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Dieses Buch widmet sich ganz speziell den Leuten, die im Tragen und/oder Besitzen von schönem weiblichem Schuhwerk, ihren ganz persönlichen Fetisch gefunden haben. Es ist ein Buch, das mittels dieses Fetisches, dem Ursprung der servilen Natur des männlichen Daseins etwas näher kommen möchte. Also all den Männern, die Frauen mit schönen Stiefeln oder Schuhen, mit unterwürfigem Respekt begegnen.
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Seitenzahl: 283
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Vorwort
»Ein ganz normaler Dienstag«
»Im Bann«
»Müde wie noch nie«
»Meeting mit Claudia«
»Raus aufs Land«
»Die Trennwand«
»Ein Ausrutscher«
»Das Geschenk«
»Weiterhin krank«
» Feuerprobe«
»Aufwachen mit Schmerzen«
»Im Büro«
»Die Erzieherin«
»Die Rebellion«
»Der Besuch«
»Der krönende Abschluss«
»Einsam und alleine«
»Die Wahrheit«
Dieses Buch widmet sich ganz speziell den Leuten, die im Tragen und/oder Besitzen von schönem weiblichem Schuhwerk, ihren ganz persönlichen Fetisch gefunden haben. Es ist ein Buch, das mittels dieses Fetisches, dem Ursprung der servilen Natur des männlichen Daseins etwas näher kommen möchte. Also all den Männern, die Frauen mit schönen Stiefeln oder Schuhen, mit unterwürfigem Respekt begegnen.
Die Geschichte schildert das Leben der Romanfigur »Philipp«, die nie wirklich existiert hat noch, so denke ich, jemals existieren könnte. Philipp hat das Glück einen Traum zu leben - euren Traum! Das Buch beschreibt das Leben eines, von lauter dominanten Frauen, völlig überrumpelten jungen Redaktors. Es schildert die Erfahrungen eines dressierten Mannes, einem unterwürfigen Diener und Stiefel-Sklaven, der ausnahmslos missbraucht und gedemütigt wird. Dies nicht von nur einer einzigen Frau, sondern von fast jeder, welcher er, in seiner hier beschriebenen Odyssee, begegnet. Die Rede ist nicht von professionellen Damen, sondern ganz privat.
Es ist ein Roman, der zum Teil auf reellen Erlebnissen basiert und zum anderen auch frei erfundene Passagen enthält. Ich möchte hier klar zu verstehen geben, dass es sich weder um einen »Tatsachenbericht«, noch um eine »Gebrauchsanweisung« für devote Herren handelt. Die Titelfigur »Madame« hat nie existiert und wenn, dann nur in den Köpfen meiner Leserschaft. Trotzdem steht sie für all die Frauen, die dem so offensichtlich schwächeren und unterwürfigen Geschlecht das Leben auf diese »edle Art«, lebenswerter machen und sich dabei das nehmen was - sie denken - ihnen zusteht.
Es ist ein Buch, nicht nur für Würmer, Kriecher und Sklaven, sondern ein Buch für alle, die gerne davon träumen…
Nichts ließ Philipp an diesem Abend an Lack oder Leder, Peitschenhiebe, Demütigungen, sadistisch ausgerichtete Frauen – welcher Art auch immer - und High Heels denken. Wie an den meisten Arbeitstagen, fuhr er auch an diesem Tag, mit seinem Fahrrad, direkt von der Arbeit nach Hause. Dass der heutige Tag für ihn der Beginn einer neuen Realität sein würde, einer Realität erotisierender weiblicher Dominanz, hätte er sich in diesem Moment nicht vorstellen können. Die letzten Meter bis zu seinem Hauseingang rollte er sein Rad neben sich her und freute sich darüber, wie ruhig und entspannend sein Abend würde. Sein Leben war ja kein wilder Pornostreifen, in welchem Sklaven die dreckigen Stiefelsohlen ihrer Peinigerinnen sauberlecken durften - und dies nackt, mit gefesselten Händen und von Peitschenhieben gerötetem Hinterteil. Am Gartenzaun, vor der Eingangstreppe zu seinem Haus, hielt er an, legte die Einkäufe und seine Arbeitstasche auf den Boden und holte das Fahrradschloss aus seiner Tasche.
Fast gleichzeitig kam ein Taxi, ein paar Meter neben ihm, zum Stehen. Die Hintertüre des Wagens öffnete sich, mit einem aufdringlichen Geräusch und rief nach Philipps Aufmerksamkeit. Etwas verwundert beobachtete er, wie eine gutaussehende Frau Mitte Dreißig die Wagentüre, mit einem kurzen Tritt, ganz aufstieß. Dann erst nur ihren linken Fuss und nach kurzem warten, auch ihren rechten Fuss auf den Randsteig setzte. Sie hatte wunderbare lange Beine und trug sehr elegante, kniehohe, schwarze Lederstiefel. Das Leder war perfekt poliert, sodass sich die Umgebung darin spiegelte. Schwarze, feine Nylons hoben ihre bemerkenswert gut geformten Beine zusätzlich hervor. Sie blieb ein paar Sekunden so im Taxi sitzen und Philipp blieb von diesem ungewohnt reizvollen Anblick völlig hypnotisiert. Ihre langen Beine und die glänzenden Stiefel, übten sofort eine sonderbare Anziehungskraft auf ihn aus. Als die Frau ausstieg und kurz inne hielt, um etwas in ihrer Handtasche zu suchen, wurde er mit einem kurzen und gezielten Blick gemustert. Es schienen Röntgenstrahlen. Philipp zuckte augenblicklich zusammen. Es kam ihm vor, als wäre er eben nackt ausgezogen und durchleuchtet worden. Und genau das war auch geschehen! Die fremde Frau war umwerfend schön und als würde das nicht reichen, auch noch äußerst provokant gekleidet. Ein langer, dunkler Wildledermantel hing lässig über ihren Schultern und verdeckte etwas die Sicht auf ein tief ausgeschnittenes, enges Kostüm, darunter. Ihre langen schwarzen Haare waren streng nach hinten gekämmt und zu einem Zopf gebunden. Ihr dunkelrot geschminkter Mund entflammte, durch seine bemerkenswert markante Form, die unglaublichsten Männerfantasien. Die großen, silbernen Ohrringe standen in einem schrillen Kontrast, zu dem eher dunkel gewählten Rot ihres Lippenstifts. Aber am meisten beeindruckten ihn ihre Augen. Sie waren so intensiv, wie das Licht eines Suchscheinwerfers, welches schon von weitem erkennbar war und je näher man ihm kam, umso mehr wurde man von ihm erfasst. Sie schienen ihn regelrecht aufzufressen. Und doch waren sie dunkel und tief wie ein verbotenes Geheimnis. Nachdem sie ihre Tasche wieder verschlossen hatte, ging sie mit eleganten Schritten auf Philipp zu und stellte sich lässig vor ihn hin. Ganz nah stand sie vor ihm - es wirkte fast schon etwas bedrohlich. Philipp wurde durch ihre unerwartet plötzliche Nähe etwas verunsichert. Gleichzeitig betäubte ein Schwall ihres verführerisch gutriechenden Parfüms seine Sinne.
»Nummer neun?«, fragte sie ihn mit ruhiger Stimme.
»Entschuldigung?«, stotterte Philipp völlig durcheinander. Verlegen schaute er auf den Boden, aber konnte es dabei nicht unterlassen, kurz auf ihre glänzenden Stiefel zu schielen. Sie waren wirklich ausserordentlich schön und auffällig sauber – obwohl nicht neu.
Sein verstohlener Blick entging ihr nicht. Doch sie ließ sich nichts anmerken und schmunzelte nur.
»Die Hausnummer neun«, wiederholte sie.
»Ach so, Entschuldigung. Ja hier gleich diese Tür.« Philipp zeigte auf seine Hauseingangstüre über der Treppe. »Die Fassade ist vor kurzem renoviert worden und das Hausnummernschild wurde noch nicht wieder angebracht. «
Die Unbekannte schaute ihn etwas herablassend, von oben herab, an und drehte dabei demonstrativ ihren rechten Fuss auf dem hohen Absatz hin und her, sodass Philipp gar nicht anders konnte, als nochmals nach unten auf ihren Stiefel zu schielen. Sein Pulsschlag pochte dabei mit rekordverdächtiger Intensität. Sie nickte ihm dankend zu, nahm ihren Schlüsselbund aus der Manteltasche, drehte sich um und stieg, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, die Treppe hoch. Oben angekommen öffnete sie die große Eingangstüre mit dem farbenfrohen Guckfenster und verschwand im Haus. Philipp kauerte noch immer vor seinem Rad. Er hielt das Fahrradschloss völlig verkrampft, mit beiden Händen, fest und musste zuerst etwas zu sich kommen, bevor er seine erstarrten Finger wieder unter Kontrolle hatte. Diese Begegnung hatte ihn völlig aus der Rolle gebracht.
Endlich schloss er das Rad ab, nahm seine Sachen und machte sich, mit weichen Knien, auf den Weg zu seiner Wohnung. Sie war im ersten Stock, oder besser, im Hochparterre. Gleich nach der schweren Eingangstüre und den Briefkästen, links in der Mauer, die Treppe rauf und dann rechts. Wohnung 1B. Er stieg die Treppen hoch und schloss seine Wohnungstür auf. Hinter der Türe, seiner ihm gegenüber liegenden Wohnung, hörte er laute Schritte. Eindeutig die Absätze seiner gestiefelten Begegnung von eben, dachte er. War das etwa seine neue Nachbarin? Möglich wäre es ja, denn die Wohnung wurde immer wieder neu - auch Mal nur für kurze Zeit - an ausländische Manager oder andere gut betuchte Leute vermietet. Schon seit längerer Zeit aber, stand sie leer.
»Wow!«, dachte er. Sowas hätte er nicht mal zu träumen gewagt. Eine Nachbarin, wie aus einem erotischen Hollywoodstreifen. An diesem Abend war Philipp völlig überdreht und aufgeregt. Er lief in seiner Wohnung auf und ab und kam nicht zur Ruhe. Der kurze, beeindruckende Blick auf ihre so perfekt polierten Designerstiefel, ging ihm nicht mehr aus dem Sinn. Er war sehr aufgeregt und gleichzeitig kraftlos schlaff. Es fühlte sich an wie Vorfreude - was ihn zusätzlich irritierte. Aber warum und worauf freute er sich und weshalb ging im der Anblick ihrer Stiefel nicht mehr aus dem Kopf? Auch das gemütliche, mit Freude von ihm erwartete, Abendessen vor dem Fernseher änderte da nicht viel. Immer neue, erotische Fantasien flogen ihm durch den Kopf. Immer wieder fragte er sich, ob und wie er wohl die Möglichkeit hätte, die Dame näher kennenzulernen - falls sie wirklich seine Nachbarin würde. Die klassische Variante war sie, auf einen Kaffee einzuladen – oder wohl besser auf ein Glas Sekt.
Plötzlich klingelte es an der Tür. Er sprang, erschrocken und aus seinen verlockenden Gedanken gerissen, auf und eilte zur Tür. Wer klingelte nach 22 Uhr noch bei ihm? War sie das etwa? Sicher wollte sie etwas wissen. Vielleicht wo die Sicherungen waren, oder wie der Boiler funktioniert. Seine Gedanken spielten ihm wilde Streiche. Er strich sich mit beiden Händen kurz über die Haare, stopfte sein Hemd wieder in die Hose, holte tief Luft und öffnete die Tür. Es war Helga die Architektin, die direkt über ihm wohnte.
»Hallo Philipp, entschuldige die späte Störung. Ich habe mal wieder die Schlüssel im Büro liegen lassen. Kannst du mir mit dem Ersatzschlüssel aushelfen bitte?« Helga war eine etwas zerstreute, aber hoch begabte und kreative Architektin. Die beiden kannten sich schon seit vielen Jahren.
»Hallo Helga, was für eine Überraschung! Ja sicher kannst du deinen Ersatzschlüssel haben«, antwortete er etwas enttäuscht darüber, nur sie zu sehen. Er holte ihren Schlüssel aus dem Holzschrank neben dem Telefon und wünschte ihr eine gute Nacht. Helga bedankte sich und wollte schon gehen, als sich gegenüber die Tür öffnete und die Frau vom Taxi in den Hausflur trat. Hastig versuchte Philipp, über Helgas Schulter hinweg, einen Blick in den Flur zu werfen. Aber bei seinem übereifrigen Manöver verlor er das Gleichgewicht und prallte mit der linken Schulter an den Türrahmen. Helga versuchte seinen Sturz etwas zu bremsen. Erschrocken starrte sie ihn dabei an.
»Guten Abend!«
Philipp sah noch immer nichts, denn Helga stand genau vor ihm und versuchte ihn zu stützen. Die Architektin drehte sich kurz nach hinten und grüßte höflich zurück. Dann wandte sie sich besorgt wieder Philipp zu.
»Geht es dir gut?«
»Ja, ja!«, erwiderte er etwas forsch. »Alles okay, danke. Wie dumm von mir!« Seine neue Nachbarin war bereits wieder verschwunden und er hatte sie nicht einmal sehen können. Er fühlte sich wie auf Nadeln, so als hätte er eine ganze Kanne Kaffee getrunken.
»Also, gute Nacht dann«, verabschiedete er sich. Hastig, zudem etwas unhöflich, schloss er die Tür vor Helgas Nase und eilte schnell zum Küchenfenster, um wenigstens so noch einen Blick auf die Schöne von Nebenan werfen zu können. Als er den Vorhang vom Küchenfenster zur Seite zog und sein Gesicht gierig an die Fensterscheibe drückte, brauchten seine Augen ein paar Sekunden, um sich an die Dunkelheit der Straße zu gewöhnen. Ja, da stand sie. Deutlich konnte er ihre Silhouette erkennen. Sie stand unter einem Baum am Straßenrand und zündete sich eine Zigarette an. Sicher wartete sie auf einen Wagen. Als hätte sie sein Erscheinen vorhergesehen, drehte sie ihren Kopf in seine Richtung. Und obwohl es unmöglich sein konnte, da das Licht der Küche sie blenden musste, schien es so, als würde sie ihm, mit ihrem stechenden und intensiven Blick, kurz »gute Nacht« sagen. Philipp schauderte es. Er blieb wie erstarrt ganz nahe am Fenster stehen. Eine dunkle Limousine kam die Straße hinauf gefahren und blieb direkt vor der geheimnisvollen Fremden stehen. Der Fahrer stieg aus und öffnete ihr die Tür. Langsam stieg sie, mit dem linken Fuß voran, auf den Beifahrersitz. Das rechte Bein - sie trug noch immer dieselben auffälligen schwarzen Stiefel wie zuvor - ließ sie noch einige Sekunden auf dem Bürgersteig verweilen. Mit einer lässigen Handbewegung warf sie ihre Zigarette auf den Boden und ihre Stiefelsohle zermalmte das zarte Stängelchen mit demonstrativ langsamen Drehungen. Dann drehte sie kurz ihren Kopf, schaute nochmals in Phillips Richtung und verabschiedete sich mit einem süffisanten letzten Blick bei ihm. Die Wagentür wurde geschlossen, der Fahrer setzte sich wieder hinter das Lenkrad und fuhr langsam in die nächtlich beleuchtete Stadt. Philipps Herz klopfte wie wild und seine Gedanken spielten völlig verrückt. Mit der Hand suchte er hinter sich nach der nächstbesten Lehne eines Küchenstuhls, zog ihn zu sich und setzte sich, völlig fertig mit den Nerven, hin. Was war da eben geschehen? Was war bloß los mit ihm? Wer war das? Eine Hexe? Wurde er soeben verhext, hypnotisiert, seelisch vergiftet? Diese Frau hatte die für ihn wohl stärkste Anziehungskraft, die er je erlebt hatte. Es war nicht erklärbar, aber sie hatte ihn vollkommen in ihren Bann gezogen. Hätte er ahnen können, was auf ihn wartete, so wäre er womöglich vor lauter Angst in eine andere Stadt gezogen. In dieser Nacht schloss Philipp kein Auge. Er wartete fast die halbe Nacht in der dunklen Küche und hoffte den Wagen nicht zu verpassen, der sie zurück bringen würde. Um 4 Uhr morgens war er so müde, dass er sich doch ins Bett legte. Aber obwohl er kaum noch die Augen offen halten konnte, waren seine Ohren so wachsam, dass er dennoch nicht richtig schlief.
Am nächsten Morgen stieg er völlig übermüdet, und noch immer in Gedanken an diese Frau, auf sein Rad um zur Arbeit in die Redaktion zu fahren. Philipp war Bildredaktor bei einem internationalen Modemagazin. Jeden Tag gingen hübsche und reizvolle Models in seiner Abteilung ein und aus – eine attraktiver und schöner wie die andere. Er hatte auch schon ein oder zwei Mal ein Verhältnis mit einem Model. Als ausgesprochen schüchtern konnte man ihn nicht bezeichnen. Auch war er nicht sonderlich zurückhaltend oder ein auffälliger Einzelgänger. Er mochte Frauen und diese mochten ihn. Keines dieser vielen hübschen Mädchen hatte aber auch nur im Entferntesten die Wirkung, wie die Unbekannte von gestern Abend, auf ihn.
An diesem Tag blieb die Arbeit irgendwie zweitrangig. Nur mit grosser Mühe schaffte er es, sich zu konzentrieren und zu arbeiten. Immer wieder musste er an die Begegnung von gestern denken. An diese, ihn durchbohrenden Blicke, die aus ihm nichts mehr als verkochtes Gemüse machten. An die blank polierten, hohen Stiefel, die selbst bei Dunkelheit noch die nahe Umgebung reflektierten. Gegen 18 Uhr verließ er endlich das Büro um sich mit gemischten Gefühlen auf sein Rad zu setzen. Ob sie noch da war? War sie eventuell nur auf Besuch gewesen? Er radelte nervös und ohne Pause in Richtung Innenstadt. Zuhause angekommen band er so schnell es ging sein Rad an den Zaun und eilte in seine Wohnung. Dann endlich, oben vor seiner Wohnungstür angekommen, lauschte er im Vorbeigehen besonders aufmerksam in Richtung seiner Nachbartüre. Er hoffte einen Laut oder einen sonst auffälligen Ton aus der Wohnung zu erhaschen. Doch da war nichts. Kein Klopfen von Absätzen auf dem Parkett, keine Stimmen - nichts. Enttäuscht, aber doch im selben Moment auch etwas erleichtert, schloss er seine Wohnungstür auf und ging hinein. Er war sehr müde und wollte früh zu Bett, um möglichst den gestrig verpassten Schlaf nachzuholen. Irgendwie war jetzt alles wieder etwas lockerer und die Begegnung mit der mysteriösen Dame vom Vorabend schien weiter und weiter weg. Gähnend zog er sich die Jacke und das Hemd aus, öffnete seine Hosen und schleuderte die Schuhe in eine Ecke. Als er es sich gerade etwas vor dem Fernseher gemütlich machen wollte, kam ihm in den Sinn, dass er die Post unten vergessen hatte. Genervt stand er auf und ging zur Tür. Da er im Hochparterre wohnte - also nur wenige Schritte vom Hauseingang und den Briefkästen entfernt - hielt er es nicht für nötig, sich deswegen extra wieder ganz anzuziehen. So knüpfte er sich nur die Hose wieder zu und ging hinaus in den Flur, die Treppe hinunter, zu den Briefkästen in der Wand. Als er seinen Kasten in der unteren Reihe öffnete, knarrte hinter ihm die alte Eingangstüre und öffnete sich. Er musste sich etwas zur Seite drehen, da ihn die Türe sonst an die Wand gedrückt hätte. Es war seine neue Nachbarin! Philipp stockte der Atem. Total verlegen blieb er, mit dem Rücken an die kalten Briefkästen gedrückt, dazu halb nackt, vor ihr stehen.
»Oh, hallo«, grüßte sie ihn, und sein Anblick schien sie zu erheitern. Philipp wurde knallrot. Kleinlaut grüsste er zurück. Langsam, aber unausweichlich, umhüllte ihn ihr betörendes Parfüm und seine Gedanken begannen wieder verrückt zu spielen. Es lief ein kalter Schauder durch seinen Körper. Seine Beine schienen ihren Dienst verweigern zu wollen und drohten unter ihm wegzuschmelzen. Es kam ihm so vor, als hätte ihn eben ein riesiger Tsunami im Schlaf erwischt und so lange durchgeschüttelt, bis er nur noch aus ramponiertem Mus bestand. Trotz all dem versuchte er mit all seinen gebliebenen Kräften, sich nicht aus der Fassung bringen zu lassen. Möglichst cool drehte er sich – allerdings eher unbeholfen wie sicher - zurück vor seinen Briefkasten und nahm die Post heraus. Dummerweise glitt ihm dabei ein Brief aus dem Stapel und flog verspielt zu Boden, direkt vor die Füße seiner neuen Nachbarin.
»Auch das noch!«, dachte er und ärgerte sich über seine Ungeschicklichkeit. Einen langen Moment, wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte. Die Frau stand immer noch einfach nur vor ihm und schaute ihn mit ihrer selbstsicheren Art belustigt und doch auch ein wenig herablassend an.
»Hoppla!«, grinste sie, wich aber keinen Zentimeter zur Seite. Auch jetzt war sie wieder unwiderstehlich gut gekleidet: Schwarze, spitze Designerstiefel mit hohen, dünnen, metallischen Absätzen und ebenso schwarze Lederhosen, umschmeichelten auf verführerische Art ihre Beine. Ein schwarzer, langer Ledermantel versteckte den Rest ihrer Kleidung. Auch ihr langes Haar trug sie wieder streng nach hinten gebunden.
Nach einer unendlich lang erscheinenden Pause von zwei Sekunden, bückte sich Philipp schließlich, um den Brief aufzuheben, der genau neben der rechten Stiefelspitze seiner Nachbarin auf ihn wartete. Der Weg nach unten, schien lange und unendlich weit. Philipp gab sich große Mühe nicht auf ihre Kleidung, noch weniger auf ihre Stiefel zu schielen. Zwanghaft versuchte er weiterhin möglichst cool zu wirken. Aber das gelang ihm nicht. Ihr markantes Parfüm war so stark, dass es seine Selbstbeherrschung bereits im Ansatz lähmte. Beim Bücken streiften seine gierigen Blicke einfach alles an ihr und ließ Philipp vor Aufregung erschaudern. Es war ein sehr erniedrigendes Gefühl, aber extrem erotisierend zugleich, so nah an dieser dominanten Frau auf die Knie zu gehen. Als er mittlerweile zitternd den Brief zwischen die Finger bekam und in hochheben wollte, drehte sie ihren Fuß auf dem Absatz und drückte ihre Stiefelsohle auf das Papier. Was war das denn jetzt? Nicht nur, dass sie ihn andauernd so durchdringend anschaute, nicht nur, dass ihr Parfüm ihm seine letzten klaren Gedanken raubte, nicht nur, dass er dieses entsetzliche Drücken auf der Brust, das ihn quälte, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, nicht mehr weg bekam. Jetzt provozierte sie ihn auch noch ganz direkt und offensichtlich! Er verkrampfte sich völlig und verharrte, wie versteinert und mit ausgestrecktem Arm, vor ihr kauernd, in dieser etwas kümmerlichen Stellung und starrte auf ihren spitzen Stiefel. Sein Herz pochte immer schneller und sein Pulsschlag sorgte womöglich für ein kleines Erdbeben - irgendwo auf der anderen Seite der Welt. Dann versuchte er es. Etwas unbeholfen zog er an dem Brief unter ihrem Stiefel, aber ohne Erfolg. Nach einer Ewigkeit der Stille, löste sie den Druck, aber Philipp hatte den Brief ebenfalls bereits losgelassen und war, ohne es zu bemerken, ein paar Zentimeter nach hinten gewichen. Unmöglich festzuhalten, was ihm in der kurzen Zeit alles durch den Kopf rauschte. Von peinlichen Blamagen bis zu hoch erotischen und ihm bis dahin unbekannten, devoten Fantasien. Wie er sich völlig entkräftet und wie ausgesaugt aufrichten wollte, nahm sie ihren Fuß ganz vom Brief und studierte vergnügt seine Reaktion. Philipp schaute noch immer auf den Boden, denn einen direkten Blick in ihre Augen hätte er womöglich nicht überlebt. Was jetzt? Wieder runter? Nichts dergleichen tun und versuchen mit einem dummen Witz die Situation für sich zu entscheiden und eventuell dadurch etwas Würde zurück zu gewinnen? Am liebsten hätte er losgeheult. Dennoch fühlte er sich gleichzeitig ungewohnt erregt und sonderbar geborgen dazu. Noch befand er sich in der »Auszeit«, in dieser Zeitlücke, die zwischen zwei Handlungen steht. in dieser einen Zeitspanne, in der alles noch möglich ist. Er hätte sich seine Ehre noch zurückverdienen können. Jetzt ginge das noch, wäre da nur nicht dieses intensive berauschende Parfüm. Wie von selbst bückte er sich wieder hinab und griff ein zweites Mal nach dem Brief. Von neuem durchströmten ihn gleichzeitig große Panik und Lust. Was, wenn Sie jetzt das Spiel noch einmal machen würde? Was dann? Schneller als er denken konnte, ergriff seine Hand den Brief. Blitzschnell schnellte er wieder nach oben und stand ihr jetzt frontal gegenüber, ganz nah. Er war selbst erschrocken über seine übertrieben schnelle Bewegung. Die plötzliche Nähe zu ihren tiefen und spöttisch lächelnden Augen, war unerträglich. Verzweifelt trat er einen kleinen Schritt zurück und krachte nochmals mit dem Rücken an die kalte Briefkastenwand, die mit einem lauten metallischen Klang den Schlag erwiderte.
»Aufgeregt? «, lächelte sie.
»Nein, na ja, eigentlich...« Philipp brachte keinen vernünftigen Satz über die Lippen.
»Du bist nervös und das ist gut so! « Sie schaute ihm noch einmal intensiv in die Augen, drehte sich dann um und stieg die Treppenstufen hoch. Dabei fasste sie sich von hinten in die Haare, löste die Frisur und liess ihre schwarze Mähne schwungvoll auf ihre Schultern fallen. Philipp stand wie versteinert, immer noch in der gleichen Position, vor den Briefkästen und schaute ihr beschämt nach. In seiner Hose machte sich etwas immer grösser werdendes zusehends bemerkbar und er war froh, dass er enge Jeans trug, die dies zum Glück gut kaschieren konnten. Oben angekommen drehte sich die geheimnisvolle Fremde nochmals langsam um, lockerte nochmal, mit einer leichten Kopfbewegung, ihr Haar, welches sich nun elegant und locker über ihre Schultern legte. Breitbeinig stand sie vor den Stufen und schaute zu ihrem Nachbarn hinunter, als hätte sie eben den Thron über seine Welt bestiegen. Dabei öffnete sie ihren Ledermantel und schob ihn provokativ nach hinten. Als klares Zeichen ihrer Autorität und der Bereitschaft zu voller Konfrontation, legte sie ihre Hände auf die Hüften und posierte so, stolz über dem, zu einem Mäuschen geschrumpften Philipp. Auch unter dem Mantel trug sie nur Leder. Alles war schwarz wie die Nacht und alles glänzte leicht in der spärlichen Beleuchtung des Treppenhauses. Mit dem Blick einer Siegerin und der Erscheinung eines hungrigen Vampirs, schaute sie zu ihm hinunter.
»Willst du die ganze Nacht da unten so stehen?«, fragte sie ihn spöttisch.
»Nein … nein, natürlich nicht«, stammelte Phillip.
»Na, dann gute Nacht Kleiner und träum süß… «, verabschiedete sie sich neckisch, bevor sie ihre Tür aufschloss und dahinter verschwand. Philipp zitterte am ganzen Körper und bekam kaum noch Luft. Völlig betäubt und erschöpft, wie nach einem 800 Meter Lauf, kletterte er langsam und leise die Stufen hinauf. Hoffentlich passierte ihm jetzt nichts Peinliches und Unvorhergesehenes mehr, denn mehr konnte er für heute nicht verkraften. Er kam sicher in seiner Wohnung an, schloss die Tür hinter sich zu und setzte sich neben die Garderobe auf den Boden...mit einem pochenden Ständer in der Hose! Was meinte sie damit, er solle süß träumen? Träume von oder über sie? Diese Frau machte ihn wahnsinnig. Diese Macht und Souveränität, welche sie ausstrahlte, nahm ihn völlig gefangen. Er hatte dem nichts entgegenzusetzen und war bereits hoffnungslos geschlagen. Schon allein, wie sie gekleidet war! Alles war auf Macht und Herrschen ausgerichtet. Keine Frau würde sich so anziehen, wenn sie nicht genau wüsste, was sie tat und was für eine Wirkung sie auf Menschen haben konnte. Von Kopf bis Fuß in schwarzem Leder gekleidet zu sein, war ebenso angsteinflößend wie elektrisierend und erotisch. Irgendwie schien ihm das ja auch zu gefallen, denn er konnte nicht anders, als sich zurückgezogen in seinem Badezimmer, mit leisem Stöhnen, zu erleichtern. Wer war sie bloß und was passierte da nur mit ihm? Er erkannte sich nicht wieder. Diese Frau hatte ihm so zugesetzt, dass er kaum noch wusste wie er hieß. Erschlagen und trotzdem völlig aufgewühlt, legte er sich ins Bett und versuchte zu schlafen. Doch auch in dieser Nacht brachte er kaum ein Auge zu.
Müde wie noch nie, machte er sich am nächsten Tag auf den Weg ins Büro. Er sah entsetzlich aus. Unrasiert und in nicht zusammenpassenden Kleidern verpackt. Er hängte völlig entkräftet in seinem Stuhl, als seine Kollegin Anne ihn mit einem bemitleidenswerten Blick musterte und ihn an den Termin erinnerte, den er um 13 Uhr mit Claudia, der Assistentin des Verlegers hatte – seine direkte Vorgesetzte.
»Mist jetzt!« Das hatte er völlig vergessen. Erschwerend kam hinzu, dass die hübsche Claudia immer so gut angezogen war und viel Wert auf gepflegtes Äußeres legte.
»Kann ich den Termin nicht verschieben?«, brummelte er.
»Na, dann ruf sie doch einfach kurz an, wenn du so müde bist. Überhaupt Alter, wie siehst du denn heute aus? So kannst du ihr wirklich nicht unter die Augen treten. Ruf sie besser an.«
»Ja, das werde ich wohl tun müssen«, seufzte Philipp. Er nahm den Hörer von seinem Schreibtischtelefon und wählte eine Nummer.
»Ja, guten Morgen, Philipp hier. Du, mir passt es heute nicht so gut. Lass uns doch die Sitzung auf morgen verschieben. Geht das? O.k. bestens, vielen Dank. Morgen um dieselbe Zeit also.« Er legte den Hörer wieder auf und sank erleichtert noch tiefer in seinen Stuhl. »Was ist denn los mit dir?«, fragte ihn Anne besorgt. »Wieder eine von deinen Weibergeschichten?«, witzelte sie. Philipp schaute zu ihr, zog seine Augenbrauen hoch und formte seine Lippen zu einem Kussmund.
»Das würdest du jetzt bestimmt gerne wissen, nicht wahr?«, flüsterte er geheimnisvoll. Anne schaute ihn mit verdrehten Augen an, schüttelte den Kopf und ging zurück in ihr Büro.
Als Phillip endlich, gegen 18.15 Uhr, das Büro verlassen konnte und total am Ende seiner Kräfte angekommen, nach Hause radelte, hielt er trotz allem kurz in einem nahegelegenen Supermarkt, um einige Einkäufe zu erledigen. Verträumt und ohne wirklich zu wissen was er einkaufen sollte, schob er seinen Einkaufswagen vor sich her. Hier ein Stück Brot aus einem Korb, da einen Salat aus dem Kühlregal und noch eine Flasche Mineralwasser dazu. Nach dem Käse und einer Packung Schokokeksen, schlenderte er gedankenlos in Richtung der Weinabteilung. Vor dem Regal mit den italienischen Rotweinen hielt er an und schaute sich ziellos um. Von der anderen Seite des Regals hörte er Stimmen. Ein Verkäufer beschrieb verschiedene französische Weißweine und deren Zusammensetzung. Als Philipp nach einer Weile entsetzt die Stimme seiner Nachbarin erkannte, ließ er vor lauter Schreck seinen Schlüsselbund fallen, mit dem er bis dahin gelangweilt in seiner Hand herumgespielt hatte. Mit lautem Klirren schlugen die Metalle auf dem gekachelten Boden auf und blieben links, an der Ecke des Weinregals, liegen.
»Mist«, dachte er. »So ein Dreck.« Schnell ging er einen Schritt auf den verräterischen Schlüsselbund zu und bückte sich hastig, um ihn aufzuheben. Aber auch die Frau hatte das Klirren gehört und sich neugierig der Ecke des Regals genähert, um dort zu sehen was los war. Als Philipp die Schlüssel in der Hand hielt und sich gerade aufrichten wollte, stand seine neue Bekanntschaft vor ihm und schaute leise lachend auf ihn hinunter. Die Szene kam ihm irgendwie bekannt vor. Er konnte es nicht glauben. Zum dritten Mal in drei Tagen, kauerte er vor ihr auf dem Boden.
»Wenn das kein Zufall wäre, so könnte man meinen du tust das mit Absicht«, lachte sie und genoss dabei seine sichtbare Verlegenheit. »Allerdings glaube ich persönlich nicht an Zufälle«, fügte sie hinzu und zog dabei eine Augenbraue hoch. Heute trug sie keine Stiefel, sondern dunkelviolette Lackpumps. Dazu eine cremefarbene Reiterhose und ein braunes trachtenähnliches Lederjackett. Irgendwie wirkte sie lockerer als bei den beiden letzten Begegnungen.
»Das ist mir wirklich peinlich«, stotterte Philipp und richtete sich schnell wieder auf. Erneut stand er ihr direkt gegenüber und hatte keine andere Möglichkeit, als ihr unmittelbar in die Augen zu schauen. Sie waren dunkel, mysteriös und ausdrucksstark und dazu genauso hypnotisierend wie am Vortag. Wieder kam dieses Gefühl der Begierde in ihm hoch, und er spürte dieses Klemmen in seiner Brust, dazu das augenblickliche, aufdringliche Anschwellen seines »Männerstolzes«. Ihr Parfüm gab ihm dann, wie üblich, den Rest.
»Das braucht dir nicht peinlich zu sein, Kleiner. Du wirst dich noch dran gewöhnen«, vertraute sie ihm, mit leiser Stimme, an. Danach drehte sie sich um und ging zurück zu ihrem Verkäufer. Philipp stand da wie ein begossener Pudel, mit einem Steifen in der Hose und unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Was meinte sie damit, dass er sich daran gewöhnen würde? Das war unglaublich. Was erlaubte sie sich? Eigentlich sollte er jetzt um die Ecke gehen und der Alten mal klarmachen, wer er war und dass er sich solche Bloßstellungen ganz bestimmt nicht gefallen lassen musste. Aber er rührte sich nicht von der Stelle, sondern stand nur da und schaute blöd auf den weit nach vorne gewölbten Reißverschluss seiner Hose. Er kam sich vor wie ein kleines Kind, das sich eben in die Windeln gemacht hatte. Es war ein sehr peinliches Gefühl, dazu gepaart mit Wut und Trotz. Gleichzeitig mischten sich aber auch große Erwartungen und Sehnsüchte in seine Gefühle. Er nahm sich die erstbeste Flasche Chianti aus dem Regal und versuchte, so leise wie möglich, den Tatort zu verlassen. Hastig bezahlte er seine Einkäufe an der Kasse und machte sich auf den Heimweg. Zuhause angekommen, verstaute er alles, öffnete sogleich die Flasche Rotwein und trank sie in kürzester Zeit halb leer. Er musste unbedingt mehr über diese Frau erfahren. Dieser Zustand war unerträglich geworden. Noch nie in seinem Leben war er so verwirrt und verzweifelt gewesen. Dazu fühlte er sich erregt und doch gleichzeitig auch bloßgestellt und lächerlich. Er musste herausfinden wer diese Frau war und mit welchem Recht sie so mit anderen Leuten umging. Oder verhielt sie sich etwa nur ihm gegenüber so ausgesprochen arrogant? Später am Abend, schon leicht angeheitert und mit tausend verwirrenden Ideen im Kopf, löschte er das Licht in der Küche und setzte sich ans Fenster. Diesmal zog er den Vorhang nur einen Spalt weit zur Seite. Er wollte vermeiden, dass sie ihn sehen konnte, wenn sie gleich nach Hause kommen würde. Eine Viertelstunde später sah er ein Taxi vorfahren und tatsächlich stieg seine mysteriöse Nachbarin aus. Der Taxifahrer holte zwei Einkaufstaschen aus dem Kofferraum und stellte sie neben die Frau vor den Wagen. Sie sagte irgendetwas zu ihm und sichtlich verwirrt, aber ohne ein Wort, nahm der Taxifahrer die Taschen und trug sie die Treppe hoch.
»Wau, die weiß wie man sich bedienen lässt«, dachte Philipp fast schon ein bisschen stolz. Und genau das machte ihm große Sorgen. Woher kamen diese Gefühle für sie? Er nahm sich etwas Schinken aus dem Kühlschrank, bastelte sich damit ein belegtes Brötchen und aß es zusammen mit den letzten Tropfen Chianti. Es war 19 Uhr und der Rotwein hatte ihm definitiv den Rest gegeben. Völlig ermattet, aber noch immer angezogen, legte er sich auf das Sofa im Wohnzimmer und schlief wenige Sekunden darauf, vom Traubesaft betäubt, ein.
Am nächsten Morgen, nach einer einigermaßen erholsamen Nacht, fühlte er sich wieder wesentlich besser und soweit bei Kräften, dass er zumindest im Büro, konzentrierter bei der Sache sein konnte.
»Schön, dass es dir wieder besser geht«, rief Anne ihm lachend zu, als er – heute aufrecht gehend - ins Büro kam. Um 12:45 Uhr, nachdem er ein Sandwich verdrückt hatte, packte er seine Unterlagen für die bevorstehende Sitzung und machte sich auf den Weg in den fünften Stock, zu Claudia. Claudia war eine junge, äußerst gut aussehende Frau und um die 25 Jahre alt. Ihre kleine Brille und die schulterlangen braunen Haare, die sie gerne hochgesteckt trug, ließen sie manchmal wie eine Chefsekretärin aus einer brasilianischen TV-Soap aussehen. Doch das änderte nichts an ihrer Attraktivität. Philipp klopfte an ihre Bürotür und ging hinein. Claudia trug ein schwarzes knielanges Kleid und ein breiter Gürtel, mit einer enormen Gürtelschnalle und unzählig vielen kleinen Glitzersteinen, lag locker auf ihren auffällig wohl geformten Hüften. Schwarze Pumps aus Krokoleder und eine weiße Bluse mit dünnen, schwarzen Bordüren, rundeten das äußerst ansehnliche Bild von ihr ab. Es war eine interessante Mischung aus wilder Westen und Großstadt. Sie war eine sehr intelligente Frau mit geistreichem Humor und so endeten die gemeinsamen Sitzungen oft mit Witzen und lautem Gelächter.
»Hallo Claudia, danke dass du den Termin verschieben konntest. Ich war gestern nicht so ganz bei der Sache«, begrüßte er sie. Claudia lächelte ihm zu und ihre Augen musterten ihn dabei mit einen kleinen, freundlichen Lächeln auf den Lippen.
»Ich wette, da hat dich eine Bekanntschaft ganz schön fertig gemacht!?«, sagte sie völlig überraschend. Philipp erschrak etwas, denn fast hätte man denken können, dass sie über seine neue Nachbarin Bescheid wusste. Aber das war völlig ausgeschlossen.
»Keine Angst meine Liebe, ich passe schon auf mich auf. Und solange wir zwei nicht miteinander durch die Höfe ziehen, bewege ich mich immer noch auf sicherem Boden.« Sie lachte, aber irgendwie hatte sie das auch etwas beleidigt.
»Sicher ist rein subjektiv«, antwortete sie streng. Philipp wunderte sich etwas über ihre Antwort, ging aber nicht weiter darauf ein. Was sie wohl damit meinte? An diesem Tag wirkte Claudia irgendwie anders auf Philipp. So passte er etwas besser auf was er sagte und wagte nicht zu oft, zu viele, und vor allem zu persönliche Witze zum Besten zu geben. Mehr noch, er empfand ein Gefühl von stärker werdendem Respekt für sie. Gleichzeitig fiel ihm auch auf, dass er sie aufmerksamer musterte als sonst. Sie hatte ihm schon immer gut gefallen, gewiss, und er wäre sicher nicht abgeneigt gewesen, mit ihr mal ganz privat ein Gläschen oder auch zwei zu trinken. Aber irgendwie war es ihm bisher noch nie in den Sinn gekommen sie einzuladen. Gegen 15 Uhr war die Besprechung zu Ende und zum Abschluss witzelten die beiden, wie üblich, noch etwas weiter.
»Dann entlasse ich dich mal wieder und übergebe dich deinem Schicksal. Ich hoffe für dich, es wird dir nichts erspart«, scherzte sie.