HERR DER WELTEN: Die 3. Kompilation - Wilfried A. Hary (Hrsg.) - E-Book

HERR DER WELTEN: Die 3. Kompilation E-Book

Wilfried A. Hary (Hrsg.)

0,0
9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

HERR DER WELTEN: Die 3. Kompilation

Wilfried A. Hary (Hrsg.):

„Diese Kompilation enthält die Romane 21 bis 30 der laufenden Serie!“

 

Irgendwann im Übermorgen: John Willard, auf einer unmenschlichen Erde aufgewachsen, auf der nur noch das Recht des Stärkeren gilt, wird vom Sternenvogt, dem HERRN DER WELTEN, auserkoren, als eine Art Stuntman für ihn tätig zu werden, wenn es gilt, die erzwungene universale Ordnung aufrechtzuerhalten. Aber John Willard muß auch erfahren, daß den Sternenvogt ein Geheimnis umgibt, das viel weiter reicht, als er zu Beginn auch nur ahnen kann. Und das Schicksal des Universums hängt von ihm ab...

 

Die in dieser Kompilation enthaltenen Romane (in Klammern: Ersterscheinungsmonat):

21 »Spartakus« Erno Fischer (9/01)

22 »Tod eines Helden« Erno Fischer (10/01)

23 »Nobody« Erno Fischer (11/01)

24 »Revolte der Freaks« Erno Fischer (12/01)

25 »Die Verbannten« Erno Fischer (1/02)

26 »Gefangen im Hyperraum« Erno Fischer/W. A. Hary (2/02)

27 »Alien-Komplott« W. A. Hary (3/02)

28 »Flucht ins Ungewisse« W. A. Hary und Erno Fischer (4/02)

29 »Wege im Nirgendwo« Wilfried Hary (5/02)

30 »Wanderer zwischen den Welten« Wilfried Hary (6/02)

 

Alle Titelbilder der Originalhefte: Gerhard Börnsen

 

Copyright © neu 2019 by

HARY-PRODUCTION.de

Sämtliche Rechte vorbehalten!

Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung von

HARY-PRODUCTION!

 

Lektorat: David Geiger

 

HERR DER WELTEN ist die Schwesterserie von STAR GATE – das Original und GAARSON-GATE!

 

Nähere Angaben zum Herausgeber und Autor siehe WIKIPEDIA unter Wilfried A. Hary: de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2019

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Wilfried A. Hary (Hrsg.)

HERR DER WELTEN: Die 3. Kompilation

„Diese Kompilation enthält die Romane 21 bis 30 der laufenden Serie!“

Nähere Angaben zum Herausgeber und Autor siehe WIKIPEDIA unter Wilfried A. Hary: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._HaryBookRix GmbH & Co. KG81371 München

HERR DER WELTEN: Die 3. Kompilation

 

Impressum

Diese Kompilation enthält die Romane 21 bis 30 der laufenden Serie!

 

Copyright © neu 2019 by

www.HARY-PRODUCTION.de

Sämtliche Rechte vorbehalten!

Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung von

HARY-PRODUCTION!

 

Lektorat: David Geiger

 

HERR DER WELTEN ist die Schwesterserie von

STAR GATE – das Original und GAARSON-GATE

 

Irgendwann im Übermorgen: John Willard, auf einer unmenschlichen Erde aufgewachsen, auf der nur noch das Recht des Stärkeren gilt, wird vom Sternenvogt, dem HERRN DER WELTEN, auserkoren, als eine Art Stuntman für ihn tätig zu werden, wenn es gilt, die erzwungene universale Ordnung aufrechtzuerhalten. Aber John Willard muß auch erfahren, daß den Sternenvogt ein Geheimnis umgibt, das viel weiter reicht, als er zu Beginn auch nur ahnen kann. Und das Schicksal des Universums hängt von ihm ab...

 

Die in dieser Kompilation enthaltenen Romane (in Klammern: Ersterscheinungsmonat):

21 »Spartakus« Erno Fischer (9/01)

22 »Tod eines Helden« Erno Fischer (10/01)

23 »Nobody« Erno Fischer (11/01)

24 »Revolte der Freaks« Erno Fischer (12/01)

25 »Die Verbannten« Erno Fischer (1/02)

26 »Gefangen im Hyperraum« Erno Fischer/W. A. Hary (2/02)

27 »Alien-Komplott« W. A. Hary (3/02)

28 »Flucht ins Ungewisse« W. A. Hary und Erno Fischer (4/02)

29 »Wege im Nirgendwo« Wilfried Hary (5/02)

30 »Wanderer zwischen den Welten« Wilfried Hary (6/02)

 

Alle Titelbilder der Originalhefte: Gerhard Börnsen

 

HERR DER WELTEN 21:

Erno Fischer

Spartakus

Das Geheimnis des Sternenvogts

- achter Teil des Vergangenheitszyklus

Ein verhängisvolles Experiment ausgerechnet in der Nähe der Erde. Dabei wird ein Asteroid namens Smaragd zum Todesboten für das ganze Sonnensystem. Denn er befindet sich nicht mehr nur im Normalraum, sondern gleichzeitig... in Hyperraum! Alles wird versucht, um der Gefahr Herr zu werden. Eines der Gardenraumschiffe versucht sogar die Landung auf Smaragd. Die dabei auftretenden energetischen Effekte reißen ein Loch in die als unzerstörbar geltende Sichtscheibe. Außerhalb lauert das Nichts...

Hintergrund:

Irgendwann in fernster Zukunft: Viele tausend Welten sind von Menschen besiedelt. Überlichtschnelle Flüge sind verboten, weil es sich erwiesen hat, daß diese auf Dauer das energetische Gleichgewicht des Universums und somit das Raum-Zeit-Gefüge stören, was in manchen Bereichen des Universums in der Vergangenheit zu schrecklichen Katastrophen führte.

Die von Menschen besiedelten Welten haben keinen direkten Kontakt miteinander, da es keine überlichtschnellen Kommunikationsmöglichkeiten gibt. Dennoch entstand im Verlauf der Jahrtausende ein funktionierendes Handelssystem: Riesige Container-Schiffe sind im Unterlichtflug unterwegs zu ihren Zielwelten, mit mannigfaltigen Waren bestückt. Sie sind teilweise Jahrtausende unterwegs, um ihr Ziel zu erreichen, aber da der Strom der Handelscontainer niemals abreißt, werden die Planeten untereinander reibungslos versorgt.

Die Erde beispielsweise ist eine gigantische »Zuchtanstalt für Menschenmaterial« - dem wichtigsten »Exportartikel« für die Erde. Die Betreffenden werden in Tiefschlaf versetzt, bevor sie auf den Weg gehen. Ein übriges tut die Zeitdilatation, so daß sie unbeschadet den langen Flug überstehen.

Dieses komplizierte Handelssystem ist natürlich hochempfindlich - und muß überwacht werden. Dafür zuständig ist der Sternenvogt - der HERR DER WELTEN! Nur ein Sternenvogt besitzt das Monopol des Überlichtfluges, um seiner Aufgabe auch gerecht werden zu können. Aber dieser verhältnismäßig minimale Einsatz des Überlichtfluges hat keine negativen Auswirkungen auf die universale Ordnung.

Es gibt mehr als nur einen Sternenvogt, doch das Universum ist groß genug für alle - und so begegnen sie sich untereinander nur, wenn es unbedingt nötig erscheint...

Hier beginnt die Serie:

John Willard, geboren auf einer unmenschlichen Erde, wird unter dramatischen Umständen der »Diener des Sternenvogts«, denn dieser geht selten persönlich in einen notwendig werdenden Einsatz, um die sogenannte universale Ordnung zu sichern. Sein Diener fungiert als eine Art Stuntman (Band 1).

Der erste Einsatz führt John Willard auf den »Planeten der Amazonen«: Aufgrund von Umwelteinflüssen kommen hier nur Frauen zur Welt. Um ihren Fortbestand zu sichern, müssen sie Männer von der Erde »importieren«. Und jetzt haben sie das Geheimnis des Überlichtfluges enträtselt und sagen dem Handelssystem den Kampf an (Band 2).

Es gibt einen Bereich im Weltall, in dem Handelscontainer einfach verschwinden. John Willard findet hier eine Art »Miniuniversum«, das durch radikal veränderte Naturgesetze entstand. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als einzudringen, obwohl es noch niemals zuvor eine Rückkehr von hier gab (Bände 3 bis 4).

In Band 4 gelingt John das bislang Unmögliche - und er kehrt zurück. Inzwischen hat der Sternenvogt einen zweiten Diener - einen kampfstarken intelligenten Androiden: Bron! Und der nächste Einsatz wartet bereits: Johns Bewußtsein wird ausgetauscht mit dem Bewußtsein eines jungen Mannes namens Bereter. Er ist ein sogenannter Sucher - unterwegs in einer alptraumhaften Welt, die durch das Kollektiv der Träumer entstanden ist. Als Bereter kann sich John nicht an seine eigentliche Identität erinnern. Seine Aufgabe ist es, das Geheimnis der Traumwelt zu ergründen und den nicht abbrechbaren Traum in Bahnen zu lenken, die keine Gefahr mehr für die universale Ordnung bedeuten, ausgehend vom »Planeten der Träumer«. Kommt er als Bereter zu Tode, ist dies auch sein Ende als John Willard. Aber er hat eine wichtige Unterstützung auf seinem Weg: Bron! (Bände 4 bis 7)

John Willard überlebt nicht nur als Bereter, sondern er bewährt sich. Kein Wunder, daß der Sternenvogt das gleiche Prinzip auch beim nächsten Einsatz beibehält: Johns Bewußtsein wird diesmal mit dem Bewußtsein eines Mannes namens Karem Eklund ausgetauscht - auf einer Welt der krassen Gegensätze. Die Bewohner glauben, auf der Erde zu sein. Sie leben großenteils in einer halbzerverfallenen Stadt, die schier den halben Planeten umspannt. Es gibt allerdings einen Bereich, wo sie keinerlei Zugang haben: Das ist der Bereich der Unsterblichen, die sich mittels einer riesigen Energieglocke gegen alles schützen, was von außen Einfluß nehmen könnte.

John soll als Karem Eklund die Zusammenhänge klären - und vor allem prüfen, ob von hier eine Gefahr ausgeht und ob diese Welt vielleicht sogar Aufnahme finden könnte in den Handelsverband. (Bände 7 bis 11)

Nach dem Bestehen (und vor allem »Überstehen«) auch dieser Aufgabe macht der Sternenvogt John zu einem PSI-Menschen - und beweist damit, welche unvorstellbaren Möglichkeiten er eigentlich hat. Nach einer entsprechenden Ausbildung, in der John lernt, mit seinen neuen Fähigkeiten umzugehen, muß er in den Bereich des sogenannten Weißen Planeten - eine Zone, die sich energetisch vom übrigen Universum abkapselt. Dies ist eine tickende energetische Zeitbombe, die John entschärfen soll. Dabei gibt es nur eine Alternative: Das Rätsel lösen - oder sterben! (Bände 11 bis 13)

In Band 13 nimmt der Sternenvogt John Willard wieder alle PSI-Fähigkeiten, die er für den Einsatz benötigt hat - und beginnt, das Rätsel seiner eigenen Herkunft - und vor allem seiner Bestimmung zu lösen. Er läßt die fernste Vergangenheit virtuell neu entstehen, um John teilhaben zu lassen an Schlüsselereignissen zu einer Zeit, als der Mensch erst seit wenigen Jahrhunderten den Weg ins All gefunden hatte. Er tat dies damals mittels eben der PSI-Menschen. Doch der irdische Ultimate-Konzern arbeitet an einem »technischen Ersatz« (genannt: Ultimatecraft), nicht nur, um die PSI-Menschen (die man aufgrund ihrer besonderen Aufgabe in der interstellaren Raumfahrt PSYCHONAUTEN nennt) abzulösen, sondern vor allem, um sich künftig das alleinige Monopol für die überlichtschnelle Raumfahrt zu sichern. Aber es gibt schon von Anbeginn an Probleme.

Und dann erfolgt ein verhängisvolles Experiment ausgerechnet in der Nähe der Erde. Dabei wird ein Asteroid namens Smaragd zum Todesboten für das ganze Sonnensystem. Denn er befindet sich nicht mehr nur im Normalraum, sondern gleichzeitig... in Hyperraum! Alles wird versucht, um der Gefahr Herr zu werden. Eines der Gardenraumschiffe versucht sogar die Landung auf Smaragd. Die dabei auftretenden energetischen Effekte reißen ein Loch in die als unzerstörbar geltende Sichtscheibe. Außerhalb lauert das Nichts...

*

»Blende zu!« brüllte Captain Carmen durch das entstehende Durcheinander. Sie bewahrte als einzige einen kühlen Kopf.

Der Hauptmann, Mitglied der Schiffsführung und direkt angesprochen durch den Befehl, erwachte sogleich aus seiner Erstarrung. Die Computerkontrolle vor ihm war abgeschaltet. Nur die Manuellsteuerung funktionierte noch.

Seine Finger tanzten wie selbständige Wesen über die Tastaturen. Ruckartig setzte sich die Blende in Bewegung.

Ein Sturmwind fauchte durch die Zentrale. In einem bangen Augenblick befürchtete die Captain, die Protop-Scheibe würde der Beanspruchung nicht standhalten und vollends bersten. Doch sie hielt. Das Loch blieb armdick. Die Luft im Innern der Zentrale fauchte hinaus. Der Sog in der Nähe der Scheibe war so groß, daß er alles mitriß.

Die Captain schnallte sich schleunigst los und zog sich zurück.

»Ruhe bewahren!« brüllte sie. »Major, Lufterneuerung unterbrechen!«

Die Major gehorchte. Aber sofort wurde die Luft in der Zentrale dünner. Es brauste und donnerte in den Ohren der Leute. Sie preßten die Hände gegen die Köpfe.

Auch die Captain hörte das Blut in ihren Ohren brodeln und konnte nichts dagegen tun. Ihr schwindelte.

Ununterbrochen hielt sie das Loch in der Sichtscheibe im Auge. Sie wagte nicht einmal zu blinzeln, damit ihr nichts entging.

Irrte sie sich oder verringerte sich der Sog?

Natürlich, der Innendruck wurde durch die unterbrochene Luftzufuhr geringer. Das wirkte sich auch auf die weitere Dekompression aus.

Die Blende erreichte das Loch. Es gab zwischen Blende und Scheibe nur einen hauchdünnen Abstand.

Der Sog wurde weiter reduziert. Denn die entweichende Luft mußte sich durch den engen Spalt drängen.

Schließlich knallte die Blende in den Rahmen. Sie war luftdicht verschlossen!

Captain Carmen starrte darauf und wollte es nicht glauben.

Gerettet!

»Lufterneuerung!« ächzte sie. »Major, aber mit Gefühl!«

Auch hier keine Computersteuerung mehr. Keine Automatik überwachte die Luftzufuhr. Die Major mußte sich zusammenreißen. Sie beobachtete die halbelektronische Druckanzeige und regulierte von Hand. Ganz allmählich erhöhte sich der Druck wieder in der Zentrale, um sich dem Normalwert zu nähern. Das beanspruchte seine Zeit. Wenn der Druck zu schnell erhöht wurde, hatte das bleibende Schäden für alle hier in der Zentrale zur Folge. Änlich wie bei einem Taucher, der zu schnell in die Tiefe ging.

Mehrere Minuten würden die Schotts geschlossen bleiben. Niemand konnte die Zentrale betreten.

Rufanzeige an der Eingangsluke!

Captain Carmen blickte hinüber. Was sollte das nun wieder?

Sie hieb auf die Sprechverbindung und erinnerte sich, daß auch die nicht mehr funktionierte.

Die Captain ging zur Luke hinüber, stellte sich daneben auf.

»Wie lange noch, Major?«

Ihre eigene Stimme klang wie aus weiter Ferne. Und die Antwort der Major war nicht zu verstehen.

Die Captain faßte einen Entschluß. Von unten versuchte jemand, das Schott zu öffnen. Das mißlang natürlich. Die Sicherheitsschaltung verhinderte es. Sie würde sich erst lösen, wenn der Druckausgleich wiederhergestellt war.

Ein simpler Mechanismus, der trotz der Störungen durch Smaragd funktionierte.

»Medikamente!« brüllte die Captain, damit sie verstanden wurde.

Ein Hauptmann wieselte quer durch die Zentrale, um den Befehl auszuführen. Er ging an den Medizinschrank mit der Notausrüstung. Die Medoroboter waren nicht hier in der Zentrale untergebracht, sondern in der Versorgungsabteilung, die im Moment nicht erreichbar war.

Der Hauptmann entnahm das Richtige und eilte zuerst zur Captain.

Ohne hinzusehen übernahm sie die kleine Ampulle, führte sie zum Mund, biß darauf.

Das Material wirkte wie Glas, aber als die Ampulle zersprang, waren die Scherben völlig ungefährlich. In Verbindung mit menschlichem Speichel lösten sie sich rasch auf. Ein süßer Geschmack. Captain Carmen schluckte das Zeug.

Sie schätzte, daß es noch zwei Minuten bis zum Druckausgleich waren. Diese Zeitspanne war längst noch nicht vorbei, als die Wirkung des Medikaments eintrat. Das Ohrensausen verebbte. Captain Carmen konnte wieder normal hören.

Und sie hörte eine Stimme!

*

Captain Carmen brauchte Sekunden, um festzustellen, daß die Stimme, die sie hörte, keineswegs über die Ohren zu ihrem Verstand drang, sondern direkt in ihrem Kopf entstand.

War es wieder der verdammte Asteroid mit Namen Smaragd, der Wahnsinn in ihnen erzeugte?

Die Captain wandte sich um. Alle Anwesenden waren mit den Medikamenten versorgt. Das Zeug stabilisierte die Kreislauftätigkeit. Alle konnten sich wieder so bewegen, als sei überhaupt nichts vorgefallen. Selbst dem Mann, der am Hauptcomputer Dienst verrichtet hatte, war nichts mehr anzumerken.

Das Schiff ist im Moment steuerlos! durchzuckte es Captain Carmen.

Da war die Stimme wieder: Steuerlos?

Wer bist du?

Captain Quendolain! Ich habe mich gewundert, daß das Schott geschlossen war. Dachte schon, Sie hätten Verdacht geschöpft. Jetzt sehe ich klar, erkenne ich den Grund.

Verdacht geschöpft? echote Captain Carmen

Leises Lachen. Ja, ehrwürdige Captain! Ich bin dabei, wieder mein Schiff zu übernehmen! Aber werten Sie es nicht als Aufruhr oder Meuterei. Sie selbst haben den Gefangenenstatus aufgehoben. Wir haben die Reise unternommen, um mit Ihnen zu kämpfen. - Auf den anderen Schiffen, die uns folgen, sind gefangene Psychonauten?

Was haben Sie vor?

Auch gut. Keine Antwort ist auch eine Antwort. Jedenfalls unterscheidet uns ein wichtiger Umstand von allen anderen Beteiligten: Wir machen nicht freiwillig mit! Dennoch biete ich meine Hilfe an. Und sie kann nur dann voll wirksam werden, wenn ich die Führung meiner Schiffes übernehme. Sehen Sie es ein, Captain Carmen! Eine Diskussion können wir später führen. Dafür ist momentan keine Zeit.

Wenn ich mich weigere, drohen Sie wohl mit Kampf?

Sie sehen das schon richtig!

In Ordnung, ich bin bereit!

Die Wartezeit war vorüber. Captain Carmen öffnete die Luke eigenhändig. Captain Quendolain stieg in die Zentrale.

Es juckte Carmen in den Fingern, nach ihrer Waffe zu greifen, aber sie ließ den Strahler stecken.

»Ihr seid keine Menschen mehr!« murmelte Captain Carmen.

Quendolain nickte ihr lächelnd zu.

»Sie lernen schnell, Carmen. Alle Achtung!«

Quendolain wurde dicht gefolgt von ihren Leuten, die sofort in der Zentrale ausschwärmten.

Carmen sah, daß alle bewaffnet waren, und wandte sich an ihre eigenen Leute: »Laßt sie gewähren!«

Sehr ungern kam man diesem Befehl nach. Aber hatte Captain Carmen bisher nicht ausreichend bewiesen, daß sie jeder Situaion gewachsen war? Sie mußte ihre Gründe haben für ihre Befehle.

Captain Carmen verschwieg ihren Untergebenen, daß sie diesmal nicht aus kühler Überlegung heraus handelte, sondern ihrer Intuition folgte.

Ja, die veränderten Gardisten waren keine Menschen mehr. Wenn man die ehemalige Besatzung der LUNA 10 unter Captain Quendolain genau betrachtete, hatte man den Eindruck, daß sie eine unsichtbare, aber spürbare Aura umgab.

Keine Menschen! dachte Carmen und suchte sich einen Sitzplatz, von dem aus sie alles überblicken konnte.

Ihre Leute verließen die Kontrollen und taten es ihr gleich.

Das Rütteln des Schiffes war inzwischen stärker geworden. Sie hatten es nur noch unterschwellig registriert.

Captain Carmen blickte zu einer der Sichtscheiben. Nur die beschädigte wurde von einer Blende bedeckt.

Smaragd! Da war er, auf das Dreißigfache angewachsen. Ein Riese. Als würden sie sich direkt darüber befinden.

Eine Täuschung, denn die Glutzungen, die emporleckten, erreichten das Schiff noch nicht.

»Fertig?« rief Captain Quendolain.

Major Claudette auf dem Platz des ersten Offiziers bestätigte. Sie schaltete an den Kontrollen herum.

Captain Carmen wollte aufschreien und verhinderte das im letzten Moment. Sie dachte an die Katastrophe von vorhin. Denn die Major schaltete einen Teil der Computereinheiten wieder ein!

*

Spartakus wurde bei seiner Gymnastik bald gestört. Genius Alberti stürmte herein.

Irritiert blickte Spartakus auf. Er legte die Kurzhantel auf den Boden zurück und richtete sich auf.

Alberti schloß eilig die Tür hinter sich. Sein schweißnasses Haar hing ihm wirr ins Gesicht. Seine Augen blickten unstet.

»Eine neue Katastrophe bahnt sich an!« rief er.

»Was für eine Katastrophe?« erkundigte sich Spartakus scheinheilig.

»Als du im Heilschlaf warst, ist es passiert, Spartakus. Ein entarteter Asteroid rast auf die Erde zu, schickt zerstörerische Energiewellen voraus und überschwemmt das Sonnensystem mit Hyperraum-Energien.

»Langsam, langsam, Genius, nicht so theatralisch und überstürzt! Erzählen Sie der Reihe nach!«

Meine Ahnungen! dachte erund lauschte den Worten des Genius.

Alberti schaffte es tatsächlich, seine Nervosität zu zügeln. »Die Propaganda von Reed schiebt alles in die Schuhe von Außerirdischen. Ich weiß es besser - wir alle hier in den Labors. Wir gehören zu Ultimate und kennen die neuesten Forschungsprogramme des Konzerns. Ein Transmitterunfall, wie es in solchem Maße noch keinen gab, ist für die Veränderungen des Asteroiden Smaragd verantwortlich. Alle Bemühungen, ihn abzulenken oder zu vernichten, scheiterten bisher. Vorhin erfuhr ich, daß eine undefinierbare Energieflut auf die Erde zurast - mit annähernder Lichtgeschwindigkeit.«

»Und wo ist Reed?«

»Das wissen wir nicht. Es kursiert das Gerücht, er habe sich rechtzeitig abgesetzt und dirigiere alle Maßnahmen aus sicherer Entfernung.«

»Das sieht ihm ähnlich!«

»Verdammt, Spartakus, laß mich ausreden! Ich vermute, daß Reed uns im Stich gelassen hat und nur seine engsten Vertrauten aus dem Konzern und aus dem Weltrat mitnahm. Wenn die Erde und das Sonnensystem nicht mehr existieren, wird Reed das Zentrum seiner Macht auf einem anderen Planeten aufbauen.

Seine irdischen Gegner und Konkurrenten ist er dann los. Wir sind zum Tode verurteilt.«

Spartakus hob die linke Augenbraue. Er betrachtete das Bündel in den Händen des Genius.

»Weiter!« drängte er.

Meine Chance! hämmerte es in seinem Schädel. Meine Chance!

»Die Energieflut benötigt fast eine Stunde, um von Smaragd zu uns zu gelangen, und Smaragd selbst wird in weniger als neunzehn Stunden hier sein - falls bis dahin die Erde überhaupt noch existiert. Wir glauben alle, daß die Katastrophe weit früher eintritt, denn die Sonne beginnt sich zu verändern. Vielleicht explodiert sie vor der Zeit zu einer Nova?«

Spartakus nickte. »Ich verstehe!«

»Gar nichts verstehst du, Spartakus!«

»Doch, mein lieber Genius Alberti. Diese zuvorkommende Behandlung meiner Person, die ganze Mühe mit meinem neuen Arm - wirklich ausgezeichnet geplant. Du bist ein untreuer Ultimate-Anhänger, nicht wahr? Vielleicht hast du es selber nicht mal gewußt? Aber es bohrte in deinem Unterbewußtsein. Du hast geahnt, daß du diesem Reed nicht ganz so wichtig bist, wie du es gern hättest. Und jetzt hast du Angst und willst die Flucht wagen. Weg von der Erde, in Sicherheit!«

»Ja!« sagte Alberti einfach. »Vielleicht hätte es niemals einen Ausbruch gegeben, aber ich scheine geahnt zu haben, was die Zeit bringt. Geschickt steuerte ich das Geschehen. Meine Mitarbeiter haben keinen Verdacht geschöpft. Sie haben selber reges Interesse an dir, Spartakus.«

Er warf sich in die Brust.

»Das mit deinem neuen Arm... Ich habe nicht ganz die Wahrheit gesagt. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit ist etwas in dieser Perfektion gelungen. Ein Eingriff in die Natur. Du bist der Prototyp einer verbesserten Ausgabe des Menschen, und ich bin dein Schöpfer!«

»Genie und Wahnsinn liegen wie so oft ganz eng beisammen!« knurrte Spartakus angewidert und ging auf Alberti zu.

Der Genius wich zurück, bis er mit dem Rücken gegen die geschlossene Tür stieß. Lauschend legte er sein Ohr dagegen.

»Wir müssen schnell handdeln, ehe die anderen kommen!«

»Dein Plan?«

Spartakus riß ihm das Bündel aus der Hand. Kleidung! Damit würde er sich unauffällig bewegen können.

Alberti zitterte wie Espenlaub. »Entschuldige, daß ich so konfus erscheine, aber ich mußte eine Droge nehmen.«

»Verdammt, eben noch hast du gesagt, wir hätten keine Zeit zu verlieren. Nun mach schon, Alberti!«

Der Genius begann zu weinen. »Die Droge verwirrt meine Gedanken. Die Wirkung nimmt kontinuierlich zu. Bald werde ich dir wie ein Schwachsinniger erscheinen. Du mußt mich dann leiten. Ich bin dir ausgeliefert. Aber ich kann dir vertrauen, nicht wahr? Ich habe dir einen neuen Arm geschenkt, und durch mich kannst du...«

»Komm endlich zum Kern des Themas!«

Spartakus kleidete sich in Rekordzeit um. Nein, das war nicht nur Kleidung! Darunter verbarg sich ein leichter Panzer. Zwar nicht so stark wie der Panzer eines Gardisten im Einsatz, dafür aber weniger hinderlich.

»Wenn die Wirkung der Droge abklingt, werde ich mich an nichts mehr erinnern. Selbst wenn du durchkommst und ich scheitere, wird mir niemand nachweisen können, daß ich dir geholfen habe. Sie werden annehmen, daß du mir die Droge gabst, um mich gefügig zu machen.«

»Und die anderen Wissenschaftler deines Teams?«

Spartakus wollte Alberti von der Tür wegziehen, doch Alberti wehrte sich.

»Moment noch! Das mußt du wissen, Spartakus! Sie sind unsere Todfeinde! Obwohl sie sich verraten fühlen, würden sie niemals etwas tun, was gegen Reed wäre. Kadavergehorsam, wenn du so willst. Du - du mußt sie töten, sonst haben wir keine Chance!«

»Töten?«

»Ja, Spartakus!« Alberti forschte in seinem Gesicht. »Spartakus, es geht um unser - um dein Leben! Du kannst noch soviel tun. Denk an die Psychonauten-Rebellen. Sie werden überall gehetzt. Wenn man sie schnappt, werden sie getötet oder operiert, damit sie ihre Psychonautenkräfte verlieren. Viele werden dabei wahnsinnig! Sie - sie brauchen dich - alle! Laß uns von hier weggehen. Ich werde dich immer unterstützen, selbst wenn es gegen meine eigenen Interessen verstößt!«

Spartakus riß ihn mit einer unbeherrschten Gebärde von der Tür weg.

»Ich spucke auf dich, Alberti! Das mit der Droge hast du wohl getan, weil du immer helfend an meiner Seite bleiben willst, wie? Wenn du es ehrlich meinst, warum dann diese Vorsichtsmaßnahme?«

»Aber, Spartakus, begreife mich doch!« Alberti ging in die Knie und schlug die Hände vor das Gesicht.

Spartakus sah auf ihn herab. So hatte er diesen Mann noch nie gesehen. Es mußte mit der Droge zusammenhängen.

Ja, das war es. Alberti war ein Genie - wie alle Geniuse. Manche erreichten ein Intelligenzpotential, das das eines Albert Einstein um einiges überstieg. Alberti hatte sich hier unten in den Labors verkrochen, weil er mit normalen Menschen überhaupt nicht mehr verkehren konnte. Er war im Grunde völlig hilflos seiner Umwelt gegenüber...

Spartakus unterbrach seine Gedankengänge, streckte die Hand aus und zog Alberti zu sich empor.

»Also gut!« zischte er. »Es bleibt keine andere Wahl. Wenn ich daran denke, was diese Schweine ihren Versuchsobjekten schon alles angetan haben, kann ich keine Skrupel mehr hegen. Ich werde sie töten - und was dann?«

Alberti beruhigte sich schlagartig. Aber er hatte Mühe, sich gerade zu halten und seine Gedanken zu formulieren. Die Wirkung der Droge wurde immer verheerender.

Teufelszeug! dachte Spartakus.

»Die Energiefluten von Smaragd werden uns bald erreichen. Nach meinen Berechnungen werden sie weltweites Chaos auslösen. Dann werden sich die Menschen nicht mehr durch Reeds Propaganda belügen lassen. Eine Panik wird ausbrechen. Das ist unsere Chance. Ich weiß, wo ein Raumschiff versteckt ist. Damit sollen wahrscheinlich die letzten von Reeds Vertrauten fliehen, wenn es nicht mehr anders geht. Wir müssen ihnen zuvorkommen. Im Schutze des Chaos fliehen wir. Die Erdbeben werden alle Überwachungscomputer stören und...«

»Das Ganze klingt reichlich verworren. Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir das schaffen könnten.«

Alberti umklammerte seine Schultern.

»Du bist der Trumpf, Spartakus, Führer der Freaks! Du bist eine lebendige Kampfmaschine!

In deiner gegenwärtigen Verfassung bist du jedem Gardisten haushoch überlegen. Du spielst mit ihnen wie mit Puppen. Dein Körper ist die universelle Waffe. - Zeig es ihnen, Spartakus!«

»Hör auf, mich mit deinen heroischen Mätzchen vollzustopfen, sonst glaube ich noch selber daran!« brummte Spartakus abweisend. »Und jetzt halt den Mund und tu ihn nur auf, wenn du gefragt bist. Außerdem mußt du mir den Weg zeigen. Ich wohne hier unten zwar schon eine ganze Weile, fühle mich aber trotzdem wie ein Fremder.«

Alberti nickte eifrig.

Spartakus öffnete die Tür und blickte hinaus. Seine Sinne waren bis aufs äußerste angespannt.

Jemand kam den Gang entlang. Schritte hinter der nächsten Biegung.

Spartakus schnappte sich Alberti und schob ihn hinaus.

»Du faselst etwas von mir, daß ich krank bin oder so...«

Mehr konnte er nicht sagen, denn der andere bog um die Ecke.

Alberti wankte wie ein Halm im Wind. Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn. Er stöhnte laut auf und griff sich an den Bauch.

»He, Genius!« rief der Neuankömmung. Er war einer der Bürger aus Albertis Team. Der erschrockene Mann eilte herbei.

»Was ist denn mit Ihnen?«

»Spartakus!« ächzte Genius Alberti. »Er ist - er hat... tot! Aber vorher...«

»Mein Gott, Genius!« Die Stimme war ganz nahe. Der Mann tauchte auf, spähte über die Schulter Albertis in den Trainingsraum. Nichts sah er.

Er griff nach Alberti, um ihn zu stützen.

»Kommen Sie, wir müssen sofort zur Medoabteilung!«

Jetzt wandte er der offenen Tür den Rücken zu, führte Genius Alberti weg.

Spartakus trat aus der Deckung und schlug zu. Dabei brauchte er sich nicht einmal sonderlich anzustrengen.

Mit starrem Blick schaute er auf den Regungslosen.

»Durch dich werde ich zum Mörder, Alberti!«

Der Genius sah ihn mit trüben Augen an.

»Tu nicht so, Spartakus! Du bist ein Kämpfer - und nicht erst seit heute. Egal, für was und für wen du gekämpft hast:

Wie viele Menschen waren es schon, die du so vor dir liegen hattest?«

»Du bist ein Schwätzer, Alberti!«

»Laß dich davon nicht aufhalten, Spartakus! Wir sind Verbündete. Vergiß es nie!«

Flucht? dachte Spartakus. Ja, Genius Alberti. Aber das Ergebnis wird ein wenig anders aussehen, als du dir das denkst!

*

Spartakus hatte sein makabres Werk an Albertis Assistenten vollendet und fühlte sich elend. Nur noch Leichen. Sie beide waren die einzigen Überlebenden hier unten.

»Was jetzt, Alberti?«

»Warten auf Flut!« murmelte der Genius. Er wirkte wie ein Volltrunkener. Doch seine körperlichen Funktionen waren noch einigermaßen in Ordnung. Sie schienen sich sogar zu regenerieren. Nur sein Geist war umnebelt von der Droge.

Spartakus wußte, daß es soweit war. Mit Alberti konnte er nicht mehr viel anfangen. Er mußte ihn führen. Hoffentlich ging die Wirkung der Droge nicht soweit, daß Alberti nicht mehr hier herausfand!

Vorsichtshalber hatte Spartakus die Identifikationskarten der Getöteten mitgenommen. Vielleicht brauchte er sie noch?

Kaum hatte er das gedacht, als die Katastrophe ihren Anfang nahm.

Der erste Stoß als Vorbote der energetischen Flut! Der Boden erbebte, die Wände wackelten.

Das von Alberti prophezeite Erdbeben. Und so würde es überall auf der Erde aussehen. Die Katastrophe eskalierte.

Spartakus schnappte Alberti wortlos am Arm. Linkerhand bröckelte der Verputz. Eine Staubfontäne zischte empor.

Spartakus spürte etwas, das sein Gesicht streifte. Geistesgegenwärtig warf er sich zurück. Das unsichtbare Etwas hatte es nicht auf ihn abgesehen. Es schlug ziellos zu, krachte in die Wand auf der rechten Seite.

Spartakus gingen die Augen über. Das stabile Mauerwerk wurde von ungeheuren Kräften pulverisiert. Ein Loch entstand. Dahinter befand sich nackter Felsen.

Der entstandene Staub wurde von einem Luftzug mit unbekanntem Ursprung hochgewirbelt und davongetragen.

»Schwerkraftwellen!« murmelte Spartakus vor sich hin. Ja, das war die einzige Erklärung. Die Ordnung des Universums wurde gestört. Die physikalischen Gesetze wurden an manchen Orten außer Kraft gesetzt.

Spartakus mußte zugeben, daß er an eine wirklich universale Katastrophe nicht so recht hatte glauben wollen. Sie war zu unvorstellbar. Jetzt sah er sich eines besseren belehrt und rannte den Gang entlang, Alberti im Schlepp.

Jeden Augenblick konnte wieder eine Schwerkraftwelle zuschlagen.

Wie die kleinen Luftwirbel im Park in der Herbstzeit. Plötzlich werden Blätter bündelweise hochgerissen und wirbeln ein Stück davon. Spartakus schüttelte sich. Niedlich gegenüber dem hier. Vielleicht wird mich die nächste Schwerkraftwelle nicht verfehlen? Oder soll ich besser Schwerkraftwirbel sagen?

Alberti zupfte an seinem Arm. Spartakus verlangsamte das Tempo. Wortlos deutete Alberti gegen die Wand.

Ein erneuter Erdstoß, wesentlich stärker als zuvor.

Erstarrt blieb Spartakus stehen. Er sah auf einmal, daß der Gang mit grauen Partikeln voll war. Dann fiel die Deckenbeleuchtung aus. Sie standen im Dunkeln. Und da war etwas um sie herum, das sie nicht begreifen konnten.

Ein leises Zischen, ein Sausen, ein entferntes Heulen. Eine Gänsehaut entstand auf dem Rücken von Spartakus.

Alberti lallte: »Der Lift! Ich - ich muß mit meiner Karte... Der Schnellift für Notfälle!«

»Halt den Mund!« brüllte ihn Spartakus an. »Die Energie ist ausgefallen. Da nutzt uns der Lift nichts!«

Alberti ließ sich nicht beirren. Er fingerte an der kahlen Wand herum. Spartakus hielt ihn nicht auf. Er hatte Angst - Angst vor dem Schrecklichen, das ihn umgab.

Vor den energetischen Fluten!

Ein erneuter Lufthauch, als würde ihm ein Unsichtbarer ins Gesicht blasen. Unwillkürlich riß Spartakus die Arme hoch.

Da erst merkte er, daß ein Teil der Wand fehlte. Er machte einen Schritt vor.

Der Lift! Wieso war er da, wenn alle Energie ausgefallen war?

»Notlift!« lallte Alberti. Er kicherte. »Alles Verrückte. Minderenergie. He, Minderenergie? Was'n das eigentlich? Schon gehört?«

Spartakus runzelte die Stirn. Die Angst war auf einmal wie weggeflogen. Er verstand. Der Lift wurde nicht elektronisch gesteuert. Nur die empfindlichen Computer waren ausgefallen und gleichzeitig die automatische Steuerung der Beleuchtung. Die unabhängige Energieversorgung funktionierte.

Spartakus suchte das Bedienungspaneel, fand es und drückte auf den obersten Knopf.

Die Tür schloß sich zischend. Der Lift setzte sich ruckartig in Bewegung. Er beschleunigte so stark, daß Alberti den Boden unter den Füßen verlor.

Der Freak kümmerte sich nicht darum. Er murmelte vor sich hin: »Die haben an alles gedacht - an fast alles. Denn das Licht hier drinnen funktioniert auch nicht!«

Mit den Fingern ertastete er die Bedienungsknöpfe. Es waren nur zehn. Endete die Fahrt im Erdgeschoß?

Sie waren angelangt. Gleichzeitig flammte das Licht auf.

Ehe Spartakus die Tür nach draußen öffnete, lauschte er.

Das schrille Wimmern von Sirenen.

»Raus hier, Alberti!« Er packte den Genius am Arm und bugsierte ihn hinaus.

Der Gang, den sie betraten, war hell erleuchtet. Alberti lief hinterher und brabbelte ungereimtes Zeug. Aber Spartakus brauchte sich nicht mehr um ihn zu kümmern. Alberti folgte ihm mit der Zielsicherheit eines dressierten Hundes.

Der Gang erschien endlos. Schritte!

Spartakus wollte sofort losrennen. Da erinnerte er sich, daß er normale Kleidung anhatte. Und der Überwachungscomputer hatte seine Flucht dank Alberti wahrscheinlich noch nicht registriert.

Nein, die Alarmsirenen hatten andere Ursachen!

Um die nächste Biegung kamen drei Gardisten in voller Kampfausrüstung. Ihre Waffen waren direkt auf Spartakus gerichtet.

Jetzt blieb er doch stehen, zog Alberti zur Seite.

Aus! dachte der Freak. Ohne Waffe bin ich denen hilflos ausgeliefert.

Ein letzter Hoffnungsschimmer: Vielleicht hatten es die drei gar nicht auf ihn abgesehen?

Die Hoffnung zerrann, denn die drei verlangsamten ihr Tempo und blieben direkt vor ihm und Alberti stehen.

Der Genius brabbelte etwas von Minderenergie und suchte Assoziationen zu Flieder und Ärger.

»Was hat der?« fragte einer der Gardisten barsch und deutete mit der Waffe auf Alberti.

»Der Schock!« sagte Spartakus wichtigtuerisch. »Er befindet sich in einer hyper...«

»Ihr kommt von hinten?« unterbrach ihn der Gardist barsch.

Spartakus hatte keine Ahnung, was der Gardist damit meinte. Er nickte trotzdem.

»Sieht schlimm aus, he? Die drehen jetzt endgültig durch. Hat die ganze Zeit schon gebrodelt. Jetzt kocht es über.«

»Beeilt euch! Wir beide sind die einzigen, die es geschafft haben!«

Die Gardisten hatten ein Einsehen und rannten weiter.

Spartakus blickte ihnen nach und wußte nicht, ob er lachen oder weinen sollte.

Dann besann er sich. Bisher hatte alles so geklappt, wie es Alberti vorausgesagt hatte.

»Wir müssen weiter!« knurrte der ehemalige Freakführer.

»Minderenergie?« lallte Alberti und beeilte sich, nicht den Anschluß zu verlieren.

Sie bogen um die Ecke. Dreißig Meter weiter war der Ausgang!

Sie mußten sich in einem riesenhaften Gebäude befinden. Eines der Hauptgebäude des Ultimate-Konzerns?

Spartakus hielt sich nicht lange mit dieser Frage auf. Er setzte seinen raschen Weg fort.

Kurz vor dem Ausgang stand eine Tür offen. Stimmen drangen daraus.

Der Freak verlangsamte sein Tempo und hielt an der offenen Tür. Vorsichtig spähte er hinein.

Der Wachraum der drei Gardisten!

Ein Fernsehempfänger, laufende Nachrichten.

Propaganda! verbesserte sich Spartakus. Es drängte ihn zwar, weiterzurennen, aber in diesem Augenblick zeigte man einen Außerirdischen auf dem Schirm.

»Man nennt ihn Soschnyz-Baschraz-Som!« sagte eine dramatische Stimme. »Das Monster von den Sternen! Wir wissen, daß er sich im Sonnensystem befindet.

Er hat mit seinen Leuten Smaragd auf die unheilbringende Bahn gelenkt. Was vorhin geschah, war keineswegs ein Ausläufer und Vorbote von Smaragd, sondern die Auswirkung einer Waffe! Die Garden kämpfen tapfer gegen den Feind der Menschheit. Sie kämpfen und vernichten ihn.

Aber die Anwesenheit von Soschnyz-Baschraz-Som zeigt uns auch etwas anderes: Dieses Wesen ist hier, weil es sehen will, wie weit sein Werk gedeiht. Aber wenn es persönlich zu kommen wagt, dann ist die Gefahr doch nicht so groß, die uns allen droht, nicht wahr? Böse Gerüchte, die da behaupten, das Sonnensystem würde untergehen, sind schamlose Übertreibungen. Würde sich Soschnyz-Baschraz-Som denn freiwillig in Lebensgefahr bringen?«

Soschnyz-Baschraz-Som? überlegte Spartakus. Er hatte diesen Namen noch nie gehört.

Natürlich hielt Spartakus den Außerirdischen zunächst für eine Erfindung. Aber dann lauschte er weiter den Ausführungen des Nachrichtensprechers.

Wahrscheinlich war das meiste Propaganda, aber was Spartakus für sich als wahr herauspicken konnte, ergab in etwa: Der Alien war zum ersten Mal auf dem Planeten Erde 17 aufgetaucht. Nach blutigen Kämpfen mit den Garden gelang ihm die Flucht aus diesem System. Man glaubte, er kehrte zu seiner Heimatwelt zurück. Doch jetzt befand er sich hier im Sonnensystem.

Kämpfe mit den Garden? Auf einmal war Soschnyz-Baschraz-Som dem Führer der Freaks richtig sympathisch. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie diese Kämpfe entstanden waren. Das alles hieß noch lange nicht, daß Soschnyz-Baschraz-Som mit aggressiven Absichten gekommen war.

Spartakus konnte sich hier nicht mehr länger aufhalten. Er verließ mit Alberti das Haus. Gottlob war der Genius jetzt ruhig. Mit den Augen eines unwissenden Kleinkindes blickte er sich um. Spartakus hatte beinahe Mitleid mit ihm. Teufelszeug, diese Droge! dachte er abermals.

Die Straße wirkte verlassen. Sämtlicher Verkehr war zum Erliegen gekommen. Selbst die Laufbänder funktionierten nicht mehr.

Der Freak warf den Kopf in den Nacken. Über die Häuser hinweg orgelte ein Gleiter. Eine Rauchfahne stieg aus seiner Flanke. Der Gleiter verschwand aus Spartakus' Gesichtsfeld.

Sekunden später hörte Spartakus den Aufschlag. Eine Feuersäule schoß zum Himmel, begleitet von tausendstimmigem Geschrei.

Dort mußte sich die Masse der Leute aufhalten!

Kaum hatte Spartakus das erwogen, als schon die ersten aus einer Seitenstraße rannten.

Angst erzeugt Panik und Panik erzeugt Gewalt! Spartakus sah die irren Blicke und wandte sich sofort zur Flucht. Von den Millionen Erdenbürgern suchten alle nach einem Ausweg, nach einem Fluchtraumschiff. Offensichtlich gab es keine mehr. Aber das wollte niemand begreifen. Deshalb drehten die Menschen durch.

Die Propaganda versagte.

Spartakus rannte um sein Leben, und Alberti rannte mit.

Als er einmal zum Himmel blickte, erschrak er.

Es war heller Tag, doch aus dem All wälzte sich etwas heran - eine graue Masse.

Die zweite Welle der energetischen Flut. Vielleicht würde sie noch schrecklicher sein?

Vor ihm türmten sich die Ruinen von Alt-Berlin, wo es eine große Freak-Kolonie gab. Dort hatte er Zuflucht suchen wollen. Jetzt war es zu spät dazu. Obwohl die Verfolger dicht hinter ihm waren, ließ er sich zu Boden fallen. Seine Hände verschränkten sich im Nacken. So hatte er es im Trainingslager der Garden gelernt.

Alberti landete neben ihm und tat es ihm gleich.

Rechtzeitig, bevor sich die Hölle auftat!

Die irren Verfolger beachteten die Gefahr zunächst gar nicht. Sie konzentrierten ihren Haß auf die beiden Flüchtlinge, obwohl die ihnen nichts getan hatten. Dabei übersahen sie die Flut aus dem All.

Ein flirrendes Meer grauer Partikelchen, die jeden festen Gegenstand durchdrangen, als wäre er nicht vorhanden. Sie selbst waren eigentlich absolut harmlos, die optische Erscheinung der Hyperraum-Energien. Doch mit ihnen kamen die Schwerkraftwellen!

Einer der Wirbel griff direkt in die Menschenmasse hinein. Die anderen sahen mit an, wie ihre schreienden Begleiter hoch über den Dächern der Häuser verschwanden.

Das Erdbeben, das als nächstes entstand, war wesentlich heftiger als bei der ersten Welle.

Die Gebäude begannen bedenklich zu wanken.

Spartakus dachte: Es wird vorbeigehen, und dann muß ich schnell sein, ehe sich die Wahnsinnigen wieder formieren.

Alberti, du verdammter Narr. Was hast du von einem Raumschiff gefaselt? Wie soll ich das Schiff finden? Warum hast du mir nicht erklärt, wo sich das Ding befindet?

*

Soschnyz-Baschraz-Som war im Schiff. Er dachte im Schiff. Er war eins mit dem Schiff. Er war das Schiff!

Seine Sensoren nahmen auf. Sie sondierten die Funkwellenmuster, analysierten, verglichen, werteten aus.

Denn Soschnyz-Baschraz-Som war nicht nur das Schiff, sondern auch der Computer. Sein Geist durchdrang die Schiffszelle, belauschte und beobachtete den Weltraum - und war unsichtbar!

Der Ortungsschutz funktionierte hundertprozentig. Man wußte zwar von seiner Anwesenheit, aber mehr nicht.

Und jetzt empfing er eine der Propagandasendungen von der Erde. Man versuchte, die weltweite Panik zu dämpfen. Ergebnislos. Die Katastrophe suchte die Erde heim - noch Stunden bevor Smaragd in die kritische Entfernung kam.

Soschnyz-Baschraz-Som war bestürzt über die Tatsache, daß man nichts über seinen offiziellen »Tod « verbreitete.

Und dann kamen prompt die entsprechenden Aufzeichnungen! Als hätte man seine Gedanken empfangen und setzte sie in die Tat um.

Noch einmal das verzerrte Portrait von Soschnyz-Baschraz-Som als Monster. Nein, so sah er gewiß nicht aus. Er war nicht die furcht-, ja ekelerregende Karikatur eines grünen Frosches, dessen einziges Zyklopenauge gefährlich und aggressiv glühte - gleich Smaragd, der auf seiner tödlichen Bahn zur Erde raste.

Das Bild wechselte mit dem schönen, aber irgendwie herb und hart wirkenden Gesicht einer Captain der Garden.

»Soschnyz-Baschraz-Som!« sagte sie eindringlich. »Er war hier, um sein Werk zu vollenden, und jetzt lebt er nicht mehr.«

Bilder aus dem Weltraum. Ein Beiboot auf der Flucht vor den Garden. Funkwellensalat, und dazwischen, immer deutlicher werdend, die Stimme einer Frau, die von dem Fliehenden Identifizierung verlangte.

Das Beiboot eröffnete das Feuer. Nun war man gezwungen, selber zu schießen.

Das Beiboot verging im vernichtenden Feuer. Eine winzige Sonne, die sich glutig aufblähte, verschwenderisch Energie verstrahlte und sich allmählich verflüchtigte. Was blieb, war das Nichts.

»Wir rekapitulieren!« sagte die Captain ernst. Sie war nur kurz zu sehen. Schon wechselte ihr Bild wieder mit der Aufnahme eines Gardisten-Kampfschiffes.

»Dieses Schiff kaperte Soschnyz-Baschraz-Som über der Welt Erde 17, denn sein eigenes Schiff war zerstört. Wir dachten, er würde die Flucht zu seiner Heimatwelt antreten, und irrten uns. Nachdem es ihm irgendwie gelungen war, seine Rassenangehörigen zu informieren, damit diese den Angriff auf die Erde starten konnten, flog er auf direktem Weg zu unserem Sonnensystem.«

Das Psychonautenschiff drehte sich ganz langsam.

»Wir fanden das Schiff, als Soschnyz-Baschraz-Som es längst mit seinem Ringo verlassen hatte, näherten uns. Und dann...«

Das Psychonautenschiff blähte sich auf. Eine Detonation, die furchtbarer und eindrucksvoller war als die Detonation des Beibootes.

»Die Garden ahnten natürlich etwas von der tödlichen Falle. Niemand kam zu Schaden, als der Selbstzerstörungsmechanismus sein Werk verrichtete. Zunächst verloren die Garden jedoch die Spur.«

Abermals die Captain. Diesmal sah man sie in voller Größe. Sie stand. Ihre Beine waren leicht gespreizt, ihre Daumen in den Kampfgürtel eingehakt.

»Das Beiboot wurde gefunden und vernichtet. Sie wurden soeben Zeuge davon. Soschnyz-Baschraz-Som hat sich verrechnet. Er hat die Garden unterschätzt. Und jeder, der sie unterschätzt, bekommt früher oder später seine Quittung.«

Jetzt kam das bedrohliche Bild von Smaragd. Ein mächtiger Kampfraumer schob sich langsam davor - ein Raumer der Garden.

»Und jetzt widmen sich die Garden der noch verbliebenen Bedrohung: Smaragd! In unnachahmlich brutaler, ja bestialischer Art sollte die Menschheit an der Wurzel ausgerottet werden. Auch diese Rechnung wird nicht aufgehen.

19Erno Fischer: »Spartakus«

Soschnyz-Baschraz-Som hat es am eigenen Leib erfahren. Eine Erfahrung, die er mit ins Grab nahm. Bald werden ihm seine teuflischen Brüder und Schwestern folgen!«

Abermals das Bild von Soschnyz-Baschraz-Som. In einer Ecke entstand ein Feuerpunkt. Flammen züngelten auf, verzehrten das Bild, legten das Emblem der Garden frei.

Und Soschnyz-Baschraz-Som, der die Sendung empfangen hatte, fragte sich jetzt, wie viele Menschen die Propaganda überhaupt noch empfingen? Nein, sie hatte kaum noch eine Wirkung. Die Panik der Menschen war größer.

Soschnyz-Baschraz-Som schaltete die eigene Fernerfassung ein. Er wollte Smaragd sehen.

Soschnyz-Baschraz-Som war in Wirklichkeit nach Erde 17 gekommen, um die Menschheit vor der Anwendung von Ultimatecraft zu warnen. Auf Erde 17 war er gescheitert, und das Kampfschiff der Garden kaperte er, um eine Gruppe von flüchtigen Psychonauten-Rebellen vor den Garden zu retten. Auf seinem eigenen Schiff hätten sie keinen Platz gefunden. Außerdem war und blieb sein Schiff ein Rätsel in sich, unverständlich für den menschlichen Verstand. Und so sollte es bleiben.

Soschnyz-Baschraz-Som flog mit seinen menschlichen Freunden zur Erde und direkt hinein in die Katastrophe, für die man ihn verantwortlich machte. Obwohl die Ultimatecraft das Chaos verursachte! Eigentlich ein guter Ansatzpunkt fur Soschnyz-Baschraz-Som, auf die Gefahr der Experimente mit Hyperraum hinzuweisen.

Doch man ließ ihm keine Chance. Die Verbohrtheit von Reed und seinen Leuten sprach Bände. Die Ultimatecraft sollte nutzbar gemacht werden - obwohl die Menschheit dabei war, sich damit selbst auszurotten.

Soschnyz-Baschraz-Som tauchte in Hyperraum und näherte sich so Smaragd. Er mußte sehr vorsichtig sein. Nicht, weil er sich vor der Entdeckung durch die Garden fürchtete. Smaragd störte immer mehr die kosmische Ordnung, und das bekam auch Soschnyz-Baschraz-Som zu spüren.

In einigem Abstand versuchte er, die Vorgänge in und um Smaragd zu analysieren. Bisher war er nicht dazu gekommen.

Er mußte eine Möglichkeit finden, die Gefahr abzuwenden. Nicht nur, um der Menschheit einen Dienst zu erweisen.

Denn die Katastrophe würde Folgen auch für das ganze Universum haben.

Sobald Smaragd die Sonne erreichte, würde ein gigantisches Tor zu Hyperraum entstehen. Ein ungeheurer Sog würde den Stern aufzehren und Energien von Hyperraum freigeben. Was dann geschah, war noch nicht abzusehen. Aber Soschnyz-Baschraz-Som rechnete mit einem so großen Hyperraum-Einbruch, daß der gesamte Spiralarm der Galaxis, in dem die irdische Sonne stand, ins Chaos gestürzt wurde.

Und die Menschheit war ebenfalls verloren. Auch Deryl Reed irrte, wenn er glaubte, daß seine Flucht noch rechtzeitig erfolgen könnte. Sie würde nur einen kleinen Aufschub bringen.

Soschnyz-Baschraz-Som dachte an seinen Auftrag, gegen die Ultimatecraft anzugehen. Er hätte nicht gedacht, so bald vor einer so wichtigen Entscheidung zu stehen. Denn er fühlte sich hilflos. Wenn es überhaupt noch eine Möglichkeit gab, die Katastrophe aufzuhalten, dann mußten sämtliche Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt erfolgen. Danach war es zu spät. Smaragd durfte unter keinen Umständen mit einem anderen Himmelskörper kollidieren.

Seine Analysen ließen ihn auch die Versuche von Dirk van Meren mitverfolgen. Es war kein schlechter Gedanke, die Psychonauten mit ihren Schiffen loszuschicken. Aber Soschnyz-Baschraz-Som bezweifelte, daß man damit letztendlich Erfolg hatte.

Ihn zwang es jedenfalls zur Zurückhaltung. Er durfte nicht eingreifen, so lange der Versuch lief.

Soschnyz-Baschraz-Som wollte die Zeit nutzen, um mehr über Smaragd zu erfahren.

Vorsichtig näherte er sich dem entarteten Asteroiden. Die Störungen durch die unbegreiflichen Energien wurden stärker. Soschnyz-Baschraz-Som erkannte deutlicher als zuvor, daß Smaragd weder ein Ding dieses Universums war noch ein Ding aus Hyperraum. Der Asteroid befand sich in einer Art Zwischenstadium. Er schuf auf seiner Oberfläche und in der direkten Umgebung ein eigenes Miniuniversum.

Soschnyz-Baschraz-Som fragte sich, ob Dirk van Meren diese Tatsache erkannt hatte. Wahrscheinlich nicht. Es wäre aus dem Funkverkehr zwischen dem Forschungsleiter und den Psychonauten hervorgegangen.

Soschnyz-Baschraz-Som überlegte, was er selbst tun könnte, falls Dirk van Meren scheiterte. Er fand keine Lösung zu dem Problem. Er war nicht viel besser dran als Dirk van Meren.

Zwar war Soschnyz-Baschraz-Som aus menschlicher Sicht eine Ausnahmeerscheinung, da er in direkten Kontakt mit Hyperraum treten konnte, aber das würde ihm jetzt wenig nutzen.

Dank des Computers, mit dem sich Soschnyz-Baschraz-Som identifizierte, war er Dirk van Meren und allen anderen, die sich um eine Lösung des Problems bemühten, tausendfach überlegen. Trotzdem grübelte er vergeblich.

Soschnyz-Baschraz-Som startete einen Versuch. Er verringerte weiter den Abstand zu Smaragd - immer noch unsichtbar.

Und dann glitt er wieder in Hyperraum. Er wollte sehen, wie sich Smaragd dort auswirkte.

Das Unbegreifliche empfing ihn. Es war so wie immer. Soschnyz-Baschraz-Som sah und erlebte Dinge, die er später, nach seiner Rückkehr in das Normaluniversum, nicht mehr in Worte fassen konnte. Er kämpfte sich durch wilde Strudel von Energie.

Bis er das flammende Inferno sah: Smaragd!

Die Wirkung des entarteten Trabanten war in Hyperraum genauso verheerend wie im Sonnensystem. Vielleicht noch schlimmer!

Soschnyz-Baschraz-Som war bestürzt.

Und dann entdeckte er die... Gedanken! Sie waren... im Hyperraum!

*

Soschnyz-Baschraz-Som rekapitulierte, was er wußte. Von den Psychonauten hatte er erfahren, daß von PSI-begabten Menschen als erste die Sporen aus dem All entdeckt worden waren. Sie wuchsen zu unscheinbaren Pflänzchen heran, die an Farnkraut erinnerten und bei irdischen Botanikern niemals Verdacht erregt hätten. Denn es gab sie vielleicht sogar schon immer auf der Erde! Und doch waren sie anders: Sie stellten eine Verbindung zum Hyperraum dar!

Und so wurde aus dem farbenprächtigen Märchen eines möglichen Jenseits ein Stück Realität! Denn die PSI-Menschen konnten mittels dieser Pflanzen und außerhalb des direkten Einflusses von einer Planetenmasse... ein Raumschiff in und sogar durch den Hyperraum steuern! Wie das im einzelnen ging, war bis heute ein Geheimnis geblieben. Man wußte nur, was zu tun war: Die PSI-Begabten mußten eine Séance bilden, und einer war das Medium, das man künftig Koordinator nannte. Der Koordinator vereinte ihre PSI-Kräfte nämlich auf den Fetisch, jenes Farnkraut, das auf der Erde aus den Weltraum-Sporen entstanden war.

Sporen aus dem All... Sosch kannte sie natürlich ebenfalls. Sie bildeten auf jedem Planeten andere Formen aus, weil sie sich der jeweiligen Vegetation anpaßten. Und wenn es auf einem Planeten noch kein Leben gab, blieben sie tot. Nein, nur tot im irdischen Sinne. Man hatte sogar einen Begriff dafür, der an sich eigentlich widersprüchlich klang: QUASI-TOT! Denn die Sporen nährten sich im freien Weltraum, zwischen den Sternen, von Energien aus Hyperraum. So stellten sie im kalten Nichts zwischen den Sternen eine besondere Art von Leben dar, das sich auf seltsame Weise den dortigen Verhältnissen angepaßt hatte - und jetzt von den PSI-Begabten genutzt werden konnte.

So war die Zunft der Psychonauten entstanden - und die Raumfahrt nach heutigem Muster.

Andere Rassen im Universum waren andere Wege gegangen. Wie zum Beispiel die Rasse von Sosch: Er brauchte keinen Fetisch, ja, nicht einmal eine Séance...

Aber diese Gedanken da draußen, die er nicht lesen konnte, deren Anwesenheit er nur spürte. Er konnte noch nicht einmal herausfinden, ob sie zu einem einzigen Wesen gehörten oder zu mehreren. Vielleicht eine Séance?

Ja, das mußte es sein. Irgendwie bemühten sich die Psychonauten. Klar. Auch wenn er im Moment nicht begriff, was sie dabei erreicht hatten. Immerhin: Sie dachten im Hyperraum - während sich ihr Körper im Normaluniversum befand?

Eine seltsame Rasse, diese Menschen, dachte Soschnyz-Baschraz-Som. Ich frage mich, warum ich überhaupt hier bin, warum ich mich um ihre Belange kümmere. Die Katastrophe allein ist jedenfalls nicht der wahre Beweggrund dafür. Denn ich wußte auf Erde 17 noch nichts davon.

Da hat es sie ja auch noch gar nicht gegeben, diese Katastrophe. Ich hätte... Ja, ich könnte immer noch für eine gewaltsame Lösung durch die Völker der Galaxis sorgen.

Soschnyz-Baschraz-Som, es ist dein Schicksal! sagte er sich. Allein kannst du die Menschheit nicht retten, denn sie muß eigenen Willen dafür entwickeln. Trage dazu bei! Mehr kannst du nicht tun.

Er glitt näher an Smaragd heran, spürte die tosenden Energien, die ihn einzufangen versuchten. Die Gedanken, die er zuvor noch gespürt hatte, waren entweder erloschen oder sie hatten sich im entzogen.

Plötzlich sah er ein Raumschiff. Nein, es war eigentlich mehr ein Schatten. Ein Schiff über der Oberfläche von Smaragd. Was geschah dort?

Die LUNA 10! durchfuhr es Soschnyz-Baschraz-Som. Und von dort hatten mich diese Gedanken auch erreicht...

*

Die Befürchtungen von Captain Carmen erfüllten sich nicht. Es kam zu keiner erneuten Katastrophe, als Captain Quendolain einen Teil der verbliebenen Computeranlagen einschaltete.

Die Ortung funktionierte! Die Meßdaten stimmten!

Das war ein Phänomen an sich.

Captain Carmen lauschte in sich hinein. Sie »hörte« flüsternde Stimmen, die Anwesenheit von fremdartigen Wesenheiten.

Die ehemalige Besatzung der LUNA 10, die jetzt wieder ihr Schiff übernommen hatte! Sie standen miteinander in ständigem Kontakt, ohne eine Séance zu bilden. Unheimlich, unvorstellbar, und doch wahr.

Nein, das sind keine Menschen mehr! dachte Captain Carmen zum wiederholten Male.

Captain Quendolain dirigierte die Energien, die von allen neun Besatzungsmitgliedern erzeugt wurden. Es kostete sie kaum Anstrengungen. Der Gardisten-Psychonaut, der sie bewacht hatte, hatte das schon richtig gesehen, als er von einer Heimkehr sprach. Quendolain spürte es in ihrem Inneren. Smaragd hatte sich verändert, wie auch sie sich verändert hatten.

Sie waren Zwitterwesen geworden - und Smaragd auch. Er nahm sie an, bekämpfte sie nicht. Deshalb gelang es ihnen mühelos, die aktivierten Computerteile abzuschirmen und voll funktionsfähig zu halten. Ja, sie taten noch mehr: Sie modulierten die Funktionen so, daß brauchbare Meßergebnisse herauskamen - obwohl die Bedingungen auf Smaragd alle Physik auf den Kopf stellten!

Die anderen Psychonauten, die Gardisten, existierten für Captain Quendolain nicht mehr. Sie waren zu Statisten in diesem Spiel degradiert.

Dabei waren die Psychonauten unfähig, ihren Gedankenaustausch zu verstehen. Sie wußten nur, daß da etwas geschah, was für sie unbegreiflich bleiben mußte. Major Claudette formulierte ihre Meldung verbal, denn was sie zu sagen hatte, war nicht nur für Captain Quendolain bestimmt. Hätte sie sich telepathisch mit ihr in diesem Punkt verständigt, wären die anderen vielleicht gestört worden. Deren Zusammenschluß diente immerhin dazu, die Energien zu steuern: »Entfernung zur Oberfläche: einhunderttausend Kllometer! Scheinbare Entfernung ein Hundertstel!«

Das bekamen auch die Gardisten-Psychonauten mit. Sie starrten auf die Sichtscheiben und versuchten, das Gehörte zu verarbeiten.

Tatsächlich, Smaragd erschien greifbar nahe - und war es dennoch nicht!

»Gegenschub!« befahl Captain Quendolain.

Dafür war Hauptmann Santos zuständig. Er bediente die entsprechenden Kontrollen und beobachtete die Meßanzeigen seines Computers.

Die Triebwerke gingen auf Vollast, doch dies hier war ein Psychonautenschiff. Also waren die Triebwerke verhältnismäßig schwach.

Ein Ausruf von Major Claudette: »Nein! Gegenschub vergrößert die Anziehung durch Smaragd!«

Quendolain verstand. Ein Paradoxon, das jedoch seine Erklärung fand: Die wandernden Schwerkraftfelder. In dieser relativen Nähe waren sie voll wirksam und benötigten kein Medium. Obwohl Captain Quendolain die ganze Zeit schon annahm, daß die energetischen Fluten aus umgewandelter Substanz von Smaragd bestanden - Substanz, die maßgeblich von den Schwerkraftfeldern losgerissen worden war.

Offenbar löste sich die Oberfläche des Trabanten auf in staubförmige Substanz und wanderte ab.

»Beschleunigung!« befahl Captain Quendolain. Ihre Geschwindigkeit war zu groß. Sie würden unter diesen Umständen nicht auf Smaragd landen können. So paradox es klang: Wenn sie in Richtung Smaragd beschleunigten, würden die Schwerkraftfelder umgekehrt wirksam werden!

Auf den Kopf gestellte Physik!

Hauptmann Santos gehorchte prompt. »Bereithalten zur Psychonauten-Séance!« Das war der nächste Befehl von Captain Quendolain. Alle hörten es. Die eigentlichen Psychonauten hielten sich zurück. Sie waren nicht angesprochen.

Es war ihnen klar, daß die Triebwerke durch eine gezielte Séancenarbeit unterstützt werden mußten.

Smaragd raste heran.

»Entfernung: fünfzigtausend Kilometer!«

Noch immer zu schnell. Auf diese Weise würden sie auf dem Trabanten zerschellen. Da nutzte ihnen die Verwandtschaft mit dem entarteten Himmelskörper nichts.

Séance!

Ihre Gemeinsamkeit wurde verstärkt. Dabei wurden zwangsläufig die Kontrollen vernachlässigt. Aber es bedurfte keines speziellen Befehls. Die Computer wurden desaktiviert. Die Veränderten versanken in Trance.

Sie waren ein einziges Wesen und blieben doch Individuen. Ihre Gedanken schlossen sich zusammen, wandten sich auf ein einziges Ziel.

Das Schiff wurde kräftig durchgerüttelt, aber sie stoppten diese Rüttelbewegung.

Da waren die tosenden Energien von Smaragd. Jetzt waren sie nahe genug heran. Es gab eine gewisse Korrespondenz zwischen Smaragd und ihnen. Anders konnte man es nicht bezeichnen. Sie sahen die Energien und darunter die Oberfläche des Trabanten: Glutrot, aber relativ kalt. Eine einzige Steinwüste, auf die das Schiff zuraste.

Der erste Energiefinger erreichte das Schiff, hüllte es ein, versuchte, es aus der Bahn zu reißen.

Es war nicht schwer, das zu verhindern. Die LUNA 10 schüttelte die Energien ab.

Und dann tauchten sie in ein wahres Höllenmeer. Nur sahen sie es anders als die erschrockenen Psychonauten, die ihre Blicke auf die Sichtscheiben hefteten.

Im Innern einer Sonne konnte es nicht anders aussehen. Sie mußten befürchten, daß das Schiff jederzeit ein Opfer dieser Hölle wurde.

Schon stiegen die Temperaturen an Bord. Automatisch öffneten sie ihre Monturen, fächelten sich Luft bei.

Es war nicht mehr als ein Notbehelf. Damit konnten sie die Hitze nicht bekämpfen. Bei vierzig Grad Bordtemperatur pegelte sich alles ein. Die Energien tosten, doch blieben sie lautlos und ohne Auswirkungen auf das Schiff.

Die Psychonauten bangten trotzdem. Einer schrie gellend. Die psychische Belastung. Man ließ ihn schreien, bis er von allein aufhörte.

Glutfetzen, die manchmal aussahen wie Fratzengesichter - höhnisch verzerrt.

Ein Ruck ging durch die LUNA 10. Was war der Grund? Die Psychonauten konnten nichts sehen.

Schwerkraftwellen, kurz bevor sie auf der Oberfläche von Smaragd zerschellten?

Es war ein Glück für die Psychonauten, daß sie nicht wußten, daß die LUNA 10 jetzt weiter beschleunigte - und wie nahe Smaragd in diesem Moment war!

*

Spartakus hörte ein gewaltiges Donnern. Der Boden zitterte wie der Rücken eines verwundeten Giganten. Trotzdem wagte Spartakus nicht ein einziges Mal, den Blick zu heben. Aus Vorsicht, nicht aus Feigheit. Er mußte sich beherrschen, mußte warten, bis das Erdbeben vorüber war.

Etwas zischte dicht an seinem Kopf vorbei, traf den Boden, pflügte ihn auf. Spartakus ignorierte es. Was sollte er anderes tun?

»Bleib liegen, Alberti!« brüllte er durch das Inferno, denn er glaubte, daß sich der Genius bewegt hatte. Oder war er von einem der herumfliegenden Trümmer getroffen worden?

Auch diesmal wandte er nicht den Blick. Seine Augen waren wichtig. Er mußte sie schützen.

Und Spartakus preßte die Hände gegen die Ohren, weil die Schreie der Menschen so gellend waren, daß sie alles übertönten.

Er konnte sich denken, was hinter seinem Rücken passierte, doch zwang er sich dazu, nicht die grausigen Bilder vor seinem geistigen Auge entstehen zu lassen. Bald wird es vorbei sein, bald! hämmerte er sich ein. Dies hier ist nicht das Ende der Welt, auch wenn es dir so erscheint. Die Erde hat noch einen Aufschub von wenigen Stunden.

Er überlegte, was ihm Alberti gesagt hatte. Hatte der Genius nicht von weniger als neunzehn Stunden gesprochen? Dann waren es jetzt nur noch gute achtzehn Stunden. Viel zu wenig, um den Menschen eine echte Chance zu geben. Aber noch zuviel, um die Flinte ins Korn zu werfen, um alle Hoffnungen zu vergessen.

Ein weiterer Erdstoß, grollend, brüllend, furchtbar. Krachen und Bersten.

Eines der riesigen Gebäude! Oder waren schon alle in sich zusammengefallen?

Dann war alles vorbei.

Vorbei? dachte Spartakus und blieb noch liegen. Er wartete unwillkürlich auf den nächsten Erdstoß, harrte aus.

Eine halbe Minute. Dann hob er langsam den Kopf. Vor ihm die Ruinen von Alt-Berlin.

Und hinter mir die Ruinen von Neu-Berlin! dachte er in einem Anflug von Zynismus.

Widerstrebend blickte er über die Schulter.

Panikerfüllte Menschen, die schreiend durcheinanderliefen. Andere hatte es wie Spartakus gemacht, hatten sich zu Boden geworfen und ihren Kopf geschützt.

Bis das eine Gebäude direkt auf sie gekippt war! Das Grauen in Blut und Zerstörung.

Spartakus, der abgebrühte Kämpfer, würgte, als er es sah. Nur ein einziges Gebäude war betroffen - ausgerechnet dort, wo sich die meisten Menschen befunden hatten. Alle anderen Gebäude standen noch und machten den Eindruck der Unversehrtheit.

Spartakus wandte sich an Alberti. Der Genius rührte sich nicht.

Eine Kopfwunde! Spartakus erschrak. Er beugte sich über Alberti.

Das Blut verklebte die Haare des Genius. Aber es war nicht so schlimm. Nicht viel mehr als ein Kratzer.

Hatte Alberti davon das Bewußtsein verloren?

Spartakus rüttelte ihn an der Schulter.

»He, Genius Alberti, kommen Sie zurück in die Wirklichkeit! Es ist vorbei.«

Alberti war nicht bewußtlos. Er hatte nur auf den entsprechenden Befehl von Spartakus gewartet.

Verständnislos blickte er sich um. Sein Blick war trüb, sein Hirn noch immer von der Droge umnebelt. Ein lallender Schwachsinniger, aber im Vollbesitz seiner körperlichen Fähigkeiten. Was man anfangs nicht hatte sagen können.

Teufelszeug! dachte Spartakus wieder einmal angewidert.

»Aufstehen!« befahl er.

Ein letzter Blick zurück. Nein, er konnte diesen Menschen nicht helfen. Es war besser, wenn er die Flucht fortsetzte, ehe sie sich seiner wieder besannen und ihn angriffen. Diese Menschen waren nicht mehr zurechnungsfähig. Kein Wunder!

Spartakus kümmerte sich nicht mehr um Alberti. Der Genius folgte ihm auch so. Sie rannten zu den Ruinen von Alt-Berlin. Spartakus wußte, daß die Ruinen die Neustadt wie ein Ring umschlossen. Berlin als Ruinenstadt - vielleicht zehnmal so groß wie im zwanzigsten Jahrhundert. Eine riesige Stadt, gewachsen im Zeichen der Bevölkerungsexplosion, gestorben während der Zeit, als die Menschen ins All strebten, um leere Welten zu besiedeln. Von all den Millionen war nur ein Bruchteil zurückgeblieben - wie überall auf der Erde.

Und Freaks! dachte Spartakus zerknirscht. Hier mußten welche hausen. Es war ihm bekannt, daß manchmal Gruppen aus der Kaste der Joy (den eigentlichen Nichtstuern, die von einer garantierten Staatsrente lebten, um nicht ebenfalls zu Freaks werden zu müssen) zu regelrechten Treibjagden aufbrachen. Die Freaks waren vogelfrei. Jedermann konnte mit ihnen anstellen, was er wollte.

Freaks, das waren Gesetzlose, deren Recht auf Staatsrente verwirkt war. Sie wurden offiziell ignoriert, als würden sie gar nicht existieren. Wie viele es waren, wußte kein Mensch. Es gab nur Schätzzahlen.

Freaks: Sie waren die eigentlichen Leidtragenden des unmenschlichen Systems!

Spartakus mußte es wissen, denn nach seiner Fahnenflucht war er selber ein Freak geworden - sogar einer ihrer wichtigsten Führer!

Er war nicht zum ersten Mal in dieser Ruinenstadt, aber er konnte nicht von sich behaupten, sich auszukennen.

Würde er auf Freaks treffen? Wenn ja, würden Sie ihn nicht auch angreifen, wie die Bewohner der Neustadt?

Schließlich waren auch Freaks nur Menschen. Sie hatten Angst vor dem unausweichlich erscheinenden Ende.

Spartakus schob diese negativen Gedanken von sich. Er ballte die Hände zu Fäusten.

»Verdammt, Alberti, warum hast du mir nicht gesagt, wo dein Schiff ist - damals, als es noch ging?«

Alberti kicherte irr. Das war seine einzige Reaktion.

Spartakus sah ihn von der Seite an. »Aber laß nur, Alberti, ich hatte ohnedies nicht vor, mich gemeinsam mit dir abzusetzen. Ich lasse die Erde nicht im Stich. Ganz im Gegenteil: Ich will sehen, daß ich etwas tun kann! Denn es sieht so aus, als würden sich die Menschen gegenseitig ausrotten. Selbst wenn es den Gardisten oder diesem Dirk van Meren gelingen sollte, die Gefahr abzuwenden, wird es am Ende überhaupt keine Menschen mehr geben. So sieht es aus. Die Propaganda Reeds ändert daran wenig. Vielleicht bin ich da erfolgreicher?«

Sie hatten die Ruinen erreicht und verschwanden dazwischen. Die Flucht ging weiter. Alberti keuchte wie ein Walroß. Er war diese körperliche Anstrengung nicht gewöhnt. Spartakus mußte die Geschwindigkeit verringern, sonst hetzte sich Alberti zu Tode.

Gern tat er es nicht, aber er wollte Alberti nicht seinem Schicksal überlassen. Egal, wie der Genius auch war und was er getan hatte: Er war ein Mensch!

»Na gut, vielleicht genügt der Abstand vorläufig, Alberti! Machen wir eine Pause!«

Er deutete auf ein verfallenes Haus. Das Dach existierte noch - teilweise trotz der vorangegangen Erdbeben.

Spartakus nahm nicht an, jetzt schon auf Freaks zu treffen. Die wagten sich niemals zu nahe an die Neustadt. Es sei denn, sie hatten einen besonderen Coup vor.

Die beiden betraten das Gebäude.

»Ich hoffe nur, das Dach hält auch noch das nächste Erdbeben aus!« murmelte Spartakus und wies Alberti an, sich auf einen Stein zu setzen. Es stank in der Ruine nach Fäulnis und Verfall.

Der Freak gönnte sich keine Ruhe. Er kehrte zur Tür zurück, um ihren Unterschlupf zu sichern. Selbst wenn es unwahrscheinlich war, jetzt schon auf Freaks zu treffen: Es durfte ihn nicht zum Leichtsinn veranlassen.

Als er die Tür erreichte, spürte er ein Kribbeln im Nacken. Spartakus wußte genau, daß er keinerlei PSI-Kräfte besaß. Aber einen wachen Instinkt, der ihm oftmals das Leben gerettet hatte.

Geistesgegenwärtig warf er sich zur Seite. Etwas schwirrte über ihn hinweg, nach draußen.

Spartakus drehte sich im Fallen um sich selbst, blickte zurück.

Das Haus war nicht leer gewesen! In der offenen Verbindungstür eine Gestalt, bewaffnet. Die Waffe schwenkte herum, verfolgte Spartakus.

Der nächste Schuß. Der Knall wurde gedämpft. Ein gefährliches Schnalzen war davon übriggeblieben, mehr nicht.

Spartakus hielt seinen Körper in Bewegung. Das rettete ihn zum zweiten Mal. Er rollte zur Seite, sah sich verzweifelt nach einer Deckung um.

Es gab keine!

Alberti hockte auf seinem Stein, blickte blöde. Er begriff nichts. Für Spartakus war er keine Hilfe. Er wollte den Schützen auch nicht auf den Genius lenken. Das hätte für Alberti den Tod bedeutet.

Spartakus stoppte die Bewegung, sprang auf. Seine Rechte umschloß einen Stein.

Der dritte Schuß traf genau dort, wo er eben noch gelegen hatte.

Ein Bewaffneter gegen einen durchtrainierten Hauptmann der Garden!

Spartakus schleuderte den Stein mit aller Kraft. Der Schütze vergaß seine Waffe, wollte sich ducken.

Zu langsam! Der Stein traf ihn genau am Schädel. Von der Wucht des Aufpralls wurde der Mann umgeworfen.

Spartakus zögerte keine Sekunde. Er sprang zur Tür, überzeugt, daß der Schütze ein Einzelgänger war.

Alles deutete darauf hin.

Trotzdem verharrte er an der Zwischentür kurz, lauschte. Kein Geräusch außer dem Säuseln des Windes und dem weit entfernten Schreien der Überlebenden in Neu-Berlin.

Spartakus bückte sich nach der Waffe. Ein einfacher Revolver, den man mit Explosivgeschossen laden konnte. Die Joy, die ihre Jagden auf Freaks veranstalteten, durften nur solche vergleichsweise primitiven Waffen benutzen. Energiewaffen waren ihnen verboten.

Der tote Freak hatte seine irgendwann erbeutete Waffe mit einem selbstgebastelten Schalldämpfer versehen. Daß das Ding funktionierte, hatte Spartakus ja feststellen können...

Er ließ die Trommel ausschwenken. Es waren noch Patronen darin.

Er bückte sich nach der Leiche und durchsuchte die Taschen. Keine weitere Munition, nur wertloses Zeug. Der Tote machte einen ausgehungerten Eindruck. Wahrscheinlich hatte er Spartakus nur angegriffen, weil er sich Beute erhoffte. Spartakus war gut angezogen. Der Freak hatte nicht wissen köhnen, daß Spartakus nicht einmal eine Waffe besaß.

Armer Tropf! Nun, jetzt habe ich wenigstens diesen Revolver. Wer weiß, was mir hier noch alles passiert, dachte er.

Er kehrte zu Alberti zurück. Er ersparte es sich, das Haus zu durchsuchen. Sie mußten weg von hier. Und das nächste Mal mußten sie noch vorsichtiger sein.

»Alberti, du armer Narr. Sei froh, daß dein Verstand umnebelt ist. So kennst du weder Furcht noch sonst etwas. Du merkst es nicht einmal, wenn man dich umbringt. - Und für mich bist du eine verdamte Last!«

Er winkte dem Genius und wandte sich dem Ausgang zu. Ehe er hinaustrat, sicherte er nach allen Seiten.

Sein Glück, denn auf der Straße näherte sich ein Trupp von fünf Gestalten: Freaks! Es zog sie zur Stadt, weil sie sich dort noch sicherer fühlten als in den Ruinen. Vielleicht aber auch, weil sie überhaupt nichts von den Ursachen der Vorgänge wußten. Sie waren abgeschnitten von der Welt und wollten wissen, was vor sich ging.

Spartakus waren die Beweggründe der Freaks egal. Er beobachtete sie.

Alberti trat neben ihn. Spartakus winkte ihn in das Haus zurück. Das würde noch fehlen, daß sie Alberti verriet.

Die Freaks waren vorsichtig - und bewaffnet! Drei Männer und zwei Frauen. Ihre Kleider waren zerrissen. Die fünf Menschen waren schmutzig, aber nicht ausgehungert wie der Einzelgänger, der auf Spartakus geschossen hatte.

Spartakus spürte Bedauern für diese fünf Menschen. Sie schienen tatsächlich ahnungslos zu sein.

Plötzlich stoppte der Trupp. Spartakus erschrak, weil er dachte, sie hätten ihn doch entdeckt. Was hätte er gegen die fünf tun können - mit drei Patronen in der Trommel?

Ja, sie hätten ihn gewiß nicht akzeptiert, sondern getötet. Er sah nicht aus wie ein Freak, sondern wie ein Städter, und die mußten die Freaks hassen wie die Pest. Kein Wunder.

Die fünf rannten in Deckung. Sie blickten dabei zum Himmel.

Spartakus folgte ihren Blicken und erschrak zum zweiten Mal: Ein Gleiter! Sehr tief schwebte er über die Ruinen hinweg.

Es war ein Kampfgleiter der Garden!

Spartakus zweifelte keine Sekunde daran, daß sie Jagd auf ihn machten!

Und er wußte, daß sie an Bord unbestechliche Sensoren hatten, die alles Leben in den Ruinen registrierten. Sie würden erst schießen und dann nachsehen, ob sie den Richtigen erwischt hatten.

Also war seine Flucht entdeckt worden!

Spartakus konnte nicht einmal fliehen. Denn die fünf Freaks waren ebenfalls eine tödliche Gefahr für ihn!

Und ich wollte die Menschheit aufrichten und sie vor größerem Schaden bewahren, dachte er selbstironisch. Wie denn?

*

Präsident Deryl Reed ging unruhig auf und ab. Gut, daß ihn in diesen Minuten niemand sah. Präsident Reed wirkte gar nicht mehr so überlegen wie sonst.

Er blieb stehen und sah mit blicklosen Augen auf die erloschenen Bildschirme. Er dachte: Schuld an allem hat die Einschränkung der Raumfahrt, zu der es durch die Psychonautenverfolgung gekommen ist. Scheiß Rebellen! Dabei haben sie nichts verhindern könnenn, sondern haben die Entwicklung lediglich in unseliger Weise beschleunigt!

Die Anzahl der flugfähigen Raumschiffe verringerte sich durch sie und ihre Verfolgung dramatisch. Deshalb kam es überall im Reich zu Versorgungsschwierigkeiten. Es wird noch Monate dauern, bis man mit den neuen Ultimatelcraft-Schiffen die Lücke schließen kann. Ja, wenn das Transmitterexperiment gelungen wäre... Wenn jetzt auch noch die Raumschiffswerften auf der Erde durch Smaragd vernichtet werden...

»Falls wir dies hier überhaupt überleben!« dachte Deryl Reed laut und schob alle Gedanken an die sonstigen Probleme beiseite: »Ich werde mich noch rechtzeitig genug damit befassen können.«

Er lehnte sich zurück.

Als wäre dies ein verabredetes Zeichen gewesen, ertönte das Rufsignal der Kommunikationsanlage. Reed runzelte die Stirn. Die Geheimwelle mit der "Schwarzen Lady" der Garden!

Er beugte sich vor und hieb auf den Antwortschalter.

Sogleich manifestierte sich im Hobkissen das Bild eines frühreifen Mädchens, das sich kokett in einem Schalensitz rekelte. Es lächelte verführerisch.

Reed runzelte die Stirn.

»Was soll das?« Es war ihm klar, daß dies nicht wirklich Ernestine Devil sein konnte. Ein Computertrick. Ernestine Devil liebte es, einen dicken Mantel von Geheimnis um ihre Person zu weben. Reed hatte bisher nicht herausbekommen können, wie sie wirklich aussah, ob sie etwa unter einem anderen Namen lebte und wie dieser Name lautete.

Die Vierzehnjährige lachte hell.

»Ungehalten, Präsident? Ich wählte dieses Bild, um Sie ein wenig aufzumuntern. Sie sind in letzter Zeit so zurückgezogen. Vielleicht sogar einsam? Ich hörte, daß sich sogar Ihre engsten Vertrauten über Ihr Benehmen beschweren. Wollen Sie nichts mehr von ihnen wissen? Schließlich sind es Garanten Ihrer Macht!«

Die Frühreife schlug die Beine übereinander. Reed interessierte es nicht. Er blickte dem Mädchen ins Gesicht. Es war wirklich schwer, sich vorzustellen, daß dies hier ein Trick war. Es gab dieses Mädchen nicht. Ernestine Devil hatte einen Computer zwischengeschaltet. Sie sprach in ein Mikrophon - und ihr Computer wandelte jedes Wort um, schuf diese perfekte Illusion.

»Wo sind Sie, Ernestine Devil? Auf einem meiner Schiffe?«

Die Vierzehnjährige verschränkte die Arme.

»Nein, auf Pluto, also gar nicht mal so weit von hier! Wußten Sie nicht, daß ich dort eine kleine Basis unterhalte?«

Reed überlegte. Ja, es konnte stimmen. Die Garde besaß dort mehrere Stationen und hatte Pluto schon vor Jahrzehnten zum Sperrgebiet erklärt.

»Sie sind entweder ungewöhnlich offen zu mir, Ernestine Devil, oder es ist eine Ihrer Lügen. Das macht Ihnen wohl Spaß?«

Ihr Lächeln erstarb. Das Bild flimmerte plötzlich. Nebel zogen darüber. Ein Blitz fuhr durch das Holokissen.

Reed dachte schon, die Verbindung wäre gerissen, aber da bildete sich eine neue Szene: Eine uralte, hartgesichtige Frau mit stechenden Augen. Das war das Bild, das Reed von Ernestine Devil kannte. So erschien sie ihm meistens.

»Es ist keine Lüge!« schnarrte sie. Eine unangenehme Stimme, die einen schaudern ließ. »Ich bin offen zu Ihnen, weil Sie es brauchen, Präsident. Vielleicht ist unsere Macht bereits zerbröckelt, ohne daß wir es wissen?«

»Was wollen Sie damit sagen?«

»Es wird Zeit, daß das Problem Smaragd bereinigt wird, denn nicht nur Sie haben Ihre Kuriere. Ich habe mir erlaubt, einen eigenen Dienst einzurichten - ohne Ihr Wissen. Soeben empfing ich eine Nachricht.«

»Die wäre?«