Haunted Herbst! - Kate Brinkhouse - E-Book

Haunted Herbst! E-Book

Kate Brinkhouse

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Beschreibung

"Haunted Herbst!" - das sind sechs gruselige Geistergeschichten für die schönste Jahreszeit, inspiriert von der umwerfenden Landschaft Großbritanniens!

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Für alle, die den Herbst so sehr lieben, wie ich!

Herbstmodus an.

Von der Autorin bisher erschienen:

„Das Erbe von Brookhurst“ (2022/23) bei Books on Demand, www.bod.de

Die Geschichten

Der weiße Reiter

Das Erbe der Tattersalls

Der letzte Gast

Das vergessene Haus

50 Berkeley Square

Das eisige Ende von Braelaird

Der weiße Reiter

Der Wind blies über die weiten Hügel der Yorkshire Dales, die wenigen Sträucher und Bäume neigten sich weit hinunter zum Gras und wurden von ihren verbliebenem bunten Laub befreit. Die Mauern, die die Felder und Wiesen von einander trennten, zogen sich wie graue Schlangen die grün-brauen Abhänge hinauf und hinunter. Hier und da hatten sich einige Steine aus der Trockenmauer herausgelöst und ergossen sich über das Gras. Schafe waren die einzigen Lebewesen, die standhaft dem herannahendem Wetter trotzten.

„Bei diesem Sturm wagt sich in dieser Gegend niemand vor die Tür, wenn es nicht zwingend sein muss. Besonders im Dorf werden die Vorhänge zugezogen und die Türen verschlossen. Denn an stürmischen Herbsttagen wie diesen kommt er, der Reiter, der Reiter auf seinem weißen Pferd. Er galoppiert donnernd durch das Dorf, direkt bis hier zum alten Pub. Er rüttelt an den Fensterläden, die alten Holzböden wackeln was das Zeug hält, dann poltert er gegen irgendeine Tür im Dorf. Niemand weiß, welche Tür es sein wird. Und der, dessen Tür das ist, wird in naher Zukunft dem Tod gegenüberstehen.“

Niemand konnte die Legende vom weißen Reiter besser erzählen, als der alte Sam Whittaker, der schon sein ganzes Leben in diesem beschaulichen Ort lebte. Der 85-Jährige kannte jeden Menschen hier, und jedes Haus. Und Sam war immer gerne bereit, jedem den es interessierte, diese Geschichte zu erzählen.

Es verirrten sich oft Wanderer in diesen Ort, die im White Horse Inn eine Pause einlegten.

Selbst an diesem trüben Tag war eine Gruppe von vier Wanderern aufgetaucht. Sie waren in dem Pub eingekehrt, um dort eine wohlverdiente Rast zu machen. Sie hatten auf einer Tafel am Ortseingang von der Legende gelesen und fragten halbernst den Landlord des Pubs, was es mit dem weißen Reiter auf sich hatte.

Dieser verwies sie an den alten Sam, der wie jeden Tag um diese Zeit in seiner Ecke bei der Tür saß und seinen Gedanken nachhing.

Die Legende des Reiters stand sogar in ausgewählten Reiseführern, auch wenn das Dorf, außer einem historischen Ortskern nicht sonderlich viel zu bieten hatte. Aber das Pubessen war gut und die Menschen freundlich.

„Wer der Reiter war? Nun, das war der junge Lord Macintosh, der nach einer langen Kriegszeit wieder in die Heimat kam und seine Geliebte suchte. Mabel war die Barmaid hier im Pub und hatte lange Zeit auf ihn gewartet. Sie glaubte nicht mehr an seine Rückkehr und vermählte sich schließlich mit Charly, dem Sohn des Dorfoberst.

Als der junge Macintosh bei seiner Rückkehr aus dem Krieg davon erfuhr, war er stinksauer, stürmte mit seinem weißen Zossen das Dorf, und hämmerte blind vor Wut mit einer Keule an jede Tür, um den Ehemann seiner Geliebten zu finden. Er drohte ihm mit dem Tode.

Doch er fand ihn nicht. Charly fürchtete den jungen Lord und war mit seiner neuen Gattin zuvor nach Scarborough gezogen. Macintosh war nämlich ein Haudegen wie er ihm Buche stand, aber zu seiner Mabel war er sanft wie ein Lamm. Er hat aber nie wieder was von Mabel gehört. Das ist jetzt fast 300 Jahre her.“

Sam beugte sich vor und sprach leise weiter. „Bis heute hört man das Pferd des jungen Macintosh und seine Keulenschläge an den Türen, wenn das Wetter sich so gebiert wie heute.“ Dann lehnte er sich zurück und trank sein Glas in einem Zug aus.

Es war schon selbst für den alten Sam außergewöhnlich, dass er sich nicht längst in seinem Cottage verschanzt hatte. Er fürchtete den Reiter wie kein Zweiter, er hatte ihn oft gehört, und an besonders schlimmen Sturmtagen und -nächten auch gesehen. Und einmal hatte er an seine Tür gehämmert und seine liebe Mary geholt. Das war der schlimmste Tag für den alten Sam gewesen, und der Sturm heute sollte ähnlich stark werden.

Doch es war erst kurz vor Mittag, der Sturm hatte seinen Höhepunkt noch nicht erreicht. Noch hatten die Dorfbewohner die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm.

Sam erhob sich von seinem Stammplatz auf der alten Bank am Eingang und verabschiedete sich murmelnd von den Besuchern und grüßend vom Landlord, um sich daheim zu verbarrikadieren.

In seinem kleinen Cottage die Marktstraße hinunter fühlte er sich eigentlich sicher wie sonst nirgendwo. Doch auch er hatte eine Tür zur Straße.

Der letzte Sturm ist etwa acht Monate her, damals hämmerte es an die Tür des Zimmermanns Mason. Ein paar Tage später starb der Sohn des Zimmermanns bei einem Verkehrsunfall.

Wenn der Starkregen sich alsbald mit den heftigen Böen mischte und durch die Gassen fegte, und kein Blumentopf mehr an Ort und Stelle blieb, würden alle Einheimischen in ihren Häusern sein und diese erst wieder verlassen, wenn der Sturm die Blätter am Boden liegen ließ.

Außenstehende mögen dieses Verhalten für weltfremd und abergläubisch halten, doch die Erfahrung lehrte die Vorsicht.

Die vier Wanderer wurden während ihrer ausgedehnten Mittagsrast schließlich vom Sturm überrollt, der in diesen Gefilden heftiger ausfiel, als in anderen Teilen des Landes. So wurden sie an ihrer nächsten Wanderetappe gehindert.

„Kein Mensch kann sagen, wie lange der Sturm dauert, der Wetterbericht für diese Gegend stimmt fast nie“, klärte der Wirt seine junge Kundschaft auf, und bot ihnen schließlich zwei Gästezimmer an, die zwar schon länger nicht vermietet worden waren, aber dennoch im Nullkommanix bezugsfertig sein würden.

Er rief einmal nach hinten in die Küche, und seine Frau stürmte an ihm vorbei, um die steile Treppe nach oben zu nehmen. Dort rumpelte es eine Weile lang, dann kam sie wieder herunter und führte die Gruppe zu ihren Zimmern.

Der Pub hatte sich inzwischen geleert. Doch der Landlord hielt die Bar weiterhin für seine Hausgäste geöffnet. Das war für die vier Spontangäste ein Segen, denn sie beschlossen, den Tag und Abend in dem gemütlichen Barraum am lodernden Kamin zu verbringen.

Ein kleiner Tisch stand davor, die Stuhlbeine versanken in dem dicken ausgetretenen Teppichboden. Die Natursteinwände waren mit alten Drucken und Messingschmuck für Pferdegeschirr behangen.

Die Raumdecke war niedrig, dicke dunkle Eichenbalken durchquerten die gesamte Länge des Gastraums. Es gab zahlreiche Nischen und Sitzplätze mit alten Stühlen und noch älteren Bänken.

Drei Fenster blickten nach vorne zum alten Marktplatz mit seinem steinernen Obelisken in der Mitte. Sie hatten die typischen rechteckigen Butzen-scheiben in steinernen Gewänden, davor hingen dicke rote bestickte Vorhänge, die trotz des vielen Staubs noch erstaunlich kräftig leuchteten.

Draußen tobte der Sturm immer stärker und warf den Regen mit Wucht gegen die kleinen Fenster des White Horse Inn.

Die Wanderer erzählten ausgelassen von ihren bisherigen Erlebnissen, waren sie in den Dales doch schon fast jede Wanderroute abgelaufen.

Doch noch nie sei ihnen eine solche Schauergeschichte aufgetischt worden. Sie lachten über die Einfältigkeit der Dorfbewohner und sparten dabei auch nicht mit Gehässigkeiten.

Der Wirt hinter dem Tresen beobachtete seine Gäste finster. Dann ging er zu ihnen an den Tisch.

„Lacht ihr nur über uns dumme Dörfler. Er wird kommen, so wie er es immer getan hat. Ihr werdet schon sehen.“ Mit den letzten Worten begab er sich an eines der Fenster und schaute hinaus in die regnerische Dunkelheit. Die vier jungen Leute schauten sich an und kicherten in ihre Gläser. Für einen Moment sagte niemand etwas, der Landlord stand noch regungslos am Fenster. Lediglich das Kaminfeuer knisterte.

Plötzlich hörten sie ein Donnergrollen, ein Beben ging durch das Haus.

Der Donnerschlag war bemerkenswert rhythmisch und hörte nicht auf, und wurde stärker. Das Beben wurde zu einem Vibrieren.

„Er kommt! Er ist gleich da!!“ Hastig zog der Wirt alle Vorhänge vor das Fenster und löschte das Licht im Pubraum. Selbst die vier Wanderer hielten die Luft an, hörten sie das Donnern doch auch. Auch ihre Stühle bebten. Niemand rührte sich. Einer der Wanderer wurde von seinem Schwips mutig.

„So ein Blödsinn“, lallte er, „das glaubt ihr doch wohl selber nicht. Was ist mit euch los? Das ist nur ein Gewitter, nichts weiter. Passt mal auf!“ Er schwankte zur Tür.

Indes wurde das Donnern lauter. Dann war es als galoppierender Hufschlag zu erkennen.

„Jazz, bleib lieber hier, ich bin mir nicht sicher, ob…“ Doch weiter kam er nicht, denn er wurde von seinem Freund überrumpelt, der sich nun an der Tür zu schaffen machte.

Das Hufgeklapper war nun in einen leichten Trab übergegangen. Jazz rüttelte weiter an dem alten Schlüssel, der die Tür verriegelte.

In dem Augenblick, in dem das Schloss aufschnappte, er die Tür losriss, verstummte der Hufschlag. Jazz starrte in die Dunkelheit und sah sich einem weißen Schlachtross gegenüber, welches aus seinen geisterhaften Nüstern schnaubte.

Seine hohlen schwarzen Augen schienen ihn direkt anzublicken. Auf seinem hohen Rücken saß ein Hüne von einem Mann. Dessen Umhang flatterte in dem Sturm, seine Augen waren tot und leer, doch starrten sie bedrohlich auf den armen Wanderer. In seiner rechten Hand hielt der Reiter so etwas wie eine Keule. Die gesamte Erscheinung war deutlich als das zu erkennen, was es war, doch verschwammen die Umrisse mit dem niederprasselnden Regen.

Jazz konnte sich nicht rühren, er war mit einem Schlag nüchtern.

Seine Augen waren weit aufgerissen. Sein Herz raste. Er wollte schreien, doch er konnte nicht. Die massige Gestalt des Reiters auf seinem zweifellos prächtigen Schimmel hielt noch einen Moment dem geschockten Blick stand, dann bäumte das Pferd einmal auf und galoppierte in die andere Richtung der Dorfstraße fort.

Der alte Sam saß hinten in seiner Küche, hatte nur Kerzen angezündet, er wollte keinesfalls dem Reiter zeigen, dass er zu Hause war.

Dann hörte er es, das Galoppieren eines mächtigen Pferdes. Der Reiter kam immer hier vorbei, niemals nahm er einen anderen Weg.

Nicht nur der Küchenboden zitterte, sondern auch Sam selbst am ganzen Körper. Er kniff die Augen und hielt sich die Ohren zu, er wollte nichts sehen und es nicht mehr hören!

Er schrie lautlos, bloß kein Geräusch verursachen und die Aufmerksamkeit auf sich lenken! In seinen Ohren rauschte es, das Donnern der Hufen verblasste ein wenig, doch nicht genug.

Nicht zum ersten Mal wünschte sich Sam einen gut isolierten Neubau.

Doch dann würde er seine Mary hier zurücklassen. Sie war noch bei ihm, das wusste er. Der Hufschlag wurde lauter. Und dann geschahen mehrere Dinge auf einmal. Sam blinzelte, dann sah er seine Mary vor sich.

„Mary?“ Sam öffnete beide Augen, sie stand vor ihm und streckte ihre Hand nach ihm aus.

„Mein Darling, komm. Es ist Zeit.“

In diesem Augenblick traf ihn ein heftiger Schmerz in seiner linken Brust und er hörte einen lauten Schlag gegen eine Tür. Dann nahm er Mary bei der Hand und ging.

Noch bevor Jazz wieder bei Sinnen war, hörten sie das heftige Hämmern gegen eine Tür. Ein weiteres Schicksal war besiegelt.

Der Wirt hatte sich hinter seinen Zapfhähnen versteckt und kam langsam wieder zum Vorschein.

Auch die anderen der Wandergruppe hatten sich wieder sortiert. Sie waren zum kleinen Fenster gestürzt und hatten vorsichtig den Vorhang beiseite geschoben. Sie konnten durch die kleinen Scheiben die Gestalt des Reiters verschwommen erkennen.

Der Wirt eilte zur Tür und verschloss sie vor der bewegungslosen Gestalt von Jazz.

„Jazz, Kumpel, komm und setz’ dich wieder.“

Jazz folgte seinem Freund an den Tisch. Er fand nur langsam zu seinem klaren Verstand zurück.

Der Regen prasselte weiter und der Sturm rüttelte an den Läden.

Kaum dass sich alle wieder ein wenig beruhigt hatten, krachte am anderen Ende des Schankraumes ein hölzerner Stuhl zu Boden. Er lag plötzlich auf der Seite, so als wäre er umgestoßen worden.

Ein leeres Glas auf dem Tresen schepperte zu Boden. Es passierte so schnell hintereinander, und kurz darauf schlug die Tür zum Treppenaufgang zu. Laute Schritte waren zu hören, die über die Stufen nach oben stapften. Dann war alles ruhig.

Der Wirt fand als Erster seine Stimme wieder. „Oh Lord. Das war Mabel! Sie soll an besonders schlimmen Tagen manchmal hier auftauchen. Sie ist wohl wütend auf ihren früheren Liebhaber, weil er ihrem Ehemann nach dem Leben trachtet. Das ist mir in meinen 25 Jahren noch nie passiert.“ Der Wirt musste sich setzen.

„Dieser Sturm ist heftiger als je zuvor. Denn dass der Reiter vor dieser Tür ganz stehen geblieben ist, ist selbst mir neu.“

Inzwischen war es Abend geworden. Auf den Schrecken tat der Landlord seinen Gästen zwei Runden aus, so dass die vier Wanderer eine gute Bettschwere erreichten.

Am nächsten Morgen klopfte es wild an die Pubtür. Jazz war der Erste, der es oben im Gästezimmer hörte, und sogleich erschrak. War der Reiter zurück gekommen? Aber es war beinahe lichter Morgen, der Sturm hatte sich gelegt. Jazz öffnete die Vorhänge und blickte hinaus auf den Marktplatz.

Nur wenige Leute im Dorf hatten sich schon vor ihre Türen getraut, es war unheimlich ruhig. Jazz schlich sich nach unten in den Barraum. In dem Moment, als er die Tür am Fuße der Treppe aufstieß, entriegelte der Wirt seine Eingangstür.

Vor der Tür stand ein Mann, den Jazz gestern noch im Pub gesehen hatte.

„Seine Tür war fast zertrümmert! Überall liegen Holzsplitter herum. Es ist der alte Sam. Er hat den alten Sam geholt.“

Ein unschuldiges zartes Lüftchen streifte Jazz’s Gesicht, doch überzog sich sein ganzer Körper mit einer Gänsehaut. Vor der Tür lagen die bunten Blätter still und die Sonne blitzte verhalten durch die Wolken, so als wäre nie etwas gewesen.

Das Erbe der Tattersalls

Ich saß in dem kleinen Arbeitszimmer in unserer kleinen Wohnung in Islington, vertieft in mein Projekt, welches ich für den nächsten Tag vorbereiten musste, als das Telefon klingelte.

Es wurde immer lauter, während ich die Stapel bekritzelter Zettel auf meinem Schreibtisch durchwühlte und schließlich achtlos beiseite fegte.

Als ich abnahm, trällerte mir die Stimme von Joan entgegen, die wir gewissermaßen mit der Suche nach einem Haus auf dem Land beauftragt hatten. Sie war keine gewöhnliche Maklerin, wie man sich diese Damen üblicherweise vorstellte. Sie hatte ein feines Gespür dafür, alte Häuser aufzuspüren, die ganz verlassen oder kaum noch bewohnt waren. Sie nahm die Eigentümer bei der Hand und half ihnen, sich von ihren Häusern zu trennen, sofern sie es denn wollten.

Viele waren allein damit überfordert, sich einen Makler zu suchen und zu bezahlen, so dass sie sich lieber daheim verkrochen und gar nichts unternahmen. Diese Maklerin jedoch fand individuelle Lösungen, um ihren Kunden zu helfen.

Es dauerte Jahre, bis wir das richtige Haus gefunden hatten. All die großen Agenturen nahmen horrende Preise für völlig überteuerte Immobilien, die zwar oft ganz hübsch, aber zu makellos waren. Ihnen fehlten oft die Spuren vergangener Zeiten. Jene anderen Anwesen, die historisch attraktiv waren, waren von überwältigender Größe und für unsere familiäre Nutzung viel zu groß.

Es war während eines Wochenendtrips in die Sussex Downs im milden Spätsommer, als wir Joan zum ersten Mal begegneten.

Mein Mann Toby und ich kamen in einem kleinen verschlafenen Dorf nordöstlich von Brighton zufällig an einem kleinen butzigen Schaufenster vorbei, in welchem eine kleine Auswahl an Immobilien-anzeigen hingen.

Allen gemein war die ungeschönte Wirklichkeit ihres Zustands. Das erstaunte uns sehr, fanden wir es doch sehr ungewöhnlich für ein Maklerbüro.

Ich warf den Blick an den Anzeigen vorbei in den Raum dahinter und stellte fest, dass er völlig uncharakteristisch war für seinen Zweck, der Raum war unerwartet chaotisch, aber urgemütlich.

Mitten drin trennte eine Wand den Eingangsbereich von dem Raum hinter dem Schaufenster.

Allein das alte rote Chesterfieldsofa mit fadenscheinigen und knautschigen Kissen an dieser Wand, umgeben von Stapeln dicker Bücher zog mich magisch an.

Eine fast willkürliche Anordnung von historischen Drucken zierte die Wände. Halbhohe Bücherregale bogen sich unter der schweren Last von noch mehr Büchern und Magazinen.

Ohne mich mit Toby abzusprechen, ging ich auf die Tür zu, drückte sie auf, ein kleines Glöckchen kündigte meinen Besuch an. Der Vorraum war etwa gleich groß wie der Raum hinter der Wand und hatte ebenso ein Schaufenster zur Straße.

Er war weniger überladen, dafür ein wenig eleganter eingerichtet. Eine kleine Empire Sitzgruppe mit drei Stühlen stand im Raum auf einem alten Perserteppich, eine Kommode mit einer Tischlampe darauf stand an der Wand zu dem anderen Raum. Dieser war durch eine offenstehende Tür nahe der hinteren Ecke zu erreichen.

Augenblicklich trat eine Frau von etwa 40 Jahren durch diese Tür und kam auf uns zu. Mein Mann war mir wortlos hinein gefolgt. Die Frau stellte sich als Joan vor und wir nannten ihr unsere Namen.

Sie blickte uns kurz aber intensiv in die Augen.

„Sie sind auf der Suche nach einem Haus, nach einem außer-gewöhnlichen Objekt, welches Sie aus seinem Dornröschenschlaf erwecken und dessen Geheimnisse Sie erforschen können. Alle anderen Immobilien da draußen von meinen Kollegen sind Ihnen zu modern, zu totrestauriert, zu teuer oder zu groß. Habe ich Recht?“

Toby fand als erster seine Stimme wieder. „Nun ja... Ja, so ist es.“

„Dann sind Sie bei mir genau richtig.“

Ich fand es notwendig einzuwerfen, dass wir rein zufällig hier vorbeigekommen waren. Joan lächelte uns freundlich an. Es war ein ehrliches Lächeln, nicht diese künstlichen Mundwinkelverzieher, die die Augen völlig unberührt und eiskalt ließen, die gewinnorientierte Geschäftsleute aufzusetzen pflegten.

Joan bat uns Platz zu nehmen und verschwand in dem Nebenraum, nur um kurze Zeit später mit einem Tablett mit Tee und Keksen zurück zu kommen.

Sie schenkte den Tee ein und reichte jedem von uns eine Tasse.

„Sie hat das Schicksal zu mir geführt, da bin ich sicher. Ich bin zwar auch eine Maklerin, aber ich vermittle lediglich alte Häuser, die entweder verwahrlost sind oder die von ihren Eigentümern zwar geliebt, aber nicht mehr gehalten werden können. Ich suche ihnen Käufer, die ihre Häuser mit Herz und ganz viel Liebe übernehmen und es im Sinne der alten Eigentümer instandsetzen und ihnen wieder Leben einhauchen. Die Häuser finde ich selber auf meinen Streifzügen durch die Gegend und gehe auf die Bewohner zu. Ich gebe ihnen mein Versprechen, dass sich mögliche Interessenten stets gut um das Haus