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Philipps Leben ist voll und ganz in den Händen von Madame und zu allem Überfluss, inzwischen auch von Elisabeth Ledermann. Nichts scheint mehr normal. Sein Faible für schöne Stiefel - sein Stiefelfetisch - und die damit gekoppelten devoten Sehnsüchte, nähren sein gedeihendes Sklavendasein. Er wird nur noch fremdgesteuert. Bis zum dem Punkt, an dem es für einen Rückzieher zu spät ist. Keine Spielchen mehr!
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Seitenzahl: 272
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Vorwort
»Zweiter Akt«
»Hausarbeiten«
»Quittung«
»Besuch«
»Strafarbeit«
»Erwischt«
»Ein neuer Tag«
»Familienglück«
»Telefon«
»Routine«
»Schachteln«
»Überraschung«
»Arbeit«
»Abschied«
»Dunkel«
»Einsam«
»Vorbereitung«
»Ruhe«
»Hoffnung«
Fortsetzung von:
»Herrin in Stiefeln II, Verlorene Hoffnung«
Mit diesem Buch verabschiedet sich Philipp vorerst von seiner Leserschaft. Seine Zukunft ist ungewiss!
Kontakt: [email protected]
Es war eine abschreckend ernüchternde Selbsterkenntnis der absoluten Selbstvernichtung: Philipp, auf allen vieren, auf dem Boden des Fahrstuhls kauernd, die hellen Stiefel von Frau Ledermann küssend. Die Anwesenheit der attraktiven Freundin von Frau Ledermann, die mittlerweile um Philipps scheinbar devote Seite wusste, unterstrich die Dramatik der Situation. Er war gefangen in einer »Todes-Zone«, seinem ganz persönlichen Kriegsgebiet, mit nur äußerst geringen Überlebenschancen.
»Da unten ist dein Patz, Sklave. Ja, … genau da unten.«
Beide Frauen kicherten, als Frau Ledermann dies laut und erhaben zu formulieren versuchte. Es war ein heiteres und freches Kichern – mit einem leicht erhöhten »Alkoholgehalt«, der sich im Artikulieren von ganzen Sätzen erst recht bemerkbar machte. Schon das fehlerfreie Aussprechen des Wortes »Platz« bereitete Frau Ledermann offensichtlich gewisse Schwierigkeiten.
»Eigentlich kommt er wie gerufen«, meinte die Freundin und lehnte sich, eine bequemere Position suchend, nach hinten an die Fahrstuhlwand.
»Warum jetzt, …was meinst du?«
»Na, der fährt uns jetzt nach Hause. So müssen wir kein Taxi nehmen und du musst deinen Wagen morgen nicht extra holen lassen.« Sie schauten sich an.
»Stimmt, gute Idee«, grinste auch Elisabeth, als hätte sie eben eine Sternschnuppe erspäht.
Unten, auf dem Boden des Fahrstuhls, küsste Philipp weiterhin beschämt Frau Ledermanns Stiefel. Die mittlerweile offensichtliche Tatsache, dass er dieses bei einer angetrunkenen und nicht mehr ganz zurechnungsfähigen »Frau Ledermann «tat, machte sein Handeln noch erbärmlicher. Sogar besoffen, war sie Herrin der Lage und er der Verlierer, der wirklich alles mit sich machen ließ.
»Jetzt haben wir unseren privaten Chauffeur und wer weiß was noch alles.« Als sie das sagte, gab sich die jüngere der beiden Frauen einen Ruck – weg von der Wand – stieg über Philipp hinweg und stellte sich breitbeinig über seinen Rücken. Er spürte ihre Beine unter dem Leder ihrer dunkelblauen Wildlederstiefel, die sich unverschämt nahe und durchaus aufdringlich, von beiden Seiten an seine Brust pressten. Ein Schauder durchfuhr seinen Körper. Die Spitzen von Frau Ledermanns Stiefel im Blickfeld und über ihm, die inzwischen etwas mutiger gewordene Freundin, in ihrer Siegespose. Er wusste nicht recht, ob er dies nun - so gut es eben ging - genießen, oder sich doch eher sorgen musste. Dass er, wenige Minuten zuvor, Claudia noch nachgeeilt war, hatte er mittlerweile vollkommen verdrängt, oder besser - vergessen. Ein wilder Sturm tobte in seinem Kopf. Ein kräftezehrender innerer Kampf war im Gange – mitspielen oder besser ein Fluchtversuch?! Frau Ledermann stellte jetzt, zu allem Überfluss, grinsend ihren linken Fuß auf seinen Hinterkopf und drückte sein Gesicht unsanft auf den dreckigen Fahrstuhlboden. Dann lachte sie laut und erfreut, dann ihre Freundin auch. Sie betätigte den Knopf zum 3. UG, wodurch der Fahrstuhl abrupt seiner eigentlichen Aufgabe nachkam.
Die Freundin gab Philipp wieder frei. Frau Ledermann tat es ihr gleich und beide Frauen nahmen ihre ursprüngliche Haltung wieder ein. Sie nahmen ihre Handys und zeigten einander, höhnisch grinsend die Aufnahmen vom, überraschend wiedergefundenen, einst so unverschämt entflohenen, Sklaven. Unten auf dem Boden, »im Stich« gelassen, alleine und irgendwie einsam, brauchte Philipp erst ein paar Sekunden. Dann aber richtete auch er sich wieder auf. Wie es weiterging, noch in welche Richtung er schauen sollte, wusste er nicht. Die Entscheidung wurde ihm schnell abgenommen: Frau Ledermann nahm Ihre Schlüssel aus der Handtasche und streckte sie, ohne dabei aufzuschauen, ihrem Chauffeur hin. Als er die Schlüssel entgegennehmen wollte flogen sie, kurz bevor er sie zu fassen bekam, vor ihn auf den Boden.
»Du fährst uns jetzt nach Hause, Sklave. Danach schauen wir, was wir sonst noch mit dir anstellen – falls und so, …wir wissen das jetzt noch nicht so genau.«
Dank des verräterischen Schmunzelns in Frau Ledermanns Gesicht, konnte Philipp ihr Entzücken erahnen, welches ihr das Befehlen des wieder eingefangenen und überrumpelten Sklaven bereitete. Ihre – Philipp sei Dank – entdeckte sadistische Seite wurde allmählich wieder wach. Sie schaute ihm zu, wie er sich, scheu und vorsichtig, wieder nach unten bücken musste, um nach dem Schlüssel zu greifen.
»Du hast doch nichts getrunken?«, fragte die Freundin plötzlich nachdenklich. Blitzschnell stellte Frau Ledermann ihren Fuß auf die Schlüssel - noch bevor Philipp sie zu fassen bekam. Er starrte beklemmt auf den glänzenden, hellen Stiefel seiner selbsterkorenen Herrin, der jetzt entschieden und kraftvoll den Schlüsselbund auf den Linoleumboden presste. Wenige Augenblicke zuvor, berührten seine Lippen noch eben dieses feine Leder und er konnte - in Gedanken - die Wärme ihres Fußes noch spüren. Jetzt jedoch, starrte er es nur an. Distanz. Vorsicht. Dass er sich nun erneut, in einer gekrümmten Haltung, vor den beiden Frauen befand und nicht im Geringsten selbst entscheiden konnte, war definitiv ein weiteres Tor für das gegnerische Team.
»Hast du denn getrunken?«, fragte jetzt auch Frau Ledermann mit neugieriger, besorgter Stimme.
»Nein, Frau Ledermann, habe ich nicht.« Als er sich das sagen hörte, hätte er sich am liebsten selbst geohrfeigt. Wäre seine Antwort ein »Ja« gewesen, hätte er mit Sicherheit nicht fahren müssen und wäre so womöglich »frei« gekommen. »So ein Idiot«, dachte er. Frau Ledermann nahm ihren Fuß vom Schlüsselbund und ließ Philipp ihn an sich nehmen. Es war eine ruhmlose Rolle, die er in diesem Schauspiel verkörperte – dazu unter Zwang. Er wurde von Frau Ledermann hemmungslos erpresst und zur eigenen Belustigung missbraucht, was offensichtlich beide Frauen sehr erheiterte. Sie spielten mit ihm, als wäre er eine käufliche Marionette – zumindest sah er das so. Der etwas erhöhte Alkoholgehalt im Blut der bösen Ladys ließ das Ganze noch um Einiges ungehemmter daherkommen.
Ruckartig hielt der Fahrstuhl und die Türen schoben sich zur Seite auf. Die beiden Damen torkelten hinaus auf den hallenden Boden des Parkhauses. Der Chauffeur folgte ihnen gesenkten Hauptes. Jetzt hätte er flüchten und das Weite suchend die Rampe hinauf rennen können. Doch Frau Ledermanns Drohung – ihre Offenbarung – mittlerweile all die Fotos wieder gefunden zu haben, verhinderten die Umsetzung. Frustriert zottelte er hinter den beiden Frauen her und fluchte leise über sein Versagen.
»Hier, Sklave, mein Wagen. Den kennst du ja bereits. Nicht wahr?« Frau Ledermann blieb nach 30 Metern, kurz vor ihrem weißen Mercedes stehen. »Nun mach schon – das Knöpfchen. Du musst das Knöpfchen drücken!«
»Ja, Entschuldigung, Frau Ledermann, sofort.«
»Hallo Claudia, » rief plötzlich Frau Ledermanns Freundin entzückt, drehte sich um und ging zurück in Richtung Fahrstuhl. Philipp zuckte zusammen und nahm fast gleichzeitig, von schierer Panik ergriffen, zwei große Schritte an Frau Ledermann vorbei, warf sich hinter den parkierten Wagen und duckte sich. Frau Ledermann war der Überzeugung, er wolle sich lediglich beeilen, um ihr die Wagentür zu öffnen. Sie verzieh ihm daher die grobe Eile.
Tatsächlich war Claudia eben aus dem zweiten Fahrstuhl gekommen und von ihrer Tante nicht unerkannt geblieben.
»Hey, Angela.« Claudias Stimme hörte sich nicht sonderlich fröhlich an.
»Das ist ja schön, dich hier zu treffen. Mal nicht zu Hause.« Die beiden umarmten sich und gaben sich die obligaten Küsschen. Philipp wurde schwach und bleich. Sein Blut staute sich in seinen Füssen und machte ihn bewegungsunfähig. Frau Ledermanns Freundin war Angela, Claudias Tante! Jetzt begriff er urplötzlich, warum ihm ihre grauen Pumps, die sie bei Frau Ledermann zuhause getragen hatte, so bekannt vorkamen. Es waren die Gleichen, wie damals in Claudias Wohnung, als er sich unter der Liege versteckte und Claudia von ihrer Tante besucht wurde. »Warum um Gottes Willen, ausgerechnet Claudias Tante?«, fragte sich Philipp entsetzt.
»Na mach schon die Tür auf. Was kauerst du da unten? Mach mir endlich die Tür auf, Sklave!« Frau Ledermann klang verärgert und unfreundlich. Ihre Stimme wurde lauter und hallte durch das Parkhaus. Sofort erwachte Philipp aus seinem künstlichen Koma und reagierte. Gebadet in seinem Angstschweiß, mit gekrümmtem Rücken und einem stets wachem Auge in Richtung Fahrstühle, zog er die Hintertür auf.
»Tut mir Leid, Frau Ledermann«, flüsterte er. Frau Ledermann schaute ihn nachdenklich an, schüttelte den Kopf und ließ sich in den Wagen fallen. Gleichzeitig bemerkte Philipp beunruhigt, wie die Stimmen von Claudia und Angela näher kamen. Sie kamen, mit langsamen Schritten, auf den Wagen zu. Panik! Ohne weiter viel nachzudenken, ließ sich Philipp ganz runter auf den Boden fallen und fand sich so erneut kauernd vor Frau Ledermann wieder, die sein eigentümliches Benehmen noch immer nicht richtig deuten konnte. Sie schaute nach unten, in sein bleiches, verängstigtes Gesicht und suchte nach Antworten. Er nach oben, in ihre giftigen, funkelnden Augen und suchte nach Hilfe. Hätte sie verstanden, warum er so außer sich war, hätte sie ihn mit Sicherheit und liebend gern, bloßgestellt. Aus purer Not blies Philipp zum Angriff: Er bückte sich vor, näherte sich ihrem noch am Boden posierenden linken Fuß und begann ihn aufs innigste zu lecken, zu küssen und zu liebkosen. So hoffte er, möglichst die ganze Aufmerksamkeit seiner bourgeoisen Herrin auf sich zu ziehen. Gleichzeitig versuchte er, unter dem Wagen, hinüber zu den beiden, sich austauschenden Verwandten, zu schauen. Beruhigt erkannte er, dass sie zum Glück, mittlerweile auf halber Strecke, stehen geblieben waren. Seine Zunge tat großzügig und nass ihre Arbeit. Er leckte Frau Ledermanns Stiefel ganz unten, an der leicht aufgerauten Sohle angefangen, den Schaft entlang bis ganz hinauf, wo sich der Geruch des Leders mit dem ihrer parfümierten Haut vermischte. Immer schneller. Immer intensiver – wie berauscht. Mit immer mehr aufkommender, unbändiger Leidenschaft ging er ran. Er küsste übertrieben innig, rieb seine verschwitzten Wangen am warmen, glatten Leder und streichelte, unterdessen erfüllt von ihn plötzlich überströmender, devoter Lust, den hohen, glatten Schaft. Frau Ledermann wurde augenblicklich ganz anders zumute. Völlig überrascht von den auch bei ihr auflodernden intensiven Gefühlen, schaute sie mit zunehmender Verzückung auf ihren übereifrig gewordenen Sklaven hinunter, wie dieser sich ihr, scheinbar voll und ganz, hingab. Er musste sie tatsächlich vergöttern - kein Zweifel! Solch eine selbstlose Hingabe war bislang nie mit im Spiel gewesen. Wärme und Wohlbefinden durchströmte auf einmal ihren Körper. Ein Stoß von unbändiger Energie durchdrang ihre Brust und ein, erst nur scheues Kribbeln, dann frohlockendes Kitzeln machte sich zwischen ihren Beinen bemerkbar. Unglaublich und doch war. Phillips überschwängliche Hingabe erregte Frau Ledermann. Sie konnte es kaum fassen. Plötzlich empfand sie, während seines Treibens, sexuelle Erregung und nicht mehr nur intellektuelle Belustigung und Überlegenheit. Ihre Erregtheit wurde immer intensiver. Sie ließ sich kaum mehr aufhalten. Um sich nicht in die Karten schauen zu lassen, legte die, von ihren Gefühlen völlig überrannte, Frau, vorsichtshalber ihre Handtasche auf den Schoss. Philipp war weiterhin in voller Fahrt. Er zwängte inzwischen seinen Kopf in den Wagen hinein, um auch den anderen Fuß zu erreichen, den ihm Frau Ledermann dann auch sogleich etwas näher hinstellte. Dann jedoch schloss sie ihre Augen, ließ ihren Kopf nach hinten, auf die Kopfstütze fallen und führte ihre rechte Hand an ihren warmen, feuchten Schoss. Eine Flut unbeschreiblicher Erregung – einem Tsunami gleich – überkam sie. Nichts auf der Welt, hielt sie jetzt noch davon ab, sich selbst noch etwas nachzuhelfen. Gar nichts!
Was nur ein paar Meter weiter hinten im Gange war, bekamen Claudia und Angela nicht mit. Sie waren vertieft in Claudias Elend. Hingebungsvoll und mit etwas Humor, versuchte Angela ihre Nichte zu trösten. Zum Glück für Philipp empfand sie es nicht als angebracht, ihr von dem zu erzählen, was ihr soeben widerfahren war. Claudia schien wirklich traurig und nicht für noch eine sonderbare Story in Stimmung.
Mit einem leisen, aber unmissverständlichen Stöhnen, begleitet von unkontrollierbarem Schaudern, erlebte Frau Lederman ein erfüllendes Konzert emotioneller Leidenschaft.
Doch dann war es genug! Sie musste sich augenblicklich wieder sammeln und die Kontrolle über die Situation zurückgewinnen. Das ging jetzt doch zu weit. Pfui Elisabeth! Empfindungen solch intensiver Art hatte sie früher nicht einmal mit ihrem Mann. Es war unverschämt, abartig und unangemessen. Sie drehte ihre Augen ein paar Mal im Kreis, versuchte sich zu orientieren, legte ihre Hände auf ihre Handtasche, schaute nach unten, zu Philipp und gab ihm sogleich einen ordentlichen Tritt gegen seine linke Schulter, sodass der hingebungsvolle Sklave direkt vor dem nebenan parkierten Wagen liegen blieb. Er staunte nicht schlecht über den plötzlichen und nicht erwarteten Fußtritt. Frau Ledermann zog die Türe zu und mit einem lauten »Klick« wurde das gefühlvolle Intermezzo beendet.
Sie bekam keinen klaren Gedanken zu fassen. Mehr denn je war sie nun davon überzeugt, dass dieser junge Mann sie abgöttisch anhimmeln musste. Gleichzeitig jedoch, konnte sie sich keinen Reim daraus machen, warum er dann neulich bei ihr zuhause die Flucht ergriffen hatte. Hinzu kamen dieses sehr beunruhigende Gefühl des Erregtseins und das Glas Wein zu viel. Sie empfand wieder Lust, das war klar! Auf eine ganz andere Weise, wie sie es von früher kannte, dafür um Welten intensiver und auf einem ganz anderen Niveau: Im Kopf und zwischen den Beinen! Das alles mischte sich mit diesem unbeschreiblichen Gefühl der Macht und Dominanz, welches sie immer dann empfand, wenn sie ihren Zögling befehligte. Diese, doch eher neue Erfahrung, wurde langsam zu einem fest integrierten Bestandteil ihrer Persönlichkeit. Zumindest, was den Umgang mit ihrem Sklaven anging. Sie war stark. Sie war eine Herrin. Sie hatte eben einen Orgasmus! Was für ein Abend!
Die rechte Beifahrertür öffnete sich und Angela stieg ebenfalls, in einem Meer von Gedanken versunken, ein.
»Alles in Ordnung?«, fragte Elisabeth mit einem lauten Gähnen.
»Nein, nicht wirklich. Das war Claudia, meine Nichte. Du weißt, wir wohnen im selben Haus. Sie hat heute ihren Freund erwischt, mit einer anderen Frau im Bett, oben im Hotel! Das Leben hat ihr eben eine böse Lektion erteilt.«
»Mhh, das tut mir Leid.« Mehr kam Elisabeth dazu nicht in den Sinn. Ihr eigenes Leben hatte ihr soeben eine viel wichtigere Lektion erteilt und noch war das Gefühl der totalen Verwirrung omnipräsent. Das mit dieser Claudia - ganz weit weg. »Warum sitzt du vorne?«
»Oh, Gewohnheit. Habe nicht daran gedacht, dass wir ja jetzt gefahren werden.«
Unterdessen war auch Philipp wieder auf den Beinen und streifte sich den Schmutz von der Kleidung, als würde das noch eine Rolle spielen. Es schien ihm nicht ganz klar, wie weit er eben gegangen war und auch nicht, warum mit einer solchen übertriebenen Leidenschaft. Doch das devote Gefühl steckte noch tief in ihm und seine Gefühlswelt blieb durcheinander. Frau Ledermann schaute durch die Scheibe zu ihm hoch. Sie nickte mit dem Kopf und zeigte nach vorne.
»Mach schon, wir wollen nach Hause!«
Scheu öffnete er die Fahrertüre und setzte sich, den direkten Blickkontakt mit Claudias Tante auf dem Beifahrersitz vermeidend, hinter das lederne Steuer. Von hinten, sowie von nebenan beobachtet zu werden, engte ihn ganz schön ein.
»Oh Mann, was tu' ich hier bloß?«, fragte er sich. Nach einigen kurzen, scheuen Checks und Einstellungen, startete er den Motor. Auch der Rückspiegel brauchte seine korrekte Einstellung. Mit zittrigen Händen drehte er den Spiegel etwas nach links. Zum Glück schaute Frau Ledermann nicht zu ihm nach vorne, sondern suchte etwas in ihrer Handtasche. Einen Blick in ihre stechenden Augen hätte er jetzt nicht auch noch gebraucht. Er war auch ohne dies schon am Limit.
»Ist noch gar nicht so spät«, murmelte Angela. Sie schien abwesend. Dass ein »Sklave« sie fuhr, schien sie nicht mehr sonderlich zu interessieren, noch zu amüsieren.
Es war eine stille Fahrt. Niemand redete oder brach die fast unerträglich gewordene Stille mit einem hoffnungsträchtigen Seufzten oder Räuspern, nicht einmal eines der drei Handys an Board schien die Spannung entladen zu wollen. Elisabeth war in Gedanken bei ihrem so überraschend erlebten Höhepunkt, versuchte aber auch weiterhin zu verstehen, warum ihr Fahrer – der sie doch so offensichtlich anbetete – bei ihr zuhause das Weite gesucht hatte. Angela sorgte sich im Stillen um ihre Nichte und fragte sich, was sie selbst in solch einer Situation wohl getan hätte. Phillip rollte den schweren Mercedes durch die Stadt und fragte sich, wann der Schrecken zu seinem Ende kommen würde.
Nach dreißig Minuten der totalen Stille, brach Philipp das nächtliche Schweigen mit einem scheuen: »Wir sind da, Frau Ledermann.« Er hielt vor dem schmiedeeisernen Einfahrtstor ihrer Villa und wartete bis die Besitzerin das Tor öffnete. Doch die war mittlerweile eingeschlafen und nicht mehr wach zu bekommen.
»Elisabeth wir sind da, wach auf, bitte. Komm' schon, du musst das Tor öffnen.« Doch auch Angelas Versuch, ihre Freundin zu wecken scheiterte.
»Wir brauchen den Piepser für das Tor.« Als hätte Philipp das nicht schon längst gewusst! Er drehte sich etwas nach rechts und schaute nach hinten.
»Ja, ich weiß. Können Sie ihn nicht aus ihrer Handtasche nehmen, bitte.«
»Ich versuch es mal.« Als Angela dies sagte und sich dabei weiter nach links drehte, um etwas einfacher an Elisabeths Tasche zu kommen, trafen sich die Blicke der sich Gegenübersitzenden auf kürzester Distanz, was für ein plötzliches und eigenartiges Gefühl der Zusammengehörigkeit sorgte. Der Umstand, dass sich beide nun im selben Boot befanden und so als »Team« nach einer Lösung des Problems suchen mussten, lud einen imaginären Magneten auf und zog ihre Gesichter noch näher aneinander. In einem amerikanischen Film wäre dies nun der typische Augenblick eines klassischen, intensiven und von romantisch, sinnlicher Musik begleiteten, Versöhnungskusses gewesen. Es folgte ein Moment der Wahrheit. Ein Gletscher schien zu schmelzen, als beide, Nanosekunden länger als erlaubt – und erwartet – in dieser Stellung »verharrten«, sich Millisekunden lang intensiv bestaunten und wie aneinandergeklebt in ihrer Stellung verharrten, bis dann plötzlich der Wagen einen kleinen Ruck machte, als das Automatikgetriebe endlich sein Platz im Zahnkranz fand und so unsanft einrastete. Zu dumm!
Der Spuk hatte urplötzlich ein abruptes Ende gefunden. Philipp verdrehte die Augen, setzte sich bolzengerade hin und presste seine Finger, mit aller Kraft, tief in das Lenkrad. Angela wiederum griff hastig nach Elisabeths Tasche und nahm dann eine ähnlich verkrampfte Position ein, wie ihr Fahrer. Wieder herrschte Totenstille und wieder war die Stille begleitet von großer Anspannung! Mit zittrigen Händen suchte Angela nach dem Piepser, doch der war nirgend in der Handtasche zu finden.
»Wo ist denn dieses Scheißding?« Angelas Stimme wurde lauter und sehr nervös. Hastig öffnete sie das Handschuhfach und wurde endlich fündig. »Gott sein Dank!« Sie drückte den kleinen roten Knopf.
Endlich öffnete sich das Tor und der Wagen fuhr hinauf vor die Garage – sie war offen. Philipp parkierte vor der Garage, so blieb genügend Platz für das Aussteigen der beiden Damen. Noch immer war die Stimmung alles andere als locker. Allerdings hätte er Angela jetzt am liebsten fest an sich gedrückt und mal so richtig los geheult. Sie schien die richtige Person dafür - mit einem großen Herzen und sehr verständnisvoll. Doch hierfür schien jetzt nicht exakt der richtige Zeitpunkt zu sein. Verwirrt wie er war, mit einem Kloß im Hals und unsichtbaren Tränen in den Augen, stieg er aus und öffnete die Hintertür – doch da hinten tat sich nichts. Frau Ledermann war voll und ganz weggetreten. Breit und bequem lag sie über die ganze Sitzbank verteilt. Hätte sie nicht geatmet, ja schon fast geschnarcht, hätte man sie wohl für tot gehalten. Das war jetzt die Chance für den erpressten Kleinkriminellen, die so sehr ersehnte Freiheit wieder zu erlangen, indem er ganz einfach ihr Handy aus ihrer Tasche entwenden würde. Der Moment sollte noch kommen. Noch hatte Angela die Tasche auf ihrem Schoss, aber Philipp musste sie haben, irgendwie, so oder so! Auch Angela stieg jetzt aus, blieb vor ihrer Tür stehen und schaute verwundert, über das Dach des Wagens, zu Philipp hinüber.
»Was soll ich tun? Sie schläft tief und fest!«
»Na wir müssen sie irgendwie wach bekommen! Ich kann sie ja kaum in ihrem Zustand alleine da liegen lassen.« Beeindruckt, starrte er auf Frau Ledermanns Stiefel, die jetzt träge und leblos an ihren Beinen klebten. Alles an ihr schien so friedlich, die Ruhe selbst und blieb trotzdem irgendwie einschüchternd.
»Ich geh mal die Haustüre aufschließen, dann können sie vielleicht unterdessen versuchen, ihre Freundin zu wecken, ok?«
»Ich versuch' es.« Eilig lief Philipp um die Ecke – ganz froh, mal kurz vom Wagen weg zu kommen - zur Haustür und schloss sie auf. Die Schlüssel hingen zum Glück am selben Bund wie die Autoschlüssel, so waren sie schnell zur Hand. Sein primärer Gedanke galt dem Handy, er musste es irgendwie zu fassen kriegen.
»Komm Elisabeth, hilf uns ein wenig, wir bringen dich rein.« Angela zog und riss an Elisabeths Kleidern, schüttelte sie und redete auf sie ein, als Philipp wieder beim Wagen erschien und direkt auf die Beifahrertür zusteuerte.
»Was soll das? Komm' her und hilf mir sie zu tragen! Was willst du da vorne?«
»Nichts, nur die Tür schließen. Ich nehme auch gleich die Handtaschen mit.« Er griff nach den beiden Taschen, schloss die Türe und kam Angela zu Hilfe – seine Hand tief in Frau Ledermanns Tasche, nach dem Handy suchend. Da war es! Schnell ließ er es in seiner Hosentasche verschwinden.
»Pack mal mit an. Zieh sie hoch. Ich stütze sie links, du da.« Angela dirigierte Philipp in die richtige Position und beide begannen, die mittlerweile wieder etwas zu sich gekommene Elisabeth, aus dem Wagen zu ziehen und auf die Beine zu stellen.
»Komm schon Elisabeth, es sind nur ein paar Schritte, das schaffen wir schon.« Frau Ledermann antwortete mit einem verträumten Lächeln und zeigte sich kooperativ – sie versuchte zu gehen. Sie erreichten, mit viel Mühe und ein paar überwundenen Hindernissen, wie Treppen, unauffindbaren Lichtschaltern und im Weg stehenden Kleinmöbeln, eine passende Liege im Salon, wo sie die betrunkene Hausherrin für die Nacht deponieren konnten. Angela versuchte es ihr so bequem wie möglich zu machen, während Philipp auf den richtigen Augenblick wartete, um sich davon zu schleichen.
»Bist du wirklich so pervers?« Diese plötzliche Frage war dann jedoch ein wirkungsvoller Bremsklotz. »Was meinen sie?«
»Du kannst mich Angela nennen, ich heiße Angela!«
»Weiß ich längst, ich hatte ja schon vor längerer Zeit das Vergnügen«, dachte Philipp. »Ich bin nicht pervers! Sagt sie das?« Angela richtete sich auf, schaute nochmals auf Elisabeth hinunter und dann zu Philipp hinüber, welcher mittlerweile an der Tür zum Foyer stand.
»Na, Elisabeth hat so einiges über dich erzählt. Die Show hier bei ihr – neulich – war auch nicht ohne. Wie würdest du das denn bezeichnen?«
»Na, die erpresst mich. Ich wollte ihr nie was von ihr, dass schwöre ich.« Philipp kam einen Schritt näher, denn es lag ihm etwas daran, sich zu verteidigen und hier ein paar Dinge richtig zu stellen.
»Nimmst du die mit, wenn du gleich davonläufst?« Erschrocken bemerkte er, dass er die beiden Handtaschen noch um seine Schulter hängen hatte und stellte sie verlegen auf den Boden.
»Natürlich nicht.«
»Und jetzt rennst du davon?« Angela kam näher.
»Ich glaube es ist besser, wenn ich mich verflüchtige, ja.«
»Elisabeths Handy lässt du aber hier, klauen geht gar nicht!« Philipp wurde rot und verlegen. »Du hast es da, in deiner Hosentasche.« Sie kam noch näher. Nun standen sich direkt gegenüber und es kostete beide viel Kraft, dieses spannungsgeladene Duell stilecht auszutragen.
»Aber sie erpresst mich damit. Ich muss diese Fotos löschen.«
»Was ist denn mit der Story im Keller? Hast du dich tatsächlich mit ihren Schuhen befriedigt, oder war das Foto gestellt?« Philipp verzweifelte beinahe. Gute Argumente zu seiner Verteidigung fehlten ihm jetzt. Zudem überkam ihn erneut dieses Verlangen, sich hinzuwerfen und sich voll hinzugeben, wie er es auch sonst fühlte, wenn er von einer provozierenden oder dominanten Frau, psychisch in die Enge getrieben wurde. Doch Angela ahnte davon nichts – nicht wirklich.
»Ich…«Sein Zustand wurde schlimmer.
»Elisabeth hat keine alten Fotos mehr. Hat sie frei erfunden! Nur Neue, von heute und solche habe ich auch.« Jetzt lächelte sie. Es war kein böses Grinsen, sondern ein süßes und verständnisvolles Lächeln. Sie schaute ihn dabei erwartungsvoll an, gespannt auf seine Antwort.
»Ich…«
»Was bekommst du dafür? Wieviel bezahlt sie dir? Ich werde das Gefühl nicht los, dass zwischen euch was ist, was ich noch nicht herausgefunden habe.«
»Nein, ich…«
»Küsst du mir auch die Stiefel, wenn ich es dir befehle, oder nur… Leuten wie ihr, die, was auch immer getan haben, damit sie das von dir bekommen?«
Die Unterhaltung wurde irgendwie zu einem gewagten Flirt. Zwar war Philipp unterdessen weich gekocht und bereits geschält – noch nicht angebissen -, doch trotz allem war es ein Gespräch des Näherkommens.
»Was, ich weiß wirklich nicht?!«
»Küss' sie mir doch einfach Mal. Geht das? So wie neulich mit dem Keks. Das war doch ganz lustig!«
»Ich…«Angela ließ nicht locker. Auch sie war angetrunken, was ihr sehr dabei half, dieses freche Verhör auch aufrecht zu erhalten. Zwischendurch sauste ihr so mancher Funke schlechten Gewissens durch den Kopf, doch wurden solche, dank des Alkohols, gleich wieder ausgelöscht.
»Küss mir die Stiefel, jetzt!« Plötzlich war ihr Ton strenger und ließ keine Zweifel daran, dass sie es irgendwie ernst meinte. Sie klang plötzlich nicht mehr so zart und feinfühlig wie zuvor und ihre Gesichtszüge wurden ein wenig härter. Da Philipp inzwischen ohnehin nicht mehr objektiv denken konnte und von diesem, ihrem unerwarteten, Vorstoß fast gänzlich handlungsunfähig geworden war, ließ er sich, geschlagen, vor Angela auf die Knie fallen und beugte sich nach vorne. »Halt stopp, nicht, bleib so, schau sie nur an, nicht berühren!« Angela blickte auf Philipp hinunter. Sie wollte jetzt nicht das scheinbar so übliche Programm, mit Stiefelküssen, Erniedrigungen und so weiter, sondern versuchte sich in Erneuerung. Philipp hielt inne und starrte, mitgerissen und aufgegeilt, auf den frohlockenden Stiefel vor seiner Nase. Sein Ständer kämpfte derweil mit dem Handy in seiner Tasche, welches den Weg nach oben blockierte. »Wüsste jetzt zu gerne, was in deinem Kopf vorgeht. Gefällt dir das jetzt, da unten?« Angela kämpfte etwas unbeholfen mit ihrem Gleichgewicht, was unweigerlich in einer neuen Position endete, aber sie stellte ihren Fuß sogleich wieder direkt vor Philipps Nase und lächelte: »Wow, irgendwie hab ich wohl auch einen Schluck zu viel intus heute.« Dann tippte sie mit dem Fuß auf und ab und imitierte die ungeduldige Dame. Der nervöse Fuß direkt vor seinem Gesicht, erregte Philipp unvorstellbar und er schaffte es kaum noch, sich zurückzuhalten. Zumal er daran denken musste, dass hier Claudias Tante über ihm stand. Zu gerne hätte er sich jetzt auf den vor ihm tänzelnden Fuß gestürzt und ihn mit seiner Zunge und seinen Lippen hingebungsvoll verwöhnt. »Ob dir das gefällt, will ich wissen?!«Angela stieß Philipp unsanft mit der Stiefelspitze ins Gesicht und traf ihn genau zwischen linkem Auge und Nase, was ziemlich schmerzte.
»Ja, irgendwie schon…«, stammelte er schüchtern und leise.
»Warum?« Sie schaute auf ihn herab, fühlte sich dabei unerwartet gut und vor allem sehr lebendig. Sie spielte weiter.
»Ähm, ich kann das nicht wirklich erklären.« Um einer sich erneut anmeldenden Gleichgewichtsstörung zuvor zu kommen, machte Angela einen großen Schritt nach vorne, drehte sich um und nahm den kauernden Philipp wieder so in die Zange, wie sie es im Fahrstuhl schon getan hatte.
»Was ist denn da unten am Boden so spannend?« Kichernd bohrte sie weiter. »Nicht, dass ich es nicht auch witzig fände, aber da muss doch noch mehr sein?!«Dann setzte sie sich auf seinen Rücken und streichelte im sanft durch sein Haar. Diese warmherzige Geste brachte Philipp zum Schmelzen. Angela streichelte und massierte seinen Kopf, als bekäme sie dafür Trinkgeld. »Die Elisabeth und du, was genau treibt ihr so, wenn ihr zusammen seit?« Jetzt krallte sie ihre Finger in sein Haar und zog Phillips Kopf nach hinten. »Komm schon, was treibt ihr so?« Ihre Stimme klang lebendig, amüsiert und schon fast etwas erregt. Sie sprach direkt in sein Ohr und die Wärme ihres Atems ließ Philipp erschaudern.
»Ich muss einfach nur tun, was sie mir befiehlt. Sie erpresst mich…aua…mit ihren Fotos.«
»Und du onanierst im Keller, vor ihren Schuhen, auf ihren Befehl? So ein Schwachsinn!« Sie zog etwas kraftvoller.
»Ahh, …nein…ich.«
»Hast du nun, oder nicht?«
»Nein…das musste ich tun! Sie erpresst mich…«Was für eine Lüge! Doch Angela kaufte sie und ließ Philipps Kopf wieder los.
»Ach so, na das dachte ich mir auch. Das hätte mich auch gewundert. Sie erpresst dich, trotzdem findest du es ganz geil, richtig?« Langsam wurde Angela schwer und Philipp bekam kaum noch richtig Luft.
»Na ja…irgendwie, manchmal…«, keuchte er. Zufrieden stand Angela auf und ließ Philipp befreit atmen.
»Ist ja ok, warum auch nicht. Ist doch mal was anderes und glaube mir, Elisabeth kann das gut brauchen. Gib mir jetzt ihr Handy und verzieh dich besser, bevor sie wach wird und nach Alka-Selzer schreit.«
»Darf ich noch die neuen Fotos löschen?«
»Darfst du nicht.« Erwiderte Angela kopfschüttelnd und mit einem entschuldigenden Lächeln dazu.
»Sie macht mich krank, bitte!«
»Macht das unter euch aus, ich misch mich da lieber nicht ein. Los jetzt, her damit und vergiss nicht…ich habe auch noch welche und die bekommst du auch nicht.« Angela sagte das mit einem kecken Lächeln im Gesicht. Es war nicht die Mimik einer Erpresserin, sondern eher die, einer stolzen Besitzerin, eines soeben gewonnenen Pokals. Philipp reichte ihr frustriert das Handy und drehte sich um. »Darf ich dich was fragen, trotz alledem?« Er drehte sich wieder um und schaute verwundert auf Angelas linke Hand, die suchend in ihrer Mantelinnentasche wühlte und mit einem silbernen Etui wieder erschien.
»Was denn?«
»Das hier ist meine Karte. Ich erpresse dich nicht und hab es auch nicht vor.« Sie näherte sich ihm wieder und stand ganz nah vor ihn hin. »Ich würde mich aber sehr freuen, wenn wir uns mal wieder treffen würden – ohne meine Freundin hier.« Sie drückte ihre Karte in seine Hand, beugte sich nach vorne und gab Philipp einen kurzen, liebevollen Kuss.
»Wow, ok…ich danke dir. Das ist mir jetzt alles sehr peinlich irgendwie. Ich weiß nicht recht. Ich werde mich aber sicherlich melden, falls ich mit meiner Scham irgendwie klar komme.«
»Vergiss deine Scham, du gefällst mir so wie du bist, ganz ehrlich und jetzt hau' schon ab. Über den Preis reden wir noch.« Sie drehte sich um und ging zurück zu ihrer Freundin, die noch tiefer in die Kissen gesunken war und keine Anstalten machte, irgendwann nach irgendetwas schreien zu wollen. Philipp machte sich auf, das Haus möglichst schnell hinter sich zu lassen. Er fragte sich noch, was sie wohl mit dem Preis meinte.
Was Philipp an diesem Tag bereits alles erlebt hatte, begann unweigerlich und unaufhaltsam an seiner mentalen Verfassung zu zerren. All diese intensiven Erlebnisse mussten ja irgendwie verarbeitet werden. Das aufwendige Shooting, die reizenden Models, Esther, Claudia, dann diese verflixte Frau Ledermann und nicht zuletzt Angela, die Tante von Claudia, die ihn zu allem Überfluss wiedersehen wollte.
Er entschied sich, zu Fuß nach Hause zu gehen und die nächtliche Frische zu nutzen, um seinen Kopf ordentlich durchzulüften. Nach 45 Minuten kam er zu Hause an, drückte erschöpft die schwere Haustür auf und schlurfte die Stufen hoch. Plötzliches, lautes Gelächter und eine Heerschar kurioser Gestalten, die heiter und angetrunken aus Madames Appartement getorkelt kamen, rüttelten ihn brüsk aus seiner Schläfrigkeit. Ein gutes Dutzend lustiger, schräg gekleideter, Leute zwängten sich an ihm vorbei, die Treppe hinunter, zur Haustür. Zum Schluss Viviane – die ihn nicht beachtete – und Madame, die jedoch oben vor ihrer Tür stehen blieb und ihm erfreut entgegen schaute.
»Was für ein Zufall! Du kommst gerade richtig, Kleiner. Hattest wohl einen tollen Abend?! Deiner Kleidung nach zu beurteilen, musstest du Kohle schaufeln, stimmt's?« Sie lachte leise und schüttelte den Kopf. Ihre Haare waren offen, was ihr beinahe eine liebliche Note verlieh; aber der Schein kann ja bekanntlich trügen, denn auch wenn sie fröhlich und gut gelaunt schien, war sie wer sie war und stets mit Vorsicht zu genießen!
»Guten Abend, Madame. Ja ich hatte…es war anstrengend heute.«
»Nun, es ist noch nicht vorbei, Kleiner. Aber in diesem Aufzug und so schmutzig…«Nochmals schaute sie ihn ungläubig an. »Geh dich erst waschen und zieh dir etwas Sauberes an. »Dann…« - sie streckte ihm ihre Wohnungsschlüssel entgegen – »wirst Du meine Wohnung sauber machen. Fass nichts an, was du nicht darfst und lass die Finger von meinen Sachen! Kapiert?«
»Ja, Madame. Ich werde alles für Sie in Ordnung bringen, selbstverständlich. Mach ich gleich, Madame!« Irgendwie klang seine Antwort auswendig gelernt und klischeehaft, doch sie war ehrlich gemeint. Er nahm die Schlüssel entgegen und wartete achtsam, bis auch Madame durch die Haustür verschwand. Dabei hinterließ sie, außer ihrem betörenden Parfumgeruch, auch einen Steifen in Philipps Hose. Mit einem Mal war er wieder wacher und aufmerksamer. Er ließ die vergangenen Stunden Vergangenheit sein und beeilte sich damit, Madames Anweisung schnellstmöglich in Angriff zu nehmen.
Die warme Dusche tat ihm gut. Er spürte sich wieder lebendig und voller Tatendrang. Madames Wohnung alleine betreten zu dürfen war ein Highlight!