzbringend eingesetzt werden zu können, mussten Konzepte und therapeutische Techniken, die mit der Psychoanalyse – die einzige Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte Therapiemethode – verbunden waren, teilweise weitgehend verändert und an die spezifischen Anforderungen angepasst werden, die der therapeutische Umgang mit dieser schwer gestörten, psychiatrischen Patientenklientel stellte. Das betraf auch den Umstand, dass sich die Beeinträchtigungen dieser Patienten überwiegend als »Störungen des Sozialen«, also als interpersonelle Störungen zeigen (Streeck, 2014). Das wiederum stieß auf beiden Seiten auf skeptische Zurückhaltung, bei Psychiatern ebenso wie bei Psychoanalytikern. Nicht wenige Psychiater standen der Psychoanalyse ablehnend, gelegentlich sogar feindselig gegenüber und widersetzten sich jeglichen Bemühungen, psychoanalytische bzw. psychodynamische Erkenntnisse für die Behandlung ihrer Patienten zu nutzen. Auf der anderen Seite betrachteten einflussreiche Vertreter der Psychoanalyse Anstrengungen, psychoanalytische Konzepte und Behandlungstechniken mit Blick auf diese Patientengruppen zu modifizieren, als fragwürdiges Unternehmen, das eine als »richtig« oder »eigentlich« verstandene Psychoanalyse zu verzerren und zu verwässern drohe. Aus ihrer Sicht hatte sich die Psychoanalyse um die Erforschung des Unbewussten zu kümmern. Aufgaben der therapeutischen Versorgung schwer gestörter, psychiatrisch kranker Patienten wurden demgegenüber als sekundär betrachtet und dem Aufgabenspektrum von Psychotherapie zugerechnet, nicht oder allenfalls höchst selektiv dem der Psychoanalyse. »Angewandte Psychoanalyse« – so die Bezeichnung, die diejenigen Psychoanalytiker für ihr Aufgabenfeld verwendeten, die die klinische Versorgung psychisch schwer beeinträchtigter Patienten trotz aller Vorbehalte als ihre Aufgabe ansahen, »galt manchen Repräsentanten einer ›wirklichen‹ oder ›eigentlichen‹ Psychoanalys« oftmals als verdächtig (vgl. Mentzos, 2006).

Die ebenso schwierige wie anspruchsvolle Aufgabe, von psychodynamischen und psychoanalytischen Erfahrungen und Erkenntnissen in einer Weise Gebrauch zu machen, dass auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung beeinträchtigte, psychiatrisch kranke Patienten – diagnostisch in der Psychiatrie zumeist als Psycho- oder Soziopathie diagnostiziert, in der Psychotherapie als schwere Charakterneurosen – davon würden profitieren können, veranlasste Heigl-Evers und Heigl (1983) in den 1970er Jahren dazu, eine an der Psychoanalyse orientierte Gruppentherapie zu entwickeln, die für die Behandlung von Patienten mit sogenannten strukturellen Störungen günstige Entwicklungsbedingungen bot, die psychoanalytisch-interaktionelle Gruppentherapie.

Benachbarte Therapiemethoden

In den letzten Jahren haben sich der psychoanalytisch-interaktionellen Methode zwei weitere aus der Psychoanalyse entwickelte Methoden zur Seite gestellt, die übertragungsfokussierte Psychotherapie (TFP; Clarkin, Yeomans u. Kernberg, 2006) und das Mentalization Based Treatment (MBT; Bateman u. Fonagy, 2004; Bolm, 2009; Schultz-Venrath, 2013), beide speziell für die Behandlung von Patienten mit Borderline-Störungen. Wie die psychoanalytisch-interaktionelle Methode sind beide Methoden von der Erfahrung bestimmt, dass für die Behandlung von Borderline-Patienten mehr oder weniger weit reichende Modifikationen unverzichtbar sind.

Die übertragungsfokussierte Psychotherapie bewegt sich sowohl in ihrer Auffassung von der therapeutischen Beziehung und deren nützlicher Handhabung wie in ihrer Auffassung von therapeutisch wirksamen Techniken und Strategien nahe an der Psychoanalyse. Die Borderline-Störung wird in der übertragungsfokussierten Therapie als Folge verinnerlichter pathologischer Beziehungserfahrungen verstanden. In dieser Hinsicht besteht Übereinstimmung mit der Auffassung von der Genese struktureller Störungen, wie sie auch in Zusammenhang mit der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD; 2006) verstanden wird. Auch in der psychoanalytisch-interaktionellen Therapie werden strukturelle Störungen als Folge der Verinnerlichung beeinträchtigender, vernachlässigender oder traumatisierender Beziehungserfahrungen verstanden, die – wie im Rahmen der OPD beschrieben – zu strukturellen Störungen geführt haben, mit der Folge, dass den Patienten wichtige Funktionen der Selbst- und der Beziehungsregulierung nicht zur Verfügung stehen und auch durch Deutungen ihres Verhaltens nicht verfügbar gemacht werden können. Demgegenüber konzentriert sich das therapeutische Vorgehen bei der übertragungsfokussierten Psychotherapie wie in der Psychoanalyse auf die Deutung unbewusster Repräsentanzen, die sich in Übertragung und Gegenübertragung manifestieren. Auch die Haltung, die der Therapeut einnimmt, gleicht aufgrund der verlangten technischen Neutralität der des Psychoanalytikers.

Dabei wird in der übertragungsfokussierten Psychotherapie vorausgesetzt, dass die Patienten nützlichen Gebrauch davon machen können, wenn der Therapeut mit Deutungen auf Beweggründe ihres Erlebens und Verhaltens hinweist, die ihnen selbst nicht bewusst sind. Den Patienten muss es somit möglich sein, die mit der Deutung formulierte Hypothese, die ihr eigenes Verhalten erklären soll, aufzunehmen, den Blick auf sich selbst zu richten und über sich selbst und mögliche Motive ihres Verhaltens nachzudenken.

Wenn die Deutung unbewusster Objektbeziehungen in der übertragungsfokussierten Psychotherapie zudem möglichst rasch erfolgen soll, weil Zögern »als Ausdruck einer Gegenübertragungsreaktion verstanden werden kann« (Dammann, Buchheim, Clarkin u. Kernberg, 2000, S. 470), dann zeigt sich auch darin ein deutlicher Unterschied zur psychoanalytisch-interaktionellen Therapie. Denn was das für den Patienten bedeutet, wie der Therapeut sich verhält, ob er zögert, schnell interveniert, schweigt oder sich scheinbar neutral verhält, zeigt ihm der Patient mit seinem nachfolgenden Verhalten; immer gestaltet er die therapeutische Beziehung mit seinem Verhalten mit. Insofern ist die Trennung von Übertragung und Gegenübertragung künstlich: Die therapeutische Beziehung ist eine Koproduktion von Patient und Therapeut – und was aus der Sicht des Therapeuten schnelles oder zögerliches Verhalten sein mag, sagt noch nichts darüber aus, was dieses gleiche Verhalten für den Patienten bedeutet. Was ein Verhalten bedeutet, ist nicht dem Verhalten schon fest eingeschrieben, sondern die Bedeutung von Verhalten wird interaktiv konstituiert und ist somit nicht unabhängig von dem jeweiligen interpersonellen Kontext. Der Psychotherapeut ist kein neutraler, objektiver Beobachter der seelischen Wirklichkeit seines Patienten; er kann über den Patienten nichts unabhängig von seiner eigenen Person und von seinem eigenen Einfluss auf den Patienten erfahren. Er hat es – wie der Psychoanalytiker auch – ausnahmslos mit Ereignissen zu tun, die in ein von beiden gestaltetes Feld eingebunden sind und im Zuge ihrer Interaktion koproduziert werden. Unvermeidlich behandeln sich Patient und Psychoanalytiker wechselseitig.

Auch die Auffassung von »Diskrepanzen zwischen den drei Kommunikationskanälen des Patienten« (verbal, nonverbal und Übertragung/Gegenübertragung, Dammann et al., 2000, S. 470), die für die übertragungsfokussierte Psychotherapie richtig ist, gilt für die psychoanalytisch-interaktionelle Methode nicht. Sprachliches Verhalten trägt ebenso wie körperliches keine ganz bestimmten Bedeutungen in sich; vielmehr wird die Bedeutung sowohl sprachlichen wie körperlichen Verhaltens immer im wechselseitigen Austausch »verhandelt«.

Schließlich werden in der übertragungsfokussierten Psychotherapie in Übereinstimmung mit der Neutralitätsforderung supportive Elemente wie Empfehlungen, Ratschläge oder Erläuterungen nicht eingesetzt. Die psychoanalytisch-interaktionelle Therapie, die entwicklungsorientiert ist, trägt demgegenüber der klinischen Erfahrung Rechnung, dass die strukturell bedingten Beeinträchtigungen des überwiegenden Teils der Patienten oftmals Empfehlungen und Erläuterungen des Therapeuten erforderlich machen.

Die »Mentalization Based Treatment« genannte Methode, ebenfalls eine Therapie für die Behandlung von Patienten mit Borderline-Störungen, versteht die Borderline-Störung als Folge einer beeinträchtigten Fähigkeit zu mentalisieren, was wiederum in erster Linie als Folge intensiver Verlassenheitsangst aufgefasst wird. Das bei Borderline-Patienten häufige selbstverletzende Verhalten wird als Ausdruck des Versuches verstanden, psychischer Dekompensation in Zuständen hoher emotionaler Erregung entgegenzuwirken. Im Mittelpunkt der therapeutischen Arbeit steht die Mentalisierungsfähigkeit des Patienten. Anders als bei der übertragungsfokussierten Psychotherapie werden die aktuelle Patient-Therapeut-Beziehung und damit Übertragung und Gegenübertragung lediglich soweit genutzt, als sie für die Arbeit an der Fähigkeit zu mentalisieren förderlich sind. Bateman und Fonagy (2004) haben die Auffassung vertreten, dass die Fähigkeit zu mentalisieren in verschiedenen psychotherapeutischen Methoden eine Rolle spielt und nicht allein durch spezifische, methodengebundene Techniken gefördert wird.

Der psychoanalytisch-interaktionellen Methode liegt ebenfalls ein psychodynamisches Verständnis psychischen und psychopathologischen Erlebens und Verhaltens zugrunde, ergänzt durch die in der Soziologie verankerte Auffassung, dass die soziale Alltagswelt, in der der Patient sich bewegt, nicht so schon vorhanden ist, sondern von ihm selbst in Interaktion mit seinen Mitmenschen mit hervorgebracht und gestaltet wird. Darum liegt der Fokus bei der psychoanalytisch-interaktionellen Arbeitsweise mit strukturell gestörten Patienten auf der Regulierung ihres Selbst und der Regulierung und Gestaltung ihres Zusammenseins mit anderen und des Zusammenseins anderer mit ihnen. Dass sich die therapeutische Arbeitsweise deutlich von der Arbeitsweise der Psychoanalyse und der übertragungsfokussierten Psychotherapie unterscheidet, kommt nicht nur in dem entschiedenen Verzicht auf Deutungen des unbewussten Verhaltens der Patienten zum Ausdruck, sondern vor allem in der Bedeutung, die in der sozialen Lebenswelt der Patienten und ihren interpersonellen Beziehungen gesehen wird. Zudem ist die psychoanalytisch-interaktionelle Therapie auf Progression und Entwicklung hin angelegt, und zwar auf die Entwicklung und Weiterentwicklung von Fähigkeiten, interpersonelle Beziehungen zu regulieren und zu gestalten und mitzugestalten und sich in der sozialen Welt ausreichend sicher zu verankern. Dazu benötigt der Psychotherapeut neben theoretischen und klinischen Kenntnissen ein Verständnis von zwischenmenschlicher Interaktion und des sozialen Alltagslebens (vgl. Streeck, 2007).

Wie Patienten mit strukturellen Störungen und schweren Persönlichkeitsstörungen sich in ihrer sozialen Alltagswelt bewegen, tritt deutlich auch dann hervor, wenn die Therapie in Mehr-Personen-Situationen wie einer Gruppe oder einer Klinik stattfindet. Die interpersonell sich manifestierenden Beeinträchtigungen hier zu untersuchen und therapeutisch zu beeinflussen setzt voraus, dass der Bedeutung des sicht- und hörbaren interpersonellen Verhaltens, in dem sich implizites Beziehungswissen zeigt, und der vielfältigen subtilen Mittel, die dabei für die Herstellung sozialer Wirklichkeit eingesetzt werden, Rechnung getragen wird. Wird die Klinik konzeptuell hingegen auf die Funktion einer Umgebung reduziert, in der sich die »eigentlichen« therapeutischen Prozesse vollziehen, verstellt das den Blick dafür, wie alle Anwesenden dazu beitragen, die soziale Realität der Klinik und in der Klinik zu gestalten. Manche Auffassungen von stationärer Psychotherapie drücken die Überzeugung aus, dass das therapeutische Geschehen in der Klinik nicht grundlegend anders als dyadische Behandlungssituationen zu verstehen oder zu konzipieren sei. So wird in der Klinik manchmal in erster Linie ein Raum für die Darstellung, Wiederbelebung, Erfahrung, Neuorientierung und Bearbeitung der gestörten inneren Welt des Patienten gesehen, der Aufnahme des Patienten in die Klinik die Qualität eines therapeutisch-mütterlichen Aktes zugeschrieben, die gemeinsame Anwesenheit von Patienten und Therapeuten einer dyadischen Situation vergleichbar als Gegenüberstehen zweier Gruppen konzipiert, als Kennzeichen für das therapeutische Arrangement in der Klinik die Beziehung des Patienten zu einer Therapeutengruppe ausgegeben, das Erleben jedes Patienten in der Klinik vorrangig als Ausdruck der Reaktualisierung der jeweils spezifischen infantilen Beziehungsmuster und unbewussten intrapsychischen Konflikte aufgefasst, von dem Verhalten von Patienten im Zusammensein mit anderen behauptet, dass es wesentlich durch den Mechanismus der projektiven Identifikation bestimmt sei, die Funktion der Anwesenheit von Mitpatienten auf einen Multiplikatoreffekt verkürzt, in Gegenübertragungsreaktionen der therapeutischen Mitarbeiter allein ein Wahrnehmungsinstrument für die unbewussten Vorgänge im Patienten gesehen, nicht aber soziales Handeln usw. Die therapeutische Situation in der Klinik unterscheidet sich in ihren Grundzügen dann scheinbar in kaum mehr als der Anwesenheit einer Vielzahl anderer Personen von der Situation in einer Einzeltherapie. Im Verhalten von Patienten im Zusammensein mit anderen werden nur Zeichen gesehen, die auf »Inneres« verweisen, statt Mittel zu sein, mit denen das Geschehen im »Zwischen« hervorgebracht und reguliert wird. In der Konsequenz verweist interpersonelles Verhalten der Patienten in verschiedenen sozialen Situationen in der Klinik dann immer wieder nur auf sedimentierte unbewusste Beziehungserfahrungen, die in Übertragungen und Wiederinszenierungen auftauchen und zu deren Verständnis die Therapeuten über ihre Gegenübertragung gelangen. Was tatsächlich interpersonelles Geschehen ist, verliert seine interaktive Qualität. Folgerichtig ist von Interaktion kaum noch die Rede, allenfalls noch von einem Patienten, der interagiert, eine Auffassung, die mit einem interpersonellen Verständnis des therapeutischen Geschehens schwer vereinbar ist. Die soziale Wirklichkeit klinischer Einrichtungen ist nicht unabhängig vom Handeln der Anwesenden vorhanden. Eine Klinik ist keine leere Bühne, auf der Patienten ihre unbewussten Konflikte in Szene setzen. Ebenso wenig sind die an der Behandlung im Krankenhaus Beteiligten neutrale, von den Patienten für die Inszenierung ihrer Konflikte beliebig zu verwendenden Objekte. Was in der stationären Behandlung geschieht, ist das Produkt wechselseitigen aufeinander bezogenen Handelns und Behandelns, ein Geschehen, das die Beteiligten gemeinsam hervorbringen, eine Koproduktion, von Anwesenden im Zuge ihres Miteinander-Umgehens gestaltet. Die Akteure in der Klinik tauchen – mit anderen Worten – nicht in eine soziale Realität ein, die jenseits ihres eigenen Zutuns als solche vorab schon da ist, sondern sie produzieren eben diese Wirklichkeit erst im Vollzug ihres Handelns. Gerät das aus dem Blick, bleiben die vielfältigen Chancen und Möglichkeiten leicht ungenutzt, implizites Beziehungswissen der Patienten, ihre Beeinträchtigungen im Zusammensein mit anderen und das Wie der interaktiven Herstellung von interpersonellen Beziehungen im Feld der Klinik zu untersuchen und zu verändern.

Strukturelle Störungen – schwere Persönlichkeitsstörungen

»Strukturelle Störungen« werden entwicklungsbedingte, in der Persönlichkeit verankerte Beeinträchtigungen genannt, die auf eine eingeschränkte Verfügbarkeit von seelischen Funktionen, die für die Selbst- und Beziehungsregulierung erforderlich sind, zurückzuführen sind. Aus psychodynamischer Sicht manifestieren sich strukturelle Störungen vor allem als Störungen der Selbstregulierung und des Selbsterlebens sowie als Störungen der Regulierung des Zusammenseins mit anderen. Die Selbst- und Beziehungsstörungen wirken sich häufig auf alle Bereiche des sozialen und beruflichen Lebens der Patienten beeinträchtigend aus. Die Störungen können mit bedrohlichen Folgeerscheinungen einhergehen, beispielsweise mit schweren Formen selbstschädigenden und fremddestruktiven Verhaltens.

Strukturelle Störungen sind zumeist gravierende Störungen der Persönlichkeitsentwicklung oder schwere Persönlichkeitsstörungen. Dabei wird die Qualifizierung »schwer« in Verbindung mit Persönlichkeitsstörungen oftmals großzügig verwendet. So gilt eine Persönlichkeitsstörung oftmals schon dann als »schwer«, wenn die Person Züge einer Borderline-Störung aufweist. Hier sollen Persönlichkeitsstörungen dann »schwer« genannt werden, wenn das Leben des Patienten aufgrund der Persönlichkeitsstörung erheblich belastet ist, der Patient Gefahr läuft, ungewollt an den Rand der Gesellschaft zu geraten oder gar droht, aus dem gesellschaftlichen Leben herauszufallen. Die Integration des Patienten in die soziale Welt an Stelle psychodynamischer Merkmale als Kriterium für die Beurteilung der Schwere einer strukturellen oder Persönlichkeitsstörung heranzuziehen, korrespondiert auch mit dem Umstand, dass beispielsweise Patienten in Einrichtungen der forensischen Psychiatrie zu einem sehr hohen Prozentsatz schwere Persönlichkeitsstörungen aufweisen und auch bei Patienten, die in Einrichtungen für Suchtkranke behandelt werden, oftmals strukturelle Störungen oder schwere Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert werden; man wird darüber hinaus davon ausgehen können, dass auch unter den Insassen bzw. Patienten in sozialtherapeutischen Anstalten ein höherer Anteil von schweren Persönlichkeitsstörungen zu finden ist.

Der Begriff »strukturelle Störung« taucht in den diagnostischen Klassifikationssystemen ICD und DSM nicht auf, erfüllt in der psychodynamischen Diagnostik und Therapie jedoch wichtige differenzierende Funktionen. »Strukturelle Störung« wird weitgehend identisch mit Bezeichnungen wie »Störung auf Borderline-Niveau« (Kernberg, 2000), »präsymbolische Störung«, »Störung auf niedrigem« bzw. »mittlerem Integrationsniveau« (OPD) oder »schwere Persönlichkeitsstörung« verwendet.

In der Psychologie meint Struktur die geordnete Gesamtheit psychischer Dispositionen. In der Psychoanalyse findet sich der Begriff »Struktur« beispielsweise in Zusammenhang mit Charakterstruktur, Ich-Struktur oder Struktur von Objektbeziehungen. In dem multiaxialen diagnostischen System der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD) ist Struktur einer von mehreren diagnostischen Schwerpunkten und bezieht sich auf das Selbst in seiner Beziehung zu den Objekten (OPD, 2006).

In der Psychiatrie wird die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung dann gestellt, »wenn durch den Ausprägungsgrad und/oder die besondere Konstellation von psychopathologisch relevanten Merkmalen (Wahrnehmen, Denken, Fühlen, Wollen, Beziehungsgestaltung) erhebliche subjektive Beschwerden und/oder nachhaltige Beeinträchtigungen der sozialen Anpassung entstehen« (Sass, 2000; Hervorh. v. Verf.). Das internationale Klassifikationssystem der Krankheiten (ICD) knüpft die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung an die Bedingung, dass die betroffene Person »gegenüber der Mehrheit der betreffenden Bevölkerung deutliche Abweichungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in den Beziehungen zu anderen« zeigt (Hervorh. v. Verf.). Ähnlich fordert das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) für Persönlichkeitsstörungen, dass zwei der vier Bereiche Kognition, Affektivität, Impulskontrolle und zwischenmenschliche Beziehungen ein überdauerndes, von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweichendes Muster von innerem Erleben und Verhalten zeigen. Danach können die interpersonellen Beziehungen von Patienten, bei denen eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wird, zwar auffällig erscheinen, ohne dass darin ein obligates Kriterium für die Diagnose gesehen wird. Die soziale Lebenswelt muss demnach nicht notwendigerweise beeinträchtigt erscheinen oder von einer unterstellten Norm abweichen, damit die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung gestellt werden kann. Tatsächlich zeigen sich zumal schwerere Persönlichkeitsstörungen bzw. strukturelle Störungen im klinischen Alltag jedoch so gut wie immer und oftmals in erster Linie als interpersonelle Störungen. Dass die Beziehungen zu anderen nicht erheblich belastet erscheinen, ist dort eher eine seltene Ausnahme. Auch in den Entwürfen für die Neufassung der internationalen diagnostischen Klassifikationssysteme nehmen Störungen in den zwischenmenschlichen Beziehungen einen zentralen Platz ein.

Wie häufig und in welchem Maß das soziale Leben bei Persönlichkeitsstörungen beeinträchtigt ist, lässt sich bereits daran erkennen, dass ein großer Teil der Kriterien, die erfüllt sein müssen, um eine der Diagnosen einer spezifischen Persönlichkeitsstörung zu stellen, sowohl in der ICD als auch im DSM sich nicht überwiegend auf psychologische Merkmale wie Wahrnehmen, Denken, Wollen oder Fühlen bezieht, sondern in hohem Maße auch auf zwischenmenschliche Verhältnisse.

Viele der Attribute, die in der ICD-10 und im DSM-5 auftauchen, sind keine Eigenschaften, die ausschließlich in einer Person verankert sind; vielmehr handelt es sich um Verhalten, das auf interpersonelle Verhältnisse, auf das Verhalten zwischen Personen und somit auf soziale Kontexte verweist, wie zum Beispiel folgende, für die paranoide Persönlichkeitsstörung laut DSM-5 als charakteristisch geltende Merkmale zeigen: »tiefgreifendes Muster von Misstrauen und Argwohn gegenüber anderen, so dass deren Motive als böswillig ausgelegt werden«, »ist lange nachtragend, d. h. verzeiht Kränkungen, Verletzungen oder Herabsetzungen nicht« oder »verdächtigt wiederholt ohne jede Berechtigung den Ehe- oder Sexualpartner der Untreue«. Das gilt vergleichbar auch für andere Kriterien, etwa für die Borderline-Persönlichkeitsstörung, für die beispielsweise ein »tiefgreifendes Muster von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen« oder ein »verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder erwartetes Verlassenwerden zu vermeiden« kennzeichnend sind; auch dort geht es nicht nur um Eigenschaften einer Person, sondern um Auffälligkeiten, die sich im Kontext des Verhaltens von anderen zeigen.

Um die Entwicklungsbeeinträchtigungen von Patienten mit strukturellen Störungen in den formalen diagnostischen Klassifikationssystemen abzubilden, müssen oft mehrere Diagnosen, oft auch mehrere Diagnosen für Persönlichkeitsstörungen herangezogen werden. Man kann dann von komplexen Störungen sprechen.

Die zwischenmenschliche Welt von Patienten mit strukturellen Störungen ist davon geprägt, dass Beziehungen, die auf wechselseitiger Anerkennung gründen, nicht gelingen; die Beziehungen sind häufig instabil und scheitern nicht selten schon nach kurzer Zeit. Oftmals sind die zwischenmenschlichen Beziehungen unflexibel und folgen immer wieder den gleichen starren, manchmal destruktiven Mustern. Nicht wenige Patienten meiden soziale Kontakte weitgehend und leben zurückgezogen, leiden aber daran, dass es ihnen nicht gelingt, in halbwegs befriedigender Weise am sozialen Alltagsleben teilzunehmen. Vor diesem Hintergrund wurden Persönlichkeitsstörungen mit einem Ausdruck, der Sullivan zugeschrieben wird, auch »Störungen des Sozialen« genannt (z. B. Möller, Laux u. Kapfhammer, 1996). Nicht nur die als dramatisch, emotional und launisch beschriebenen, zu Affektualisierung und Impulsivität neigenden Beeinträchtigungen von Patienten mit histrionischer, narzisstischer, antisozialer oder Borderline-Persönlichkeitsstörung (sog. Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen im DSM-IV) manifestieren sich als »Störungen des Sozialen«, sondern auch die als exzentrisch, affektarm und misstrauisch geltenden Störungen von Patienten mit paranoider, schizoider und schizotypischer Persönlichkeitsstörung (sog. Cluster-A-Persönlichkeitsstörungen im DSM-IV), die häufig zurückgezogen leben und anderen Menschen so weit wie irgend möglich aus dem Weg gehen.

Bei Patienten mit strukturellen und komplexen Störungen war die frühe Lebensgeschichte häufig von vernachlässigenden, traumatisierenden und missbräuchlichen Beziehungserfahrungen geprägt. Oftmals waren die Patienten schon im frühen Lebensalter auffällig. Manche wurden als Kinder psychopharmakologisch behandelt; selten haben die frühen Warnsignale in eine adäquate psychotherapeutische Behandlung geführt.

Bereits Anna Freud (1965/2003) hatte bei ihrer therapeutischen Arbeit mit Kindern seelische Störungen, die auf Entwicklungsbeeinträchtigungen zurückzuführen seien, und solche, die in unbewussten Konflikten gründeten, unterschieden.

Strukturelle Störungen können mit einem breiten Spektrum von seelischen und psychosozialen Beeinträchtigungen einhergehen. Symptome wie Ängste und multiple Phobien, impulsives Agieren, Depressionen, schwerwiegende Arbeitsstörungen und Arbeitsunfähigkeit, Zwänge, promiskuöses und antisoziales Agieren, chronische Selbstverletzungen, soziale Isolation, suizidales Verhalten und chronische Suizidalität, abhängige Verhaltensweisen, instabile Beziehungen, sexuelle Perversionen, Alkoholabhängigkeit und andere süchtig-abhängige Verhaltensmanifestationen oder psychosenahe Störungen können das klinische Bild prägen. Auch die Beeinträchtigungen von Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen können mit erheblichen Entwicklungsstörungen bzw. strukturellen, in der Persönlichkeitsorganisation verankerten Störungen verbunden sein.

Strukturelle Störungen können aber auch über längere Zeit hinweg unbemerkt bleiben, solange äußere und innere Bedingungen relativ konstant sind und die Beeinträchtigungen kompensiert werden können. Zur psychischen Dekompensation kommt es meist dann, wenn sich diese Bedingungen verändern und der Patient nicht über hinreichende Funktionen für die Bewältigung der veränderten Bedingungen verfügt. Das unterscheidet strukturelle von konfliktbedingten Störungen: Zwar können sich die Umstände von außen betrachtet gleichen, nicht jedoch die psychodynamischen Mechanismen, die zur Symptommanifestation führen. Verliert ein Patient mit einer strukturellen Störung beispielsweise eine für ihn wichtige Person, kann es sein, dass er daraufhin dekompensiert, weil dieser Person bis dahin wichtige stabilisierende und regulative Funktionen zukamen. Kommt es demgegenüber aufgrund eines gleichen Ereignisses bei einem neurotischen Patienten zu Symptomen, dann deshalb, weil durch den Verlust ein unbewusster Konflikt aktualisiert wurde, der mit den verfügbaren Abwehrmechanismen nicht ausreichend bewältigt werden kann und zur Regression auf eine im gesunden Zustand überwundene Stufe der Entwicklung führt.

Als Folge der vernachlässigenden und traumatisierenden Beziehungserfahrungen in der Entwicklung stehen Patienten mit strukturellen Störungen grundlegende Funktionen der Beziehungs- und Selbstregulierung zur Ausübung nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung (Fürstenau, 1977; Heigl-Evers u. Heigl, 1983; Rudolf, 2004). Die strukturell bedingten Einschränkungen, die weitgehend unabhängig von situativen Umständen generell nicht oder nur eingeschränkt verfügbar sind, betreffen vor allem die folgenden Funktionen:

– Selbstwahrnehmung, Selbsterleben und selbstreflexive Fähigkeiten,

– charakteristische Beziehungserfahrungen, Bindungsmuster sowie vorherrschende Objektbeziehungen bzw. Teilobjektbeziehungen,

– Affekte (affektive Beziehungsregulierung) einschließlich mentalisierter Affektivität (Fonagy, Gergely, Jurist u. Target, 2004) und

– Funktionen der Anpassung, die die Regulierung im Umgang mit innerer psychischer und äußerer sozialer Realität gewährleisten.

Das Selbsterleben der Patienten ist häufig von Gefühlen von Leere und Sinnlosigkeit, Grandiosität oder Wertlosigkeit bestimmt; das Selbstwertgefühl ist meist instabil. Um sich ausreichend wichtig fühlen zu können, verlangen die Patienten von anderen übermäßige Aufmerksamkeit und Beachtung. Um selbstregulative Funktionen wie die Regulierung des Selbstwertgefühls, des Reizschutzes oder des Identitätsgefühls aufrechterhalten zu können, sind sie weitgehend darauf angewiesen, sich von anderen beachtet zu fühlen. Heftigere Gefühle und Impulse, insbesondere aggressive und destruktive Gefühle, können sie oftmals nur schwer aushalten. Andere Patienten müssen »weiche« Gefühle vom Erleben fernhalten, weil sie sich damit in unzuträglicher Weise schwach, bedürftig, abhängig und auf andere Menschen angewiesen fühlen. Als schlecht und böse erlebte Eigenschaften werden häufig auf die Außenwelt projiziert (Externalisierung sogenannter böser und verfolgender innerer Objekte). Viele Patienten haben sich von ihrer Umgebung weitgehend abgeschirmt und nehmen ihre soziale Umwelt wie aus der Ferne wahr, so dass beim Gegenüber leicht der Eindruck entsteht, die Patienten nicht wirklich zu erreichen und nicht in der Lage zu sein, eine emotionale Verbindung zu ihnen herzustellen. Andere Patienten haben kein Gefühl für die Wirkung ihres Verhaltens auf ihr Gegenüber und verstehen nicht, warum ihre Beziehungen so instabil sind.

Patienten mit strukturellen Störungen gehen häufig davon aus, dass andere Menschen so wie sie selbst funktionieren. Aus der Sicht der Theorie des Mentalisierens von Fonagy et al. (2004) sind es vor allem Patienten mit Borderline-Störungen und mit traumatisch bedingten Entwicklungsstörungen, die davon ausgehen, dass die äußere Realität so wie ihre innere Realität und andere Menschen so wie sie selbst sind. Fonagy et al. sprechen in diesem Zusammenhang von einer partiellen Fixierung auf den kognitiven Modus psychischer Äquivalenz. Damit beziehen sie sich auf die Erfahrung, dass die Patienten nicht oder nur begrenzt in der Lage sind, sich vorzustellen, dass es unterschiedliche psychische Realitäten gibt und andere Menschen sich aufgrund ihrer jeweils eigenen, von der der Patienten verschiedenen psychischen Realität verhalten. Andere können nicht als eigenständige Individuen in ihrem eigenen Recht erlebt werden. Auch wenn die Patienten wissen, dass es unterschiedliche psychische Realitäten gibt und andere Menschen die Welt aus ihrer je eigenen Perspektive wahrnehmen, gelingt es ihnen nicht, die Perspektive der anderen zu übernehmen und sich und ihre Beziehungswelt aus der Sicht ihres Gegenübers zu betrachten. Es ist ihnen nur schwer möglich, sich ein realistisches Bild von anderen Menschen zu machen und deren Verhalten als motiviert zu verstehen (Mentalisierungsfunktion). Die Bilder der anderen erscheinen häufig unbestimmt und verschwommen. Aufgefordert, für sie wichtige andere Menschen zu beschreiben, nennen manche Patienten ausschließlich sichtbare Merkmale, als seien andere ihnen nur von außen zugänglich, nicht jedoch als Wesen, die aus ihrer je eigenen Subjektivität heraus handeln. Einzelheiten werden oftmals für das Ganze genommen. Die andere Person ist nur so lange wichtig, wie sie physisch anwesend ist, sich in Übereinstimmung mit eigenen Bedürfnissen verhält und ihre Eigenschaften noch ausreichend kompatibel mit eigenen Idealvorstellungen sind. Ist das nicht mehr gewährleistet, verliert die andere Person ihre psychische Relevanz und wird innerlich fallengelassen oder ausgelöscht. Kohut (1973) hat dafür den Begriff Selbstobjekt-Beziehungen geprägt.

Um selbstregulative Funktionen erfüllen zu können, muss die andere Person sich nach Möglichkeit in ganz bestimmter Weise verhalten und bestimmte Rollen übernehmen (z. B. Sandler, 1976). Um die Person zu solchem Verhalten zu veranlassen, greifen die Patienten auf psychosoziale Abwehr- und Anpassungsmechanismen, insbesondere auf Mittel zurück, die aus psychoanalytischer Sicht meist als projektive Identifikationen beschrieben werden und die hier eine größere Rolle als bei neurotischen Störungen spielen (zur Kritik des Konzepts der projektiven Identifikation siehe Grefe u. Reich, 1996). Vor diesem Hintergrund haben Heigl-Evers, Heigl und Ott (1993) die zentrale Pathologie von Patienten mit strukturellen Störungen eine »Beziehungspathologie« genannt. Stehen andere Personen für selbstregulative Zwecke nicht zur Verfügung oder versagen in entsprechenden Funktionen, stellen sich bei den Patienten schwer aushaltbare Unlust- und Spannungszustände ein, die nicht selten mit Mitteln bekämpft werden, die die Spannungsregulierung unterstützen sollen, etwa mit Alkohol oder Drogen. Andere Patienten greifen zu übermäßigem Essen, zu selbstverletzendem Verhalten, zwanghaftem Spielen (Computerspiele, Videospiele), promiskuösem Verhalten, exzessivem Fernsehen und ähnlichen Mitteln.

Aufgrund der entwicklungsbedingten Beeinträchtigungen sind Patienten mit strukturellen Störungen nicht in der Lage, aus einer exzentrischen Position auf sich selbst und ihr eigenes Verhalten zu blicken und in dieser Position sich selbst und das eigene Erleben zum Gegenstand ihres Nachdenkens zu machen. Ihre Gefühle erscheinen wenig differenziert und sind als Signale im Dienst von Selbst- und Beziehungsregulierung und als Steuerungshilfen für reziproke Beziehungen oft ungeeignet. Nichtsprachliches Verhalten, dem üblicherweise vielfältige Funktionen für die Regulierung interpersoneller Beziehungen zukommen und das als implizites Beziehungswissen eng mit Interaktionsmustern verbunden ist, »passt« bei strukturell gestörten Patienten oftmals zu missbrauchenden, vernachlässigenden oder ausbeuterischen Beziehungen, taugt aber nicht dazu, »neutrale« Beziehungen auf der Grundlage von Wechselseitigkeit zu regulieren. Die Art ihres Verhaltens und die Mittel, mit denen sie das Zusammensein mit anderen regulieren, haben es ihnen in der Vergangenheit oftmals ermöglicht, mit beeinträchtigenden Verhältnissen umzugehen, sind aber ungeeignet, um in der sozialen Alltagswelt auf Reziprozität ausgerichtete Beziehungen zu regulieren und aufrechtzuerhalten. In ihren Problemen im Zusammensein mit anderen dokumentieren sich Erlebens- und Handlungsdispositionen bzw. innere Arbeitsmodelle (Bowlby, 1995), die in die Organisation der Persönlichkeit als deren konstitutiver Teil eingegangen sind und die soziale Lebenswelt der Patienten bestimmen.

Der Verdacht auf eine strukturelle Störung legt sich somit immer dann nahe, wenn

– der Patient andere (reale äußere Objekte) überwiegend für Zwecke der Selbstregulierung (z. B. Externalisierung verfolgender innerer Objekte) einschließlich der Regulierung des Selbstwerts, für Zwecke des Reizschutzes, für die Kontrolle von Impulsen und Affekten und für Verhaltensorientierungen in interpersonellen Situationen verwendet; das schließt Phänomene wie die psychische Verschmelzung mit Objekten, deren Eliminierung sowie deren Inbesitz- und Inbeschlagnahme (Marty, 1974) ein;

– die eigene Person verzerrt wahrgenommen und in dysfunktionaler Weise erlebt wird (Selbsterleben) und das Selbstgefühl und Selbstwertgefühl chronisch instabil sind, häufig einhergehend mit Gefühlen der Leere, der Wertlosigkeit oder Grandiosität; das beinhaltet auch die Beeinträchtigung der Fähigkeit, über das eigene und das Verhalten anderer nachzudenken (Mentalisierungsfunktion);

– der Patient auf selbstschädigende Mittel und Mechanismen zurückgreifen muss, um damit seine Selbstregulierung zu unterstützen, insbesondere dann, wenn andere für selbstregulative Zwecke nicht zur Verfügung stehen oder in dieser Funktion versagen; solche Mittel können beispielsweise Alkohol, Drogen, übermäßiges Essen, selbstverletzendes Verhalten, zwanghaftes Spielen, promiskuöses Verhalten, intensive Reizzufuhr, beispielsweise mittels stundenlangen Fernsehens oder Videospielens, u. a. sein;

– andere Personen verzerrt wahrgenommen und beurteilt werden;

– defensive Funktionsweisen insbesondere in engen Beziehungen überwiegen;

– wiederkehrende Muster auf abhängige und ausbeuterische Beziehungen schließen lassen;

– die Fähigkeit nicht oder nur bedingt verfügbar ist, das Verhalten anderer Personen als psychisch motiviert zu verstehen, und interpersonelle Anpassungs- und Abwehrformen wie Spaltung, Idealisierung, Entwertung, Projektion und projektive Identifizierung im Vordergrund stehen und den Charakter der interpersonellen Beziehungen prägen sowie mit häufigen Beziehungsabbrüchen und daraus resultierender Suizidalität einhergehen;

– der Patient kaum in der Lage ist, Affekte und Impulse zu regulieren, wahrzunehmen und deren Ausdruck zu kontrollieren; häufig ist die Toleranz für negative Affekte erniedrigt;

– nahe Beziehungen als beunruhigend und bedrohlich erlebt werden; intensive Beziehungen werden zwar gewünscht, werden aber auch rasch wieder abgebrochen, so dass andere Personen sich in ihrer Fähigkeit überfordert fühlen, die Beziehung aufrechtzuerhalten;

– beeinträchtigende und traumatische Beziehungserfahrungen sich vor allem im Verhalten in Form von Inszenierungen und anderen, überwiegend nichtsprachlich vermittelten Modi des Verhaltens in interpersonellen Beziehungen statt in sprachlichen Mitteilungen zeigen; der Inhalt sprachlicher Mitteilungen, mit denen die Patienten Beziehungserfahrungen schildern, und deren Darstellung in nichtsprachlich vermittelter Interaktion können deshalb erheblich auseinanderklaffen;

– nichtsprachliches Verhalten im kommunikativen Austausch, einschließlich der therapeutischen Beziehung, ungeeignet ist, auf Reziprozität angelegte, interpersonelle Beziehungen zu gestalten und zu regulieren (Streeck, 2004);

– die Fantasietätigkeit, die Symbolisierungsfunktion, das Denken und die Erinnerungsfähigkeit beeinträchtigt sind;

– es schwierig bis unmöglich ist, sich über eine nur vorgestellte Realität zu verständigen oder über Fantasien zu sprechen, weil die Patienten zu konkretistischem Denken neigen und häufiger Beeinträchtigungen ihres Realitätssinnes (Figueiredo, 2006), ihrer Fantasietätigkeit, der Symbolisierungsfunktion, oftmals auch des Denkens und der Erinnerungsfähigkeit aufweisen.

Merke: Die Beeinträchtigungen von Patienten mit strukturellen Störungen kommen meist nicht im Inhalt dessen zum Ausdruck, was die Patienten mit Worten mitteilen, sondern sie zeigen sich in ihrem Verhalten, vor allem in ihrem Verhalten im Zusammensein mit anderen. Wenn der Therapeut sich in erster Linie darauf stützt, was die Patienten mit Worten ausdrücken, läuft er Gefahr, die zentralen Probleme der Patienten zu verfehlen. Der Therapeut muss deshalb immer und oft in erster Linie dafür aufmerksam sein, was sich im Verhalten der Patienten im Zusammensein mit anderen, einschließlich der therapeutischen Beziehung zeigt.

Bei der psychoanalytisch-interaktionellen Methode liegt der Schwerpunkt der Therapie auf den interpersonellen Beziehungen des Patienten.

Implizites Beziehungswissen und strukturelle Störungen

Die pathogenen Beziehungserfahrungen von Patienten mit schweren Persönlichkeitsstörungen bzw. strukturellen Störungen gehören überwiegend nicht zu ihrem episodischen, deklarativen Wissen und sind nicht Teil ihres narrativen Gedächtnisses, sondern sind als körperliches Wissen im impliziten Gedächtnis verankert. Sie können nicht erinnert und nicht sprachlich mitgeteilt werden und lassen sich deshalb aus den Erzählungen der Patienten auch nicht hinreichend rekonstruieren. In Anlehnung an Polanyis (1969/1985) Unterscheidung von explizitem und implizitem Wissen wurde der Begriff »implizites Beziehungswissen« eingeführt (Boston Change Process Study Group, BCPSG, 1998). Polanyi (1969/1985) hatte implizites Wissen auch »tacit knowing«, schweigendes Wissen, genannt. Was mit implizitem Wissen gemeint ist, wird häufig am Beispiel des Fahrradfahrens erläutert. Die Fähigkeit, Fahrrad zu fahren, lässt sich hinreichend nicht mit Worten vermitteln. Wer mit Worten zu erklären versucht, wie man Fahrrad fährt, vermittelt nicht das Wissen, dessen es bedarf, um Fahrrad zu fahren, sondern Wissen übers Fahrradfahren. Wer Fahrrad fahren kann, hat demgegenüber praktisches Expertenwissen, ein dem Körper gleichsam eingeschriebenes Wissen davon, wie man das macht, »embodied knowledge«. Implizites Wissen bezieht sich somit auf Handlungsabläufe und zeigt sich in der Abwicklung der praktischen Tätigkeit, widersetzt sich aber einer sprachlichen Darstellung. Insofern ist implizites Wissen einem Können vergleichbarer als kognitives Wissen, abhängig von Erfahrung. »Wir wissen mehr, als wir zu sagen wissen«, heißt es bei Polanyi.

Auch wie Beziehungen »gemacht« werden, die Mittel und Wege, mit deren Hilfe Akteure ihr Zusammensein hervorbringen und gestalten, lässt sich mit Worten nicht hinreichend wiedergeben. Vor diesem Hintergrund hat die Bostoner Gruppe (z. B. Boston Change Process Study Group, 2005) in Anlehnung an Polanyi implizites Beziehungswissen definiert als prozedurales, nicht-symbolisiertes und nicht symbolisierungsfähiges Wissen – ein unbewusstes »Wissen, wie« das geht, mit anderen zusammen zu sein, »knowing how to do things with others« (Nahum, 2008, S. 128). Implizites Beziehungswissen ist körperliches Wissen, ein Vollzugswissen, das sich in sozialer Interaktion zeigt. In diesem Sinne findet sich implizites Beziehungswissen nicht allein »in« einer Person, sondern ist an interpersonelle Kontexte gebunden. Wenn wir jemanden nach dem Weg fragen, mit der Partnerin oder dem Partner Küsse austauschen oder den kürzlich in die gegenüberliegende Wohnung neu eingezogenen Mietern begegnen, denken wir gewöhnlich nicht allzu lange darüber nach, wie wir das anstellen. Wir beobachten nicht erst genau, wie die andere Person sich benimmt, bevor ein nächster Schritt erfolgt; wir versuchen nicht, uns erst darüber klar zu werden, wie die Partnerin oder der Partner sich in diesem Moment verhält, bevor wir den nächsten Schritt tun, und wir planen nicht im Detail, wie wir uns verhalten, ob wir so oder so reden und dabei dieses oder jenes körperliche Gebaren zeigen. Wir tun das einfach. Wir wissen, wie das geht, mit anderen zusammen zu sein, auch wenn wir nicht genau sagen können, was genau dabei wie zu tun ist. Romane und Erzählungen legen oftmals beredtes Zeugnis davon ab, wie und mit welchen Mitteln interpersonelle Beziehungen abgewickelt werden. So beschreibt der deutsche Romancier Dieter Wellershoff (2005) in einer Erzählung (»Das normale Leben«), wie ein Mann und seine frühere Geliebte sich ein letztes Mal treffen:

»Als sie wieder in seine Wohnung kamen und er ihr die Jacke abnahm, beugte er sich vor in der Erwartung, sie würde sich zu ihm umwenden oder sich an ihn lehnen, um sich mit ihm in einem ersten Kuß zu treffen, doch sie drehte den Kopf beiseite und löste sich von ihm. Ihr Gesicht wirkte ernst und gequält, als sie sich ihm wieder zuwandte und sagte: ›Ich muß etwas mit dir besprechen.‹ Er hatte noch ihre Jacke in seiner rechten Hand, während er wie angeleimt noch dort stand, wo sie sich mit sanfter Entschiedenheit von ihm entfernt hatte. ›Besprechen?‹ fragte er. ›Warum? Was gibt es zu besprechen?‹ Dann hob er den Arm mit der Jacke hoch, als zeige er ihr ein Beweisstück oder ein Argument, das die Situation, in die sie geraten waren, sofort ändern mußte: ›Ich häng erst mal deine Jacke auf‹, sagte er« (S. 182 f., Hervorh. v. Verf.).

Der Austausch von Worten von ihm und ihr beschränkt sich auf wenige Sätze (»Ich muß etwas mit dir besprechen«, »Besprechen? Warum? Was gibt es zu besprechen?«, »Ich häng erst mal deine Jacke auf«). Dabei ist der Boden zwischen ihm und ihr schon bereitet, noch bevor die ersten Worte gewechselt sind: Kaum in seiner Wohnung angekommen, versucht er, sich ihr zu nähern, beugt sich zu ihr hin und versucht so, die Richtung ihres Zusammenseins auf körperliche