HENRIETTE - Ludwig Rellstab - E-Book
SONDERANGEBOT

HENRIETTE E-Book

Ludwig Rellstab

0,0
1,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 0,00 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

In seinem Werk 'HENRIETTE' entführt uns Ludwig Rellstab in die Welt des 19. Jahrhunderts, in der die junge Henriette ihren Platz in der Gesellschaft sucht. Der Roman besticht durch seinen detaillierten historischen Hintergrund und den einfühlsamen Schreibstil des Autors, der die Leser in die Gedankenwelt seiner Protagonistin eintauchen lässt. Rellstab gelingt es, die gesellschaftlichen Normen und Einschränkungen dieser Zeit gekonnt darzustellen und thematisiert gleichzeitig zeitlose Fragen nach Identität und Selbstbestimmung. Mit 'HENRIETTE' schafft der Autor ein Werk, das nicht nur als literarisch herausragend, sondern auch als historisch bedeutsam betrachtet werden kann. Ludwig Rellstab zeigt sich hier als Meister seines Fachs, der gekonnt die Zwänge und Freiheiten seiner Figuren zur Geltung bringt. Ludwig Rellstab, selbst ein angesehener Schriftsteller und Historiker seiner Zeit, greift in seinem Roman 'HENRIETTE' auf sein umfangreiches Wissen über die Epoche des 19. Jahrhunderts zurück. Als Zeitzeuge und tiefgründiger Denker bringt er eine einzigartige Perspektive in das Werk ein, die es zu einem fesselnden und außergewöhnlichen Leseerlebnis macht. Rellstabs Hingabe zur historischen Genauigkeit und seine feinfühlige Darstellung der menschlichen Psyche machen 'HENRIETTE' zu einem Werk, das nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt. Für Leser, die sich für historische Romane und psychologisch komplexe Charaktere begeistern können, ist 'HENRIETTE' von Ludwig Rellstab ein absolutes Muss. Tauchen Sie ein in die Welt des 19. Jahrhunderts und begleiten Sie Henriette auf ihrer Reise zu persönlicher Freiheit und Selbstbestimmung. Rellstabs Werk begeistert nicht nur durch seine sprachliche Finesse, sondern auch durch seinen tiefgründigen Inhalt, der noch lange nach der Lektüre im Gedächtnis bleibt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ludwig Rellstab

HENRIETTE

Eine Geschichte unserer Tage

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-0327-7

Inhaltsverzeichnis

1. Die Abendgesellschaft.
2. Die Urtheile.
3. Kabale und Liebe.
4. Henriette.
5. Der Hanswurst. Der Recensent.
6. Lord Monday. Die Arche Noah. Der Regenbogen. Das Duell. Die Ohnmacht.
7. Die ausgewetzte Scharte. Das Krankenzimmer.
8. Bekenntnisse.
9. Pläne für die Zukunft. Die Rechtfertigung.
10. Die Epigrammatisten. Die Ausforderung.
11. Lord Mondays Vorschlag. Das Duell. 
12. Die Landparthie.
13. Die Wette. Die Ankommenden. Das Mittagessen.
14. Spiele auf der Wiese. Die Wasserfahrt.
15. Die Entdeckungen. Die Maskerade.
16. Trübe Wolken. Die verschmähten Liebhaber.
17. Das Concert. Graf Klammheim. Absagebriefe.

1. Die Abendgesellschaft.

Inhaltsverzeichnis

Sie Oper wär zu Ende. Doch der rauschende Beifall, der die Talente der jungen Sängerin Henriette, die als neu engagirtes Mitglied zum erstenmal aufgetreten war, anerkennend ehren sollte, schien kein Ende nehmen zu wollen. Immer neu wiederholte sich das schallende Getöse tausend bewegter Hände, und dazwischen tönte der unablässige Ruf des Namens der Schönen. Endlich rollte der Vorhang wieder auf; die Holdselige erschien in aller der Anmuth, durch die sie den ganzen Abend über entzückt hatte. Gegen den Lärmen, der sich jetzt erhob, war das vorige Getöse eine Todtenstille zu nennen. Jeder überließ sich dem lautesten Ausbruch seines Entzückens. Die junge Sängerin allein kam nicht zu Worte, und mußte mir stummen Verbeugungen zurücktreten; doch ihre vor Freude glänzenden Blicke sagten deutlich, was sie empfand. Allein fast noch deutlicher sprachen die Blicke sämmtlicher jungen und alten Herren im Schauspiel; keiner, dem nicht der Liebesgott spöttisch aus den Augen gesehen hätte. Sogar der alte Feldmarschall von Rauwitsch, auf dessen unter Feldzügen ergrautem Haupt kaum noch einiges Haar zu zählen war, sogar der schien noch im späten Alter von einem Pfeil getroffen worden zu seyn, gegen den er sich vielleicht zu sicher gepanzert glaubte. Denn nicht nur die Brust hatte er mit hartem Erz gegen Amors Schüsse zu waffnen gesucht, nein, seine Vorsicht ging weiter, sogar das Gesicht, die Nase nicht ausgeschlossen, hatte er mit Bachus Hülfe, der in Kupfer besser zu arbeiten versteht, als Vulkan, mit einem purpurartigen Ueberzug jenes röthlichen Metalles gedeckt. Die Augen, um auch dort sicher zu seyn, hatte ihm derselbe gütige Gott Bachus verglasen helfen. Doch Amor, der Allianz spottend, war dennoch durchgedrungen; wie, das wissen die Götter; allein unbezweifelt war es, denn der Adjudant hörte den Marschal im Heraustreten aus der Loge sagen: „Drei Tage wollte ich keinen Pontac riechen, wenn ich einen Kuß von dem kleinen Teufelskind dafür einhandeln könnte.“ Und einen höhern Schwur that er nie. Aehnlich war es dem Major Kegelino ergangen, der, auf dem Casino fast eingerostet, sich diesmal doch hatte überreden lassen, die Parthie zu versäumen und die Oper zu verträumen. Denn gehört hatte er wahrscheinlich nichts, so hatte die junge reizende Sängerin ihn verblendet, ja betäubt. Als er in den Wagen stieg, rief er dem Kutscher zu: „Nach dem K— Theater“ aus dem er nämlich eben kam; so beschäftigte ihn der Gedanke, die auf den folgenden Tag angesetzte Wiederholung des Stücks ja nicht zu versäumen. Doch der Kutscher, der wohl merkte, wie es mit dem Herrn stand, fuhr ihn in die L— Straße vor sein Haus, und hatte die Absicht des Majors richtig errathen.

Noch mehr als diese aber waren zwei Königliche Räthe, Hemmstoff und Wicke, innige Freunde durch kunstverwandte Gesinnung und theaternachbarliche Gewohnheit des Daseyns und des Klatschens, noch mehr, sag ich, waren diese von der Wundererscheinung entzückt. Wicke ließ sein schwärmerisches Auge noch einmal auf dem gefallenen Vorhang weilen; dann sprach er: „Freund, was ist das Leben ohne Liebesglanz!“ O wie versteh ich jetzt den zarten sinnigen Dichter! „Wahr, sehr wahr!“ entgegnete Hemmstoff, und suchte vergeblich mit der Hand durch das Scheitelhaar zu fahren; (denn die Sense der Zeit hatte ihm diese stattliche Zierde abgemäht, und nur aus alter Gewohnheit machte er noch diese Bewegung nachlässiger Eleganz) „wahr, sehr wahr spricht der Dichter. O ich fühle einen verdammten Hunger. Essen wir unten in der Restauration, oder wo anders?“ „Unten lieber,“ entgegnete Wicke mit schmelzender Stimme, „denn es sind, wie ich höre, frische Austern angekommen. Ach was ist die Liebe für ein süßes Ding!“ So schritten die Freunde hinab in die Restauration. Nicht sie allein, sondern auch viele andere junge Bewohner der Residenz fühlten sich durch die Oper so angegriffen, daß sie der Hülfe des Restaurateurs bedurften. Alle Tische besetzten sich schnell, und auch der, an welchem Hemmstoff und Wicke Platz nahmen, füllte sich bald mit Bekannten verschiedenen Alters und Standes. Neben unsren Freunden rechts saß ein schon ältlicher französischer Abbe, der, ein wahrer Trost für Hemmstoff, noch stärkeren Mondschein von seiner Scheitel herableuchten ließ, als dieser. Der Abbe, nach Art der französischen Geistlichen, ein jovialer freidenkender Mann, war durch die klösterliche Erziehung den Freuden des Lebens keinesweges abgestorben, sondern liebte Wein, Gesang und Austern über alles. Auch der dritte Artikel des Lutherischen Katechismus schien ihm nicht unbekannt, viel weniger unangenehm zu seyn. Das zeigte die Begeisterung, in die ihn die junge Sängerin versetzt hatte. „Ah mon Dieuqu'elle est belle,“ rief er aus und wandte sich zu Hemmstoff, „conseiller, l'avez vous ya?“ „Quoidone, Monsieur L'abbé,“ entgegnete der Rath. „Quoi?“ fuhr der Abbe zurück , „son porte bras delicieux, et quans elle se tourne — vous m'entendez! — Garcon, une bouteille de Champagne!“ „Mir auch,“ rief der Rath. „Auf das Wohl der Sängerin!“ — Indessen haben wir Muße, den übrigen Theil der Gesellschaft zu betrachten. Der Nachbar des Abbe war ein großer magerer Mann im blauen Frack mit einem Ordenkreuz im Knopfloch. Sein graues, jedoch zierlich frisiertes Haar stach wunderlich gegen das rothe, runzlige, in tausend Falten gekniffte Gesicht ab, welches deutlich zeigte, daß der Inhaber schon über die sechzig hinaus seyn müsse; allein er suchte sich noch immer wie ein Elegant von fünfundzwanzigen zu betragen. Eine Doppel-Lorgnette hatte er beständig um seinen Hals, ein Perspectiv in der Hand, und die Crawatte saß ihm, wie einem Engländer, der aufs Continent reist, und im Ausland für einen Gentlemann erster Classe gelten will. Man titulirte ihn Obrist-Lieutenant. Er schien sich das Ansehen eines sehr bedeutenden Mannes geben zu wollen, denn er sprach kurz und undeutlich, als wenn er es eben nicht der Mühe werth halte, den Fragenden verständlich zu antworten. Ein Glück war es daher, daß der Regisseur des Theaters, ein junger liebenswürdiger Mann von gefälligem Wesen, neben ihm saß. Denn natürlich ergingen alle Fragen in Betreff der Sängerin an diesen, und der lange Ritter im blauen Frack konnte schweigen so viel er wollte. Noch mehr aber schwieg ein junger Mann von interessantem Aeussern, der am Ende des Tisches saß, seinen Wein für sich trank, die übrigen Gäste nach der Reihe betrachtete, und nicht unaufmerksam auf ihr Gespräch zu seyn schien, wie wohl er sich nicht darein mischte. Er mußte nicht aus der Residenz gebürtig, und wahrscheinlich auch erst seit kurzem anwesend seyn, denn kein einziger der genannten Tischgäste, die sonst jedermann kannten, wußte, wer er war. Und doch schien sein Aeußeres so viel zu versprechen, daß man es der Mühe werth halten durfte, näher mit ihm bekannt zu werden.

Das Gespräch richtete sich natürlich auf den Gegenstand, der das Entzücken des heutigen Abends gewesen war. Alle waren einstimmig darin, daß die Sängerin unübertrefflich sey, doch ein jeder wich darin von dem andern ab, daß man sich nicht einigen konnte, worin eigentlich ihre höchste Vollkommenheit bestünde. So waren diese im Grunde gleichgesinnten Bewunderer fast in Streit gerathen, denn alle zugleich suchten ihre Meinung durch die triftigsten Gründe, vorzüglich aber durch möglichstes Schreien zu beweisen. Doch das Getümmel unterbrach sich plötzlich, denn der junge Mensch am Ende des Tisches, der der Thür gegenüber saß, und von seinem Platz auf den Corridor hinaus sehen konnte, stand unvermuthet auf, und verbeugte sich gegen die Thür. Die Gesellschaft wurde aufmerksam und sah nach der Gegend, wohin der junge Mensch gegrüßt hatte. Und siehe da, die schöne Sängerin ging eben vorüber, und schien den jungen Mann recht freundlich wieder zu grüßen. Die Gesellschaft erstaunte, Einige machten Miene, schnell hinauszugehen, um den Anblick der reizenden Gestalt noch einige Augenblicke länger zu genießen; das hatten auch schon viele junge Stutzer gethan, und drängten, sich ziemlich unartig um das lieblich erröthende Mädchen. Verlegen sah sie sich nach dem Direktor Brückbauer, der ihr folgte, um; dieser sprang dienstbeflissen vor, bot ihr seinen Arm, und sprach mit seiner etwas schnarrenden Stimme: „Erlauben Sie, meine Allertheuerste, daß ich Sie an den Wagen führe.“ Sie reichte ihn, graciös die Hand und verschwand den Blicken unsrer Gesellschaft.

2. Die Urtheile.

Inhaltsverzeichnis

Diese durch den unvermutheten reizenden Anblick aufs neue lebhaft aufgeregt, schrie jetzt noch toller durch einander als vorher. Da pochte der Regisseur auf den Tisch und rief; „Meine Herrn, erlauben Sie, daß ich meine Amtsrolle heut auch noch nach der Vorstellung fortsetze. Wir machen uns heiser und hören einander doch nicht. Ich kann betheuern, ich weiß eben so gut, was der große Mogul von unserer Sängerin denkt, als was einer der Herrn gesagt hat. Vielleicht sind wir alle aufs Haar derselben Meinung, und haben uns ganz umsonst erhitzt. Wenn Sie erlauben, mache ich den Anfang, und gebe meine Ansicht; dann folgt der Herr Obrist-Lieutenant und sofort der Reihe nach.“ Alle waren es zufrieden, und der Regisseur begann:

„Ich muß etwas weit ausholen, um zum Resultat meiner Gedanken über unsere himmlische Sängerin zu gelangen. Sie erinnern sich noch alle, meine Herren, jener unruhigen, heftig bewegten Zeit, wo die Erwartung in unserer Brust aufs höchste gespannt war, ob das theure Kleinod, welches wir jetzt besitzen, das unsre werden würde, oder nicht. Ich war, wie Sie wissen, endlich der Glückliche, dem es gelang, dieses Palladium in die Mauern unsrer Stadt zu führen. Doch nicht ohne Mühe. Denn erstlich fand ich schon bei meiner Abreise Hindernisse von Wichtigkeit. Als ich einen Paß nach Sachsen forderte, wurde er mir verweigert, denn es waren in diesen Tagen so viele unseres bedeutendsten Banquiers und Geschäftsmänner nach L. gereist, daß die Regierung, aufmerksam dadurch gemacht, eine staatsgefährliche Verbindung fürchtete, und bis auf weiteres das Ertheilen der Päße nach L. untersagt hatte. Nur mit Mühe gelang es mir endlich, die Nützlichkeit meines Reisezwecks für den Staat zu erweisen. Ich reiste. Doch ein neues Hinderniß find ich am Thor von L***. Dort nämlich erblickte ich einen der thätigsten Beschützer unsers Theaters in gefänglicher Haft; er schrie aus dem Fenster der Thorwache kläglich zu mir um Hülfe.

Was konnte die Ursache dieser Einkerkerung seyn? Ich halte,bestürme den Stadtsoldaten, der vor schrecken sein Strickzeug fallen läßt und nach dem Gewehr greift, dringe in den Kerker, und hasche nach der Ursach dieser empörenden Mißhandlung eines solchen Kunstgönners. „O Freund,“ sprach dieser, „ich würde mein Geschick für unerträglich, ja hoffnungslos halten, wenn ich es nicht Vetter Kukuk, jenem redlichen Brautwerber theilte. Denken Sie sich meinen Unfall. Sie wissen, daß viele unserer Kaufgenossen hochtönende Namen, entlehnt von den Thieren des Waldes, führen. Diese alle sind als Bewerber um die göttliche Sängerin vor mir einpaßirt. Der Thorwächter notirte zuerst lächelnd den Namen Gans, logirt im Hotel de Baviere; dann folgte Hirsch mit gleicher Wohnung, worauf der Pförtner abermals lächelte und sprach: „Die Tafel im Hotel de Baviere wird gut besetzt!“ Darauf kam unser edle Wolf an, und der Wächter zog ein bedenkliches Gesicht, ließ in jedoch frei gleichfalls ins Hotel de Baviere laufen. Jetzt fuhr unser großer Bär vor. Den schnaubte aber der Thorwart grimmig an und rief: ,Was? Wieviel Thiere wollen denn die holde Sängerin zerreißen? Fort in den Käfig mit dir!‘ Doch der Bär, vermöge seiner Stärke, riß sich los. Als nun aber ich, der Eber, herannahe, faßt mich der Wächter roh und kalt, und bändigt mich durch Kerkergewalt!“

Da rief ich, wie Sie sich vorstellen können, meine Herren, begeistert aus:

„Aus diesen Fesseln macht dich Gold frei, So wahr ich heiße Carl von ***,“ [Holtei]

gab dem Stadtsoldaten einen Species und befreite den gefangenen Mäcen.