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Cyrill Harnischmacher, Autor des legendären Buchs "low budget shooting", zeigt in diesem Do-it-yourself-Ratgeber für Fotografen, wie Sie mit einfachen Mitteln und Materialien, die sich in jedem Baumarkt finden, Kameras selber bauen und Objektive verschiedenster Art adaptieren können. Erfahren Sie, wie sich digitale mit analoger Fotografie kreativ verbinden lässt und der Spaß am fotografischen Prozess nicht mehr auf Sekundenbruchteile reduziert wird. Wichtige Aspekte der im Buch vorgestellten Projekte sind der entschleunigte Umgang mit der analogen Technik und der Spaß am Basteln und Werken sowie die dadurch intensive Auseinandersetzung mit dem fotografischen Motiv.
Eindrucksvoll demonstriert der Autor, wie Sie Bildeffekte erzielen, die sich nicht mit Bildbearbeitung oder modernen Objektiven erzielen lassen. Entdecken Sie beispielsweise die Ästhetik karoförmiger "Unschärfekreise" des Color Agnar 1:2.8 /45 einer Agfa Silette LK oder das cremige Bokeh des Rodenstock Ysaron 1:4.5/90. Für Fotograf*innen mit einer Affinität zum Heimwerken eröffnet sich so ein breites Spektrum an Projekten und Ideen. In nachvollziehbar beschriebenen und bebilderten Schritt-für Schritt-Anleitungen führt Sie Cyrill Harnischmacher vom Ausgangsmaterial zum fertigen Werkstück und zeigt Ihnen, wie Ihnen damit spektakuläre und ungewöhnliche Fotografien gelingen.
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Seitenzahl: 188
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Cyrill Harnischmacher, Jahrgang 1963, studierte Freie Kunst und arbeitet als selbstständiger Graphiker für regionale und überregionale Kunden. Für Verlage ist er außerdem als Buchgestalter und Autor tätig. Er hat zahlreiche Fotofachbücher verfasst sowie herausgegeben und schreibt Artikel für Foto- und Computer-fachmagazine wie c’t Digitale Fotografie. Er ist Autor des legendären »lowbudget-shooting«. Beim dpunkt.verlag veröffentlichte er als Herausgeber »Die Wilde Seite der Fotografie« (zwei Bände) sowie als Autor das Buch »Makrofotografie«. www.chgrafik.de
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Cyrill Harnischmacher
Kameras selber bauen – Objektive adaptieren
Cyrill Harnischmacher
www.chgrafik.de
Lektorat: Rudolf Krahm
Lektoratsassistenz: Julia Griebel
Copy-Editing: Sandra Petrowitz
Satz: Cyrill Harnischmacher
Herstellung: Stefanie Weidner, Frank Heidt
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
Print978-3-86490-800-2
PDF978-3-96910-087-5
ePub978-3-96910-088-2
mobi978-3-96910-089-9
1. Auflage 2021
Copyright © 2021 dpunkt.verlag GmbH
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Für Urte, Tabea und Jona
Zeit ist ein existenzieller Bestandteil der Fotografie. Nicht allein im physikalischen Sinne, also der Dauer der Belichtung, in der das Licht auf den Sensor oder den Film trifft, um dort seine Spuren zu hinterlassen. Es ist schön, sich Zeit zu nehmen und den Umgang mit der Technik, aber auch die kreative Auseinandersetzung mit dem Motiv zu genießen. Und mal ehrlich, wer will schon, dass einem die Kamera den Spaß am Fotografieren auf wenige Sekundenbruchteile reduziert?
Zeit bedeutet aber auch Erinnerung an die Vergangenheit. Ich bin mit Kodak Retinette, Agfamatic und Revueflex aufgewachsen. Das Arbeiten mit alten Kameras, das Aussehen und die Haptik analoger Fotoapparate wecken bei mir Erinnerungen an meine ersten eigenen fotografischen Schritte.
Eine Zeitreise bis zu den Anfängen der Fotografie ist die in diesem Buch vorgestellte Cyanotypie-Kamera. Sie versetzt uns in eine Ära, als das Arbeiten mit einer Kamera noch experimentell war, und sorgt mit Belichtungszeiten von einer Stunde und mehr für eine deutliche Entschleunigung.
Nehmen Sie sich daher die Zeit und verwirklichen Sie Ihre eigenen Ideen zu Adaptionen, Modifikationen oder Eigenbauten.
Cyrill Harnischmacherim Oktober 2020
Die Welt durch eine andere Brille sehen
01 Optik-Know-how
Allgemeine Grundlagen
Lichtspektrum
Linsen
Brennpunkt
Brennweite
Bildentstehung
Blende
Schärfentiefe und Zerstreuungskreise
Bokeh
Aufnahmeformate
Bildkreis
Formatfaktor
Auflagemaß
02 Von Aluprofil bis Zwischenring
Werkzeug und Material
Ein paar Worte zur Sicherheit
Das richtige Werkzeug
Baumaterialien
Sauber arbeiten
DIY und Ästhetik
Geeignete Kameras und Objektive
Die Gewissensfrage
Bildqualität alter Objektive
Platzbedarf ermitteln
Adapter und Verbindungen
M42 als universelle Schnittstelle
Geklebte Verbindungen
03 Basisarbeiten
Tipps und Tricks
Mittelpunkt bestimmen
Schablone zum Zuschneiden verwenden
Gleich große Teile anzeichnen
Gleichmäßige Streifen schneiden
Profilleisten herstellen
Objektivdeckel exakt kürzen
Lichtlecks erkennen und beseitigen
Einen Balgen selber herstellen
Balgen konstruieren
Finalen Balgen falten
Konisch zulaufender Balgen
Fehler vermeiden
04 Balgenkameras der 30er- bis 50er-Jahre
Balgenkamera-Objektive adaptieren
Geeignete Basiskameras
Objektiv ausbauen
Der Aufbau des Adapters
Unterschiedliche Aufnahmetechniken
05 Sucherkameras der 50er- bis 70er-Jahre
Sucherkamera-Objektive adaptieren
High-End oder 70er-Jahre-Look
Kodak Retinette 1A
Agfa Silette LK sensor
Altix-N
Minox
Voigtländer Vitoret LR
06 Multishot-Kameras
Tilt-/Shift-Laufbodenkamera mit digitalem Rückteil
Holzarbeiten
Winkelschienen anpassen
Der Kamerabalgen
Das Objektiv
Digitales Rückteil
Das Mattscheibenmodul
Die Mattscheibe
Die Laufbodenkamera im Einsatz
Modulare Tilt-/Shift-Balgenkamera
Einsatzgebiete
Geeignete Objektive
Kameragestell bauen
Schlitten befestigen
Die Kamerabefestigung
Standarten anfertigen
Weitwinkelbalgen nähen
Endmontage
Alternative Varianten
Aufnahmen vorbereiten
Technische und kreative Möglichkeiten
Der Einsatz von Kleinbild-Objektiven
Standarte und Balgen
Vorteile und Einschränkungen
Panoramabox
Objektiv und Kamera auswählen
Das Gehäuse bauen
Die Rückwand
Der Schiebemechanismus
Die Montage der Kamera
Aufnahmen
Um 360 Grad drehbares Shift-Objektiv
Das Basisobjektiv
Objektivaufbau
Das Shift-Objektiv im Einsatz
Drehbares Weitwinkel-Shift-Objektiv für APS-C
Shift-Experimente
Multishot-Aufnahmen erstellen und stitchen
Aufnahmen erstellen
Stitchen
Automatisieren
Photoshop
Affinity Photo
Autostitch
07 Lochkameras
Rasierklingenblenden- und Multi-Lochkameras
Lochkamera-Fassungen und Kamera-Anschluss
Lochkamera mit Rasierklingenblenden
Schlitzkamera mit Rasierklingenblenden
Multiple Lochkameras
Flexible Lochkamera aus Super-8-Objektiv
Lochkamera-Aufnahmen
08 Spezielle Aufnahmetechniken
Um 360 Grad drehbares Tilt-Objektiv
Drehbarer Adapter
Tilt-Aufnahmen
Janpol-Color-Farbmischobjektiv
Individuell filtern
Mehrfachobjektive
Geteiltes Bild ist doppeltes Bild
Die Vierfach-Variante
Kreativer Spielraum
Digitale Slit-Kamera
Geeignete Kameras
Schiebevorrichtung mit Schlitzblende
Objektivhalterung und Kamera-Anschluss
Einstellschlitten mit Kurbelantrieb
Erste Aufnahmen
Effekte
Cyanotypie-Kamera
UV-Fotografie
Das richtige Objektiv finden
Die Kamera bauen
Sandwich-Bodenplatte
Aufnahmekassette und Mattscheibe
Die Standartenverstellung
Farbiger Balgen
Objektiv und Frontplatte
Abschließende Arbeiten
Cyanotypie-Aufnahmen
Digitale Entwicklung
09 Linsenexperimente
Mit und ohne Linsen experimentieren
Einzelne Linsen adaptieren
Lichtleck-Objektiv
Fresnellinse als Objektiv
Einzellinsen mit Blende versehen
Intuitives Tilt-Objektiv mit Nahlinse
Drehbare Effektblenden vor dem Objektiv
Drehbare Effektblenden hinter dem Objektiv
Projektor-Objektiv als Nahlinse
Freestyle
10 Einkaufstipps und Objektivtests
Einkaufstipps
Materialkauf
Kamerakauf
Objektivtests
Schlusswort
Seit der Einführung der spiegellosen Systemkameras, die über ein deutlich geringeres Auflagemaß als herkömmliche Spiegelreflexkameras verfügen, hat sich ein großer Markt für Adapter entwickelt. Es gibt daher kaum ein Wechselobjektiv, das sich nicht an einem der spiegellosen Systeme nutzen lässt.
In diesem Buch möchte ich noch einen Schritt weiter gehen und auch die Adaption von Objektiven aus den frühen Zeiten der Fotografie beschreiben, als Blende und Fokus noch per Hand eingestellt wurden und man den Verschluss manuell spannen musste. Darüber hinaus bieten auch viele Objektive aus Projektoren, Vergrößerern und sogar einzelne Linsen die Möglichkeit, die Vorteile digitaler Technik kreativ mit analoger Fototechnik zu verbinden – sei es über einen selbst gefertigten Adapter oder über eigens dafür gebaute Kameragehäuse. Dabei geht es nicht immer darum, Höchstleistungen aus den adaptierten Optiken herauszuholen. Auch das Unvollkommene hat einen besonderen Reiz und trifft die Stimmung, die man ausdrücken möchte, manchmal besser, als es mit modernen Objektiven möglich ist.
Ich hoffe, Sie haben Spaß beim Lesen dieses Buches und werden mit den eigenen Projekten, die Sie verwirklichen wollen, noch viel kreative Zeit verbringen. Es ist ein schönes Gefühl, eine Kamera in den Händen zu halten, die man selber gebaut hat, über die man viel nachgedacht hat und bei deren Entstehung man sich auch durch ein paar Probleme hindurchgekämpft hat.
High-Tech und Low-Tech miteinander verbinden, um etwas Eigenes und Persönliches zu schaffen, sich nicht nur auf das Konsumieren beschränken, sondern Hand anlegen und Dinge selbst gestalten: Auch das ist es, was ich mit diesem Buch vermitteln möchte.
Objektive berechnen und Kameras konstruieren ist nur etwas für High-Tech-Unternehmen – sollte man meinen. Doch angefangen hat alles mit Beobachtungen und Experimenten. Heute können wir auf das damals erarbeitete Wissen zurückgreifen und uns voll und ganz auf die kreativen Aspekte der Fotografie konzentrieren.
Auch wenn dies in erster Linie ein Do-it-yourself-Buch ist, ein wenig Theorie muss sein. Es soll aber nicht um komplizierte Berechnungen von Objektiven gehen, sondern ich möchte an dieser Stelle kurz die Basisinformationen zu den in diesem Buch beschriebenen Projekten vermitteln.
Das Spektrum des sichtbaren Lichts ist nur ein kleiner Teil der elektromagnetischen Strahlung, die auch Bereiche wie Gamma- und Röntgenstrahlung, UV- und Infrarotstrahlung, Radar und Rundfunkwellen umfasst. Der für die Fotografie relevante Teil, also der Teilbereich, der vom Sensor erfasst und in Bilddaten umgesetzt werden kann, entspricht in etwa dem für das menschliche Auge erfassbaren Bereich. Die Empfindlichkeit des Sensors einer Digitalkamera geht zwar im Prinzip auch in Teilbereiche des nahen Infrarot- und des UV-Lichts, diese Bereiche werden aber durch vorgeschaltete Filter in der Kamera ausgeblendet, da sie die Wiedergabe des Bildes im sichtbaren Bereich des Lichts ungünstig beeinflussen können.
Schickt man das weiße Tageslicht durch ein Prisma, wird es in die Spektralfarben zerlegt.
Linsen sind ein fast unverzichtbarer Bestandteil der Bilderzeugung in der Fotografie. Sie bestehen aus lichtdurchlässigen Materialien wie beispielsweise Glas oder Kunststoff. Unterschieden wird zwischen Sammellinsen und Zerstreuungslinsen. Sammellinsen sind in ihrer Mitte dicker als im Randbereich, Zerstreuungslinsen sind hingegen in der Mitte dünner. Dafür muss mindestens eine Oberfläche gewölbt sein. In der Fotografie eingesetzte Linsen sind in der Regel sphärische Linsen, das bedeutet, die Krümmung der Oberfläche entspricht dem Teil eines Kreises. Bei der Konstruktion von Objektiven werden oft mehrere Linsen miteinander kombiniert, um Abbildungsfehler zu vermeiden.
Der Brennpunkt einer Sammellinse ist der Punkt, an dem sich die von der Linse gebündelten Lichtstrahlen auf der optischen Achse schneiden.
Schematische Darstellung unterschiedlicher sphärischer Linsenformen. Sammellinsen: (1) bikonvex, (2) plankonvex, (3) konkavkonvex Zerstreuungslinsen: (4) bikonkav, (5) plankonkav, (6) konvexkonkav
Sammellinse (plankonvex): Parallel einfallende Lichtstrahlen werden an einem Punkt (Brennpunkt) gebündelt.Foto: Jonas Hiestand
Zerstreuungslinse (plankonkav): Parallel einfallende Lichtstrahlen werden gestreut.Foto: Jonas Hiestand
Der Abstand zwischen der Hauptebene einer Linse und dem Brennpunkt wird als Brennweite bezeichnet. Die Hauptebene kann bei einzelnen Linsen mit der Linsenmitte zusammenfallen.
Die Brennweite beschreibt die Entfernung zwischen der Hauptebene und dem Brennpunkt.
Die vom Motiv reflektierten Lichtstrahlen werden durch die Linse gebrochen und so auf die Bildebene, also den Film oder Sensor projiziert. Dort erzeugen sie im Brennpunkt ein spiegelverkehrtes und auf dem Kopf stehendes Abbild.
Die Blende eines Objektivs ist im Prinzip eine variable Öffnung, mit der sich die einfallende Lichtmenge steuern lässt. Dabei ist es zunächst einmal egal, welche Form die Blende besitzt. Die Blende beeinflusst zum einen die erreichbare Schärfentiefe, zum anderen durch ihre Form auch das Bokeh. In einem Objektiv besteht die Blende in der Regel aus mehreren Blendenlamellen, die sich ringförmig schließen lassen. Es gibt aber auch einfache Steckblenden, die gegeneinander ausgetauscht werden können, oder Blenden, die ihre Öffnung verändern, indem zwei Formen zueinander verschoben werden.
Das Bild des Motivs erscheint spiegelverkehrt und auf dem Kopf stehend auf dem Sensor bzw. dem Film.
Steckblenden haben den Vorteil, dass sie tatsächlich kreisförmig sein können, während eine variable Blende immer nur eine Annäherung an die ideale Kreisform ist.
Blenden, die durch das Verdrehen oder Verschieben zweier Formen zueinander funktionieren, sind einfach zu bauen, und man hat die Möglichkeit, durch unterschiedliche Grundformen Bildeffekte zu erzielen und somit das Bokeh zu beeinflussen.
Die Blende kann berechnet werden, indem man die Brennweite des Objektivs durch den Durchmesser der Öffnung teilt. Bei nicht kreisförmigen Blenden kann das natürlich nur eine Annäherung sein.
Wird ein Objekt scharf gestellt, werden diejenigen Punkte des Motivs auch als Punkte auf dem Sensor abgebildet, die exakt auf der Fokusebene liegen. Alle anderen Punkte des Motivs werden nicht punktförmig, sondern als mehr oder weniger große Scheiben dargestellt, sogenannte Zerstreuungskreise. Unser Sehvermögen nimmt diese zunehmend größer werdenden Scheibchen bis zu einem gewissen Grad noch als punktförmig und daher scharf wahr. Überschreitet die Größe des Zerstreuungskreises einen bestimmten Wert, werden die Bildpunkte vom Betrachter als unscharf interpretiert. Die Größe der maximal zulässigen Zerstreuungskreise hängt von der Größe des Aufnahmeformats ab.
Blenden lassen sich auf unterschiedliche Weise in der Größe verändern.(1) Einlegen unterschiedlich großer Blenden, (2) Verdrehen zweier Öffnungen gegeneinander, (3) Irisblende, Verdrehen mehrerer Segmente zueinander, (4) Verschieben zweier Formen gegeneinander
Je weiter die Blende geöffnet ist, umso kleiner ist der durch die Größe der Zerstreuungskreise bestimmte wahrnehmbare Schärfentiefebereich.
Die Form der Zerstreuungskreise wird von der Anzahl der Lamellen und dem Aufbau der Blende bestimmt.
Die Form der Zerstreuungskreise hat zwar keinen Einfluss auf die Schärfentiefe, aber dennoch auf die Ästhetik der Aufnahme. Ihre Form wird von der Blendenform und der Anzahl der Blendenlamellen bestimmt. Bei vielen Objektiven sind Zersteuungskreise sechs- oder achteckig oder wie zum Beispiel bei Spiegeltele-Objektiven ringförmig. Im Idealfall sind sie kreisrund. Diese eher subjektive Qualitätseinschätzung wird als Bokeh bezeichnet und bestimmt die Art des Übergangs zwischen den scharfen und den unscharfen Bereichen in einer Aufnahme. Das Bokeh ist mittlerweile auch ein Maßstab für die Abbildungsgüte eines Objektivs.
Das Aufnahmeformat ist die lichtempfindliche Fläche von Film oder Sensor. Die bekannten Bezeichnungen Kleinbild, Mittelformat und Großformat beschreiben Aufnahmeformate, die sich an gängigen Formaten der analogen Fotografie orientieren. Die Bezeichnungen sind allerdings etwas ungenau, denn es gibt noch eine Vielzahl von Zwischenformaten. Durch die digitale Fotografie sind mittlerweile noch kleinere Formate hinzugekommen, wie etwa Micro Four Thirds, aber auch einige Sensorformate bei Mittelformatkameras. Aus dem Aufnahmeformat kann man den Bildkreis ableiten, den ein für dieses Format entwickelte Objektiv mindestens hat. In diesem Buch finden Sie einige Projekte, die sich den teilweise enormen Unterschied der Aufnahmeformate zunutze machen.
Bildkreis, Aufnahmeformate und Formatfaktor:
Ein Objektiv mit einem Bildkreis, der das Format 6 × 9 ausleuchtet, lässt sich mit allen kleineren Sensor- bzw. Filmformaten nutzen. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass das Auflagemaß passt. Die farbigen Rahmen zeigen den erzielbaren Bildausschnitt beim entsprechenden Format (Formatfaktor).
Mittelformat 90,0 mm × 60,0 mm
Mittelformat 60,0 mm × 45,0 mm
Mittelformat 48,0 mm × 36,0 mm
Kleinbildfilm, Vollformatsensor 36,0 mm × 24,0 mm
APS-C (Sony, Nikon DX) 23,7 mm × 15,6 mm
Micro Four Thirds 17,3 mm × 13,0 mm
Bei einem für das Kleinbildformat gerechneten Objektiv kommt es beim Einsatz an größeren Formaten zu Abschattungen.
Mit einer Multishot-Kamera oder einem Shift-Objektiv lassen sich der größer Bildkreis auch komplett oder zumindest größtenteils an Kameras mit kleinerem Sensorformat nutzen.
Der Bildkreis eines Objektivs ist derjenige Bereich, den es ohne Abschattungen auf der Film-/Sensorebene ausleuchten kann. Der Durchmesser muss also mindestens der Bilddiagonale des Aufnahmeformates entsprechen. Um ein Objektiv als Shift-Objektiv oder an einer Multishot-Kamera nutzen zu können, muss der Bildkreis deutlich größer als das Aufnahmeformat sein.
Möchte man Objektive nutzen, die für ein anderes Aufnahmeformat gerechnet sind, passen Bildkreis und Sensor-/Filmformat nicht zusammen. Dadurch ergibt sich entweder ein zu großer Bildkreis, den man nur teilweise nutzen kann, oder ein zu kleiner Bildkreis, der das Aufnahmeformat nicht komplett ausleuchtet. Der Formatfaktor beschreibt das Verhältnis der unterschiedlichen Bilddiagonalen zueinander. Er lässt sich berechnen, indem man die Diagonale des größeren Formats durch die des kleineren Formats teilt.
Ein Beispiel: Die Diagonale des Kleinbild-Formats (Vollformat) beträgt 43,3 mm, die eines APS-C-Sensors 28 mm. Das ergibt einen Formatfaktor von 1,55.
Der früher weit verbreitete Ausdruck »Brennweitenverlängerung« trifft nicht ganz zu. Er suggeriert, dass sich die Brennweite durch den Formatfaktor ändert. Das ist aber nicht der Fall. Eine Aufnahme mit einem 200-mm-Teleobjektiv an einer APS-C-Kamera mit dem Formatfaktor 1,5 zeigt zwar in etwa den Bildausschnitt, den man mit einem 300-mm-Objektiv am Vollformat erreichen würde, es ist jedoch nur ein entsprechender Ausschnitt aus dem Bildkreis des 200-mm-Objektivs.
Das Auflagemaß beschreibt den Abstand zwischen dem Sensor der Kamera und der Auflagefläche des Objektivs am Kameragehäuse. Ist das Auflagemaß des zu adaptierenden Objektivs größer als das der Kamera, an die adaptiert werden soll, lässt sich das Objektiv adaptieren, ohne dass die Einstellmöglichkeit auf unendlich verlorengeht. Ist das Auflagemaß kleiner, lässt sich das Objektiv nur noch im Nahbereich fokussieren. Um diesen Nachteil auszugleichen, haben manche Adapterhersteller eine Korrekturlinse in den Adapter integriert, sodass trotz kleinerem Auflagemaß die Einstellmöglichkeit auf unendlich erhalten bleibt. Durch diese zusätzliche Linsenelement muss man aber mit einer Verschlechterung der Abbildungsqualität rechnen.
Ein Beispiel: Ein Nikon-Objektiv soll an eine Fujifilm-X-Kamera adaptiert werden. Das Auflagemaß für das Nikon-F-Bajonett beträgt 46,50 mm, das Auflagemaß des Fujifilm-X-Bajonetts beträgt 17,70 mm. Der Adapter darf also maximal eine Stärke von 28,8 mm haben, um eine Fokussierung auf Unendlich zu ermöglichen. Ist der Adapter kleiner, bleibt die Unendlich-Einstellung zwar erhalten, es kann aber nicht so weit im Nahbereich fokussiert werden.
Will man ein Minolta-MC/MD-Objektiv mit dem Auflagemaß von 43,5 mm an eine Nikon-Kamera adaptieren, fehlen 3 mm. Das Objektiv verliert die Einstellung auf unendlich. Das lässt sich zwar mit einem Adapter mit Korrekturlinse ausgleichen, hier leidet aber oft die Bildqualität. Auf Wikipedia findet man eine detailierte Aufstellung der Auflagemaße aller gängigen Kamerasysteme, sodass sich sehr komfortabel ermitteln lässt, welche Objektive sich an welche Kamerasysteme adaptieren lassen.
Das Auflagemaß ist der Abstand zwischen der Sensor- bzw. Filmebene und der Auflagefläche des Objektivs an der Kamera. Ist das Objektiv in diesem Abstand montiert, lässt es sich auf unendlich fokussieren.
Die Menge an Objektiven, die sich adaptieren lässt, ist schier unendlich und reicht von einfach über hochwertig bis hin zu exotisch. Um sie an einer modernen Kamera zu nutzen, muss eine Verbindung hergestellt werden, für die sich unterschiedliche Herangehensweisen anbieten. Welche Materialien geeignet sind, welches Werkzeug zum Einsatz kommt und auf welche Lösungen Sie setzen können, erfahren Sie in diesem Kapitel.
Mit einfachen Mitteln zum Ziel: Außer einem Akkuschrauber benötigt man am Anfang lediglich manuelle Werkzeuge.
Dieses Buch ist ein DIY-Buch. Damit die Projekte auch ohne großen Maschinenpark realisierbar sind, ist außer einem Akkuschrauber bzw. einer Bohrmaschine mit Bohrständer und einem kleinen Tellerschleifer nur Handwerkzeug zum Einsatz gekommen. Natürlich lassen sich manche Dinge, etwa die Objektivhalteplatten der Fachkamera, auch per Laser aus Aluminium schneiden oder Adapter für Sucherkameras mit einem 3D-Drucker anfertigen. Das ist für manchen auch die richtige Lösung. Persönlich finde ich es aber sehr spannend, so weit wie möglich manuell zu arbeiten.
Da sich die hier verwendeten Kartons und Kunststoffplatten relativ gut mit einem Cutter schneiden lassen, sollte ein Schneidelineal mit Fingerschutzkante zum Schutz der eigenen Finger nicht fehlen. Für den Notfall sollte man auch einen Erste-Hilfe-Kasten in greifbarer Nähe haben.
ACHTUNG: Keine Kameras mit integriertem Blitzgerät auseinanderbauen! Die Hochspannung im Kondensator des Blitzgerätes kann zu schwerwiegenden Verletzungen führen.
Viele der benötigten Werkzeuge finden sich ohnehin in den meisten Haushalten. Es sind also keine großen Investitionen notwendig, um mit der Arbeit zu beginnen. Wichtig zum Zerlegen von Objektiven und Kameras ist allerdings ein Objektivschlüssel. Dieses Werkzeug bekommt man relativ günstig im Internet. Ein Satz Uhrmacherschraubenzieher sollte auch nicht fehlen. Hier sollte man auf Qualität achten, da die sehr feinen Spitzen schnell abbrechen können. Investitionen, die sich lohnen, wenn man mit Holz arbeiten möchte, sind eine gute Japansäge und eine exakte, kleine Gehrungslade. Damit macht das Arbeiten wirklich Spaß, und die Ergebnisse überzeugen. Plant man umfangreichere Holzarbeiten, sind eine Standbohrmaschine und ein Tellerschleifer sinnvoll.
Uhrmacherschraubenzieher
Objektivschlüssel
kleine Zange
Filterklemmen
Cutter
Schneidelineal mit Fingerschutzkante
Kreisschneider
Stahllineal
Geodreieck
Bleistift
wasserfeste Stifte
Falzbein
Schneidematte
Japansäge
Akkuschrauber
Bohrer in unterschiedlichen Stärken
Senker
Gehrungslade
Schleifpapier ca. 80er bis 1200er
Leimzwingen
Metallfeilen
kleine Metallsäge
Stufenbohrer
Kosmetikpinsel
Blasebalg
fusselfreie Tücher
Glasreiniger
Isopropylalkohol
Wattestäbchen
Kunststoffkleber
Zwei-Komponenten-Kleber
Sekundenkleber
Holzleim
Allzweckkleber
Doppelklebeband
Lackierpinsel
feine Pinsel zum Ausbessern
Stahlwolle (Sorte 000)
Bei der Wahl des Materials für Adaptionen und Kamerabau gibt es heutzutage eine relativ große Auswahl an unterschiedlichsten Werkstoffen. Bei der hier zusammengestellten Auswahl habe ich besonderen Wert auf die einfache Verarbeitbarkeit, aber auch auf möglichst geringes Gewicht gelegt.
Durchgefärbte, schwarze Kartons in einer Stärke von 2 bis 3 mm sind stabil, lassen sich gut mit einem Cutter schneiden und einfach verkleben. Durch das geringe Gewicht eignen sie sich auch für größere Konstruktionen. Man findet sie unter der Bezeichnung »Präsentationskartons« im grafischen Fachhandel.
Schwarzes Tonpapier mit einem Gewicht von ca. 170 g/m2 ist eine gute Basis für Balgenkonstruktionen. Farbige Balgen sehen extravagant aus, müssen aber innen noch geschwärzt werden. Geprägte Papiere gibt es in unterschiedlichen Ausführungen als Lederimitat oder mit geometrischen Strukturen. Interessante Varianten finden sich im Bereich Buchbinderbedarf unter dem Begriff »Eidechsenpapier«.
Ein Nachteil von Karton und Papier ist allerdings, dass sie empfindlich gegen Feuchtigkeit sind. Sie sollten daher eventuell noch mit Klarlack überzogen werden.
Kunststoffplatten gibt es in unterschiedlichen Stärken. Ihr Vorteil: Sie sind sehr formstabil und wasserfest. 3 mm starke Platten findet man unter der Bezeichnung PVC-Hartschaumplatte in vielen Baumärkten. Sie lassen sich problemlos mit einem scharfen Cutter bzw. mit einem Schneidezirkel in die gewünschte Form bringen, sind aber etwas druckempfindlich.
Für kleinere Teile lassen sich die Rückseiten von CD-Trays verwenden. Dünne Gummimatten und Moosgummi eignen sich, um Lichtdichtungen herzustellen. Kunststoffprofile lassen sich als Führungsschienen oder als Abschlussprofile einsetzen.
Holz ist ein universeller Werkstoff, der sich einfach bearbeiten lässt und attraktiv aussieht. Gut geeignet sind dünne Leisten aus Buche oder Nussbaum, die man zu Platten oder individuellen Profilen zusammenleimen kann. Zusammen mit dünnen Furnieren als Zwischenlage lassen sich so reizvolle Oberflächenstrukturen erstellen.
Sperrholz eignet sich zum Bau größerer Gehäuse. Die Oberfläche kann lackiert oder furniert werden. Während Pappel-Sperrholz sehr leicht ist, haben Sperrholzplatten aus Birke, Kiefer oder Buche eine sehr hohe Stabilität. Ab einer Stärke von 12 mm und mehr als fünf Furnierlagen bezeichnet man den Werkstoff als Multiplex. Diese Platten eignen sich beispielsweise als Grundplatte für eine Laufbodenkamera.
Zur Anfertigung eines Weitwinkelbalgens habe ich schwarzen Softshell verwendet. Er ist leicht dehnbar und in einer stärkeren bzw. auf der Innenseite aufgerauten Qualität auch hinreichend lichtdicht.
Tolex ist ein Bezugsstoff, der oft zum Beziehen von Gitarrenverstärkern und Flightcases verwendet wird. Er ist deutlich strapazierfähiger als Kunstleder und nicht nur in Schwarz erhältlich. Schlangenleder- und Tweedimitat, verschiedene Farben und Oberflächenprägungen lassen kaum Wünsche offen, wenn man nach einem besonderen Material für das Finish eines Kameragehäuses sucht.
Kunstleder gibt es ebenfalls in vielen interessanten Varianten. Es ist jedoch etwas dicker mit einer weicheren Oberfläche.
Aluminiumprofile finden sich in so gut wie jedem Baumarkt in den unterschiedlichsten Formen und Längen. Sie lassen sich mit einer Metallsäge auf die gewünschte Länge kürzen. Besonders interessant sind C-Profile, die sich einfach als Führungsschienen einsetzen lassen.
Systemprofile werden beispielsweise für die Rahmenkonstruktion von 3D-Druckern, aber zum Teil auch für ganze Fertigungsstraßen eingesetzt. In diesem Buch bilden sie zum Beispiel die Basis für eine Shift-/Tilt-Kamera. Es gibt sie in unterschiedlichen Stärken. Durch die genormte Nut und passende, »Nutensteine« genannte Muttern lassen sich die Profile verbinden bzw. mit Anbauteilen versehen. Weiteres Zubehör sind Scharniere, Endkappen, Eckverbinder usw. Diese Profile bezieht man am einfachsten über das Internet. Viele Lieferanten bieten übrigens auch einen millimetergenauen Zuschnitt an, den man nutzen sollte.