Herausgeforderte Organisationen - Katja Lass-Lennecke - E-Book

Herausgeforderte Organisationen E-Book

Katja Lass-Lennecke

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Beschreibung

Unternehmen und Organisationen aller Art sind mit großen Herausforderungen konfrontiert, die sie zur Anpassung ihrer jeweiligen Arbeits-, Interaktions- und Produktionsweise zwingen. Solche Veränderungen setzen eine spezifische Fähigkeit voraus, die als "organisationales Lernen" bezeichnet wird. Darunter versteht man einerseits das Wissen um die Fähigkeit einer Organisation, neues Wissen zu erkennen, durch ihre Mitglieder aufzunehmen und in neue Prozesse zu übertragen. Andererseits bezeichnet dies aber auch die Formen individueller Wissensaufnahme und -verarbeitung durch die jeweiligen Mitglieder einer Organisation. Der Band zeigt als Leitfaden zunächst die erwähnten Veränderungsmomente, um dann Grundlagen, Ebenen und Formen sowie Hemmnisse des organisationalen Lernens darzustellen und mit praktisch umsetzbaren Empfehlungen zu schließen.

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Kohlhammer Executive Education

Herausgegeben von Dieter Wagner, Stephan A. Rehder und Roya Madani

Katja Lass-Lennecke

Herausgeforderte Organisationen

Wandel durch organisationales Lernen

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk wurde im Rahmen des Projektes »QUP – Qualifizierung – Unterstützung – Professionalisierung zur Gestaltung des demografischen Wandels« entwickelt. Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Initiative »Aufstieg durch Bildung: Offene Hochschulen«. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei der Autorin.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

1. Auflage 2024

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-037816-2

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-037817-9

epub: ISBN 978-3-17-037818-6

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Inhalt

1

Einführung: Organisationen im Wandel – Herausforderungen und Handlungsbedarfe für Organisationen heute

1.1

Bestimmung der grundlegenden Begriffe

1.1.1

Organisationen und Organisationskultur

1.1.2

Wandel (Change) und Lernen

1.1.3

Change Management und Agilität

1.2

Der Bezugsrahmen: Aktuelle und künftige Herausforderungen für Organisationen

1.2.1

Megatrends seit 1990 als neuer Handlungsrahmen und Treiber von Wandel

1.2.2

VUCA-Welt und neue Megatrends seit 2010

1.2.3

Verschärfter Druck durch multiple Krisen seit 2020

Kontrollfragen zum ersten Kapitel

2

Theoretische Grundlagen: Wandel und Lernen in Organisationen

2.1

Grundlegende Perspektiven auf Wandel

2.2

Erklärung von Wandel durch Lernen

2.2.1

Abgrenzung der Erklärungskonzepte: Organisationales Lernen versus Lernende Organisation

2.2.2

Organisationales Lernen: Grenzen und Chancen

2.2.3

Plädoyer für eine disziplinübergreifende Nutzung

2.3

Das Konzept des organisationalen Lernens im Detail

2.3.1

Überblick über die bisherige Forschung

2.3.2

Klassische und neuere Untersuchungsgegenstände: Unternehmen und öffentlicher Sektor

2.3.3

Vorschlag eines konzeptionellen Zugangs

2.4

Wie wird Lernen sichtbar? – Indikatoren und empirische Dimensionen

Kontrollfragen zum zweiten Kapitel

3

Lernen von Organisationen in der Praxis: Hemmnisse und Erfolgsfaktoren

3.1

Hemmnisse

3.1.1

Hemmnisse auf Ebene der Gesamtorganisation

3.1.2

Hemmnisse auf individueller Ebene

3.2

Erfolgsfaktoren

3.2.1

Resiliente und fehlertolerante Organisationskultur

3.2.2

»Gute« Führung: energetisierend, agil und resilient

3.2.3

Selbstorganisierte, eigenverantwortliche Strukturen  und Prozesse

3.3

Empfehlungen für organisationales Lernen in der Praxis

Kontrollfragen zum dritten Kapitel

Literatur- und Quellenverzeichnis

1Einführung: Organisationen im Wandel – Herausforderungen und Handlungsbedarfe für Organisationen heute

Dar. 1:Übersicht zum ersten Kapitel

»Organisationen verhalten sich wie schlechte Skifahrer: Wird es schwierig, geraten sie in Panik und setzen sich auf den Hosenboden.«

John Geesink (Organisationsentwicklungsmanager, Genf)

Auf Stabilität angelegte Organisationen sind schon lange nichts Statisches mehr – sowohl im privatwirtschaftlichen als auch im öffentlichen Sektor. Aber heute befinden sie sich mehr denn je in einem dynamischen Umfeld, das sich permanent wandelt und damit immer wieder neue Herausforderungen schafft, deren Bewältigung durch die Organisationen darüber entscheidet, ob sie langfristig bestehen bleiben oder nicht.

Ihre Fähigkeit, auf komplexe Herausforderungen passend zu reagieren, also neue Lösungen zu entwickeln und sich zu wandeln – kurz: zu lernen –, ist heute auf allen Ebenen der Organisation essenziell. Bildlich gesprochen sitzen hier alle Organisationsmitglieder – von der Führungskraft bis zu den Mitarbeitenden – in einem Boot auf einem immer schneller werdenden, zunehmend unberechenbaren Strom. Um situationsgerecht (re-)agieren und an den Herausforderungen unbeschadet wachsen zu können, müssen sich zum einen die Organisationsmitglieder auf individueller Ebene anpassen und eine agile innere Haltung (Mindset) entwickeln, ihre persönlichen Problemlösungs- und Handlungsfähigkeiten ausbauen (Skillset) sowie die passenden Werkzeuge (Toolset) zur Umsetzung finden. Zum anderen braucht es auch ein reaktionsschnelles und stimmiges Handeln auf der Ebene der gesamten Organisation, um das »gemeinsame Boot« nicht etwa durch gegensätzliches Rudern oder Nicht-Rudern eines Teils der Mannschaft in Gefahr oder gar zum Kentern zu bringen, sondern es gut durch die Stromschnellen zu leiten. Denn nur die Fähigkeiten aller zum Wandel, d. h. sich immer wieder flexibel an komplexe Veränderungen anzupassen und sich (individuell und gemeinsam) weiterzuentwickeln, erhöhen absehbar die Überlebenschancen der gesamten Organisation.

Neu in der heutigen VUCA- und BANI-Welt – mit ihren gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Neuerungen unter Bedingungen von noch mehr Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität bzw. Mehrdeutigkeit als zuvor – ist die hohe Geschwindigkeit, mit der Organisationen aller Art auf Veränderungen reagieren müssen. Gleichzeitig steigt die Zahl ihrer praktischen Möglichkeiten, um dies zu tun. Die Komplexität der Herausforderungen, die Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen und deren Taktung nehmen deutlich zu. Parallel nehmen die früher noch gekannten Phasen der Stabilität in der Organisationsentwicklung sowie die Vorausplanbarkeit der Zukunft weiter ab. Es gibt nicht mehr nur die eine richtige Lösung oder den einen erfolgreichen Weg dorthin, der Orientierung geben könnte. Vielmehr scheint ständiges und erfolgreiches Lernen auf allen Ebenen die einzige Antwort zu sein. Folglich gewinnen unter diesen Bedingungen eine lern- und veränderungsförderliche Organisationskultur, eine agile (»bewegliche«) Führung und Selbststeuerung sowie die Widerstandsfähigkeit der gesamten Organisation (die sog. organisationale Resilienz) noch mehr an Bedeutung als dies bislang schon der Fall war.

Das vorliegende Buch nimmt diese aktuellen Prozesse genauer unter die Lupe. Es fragt, warum Organisationen heute (mehr und effektiver) lernen müssen, wie solche Lernprozesse genau funktionieren und welche typischen Hindernisse zu überwinden sind, um in der Praxis auch tatsächlich ›erfolgreich zu lernen‹ – sich also als Antwort auf die an sie gestellten, zahlreichen Herausforderungen stetig und im Einklang mit den verfügbaren (zeitlichen, personellen, finanziellen etc.) Spielräumen und Ressourcen ›selbst zu wandeln‹, um überlebensfähig zu sein.

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es verschiedene Herangehensweisen, um Wandel durch Lernen theoretisch zu verstehen und in der Praxis greifbar zu machen. Insbesondere die Theorien zum Lernen von Organisationen und zu deren System-Umwelt-Interaktion aus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts dürften in der VUCA- und BANI-Welt derzeit eine neue Renaissance erleben. Hier wird der Ansatz des sog. organisationalen Lernens gewählt und näher vorgestellt, welches Lernen als einen stetigen Anpassungs- und Veränderungsprozess einer Organisation in Reaktion auf Herausforderungen oder Hindernisse in ihrer Organisationsumwelt versteht. Seine Bausteine werden auf die aktuelle Situation übertragen und zu einem praktisch anwendbaren Raster zusammengefügt.

Auch die Anforderungen und neuen Spielräume für das sog. Change Management als der gezielte Versuch einer Organisation, Veränderungen bewusst selbst zu steuern und Lernen positiv zu beeinflussen, werden betrachtet. Und es werden die Bedingungen gelüftet, unter denen sich Lernen und Wandel auch ungesteuert in die gewünschte Richtung vollziehen können.

Insgesamt stellt das vorliegende Buch damit vor, wie Lernen und Wandel in Theorie und Praxis ablaufen können, welche Rolle das Change Management einer Organisation übernehmen kann und welche Faktoren als Hemmnisse und Beförderer für organisationales Lernen wirken können. Abschließend fasst es diese als Empfehlungen für erfolgreiches Lernen zusammen.

1.1Bestimmung der grundlegenden Begriffe

Zunächst braucht es ein grundlegendes Verständnis der zentralen Begriffe, welche die Prozesse und Akteure von Organisationen im Wandel umschreiben. Dazu gehören: Organisationen und Organisationskultur, Wandel (Change) und Lernen sowie Change Management und Agilität. Deren aktuelle wissenschaftliche Definitionen werden im Folgenden vorgestellt.

1.1.1Organisationen und Organisationskultur

Was versteht man unter Organisationen?
Keine einheitliche Definition von Organisation

Dafür, was unter einer Organisation per definitionem zu verstehen ist, haben sich bis heute in der Wissenschaft weder eine einheitliche Definition noch einheitliche Merkmalsbeschreibungen etabliert. Es gibt viele einzelne Formen von Organisationen, die sich empirisch beobachten lassen, aber keine generell fassbare (vgl. Reinhard 2020 mit Bezug auf Prietula/Carley 1994).

Zentrale Eigenschaften von Organisationen

Richard W. Scott, ein wichtiger Vertreter der Organisationswissenschaften, beschrieb dennoch 2003 einige zentrale Eigenschaften, die allen Organisationen gleich sind. Der Organisationswissenschaftler Kai Reinhardt (2020, S. 102 f.) fasst diese Eigenschaften mit aktuellem Bezug wie folgt zusammen:

Organisationen als …

… soziale Konstruktion mit gemeinsamen Zielen: »Mittels einer Organisation sind Einzelpersonen in der Lage, gemeinsam Ziele zu verfolgen. Die kollektiven Ziele können vielfältig sein: Von der Produktentwicklung eines Unternehmens, über die Umsetzung eines Kundenauftrags, der Haushaltssanierung in einer Landesbehörde, der Ausbildung von Kindern in Schulen bis hin zur Löschung eines Brands durch die Feuerwehr.«

… eigenständige kollektive Akteure: »Die Organisation ist nicht nur bloßer Kontext für Zusammenarbeit. Vielmehr (…) können [sie] Maßnahmen ergreifen, Verträge abschließen oder Eigentum besitzen. Dadurch sind sie in der Lage, untereinander in Beziehung zu treten. Sie arbeiten gemeinsam mit anderen Organisationen im interorganisationalen Verbund, verbinden sich darin zu Wertschöpfungsketten und grenzen sich zu anderen kollektiven Akteuren ab.«

… dominierende Form der Zusammenarbeit in modernen Gesellschaften: »die Möglichkeit, kollektive Ziele zu verfolgen, (…) führt zur Allgegenwärtigkeit. Sie erfüllen sehr unterschiedliche Aufgaben und Funktionen, wie Verwaltung, Bildung, Resozialisierung, Strafverfolgung etc. Moderne Gesellschaften verfügen auch über eine große Vielfalt wirtschaftlicher Organisationen, die sich der Produktion, dem Vertrieb von Waren an Industrieunternehmen, dem Einzelhandel oder der Erbringung von Dienstleistungen widmen. (…)«

… Arenen für Machteliten: Aufgrund der kollektiv verfolgten Ziele »tendieren Organisationen dazu, Machteliten – meist an der Spitze der Organisation – herauszubilden. Einzelne Personen dominieren die Ziele. Diese können sich teilweise auch gegen die Bedürfnisse und Ziele anderer Akteure richten, die nicht Teil der Organisation sind. (…)«

Natürlich gibt es auch noch weitere Merkmale, die Organisationen untereinander unterscheiden wie etwa ihre Größe in Form von Umsatz oder Mitarbeitendenzahl, die demografische oder kulturelle Prägung der Mitarbeitenden oder die Organisationsstruktur (z. B. die Anzahl der Hierarchieebenen).

Organisationen als dominierende Form der Zusammenarbeit

Insgesamt betrachtet sind Organisationen heute die »dominierende Form der Zusammenarbeit in modernen Gesellschaften«. Sie sind institutionalisierte soziale Systeme, deren Grenzen durch Handeln hergestellt werden. Zentral sind dabei die kollektiven Ziele der Organisationsmitglieder, die durch den entstandenen Akteur machtvoller umgesetzt werden können. Dadurch wird es also »möglich, hochgradig differenzierte Aufgaben in der Gesellschaft zu organisieren, in ihnen Dinge zu erledigen, um die Ziele zu erreichen, die über das Mögliche des Einzelnen in der Gesellschaft hinausgehen.« (Reinhardt 2020, S. 102 ff.)

Was ist Organisationskultur?
Definition von Organisationskultur

Bei der Organisationskultur ist die Lage eindeutiger. Der Begriff und die Untersuchung der Organisations- bzw. Unternehmenskultur gehen vor allem auf den Organisationspsychologen und Managementprofessor Edgar H. Schein zurück (2004, 2009). Er definiert Organisationskultur als »Bestandteil der Routinen und Gewohnheiten, die im alltäglichen Arbeitsprozess bei der Wahrnehmung, im Denken, Handeln und Fühlen unreflektiert zu Tage kommen« (Schein 2009, S. 27).

Im Mittelpunkt stehen dabei das gemeinsame Verständnis von Normen, Werten und Symbolen, die als Artefakte eine Organisationskultur vermitteln – etwa durch ein Firmengebäude aus Glas, legere Kleidung der Belegschaft oder das kostenfreie Mittagessen. Relevant seien vor allem die Werte und die darauf basierenden Entscheidungen von UnternehmensgründerInnen, wie z. B. der Fokus auf Entwicklung oder Marketing. (vgl. Heller/Gallenmüller 2019, S. 13)

Ebenen der Organisationskultur

Die Organisations- bzw. Unternehmenskultur wird demnach auf verschiedenen Ebenen greifbar: als sichtbare Artefakte, als nur teilweise sichtbare Normen und offizielle Werte sowie weiterhin als gemeinsame Grundannahmen der Organisationsmitglieder, die den von außen nicht sichtbaren Kern bilden. Die Arbeits- und Organisationspsychologin Sonja A. Sackmann (2006) ergänzte zu Scheins Definition noch eine weitere Ebene: die Ebene der gezeigten Werte, welche noch zwischen den Ebenen der Normen und Werte sowie den grundlegenden Annahmen liegt und sich durch ihre Sichtbarkeit für Außenstehende von diesen Ebenen unterscheidet. (vgl. Homma/Bauchka/Hofmann 2014, S. 6, siehe auch Franken 2019, S. 197 f.) Daraus ergibt sich das folgende Gesamtbild der üblichen Bestandteile von Organisationskultur (► Dar. 2).

1.1.2Wandel (Change) und Lernen

Was meint Wandel (Change) von Organisationen?
Wandel als Veränderung außerhalb und innerhalb von Organisationen

Aus Sicht der Organisationsentwicklung beschreibt der Begriff Wandel (change) zunächst einfach Veränderung. Dabei kann er sich auf Veränderungen außerhalb und innerhalb von Organisationen beziehen.

Außerhalb von Organisationen bezeichnet er einen Wandel in der Systemumwelt, der neue Herausforderungen definiert, die in dem Maße auf Organisationen wirken, dass sie eine Antwort erfordern. Das heißt, der Wandel muss eine gewisses Relevanzniveau erreichen, um als Impulsgeber für Veränderung zu wirken und die Organisa-

Dar. 2:Ebenen der Organisationskultur (Quelle: Homma/Bauschka/Hofmann 2014, S. 6 in Anlehnung an Schein 2004 und Sackmann 2006 mit eigenen Ergänzungen) [zurück]

tionen, die eigentlich auf Stetigkeit und stabiles Funktionieren angelegt sind, überhaupt zu einer Reaktion zu bewegen.

Innerhalb von Organisationen bezeichnet der Begriff sowohl den Prozess der Veränderung selbst als auch dessen Ergebnis, d. h., »wenn Entwicklungen eingetreten sind, die mehr sind als die üblichen Wechselfälle des Lebens oder/und die nicht allein aus dem vorhandenen Repertoire beantwortet werden können« (Schmid 2014, S. 213). Dabei entstehen neue Antworten auf relevante Herausforderungen in Form von veränderten Strukturen, Prozessen oder Ergebnissen des Organisationshandelns bis hin zu Veränderungen in der gesamten Organisationskultur. (► Kap. 2.4)

Andere mögliche Differenzierungen von Wandel

Neben der grundsätzlichen Betrachtung der Rahmenbedingungen und Ausprägungen von Wandel sind in der Literatur noch andere, ausdifferenzierte Unterscheidungen zu finden: etwa mit Blick auf das Ausmaß der Veränderung (z. B. episodisch oder kontinuierlich, inkremental oder fundamental) oder auf die Bedeutung des Wandels für das strategische Management einer Organisation (etwa Restrukturierung oder Revitalisierung). (vgl. Franklin/Krüger 2017, S. 241)

Gemeinsamkeit der Perspektiven

Gemeinsam ist allen, dass der Umgang mit Herausforderungen, Hemmnissen und Widerständen im Mittelpunkt steht. Das Ziel von Wandel der überlebenswilligen Organisationen sei dabei stets »eine möglichst schnelle und wirkungsvolle Umsetzung eines Veränderungsvorhabens, um nach dem Verlassen eines stabilen Zustands möglichst rasch wieder eine erneute Stabilität zu gewinnen.« (Franklin/Krüger 2017, S. 241)

Und was umschreibt Lernen von Organisationen?
Eine allgemein akzeptierte Definition von Lernen

Mit Blick auf Wandel durch Lernen von Organisationen lässt sich dem allgemein akzeptierten Verständnis von Linda Argote folgen, einer etablierten Arbeits- und Organisationspsychologin sowie zugleich Direktorin des Center of Organizational Learning, Innovation and Knowledge (Pittsburgh USA). Unter dem Begriff des organisationalen Lernens versteht sie einen Prozess, in dem Organisationen sowohl ihren Wissensbestand weiterentwickeln als auch ihr Verhalten kontinuierlich an veränderte Umweltanforderungen anpassen. Besonders wichtig ist dabei das Grundverständnis, dass Organisationen ,offene Systeme‘ seien, die sich dadurch in einer ständigen Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt weiterentwickelten. (vgl. Argote 2013) Detailliertere Ausführungen dazu finden sich in den folgenden Abschnitten 2.2 bis 2.4.

1.1.3Change Management und Agilität

Was bezeichnet Change Management?
Rolle der Führungskräfte als Impulsgeber, Ermöglicher und Motor von Change

Eine besondere Rolle als Ermöglicher und Motor von Wandel bzw. Change spielen klassischerweise die Top-Führungskräfte einer Organisation. Sie nehmen Veränderungsbedarf durch ihre Filter wahr, bewerten ihn anhand ihrer Kriterien und weisen Ressourcen zu, um ihn zu bewältigen. In diesem Prozess übernimmt meist das Top-Management die Rolle als zentraler Impulsgeber, der die strategische Bedeutung von neuen Entwicklungen (wie etwa der Digitalisierung) kontinuierlich prüft, Handlungsbedarfe erkennt und Potentiale für das eigene Unternehmen nutzbar macht (vgl. Vahs 2019, S. 264 f.).

Andere Ansätze dagegen hinterfragen diese klassische Zentralisierung auf den charismatischen CEO oder das Top-Management eines Unternehmens kritisch und empfehlen im modernen Change Management, bewusst starke Führungskräfte auf unterschiedlichen Hierarchieebenen und in unterschiedlichen Bereichen zu etablieren, die dann als »Energetisierer« für Transformationsprozesse agieren können. (vgl. Rolfe 2019, S. 79) Der klassische Top-Down-Prozess soll somit auf eine breitere Basis in der Organisation gestellt werden.

Wandel als anerkannte zentrale Management-aufgabe in Unternehmen

Dabei scheint die Notwendigkeit des Wandels im Rahmen einer ganzheitlichen, kontinuierlichen Business Transformation – im Gegensatz zu Organisationen im öffentlichen Sektor – besonders in Organisationen im wirtschaftlichen Bereich auf allen Ebenen unumstritten zu sein. Vielmehr wird sie oft sogar aktiv als Aufgabe priorisiert. So zeigte eine branchenübergreifende Studie mit 116 Führungskräften, ChangemanagerInnen und ProjektleiterInnen in Unternehmen bereits im Jahr 2010, dass aktives Change Management mittlerweile als »zentrale Managementaufgabe mit zunehmender Bedeutung« angesehen wird (Capgemini Consulting 2010). Dieser Trend hat sich seitdem fortgesetzt und verstärkt. (vgl. Vahs 2019, S. 265)

»Beidhändigkeit« (organisationale Ambidextrie)

Die besondere Herausforderung für die Führungskräfte, egal auf welcher Ebene einer Organisation, liegt dabei in der Parallelität von zwei Lernprozessen, in der sog. Beidhändigkeit (organisationale Ambidextrie): Neben der Planung, Initiierung und Umsetzung von grundlegenden und weitreichenden strategischen Veränderungen im Unternehmen müssen sie sicherstellen, dass auch das Tagesgeschäft in einer effizienten und anforderungsgerechten Weise weiterläuft. »Auch in Veränderungssituationen von Unternehmen erwarten die Kunden schließlich eine gleichbleibende Qualität der erbrachten Leistungen. Schließlich kann es sich keine Firma leisten, ein Schild mit der Aufschrift »Wegen Veränderungen zwölf Monate geschlossen« an ihre Pforte zu hängen. Insofern müssen Unternehmen in Veränderungsprozessen sozusagen beidhändig arbeiten: Die rechte Hand betreibt das Tagesgeschäft und kümmert sich auch um die operativen Verbesserungen, die eben dieses Geschäft optimieren sollen, z. B. Kostensenkungsprogramme, kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) oder Verkaufsförderungsprogramme. Die linke Hand muss währenddessen nach strategischer Erneuerung streben. Dies allerdings in abgestimmter Weise, damit die rechte weiß, was die linke tut. In der Theorie wird in diesem Zusammenhang der Begriff der »organisationalen Ambidextrie« (lat.: Beidhändigkeit) verwendet.« (Vahs 2019, S. 265 mit Verweis auf Krüger 2014, S. 2)

Gleichzeitige Exploitation und Exploration

Oder anders formuliert: Um langfristig anpassungsfähig und überlebensfähig zu sein, benötigt eine Organisation die Fähigkeit, das Bestehende zu optimieren (Exploitation) und andererseits zugleich die Fähigkeit, neue Dinge zu erforschen oder zu entwickeln (Exploration). (vgl. Vahs 2019, S. 266; Brix 2019). Das dürfte auf Organisationen aller Sektoren zutreffen. Dabei die richtige Balance zu finden, stellt Organisation in der Praxis allerdings vor einige Herausforderungen. Und eine Imbalance bzw. eine zu starke Einseitigkeit kann sogar als Hemmnis für Lernen und Wandel wirken (► Kap. 3.1).

Und was bedeutet Agilität?
Begriff der Agilität

Der Begriff der Agilität einer Organisation ist bislang kaum über Definitionsversuche herausgekommen. Ursprünglich ein Begriff aus der Softwareentwicklung, wurde er ab 2015 auch außerhalb der IT zunehmend genutzt. Agiles Management gilt seitdem nicht nur als moderne Projektmanagementmethode, sondern auch als Führungsprinzip und Organisationsstruktur.