Herrin in Stiefeln 4 - P.J. La Botte - E-Book

Herrin in Stiefeln 4 E-Book

P.J. La Botte

4,8

Beschreibung

Der junge Bildredaktor Philipp ist von seiner dominanten Nachbarin Madame entführt worden. Seine "Ex"-Freundin, Claudia begibt sich auf die Suche und vermutet das Schlimmste. Sie findet heraus, wo Philipp hingebracht wurde. Was ihm an diesem Ort des erotischen Grauens widerfährt grenzt ans Surreale.

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Seitenzahl: 227

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

»Ankunft«

»Die Frauen«

»Dichter Nebel«

»Nachtruhe«

»Claudia«

»Lange Tage«

»Einer weniger«

»Alltag in der Hölle«

»Mittagessen«

»Recherchen«

»Die Entscheidung«

»Doppelrolle«

»Landausflug«

»Die Mauer«

»Auf dem Hof«

»Die Beichte«

»Der Rücken«

»Dressur«

»Klarheit«

»Endspurt«

Vorwort

Fortsetzung von:

»Herrin in Stiefeln IV«

Ein Abschied bedeutet auch immer ein Neuanfang – irgendwann, irgendwo, irgendwie.

Ich möchte mich bei meinen Freunden: Harry, Sebastian und Marc bedanken, die mir durch ihre Hilfe, ihre vielen Ideen und Sichtweisen, ein weiteres Mal unterstützten, Philipps Geschichte, möglichst aus den Augen eines Mannes heraus zu schreiben.

Auch dieses Buch ist nicht frei von Fehlern. Ich möchte mich dafür nicht entschuldigen, sondern daran erinnern, dass ich weder einen Literaturpreis gewinnen möchte, noch spielt es eine grosse Rolle. Wichtig ist, dass ihr – meine Leserschaft – vergnügen am Lesen habt und euch die Storys ansprechen...

Kontakt: [email protected]

»Ankunft«

Gequält knirschte der lose Schotter unter den abgefahrenen Reifen, als der Lieferwagen im Innenhof des alten Anwesens zum Stehen kam. Es war bereits dunkel - oder wieder dunkel - oder immer noch. Ob es noch der gleiche Tag war an welchem Philipp unter Drogen gesetzt und »entführt« wurde, oder ein anderer, wusste er nicht. Ob er nur eine kurze Strecke, oder vielleicht sogar per Flugzeug, Helikopter oder U-Boot irgendwohin – an das Ende der Welt - transportiert worden war, war ihm unbekannt. Er hatte keine Ahnung, denn unterdessen war alles möglich. Nur das es dunkel war, war sicher, denn durch die Schlitze der großen, etwas lose sitzenden, Hecktüren des Lieferwagens drang kein Licht mehr ins Innere.

Philipp kam nur langsam wieder zu sich. Seine Glieder blieben schwer und weiterhin wie gelähmt - noch immer war er außerstande sich zu bewegen. Sein Körper lag unbequem, kraftlos und matschig wie ein alter, fauler Apfel in der sperrigen Holzkiste. Alleine die Luftschlitze hätten ihm die Möglichkeit gegeben mit der Außenwelt in Kontakt zu treten – wenn er nur gekonnt hätte. Doch er konnte es nicht.

Unangenehm lange stand der Wagen unbeaufsichtigt an gleicher Stelle und es schien fast so, als würde auch nicht beabsichtigt ihn je wieder zu bewegen. War das jetzt die Endstation, sein geplantes Ende, seine beabsichtigte, kaltherzige Entsorgung – so wie im Film? Philipps Gedanken spielten verrückt. Er hatte ja keine Ahnung! Was und warum jetzt geschehen würde – wenn überhaupt -, wo er war und was noch kommen mochte, blieb ein angsteinflößendes Geheimnis.

Im Innenhof des umgebauten Klosters herrschte Totenstille. Gelblich flackerndes Licht der alten Glasmantellaternen, die hoch an den mit Efeu bewachsenen Natursteinfassaden hingen, sorgte für eine mysteriöse Stimmung - wie aus einem alten, englischen Kriminalfilm, wo der Nebel des Mörders bester Freund ist. Tatsächlich lag leichter Nebel über den alten Gemäuern, den Ställen, dem großzügigen Reitplatz, seinen angrenzenden Feldern, Wiesen und den mit Weinreben verzierten, sich weit hinziehenden Hügeln, die sich im Nichts der Dunkelheit zu verlieren schienen.

Kurz bevor die beißende Kälte, die sich nach Ausschalten des Dieselmotors in das Innere des Wagens schlich und Philipp mit einem einsamen Erfrierungstod bedrohte, hörte er sich dem Wagen nähernde Schritte, bald auch Stimmen. Die ihm vertraute, erotisch ruhige Stimme Madames, sowie die anderer »Damen«, die er nicht erkannte. Mit einem unangenehmen Quietschen öffneten sich die Hecktüren des Lieferwagens, wodurch die unwillkommene Kälte, mit der Begeisterung eines jungen Hundes, durch die Löcher in die Holzbox schoss und Philipps nackten Körper einhüllte.

»Ich hoffe sehr er lebt noch! Bringt ihn hoch und du kümmere dich um ihn. Ich gehe jetzt zurück zu meinen Gästen und will für heute nicht mehr gestört werden. «

»Soll mir Recht sein,« antwortete eine Philipp unbekannte Frauenstimme. Es war die Stimme, die fortan zu einer Art Mittelpunkt seiner Existenzberechtigung werden sollte. Die Stimme, der zu gehorchen es galt, die nicht und niemals ignoriert werden durfte. Die Stimme gehörte Teresa. Teresa war stattliche 198cm groß, etwas mehr als nur gut genährt und Madames erste Hand - hier vor Ort. Neben ihr sahen die beiden Laufburschen, die jetzt von ihr angewiesen wurden die Box aus dem Wagen zu hieven aus wie unterernährte Gartenzwerge. Teresas schiere Größe flößte jedem normal gewachsenen Menschen Respekt und wohl dem einen oder anderen durchaus auch Angst ein. Trotz ihrer imposanten Erscheinung konnte man sie als eine hübsche Frau bezeichnen, oder besser, als eine attraktive Frau – Monster zumal. Ihr langes, blondes, hochgestecktes Haar und die von ihr bevorzugte Kleidung (eine Art Uniform in Grautönen - Jackett und Rock) war ein klarer Beweis dafür, dass auch Klischees ihren Weg in die Realität finden können.

Die Box, samt Philipp, wurde auf den Boden gestellt und kurz darauf der Deckel entfernt. Die beiden Männer zogen den noch immer betäubten Gefangenen unsanft aus der Kiste und legten ihn auf eine bereitgestellte Trage, deckten ihn zu und machten sich mit ihm auf in Richtung des Gebäudes, das gegenüber dem Haupthaus stand und in welchem früher wohl die Mönche oder Nonnen in ihren Zellen einquartiert waren.

Ein längliches Gebäude mit eleganten Rundbögen im Erdgeschoss und sichtbaren, alten Holzbalken in der offenen Galerie des ersten Stocks. Obwohl die Lichter im Hof nur schwach leuchteten, wurde Philipp von ihnen geblendet, was ihm somit nicht ermöglichte ein paar Erkundungsblicke zu wagen. Er wollte wissen wo er war, zu wem die Stimmen gehörten und was zum Henker eigentlich mit im geschah! Doch sein Kopf lag unkontrollierbar auf dem flachen Kissen und wackelte unfreiwillig im Rhythmus der Schritte seiner Träger und seine Augen blieben zu.

Mühselig schleppten die Männer ihre Fracht über die steile Wendeltreppe am linken Ende des Gebäudes in den ersten Stock, gingen dann den offenen Gang bis wieder fast ganz nach rechts ans andere Ende, wo Teresa die zweitletzte Zelle aufschloss und die schwere, dicke Holztür mit einer solchen légèreté aufzog, als wäre sie eine Bühnenattrappe aus leichter Pappe. Der neue Gast – in Angst und Unwissenheit gebadet - wurde hineingetragen und grob auf das Bett, links an der Wand, befördert. Dann verschwanden die beiden Träger und ließen ihren unbekleideten Artgenossen mit der Riesin alleine. Frierend auf dem Rücken liegend, starrte Philipp an die Decke.

»So, du kleine Ratte, ich werde dir jetzt erst einmal wieder Leben einhauchen, sonst wird das schwierig hier bei uns.« Teresa lachte laut und bestimmt, während sie ihren Patienten unbeeindruckt und gelassen musterte. Aus ihrer Jackettasche holte sie eine kleine Schachtel. Der Inhalt: Das Gegengift und eine passende Spritze. »Ich heiße Teresa«. fuhr sie fort. »Ich will, dass du mich auch so ansprichst. Also keine Frau, Herrin oder so'n Mist. Einfach nur Teresa. Wenn du willst »Mutter«!« Wieder lachte sie. Sie füllte die Spritze mit der leicht gelblichen Flüssigkeit, spritzte etwas in die Luft und redete weiter. »Wenn du mich nicht mit Teresa ansprichst, kriegst du eins aufs Maul.« Das war informativ, unverblümt und direkt, dachte Philipp. Warum und wann er sie, aus welchem Grund ansprechen sollte, war ihm noch nicht bewusst – noch nicht! Während Teresa eine passende Vene in Philipps Arm suchte und sich dafür weit über ihn beugte, sodass ihr Oberkörper Philipps ganzen Blickraum einnahm, legte sich auch ihr süßliches, leicht verschwitztes Parfüm auf ihn nieder und begrüßte ihn warm und neckisch. »Deine Akte habe ich noch nicht ganz durchgelesen, aber auf jeden Fall bist du jetzt Nr. 9. Deinen alten Namen brauchst du nicht mehr. Irgendwann, falls du das hier durchstehst, bekommst du eh einen Neuen!« Philipp wurde beinahe ohnmächtig, aber nicht von der nahenden Spritze, sondern vor schierem Grauen des eben vernommenen. Die Nadel stach sich durch seine Haut und Teresa drückte den Inhalt der dünnen Plastikspritze in eine empfängliche Vene.

»So, das hätten wir«, murmelte sie.

Es dauerte keine zwei Minuten und Philipp fühlte wie nach und nach wieder Leben in seinen Körper strömte. Erst nur zaghaft, dann bestimmter und begleitet von großer Erleichterung hob er seine Beine, streckte die Arme in die Luft und schüttelte angewidert die Lähmung aus seinem Körper. Dann schielte er verlegen zu Teresa hoch, deren Kopf so weit oben war, dass er um ein Haar die Decke berührte. Ihr Alter vermochte er nicht einzuschätzen, denn dafür war sie einfach nicht »genormt« genug. Groß, vollschlank, kräftig, trotzdem hübsch und offensichtlich sehr selbstsicher, stand sie vor dem Bett und schaute – beinahe mit einem Lächeln im Gesicht - auf den erwachenden Winzling hinunter. Doch kaum glaubte sich Philipp seiner Bewegungsfreiheit sicher, hob Teresa ihr linkes Bein und pflanzte ihren Fuß grob und bestimmt auf Philipps Bauch, direkt unterhalb seines Brustkorbs und unterbrach seine aufkommende Lebensfreude, wie auch seine Atmung, jäh. Ein dunkelbrauner Lederstiefel mit hohem, glänzendem Schaft präsentierte sich ihm jetzt in äußerst qualvoller Manier. Teresa brauchte nicht einmal zu drücken – das Gewicht ihres Beines reichte bei weitem aus um Philipp, wie ein auf den Rücken gedrehten Käfer, verloren um Hilfe zappeln zu lassen. Seine, durch die reduzierte Nahrung und Schlaf herbeigeführte körperliche Verfassung sorgte dafür, dass er nach kurzen, panischen Versuchen Luft zu holen, sein Bewusstsein verlor und zusammensackte. Leblos fügte sein Körper sich dem imposanten Druck Teresas und versank noch tiefer in die Matratze. Der Koloss über ihm brauchte keine Ewigkeit um zu erkennen, dass sofort etwas getan werden musste, um den Neuen nicht schon am ersten Tag zu verlieren! Sofort nahm sie ihr Bein von ihm, beugte sich nach unten und verpasste dem Patienten zwei schwach dosierte Ohrfeigen, dann eine dritte und eine vierte. Er wurde wach.

»Wir brauchen Harry«, sprach sie zähneknirschend in ein kleines Funkgerät. »Der Neue schwächelt. Harry muss ihn checken! Wenn es nicht sein müsste, würde ich nicht anrufen, das weißt du, entschuldige bitte!« Dann drehte sie sich weg und ging an die noch offenstehende Tür zurück. Philipp lag einsam keuchend in seinem Elend und, obwohl er sich eigentlich wieder hätte bewegen können, regte sich keine Wimper. Er war starr vor Schock und Horror.

Ein paar Minuten später nahten Schritte. Es waren dumpfe Kurze und helle Strenge – die von Madame. Kurz darauf standen Madame und ein kleingewachsener, älterer Herr im Raum und schauten zum Bett hinüber.

»Er ist zusammengebrochen. «

»Was hast du getan? «

»Ach nur das übliche. Ich meine, ich gab ihm die Spritze und dann wurde er ohnmächtig. «

»Einfach so? «

»Einfach so. «

Der kleine Mann schaute beide Damen fragwürdig an.

»Irgendwann passiert es wieder, das versichere ich euch. Ihr solltet besser aufpassen. Ich schau ihn mir Mal an.« Er ging ans hintere Ende des kleinen Zimmers und setzte sich auf den einzigen Stuhl im Raum, nahm seine Tasche auf den Schoss und suchte nach Utensilien.

»Moment«, meinte Teresa pflichtbewusst, griff Philipp bei seinem Halsband und riss ihn mit so viel Kraft vom Bett, dass Madame genervt den Kopf schüttelte.

»Langsam!« Auch der Arzt schüttelte den Kopf.

Mit zwei weiteren Bewegungen beförderte Teresa ihren Knaben bis vor den wartenden Doktor. Für Philipp ging das alles so schnell, dass er erst merkte was vor sich ging, als er sich kniend vor dem Doktor wiederfand. Das war jetzt mehr wie peinlich! Von einer Riesin in Uniform und Stiefeln befehligt, beherrscht und auf den Boden gedrückt zu werden war eins. Doch sich zudem vor einem Mann nackt auf den Knien wieder zu finden, das war hart! Er schaute auf den Boden und suchte erneut die Ohnmacht. Harry, der Arzt, fand das offensichtlich nichts Ungewöhnliches. Mit einem leicht genervten Blick betrachtete er den schwächelnden Mann vor ihm und dann genauso genervt, die ihn festhaltende Frau mit ihrer schier unbändigen Kraft. Dann beugte er sich etwas nach vorne, drückte Philipps Stirn nach oben, zog seine Augenlider hinunter und begutachte ihn gelangweilt.

»Zunge bitte raus!« Teresa unterstützte die Aufforderung Harrys mit einem kurzen Ruck an Philipps Halsband und sogleich schoss seine Zunge raus, als wolle er sie allen zeigen und damit ein gut verständliches Statement abgeben. Teresa stand hinter Philipp, breitbeinig, etwas nach vorne gebeugt und schaute zu, was der Doktor so trieb. Auch der Blutdruck wurde gemessen und so manches Andere. Philipp kam sich vor wie ein Nutztier bei der Inspektion am Viehmarkt. Dann, als Harry abließ und Madame ein Zeichen gab, dass er mit der Untersuchung fertig war, zerrte Teresa Philipp nach hinten und drückte ihn auf den Boden. Wieder arretierte sie ihn mit ihrem Fuß und wieder blieb Philipp die Luft weg. Als Madame erkannte, dass der Frischankömmling kurz davor war, erneut das Bewusstsein zu verlieren, forderte sie Teresa auf von ihm abzulassen.

»Also«, fing Harry an. »Das Übliche bringt ihn schnell wieder auf die Beine, allerdings riskierst du dann, dass der Schwächling dir nach ein paar Tagen vollends zusammenbricht«, fuhr er fort. »Warum ist er denn so geschwächt? «

Madame kam einen Schritt näher und blieb kurz vor Philipps Kopf stehen, schaute in Gedanken versunken auf sein gequältes Gesicht hinunter und antwortete: »Das geht dich nichts an. Ich bezahle dich nicht fürs Fragenstellen, sondern um mir Antworten zu liefern!«

»Selbstverständlich, ist schon klar. Ich würde dir auf jeden Fall empfehlen, ihn besser zu ernähren und ihn mindestens eine Woche zu schonen, dann sollte es wieder gehen.« Madame und Teresa – beide über Philipp thronend – schauten zu Harry hinüber und verzogen ihre Gesichter.

»Eine Woche? «

»Mach zehn Tage daraus, alles andere bringt nichts und du riskierst Ärger, meine Liebe.«

»Na gut, lass uns wieder hinübergehen. Das reicht mir für heute!« Bevor sie sich umdrehte, tippte sie Philipp mit ihrer Stiefelspitze kurz an die Wange, sodass er aufgescheucht zu ihr nach oben schaute, um dann ihren erniedrigenden Blick zu erhaschen, der etwa so viel hieß wie: »Ich habe dich - voll und ganz!« Es war einer dieser Blicke, die ihm sämtliche Kraft raubten. Harry folgte ihr zur Tür und verließ mit ihr den Raum.

»Lass was aus der Küche kommen. Er soll gut essen. Dann »Schonzeit« für ein paar Tage, hast du gehört?« Teresa nickte und blieb mit dem keuchenden Elend auf dem kalten Holzboden alleine zurück.

»Du hast Glück. Du hast wirklich Glück«, murmelte sie. Mit furchteinflößend lauten Schritten verließ auch sie die Zelle und verschwand. Die dunkelbraune Holztür wurde von außen verriegelt und ihr unüberhörbares Gestampfe wurde leiser.

Die omnipräsenten Alarmglocken in Philipps Kopf hingegen immer lauter. Wo war er, was geschah mit ihm, wieso mit ihm, warum? Er drehte sich auf die Seite, nahm alle Kraft zusammen die ihm noch blieb und stand auf. Neugierig – mit Fluchtgedanken – schaute er sich im Raum um. Da war noch eine Tür hinten rechts, gleich neben dem Stuhl auf dem der Arzt gesessen hatte. Sie war klein – womöglich eine Verbindungstür zu einer anderen Zelle. Ein kleines Fenster, weit oben, frohlockte mit der Freiheit einer schwarzen Nacht. Doch es war verschlossen und nur mit einem Vierkantschlüssel zu öffnen! Er schaute auf sein Bett und stützte sich gleichzeitig an die kalte, gräuliche Wand um nicht zu Fallen. Ein Bett wie aus einem gutbürgerlichen Gasthaus, simpel und aufs Nötigste reduziert – Bettrahmen, Matratze und fertig. Doch immerhin war das Bett gemacht und das Kissen, wie auch die dicke, braune Wolldecke schienen sauber und gepflegt. Links vor dem Bett, gleich neben der Eingangstür, stand ein freistehender, hölzerner Kleiderschrank.

Philipp schlurfte hinüber und staunte nicht schlecht, als er die darin säuberlich gestapelten Kleider entdeckte. Da war ein gräulicher Overall, verschiedene Arbeitskleider in ebenso trostlosem Grau, ein paar Herrenunterhosen, drei T-Shirts, Gartenschuhe, Sandalen und… eine Maske aus Stoff. Mehr sah er auf den ersten Blick nicht. Jetzt wollte er wissen was sich hinter der kleinen Tür neben dem Stuhl befand. Hinten, kurz vor der Ecke, in der Wand gegenüber dem Bett. Die Wand war verziert mit verschiedensten Ringen und Haken aus Schmiedeeisen auf verschiedenen Höhen verteilt und wirkte dadurch etwas befremdend - furchteinflößend. Erstaunlicherweise ließ die kleine Tür sich öffnen und so streckte er neugierig seinen Kopf ins Dunkel. Es war keine Verbindungstür. Hinter ihr verbarg sich eine kleine Kammer mit Dusche, Waschbecken und Toilette. War das hier ein Hotel? Möglicherweise machten sie hier nur einen Zwischenstopp und das hier war ein ganz normales, oder fast normales, Hotel?!

»Nein«, schienen ihm die Kleider aus dem Schrank zuzurufen. »Ist es nicht!« Nein, natürlich nicht. Zu schön die Vorstellung. Er suchte nach einem Lichtschalter, doch vergeblich. Als er einen Schritt in das kleine Badezimmer machte, ging das Licht von selber an – ein Sensor. Verwundert schaute er zurück in seine Zelle. Auch da war nirgends ein Lichtschalter. Das einzige Licht im Raum, mittig an der Decke platziert, wurde fremdgesteuert – wie er selbst auch!

Schritte näherten sich. Philipp blieb das Herz stehen, dann pochte es wilder denn je. Es waren viele Schritte – unter anderem bestimmtes, erotisierendes Klacksen von dünnen, hohen Absätzen. Diese Geräuschkulisse kannte er inzwischen gut. Das schwere Gestampfe von Teresa konnte er nicht heraushören. Noch bevor er wusste, unter, hinter oder neben welchem Möbelstück er sich verkriechen sollte, wurde die Tür entriegelt und aufgestoßen – sie donnerte an den Kleiderschrank, welcher dabei beinahe auseinanderfiel. Herein kamen zwei wunderschöne, äußerst junge Amazonen mit Osteuropäischem Einschlag – kaum zwanzig Jahre jung – und hinter ihnen einer der beiden Gartenzwerge mit einem Tablett in den Händen.

»Stell es da drüben auf den Boden und hau ab«, befahl die Schwarzhaarige forsch.

»Ja sofort, Herrin«, antwortete der Zwerg mit verängstigter, aufgegeilter Stimme. Er stellte es ab, mittig im Raum und suchte dann, sich an den beiden Frauen vorbeizwängend, um Entschuldigung bittend, eiligst das Weite. Philipp blieb die Spucke weg. Er stand am anderen Ende der Zelle, neben der kleinen Tür zum Badezimmer und starrte zitternd vor Schwäche, Kälte und Erregung auf die beiden abgöttisch schönen, jungen Frauen. Die links, mit den langen, seidenen, schwarzen Haaren, trug ein knappes Lederbustier, ein Minihöschen aus Jeans und schwarze, etwas abgenutzte Lederstiefel, deren Schaft bis fast zum Höschen reichten. Ihre linke Hand, versteckt unter einem sportlichen Lederhandschuh, hielt eine kurze Gerte im Anschlag. Ihre Haut war eher dunkel, zudem zierten unzählige Tattoos beide Arme und wohl so manches mehr. Ihr Gesicht – ein Traum – so wunderschön wie aus einer anderen Welt, mit großen, tiefgrünen Augen und einem Mund so voll und einladend wie ein Mund nur sein konnte ohne an die Grenze des Kitschigen zu stoßen. Um ihren Hals hingen dutzende, glänzende Kettchen in allen Formen und Größen.

Rechts neben ihr posierte, ebenfalls mit einer Gerte bewaffnet, das farbliche Gegenteil. Ebenso attraktiv und jung, doch blond und nicht so dunkelhäutig, mit blauen Augen und etwas dünneren Lippen, in weißen Reithosen und Bluse, braunen Reitstiefeln und dazu passendem breitem Gurt um die Taille, stand sie breitbeinig da, während ihr hypnotischer, strenger Blick sich tief in Philipps Aufmerksamkeit bohrte.

»Ihr Abendessen, mein Herr«, spottete die Schwarzhaarige mit einem hasserfüllten Unterton. »Los, hast du keinen Hunger? Komm her und lass es dir schmecken! « Während sie das sagte kamen beide Frauen näher, was ganz und gar so aussah, als würden sie gerade in den Kampf ziehen. Unmittelbar vor dem Tablett blieben sie stehen und die Schwarzhaarige spielte unübersehbar eifrig mit ihrer Gerte, als würde sie gleich zum ersten Schlag ausholen. Die Reiterin, mit ihren langen, hellen Haaren, suchte derweil in ihrer Hosentasche nach ihren Zigaretten und schaute für einen kurzen Moment nicht zu Philipp hinüber, der sich wie festgenagelt an der kleinen Holztür festhielt.

»Du sollst den Fraß hier essen«, murmelte sie leise, doch laut genug um gehört zu werden. Endlich bewegte sich Philipp in Richtung der beiden Frauen. Mit verängstigtem Blick und noch immer zitternd, ging er vorsichtig und langsam auf sie zu.

»Runter auf den Boden, du Penner. Du kriechst gefälligst, wenn du uns begegnest! « Ihre Gerte knallte laut an die Wand, als die Schwarzhaarige das sagte. Blitzartig warf sich Philipp, aufgeschreckt durch den Knall, auf alle Viere und krabbelte folgsam bis vor das Tablett. Sein Herz raste, der kalte Schweiß lief in seine Augen und der Raum schien plötzlich enger und kleiner zu werden. Philipp blieb kaum Zeit zum Atmen, noch zum Denken. Im Moment folgte eine Überraschung der nächsten, unabhängig davon, ob sie angenehm, furchteinflößend, oder schmerzhaft war. Klein wie eine Maus kniete er vor dem Tablett mit dem vorzüglich duftenden Abendessen. Links neben ihm die Wand, vor ihm die beeindruckend langen, gestiefelten Beine dieser beiden wunderschönen, jungen Geschöpfe. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen. Eine Schale mit warmer Suppe lachte ihn an, daneben ein reich belegter Teller mit Fleisch, Gemüse und Nudeln. Sein hungriger Magen knurrte als er sich daranmachen wollte, als erstes die Suppe zu schlürfen. Doch noch bevor er seine Hand ganz nach ihr ausstrecken konnte, kam die Schwarzhaarige ihm zuvor und Philipp musste mit gemischten Gefühlen zuschauen, wie sie den dünnen, leicht abgetretenen Absatz ihres linken Stiefels bis ganz nach unten in die Suppe eintauchte und dabei hämisch grinste.

»Nicht so zaghaft. Los, bediene dich. Leck das Süppchen«, murmelte das blonde Biest vor sich hin, die mittlerweile ihre Zigarette angezündet hatte, abschätzig auf Philipp hinunterschaute und gleichzeitig die erste Nikotinwolke aushauchte.

»Komm schon, friss«, legte die Schwarzhaarige nach und wackelte etwas mit ihrem Fuß.

Gefügig beugte sich Philipp hinab zur Schale hin, wo der schwarze, spitze Stiefel ihn frohlockend erwartete. Ohne zu denken oder auch nur zu wollen, drückte Philipp seinen Mund so gut es ging zwischen den Fuß und den Rand der Schale, wobei sich seine Wange an das warme Stiefelleder dieser fremden Göttin presste. Dies sorgte für einen mentalen Stromschlag und einer immediaten Erektion. Den gestiefelten Fuß dieser unbekannten, jungen Emanze zu berühren – zu spüren - toppte vieles bereits Erlebte. Duft von Leder und Suppe vermischten sich jetzt zu einer lebenseinhauchenden Droge. Seine Zunge suchte nach der Suppe, doch war der Abstand zwischen dem Schalenrand und dem Fuß viel zu gering um bis zum warmen Gaumenschmaus zu gelangen. Auch machte die Schöne über ihm keine Anstalten, ihm das Lecken zu vereinfachen. Ganz im Gegenteil; während Philipp sich alle Mühe gab, etwas der vorzüglich riechenden Brühe zu verkosten, drückte das schwarze Biest ihren Fuß immer mehr an seinen Kopf, bis dieser voll und ganz neben die Schale gedrängt im Leeren endete. Dann, als hätte er es nicht verstanden, zog sie ihren Absatz aus der Suppe und kippte die Schale um, sodass die ganze Flüssigkeit über das Tablett und den Teller mit der Hauptspeise floss.

»Upps, ein Unfall«, lachte die Schwarzhaarige.

»Ja, wirklich tragisch«, erwiderte die Blonde und ging langsam um Philipp herum, wo sie hinter ihm stehen blieb. »Jetzt gibt’s keine Suppe mehr. Das ist in der Tat sehr tragisch!«

Sie stellte ihren Fuß auf Philipps Hintern und drückte so fest, dass er schließlich breitbeinig einsackte und wie ein gelähmter Frosch am Boden liegen blieb. Beide Frauen lachten begeistert. »Du solltest die Hauptspeise probieren, die ist wirklich köstlich. Stimmt's Ramona? «

»Die ist sogar sehr gut«, erwiderte die schwarzhaarige Ramona und zögerte keinen Augenblick ihren Fuß inmitten des Tellers abzustellen und sogleich damit zu beginnen, Fleisch, Gemüse und Nudeln zu einem Einheitsbrei zu zerreiben. »Ich finde sogar, so schmeckt's noch viel besser«, fügte sie hinzu. Philipp starrte auf den arbeitsamen Fuß vor seinem Gesicht, wie er mit kraftvollen Drehbewegungen, seine vitaminreiche Kost zu einem undefinierbaren Mus zermalmte. Und zu allem Überfluss fand er es auch noch überaus erregend! Doch seine körperliche Verfassung erlaubte ihm nicht auf das erotisierende Spiel der Frauen einzugehen. Er hatte Hunger. Er musste essen. So schickte er sich an, kaum drehte Ramona ihren Fuß mal nicht, etwas von dem, mittlerweile trostlos aussehenden, Essen abzubekommen, ganz unabhängig davon wie es schmeckte. Er drückte sein Gesicht in den Teller und leckte auf, was er erhaschen konnte. Die harte Stiefelsohle der Blonden, die beherzt ihren Fuß zwischen seine Arschbacken presste, realisierte er kaum noch. Nach kurzer Zeit, begleitet von Spott und allerlei beleidigenden, verbalen Erniedrigungen, zog die Blonde Philipp an seinem Halsband in die Höhe und weg vom Teller.

»Das reicht. Du hast genug!« Sie zerrte ihn hoch, zurück auf die Knie und stiess ihn dann nach hinten auf den Rücken, wo sie ihn mit ihrem Fuß auf seiner Brust auf den Boden drückte. Ihr Blick war unheimlich erotisch und wirkte hypnotisch. Es war einer dieser intensiven und bösen Blicke, die Philipp innerlich aufwühlten, dann auseinandernahmen und zerstörten. Auch Ramona schaute auf ihn hinunter – angewidert grinsend – und schien die Gemeinheit leidenschaftlich zu genießen.

»Hängen wir ihn an die Wand. Ich will endlich Feierabend!« Sie zeigte auf einen dieser schmiedeeisernen Ringe auf halber Höhe an der Wand.

»Für die ganze Nacht?«

»Sicher!« Ohne zu zögern riss die Blonde den Mann in ihrer Gewalt unsanft hoch und hinüber an die Wand, nahm einen dicken, kurzen Kabelbinder aus ihrer Hosentasche und zurrte Philipps Halsband an einem Ring fest. Hilflos, auf den Knien kauernd, starrte er auf die beiden jungen Frauen, die es ganz offensichtlich sehr befriedigte, ihn so zu malträtieren.

»Du Dreckskerl wirst schon noch merken, mit wem du es zu tun hast.« Ramonas drohende Offenbarung klang vielversprechend. Ein letztes Mal kam sie ihm ganz nahe - presste sich beinahe an ihn - sodass Philipp ihre Wärme spürte und ihr Parfüm einatmete, wodurch er von ihrer zügellosen Weiblichkeit eingenommen, erneut erregt zu zittern begann. Sie schaute auf ihn hinunter und genoss seine devote, erregte Reaktion. Siegesbewusst drückte sie ihr Knie gegen seine Brust und lies dazu einen langen Faden ihrer Spucke auf seinen Kopf tropfen. Sie liebte es Dinge richtig zu machen. »Ich hasse Typen wie dich.« Sie presste sich noch fester an ihn. »Dich mache ich fertig, dass verspreche ich dir!« Dann endlich ließ sie von ihm ab, schmierte ihre Stiefelsohle an seinem Oberschenkel sauber und die beiden Frauen verließen laut grinsend die Zelle, verriegelten die Tür, löschten das Licht und es wurde still.

Philipp blieb erregt, verwirrt, mit Schmerzen und Hunger, an die Wand gebunden, im Dunkeln zurück. Jetzt wusste er, wofür die eigenartigen Haken und Ringe gedacht waren! Langsam überkam ihn die Furcht eines sich im Wald verirrten Kindes. Er begann leise, aber aus tiefem Herzen zu weinen. Das Halsband strangulierte ihn, kaum wollte er eine etwas geeignetere Stellung suchen. Doch dies war beim besten Willen nicht möglich. Er war hungrig, hatte kalt und er war einsam.

Doch plötzlich hörte er schwere Schritte sich nähern. Es waren die von Teresa, die es offensichtlich eilig hatte, denn sie näherte sich sehr schnell. Das Licht ging an, die Türe wurde entriegelt und da stand sie.

»Was zum Geier?!« Genervt kam sie hinein und auf Philipp zu, welcher jetzt nicht ganz sicher war, ob sie seine Befreiung - oder eine weitere erotisch-brutale Ganzkörperbehandlung - wie es in dieser Gaststätte gebräuchlich schien, im Sinn hatte. »Diese Mädchen«, murmelte sie und wieder hatte sie dieses nicht aus ihrem Gesicht wegzudenkende Lächeln auf den Lippen. Ohne lange Fragen stellen zu wollen, oder nach dem körperlichen Zustand des Misshandelten zu schauen, durchtrennte sie den Kabelbinder mit einem kleinen Taschenmesser, welches sie an ihrem Schlüsselbund jederzeit zur Hand hatte, wodurch Philipp nach vorne kippte und sich erschöpft auf den Händen abstützte.

»Danke ihnen, Teresa.«