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HdW-B 008: Nobody
Erno Fischer: »Das Geheimnis des Sternenvogts – vierter Teil des Vergangenheitszyklusses!«
Nach den schrecklichen Ereignissen im Sonnensystem, wobei beinahe die Erde vernichtet worden wäre, gärt es unter der Menschheit. Vor allem unter den Ärmsten der Armen, den sogenannten Freaks.
Man sollte ihren Überlebenswillen genauso wenig unterschätzen wie ihren Willen zum Aufstand.
Und nicht zu vergessen: Die Psychonauten werden nicht mehr länger stillhalten!
Und dann ist es soweit: Die Revolte der Freaks ist in vollem Gange. Und sie haben einige Tricks auf Lager, die ihnen niemand zugetraut hätte...
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Impressum:
Die Bände 23 bis 25 von HERR DER WELTEN hier in einem Buch zusammengefasst!
ISSN 1614-3302
Copyright neu 2015 by HARY-PRODUCTION, Canadastraße 30, D-66482 Zweibrücken, Telefon: 06332 48 11 50, HaryPro.de, eMail: [email protected]
Sämtliche Rechte vorbehalten!
Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung von
HARY-PRODUCTION!
Coverhintergrund: Anistasius
Titelbild: Gerhard Börnsen
Nähere Angaben zum Autor siehe hier: de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary
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Veröffentlichungsjahr: 2015
Nobody
Erno Fischer
»Das Geheimnis des Sternenvogts – vierter Teil des Vergangenheitszyklusses!«
ISSN 1614-3302
Copyright neu 2015 by HARY-PRODUCTION
Canadastraße 30 * D-66482 Zweibrücken
Telefon: 06332 48 11 50 * Fax: 01805 060 343 768 39
www.HaryPro.de
eMail: [email protected]
Dieses Buch basiert auf den Bänden 23 bis 25 der gleichnamigen Serie!
Sämtliche Rechte vorbehalten!
Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung von
HARY-PRODUCTION!
Lektorat: David Geiger
Covergestaltung: Anistasius
Copyright Titelbild: Gerhard Börnsen,
Steinruther Str. 13, D-58093 Hagen
Irgendwann in fernster Zukunft: Viele tausend Welten sind von Menschen besiedelt. Überlichtschnelle Flüge sind verboten, weil es sich erwiesen hat, dass diese auf Dauer das energetische Gleichgewicht des Universums und somit das Raum-Zeit-Gefüge stören, was in manchen Bereichen des Universums in der Vergangenheit zu schrecklichen Katastrophen führte.
Die von Menschen besiedelten Welten haben keinen direkten Kontakt miteinander, da es keine überlichtschnellen Kommunikationsmöglichkeiten gibt. Dennoch entstand im Verlauf der Jahrtausende ein funktionierendes Handelssystem: Riesige Container-Schiffe sind im Unterlichtflug unterwegs zu ihren Zielwelten, mit mannigfaltigen Waren bestückt. Sie sind teilweise Jahrtausende unterwegs, um ihr Ziel zu erreichen, aber da der Strom der Handelscontainer niemals abreißt, werden die Planeten untereinander reibungslos versorgt.
Die Erde beispielsweise ist eine gigantische »Zuchtanstalt für Menschenmaterial« - dem wichtigsten »Exportartikel« für die Erde. Die Betreffenden werden in Tiefschlaf versetzt, bevor sie auf den Weg gehen. Ein übriges tut die Zeitdilatation, so dass sie unbeschadet den langen Flug überstehen.
Dieses komplizierte Handelssystem ist natürlich hochempfindlich - und muss überwacht werden. Dafür zuständig ist der Sternenvogt - der HERR DER WELTEN! Nur ein Sternenvogt besitzt das Monopol des Überlichtfluges, um seiner Aufgabe auch gerecht werden zu können. Aber dieser verhältnismäßig minimale Einsatz des Überlichtfluges hat keine negativen Auswirkungen auf die universale Ordnung.
Es gibt mehr als nur einen Sternenvogt, doch das Universum ist groß genug für alle - und so begegnen sie sich untereinander nur, wenn es unbedingt nötig erscheint...
Meine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, bis der Sternenvogt sich endlich wieder blicken ließ. Die ganze Zeit war mir sein Vergangenheitsbericht durch den Kopf gegangen, den ich so hautnah miterlebt hatte, als wäre ich persönlich dabei gewesen - als Augenzeuge. Es war mehr als nur faszinierend.
»Tut mir leid, John«, sagte er ungewohnt ernst, »daß ich dich so lange habe warten lassen, aber es gab Dringendes zu erledigen.« Stirnrunzelnd dachte er nach. »Nein, du wirst es früh genug erfahren«, entschied er.
»Ein neuer Auftrag?« vermutete ich.
»Ja, aber längst noch nicht reif genug für dich. Du bist inzwischen zu wertvoll geworden, als daß ich dich einer unnötigen Gefahr aussetzen dürfte.«
»Danke, Erhabener!«
»Nur nicht so voreilig, John, denn das tu ich nicht aus Rücksicht auf dich, sondern aus Rücksicht auf deine Rolle. Nur soviel vorab: Es geht um ein Kollektiv aus Viren. Ich weiß, es klingt absurd, denn Viren können eigentlich niemals ein Kollektiv bilden, aber was hat es im Universum nicht schon alles gegeben, was vordem als absurd gegolten hat? Und es geht um einen durchgeknallten Computer. Beides eine ständig wachsender Gefahr, auf die ich gestoßen bin. Aber es muß erst noch mehr recherchiert werden, bevor du zum Einsatz kommen kannst. So lange haben wir Zeit für die Vergangenheit, denn nur wer die Vergangenheit ausreichend kennt, weiß die Zukunft zu bewältigen.«
Ich reagierte nicht auf seinen philosophischen Satz, sondern spürte in meinem Innern so etwas wie Eifersucht: Es wurde bereits recherchiert - aber nicht von mir, wo es doch meine vornehmliche Aufgabe gewesen wäre? Mir fiel dazu nur ein Name ein: BRON! Gott, ich hatte ihn eine ganze Weile nicht gesehen. Als würde er überhaupt nicht mehr existieren. Aber er war präsent, wie es schien, sehr präsent sogar...
Der Sternenvogt betrachtete mich und begann laut zu lachen. Ich hatte meine Gedanken nicht ausreichend abgeschirmt. Er hatte Anteil daran genommen. Ich hätte mich deswegen ohrfeigen mögen.
»Eifersüchtig, John Willard, du? Sieh mal einer an. Ich denke, Bron sei dein Freund? Hat er dir nicht mehrmals das Leben gerettet - auf dem Planeten der Träumer?«
»Und ich ihm!« fügte ich mit einem Knurrlaut hinzu. Aber dann besann ich mich meiner Rolle gegenüber dem Sternenvogt und verbeugte mich tief. »Ich bitte um Vergebung, Erlauchter, daß ich vorlaut geworden bin.«
»Schon gut, schon gut, John, denn ich muß sagen, daß ich es ein wenig genieße - einen eifersüchtigen John Willard. Oh, ich weiß deine überragende Intelligenz sehr wohl zu schätzen, aber ein so intelligenter Bursche wie du - so billig eifersüchtig? Anstatt froh zu sein, daß Bron erst einmal allein recherchiert, damit du letztlich erfolgreicher tätig werden kannst...?«
Er schüttelte den Kopf - und ich schaffte es endlich, dieses dumme Gefühl zu besiegen. Ich verbeugte mich abermals. »Niemals würde es mir einfallen, an Euren Entscheidungen zu zweifeln. Und es ist Eure Entscheidung gewesen, erst Bron vorzuschicken. Wenngleich ich mit meiner dummen Ungeduld so etwas wie Eifersucht zugelassen habe, sehe ich doch jetzt in aller Nüchternheit, wie weise auch diese Entscheidung gewesen war.«
»Alter Schmeichler!« tadelte der Sternenvogt lachend. »Aber ich muß zugeben, daß ich deine ewigen Schmeicheleien wie stets in vollen Zügen genieße. Doch jetzt wollen wir zur Tagesordnung übergehen - sozusagen. Bereit für die Vergangenheit?«
Nur zu bereit! Und das sagte ich ihm auch - mit allem mir zur Verfügung stehenden Respekt selbstverständlich...
Revolution ist nicht das Ende von Unterdrückung, sondern macht nur ihre Grenzen deutlich!
(Genius Cader im Jahr der Philosophie 2224)
*
Die Kälte seines Gemüts war nicht vollkommen. Das spürte der Gardist deutlich, als der Schauer von Angst über seinen Rücken rieselte. Abrupt blieb er stehen. Seine Augen suchten. Wind wisperte in den Ruinen von Alt-Berlin. Oder war da nicht auch noch mehr als nur der Wind? Waren da nicht schleichende Schatten, bedrohlich nahe?
Der Gardist kauerte sich nieder und beobachtete. Die Instinkte waren wach, denn als Kämpfer war er darauf angewiesen. Er witterte die Gefahr, und sie erzeugte diese Angst.
Der Adrenalinspiegel in seinem Blut kletterte auf phantastische Werte. Der Gardist war längst zu einer Kampfmaschine geworden, die jeden Gegner vernichtete - gnadenlos. Gardisten kannten für ihr Handeln zwei Hauptmotive: Ausführung von Befehlen und Abwehr von Bedrohungen, die sie selbst betrafen!
Und dann kamen die Gegner von allen Seiten:
Hunderte! Krieger, bis an die Zähne bewaffnet, in altertümliche Lederrüstungen gekleidet. Dazwischen Fabelwesen. Eines glich einem miniaturisierten Drachen. Er riß sein Maul auf, spie einen meterlangen Flammenstrahl. Der Gardist war keinen Augenblick lang irritiert. Die Gefahr gegen sein Leben wurde konkret. Jetzt hatte er den Gegner vor sich, den es zu bekämpfen galt.
Seine Waffe spie Tod und Verderben. Er hielt mitten in die Reihen der Angreifer hinein, und seine Waffe war auf höchste Leistung gestellt.
Die Wirkung war niederschmetternd - nicht für die Gegner, sondern für den Gardisten: Die vernichtende Energie fuhr einfach durch die Angreifer hindurch!
Sie selbst setzten ihre Waffen nicht ein. Sie rückten nur immer näher. Wortlos schritten die Krieger heran, mit beiden Händen Schwerter, Dolche und anderes Gerät haltend, deren Zweck nichts Gutes verhieß. Die Fabelwesen knurrten drohend. Der Drache spie Feuer, das über den Gardisten hinweg fauchte.
Noch fünf Schritte waren sie entfernt. Der Gardist versuchte es ein zweites Mal.
Mit dem gleichen Erfolg! Seine Waffe bot ihm keinen Schutz.
Aus der Hocke heraus schnellte er sich nach vorn. Drei Krieger versperrten ihm den Weg. Im Sprung zog der Gardist sein eigenes Kurzschwert und aktivierte die Vibro-Klinge. Die Strahlwaffe steckte längst wieder im Halfter. Das Schwert wirbelte. Einer der Krieger blockte den Schlag ab. Doch der Gardist war stärker, durchbrach die Deckung. Die messerscharfe Klinge traf ins Ziel.
Der Krieger lachte nur. Er zeigte keinerlei Verletzung.
Der Gardist brüllte auf. Von den drei Feinden wurde er zurückgeschleudert. Er landete am Boden, federte wieder empor.
Es gab nicht nur keine wirksame Gegenwehr, sondern auch kein Entrinnen!
Der Gardist war verloren.
Und sie wollten ihn nicht töten, sondern wollten ihn lebend, sonst hätten sie seinem Leben längst ein Ende bereitet.
Die Konditionierung des Gardisten wurde wirksam. Sein Schwert hatte er verloren. Deshalb zog er blitzschnell seine Strahlwaffe.
Um sie gegen sich selbst zu richten!
Er drückte ab.
Auch diesmal geschah nichts in seinem Sinne. Die Waffe funktionierte nicht.
Trotzdem sah der Gardist einen gleißenden Strahl, der sonnenhell aus der Abstrahlöffnung hervortrat und lichtschnell auf seinen Kopf zuraste, um alles auszulöschen - sein Leben, seine Gedanken.
Er brach zusammen...
*
»Unfaßbar!« murmelte der Mann. Er war in ein grobes, anscheinend selbstgeschneidertes Gewand gekleidet. Kopfschüttelnd sah er auf den zusammengebrochenen Gardisten hinab.
»Wie habt ihr das gemacht?« Sein Blick wanderte zu dem großgewachsenen, hageren Mann an seiner Seite. Das war Genius Mühlherr. In seinen Augen flackerte ein undefinierbares Feuer.
»Du hast es gesehen, Nobody!«
Der Freak fuhr sich mit den Fingern durch sein verfilztes Haar. Nobody, so nannte er sich. Seinen wahren Namen wußte niemand. Nobody, so nannten sich auch viele andere Freaks auf der ganzen Welt. Denn sie waren Ausgestoßene, Vogelfreie. Sie hatten ihre Existenzberechtigung verloren und hausten in einsamen Gegenden und in den verfallenen Ruinenstädten, in denen vor dem Exodus zu den Sternen Millionen Menschen gelebt hatten.
»Nichts habe ich gesehen!« Nobody machte auf dem Absatz kehrt. Aus dem halbverfallenen Haus trat eine Siebenergruppe.
»Verdammte Psychonauten! Jetzt weiß ich, warum ich euch ein Leben lang aus dem Weg ging.«
Genius Mühlherr lachte humorlos.
»Die Zeiten haben sich geändert. Nicht nur die Freaks wurden zu Verfolgten und zu Randerscheinungen der Gesellschaft, sondern auch Psychonauten und Geniuse. Das schweißt uns zusammen, nicht wahr? Wir müssen kämpfen, wollen wir überleben. Gemeinsam erst sind wir stark genug. Einer braucht den anderen.«
»Ihm habt ihr zu verdanken, daß wir euch aufgenommen haben!« Nobody zeigte auf einen anderen Freak. Lange, ungepflegte Haare und ein verfilzter Bart verbargen den Großteil seines Gesichtes. Die Augen waren klein und lagen tief in den Höhlen. Er schien alt zu sein. Dort, wo die zerlumpte Kleidung seine Haut freigab, wirkte sie faltig, runzlig. Aber seine Bewegungen verrieten Kraft und Energie.
Jetzt lachte auch er.
»Ihr müßt ihn entschuldigen, Genius, aber er ist und bleibt ein bornierter Affe. Was er nicht begreifen kann, bekämpft er. Da kann man mit Engelszungen reden. Ich kenne die Psychonauten besser. Hier in den Ruinen traf ich mit dem berühmten Psy 9.11 zusammen. Er befand sich mit seinen Begleitern auf der Flucht. Ich half ihnen. Es hat sich gelohnt. Denn schon damals war mir klar, daß wir zusammenhalten und die alten Vorurteile vergessen müssen.«
»Ich frage mich, warum dir für deine Schandreden noch niemand über den Schädel geschlagen hat, Hanstein!« knurrte Nobody.
»Weil ich nicht zu deinen Leuten gehöre, Nobody! Ich bin ein Einzelgänger, eine Kellerassel, die sich verkriecht, wenn es gefährlich wird. Dies hier ist eine Ausnahme. Ich kroch aus den Kellern hervor, weil uns eine große Stunde bevorsteht.«
Nobodys Blick heftete sich wieder auf den Genius.
»Also Aufstand der Freaks?«
Mühlherr nickte ihm zu. »Du hast damals ja auch die Visio-Ansprache eures legendären Anführers Spartakus gehört!«
»Von offenem Widerstand war nicht die Rede!« widersprach ihm Nobody.
»Spartakus brach aus der Gefangenschaft aus, um uns aufzuklären. Wir wissen durch ihn, daß die Bedrohung des Sonnensystems durch den Meteor Smaragd kein Akt von Außerirdischen war. Die unseligen Experimente mit Ultimatecraft haben uns das beschert. Ganz im Gegenteil: Soschnyz-Baschraz-Som, der Außerirdische, den man verantwortlich machte, hat die Menschheit vor dem Untergang gerettet! Obwohl Derryl Reed, der Präsident des Weltrats, dies als eigenen Erfolg verbucht.«
»Und jetzt ist Spartakus tot! Er hat seine Rede mit dem Leben bezahlt!« erinnerte ihn Genius Mühlherr. »Die Zeit ist günstig. Hier befinden sich genügend ausgebildete Psychonauten, um mehrere Psychonauten-Kollektive zu bilden. Séancenmeister sind ebenfalls da. Wir eröffnen den Kampf und greifen den ultimateeigenen Sender an. Wahrscheinlich beabsichtigte das auch Spartakus vor seinem Tod. Wir werden es schaffen. Von hier aus werden wir die ganze Welt aufklären. Es wird der Auftakt zum Aufstand werden. Derryl Reed wird nichts gegen uns unternehmen können, denn er befindet sich auf einer Strafexpedition gegen die revoltierenden Kolonien - mitsamt den meisten Reserven der Garden.«
Genius Mühlherr schöpfte Atem. Wie oft hatte er diese Argumente dem Freakführer vorgebetet? Nobody hatte nicht nur Angst vor den Psychonautenkräften, sondern auch vor der Bewährungsprobe. Gegenüber seinen Leuten galt er als unbesiegbarer Führer. Aber schließlich hatte er sich noch nicht an den Garden versucht.
Dennoch brach der Widerstand, den Nobody zur Schau trug. Im Grunde genommen hatte er sich längst entschieden. Seine vorgebrachten Bedenken dienten nur dazu, letzte Zweifel auszuräumen.
Er deutete auf den bewußtlosen Gardisten. »Aufgepaßt, er kommt zu sich!«
Noch einmal rief er sich ins Gedächtnis zurück, was er von dem gespenstischen Kampf mitbekommen hatte. Der Gardist war seit drei Stunden ihr Gefangener. Er gehörte zu einer Routinepatrouille. Die Psychonauten hatten zu siebt eine Séance unter Führung von Séancenmeister Mühlherr gebildet. Mit ihrer geistigen Kraft hatten sie den Gardisten zur Landung gezwungen.
Auftakt zu der Demonstration, die zeigen sollte, zu was sie noch fähig waren. Sie hatten die Erinnerung des Gardisten gelöscht und ihn laufenlassen. Dann hatten sie ihm Trugbilder vorgegaukelt, denen er letztlich zum Opfer fiel. Hätten sie ihm nicht vorher die Ladeeinheit aus dem Strahler genommen, wäre er jetzt nicht mehr am Leben.
Die sieben Psychonauten kümmerten sich um den Gardisten. Sie umringten ihn, während sich Nobody zurückzog.
Hanstein trat an seine Seite. Der Alte kratzte sich ungeniert zwischen den Beinen. In den Jahren der Einsamkeit in den Ruinen hatte er sich kultivierte Umgangsformen längst abgewöhnt.
»Endlich!« knurrte er. »Unser Piratensender ist bereit. Wir können den Freaks in aller Welt das verabredete Zeichen geben.«
»Du hast hinter meinem Rücken schon alles veranlaßt?« fauchte Nobody.
Hanstein blieb ernst.
»Nicht hinter deinem Rücken, Nobody!« berichtigte er. »Ich habe nur rechtzeitig deinem Wunsche entsprochen. Glaube nie, daß ich dir jemals den Rang streitig machen werde. Betrachte mich als deinen Freund und nicht als Konkurrenten.«
»Wir sind doch alle Freunde - selbst die Psychonauten und Geniusse, die sich bei uns verkriechen.« Diese Worte aus dem Munde von Nobody klangen zu ironisch, als daß man sie hätte ernst nehmen können.
Brüsk wandte er sich ab und verschwand im Geheimeingang. Der Sender lag unterirdisch. Nach dem Aufruf von Spartakus hatten sie von hier aus Verbindung mit dem Jupitermond IO aufgenommen. Denn Genius Mühlherr und sein Kollektiv waren Psychonauten! Und auf IO befand sich schließlich eine Geheimstation dieser Organisation!
Sie hatten erfahren, daß Soschnyz-Baschraz-Som, der Außerirdische, auf IO geflohen war, um die Menschheit zu retten - nicht, um die Menschheit weiter in den Abgrund zu stürzen, wie die Psychonauten auf IO fälschlich glaubten.
Spartakus hatte ihnen allen die Augen geöffnet.
Soschnyz-Baschraz-Som kehrte nach IO zurück und floh mit den Psychonauten ins All, ehe die Geheimstation von den Garden aufgebracht wurde.
Kein Mensch wußte, wo sich Soschnyz-Baschraz-Som zur Zeit aufhielt. Man vermutete, daß er nach Rolf "Adder" Gerlach und den anderen Rebellen-Führern der Psychonauten suchte.
Denn viele Psychonauten waren inzwischen die erklärten Feinde des mächtigen Weltrats, der über das terranische Sternenreich herrschte. Ein Terrorregime.
Nobody dachte daran, als er die Stufen hinabstieg, die nur vom Schein seiner Taschenlampe beleuchtet wurden.
Ich habe damals schon etwas für diese Psychonauten getan, denn sie haben recht: Wir sitzen alle im gleichen Boot. Warum sollte ich jetzt Zurückhaltung üben?
Er wußte es selbst nicht, aber schon wieder kamen ihm diese Bedenken. Er hatte das Gefühl, als wäre der Aufstand schon von vornherein zum Scheitern verurteilt. Dabei hatte er noch gar nicht begonnen, und die Zeichen standen sehr günstig.
Nobody erreichte die Zentrale. Alles war bereit. Er würde das verabredete Zeichen senden. Es gab noch mehr solche Zentralen, über die ganze Erde verbreitet. Zumeist befanden sie sich in der Nähe von offiziellen Sendern, denn deren Restenergie erschwerte erheblich die Ortung eines Piratensenders.
»Tötet mich!« forderte der Gardist ruhig.
Langsam erhob er sich vom Boden. Er nahm eine kampfbereite Haltung ein.
Mühlherr beobachtete ihn. Seine Psychonauten waren auf der Hut. Sobald der Gardist gefährlich werden sollte, würden sie ihre Kräfte einsetzen.
»Wir sind keine Mörder!« erklärte der Genius.
»Was habt ihr sonst vor mit mir? Was sollte dieses Schauspiel mit den Angreifern? Die habt ihr mir ja wohl mit euren PSI-Kräften vorgegaukelt.
»Eine Demonstration unserer Möglichkeiten - in der du zwar eine Hauptrolle spieltest, die aber nicht für dich bestimmt war.«
»Was habt ihr mit mir vor?« beharrte der Gardist.
»Du bist unser Gefangener. Falls du nicht vernünftig bist, wirst du es bereuen, doch du wirst nicht sterben.«
Der Gardist lachte heiser. »Ihr verdammten Narren. Ich werde Augen und Ohren offenhalten und eine Menge erfahren. Und dann wird sich eine günstige Gelegenheit ergeben. Ich werde fliehen und alles verraten.«
»Mir ist schon klar, daß du keiner von uns wirst«, sagte Mühlherr trocken, »aber jetzt ist Schluß mit dem Geschwätz. Bringt ihn in sein Gefängnis!«
Vier Freaks übernahmen das. Sie hatten moderne Lähmstrahler, mit denen sie den Gefangenen in Schach hielten. Genius Mühlherr fragte sich, wo sie diese Waffen erbeutet hatten. Er würde es wohl nie erfahren. Das Mißtrauen der Freaks, das nicht ganz auszuräumen war, ärgerte ihn maßlos. Aber er konnte nichts dagegen tun.
Mühlherr winkte seinen Psychonauten zu. Sie entspannten sich, schauten dem Gardisten nach, der in das halbverfallene Haus geführt wurde. Es wäre besser gewesen, den Mann zu töten, aber hätten sie sich dann nicht auf die gleiche Stufe wie Derryl Reed gestellt?
Der Genius atmete tief durch und verdrängte die Gedanken daran. Probleme der Freaks, nicht seine Probleme. In erster Linie war es wichtig gewesen, einen Gleiter zu erbeuten. Die Gefangennahme eines Gardisten war dabei nur nebensächlich.
Hanstein zupfte an seinem verfilzten Bart herum, der irgendwie an eine alte, modrige Matratze erinnerte. In seinen Augen blitzte es.
»Nobody ist unterwegs. Wir sollten uns fertigmachen.«
Mühlherr lächelte. »Wir sind bereits fertig! «
Hansteins Blick irrte von einem zum anderen. Da erst bemerkte er, daß einer der Psychonaut von den anderen gestützt wurde. Das also war der Telepath.
»Aha, die anderen PSI-Kollektive sind zu Fuß unterwegs!« kombinierte der alte Freak.
Der Telepath schlug die Augen auf und sagte:
»Alles klar. Die Besatzung des Gleiters soll sich bereithalten für die zweite Phase. Die erste Phase soll ja immerhin bis zu zwei Stunden dauern!«
*
Die erste Phase! dachte Manager Claasen. Sein Visio war eingeschaltet. Er lauschte.
Eine verzerrte Stimme, die das normale Programm überlagerte.
»Hier spricht die Stimme der Vernunft! Liebe Hörer, es ist das erste Mal, daß ihr mich hört. Viel zu lange habt ihr darauf warten müssen. Denn die Vernunft sitzt längst in den Kerkern von Luna oder wird in den Experimentierlabors von Ultimate verstümmelt. Lauscht meinen Worten, weil es eine absolute Notwendigkeit für euch ist, endlich Dinge zu erfahren, die man euch verständlicherweise verschweigt. Oder wußtet ihr, daß die Gefahr des entarteten Asteroiden Smaragd, der wie ein Flammenschwert durch das Sonnensystem raste, um alles zu vernichten, eine Folge von Experimenten mit Ultimateenergie war? Daß ausgerechnet Soschnyz-Baschraz-Som - der Außerirdische vom fernen Planeten Zyzschniy, dem man Vorbereitungen für eine Invasion in die Schuhe schob -, daß dieser Soschnyz-Baschraz-Som unser aller Retter und Freund ist? Daß sich Derryl Reed rechtzeitig in Sicherheit gebracht hat und erst zurückkehrte, als die Gefahr vorüber war? Denkt darüber nach, bis sich die Stimme der Vernunft wieder meldet! Und wundert euch auch darüber, daß ihr so wenig über die Kolonien hört! Was geht im Sternenreich vor? Warum wird die Versorgung der Erde immer schlechter? - Bis zum nächsten Mal!«
Claasen schaltete nicht ab. Aber er lehnte sich zufrieden zurück.
Das Programm lief normal weiter, als wäre nichts geschehen. Claasen konnte sich vorstellen, wie man jetzt im Sender rotierte. Ja, rotieren, das war das richtige Wort. Der Sender würde sich in ein Tollhaus verwandeln.
Schade, daß ich das nicht sehen kann! dachte Claasen. Er lachte schallend.
Anfangs beschränkten die Freak-Sender ihre Kampagne auf Texteinblendungen.
Schließlich mußte ihre Phase eins erst einmal anlaufen. Bilder würden später kommen.
Claasen freute sich schon darauf. Doch zunächst wartete er auf die Rückkehr der »Stimme der Vernunft«. Man hörte sie auf der ganzen Welt.
»Die Revolution wirft ihre Schatten voraus!« murmelte er vor sich hin. »Ich werde es besser haben als alle meine Vorgänger, die bei ihren Umsturzversuchen gescheitert sind, denn ich werde die Kastanien nicht selber aus dem Feuer holen müssen, sondern die Freaks für mich kämpfen lassen!«
Zwar zeugten diese Worte nicht gerade von Charakter, aber Claasen wurde das keineswegs bewußt. Er war nicht umsonst oberster Manager eines Konzerns. Gefühle waren da weitgehend ausgeschaltet. Es sei denn, es ging um die Freude bei einem günstigen Geschäftsabschluß oder aber um die Vorfreude auf die Revolution, während man selbst im geschützten Bunker saß und darauf wartete, die reifen Früchte zu ernten.
*
Man konnte den Garden alles vorwerfen - nur keine Unfähigkeit. Kaum waren die ersten Worte von den Piratensendern verbreitet worden, als die Gardisten reagierten. Fieberhaft wurde nach den Sendern gepeilt. Für die Berliner Legionen der Garden gab es Großalarm.
Doch die Freaks waren schlau. Ihre Sendung war zu kurz, um sie in Gefahr zu bringen. Und sie wurde von mehreren Sendern ausgestrahlt, die über den ganzen Globus verstreut arbeiteten.
Captain Paola wurde mit der Angelegenheit betraut. Die Raumüberwachung durfte nicht gefährdet werden. Deshalb stand auf der Erde nur eine einzige Großeinheit von Gardisten zur Verfügung - abgesehen von den Gardisten, die man auf den Stützpunkten und auf dem irdischen Mond zurückgelassen hatte.
Es stand zu befürchten, daß die rebellierenden Kolonisten Stoßkommandos ins Sonnensystem schickten! So lautete jedenfalls die Anweisung von Präsident Derryl Reed, die er beim Aufbruch zu seiner Strafexpedition hinterlassen hatte.
Derryl Reed dachte dabei allerdings eher an Aktionen versprengter Psychonauten-Rebellen, aber davon war in seiner Order nichts zu hören. Das Rebellenproblem galt als gelöst. Zwar waren über 30% der nichtkonformen Psychonauten bisher der Gehirnoperation entgangen, die ihnen ihre PSI-Fähigkeiten rauben sollte, aber davon war der Öffentlichkeit nichts bekannt.
Captain Paola wußte nicht, wie es auf den Kolonialwelten aussah. Ihre Informationen waren dürftig. Und sie hatte auch wenig Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Mit dem Gespür einer geschulten Captain ahnte sie, daß ihr die Stunde der Bewährung bevorstand. Niemals hatten die Freaks so offen ihre Anonymität aufgegeben. Sie führten etwas im Schilde.
Revolution!
Captain Paola gab ihre Befehle.
Dann empfing sie die zweite Sendung der Freaks - nur zwanzig Minuten nach der ersten. Überall auf der Erde konnte sie empfangen werden.
In den Sendezentralen arbeitete man auf Hochtouren. Spezialisten waren wieder mit der Ortung beschäftigt.
Captain Paola lauschte den Worten.
»Die Stimme der Vernunft meldet sich wieder. Sie wendet sich an die Menschheit, an die Manager, an die Arbeiter, an die Joy, an die Freaks - auch an die versteckten Psychonauten und Geniusse. Lauscht der Vernunft! Erwachet! Derryl Reed ist in Schwierigkeiten. Das ist kein Zufall. Er selbst hat durch die Verfolgung von Psychonauten und die Einführung der Ultimatecraft die Raumfahrt ruiniert und das Reich ins Chaos gestürzt. Er unterdrückt die Kolonien, schlägt jeden Widerstand blutig nieder. An seinen Händen klebt Blut, in seinen Augen steht der Wahnsinn. Glaubt nicht mehr länger seinen salbungsvollen, geschickt gewählten Worten und seinem falschen Lächeln. Erkennt den schlimmsten Feind der Menschheit hinter der Maske! - Wartet auf die nächste Sendung der Stimme der Vernunft!«
»Ortung!« sagte eine andere Stimme.
Captain Paolas Kopf ruckte herum. Der Bildschirm zeigte das Portrait eines Gardisten.
»Captain, wir haben einen der Sender geortet! Australien, Neu-Sydney. Er ist nur sechs Kilometer vom offiziellen Sender entfernt. Die Zentrale liegt unterirdisch. Als Sendeeinheit benutzen sie...«
»Keine technischen Einzelheiten - Angriff!«
»Ich höre und gehorche!«
»Stopp! Alles genauestens aufzeichnen! Es müssen Gefangene gemacht werden. Ständiger Bildbericht über Geheimwelle!«
Der Gardist wiederholte: »Ich höre und gehorche!« Der Bildschirm erlosch.
Nicht für lange. Als er wieder aufflammte, zeigte er eine Luftaufnahme von Neu-Sydney, genauer: von der Altstadt, die aufgrund des Massenexodus ins All längst untergegangen war. Es gab nur noch ein paar Hügel, bedeckt von Trümmern und Ruinen. Die Täler dazwischen hatten sich mit gefährlichem Treibsand gefüllt.
Freaks konnten hier nach menschlichem Ermessen nicht überleben. Es war einfach zu wenig Platz. Eine einzige Säuberungsaktion der Gardisten würde ausreichen, alles Leben in den Trümmern auszumerzen.
Die Freaks mußten anderswo hausen. Vielleicht in den ausgedehnten Steppengebieten im Hinterland?
Captain Paola biß die Zähne so fest zusammen, daß es knirschte. Aus dem Lautsprecher drang die unpersönliche Stimme eines Kommentators. Paolas Hände ruhten auf der Konsole. Sie konnte sofort eingreifen, falls sie es für erforderlich hielt. Gern wäre sie bei der Aktion persönlich zugegen gewesen, aber sie konnte nicht auf der ganzen Erde gleichzeitig sein. Deshalb hockte sie hier in Berlin und koordinierte alles.
Nur einen einzigen Sender hatten sie orten können. Das war wenig für sie, aber viel für die Freaks, die damit einen wichtigen Stützpunkt verloren.
Die Kampfgleiter der Garden rasten über die Steppe, verursachten das mißtönende Geräusch einer defekten Orgel.
Die Freaks mußten es hören - egal, wie tief sie sich in die Erde eingegraben hatten.
Captain Paola blieb ruhig. Sie nahm gefühlsmäßig keinen Anteil. Das hier war ein Job - einer Captain würdig. Mehr nicht.
*
»Ziel erreicht!« meldete der Kommentator.
Bildwechsel.
Die Steppe in Großaufnahme, keine Bewegung mehr. Von allen Seiten zuckten sonnenheiße Strahlen auf. Der karge Pflanzenbewuchs verging in einer einzigen Stichflamme. Die vernichtende Energie ließ den Sand kochen.
Darunter schimmerte es metallisch: die Abstrahleinheit! Die Gardisten hatten sie mit computerhafter Präzision ausfindig gemacht.
Leider sind wir nicht überall so erfolgreich gewesen! dachte Captain Paola flüchtig.
Das Feuer wurde eingestellt. Die Captain brauchte nur zu beobachten. Ihre Leute funktionierten weisungsgemäß. Es bedurfte keiner weiterführenden Befehle.
Die erste Gleitereinheit landete, spuckte ihren Inhalt aus. Die Gardisten waren bis an die Zähne bewaffnet. Zwar wußten sie nicht, wo der Eingang zur Sendezentrale zu finden war, aber sie würden trotzdem hinuntergelangen, denn sie schleppten ein Strahlengeschütz mit und setzten es strategisch genau richtig ein.
Ein gezieltes Punktfeuer brannte ein genügend großes Loch in das Spezialmetall der Abstrahleinheit. Ein Hohlraum kam zum Vorschein. Funken sprühten. Die Verkabelung war teilweise beschädigt. Es gab Kurzschlüsse.
Die Gardisten nahmen ihre Strahlkanone wieder auf und rannten näher.
Weitere Einheiten landeten. Die Gardisten kamen von allen Seiten. Doch sie achteten auf Deckung. Es war damit zu rechnen, daß sich die Freaks ihrer Haut wehrten.
Trotzdem zeigte sich bei der Sendeeinheit noch nichts.
Die ersten Gardisten erreichten die Öffnung. Sie war glutheiß, doch die Panzerung schützte ihre Träger. Die Gardisten konnten sich hindurchwagen.
Die Energieversorgung im Innern war zusammengebrochen. In dieser Richtung war nichts zu befürchten.
Ohne länger zu zögern, stürmten die Gardisten ins Innere.
Schon beim Anlaufen der Aktion hatte man sie kurz über die Technik des Piratensenders informiert. So wußten sie ungefähr Bescheid.
Die Gardisten betraten den obersten Teil einer überdimensionalen Keule, die mit ihrem Stiel in die Erde zeigte. Das dickste Ende befand sich knapp unter der Erde. Dort drangen die Gardisten ein.
Sie mußten tiefer klettern. Die mitgeführten Magnethalter halfen ihnen dabei. Zielstrebig begaben sie sich nach unten. Wenn ihnen Kabel im Weg waren, wurden diese einfach durchschossen. Einen Kurzschluß gab es nicht mehr. Die Energieerzeugung war ausgefallen oder abgeschaltet.
Die Gardisten brauchten nicht bis ganz hinunter. Sie würden nur bis zur Versorgungseinheit kommen. Als sie drei Viertel der Entfernung geschafft hatten, leuchteten sie mit einem Scheinwerfer herum. Die Keule hatte hier noch einen Durchmesser von zwei Metern. Es war fast unmöglich, weiterzukommen, denn hier liefen sämtliche Kabel zusammen.
Aber es gab einen Ausgang! Denn die Abstrahlkeule mußte schließlich gewartet werden.
Die Gardisten konnten sich vorstellen, was innerhalb der Keule für Energiefelder entstanden, wenn die Anlage in Betrieb war. Sie hätten keine Sekunde überlebt.
Von ihrer Seite aus war der Zugang nicht zu öffnen. Sie setzten ihre Strahlkanone ein. Ein einziger Schuß genügte, um den Weg freizumachen. Hinter dem Schott öffnete sich ein kerzengerader Gang. Er war nicht beleuchtet.
Einer der Gardisten hielt den Strahl des Scheinwerfers hinein.
Niemand zu sehen. Sie konnten weiter. Hatten sie angenommen, daß sich hinter dem Schott gleich die Sendezentrale befand, so sahen sie sich jetzt getäuscht. Die Freaks waren vorsichtig und fürchteten die unvermeidbaren Restenergiefelder. Ihre Intensität nahm zwar mit zunehmender Entfernung rasch ab, aber sie konnten auf die Dauer gefährlich sein für einen Menschen. Erst nach einer gewissen Entfernung waren die Restfelder so schwach, daß man sie selbst mit den empfindlichsten Ortungsgeräten kaum anpeilen konnte.
Bei alledem war ein solcher Sender nicht einmal verschwenderisch mit Energie, denn es wurde nur eine Menge verbraucht, um die Sendekeule in Betrieb zu setzen. Waren die Felder einmal stabil, hielten sie sich fast von allein. Ihre Tätigkeit war von Wetter und sonstigen Störeinflüssen kaum zu beeinträchtigen, denn sie übertrugen ihre elektromagnetischen Schwingungen innerhalb der Erdrinde! Deshalb auch der ganze Aufwand!
In unmittelbarer Nähe eines offiziellen Senders konnte ein Piratensender fast nicht geortet werden - selbst wenn man den offiziellen Sender rechtzeitig auf Nullenergie setzte.
Soviel war den Gardisten klar. Sie stürmten in den Gang. Türen gab es keine. Rechts und links nicht sehr sorgfältig behauene Felswände. Irgendwie war es den Freaks gelungen, diesen Gang trocken zu halten.
Nach hundert Metern und zwei sanften Biegungen endete der Gang an einer Stahltür. Die Gardisten versuchten erst gar nicht, sie zu öffnen. Sie schossen sofort. Zwei schleppten keuchend die Strahlkanone.: Sie leistete ihnen gute Dienste. Die Stahltür zerbarst in einem Funkenmeer.
Die Sendezentrale! Sie war tatsächlich relativ nahe an der Abstrahleinheit. Die Freaks hatten alles in Hinblick darauf gebaut, daß die Abstrahleinheit immer nur kurze Zeit in Betrieb sein würde. So war die Gefahr einer Entdeckung am geringsten gewesen.
Die Zentrale war leer!
Und sie lag in Dunkelheit!
Der Scheinwerfer half den Gardisten. Sein gleißendheller Strahl tastete über die provisorisch anmutenden Schaltpaneele. weiche Züge.
»He«, sagte einer der Gardisten, »da ist eine Zweckschaltung!«
Die anderen wußten, was er damit meinte: Der Sender war vollautomatisch, solange ihm Energie zur Verfügung stand. Sie würden in den unterirdischen Gängen keine Menschenseele finden.
Der Gardist hob den linken Arm und wollte seine Meldung nach oben durchgeben. Für Captain Paola würde es interessant sein zu erfahren, was man hier gefunden hatte. Vielleicht war die Entdeckung bedeutsamer, als es auf Anhieb aussah?
Doch der Gardist konnte seine Absicht nicht mehr in die Tat umsetzen. Denn gleichzeitig begann die Erde unter seinen Füßen zu grollen.
Erschrocken sah er die anderen an.
Das Grollen verstärkte sich, als würde ihnen ein Erdbeben bevorstehen.
Im nächsten Augenblick brach der Boden auf, entließ eine ungeheure Flut von Energien.
Die Detonation breitete sich weiter aus. Im Umkreis von fünfhundert Metern barst die Erde, donnerten Felstrümmer in den Himmel.