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Alle kennen die Bergpredigt. Eigentlich. Schließlich ist sie die wohl berühmteste Predigt in der Bibel. Zugleich zählt sie zu den umstrittensten Texten, wenn es darum geht, wie sie zu verstehen ist. Verkündet Jesus darin eine Botschaft für die ersten Jünger? Eine unerreichbare Utopie für eine ferne Zukunft? Oder gibt er auch uns heute Handwerkszeug, damit die Welt sich ändert? Wilhelm Faix versteht den Text nach vorne gerichtet für heutige und zukünftige Generationen und ermutigt seine Leser:innen, sich der Herausforderung Bergpredigt zu stellen. Dafür gibt er hilfreiches Hintergrundwissen weiter sowie eine verständliche Vers-für-Vers-Auslegung, bei der es stets um die Anwendung auf die Gegenwart geht: Wie kann die Bergpredigt für uns lebbar werden? Und welchen Auftrag enthält sie für Gemeinden vor Ort? Neben einer spannenden Auslegung mit neuen Perspektiven für ein begeisterndes, gelebtes Christsein ist das Buch vor allem eins: eine Einladung zum Weiterdenken. Denn es sind die Fragen und Gesprächsanregungen am Ende jedes Kapitels, die es besonders herausfordernd und praktisch werden lassen. Wer sich persönlich oder gemeinsam in Hauskreis oder Gemeindegruppe mit diesem zentralen Bibeltext auseinandersetzen will, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Auch alle, die neue Impulse für Andachten oder Predigt zu diesen Bibelversen suchen, werden hier fündig.
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Seitenzahl: 294
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Nicht gekennzeichnete Bibelverse wurden vom Autor selbst übersetzt, die anderen stammen aus folgenden Übersetzungen:
DBU Das Buch. Neues Testament, Psalmen, Sprichwörter – übersetzt von Roland Werner © 2022 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Holzgerlingen.
ELB Elberfelder Bibel 2006, © 2006 by SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Witten/Holzgerlingen.
GNB Gute Nachricht Bibel, durchgesehene Neuausgabe, © 2018 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
HFA Hoffnung für alle®, © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc. Verwendet mit freundlicher Genehmigung von 'fontis - Brunnen Basel. Alle weiteren Rechte weltweit vorbehalten.
LUT Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
NeÜ Neue evangelistische Übersetzung, © 2023 by Karl-Heinz Vanheiden (Textstand 2023.06)
NGÜ Bibeltext der Neuen Genfer Übersetzung - Neues Testament und Psalmen. Copyright © 2011 Genfer Bibelgesellschaft. Wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung. Alle Rechte vorbehalten.
ZB Zürcher Bibel ©2007, 2019, Theologischer Verlag Zürich.
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Lektorat: Hauke Burgarth, Pohlheim
DTP: Burkhard Lieverkus, Wuppertal
Verwendete Schriften: Chaparral, Myriad
eBook: PPP Pre Print Partner GmbH & Co. KG, Köln, www.ppp.eu
ISBN 978-3-7615-6953-5 Print
ISBN 978-3-7615-6954-2 E-Book
www.neukirchener-verlage.de
Für Barbaraund unsere Kinder, Schwiegerkinder und EnkelTobias und Christine mit Aimeé und Lilly,Rebekka und Stefan,Sara und Roland.
Vorwort
Kein anderer Text der Bibel hat die Menschheit so stark beschäftigt wie die Bergpredigt. Die Veröffentlichungen dazu sind kaum zu übersehen. Ich beschäftige mich seit mehr als 50 Jahren mit der berühmtesten Predigt der Bibel. Gibt es da noch etwas Neues zu entdecken? Ganz sicher, weil Gottes Wort nie fertig verstanden und ausgelegt werden kann. Immer noch ist die Bergpredigt das, was im Titel anklingt: eine Herausforderung. Wie die Auslegungsgeschichte der Bergpredigt zeigt, wurden immer wieder andere Schwerpunkte im Verstehen gelegt. Es gilt darum stets neu zu fragen: Welche Bedeutung hat sie für uns heute?
Natürlich kann man überlegen: Warum muss Gottes Wort immer neu für die Gegenwart ausgelegt werden? Der Grund ist ganz einfach: Weil Gottes Wort von jeder Generation neu gelesen und verstanden werden will.
Mein Ziel der Auslegung ist es, neben einer gründlichen exegetischen Arbeit am Text Folgerungen für das gegenwärtige Christen- und Gemeindeleben zu ziehen. Die Auslegungsgeschichte der Bergpredigt zeigt uns, dass sie ganz unterschiedlich verstanden werden kann. Ich stimme August Strobel zu, wenn er schreibt: „Das Zeugnis der Bergpredigt ist wie jedes Wort Jesu durch und durch lebensnah und praktikabel. Es ist auf Verwirklichung hin gesprochen, und es wäre verfehlt, wenn Christen auch nur die geringsten Einschränkungen vornehmen würden.“
Ich möchte mit dieser Auslegung den Text für den Alltag des christlichen Lebens fruchtbar machen, darum befinden sich am Ende jedes Abschnitts Fragen, die zur persönlichen Reflexion, als Grundlage für die Verkündigung und für das Gespräch im Hauskreis und anderen Gruppen dienen sollen. Ich bin überzeugt, dass auch für das Verständnis der Bergpredigt gilt, was Jesus grundsätzlich für die Bedeutung der Schrift sagt: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ (Jh 7,38)
Mit Anmerkungen bin ich sparsam umgegangen. Der Text spricht für sich. Wer tiefer in die Thematik einsteigen möchte, wird in den Endnoten am Schluss jedes Teils fündig und vor allem in der Literaturliste am Buchende. Der Fachmann wird anhand dieser Liste leicht erkennen, wie stark mir die verschiedenen Auslegungen geholfen haben, die einzelnen Texte besser zu verstehen und für die Gegenwart auszulegen.
Mögen diese Ausführungen zu einem Impuls und zur Inspiration für ein kraftvolles und begeisterndes Christenleben in der Gemeinde und im gesellschaftlichen Alltag werden. Damit die Welt sich ändert …
Adelshofen, im Mai 2023
Wilhelm Faix
1. Teil:Einführung in die Bergpredigt
Vorbemerkung
Die Bergpredigt beschäftigt die Christenheit seit 2.000 Jahren. Die unterschiedlichsten Ausleger versuchten dabei, ihrem Anspruch gerecht zu werden. Während die einen die Bergpredigt für nicht lebbar hielten, wollten andere sie zur Grundlage des politischen Handelns machen.1 Die Auslegungsgeschichte ist sehr spannend. Irgendwie haben wir Christen und besonders die Theologen so unsere Probleme mit der Bergpredigt.
Ihr Inhalt ist offensichtlich eine der größten Herausforderungen für Christen und Nichtchristen. In allen Jahrhunderten war sie ein Stein des Anstoßes. Für ein „Normalverbraucherchristentum“ scheint die Bergpredigt nicht geschrieben zu sein, denn was Jesus hier sagt, sprengt alles Normale.
Jesus fordert das Außergewöhnliche. In Matthäus 5,47 spricht er davon. Das griechische Wort, das dort steht (perisson) kann man übersetzen mit das „Außergewöhnliche“, das „Außerordentliche“, das „über alles übliche Maß Hinausgehende“, das „Überschießende“ und „Überfließende“. Diese Aussage lässt aufhorchen. Jesus verwendet den gleichen Begriff auch in Johannes 10,10, wenn er davon spricht, dass er gekommen ist, um „das Leben und volle Genüge“ zu bringen. Wir müssen aber besser mit „überfließendes Leben“ übersetzen. Von diesem überfließenden Leben, das außergewöhnlich ist, handelt die Bergpredigt.
Die Bergpredigt gehört zu den bekanntesten Texten des Neuen Testaments. Jesus sagt uns dort, worauf es im Zusammenleben ankommt. Gerade in der gegenwärtigen Zeit, in der die Gegensätze (weltpolitische Spannungen, Kriege, gesellschaftliche Konflikte, Auseinandersetzungen innerhalb der Christenheit u. v. m.) immer größer werden, wollen wir den Aussagen Jesu nachgehen und fragen, was sie zu bedeuten haben.
Kann man tatsächlich nach der Bergpredigt leben?
Was sind die Folgen, wenn wir uns nach ihr richten würden? Ein geknechtetes Leben oder ein Stück Himmel auf Erden? Kommt die Bergpredigt aus einer Welt, die wir heute nicht mehr kennen oder bietet sie uns wirklich ein frohes, freies Leben an, eben ein außergewöhnliches Leben?
Ohne Frage, die Bergpredigt enthält revolutionäre Gedanken für ein Leben, das ein zeichenhaftes Leben sein soll, weil sie etwas aufleuchten lässt, wonach wir Menschen uns sehnen. Wir wollen uns von Jesus und seinem Wort berühren und inspirieren lassen.
Fragen zum Gespräch und zur Reflexion
Wie geht es Ihnen mit der Bergpredigt?
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Welche Bedeutung hat sie in Ihrem Leben und in Ihrer Gemeinde?
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Bergpredigt oder Feldpredigt?
Nach dem Evangelisten Matthäus hält Jesus seine erste große Rede auf einem Berg (Mt 5,1), nach Lukas auf einem Feld (Lk 6,17).
Wie sollen wir das verstehen?
Warum Matthäus von einem Berg und Lukas von einer Ebene spricht, kann auf zweierlei Weise erklärt werden. Einmal, dass es sich um zwei verschiedene Reden gleichen Inhalts handelt, die Jesus an verschiedenen Orten hielt2, und zum anderen, dass es sich um denselben Ort handelt, aber Lukas von einer Hochebene auf dem Berg spricht.
Zunächst stellen wir fest, dass der Stoff der Feldrede bei Lukas nach Inhalt und Reihenfolge fast vollständig in der Bergpredigt bei Matthäus enthalten ist. Beide beginnen mit den Seligpreisungen und schließen mit dem Gleichnis vom Haus auf dem Felsen. Das Herzstück ist bei beiden das Gebot der Feindesliebe (Lk 6,27–36; Mt 5,38–48); es folgt das Wort vom Richten (Lk 6,37–42; Mt 7,1–5) und von den Früchten, an denen der Fromme erkannt wird (Lk 6,43–46; Mt 7,16–21).
Der Umfang der Rede bei Matthäus ist wesentlich größer als bei Lukas. Das führte zu der Annahme, dass Lukas nur eine Zusammenfassung von Matthäus gegeben hätte. Dies ist aber kaum wahrscheinlich, weil in den wesentlichen Stücken Matthäus und Lukas übereinstimmen, es aber auch einige Stellen gibt, in denen Lukas ausführlicher berichtet (z. B. Lk 6,37–42) als Matthäus (Mt 7,1–5) und wiederum Matthäus Ausführungen hat (z. B. Mt 5,27–30.33–37), die Lukas nicht erwähnt.
Die häufigste, einfachste und durchaus einsichtige Erklärung ist, dass es sich nicht um eine zusammenhängende Rede, sondern um Redestücke handelt, die Matthäus anders als Lukas zusammengestellt hat. In der Tat finden wir Redestücke, die bei Matthäus in der Bergpredigt stehen, bei Lukas aber an anderer Stelle (z. B. Mt 5,13–16 bei Lk 14,34 f. und 8,16 f. u. a. m.).
Dagegen aber sprechen die Einleitung und der Schluss des Textes bei Matthäus. Die Bergpredigt beginnt: „… und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach …“ (Mt 5,2) und endet mit: „… und es begab sich, als Jesus diese Rede beendet hatte …“ (Mt 7,28); daraus geht hervor, dass es sich durchaus um eine zusammenhängende Rede handeln kann.
Wie aber kann dieser Unterschied erklärt werden?
Er könnte zunächst in der Eigenart des Evangeliums zu suchen sein. Matthäus schreibt für jüdische Leser und Lukas für heidnische. Lukas ließ also all das weg, was nur für die jüdischen Leser von Interesse war (z. B. Mt 5,17–42).
Nach rabbinischer Art hielt Jesus die ganze Rede oder Teile davon nicht nur einmal, sondern öfter und an verschiedenen Orten und vor verschiedenen Zuhörern.3
Wir kommen damit zu dem Schluss, dass Jesus sowohl Teile als auch die ganze Rede wahrscheinlich öfter gehalten hat und die Jünger sie sich so gut einprägen konnten.
Frage zum Gespräch und zur Reflexion
Welcher Erklärung würden Sie folgen?
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An wen richtet sich die Bergpredigt?
Die Adressaten der Bergpredigt sind in erster Linie die Jünger, aber auch das Volk gehört zu den Zuhörern. Jesus spricht zu allen, die ihn hören wollen, aber nur die Jünger können leben, was Jesus lehrt. Aus eigener Kraft kann kein Mensch die Bergpredigt umsetzen. Es bedarf der Geburt von oben (Jh 3,3). Diesen Zug finden wir im ganzen Evangelium. Jesus wendet sich stets an das ganze Volk und zu den Menschen, die ihn hören wollen (Mt 8,1; 9,36; 12,15; 14,13; 19,2; 20,29; 21,9), aber nur der Jünger kann leben, was er lehrt (Mt 6,33; 7,7.13 f.; 10,39; 16,17).
So richtet sich die Bergpredigt an die Gemeinde Jesu und über die Gemeinde hinaus an alle Menschen. Oswald Sanders betonte: „Jesus will die Gesellschaft durch die Gemeinde verändern.“ Am Leben, wie es die Bergpredigt lehrt, wird der Jünger Jesu erkannt. Es kommt dadurch auch zu einer Scheidung zwischen Jünger und Nichtjünger, besonders in Gesellschaften, in denen Christen verfolgt werden. Jünger sein bedeutet, in einer Gemeinschaft mit anderen Jüngern zu leben. Die Bergpredigt bezieht sich nicht auf das Ich des Einzelnen, sondern auf das Wir der Gemeinde. Paulus spricht vom Leib Christi (1Kor 12). In 1. Korinther 13 nennt Paulus, wie es zur Erfüllung der Bergpredigt kommt. Jesus beschreibt in der Bergpredigt nach Rodriguez Milt „ein Reich von Menschen, ein neues Geschlecht, eine neue Menschheit“. Die Bergpredigt, individualistisch betrachtet, führt in die Gesetzlichkeit. Nur in der gemeinschaftlichen Perspektive öffnet sie uns die Augen für ein Leben im Reich Gottes.
Fragen zum Gespräch und zur Reflexion
Warum ist die Bergpredigt in erster Linie an die Jünger Jesu gerichtet und dann erst an das ganze Volk?
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Wenn die Bergpredigt das Leben im Reich Gottes (als Gemeinde) beschreibt, was bedeutet das für Ihr Verständnis davon?
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Zum Stil der Bergpredigt
Dichtung
Sprachlich gesehen haben wir es bei der Bergpredigt mit einer großen aramäischen Dichtung zu tun. Beide Hauptmerkmale der semitischen Dichtung finden wir in ihr wieder: den Parallelismus und den Rhythmus.
Parallelismus nennt man eine Art von Gedankenreim: Die Bedeutung der ersten Zeile entspricht der zweiten wie zum Beispiel in Psalm 19,2: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk.“ Die zweite Zeile wiederholt und verstärkt den Gedanken der ersten Zeile. Dasselbe gilt für Matthäus 7,6: „Gebt das Heilige nicht den Hunden und werft eure Perlen nicht vor die Schweine.“ und Matthäus 7,7 f.: „Bittet, so wird euch gegeben werden; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan werden! Denn jeder, der bittet, empfängt; und wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird aufgetan!“ (LUT)
Das Merkmal des Rhythmus finden wir deutlich im „Vater unser“ (Mt 6,9–13). Es besteht aus zwei Strophen mit je drei Zeilen:
„Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt.dein Reich komme. Dein Wille geschehewie im Himmel auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.Und vergib uns unsre Schuld wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel.“ (LUT)
Bildhafte Sprache
Die Sprache der Bergpredigt ist lebensnah, anschaulich, bildhaft undvon großer Kraft. Man wird geradezu von ihr mitgerissen.
„Eine Stadt, die auf dem Berge liegt, kann nicht verborgen bleiben.“ (Mt 5,14)„Das Licht des Leibes ist das Auge.“ (6,22)
Lebensfragen werden nicht in abstrakten Begriffen, sondern in konkret gezielten Aussagen behandelt.
„Wenn du nun Almosen gibst, so lass nicht vor dir posaunen.“ (6,2)
Jesus spricht in die Alltagssituationen der Menschen hinein und wendet sich an alle Bevölkerungsschichten (z. B. 5,25 f., 41 f.; 6,5.16.19.29; 7,9 f., 24).
Seine Beispiele nimmt Jesus aus der Natur. Er spricht von:
Sonne und Regen, Wind und Wasserströmen,Disteln und Dornen, Trauben und Feigen,Vögeln und Motten, Hunden und Schweinen, Schafen und Wölfen.
Frage zum Gespräch und zur Reflexion
Was können Sie von Jesus lernen, wenn Sie von Gott, Jesus und dem Glauben reden?
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Die Bergpredigt und die Tora
Es stellt sich die Frage: Wie sind die Weisungen Jesu zu verstehen? Sind sie etwas gänzlich Neues oder stehen sie in Beziehung zum alttestamentlichen Gesetz, der Tora? Ist die Bergpredigt die neue Tora, das neue Gesetz?4
Darauf gibt Jesus selbst eine klare Antwort, wenn er sagt: „Ihr sollt nicht denken, dass ich gekommen bin, die Tora oder die Propheten zu annullieren. Ich bin nicht gekommen zu annullieren, sondern zu erfüllen.“ (5,17)
Jesus löst die Tora nicht auf, sondern bekräftigt sie: „Amen, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, soll nicht ein Jota oder ein einziges Häkchen von der Tora vergehen, bis alles geschieht.“ (5,18)
Das Judentum erwartete vom kommenden Messias, dass er die Tora in besonderer Weise auslegen und erklären würde. Jesus verstand sich allerdings nicht als Halter und Erklärer der Tora im rabbinischen Sinn, sondern als Erfüller der Tora.
Weil Jesus die Tora erfüllt, ist er der Bringer der neuen Gerechtigkeit (Jes 53,11) und kann darum sagen: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist … Ich aber sage euch …“ (Sechsmal sagt er dies in 5,21–48). Damit verschafft Jesus der Tora (Weisung) eine neue Geltung, die durch die „bessere Gerechtigkeit“ (5,20) gelebt werden kann (vgl. Röm 8,4).
Das ist das Werk des Gottesknechtes (Jes 42,1–4; 49,1–6; 50,4–11; 52,13–53,12), des Messias (Apg 8,32 f.; 1Petr 2,21–23), der im AT ein Gesetzeslehrer ist (Jes 42,1–4).
Wenn Jesus „Ich aber sage euch …“ spricht, dann nicht, um sich vom AT abzusetzen, sondern weil bereits das AT auf diese Funktion des Messias hinweist: Jesus erfüllt das Gesetz und die Propheten (vgl. Lk 24,44).
Was Jesus sagt, steht darum nicht im Gegensatz zum AT. Im Gegenteil, Jesus verschärft eindeutig die alttestamentlichen Aussagen, wenn er sagt:
Das Gesetz verurteilt den Totschlag – ich verurteile bereits den Hass im Herzen.Das Gesetz verurteilt den Ehebruch - ich verurteile bereits die Begierde.Jesus zeigt damit, was das Gesetz eigentlich will: nicht Tora-Juristen, sondern eine Ganzhingabe des Lebens an den Willen Gottes aus innerstem Herzen.
Damit kommen wir zur entscheidenden Aussage: Jesus richtet den neuen Bund auf, so wie er in Jeremia 31,31–34 verheißen ist: „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben.“ Der neue Bund unterscheidet sich vom alten darin, dass er nicht auf Steintafeln geschrieben ist, sondern ins Herz der Menschen. Dieser neue Bund benötigt auch eine neue Art von Tora. So gesehen kann man die Bergpredigt als neue Tora bezeichnen, aber sie ist keine „neue Tora“.
Als weitere Frage stellt sich, ob die Bergpredigt nicht im Gegensatz zu Paulus steht, der doch in Römer 10,4 sagt: „Christus ist das Ende der Tora“?
Diese Auffassung wird immer wieder vertreten. Diese Deutung ist aber falsch, weil sie in einem entscheidenden Fehler gründet: Jesus wird dabei von Paulus her ausgelegt und nicht Paulus von Jesus her.
Die Aussagen von Paulus gründen auf der Erlösung Jesu in Kreuz und Auferstehung (Damaskuserlebnis), ebenso die Bergpredigt, allerdings in der Vorwegnahme des noch ausstehenden Heilsgeschehens. Jesus spricht mit Blick auf die neue Gerechtigkeit, die er gebracht hat und in Kreuz und Auferstehung besiegeln wird; er ist die Gerechtigkeit Gottes in Person. Jesus spricht den gerechtfertigten Sünder an, der sein Leben in dieser Welt aus einer neuen Gerechtigkeit heraus lebt, die ihre Kraftquelle im Heiligen Geist hat.5 Jesu Verkündigung gründet sich auf den prophetischen Aussagen Jesajas über die Heilszeit des Messias. So sagt Jesus: „Heute geht die Schrift in Erfüllung, die euch in den Ohren klingt“ (Lk 4,21) undnimmt Bezug auf Jesaja 61,1 f.6
Paulus Botschaft wurzelt in ihrer Verkündigung ebenfalls in den messianischen Verheißungen des Alten Testaments. Nachdem er vor Damaskus dem auferstandenen Messias begegnet war, enthüllte sich ihm die Vorverkündigung des Evangeliums mit seiner Zentralaussage der Gerechtigkeit Gottes vom Alten Testament her.
Frage zum Gespräch und zur Reflexion
Warum ist es wichtig, dass wir die Bergpredigt nicht im Sinne eines neuen Gesetzes verstehen dürfen?
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Die Bergpredigt als gelebter Glaube der Gemeinde Jesu
Wie aber soll die Bergpredigt verstanden werden? Dazu stellen wir drei Thesen voran:
1. These: Die Bergpredigt istkeine Ethik und auch kein neues Gesetz im üblichen Sinne, in dem Lebensregeln aufgestellt werden, die es zu halten gilt7, sondern schlicht und einfach eine Darstellung des neuen Lebens wie es Jesus gebracht hat. Jesus entfaltet an Beispielen, wie Nachfolge in der Jüngergemeinde aussieht.8 Eine ethische Auslegung steht in der Gefahr, dem „Anspruch Jesu jeweils ein individual- oder sozialethisches Ideal überzustülpen“ (Ulrich Luck). 2. These: Die Bergpredigt ist auch kein Ideal für ein ethisches Leben, wie es seit Augustin immer wieder betont wird, dem es nachzueifern gilt.9 Diese Vorstellung findet man besonders bei Christen, die die Aussagen Jesu ernst nehmen, aber merken, dass sie so nicht leben können. Die Bergpredigt schwebt bei diesem Verständnis über den Köpfen des Glaubenden wie ein Damoklesschwert. Für die einen ist die Bergpredigt eine Bedrohung, für andere eine Forderung, die aber nicht zu schaffen ist. Die Bergpredigt hält bei diesem Verständnis dem Menschen sein Versagen und seine Sünden vor Augen. 3. These: Die Bergpredigt gilt nicht dem Einzelnen, weder der Einzelperson des Jüngers noch der Einzelperson des Menschen in dieser Welt, sondern der Gemeinde.10 Es bedarf des geschwisterlichen Miteinanders, um die Bergpredigt leben zu können. Diese Aussage findet man kaum oder nur indirekt in den verschiedenen Auslegungen. Der Grund liegt darin, dass man sich weitgehend vom Reich-Gottes-Verständnis verabschiedet hat. Man beschränkt sich auf die Erlösung und damit auf ein Jenseitschristentum, da das Leben auf dieser Erde einem Jammertal entspricht. Die Folge ist dann oft auch ein Jammerchristentum. Nur wenn die Aussagen der Bergpredigt sich auf ein Leben im gegenwärtig angebrochenen Reich Gottes beziehen, werden sie zu einer leuchtenden Kraftquelle für ein Leben mitten in den Unzugänglichkeiten dieser Welt.Diese Thesen gilt es nun zu begründen. Warum ist die Bergpredigt Evangelium und nicht Ethik oder Gesetz, auch nicht eine neue Ethik oder ein neues Gesetz, wie es vielfach betont wird? 11
Ein Gesetz hat feste Regeln, die juristisch kontrolliert und eingefordert werden, aber genau das will Jesus nicht. Ebenso verhält es sich, wenn wir die Bergpredigt als Ethik verstehen. Dieses Verständnis entspricht zwar dem gegenwärtigen Denken, aber nicht dem Denken Jesu. Jesus sagt, dass er und der Vater in Einheit leben (Jh 17,21), darum sollen seine Jünger mit ihm und untereinander ebenso in dieser Einheit leben. Gott ist laut Milt Rodriguez ein Wir und nicht ein einsames Ich. „Es ist dieser Gott, der Gemeinschaft ist, der eine Gemeinschaft von Menschen ins Leben ruft, die in seinem Bilde lebt.“ Die Bergpredigt schildert das Leben der Jünger, die sich in einem neuen Lebensverständnis befinden.12 Ihr Leben wird nicht von außen durch Gesetze oder ethische Vorschriften bestimmt und geregelt, sondern von innen, von der Einwohnung des dreieinen Gottes (Jh 17; Röm 8,9–11), der im Menschen Wohnung genommen hat (Röm 8,9; 1Kor 3,16; Kol 2,9).
Wie ist das möglich?
1. Der Bergpredigt geht die Verkündigung der Königsherrschaft Gottes (Mt 4,17.23) voraus
Die Königsherrschaft Gottes wird von Jesus ausgerufen und verkündigt, der Mensch wird damit gelockt, umzukehren und sein Leben der Herrschaft Gottes zu unterstellen. Weil die Königsherrschaft Gottes in Christus Jesus gegenwärtig ist, ist Sinnesänderung, Buße und Umkehr (Metanoia) eine beglückende Sache, die das ganze Leben von Grund auf ändert. Gott ist Herr und König. Er herrscht! Ist Gott Herr, dann gilt auch sein Wille. Gottes Wille aber will gelebt und vollzogen werden. Gerade darin erweist sich seine Herrschaft. Mit dem Vollzug des Willens Gottes deckt Jesus die Wurzel des Bösen auf.
Da wir politisch nicht mehr in einem Königreich leben, sondern in einer Demokratie, ist die Aussage der Königsherrschaft Gottes leicht missverständlich. Der Ausdruck Königsherrschaft ist in der Bibel synonym mit Himmelreich. Es geht also um ein Stück Himmel auf Erden. Ein Reich bezieht sich nicht auf eine Einzelperson, sondern auf einen Lebensraum. Dort, wo Gott regiert, wird das Leben von der Liebe, Freude, gegenseitigen Wertschätzung, kurz: von den Wesensmerkmalen Gottes gestaltet.
Fragen zum Gespräch und zur Reflexion
Wie können Sie Königsherrschaft Gottes verstehen, obwohl wir in einer Demokratie leben?
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Wenn Sie die Bergpredigt als Lebensverständnis im Reich Gottes verstehen, welche Folgerungen gilt es daraus für Ihr Christenleben und Gemeindeverständnis zu ziehen?
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Warum führt Sie das Lesen der Bergpredigt in Ich-Form auf ein falsches Gleis?
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2. Jesus spricht in der Bergpredigt an, wie der erlöste und befreite Mensch leben kann, wenn er die Kraft des Heiligen Geistes empfangen hat
Jesus nimmt also etwas voraus, was noch kommen wird (sein Tod am Kreuz, seine Auferstehung) und erst mit der Ausgießung des Heiligen Geistes zu leben möglich ist. (Jh 14,15–21; Apg 1,8; 2,37–39; Röm 14,17) Ohne Neugeburt ist die Bergpredigt in der Tat hartes Gesetz und unerfüllbare Forderung. Aus der empfangenen Erneuerung heraus aber ist sie Fülle des Lebens und Freude der Kinder Gottes im gemeinsamen Leben.
Frage zum Gespräch und zur Reflexion
Warum ist das neue Leben eine Voraussetzung für Ihr Verständnis der Bergpredigt?
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3. Die Bergpredigt ist gelebtes Evangelium der Gemeinde
Das Gesetz stellt den Menschen auf seine eigene Kraft und ruft ihn dazu auf, das Äußerste einzusetzen. Das Evangelium ist die Gabe Gottes und ruft ihn auf, die unaussprechliche Gabe zur Grundlage des Lebens zu machen und in der Gemeinschaft einzuüben und zu leben. Jesus schildert in der Bergpredigt den gelebten Glauben der Gemeinde.
Jesus ruft uns zu: „Ihr seid durch die Verkündigung des Evangeliums und durch die Jüngerschaft in den neuen Äon Gottes hineinversetzt. Und nun sollt ihr wissen: so sieht das Leben aus, wenn ein Mensch zur neuen Welt Gottes gehört. So sieht der gelebte Glaube aus. So sieht das Leben derer aus, die in der Heilszeit Gottes stehen, die befreit sind aus der Macht des Satans und an denen sich das Wunder der Jüngerschaft vollzieht.“ (Joachim Jeremias)
Nur wenn wir den Glanz und die Schönheit der Nachfolge erkennen, können wir auch das Leiden und die Schmach ertragen (Mt 5,11–12; 2Kor 4,7–18). Die Machtstrukturen der Finsternis bestimmen weitgehend das gesellschaftliche Leben in dieser Welt, aber die Gemeinde durchbricht dieses Schema und lebt in neuen Ordnungen. Das einzelne Gemeindeglied ist zu schwach und ist überfordert, es alleine zu leben. Es braucht die Gemeinschaft und das Miteinander.13
Frage zum Gespräch und zur Reflexion
Was bedeutet es für Ihr Christsein und Gemeindeverständnis, wenn die Bergpredigt gelebtes Evangelium ist?
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4. Die Bergpredigt ist eine Lehrunterweisung Jesu an seine Gemeinde
Wenn wir sagen, dass die Bergpredigt keine Ethik ist (auch wenn ethische Anweisungen darin enthalten sind), dann hat das seinen Grund darin, dass die protestantische Ethik eine Individualethik ist.14 Sie stellt Forderung an den einzelnen Menschen und lässt ihn mit dieser Forderung alleine. Wenn wir von Ethik sprechen wollen, dann müssten wir von einer Gemeinschaftsethik der Gemeinde sprechen, weil diese nicht ohne Gemeinschaft lebbar ist. Wenn wir die Bergpredigt als Lehrunterweisung verstehen, dann geht es vor allem darum, dass das, was Jesus lehrt, eine Unterweisung zu einem neuen Leben ist, das aus einem gemeinsamen Leben erwächst. Es ist ein Lockruf Jesu zu einem Leben in Gemeinschaft.
Jesus ruft uns zu: Ich schenke euch eine neue Gerechtigkeit, ein Leben lang Glück und Zufriedenheit, ein sorgloses Leben, ein neues Verhältnis zu Gott, zum Nächsten und zur Welt, ein Stück Himmel auf Erden.
Das einzelne Glied in der Gemeinde mag schwach sein und schwach werden in den Versuchungen, aber die helfende und tragende Gemeinschaft in Liebe und Geduld überlässt das einzelne Glied nicht sich selbst. Sie nimmt sich der Schwachen an. (Apg 20,35; Röm 14,1; 15,1) So wird die Gemeinde zum Übungsfeld für den gelebten Glauben. Es ist laut Bernhard Ott ein „Lernprogramm in der Jesusgemeinschaft“. In ihr wird all das eingeübt (Hebr 5,14), was Jesus an einzelnem Verhalten aufzählt. Das einzelne Gemeindeglied steht nicht allein, sondern wird umsorgt und getragen. Freude und Leid werden geteilt. Da das Reich Gottes nicht von dieser Welt ist, kann die Welt am Leben der Gemeinde erkennen, wer Gott ist, und was es heißt, mit diesem Gott zu leben. Die Gemeinde wird so zur missionalen Gemeinde. Der gelebte Glaube wird so zum Lockruf der Gemeinde an die Menschen der jeweiligen Zeit.
Fragen zum Gespräch und zur Reflexion
Wie sieht die Lehrunterweisung in Ihrer Gemeinde aus?
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Was würde sich in Ihrer Gemeinde ändern, wenn die Bergpredigt zur Lehrunterweisung werden würde?
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Ist die Bergpredigt ein Lockruf Jesu zu einem neuen Leben im Miteinander oder ein Aufruf an den Einzelnen? Worin besteht der Unterschied?
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5. Die Bergpredigt ist Angeld auf das Zukünftige
Das Reich Gottes hat mit Jesu Erdenleben begonnen und es wird bei seiner Wiederkunft vollendet werden. Als Christen leben bedeutet darum, jetzt schon nach den Grundsätzen des Reiches Gottes zu leben. Die Bergpredigt stellt uns vor Augen, wie das göttliche Leben auf dieser Erde bereits Gestalt gewinnen kann (Mt 5,48). Jünger Jesus (die Gemeinde) setzen darum alles ein, damit das Reich Gottes (Mt 6,33) Gestalt gewinnt: in einem versöhnten Leben, im Lebensstil, im Miteinander, in der Liebe zum Nächsten, im Einsetzen für Gerechtigkeit, in der Verkündigung der frohen Botschaft, in der Pflege und Bewahrung der Schöpfung15 und vieles mehr. In einer immer mehr vom Ich bestimmten Gesellschaft öffnet die Bergpredigt neue Perspektiven zu einem verantwortlichen Miteinander. Jesu Botschaft führt zusammen und spaltet nicht. Auch wenn dieses Ringen um die Vergegenwärtigung des Reiches Gottes auf Erden nur Vorläufigkeitscharakter hat, gilt es, sich danach auszurichten. Es ist Leben auf Abruf, Leben unter dem Vorzeichen des Unvollkommenen, bis das Vollkommene mit der Wiederkunft Christi erscheinen wird. Es ist Leben auf ein Ziel hin. Auf diesem Weg zum Ziel werden wir schuldig und versagen immer wieder. Die Bergpredigt ist darum ein Ruf zur ständigen Buße und Erneuerung im Denken und Handeln.
Die Gemeinde lebt in der brennenden Hoffnung und konkreten Erwartung der Wiederkunft ihres Herrn. Sie weiß: auch die Bergpredigt ist nicht das Letzte, sondern das Vorletzte; sie ist Angeld und steht unter der endzeitlichen (eschatologischen) Verheißung des erhöhten Herrn: „Siehe, ich komme bald!“ (Offb 22,7) und „Siehe, ich mache alles neu!“ (Offb 21,5); dann hört alles Stückwerk auf und wir werden Christus schauen, wie er ist. (1Kor 13,10–12)
Frage zum Gespräch und zur Reflexion
Welche Bedeutung hat die Ausrichtung auf den wiederkommenden Herrn für Ihr Leben auf dieser Erde aus dem Blickwinkel der Bergpredigt?
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Erklärungen zu Teil 1
1. Zur Auslegungsgeschichte der Bergpredigt: Grundmann, Walter, Das Evangelium nach Matthäus, S. 181–190; Jeremias, Joachim, ABBA, S. 171–177; Kantzenbach, Friedrich Wilhelm, Die Bergpredigt, S. 11–81; Strecker, Georg, Die Bergpredigt, S. 13–23 u. a.
2. Es ist auffallend, dass Lukas ausdrücklich feststellt, dass Jesus vom Berg herab und zur Volksmenge kam (6,17 f.), während Matthäus vom Hinaufsteigen auf den Berg spricht. Daraus geht hervor, dass es sich um zwei verschiedene Orte handeln könnte
3. Vgl. Riesner, Rainer, Der Aufbau der Reden im Matthäus-Evangelium, S. 172–182.
4. Benedikt der XVI. nennt die Bergpredigt die „Tora des Messias“, in: Ratzinger, Joseph: Benedikt XVI.: Jesus von Nazareth, Erster Teil, Freiburg: Herder, 2007, S. 131–137.
5. Zu Recht betont Adolf Köberle: „In Wahrheit muß die Rechtfertigung zu dem alle theologischen Aussagen beherrschenden Vorzeichen erhoben werden. Auch Gotteslehre und Christologie, Sündenverständnis und Eschatologie bekommen allein von da her das rechte Gepräge.“ Rechtfertigung, Glaube und neues Leben, S. 43.
6. Zum Zusammenhang von AT und NT, besonders zu Jesu messianischem Dienst: Betz, Otto: Wie verstehen wir das NT?
7. Karl Heim kommt zum Ergebnis: „Die Bergpredigt ist also nicht eine Ethik.“, ebenso Romano Guardini und Benjamin Kilchör nennt die Bergpredigt „das Gesetz dieses neuen Bundes“ und „das Gesetz derjenigen, denen das Himmelreich verheißen ist“. So verschieden die Auslegungsgeschichte der Bergpredigt sein mag, es geht doch immer um das Einhalten von ethischen Prinzipen, Regeln, Gesetzen oder das Anstreben einer Utopie. Vgl. Stadtland-Neumann, Hiltrud; Ragaz, Leonhard; Alt, Franz; Schnübbe, Otto; Walvoord, John F. u. a.
8. Sehr gut hat das Dietrich Bonhoeffer gesehen und dargestellt, wenn er in seinem Buch „Nachfolge“ schreibt, dass die Bergpredigt kein „ethisches Programm“ und keine „allgemeine Welt- und Lebensweisheit“, sondern im Kreuz Jesu verwurzelt ist, wo das Böse überwunden und der Mensch gerechtfertigt wird.
9. So kann man nur die Ausführungen von Franz Alt in „Frieden ist noch möglich“ verstehen.
10. „Die Bergpredigt hat es also mit der Gemeinde und nicht mit dem – noch so frommen – Individuum zu tun.“ Hanssen, Olav, Zum Verständnis der Bergpredigt.
11. In der Theologie ist es eine Selbstverständlichkeit geworden von verschiedenen Ethiken zu sprechen. Es gibt eine jüdische Ethik, hellenistische Ethik, eine Ethik der Evangelien, des Matthäus, Lukas und Paulus usw. und natürlich auch eine Ethik Jesu. Da stellt sich die Frage: Welche Bedeutung kommt der Ethik Jesu zu? Nach welcher Ethik sollen wir uns heute richten? (Siehe Strobel, August; Schockenhoff, Eberhard)
12. „Aus dem alles umfassenden Leben, das Jesus Christus ist, kommt das Handeln der Christen. (…) Das Handeln der Christen quillt aus der in Christus geschaffenen Einheit von Gott und Welt, der Einheit des Lebens.“ Bonhoeffer, Dietrich, Ethik, S. 234.
13. Diese Tatsache wird auch zunehmend im säkularen Raum erkannt. Das individualistische Lebensverständnis der westlichen Kultur ist eine Mitursache der zunehmenden psychischen Erkrankungen. Gemeinschaft hat eine heilende Wirkung. Vgl. dazu Eckhardt, Jo.
14. August Tholuck, einer der bedeutendsten Bibeltheologen im 19. Jh., bezeichnet seine Auslegung der Bergpredigt als einen „Beitrag zur Begründung einer rein-biblischen Glaubens- und Sittenlehre“. So lautet der Untertitel seiner Auslegung der Bergpredigt. Sie gehört wohl zu den umfangreichsten Auslegungen überhaupt mit ihren 544 Seiten.
15. Zur Schöpfungsverantwortung der Gemeinde: Kröck, Thomas; Rust, Heinrich Christian (Hg.): fromm und grün.
2. Teil: Jesus als Lehrer