Heilige im Gespräch - Irene Kohlberger - E-Book

Heilige im Gespräch E-Book

Irene Kohlberger

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Beschreibung

Missionare und Märtyrer Sie legten die Grundsteine für ein christliches Europa! Mit der Befreiung von Geister- und Dämonenfurcht, die durch den Glauben an die Kraft des Christengottes überwunden wurde, begann die europäische Geistesgeschichte, die bis heute fortwirkt. Die "Zeit des Überganges", die Europa christlich prägte, verlangte ihren Missionaren und Bischöfen das Äußerste an Einsatz ab, der sie nicht selten an den Rand ihrer psychisch - körperlichen Leistungsfähigkeit brachte und bei Bonifatius und Adalbert sogar den Märtyrertod miteinschloss. BONIFATIUS, ein englischer Benediktinermönch, war es, der die Strukturen der Kirche im Auftrag des Papstes erneuerte und festigte. In den Norden Europas brachte ANSGAR, ein junger Mönch aus dem Kloster Corbie das christliche Gedankengut. Bischof ADALBERT war seinen böhmischen Landsleuten zu fromm und zu streng; sie vertrieben und verfolgten ihn lebenslang, bis er schließlich unter den Knütteln der Prussen sein Leben verlor. Abt ODILO von CLUNY war einer der Kämpfer für eine innere Reform der Kirche, die von Cluny ausging und schließlich segensreich die gesamte Kirche erfasste. Kaiser HEINRICH II und KUNIGNDE, seine Gattin, waren lebendige Vorbilder christlichen Lebens und Wirkens. Papst GREGOR VII. starb, geächtet in der Verbannung, weil er unbeugsam die Rechte der Kirche gegen weltliche Übergriffe verteidigte.

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Seid gewiss: Ich bin bei euch, alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28, 20b)

Meinen Schülern und Schülerinnen gewidmet

BONIFATIUS

der Retter des europäischen Christentums

ANSGAR

der edle Fremde

ADALBERT

zerrieben zwischen den Fronten

ODILO

der charismatische Abt von Cluny

HEINRICH II. und KUNIGUNDE

das heilige Kaiserpaar

PAPST GREGOR VII.

Kämpfer für Gerechtigkeit und Papsttum

Inhalt

Einführung

Entwicklung der europäischen christlichen Gesellschaft

Rom im Konflikt mit den germanischen Stämmen

Der Aufstieg der Merowinger

Entwicklung der kirchlichen Strukturen

B

ONIFATIUS

Missionsarbeit bei den Friesen

Unterwegs im Auftrag des Papstes

Missionsarbeit in Friesland und Hessen

Bischof und Gesandter des Hl. Stuhles

Beginn der Reformarbeit

Missionsarbeit in Thüringen

Reformarbeit im Frankenreich

Wieder bei den Friesen und Tod als Märtyrer

Bonifatius, Mensch und Heiliger

Reichsentwicklung unter den Karolingern

Reichsteilung nach dem Tod Pippins

Karl als Alleinherrscher

Karl im Konflikt mit Bayernherzog Tassilo

Eroberung der apenninischen Halbinsel

Im Konflikt mit dem byzantinischen Kaiserhof

Beschützer des Papstes und Kaiserkrönung

Beginn der inneren Reform des Reiches

Karl und seine Beziehung zu Frauen

Regelung der Nachfolge

A

NSGAR

Jugend und Ausbildung

Mittelalterliche Geistesgeschichte

Ansgar, als Lehrer der Externen

Ansgar als Missionar in Dänemark

Missionar in Schweden

Bischof in Hamburg

Missionsarbeit in der Zerreißprobe

Ansgar, der unermüdliche Kämpfer

Letzte Aufgaben und Tod

Die Ottonen

A

DALBERT VON

P

RAG

Adalberts Berufung

Adalbert als pflichtgetreuer Bischof

Adalberts Flucht

Leben in klösterlichem Frieden

Rückkehr nach Prag

Adalbert und Otto III.

Adalbert wird als Missionar eingesetzt

Adalbert findet bei den Prußen den Märtyrertod

Heiligsprechung von Adalbert

Späte Liebe der Böhmen zu ihrem vertriebenen Bischof

O

DILO VON

C

LUNY

Jugenderlebnisse

Im Kampf um seine Berufung

Mönch in Cluny

Als junger Abt in der Zerreißprobe mit der Welt

Der kluge Hirte

Der Großzügige

Odilo verweigert die Bischofswürde

Odilo und Robert von Frankreich

Im Kampf gegen den Hunger

Odilos letztes Lebensjahr und Tod

H

EINRICH

II.

Schatten über Heinrichs Kindheit

Herzog Heinrich

Vermählung mit Kunigunde von Luxemburg

Heinrich als Nachfolger Ottos III.

Arbeit an der inneren Reform des Reiches

Kaiserkrönung in Rom

Praktische Sorge für die Kirche

Letzte Tage und Tod

Persönliche Züge

P

APST

G

REGOR

VII.

Jugendzeit und Wirren in Rom

Hildebrand unterwegs im Dienst der Päpste

Akklamiert zum Papst wider Willen

Beginn der Reformarbeit

Das Eigenkirchenwesen in den deutschen Ländern

Würdigung und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einführung

Heilige sind Menschen, die sich Gott bedingungslos anvertrauen und sein Gesetz und seinen heiligen Rat mit all ihrer Kraft zu erfüllen suchen.

Sie wirken als Mitarbeiter Gottes in unserer Welt, mit der er sich durch die Menschwerdung seines Sohnes für immer verbunden hat. Einige werden in den göttlichen Dienst genommen, um Weichen zu stellen, andere um verfahrene Situationen zu retten, zu heilen oder Gott einfach mit ihrer Liebe und Hingabe zu erfreuen. Immer aber werden heilige Menschen mit einem Auftrag in die Welt gesandt – mit einem Auftrag, der sich in ihrer Biographie deutlich abzeichnet. Diese ihre Sendung fasziniert mich. Sie forderte mich heraus, das Leben der Heiligen über die Jahrhunderte zu studieren und in kleinen Lebensbildern ihren Beitrag zur europäischen Geistesgeschichte, zu gestalten. Da Menschen nicht heilig geboren werden, sondern mit ihren persönlichen Schwächen und Stärken, versuchte ich ihnen auch menschlich nahe zu kommen, soweit dies aus den überlieferten Biographien möglich war.

Die katholische Kirche wurde und wird durch menschliche Schwächen immer wieder schwer erschüttert. Doch entsteht durch den beharrlichen Einsatz von Menschen, die ihre ganze Kraft in den Dienst Gottes und den geistlichen Auftrag der Kirche stellen, eine andauernde Gegenströmung. Diese sichert nicht nur das Überleben der Kirche, sondern liefert darüber hinaus den Beweis, dass Gott in seiner Liebe und Barmherzigkeit das Schicksal der irdischen Wirklichkeit in der Hand hat. Diese Erkenntnis befreit von jeglicher Überforderung, die uns lähmen würde das zu tun, was von uns unmittelbar verlangt und gebraucht wird. Möge uns aus der Perspektive der Heiligen klarwerden, was die Botschaft des Hl. Paulus bedeutet:

„Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“ (1. Kor 2,9)

Entwicklung der europäischen christlichen Gesellschaft

Die römische Kaiser Konstantin I. und Kaiser Karl I.1 standen beide an der Schwelle einer neuen Zeit: Konstantin als Begründer des Christlichen Imperium Romanum, dessen Prinzipien und Ordnungen durch Jahrhunderte nachwirken und sich in Byzanz bis ins 15.Jahrhundert erhalten werden - und Karl als Neubegründer dieses Reiches im Abendland.

Am Weihnachtstag des Jahres 800 wurde Karl der Große in Rom vom Papst zum Kaiser gekrönt, womit ein doppelter Prozess zu Ende ging: der Aufstieg der Karolinger zur Herrschaft im Frankenreich und die politische und geistige Trennung Westeuropas vom Byzantinischen Reich.

Territorial umfasste das neue Kaiserreich nur einen Bruchteil des alten römischen Reichsgebietes. Auch war der neue Kaiser in wichtigen Belangen auf das Einverständnis seiner Vasallen angewiesen, während der römische Kaiser allein und absolut herrschen und regieren konnte.

Die kulturellen Zentren verlagerten sich vom Mittelmeer nach Norden, und statt einer reich gegliederten, arbeitsteiligen Gesellschaft mit einheitlichem Wirtschaftssystem und einem Fernhandel, der von England bis Indien reichte, entstand eine selbstgenügsame Welt, in der große adelige Güter, klösterliche Domänen und

Bauerntum das tägliche Leben beherrschten. Bildung und geistiges Leben lagen in den Händen der Kirche. Die Kontur des Daseins veränderte sich: Das Mittelalter begann.

In den Jahrhunderten zwischen Kaiser Diokletian und dem Aufstieg der Karolinger war die geschichtliche Bedeutung des Mittelmeerraums ungebrochen erhalten geblieben. Trotz lokaler Sonderformen war die Kunst noch einheitlich geprägt, und zwar vom frühbyzantinischen Stil, der weder antik noch mittelalterlich war.

Die sprachliche und religiöse Trennung zwischen lateinischem Westen und griechischem Osten konnte diese Einheit bis zum Ende des 7.Jhs. ebenso wenig auflösen, wie die Aufteilung in mehrere Machtbereiche. Allerdings wurde der Osten zunehmend bedeutsamer. Byzanz - Konstantinopel - wurde das unbestrittene Zentrum der Welt und beherrschte das politische und geistige Leben.

Schon im 5.und 6. Jahrhundert – und hier vor allem in Gallien – begannen germanische Stammestraditionen mit der spätrömischen Gesellschaftsordnung zu verschmelzen, woran der christliche Glaube und die spätlateinische Bildung einen wesentlichen Anteil hatten. Gleichzeitig entstanden in dem kulturell noch zusammengehörigen Großraum des Mittelmeeres und des Nahen Ostens neue geistige und wirtschaftliche Zentren. Aus einer Welt mit einer Hauptstadt waren in einem Prozess fruchtbarer Differenzierung drei neue Gebilde entstanden: die westlich-europäisch mittelalterlich geprägte Welt, das griechisch-orthodoxe Byzanz und die arabisch-islamische Region, die je ihre eigene Kultur entwickelten.

Ursprünglich wurde das Christentum - gleichsam im Untergrund - durch die persönliche Begegnung der Apostel mit den Menschen ihrer Umgebung verbreitet. Die befreiende Botschaft des Evangeliums, die Botschaft von der überwältigenden Liebe Gottes, die sich in der Person von Jesus Christus kristallisierte, berührte die Menschen und machte sie zu Christen der ersten Stunde.

Die Geschichte der Verfolgung zeigt auf, dass im Römerreich das Christentum von unten nach oben die gesellschaftliche Situation verwandelte. Zuerst waren es einfache Menschen, die sich dem neuen Glauben zuwandten, doch bald ergriff die „Gute Botschaft“ (Evangelium) auch höhere und höchste Schichten.

Schon früh wurde den Christen „vorgeworfen“, dass sie pünktlich ihre Steuern zahlen, dass sie sich bemühten nicht zu stehlen, nicht die Ehe zu brechen und ein gutes Leben zu führen. Haltungen, die bewundernswert waren, denen in der damaligen Gesellschaft aber eher der Charakter von Schwäche und Seltsamkeit anhaftete.

Schon bald nach dem Toleranzedikt (313), das den Christen erlaubte, ihre Religion auch öffentlich zu bekennen, begann die fatale Verknüpfung von Kirche und Staatsraison. Als Kaiser Konstantin I. die Zeit der Verfolgung offiziell beendete, konnte er sich eine Staatsführung ohne religiösen Überbau nicht vorstellen: Waren es doch die Götter, die über das Wohl der Menschen und des Staates bestimmten. Wenn nun die alten Götter nachweislich keine Macht mehr besaßen - Konstantin hatte im Zeichen des Kreuzes einen wichtigen militärischen Erfolg erzielt - dann musste die neue Religion die alte ablösen. So einfach war das.

Doch blieb das Interesse des Kaisers an der christlichen Religion letztlich sehr fragwürdig. Hatten sich doch Konstantin und alle nachfolgenden Kaiser immer wieder in innerkirchliche Fragen eingemischt, und ihr persönliches Verständnis oder ihre eigenen Interessen mit wichtigen theologischen Fragen vermengt.

So geschah es, dass einmal der Arianismus2 vom Kaiser unterstützt wurde und dann wieder die orthodoxe (katholische) Lehre.

Jedenfalls wurde im römischen Reich ab dem 4.Jh. der überlieferte Polytheismus durch das Christentum nach und nach abgelöst. Doch geschah dies erst nach langem Ringen um eine verbindliche Lehre, die wir dem Einsatz des römischen Bischofs und der großen Theologen dieser Epoche verdanken, und die im großen Glaubensbekenntnis3 zusammengefasst ist, das bis heute gilt.

Rom im Konflikt mit den germanischen Stämmen

Das römische Reich grenzte im Norden Europas an Gebiete, die von germanischen Stämmen bewohnt waren. Obwohl die Römer die Donau als Reichsgrenze festlegten und sich durch den Limes, einem militärischen Befestigungsgürtel, nach Norden absicherten, ergaben sich schon früh Handelsbeziehungen zwischen den Bewohnern des Nordens und des römischen Reiches. Der Reichtum und die Luxusgüter dieser zivilisierten Welt weckten die Begehrlichkeit ihrer nördlichen Nachbarn, und motivierte sie immer wieder in das römische Territorium einzubrechen. Lange gelang es den kampferprobten römischen Legionen, diese Attacken erfolgreich abzuwehren. Doch begannen in den letzten Jahren des 4.Jahrhunderts ihre Angriffe bedrohlich zu werden. An der Rheingrenze standen die Stammesgruppen der Franken; hinter ihnen an der Weser die Sachsen, in Schleswig-Holstein die Angeln, im Elbgebiet die Sueben.

Die gefährlichste strategische Position im Decumatland4 war von den Alamannen besetzt. An der Grenze der Provinz Noricum in Richtung ungarische Tiefebene standen die Burgunder, Vandalen und die Alanen. Die Westgoten waren über die untere Donau bereits in die nordgriechische Reichsprovinz eingedrungen; hinter ihnen die Ostgoten und die Heruler.

Aus zeitlicher und historischer Perspektive fühlt sich das Eindringen der Germanenstämme als einmalige und umfassende Katastrophe an, die in der Realität aber aus einer Reihe von Scharmützeln bestand, die vom vorzüglich geführten römischen Heer immer wieder erfolgreich geschlagen wurden. Doch hatte das römische Militär eine Grenze zu verteidigen, die von Schottland über den Rhein und die Donau, den Kaukasus, die Syrische Wüste und die Nilkatarakte bis zur Sahara und zum Atlas reichte.

In der Silvesternacht des Jahres 406 überschritten die Vandalen die von römischen Truppen entblößte Rheingrenze. Nach ihrem Sieg über die fränkischen foederati hörte jede Gegenwehr auf. Die vandalischen Stammesgruppen zogen plündernd durch Gallien: uno fumati

Gallia tota rogo (ganz Gallien rauchte wie ein riesiger Scheiterhaufen).

Als foederatus galt im Römischen Reich prinzipiell jeder Volksstamm, der keine römische Kolonie war und dem auch kein römisches oder latinisches Bürgerrecht (civitas) bewilligt worden war. Nominell vollzog sich die Ansiedelung der germanischen Stämme immer wieder nach dem Foederaten-Gesetz, was auch bei der Landnahme der Vandalen in Nordafrika der Fall war, aber nur als Zwischenlösung. Bald nach der Eroberung von Karthago (439) durch Geiserich musste die Unabhängigkeit der Vandalen anerkannt werden, womit der erste souveräne Staat auf dem Boden des römischen Reichs entstanden war, der zugleich eine Schlüsselposition im Mittelmeer einnahm.

Auch beim Einbruch der Westgoten in Italien spielte ein fähiger König die entscheidende Rolle, Alarich. Seit 395 stand er mit seinen Stämmen im Epirus und in Griechenland. Fasziniert von der römischen Welt, mag er ursprünglich die Laufbahn eines einflussreichen magister militium im Auge gehabt haben.

Nach dem Tod des weströmischen Regenten Stilicho, der das Eindringen der Westgoten 401 noch verhindern konnte, zog Alarich 410 nach der Stadt Rom, die er im selben Jahr eroberte. Die Stadt wurde nicht übermäßig geplündert, doch der Widerhall des Ereignisses war unter den Zeitgenossen ungeheuer. Noch heute kann man nachlesen, wie betroffen und verzweifelt Hieronymus auf dieses Ereignis reagierte: Die Urbs Aeterna war in die Hände der Germanen gefallen!

Nach planlosen Märschen durch Italien und Versorgungsschwierigkeiten starb Alarich noch im selben Jahr. Als neuer König folgte ihm sein Schwager Athaulf nach. Von ihm wird berichtet, dass er die Romania in eine Gothia mit sich selbst als gotischem Kaiser verwandeln wollte. Doch wären die Goten zu undiszipliniert, um die Römer zu ersetzen. Darum wollte er sein Volk in den Dienst des Reiches stellen und selbst ein Romanae restitutionis auctor, ein Erneuerer der römischen Welt werden. Auch sein Nachfolger Wallia kämpfte als Verbündeter Roms in Spanien und erhielt dafür einen Vertrag, der den Westgoten die Ansiedlung zwischen Loire und Garonne gestattete.

Die Burgunder, die sich im 3. Jh. bis zum mittleren Rhein vorgekämpft hatten, erhielten 413 einen Ansiedlungsvertrag für die Gegend von Worms beiderseits des Rheines, um die Grenze gegen die feindseligen Alamannen zu schützen.

Da die Franken ab dem 3.Jh. die Rheingrenze bedrohten, versuchte man durch Verträge die Lage zu stabilisieren; was schließlich auch gelang. Die Neuordnung der Verhältnisse in Gallien ermöglichte eine langsame und friedliche Assimilierung der germanischen Bevölkerung an die römischen Sitten und Institutionen. Dazu kam, dass die lateinische Sprache für die innerstaatliche Kommunikation immer mehr an Bedeutung gewann, wodurch Frankreich ein romanisch geprägtes Land geblieben ist.

Der Aufstieg der Merowinger

Zu Beginn des 5. Jahrhunderts dehnte sich das fränkische Siedlungsgebiet am Rhein immer weiter aus. Unter dem Herrscher Childerich (464-481) und seinem außergewöhnlich begabten Sohnes Chlodwig (466-511) wurden die Franken in wenigen Jahrzehnten nicht nur Herren über Gallien, sondern zum führenden germanischen Königreich.

Beim Tod seines Vaters war Chlodwig erst 16 Jahre alt. In einer raschen Folge von diplomatischen Schachzügen und militärischen Operationen manövrierte er die anderen fränkischen Stammesfürsten aus und vergrößerte sein bis dahin nur bis zur Somme reichendes Herrschaftsgebiet zum fränkischen Kernstaat. Im Jahre 486 stürzte er Syagrius von Soissons5, nahm dessen Herrschaftsgebiet in Besitz und besiegte die Westgoten bei Tours. 507 wurde im Bündnis mit den Burgundern der größte Teil des westgotischen Südfrankreichs erobert und die territoriale Grundlage für einen fränkischen Staat geschaffen.

In nüchterner Einschätzung des Religionsproblems, das die anderen germanischen Reiche6 schwächte, legte Chlodwig mit der Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche von Anfang an den Grundstein für die innere Einheit seines Reiches und den Zusammenhalt seiner Untertanen. Daher ließ er sich am Silvestertag des Jahres 496, gemeinsam mit etwa 3000 seiner Soldaten von Bischof Remigius in Reims taufen

Die Gründung des katholischen Frankenreiches auf dem Boden Galliens hat - wie kein anderes Ereignis - die Zukunft der westeuropäischen Völker mitbestimmt.

Gallien war schon seit Augustus Römische Provinz und damit in alle kulturellen und geistigen Entwicklungen des Imperiums maßgeblich eingebunden. Das heißt mit anderen Worten, dass in Gallien das Christentum bereits die vorherrschende Religion war, und zwar das orthodoxe (= katholische) Bekenntnis. Durch Belehnungen und Schenkungen wurde die Kirche im fränkischen Reich ein wachsender Faktor geistiger und wirtschaftlicher Macht. Die enge Bindung des Klerus an das Herrscherhaus bestimmte die Kirche von vorneherein zur Reichskirche, die den König berechtigte, Bischöfe einzusetzen und Synoden einzuberufen. Und ein Synodalbeschluss unter Chlodwig setzte fest, dass die fränkische Kirche der Lehre und dem Recht der römisch-katholischen Kirche folgen sollte.

Zusammen mit dem gallorömischen Adel war die Kirche auch ein entscheidender Faktor der Romanisierung. Latein war die Sprache der Verwaltung, aber auch des Gottesdienstes und der Gelehrsamkeit. Daher entstanden im 6. Jh. an den Bischofssitzen und vereinzelt auch in den ländlichen Pfarreien, kirchliche Schulen, wo zukünftige Kleriker ausgebildet wurden. Auch setzte damals ein Prozess ein, der das klassische Latein zur Volkssprache machte.

Die Geschichte der Nachfolger Chlodwigs war durch Bruderkrieg und Grausamkeit bestimmt. Dennoch blieb das Königshaus außenpolitisch erfolgreich. 532 wurde Burgund erobert - eine wirtschaftlich und kulturell, aber auch strategisch wichtige Erwerbung. Im selben Jahr wurde im Süden das westgotische Reich annektiert.

Theudebert erzwang von den Ostgoten (537) die Abtretung der Provence, wodurch für die Wirtschaft des Merowinger-Reiches der wichtige Anschluss ans Mittelmeer gewonnen war. Im 6. und 7.Jh. wurden zahlreiche Feldzüge gegen Thüringer, Sachsen und Bayern unternommen. Ein bleibendes Ergebnis dieser militärischen Operationen bestand in der Eroberung des thüringischen Gebietes durch Theuderich II. Damit hatte das Merowinger-Reich im Wesentlichen die Grenzen erreicht, die es bis zum Anfang des 8.Jh. beibehalten sollte.

Abb. 1: Ausdehnung des Fränkischen Reichs

Chlodwig übernahm mit der ehemaligen Provinz Gallien auch die römischen Verwaltungseinrichtungen. Dazu gehörten Münzrecht und Steuereinhebung und vor allem militärische Einrichtungen, wie Waffenerzeugung und Garnisonen. Von der römischen Praxis der Provinzverwaltung übernahmen die merowingischen Könige das Amt des Schatzmeisters, des Kämmerers und des Majordomus, der das Haus verwaltete und für minderjährige Könige die Geschäfte führte. Das Amt des Hausmeiers ist sowohl bei den Merowingern als auch bei Burgundern und Goten belegt.

Da es im Merowingerreich immer wieder zu Herrschaftsteilungen kam, wurde das Amt des Hausmeiers aufgewertet, der nun für die Verwaltung des gesamten Königsgutes zuständig war und zum wichtigsten Vertrauten des Herrschers aufstieg. Schließlich wurden die Hausmeier ab dem späten 6. Jh. faktische Leiter der Regierungsgeschäfte im Frankenreich, indem sie auch Beamte ernannten und Urkunden im Namen des Königs ausstellten. Das Amt wurde von Adligen bekleidet, die gleichzeitig ihre Position nutzten, um die Macht des Königs so weit wie möglich zu beschneiden. Während in Neustrien die Hausmeier noch eine gewisse Königsnähe anstrebten, war das Hausmeieramt in Austrasien unter den Arnulfingern - Pippiniden ein Instrument des Adels geworden. Es wurde innerhalb dieser Familie, die seit 687 die Geschicke des gesamten Frankenreichs lenkte, sogar erblich.

Die Merowinger Könige nach Dagobert I. regierten wohl nur noch als Schattenherrscher. Doch erst Mitte des 8. Jahrhunderts wagte man den entscheidenden Schritt: 751 wurde Pippin der Jüngere (714–768) mit päpstlicher Unterstützung von den fränkischen Adligen zum König der Franken akklamiert und der letzte Merowinger abgesetzt. Man nahm ihm symbolisch das Königsheil7 - indem seine Haare geschoren wurden - und steckte ihn in ein Kloster.

Entwicklung der kirchlichen Strukturen

Verschiebungen infolge der Völkerwanderung und der islamischen Expansion veränderten nicht nur die äußere Gestalt der damaligen Welt, sondern hatten auch einen sozialen und geistigen Wandel im Innern zur Folge. Nur die Strukturen der Kirche hatten die veränderte Situation nahezu unbeschadet überstanden. Die spätantike Verwaltungseinheit der civitas, bestehend aus einer Stadt und deren umliegenden Ländereien, wurde kirchlicherseits schon früh als Bistum eingerichtet, und die Bistümer in Metropolitanverbände zusammengefasst. Den Bischöfen unterstand die Verwaltung der Kirchengüter, die Beaufsichtigung der kirchlichen Institutionen und die Armenfürsorge. In den Wirren der Völkerwanderung übernahmen sie nicht selten auch die Verwaltungsaufgaben der weltlichen civitas. Da die Bischöfe überwiegend der senatorischen Oberschicht angehörten, entwickelte sich ihre Herrschaft als tragende Säule der inneren Verwaltung. Später besetzte der König die Bischofssitze mit Leuten seines Vertrauens, und bald interessierte sich auch die fränkische Aristokratie für die kirchliche Karriere. Kirchliche Synoden wurden vom König einberufen und dienten nicht selten als Plattform für die Anliegen des Reiches. Der römische Papst wurde zwar als Petrusnachfolger geehrt, aber ohne praktische Konsequenz. Das änderte sich unter Karl Martell (688/691– 741), dem Hausmeier der Merowinger, der eine kluge Kirchenpolitik verfolgte. Einerseits unterstützte er die Bemühungen um die innere Reform der Kirche, andererseits gebrauchte er den weltlichen Arm der Bischöfe für seine Eroberungspläne, wie z. B. der Befriedung der Friesen. Unter Karl Martell begann auch ein Benediktinermönch aus dem angelsächsischen Inselreich seine Missionstätigkeit in Teilen Europas, wo das Christentum noch unbekannt war.

1Konstantin I., der Große zwischen 270 und 288 geboren, gestorben am 22. Mai 337 Er war von 306 bis 337 römischer Kaiser; ab 324 regierte er als Alleinherrscher.

Karl I., der Große wurde wahrscheinlich am 2. April 747 oder 748 geboren. Er starb am 28. Jänner 814 in Aachen. Von 768 bis 814 war er König des Fränkischen Reiches (bis 771 gemeinsam mit seinem Bruder Karlmann). Am 25. Dezember 800 erlangte er als erster westeuropäischer Herrscher die Kaiserwürde, die mit ihm erneuert wurde.

2 Der Arianismus geht davon aus, dass der Logos (Sohn Gottes) schon vor aller Zeit und vor der Erschaffung der Welt existierte, aber als ein Wesen zwischen Gott und der Welt, als perfektes Abbild des Vaters. Nur in einem metaphorischen Sinn kann er als Gott bezeichnet werden. Aber er ist eine Kreatur, wenn auch die erste Kreatur Gottes. Er ist geschaffen, nicht aus dem gleichen Wesen wie der Vater, sondern aus dem Nichts, durch den Willen des Vaters, vor aller vorstellbaren Zeit, aber dennoch in der Zeit. Er ist daher nicht ewig, und »es gab eine Zeit, als es ihn nicht gab«. Ebenso sind seine Macht, seine Weisheit und sein Wissen begrenzt.

3 Die vollständigen Texte des Glaubensbekenntnisses finden sich im Anhang.

4 Gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. hatten die Römer unter Kaiser Vespasian um 72 n. Chr. das Gebiet jenseits von Rhein und Donau, das sie bereits vorher indirekt kontrolliert hatten, mit Truppen besetzt. Das Decumatland nahm zumindest den Südwesten des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg ein und gehörte seit Domitian zur neu eingerichteten Provinz Germania superior.

5Syagrius von Soisson war der letzte „römische Herrscher“ in Gallien

6 Die Mehrheit der germanischen Stämme hielt am Arianismus fest (siehe Fußnote 2).

7Königsheil: Im Königsheil verbanden sich menschlichen Eigenschaften wie Ehrgeiz, Schlauheit, Charisma, körperliche Stärke und Anderes, mit übermenschlichen Fähigkeiten. Dazu gehörten neben dem Anspruch, in der Schlacht unverwundbar und somit „heil“ zu bleiben, die Fähigkeit, den Äckern Fruchtbarkeit zu spenden und eine übernatürliche Heilkraft.

Bonifatius(672/675–754)

Weniger als hundert Jahre, nachdem Papst Gregor der Große den Benediktinermönch Augustinus mit vierzig Gefährten ausgeschickt hatte, um aus den Angeln (Angelsachsen) Engel zu machen, wurde im Königreich Wessex der Knabe Wynfreth geboren. Weder Ort noch genaue Zeit der Geburt sind überliefert – doch kann man diese in der Zeit zwischen 672 und 675 annehmen. Als sicher ist überliefert, dass Wynfreth im Alter von etwa sieben Jahren dem Kloster Exeter zur Erziehung übergeben wurde. Wann Wynfreth Exeter verließ und in das bedeutendere Kloster Nursling übertrat, ist ungewiss. Dort erhielt er eine Ausbildung, die neben der Theologie auch den Bildungskanon der damaligen Zeit umfasste, ergänzt durch literarische Studien. Aufgeweckt und begabt studierte er unter den Augen des Abtes, der ihn am Ende seiner Studien als Lehrer im Kloster behielt. Damit war seine Laufbahn bestimmt. Als Benediktinermönch war er der stabilitas loci verpflichtet, die ein lebenslanges Verbleiben im Kloster vorsieht, d.h. dass ihn ein arbeitsintensives, aber wenig abenteuerliches Leben erwartete.

Im Gegensatz dazu waren iroschottische Mönche schon früher als Missionare ausgezogen, um die christliche Botschaft auf das Festland zu tragen.

Im angelsächsischen Mönchtum, das vor allem benediktinisch geprägt war, lagen die Dinge anders. Für sie war das Verlassen des Mutterklosters ein Opfer, das sie bringen wollten, um den stammverwandten Germanen auf dem Kontinent das Evangelium zu bringen.

Wynfreth war bereits über 40 Jahre alt, als er sich trotz seines hohen Ansehens und seiner glänzenden Zukunftsaussichten entschloss, das Kloster Nursling zu verlassen und in Friesland zu predigen.

Missionsarbeit bei den Friesen

Abb. 2: Das Siedlungsgebiet der Friesen

An sich stand das friesische Volk unter der staatlichen Oberhoheit des Frankenreiches, das den angelsächsischen Mönchen ermöglichte das Bistum Utrecht und das Kloster Echternach zu gründen. Wynfreth kam also nicht in unbestelltes Gebiet, aber er kam in einem ganz schlechten Augenblick.

Pippin II. war kurz davor gestorben, und sein Sohn Karl Martell hatte große Schwierigkeiten, das Erbe zu sichern. Herzog Radbod8 gelang es, große Landesteile zurückzuerobern und das angelsächsische Missionswerk, das als Zeichen der fränkischen Herrschaft betrachtet wurde, zu zerstören.

Vom Mut des fremden Mönches beeindruckt, erlaubte ihm Herzog Radbod den Aufenthalt in seinem Land und gestattete ihm auch zu predigen. Fast ein halbes Jahr durchzog Wynfreth das Land, aber ohne jeden Erfolg: Das Christentum wurde als fränkisch empfunden, und die Franken hatte man gerade aus dem Land gejagt. Wahrscheinlich sah er bald ein, dass für eine erfolgreiche Arbeit die politische und religiöse Ordnung im Missionsgebiet einander nicht widersprechen durften.

Daraufhin kehrte Wynfreth in sein Heimatkloster zurück. Doch dachte er nicht daran im Kloster zu bleiben, sondern wollte bei nächster Gelegenheit wieder aufbrechen, um seine missionarische Tätigkeit fortzusetzen.

Unterwegs im Auftrag des Papstes

Wollte er in den verschiedenen Landesteilen des damaligen Europa erfolgreich wirken – so überlegte Wynfreth – dann könne er dies nur tun, wenn er einerseits im Schutz der politischen Macht unterwegs war und andererseits einen starken geistigen Rückhalt hatte, den nur eine päpstliche Vollmacht geben konnte.

Daher reiste er, ausgerüstet mit Empfehlungsschreiben seines Bischofs Daniel von Winchester, nach Rom, zum Nachfolger des Hl. Petrus.

Das Papsttum des 8. Jahrhunderts war noch weit entfernt von der universalen Bedeutung, die es heute auszeichnet. Noch verstand sich der Bischof von Rom als Metropolit für Italien und als Vertreter des Kaisers von Konstantinopel, in dessen Herrschaftsbereich zumindest die Idee des alten Imperium Romanum fortlebte. Erst nach und nach – auch dies ist eine Entwicklung des Mittelalters – erhielt das Papsttum die hervorragende Stellung, die es bis heute innehat. Trotzdem besaß der Bischof „Beim Hl. Petrus“, wie man ihn nannte, hohe Autorität, und Wynfreths Absicht war es ja, diese Autorität für seine Missionspläne zu nützen.

Zweifellos galt der Missionsarbeit bei den Germanen kein besonderes Interesse des Papstes, sonst hätte es nicht nahezu ein Jahr gedauert, bis Wynfreth das entsprechende Papier in Händen hielt, das ihn befähigte, „gentes quaecumque infedelitates errore detentae, ad quas properare Deo comitante potueris“9. Schon durch diese allgemeine Formulierung wird deutlich, dass man mit der Mission der Germanen kaum konkrete Vorstellungen verband. Doch hatte die lange Wartezeit auch ihr Gutes, weil Wynfreth wichtige Kontakte knüpfen konnte, die ihm später seine Arbeit erleichterten.

Es war der Tag nach dem Gedenktag des Hl. Bonifatius, eines römischen Märtyrers, als ihm das Sendschreiben überreicht wurde. Daher erhielt Wynfreth als Zeichen der Verbundenheit mit Rom vom Papst den Namen:Bonifatius.

Von Rom reiste er zunächst nach Thüringen. In diesem Gebiet, im äußersten Nordosten des fränkischen Einflussbereiches, fand Bonifatius eine ziemlich verwahrloste Situation vor. Nur wenige Priester gab es, die den kirchlichen Vorschriften entsprachen, die anderen hatten, „beschmutzt und verunreinigt durch Hurerei, die keusche Enthaltsamkeit eingebüßt, die sie als Diener der heiligen Altäre bewahren sollten“.

Zwar konnte Bonifatius einige Thüringer Adelige und Priester von der Notwendigkeit einer Reform überzeugen, doch fehlte ihm die bischöfliche Würde, die es ihm erlaubt hätte, tatsächlich ordnend einzugreifen.

Missionsarbeit in Friesland und Hessen

Daraufhin beschloss er im inneren Frankenreich weiter zu machen. Auf dem Weg dahin erfuhr er vom Tod des Herzog Radbod, der indirekt für das Scheitern seiner ersten Missionsreise verantwortlich war. Daher brach er nach Utrecht zu Bischof Willibrod auf, wo er zwei Jahre seiner „Lehrzeit“ verbrachte. Durch die geänderten politischen Verhältnisse waren die Friesen dem Christentum gegenüber empfänglicher geworden, und man konnte sich über positive Nachrichten freuen, die in Bonifatius’ Briefen die Heimat erreichten.

Zwei Jahre blieb Bonifatius bei Willibrod, der ihn schon als seinen Nachfolger sah. Doch Bonifatius hatte anderes im Sinn. Ihn zog es weiter nach Osten, in das Gebiet zwischen Main und Lahn, dem heutigen Hessen.

Die Reise führte ihn und seine Begleiter über Mainz in das Lahngebiet, wo die Gruppe beim fränkischen Stützpunkt Amöneburg, östlich von Marburg, um Aufnahme bat. Zwar war das Christentum hier bekannt, doch gab es nur wenige Gläubige. Diese lebten verstreut und hatten nur beschränkte Kenntnisse von ihrer Religion. Im Grunde war Hessen vom Heidentum geprägt. Die Verwalter der Festung Amöneburg gehörten zu den wenigen Christen im Lande, doch auch sie hatten wenig Ahnung von der Botschaft des Evangeliums. Als sie durch die Unterweisung von Bonifatius erkannten, dass sich Götzendienst mit den Idealen der christlichen Religion nicht vereinen ließ, unterstützten sie ihn bei der Errichtung eines Mönchsklosters in Amöneburg, wo einige seiner Begleiter einzogen und blieben.

Ihre Arbeit war zweifellos erfolgreich, weil große Teile des Volkes den Predigten zuhörten und viele tausend Menschen sich taufen ließen. Dabei handelte es sich um Massentaufen; erst später folgte die Unterweisung in den christlichen Glaubenswahrheiten. Diese Vorgehensweise widersprach ganz entschieden der alten Praxis, die Katechumenen erst nach langer Schulung zur Taufe zuzulassen. Doch legte die soziale Struktur der Germanenstämme, wo die einzelnen Mitglieder in einer streng hierarchischen Ordnung lebten, die Mission von oben nahe. Über die gemeinsame Taufe der Angehörigen eines Fürstenhauses, die sich für das Christentum entschieden hatten, können wir uns heute nur wundern, weil es kaum wahrscheinlich ist, dass sich alle Familienmitglieder gleichzeitig bekehrten und noch weniger die Angehörigen des Hofes. Auch weist schon Bonifatius darauf hin, dass diese Art der Mission abgesichert werden müsse; ein Unterfangen, das nicht nur Zeit und Geduld einforderte, sondern auch ernste und fähige Boten des Glaubens, die über kirchliche Unterstützung verfügten. Die eigentliche Missionsarbeit musste nachträglich einsetzen, wollte man dem Christentum tatsächlich zum Durchbruch verhelfen.

Daher schickte Bonifatius einen schriftlichen Bericht nach Rom, um über die Schwierigkeiten der Missionsarbeit bei den germanischen Stämmen zu informieren. Anstelle einer brieflichen Antwort überbrachte ihm ein Bote die Einladung von Papst Gregor II. zur persönlichen Berichterstattung.

Bischof und Gesandter des Hl. Stuhles

Also brach Bonifatius noch im Herbst 722 mit einer Pilgergruppe nach Rom auf, um dem Papst über Missstände und Möglichkeiten einer geordneten Missionierung zu berichten. Daraufhin wurde er von Gregor II. zum Bischof geweiht. Bonifatius versprach dem Papst und seinen Nachfolgern Glaubenstreue, Gehorsam und, dass er keine Gemeinschaft haben werde mit Bischöfen, die