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Irgendwie mögen ihn alle - ja, selbst seine Gegner bewundern ihn. Helmut Schmidt, "Mr. Klartext", wird nicht nur aus thematisch-sachlichen Gründen geschätzt, sondern auch emotional, vor allem für seine Eigenwilligkeit: Heftiges Rauchen in die Fernsehkameras, dabei schnoddrig Fragen beantwortend, das ist der Schmidt, wie wir ihn kennen und lieben. Inzwischen fast schon zum Tabu geworden, drückt ausgerechnet das Rauchen Schmidts populären Widerstand gegen den Zeitgeist aus. Der heute über 90-jährige gilt denen, die ihn noch als Kanzler erlebten, als ein politisch Weiser. Für alle anderen ist er längst "Kult". In Helmut Schmidt finden wir alles, was wir politisch wollen und derzeit nicht bekommen: Mut, Aufrichtigkeit, Einsatzwillen, Überparteilichkeit, Führungsstärke, Selbstlosigkeit.
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Seitenzahl: 243
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Martin Rupps
Helmut Schmidt – Der letzte Raucher
Ein Porträt
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2011
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Datenkonvertierung eBook: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN (E-Book) 978-3-451-33655-3
ISBN (Buch) 978-3-451-30419-4
Und ich mach’ mein Ding, egal, was die ander’n sagen.
Udo Lindenberg, „Mein Ding“
(auf der CD „Stark wie Zwei“), 2008
Nach jedem Fernsehgespräch mit Helmut Schmidt hagelt es Post an die zuständige Redaktion. Er hat während der Sendung scharfsinnig und pointiert Themen der deutschen und internationalen Politik analysiert, nichts und niemanden mit Lob und Spott verschont. Er trat rhetorisch brillant auf. Und er rauchte dabei.
„Ist es möglich, eine Aufzeichnung der Sendung von heute Abend zu erhalten?“, fragt dieses Mal Francesca P., und viele Zuschauerinnen und Zuschauer teilen – wie immer – ihren Wunsch. „Hier möchte ich mich für eine wunderbare Sendung bedanken“, schwärmt Eberhard L., „eine ganz tolle Sache und was für ein Mann – Herr Schmidt. Vielen Dank, ich bin Stunden später immer noch völlig in den Bann gezogen.“
Einspruch gibt es nicht gegen den Politiker Helmut Schmidt, sondern nur gegen den Raucher, der das Studio während der 45 Minuten Sendezeit in dichten Nebel hüllte.
„Es mag ja durchaus sein und ist auch wohl unumstritten, dass Herr Schmidt als einer der herausragendsten Politiker anzusehen ist, doch das ständige Rauchen während des Gesprächs“, beschwert sich Reinhard B., „und sein Raucherhusten waren eine Zumutung für alle Zuschauer und eine – wie ich finde – deprimierende Darstellung des ehemaligen Bundeskanzlers.“
Zuschauerreaktionen wie diese treffen vielfach ein.
Interviews mit Helmut Schmidt gehören zu den letzten Highlights im deutschen Fernsehen. Unzählige Interessierte kreuzen schon Tage vorher, wenn sie das Programmheft der folgenden Wochen durchblättern, die Gesprächssendung mit Helmut Schmidt rot an. Für diesen Abend nehmen sie sich nichts anderes vor. Sie werden gebannt vor dem Fernseher sitzen, wenn der Altbundeskanzler spricht. Und dabei raucht wie ein Schlot.
Ist der Tag der Ausstrahlung gekommen, enttäuscht Helmut Schmidt die Erwartungen seiner Zuschauerinnen und Zuschauer nicht. Er wägt seine Worte und schnauft dabei, er schnupft und faucht. Er hustet und raucht. Er sinniert vor sich hin, fällt messerscharfe Urteile und blafft, wenn er es für richtig hält, die Gesprächspartnerin oder den Gesprächspartner harsch an. Seine Antworten wirken nie geprobt, wie bei den Berliner Politikern unserer Zeit. Helmut Schmidt scheint um jedes treffende Wort aktuell zu ringen, auch wenn er eine Frage schon oft gehört und beantwortet haben mag. In seinen Kunstpausen sammelt er Kraft und Gedanken für den nächsten, gelingenden Anlauf. Dann nimmt er sich Zeit zur Erklärung der Welt im Allgemeinen und der Bundesrepublik, die ihm so sehr am Herzen liegt, im Besonderen. Die Dinge sind zu kompliziert, um sie in zwei, drei knappe Sätzen zu packen. Helmut Schmidt fasst den Sachverhalt in so viele Sätze, wie dafür nötig sind, und drückt sich gleichwohl – oder gerade deshalb – stets präzise und auf den Punkt aus.
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