Herz und Verstand im Verwaltungsrat - Gabriela M. Paltzer-Lang - E-Book

Herz und Verstand im Verwaltungsrat E-Book

Gabriela M. Paltzer-Lang

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Beschreibung

Das Buch ist ein volkswirtschaftliches Manifest und mutiges persönliches Bekenntnis zur Förderung von Frauen als Verwaltungsratsmitglieder. Es bietet einen inspirierenden Reichtum an Analysen, Aussagen, Einschätzungen und Ratschlägen. Die Sprache ist packend, besonnen, abwechslungsreich und wunderbar verständlich. Der Inhalt des Buches reicht von Leadership, Politik, Wirtschaftsgeschichte, Gesellschaftskritik und Philosophie bis tief in die Fragen der Gendertheorie, Aktienrechtspraxis und Unternehmensführung. Ein Business- Titel mit hohem Unterhaltungswert.

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Gabriele M. Paltzer-Lang

HERZ und VERSTAND im VERWALTUNGSRAT

Eine Frau hinterfragt Geschlechter-Unterschiede40 Gespräche über Leadership

Mit einem Vorwort von Oswald J. Grübel

Verlag und Autorin danken der Georg und Bertha Schwyzer-Winiker Stiftung sehr herzlich für Ihre Unterstützung der Herausgabe dieses Werkes

Impressum

© 2020 Münster Verlag GmbH, Basel

Alle Rechte vorbehalten.

Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert werden, insbesondere nicht als Nachdruck in Zeitschriften oder Zeitungen, im öffentlichen Vortrag, für Verfilmungen oder Dramatisierungen, als Übertragung durch Rundfunk oder Fernsehen oder in anderen elektronischen Formaten. Dies gilt auch für einzelne Bilder oder Textteile.

Umschlag und Satz:

Stephan Cuber, diaphan gestaltung, Bern

Fotos Umschlag:

Daniel Gendre, Zürich

Lektorat:

Manu Gehriger

ISBN 978-3-907146-95-8

eISBN 978-3-907301-20-3

www.muensterverlag.ch

für Edgar

ohne den ich nicht wäre, wer ich heute bin

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Verantwortlichkeit eines Verwaltungsrates nach Gesetz

I. TEIL

A.VR-Mitglieder und ihre Beziehungen

1.Beziehungen unter den Verwaltungsratsmitgliedern

2.Beziehungen des Verwaltungsrates zum Unternehmen

3.Beziehungen des Verwaltungsrates zum Human Resource Management

4.Beziehungen des Verwaltungsrates zur Öffentlichkeit

B.Auswahlkriterien für VR-Mitglieder

1.Diversität

2.Unabhängigkeit und eine andere Perspektive

3.Gesprächskultur

4.Grösse und Zusammensetzung eines Verwaltungsrates

5.Gerechtigkeit und Chancengleichheit

C.Unterschiede zwischen Frauen und Männern in der Vor-Arbeit

1.Vorbereitung auf die Sitzungen

2.Diskussionen in Sitzungen

3.Rationales und Emotionales

4.Kritisches Denken und Querdenken

5.Nonverbales

6.Bauchgefühl

7.Rolle des Verwaltungsratspräsidenten

8.Absprachen im Verwaltungsrat

9.Abstimmungen

10.Lohndiskussionen

11.Entlassungen

D.Einzelne Bereiche der VR-Arbeit

1.Wahl eines VR-Mitglieds

2.Wahl eines CEOs

3.Strategie des VR

II. TEIL

A.Unterschiede zwischen Frauen und Männern

1.Radar-Sicht von Frauen und Laser-Sicht von Männern

2.Die Mehrfach Rollen von Frauen

3.Von Sieg und Wettbewerb getriebene Männer – Frauen wollen Liebe – Männer wollen Sieg

4.Firmengründungen von Frauen

5.Risiko

6.Mut

7.Frauen sprechen weniger

8.Frauen sprechen vorsichtiger

9.Status, Macht und Prestige

10.Empathie und Emotionen

11.Unterschied im Kindsalter

12.Biologisches Geschlecht

B.Wirtschaft – Medien – Politik

1.Beziehung der Wirtschaft zu den Medien – Angst

2.Beziehung der Wirtschaft zur Politik

3.Politik als Patriarchat

4.Opferrolle von Frauen

5.Lohnexzesse – Transparenz

6.Kritische Stimmen zur Politik

C.Frauenquoten – Abneigung

1.Ich bin gegen Frauenquoten

2.Problem der Qualität

3.Problem der Minderheit

4.Problem der Überreglementierung

5.Beispiel einer Ursache für das Problem

III. TEIL

Ermutigung für Business-Frauen

1.Selbstverständlich im Verwaltungsrat

2.Proaktiv – Gemischte Netzwerke – Konferenzen

3.Förderer – Mäzen

4.Ohne Gender-Karte

5.Karriereplanung

6.Gute Organisation

7.Perfektionismus – Selbstvertrauen

8.Mehr reden

9.Bewusst anders sein

10.Äusseres Erscheinungsbild

11.Politik im Verwaltungsrat

12.Geliebt werden – Grübeln – Authentizität

13.Erziehung zu Selbstvertrauen – ein Beispiel

14.Kombination von Weiblichem und Männlichem

15.Mitglied einer Kommission

16.Seminare für zukünftige Verwaltungsrätinnen

17.Starke Frauen

18.Möglichkeiten heute

Fazit

Mein herzlicher Dank

Vorwort

Wenn Regierungen eine Frauenquote im Verwaltungsrat von Unternehmen verordnen, dann wirft das viele Fragen auf. Werden Verwaltungsräte von Männern dominiert, die unter sich bleiben wollen? Ist es eine Mindereinschätzung gegenüber Frauen? Wollen Frauen nicht in Verwaltungsräte, weil sie es sich nicht zutrauen, weil sie glauben, dass sie dafür nicht genügend ausgebildet sind, weil sie befürchten, diskriminiert zu werden? Oder gibt es noch viele andere Gründe?

Die Antworten auf diese Fragen und viel, viel mehr erhalten Sie in diesem Buch von Gabriele M. Paltzer-Lang. Es enthält nicht nur die Meinung der Autorin, sondern vielmehr eine sehr reale Untersuchung dessen, was Frauen und Verwaltungsratsmitglieder in einem solchen Gremium erwartet. Wenn Sie also die Absicht haben, sich um ein Verwaltungsratsmandat zu bewerben, dann ist vorher die Lektüre dieses Buches eine Pflicht.

Die Autorin hat in vielen Interviews mit Verwaltungsratsmitgliedern, CEOs und VR-Präsidenten, aufgeteilt zwischen Frauen und Männern, ein realitätsbezogenes Bild dessen erarbeitet, was auf jede Anwärterin und jeden Anwärter auf diesen Job zukommt und worüber sie oder er sich im Klaren sein sollte.

In einem funktionstüchtigen Verwaltungsrat geht es konstant um Themen wie Kenntnisse des Geschäftes, Erfahrung, wie man mit Menschen einzeln und im Gremium umgeht, wie sich ein Verwaltungsratsmitglied gegenüber der Belegschaft etwa in Lohndiskussionen, bei Entlassungen oder bezüglich Regulierungen, aber auch gegenüber den Medien verhält, und wie man seine Meinung durchsetzt.

Heute haben mehr als 50 Prozent aller Frauen einen Universitätsabschluss, aber Verwaltungsräte haben im Schnitt nur einen 20-prozentigen Frauenanteil. Ist es für Männer so einfach, eine stärkere Teilhabe der Frauen zu verhindern – oder sind Frauen so schlau, dass sie gar nicht in ein Gremium eintreten wollen, wo man für die Handlungen des schwächsten Mitglieds mithaftet? Umgeben sich Verwaltungsratspräsidenten nur mit Jasagern, schätzen sie kritische Meinungen und Denken aus Frauensicht überhaupt? Weshalb haben immer wieder grosse Unternehmen Schwierigkeiten mit der Geschäftsleitungs- und CEO-Nachfolge, obwohl die Ernennung der Geschäftsleitung die wichtigste Aufgabe des Verwaltungsrates ist?

Dieses Buch von Gabriele M. Paltzer-Lang beschreibt im Detail die gegenwärtige Situation in grossen und mittleren Verwaltungsräten; es gibt den Lesern einen Leitfaden über wichtige Themen und Verhaltensweisen in solchen Gremien. Und es rät Ihnen, den Mut zu haben, für Ihr eigenes Lebensmodell einzustehen und dieses zu vollziehen.

Oswald J. Grübel

Einleitung

Stellen Sie sich vor, wir würden nur noch von den Frauen, den Männer, dem Verwaltungsrat, der Geschäftsleitung, der Firma, dem Chief Executive, den Mitarbeitern oder der Gesellschaft sprechen. So als ob jede einzelne Kategorie aus einer homogenen Masse bestehen würde. Angenommen wir täten dies, dann würden wir völlig ausser Acht lassen, dass all diese Gruppen nur dank Menschen überhaupt existieren, nicht aus Robotern und auch nicht aus künstlicher Intelligenz sind, sondern aus einzelnen Individuen unterschiedlichster Herkunft, Charaktere, Erziehung, Ausbildung, Kultur, Glaubensrichtung, Alter, Stil und Ausstrahlung. Anders ausgedrückt. Jede Klasse lebt von ihren Mitgliedern und ihres Menscheins. Das führt mich zum Hauptgrund, weshalb ich dieses Buch geschrieben habe. Mich interessieren das Individuum, sein Wesen, seine Arbeit, sein Beruf und seine Ansichten. Die Auseinandersetzung mit dem Menschen bedeute für mich pure Freude und grosse Bereicherung. Das war die treibende Kraft für meine Gespräche mit zahlreichen Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräten. Daraus hat sich nicht nur ein lebhaft erzählendes, oft geradezu unterhaltsames Sachbuch, sondern auch ein kleines volkswirtschaftliches Manifest ergeben mit dem Ziel, die Diversität in einem Verwaltungsrat zu fördern. Weshalb und wie die Frauen davon profitieren könnten, wird von mir im vorliegenden Werk beschrieben.

Gibt es noch andere Gründe, weshalb ich so frohgemut und ohne akademische Ansprüche, dafür mit meinem gesunden Menschenverstand im Sinne des Wortes und gehörig viel «Gwunder» zur Feder gegriffen habe? Lassen Sie mich kurz ausholen, um diese Frage zu beantworten. In meiner Abschlussarbeit im Weiterbildungsstudiengang Master of Advanced Studies in Applied Ethics an der philosophischen und theologischen Fakultät der Universität Zürich habe ich mich mit dem Thema der Vertretung von Frauen in Verwaltungsräten auseinandergesetzt. Ich habe in dieser Schrift die These aufgestellt, dass das unterschiedliche Denken, Urteilen und Handeln von Frauen und Männern ein und relevanter Grund sein könnte, mehr Frauen in einen Verwaltungsrat zu wählen. Ich war überzeugt, damit anstelle der herkömmlichen Argumente der Geschlechtergleichheit und Frauenquote einen anderen Nachweis zugunsten der Erhöhung des Frauenanteils in Verwaltungsräten gefunden zu haben.

Dann war ich von unaufhaltsamer Neugier und Interesse getrieben, verbunden mit der Frage, ob meine These der Verschiedenartigkeit von Frauen und Männern auch in der Praxis bei der Ausübung eines Verwaltungsratsmandats eine Rolle spiele und ihre Anwendung finde. Ich habe über 40 weibliche und männliche Verwaltungsräte persönlich getroffen. In schmucken Büros, grandiosen Sitzungszimmern, eleganten Hotelhallen und sogar am Flughafen, jedenfalls, das Eis zwischen uns war meist schnell gebrochen, und wir konnten oft auch herzhaft miteinander lachen. Die Antwort auf die Unterschiedlichkeit: Ja, sie ist von Bedeutung, interessanterweise aber nur bedingt wegen des Geschlechts, sondern vielmehr wegen der Andersartigkeit jedes einzelnen Individuums.

Ich möchte hervorheben, dass ich die Verwaltungsräte nicht nach einem bestimmten System oder Schema ausgewählt habe. Das jeweilige Verwaltungsratsmitglied hat mich einfach aus irgendeinem Grunde angesprochen. Dies konnte auf Aussagen der Person in den Medien, auf Artikeln, die von oder über die Person geschrieben wurden oder auf ihrem Werdegang beruhen. Dieser Ausgangslage sind zufällig fast gleich viele Begegnungen mit weiblichen und männlichen Verwaltungsräten entsprungen. Die Firmen waren dabei für mich von sekundärer Bedeutung, die Person war wichtig. Meine Gesprächspartner sitzen in börsenkotierten Gesellschaften, in mittleren bis grossen KMUs, in grossen Genossenschaften oder in Familienbetrieben. Vor allem haben die Männer mehrere grössere und kleinere VR-Mandate, die Frauen weniger.

Bei meinen Gesprächen habe ich schnell feststellen müssen, dass eine klare geschlechterspezifische Unterschiedlichkeit der Verwaltungsräte schwierig auszumachen ist. Jeder Verwaltungsrat hat seine eigene Persönlichkeit, seine Meinung, seine Erfahrungen, sein Curriculum und ist mehr oder weniger vorsichtig dabei, sich für stereotype Geschlechterrollen zu erwärmen. Erst bei näherem Nachhaken meinerseits kam das eher Weibliche und Männliche zur Sprache. Das war eine spannende Erfahrung!

Alle meine Diskutanten haben indessen eines gemein: Sie möchten mehr Frauen in ihre Verwaltungsräte wählen. Die Chance für eine Frau, in ein solch verantwortungsvolles Amt berufen zu werden, war demzufolge noch nie so gross wie heute. Verwaltungsrätinnen sind gesucht! Aber ganz so einfach geht es auch für eine Frau nicht vonstatten, denn die Anforderungen an jeden Verwaltungsrat, ob Frau oder Mann, sind immer die gleich hohen. Dazu gehören unter anderem eine gute Ausbildung, eine langjährige Berufserfahrung vorwiegend in leitender Position, am besten als CEO, je nach Firma auch Auslanderfahrung und eine besondere Stärke auf einem Spezialgebiet, welches im Verwaltungsrat um der Diversität Willen noch gebraucht wird. So lautet das allgemeine Credo. Falls die weiblichen und männlichen Bewerber ein annähernd gleiches Profil aufweisen, dann wird heute eindeutig der Frau der Vorrang gegeben, darin sind sich meine Gesprächspartner einig. Ob es sich hier nicht um eine versteckte indirekte Quote handelt, müsste man wohl diskutieren. Meines Erachtens gibt es grundsätzlich keine wirklich gleichen Profile von Bewerbern. Deshalb müsste es immer möglich sein, eine stichhaltige Eigenschaft oder Einmaligkeit des jeweiligen Kandidaten zu finden, durchaus basierend auf expliziten harten und weichen Faktoren, welche seine Wahl als Verwaltungsratsmitglied legitimiert. Das Geschlecht sollte nicht das Zünglein an der Waage sein. Der generelle Diversitätsgedanke spielt dabei die grosse Rolle.

Im ersten Teil des Buches nehmen die Verwaltungsräte zu ganz bestimmten Fragen Stellung. Im ersten Kapitel geht es um Fragen zu den Beziehungen des Verwaltungsratsmitglieds innerhalb des Gremiums, zur Firma, zum Human Resource Management und zur Öffentlichkeit. Das zweite Kapitel betrifft Fragen zu Auswahlkriterien für Verwaltungsratsmitglieder, darin eingebunden die Diversität, die Unabhängigkeit und eine andere Perspektive, die Gesprächskultur, die Grösse und Zusammensetzung eines Verwaltungsrates, die Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Im dritten Kapitel berichten die Verwaltungsräte über ihre eigenen Erfahrungen bezüglich Unterschieden zwischen den Frauen und Männern in ihrer VR-Arbeit und erzählen, wie eine Verwaltungsratssitzung abläuft und was sich abspielt. Sie berichten über die Sitzungsvorbereitungen, die Diskussionen, das Rationale und Emotionale, das kritische Denken und Querdenken, das Nonverbale, das Bauchgefühl, die Rolle des Verwaltungsratspräsidenten, die Absprachen, die Abstimmungen, die Lohndiskussion und die Entlassung von Mitarbeitern. Im vierten Kapitel beantworten die Verwaltungsratsmitglieder Fragen zu drei ganz bestimmten Bereichen ihrer VR-Arbeit, die Wahl eines VR-Mitglieds, die Wahl eines CEO’s und zu den Strategien des Verwaltungsrates.

Im zweiten Teil des Buches im ersten Kapitel konzentriere ich mich auf einige von mir ausgewählte tendenzielle Unterschiede zwischen Frauen und Männern, wie sie im Berufsalltag auftreten können. Sie erfahren, was die Verwaltungsräte dazu sagen, und ob sie diese bestätigen oder verneinen. Zur Geschlechterdifferenz gehört beispielsweise eine eher weit gefächerte weibliche Sichtweise, die sogenannte Radar View. Diese resultiert nicht zuletzt daraus, dass Frauen oft mehrere Rollen gleichzeitig ausüben. Dem gegenüber stehen die Männer mit ihrer eher auf ein Ziel gerichteten Perspektive, der sogenannten Laser View. Bei den Männern sind immer noch das hierarchische Denken und das Machen einer Karriere ausgeprägt. Weiter finden Sie in diesem Buch heraus, was die Metapher des Spiels und das entsprechende Wettbewerbsverhalten der Männer für einen Einfluss auf die Geschäftswelt haben. Firmengründungen von Frauen sind nicht selten eine Folge davon. Sie lesen auch, ob die Frauen mutiger und die Männer risikofreundlicher sind. Ebenso entdecken Sie, ob es ein unterschiedliches Redeverhalten und eine andere Kommunikation der beiden Geschlechter gibt und was die Macht und der Status dabei für eine Rolle spielen. Es ist auch nicht ganz so eindeutig, wer die Nase vorne hat, wenn es um Empathie und Emotionen geht. Und dann erzähle ich anhand des ersten Schultags wie schon in jungen Jahren Mädchen und Buben ein andersartiges Verhalten zeigen. In ein paar wenigen Worten beschäftige ich mich am Schluss des Kapitels noch mit dem biologischen Geschlechterunterschied.

Im zweiten Kapitel lege ich dar, wie die Wirtschaft, ihre Beziehungen zu den Medien und der Politik wahrnimmt und was die Einschätzungen der Verwaltungsratsmitglieder dazu sind. Weiter lesen Sie unter dem Kapitel Politik als Patriarchat, wie eine schleichende Umerziehung der Gesellschaft im Gange ist, vorgegeben von einer kleinen Minderheit. Auch die Opferrolle der Frauen thematisiere ich und tue meinen Ärger kund, ständig als Opfer dargestellt zu werden, welches Unterstützung braucht und gefördert werden muss. Dazu gehört auch, dass allzu oft mit Daten und Zahlen argumentiert wird und die mangelnde Repräsentanz an Frauen sogleich als Unterdrückung und Ungerechtigkeit angesehen und interpretiert wird. Auch die Lohnexzesse und der generelle Transparenzgedanke in der Bevölkerung kommen zur Sprache und auch kritische Stimmen zur Politik generell.

Das dritte Kapitel ist der Frauenquote und dem, was die Verwaltungsratsmitglieder darüber denken, gewidmet. Sämtliche befragten Mitglieder, weibliche und männliche, sind einer Quotenregelung gegenüber kritisch bis strikte ablehnend eingestellt. Ich selbst gehöre zu den absoluten Gegnern einer Frauenquote. Befürchtet wird eine abnehmende Qualität, da die Quantität zu einem Argument im Auswahlprozess und für eine spätere Anstellung gemacht wird und nicht die Qualität, die ausschlaggebend sein sollte für jede Berufskategorie und Stellung. Auch nehme ich zum Problem der Minderheit Stellung. Sie gewinnt immer mehr an Einfluss in der Wirtschaft und auch in der Politik und hat mit ihren Forderungen Erfolg. Oft werden die Ziele durch eine Überreglementierung erreicht und so in die freie Marktwirtschaft eingegriffen. Auch zeichne ich ein Beispiel, wo das Problem im Umgang mit den Frauen liegen könnte: In der Familie selbst.

Im dritten Teil des Buches habe ich mich selbst gefragt, wie und mit welchen Mitteln Frauen ermutigt werden könnten, sich noch besser in der Wirtschaft zu etablieren und Gehör zu bekommen. Darunter zählen: Selbstverständlich zu einem Verwaltungsrat gehören, proaktiv sein in gemischten Netzwerken und sich an Konferenzen zeigen, einen Förderer oder Mäzen suchen, nicht die Gender-Karte ziehen, eine vorsichtige Karriereplanung, eine gute Organisation, den Perfektionismus kritisch hinterfragen und das Selbstvertrauen stärken, mehr reden, bewusst anders sein, das äussere Erscheinungsbild nicht unterschätzen, auch Politik betreiben im Verwaltungsrat, die Bedeutung von geliebt werden, das Problem vom Grübeln, den Vorteil der Authentizität, Beispiel an Christine Lagarde nehmen, die Kombination von Weiblichem und Männlichem pflegen, Mitgliedschaft in einer Kommission, Seminare für zukünftige Verwaltungsrätinnen, starke Frauen und ganz am Schluss die Möglichkeiten für Frauen heute.

Für wen ist mein Buch geschrieben? Für alle aktiven Verwaltungsräte, um ihnen aufzuzeigen wie unterschiedlich die Ansichten ihrer Kolleginnen und Kollegen sein können, obwohl alle denselben «Job» machen. Für zukünftige Verwaltungsräte, die gerne einen direkten Einblick erhalten, was sich in der Praxis in solchen Gremien abspielt oder abspielen könnte. Ferner für all jene Personen, die in einen Rekrutierungsprozess involviert sind, also die Verwaltungsräte selber und auch die Headhunters und Grossaktionäre. Die Aussagen und persönlichen Erzählungen sind auch für all diejenigen Personen interessant, die viel mit Verwaltungsräten zu tun haben, beispielsweise die Geschäftsleitungen, die Risiko-Manager, die Compliance-Leute, die Rechtsdienste oder die internen und externen Revisionsstellen. Und nicht zuletzt ist das Buch für alle diejenigen Personen gedacht, die gerne mal hinter einem anonymen Verwaltungsrat einen Menschen sehen möchte, der vielleicht gar nicht so viel anders tickt als wir alle im normalen Alltag, nämlich mit Herz und Verstand.

Zusammengefasst möchte ich mit meinem Buch «Herz und Verstand im Verwaltungsrat» die Leser inspirieren, nicht nur in der Wirtschaftswelt, sondern in ihrem gesamten Leben immer wieder das persönliche Gespräch und den Dialog zum Mitmenschen zu suchen und sich für ihn zu interessieren. Auch soll mein Buch als Aufruf gedacht sein, sich nicht hinter anonymen Computern zu verschanzen, das Digitale für einen Moment ruhen zu lassen, sich Zeit zu nehmen und die Geschwindigkeit zugunsten von persönlichen Begegnungen zu drosseln. Dazu gehört: Fragen, Fragen und nochmals Fragen an sein Gegenüber richten, ihm in die Augen schauen und die Empathie bewusst erleben lassen! Erstaunliches kommt zu Tage und ein persönlicher Gewinn durch unerwartete Entdeckungen ist Ihnen gewiss. So jedenfalls ist es mir ergangen bei all meinen Begegnungen mit den Verwaltungsratsmitgliedern und beim Schreiben dieses Buches. All das wünsche ich auch Ihnen, liebe Leser!

Verantwortlichkeit eines Verwaltungsrates nach Gesetz

Bevor ich Ihnen über meine diversen Gespräche mit Verwaltungsratsmitgliedern berichte, möchte ich kurz zusammengefasst die Verantwortlichkeiten eines Verwaltungsrates nach Gesetz erwähnen. Der guten Ordnung halber!

Gemäss Art. 707 OR besteht ein Verwaltungsrat aus einem oder mehreren Mitgliedern. Falls an der Gesellschaft eine juristische Person oder eine Handelsgesellschaft beteiligt ist, ist sie als solche nicht als Mitglied des Verwaltungsrates wählbar, an ihrer Stelle können ihre Vertreter gewählt werden.

Gemäss Art. 716a OR hat der Verwaltungsrat die folgenden Aufgaben:

1Oberleitung der Gesellschaft und Erteilung der nötigen Anweisungen.

2Festlegung der Organisation.

3Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzplanung und -Kontrolle, sofern diese für die Führung der Gesellschaft notwendig ist.

4Ernennung und Abberufung der mit der Geschäftsführung und Vertretung betrauten Person.

5Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen.

6Erstellung des Geschäftsberichtes sowie der Generalversammlung und die Ausführung ihrer Beschlüsse.

7Benachrichtigung des Richters im Falle der Überschuldung.

Neben diesen ihm übertragenen Aufgaben hat der Verwaltungsrat in verschiedenen Gesetzesartikeln festgeschriebene Rechte und Pflichten. (vr-wissen.ch, Das Schweizer Informationsportal zum Thema Verwaltungsrat).

Seine Rechte sind:

1Auskunfts- und Einsichtsrecht

2Stimmrecht

3Weisungsrecht

4Recht auf Sitzungseinberufung

5Recht auf Entschädigung

6Recht auf Anrufung des Richters

7Recht auf Mandatsniederlegung

Seine Pflichten sind:

1Sorgfaltspflicht

2Treuepflicht

3Gleichbehandlung der Aktionäre

4Pflicht zur Sitzungsteilnahme

5Protokollführung

6Konkurrenzierungsverbot

7Durchsetzung der Statuten

8Geheimhaltungspflicht

Der Verwaltungsrat hat eine starke Aufsichtspflicht über die Geschäftsführung und sollte nicht ins Operative eingreifen. Um seiner Aufsichtspflicht genügen zu können, ist es von Vorteil, wenn ein Verwaltungsrat mit möglichst unterschiedlichen Persönlichkeiten, Denkweisen, Erfahrungen und Frauen wie Männern zusammengestellt wird. Ein ausgewiesener Finanzfachmann ist unabdingbar. So ergeben sich ganz natürlich verschiedene Perspektiven und eine grösstmögliche Aufsicht ist gewährleistet. Im Gegensatz zum Verwaltungsrat sollte hingegen die Geschäftsleitung aus einem homogenen Team bestehen, welches am selben Strick zieht und die gleichen Ziele verfolgt. Zusammengefasst: Diversität im Verwaltungsrat und Homogenität in der Geschäftsleitung.

Wie die Unterschiedlichkeit in einem Verwaltungsrat gelebt und erlebt wird, das habe ich in meinen persönlichen Gesprächen herausgefunden. Davon möchte ich Ihnen jetzt im ersten Teil dieses Buches berichten. Es kommen Menschen in ihrer Arbeit zu Wort, eine Erzählung!

I. TEIL

Im ersten Teil des Buches stehen die Gespräche mit den Verwaltungsratsmitgliedern im Vordergrund. Sie äussern sich zu ihren Beziehungen unter einander, zum Unternehmen, zum Human Resource und zur Öffentlichkeit. Auch äussern sie sich zu den Auswahlkriterien für ein neues Mitglied und erzählen, wie sie die Unterschiede zwischen den Frauen und den Männern bei ihrer Arbeit erleben. Auch über die Hauptbereiche ihrer Arbeit nämlich, die Wahl eines Verwaltungsratsmitglieds, eines CEOs und wie sie sich eine Strategie vorstellen, berichten sie.

Der Hintergrund meiner Gespräche war stets herauszufinden, ob sich die weiblichen von den männlichen Verwaltungsratsmitgliedern in irgend einer Art und Weise, durch ihre Aussagen, Meinungen, Behauptungen, Erfahrungen unterscheiden.

Wie Sie gleich lesen werden, gibt es verschiedene Tendenzen von weiblichen und männlichen Merkmalen, aber eine klare Geschlechter spezifische Unterscheidung auszumachen, ist schwierig. Es herrscht vor allem eine lebhafte Diversität und Vielfalt. Das ist gut so und trägt Wesentliches zu einem funktionierenden Gremium bei.

A.VR-Mitglieder und ihre Beziehungen

1.Beziehungen unter den Verwaltungsratsmitgliedern

Frage: Wie nehmen Sie die Beziehungen unter den Verwaltungsratsmitgliedern wahr? Wie sehr spielt das Zwischenmenschliche eine Rolle?

Meine Gespräche mit den Verwaltungsräten habe ich jeweils mit dieser Frage begonnen. Wieso? Weil auch ein Verwaltungsratsgremium nichts anderes ist als eine Gruppe von Menschen, die sich zu einer Gemeinschaft zusammengefunden hat und nur durch menschliche Beziehungen, gegenseitiges Vertrauen und individuelle Verhaltensmuster überhaupt existieren kann. Über die Sensibilität und die Wahrnehmung dieser Verbundenheit und das Gefühl der Zusammengehörigkeit in einem Verwaltungsrat haben sämtliche Gesprächsteilnehmer gerne und teilweise ausführlich gesprochen. In einem Punkt sind sich, wie Sie nachstehend lesen werden, sämtliche weiblichen und männlichen Verwaltungsräte einig: Die Beziehungen unter den Mitgliedern, das Zwischenmenschliche und der soziale Umgang miteinander haben eine grosse Bedeutung. Aber es gibt Nuancen.

In einem börsenkotierten, international besetzten Verwaltungsrat braucht es mehr Zeit, um Beziehungen etablieren zu können; man muss aktiv darum bemüht sein, dass sich ein Team bildet. Das ist eine der Aufgaben des Verwaltungsratspräsidenten. Beziehungen entstehen vorwiegend durch das gemeinsame Reisen und Logieren, auch durch die gemeinsamen Mittag- und Abendessen, und natürlich durch die Sitzungen. Der Austausch vor und nach den Sitzungen ist rege; man hat Zeit. Was einerseits dazu führt, dass man produktiver ist, und andererseits eine grössere Zusammengehörigkeit unter den Mitgliedern aufkommen lässt.

Für einen globalen Verwaltungsrat ist für die Diversität wichtig, dass er Mitglieder aus den USA und aus Asien hat. Problematisch wird es dann, wenn diese Leute wegen einer Sitzung für nur einen Tag anreisen müssen und danach gleich wieder zurückfliegen. Besonders in schwierigen Situationen muss ein Verwaltungsrat im Team funktionieren und für das Unternehmen Zeit haben. Das heisst: auf Führungskräfte eingehen, mit diesen zusammensitzen und Inputs geben. Einem Verwaltungsrat, der von sehr weit weg anreist, kann man aber nicht zumuten, jedes Mal für eine Woche zu bleiben. Eine Lösung des Problems besteht darin, Leute zu suchen, die zwar in den jeweiligen Ländern gearbeitet, gewohnt und Erfahrung gesammelt haben, jetzt jedoch wieder in der Schweiz leben.

Anders sieht es in einem Verwaltungsrat eines regionalen Unternehmens aus. Dort kennen sich die Mitglieder meist schon von ausserhalb des Gremiums und entstammen mehr oder weniger demselben kulturellen Hintergrund; die menschlichen Beziehungen sind evident und manchmal sogar sehr stark. Eine Teambildung entsteht so fast automatisch, auch schon deshalb, weil das eine oder andere Geschäft ausserhalb des Verwaltungsrates getätigt wird. Das ist natürlich manchmal nicht unproblematisch, weil die für das Funktionieren des Verwaltungsrates unabdingbare Unabhängigkeit seiner Mitglieder nicht mehr vollständig gewährleistet ist.

Unterschiede bestehen auch zwischen einem normalen Verwaltungsrat und einem Familien-Verwaltungsrat, wo die Familien mit ihren schon bestehenden persönlichen Beziehungen im Gremium vertreten sind. Für einen aussenstehenden, nicht zur Familie gehörenden Verwaltungsrat ist die Kunst, zu spüren, was im Interesse eines guten Geschäftsprozesses liegt, und als Moderator so einzuwirken, dass eine positive Energie entsteht. Häufig stehen Familiengeschichten dahinter, alte Geschichten über Generationen, Enttäuschungen, Streit, Intrigen; das sieht man den Leuten nicht an. Auch wie die Familienmitglieder sozialisiert worden sind, spielt immer eine wichtige Rolle, im Positiven wie im Negativen. Sind es Söhne, Töchter, Stiefsöhne, Stieftöchter, älterer Bruder, ältere Schwester, Einzelkind, verschiedene Ehen – die Liste könnte beliebig verlängert werden. All diese Familienkonstellationen können zugunsten des Geschäftlichen in einem Verwaltungsrat nicht einfach beiseitegeschoben werden. Wie überall geht es meist um Macht, Geld und Einfluss. Es kann sich für einen externen Verwaltungsrat als schwierig erweisen, klare und harte Aussagen zu formulieren und sich gleichzeitig bei den einen oder anderen Familienmitgliedern nicht unmöglich zu machen. Dazu braucht es viel Menschenkenntnis und immer auch den richtigen Tonfall. Neu eintretende Verwaltungsräte sind sich solcher Situationen meist bewusst; sie nehmen gerade deswegen gerne ein Mandat in einem Familien-Verwaltungsrat an. Aber das Angebot an qualifizierten Kandidaten ist beschränkt.

Die Grösse eines Verwaltungsrates hat auch einen Einfluss auf die Beziehungen. Bei einer Gruppe von zehn bis zwölf Mitgliedern gibt es automatisch sogenannte Untergruppen, die sich organisieren und meistens auch über ihre Meinungsbildung miteinander reden. Eigentlich ist es Sache des Verwaltungsratspräsidenten, dies zu verhindern und Beziehungen unter allen Mitgliedern zu fördern. Und trotzdem kommt es vor, dass sich vereinzelte Verwaltungsratsmitglieder vorgängig absprechen und solche Bündnisse den übrigen Mitgliedern überraschend an einer Sitzung vortragen. Das ist nicht gewünscht. Es ist jedoch ziemlich selbstverständlich, wenn ein Verwaltungsratsmitglied einen Vorstoss machen möchte, er zuerst sondiert, ob seine Idee gut ankommt

Die Geschlechterunterschiede spielen bei den meisten Verwaltungsräten für die Beziehungen keine Rolle. Im Gremium muss es menschlich stimmen, was sich als direkter Motivationsfaktor für das Unternehmen auswirken kann. Dazu braucht es auch soziale Fähigkeiten wie Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit, Einfühlungsvermögen, Toleranz, Belastbarkeit, Frustrationstoleranz, Kritikfähigkeit und Lernbereitschaft. Man muss nicht miteinander befreundet sein; bestehende Freunde in einen Verwaltungsrat zu holen, wird von sämtlichen Verwaltungsräten abgelehnt; das könne nicht gut herauskommen. Was aber nicht heisst, dass nicht mit der Zeit Freundschaften entstehen und die Beziehungen dann bis ins Private reichen können. Eine gesunde Distanz ist auch zugunsten einer Streitkultur trotz allem immer gut. Und wie überall, wo Menschen miteinander interagieren, ist es normal, dass man sich mit dem einen oder anderen Mitglied besser versteht. Ganz bestimmt ist ein Verwaltungsrat aber keine gemütliche Runde, sondern ein seriöses Gremium.

Natürlich ist es angenehm, wenn die Mitglieder eines Verwaltungsrates von den Persönlichkeitsstrukturen her zueinander passen. Das ist dem Nutzen für das Unternehmen förderlich und hat Einfluss auf ein gut zusammenspielendes Team. Dafür spielen unter anderem der respektvolle Umgang und das Empfinden, von seinen Kollegen ernst genommen zu werden, eine grosse Rolle. Es gibt aber auch Mitglieder, die eher distanziert sind, sich vorwiegend auf das Mandat konzentrieren und für Smalltalk weniger zugänglich sind. Andere trennen strikte das Geschäftliche und Private; ihre Beziehungen sind rein professionell. All das zu akzeptieren gehört zu einer toleranten Beziehung untereinander. Solange immer eine klare Verpflichtung zum Wohle des Unternehmens erkennbar ist, stellt es auch kein Problem dar.

Besonders wichtig sind die menschlichen Beziehungen in einem Verwaltungsrat für die Kommunikation. Die Leute drücken sich einfacher und freier aus, wenn sie die Gesichter am Tisch kennen und eine gute Beziehung untereinander haben. Andernfalls kann es sein, dass Hemmungen entstehen und lieber geschwiegen wird.

Verwaltungsrätinnen äusserten sich dazu wie folgt:

Sicherheit – Vertrauen

Nur wenn es ihr wohl sei, könne sie sagen, was sie denke, und sie fühle sich in ihrer Rolle sicherer. Die Beziehungen unter den Verwaltungsratsmitgliedern spielten für sie eine grosse Rolle; dazu gehöre auch ein Basisvertrauen in die andere Person. Nur wenn man am gleichen Strick ziehe, miteinander arbeite und gleichzeitig untereinander eine gute Beziehung pflege, könne man das Beste für die Firma herausholen. Aber sie suche keine Freundschaften im Verwaltungsrat.

Freundschaften – Balanceakt

Wenn man neu sei in einem Verwaltungsrat, dann nehme man natürlich wahr, dass sich die anderen schon kennen. Als Neue müsse man sich immer zuerst orientieren, Beziehungen ergäben sich dann durch die Zusammenarbeit. Gewöhnlich versuche sie immer zuerst, die Stimmung wahrzunehmen. Mit der Zeit könnten sich durchaus freundschaftliche Beziehungen entwickeln; das könne aber auch problematisch werden. Nämlich dann, wenn man seinem Mitverwaltungsrat wegen der freundschaftlichen Beziehung weniger kritisch gegenüberstehe und ihn eher nicht in Frage stelle. Jemanden, den man nicht so gut kenne und zu dem man ein eher distanziertes Verhältnis habe, ergründe man vielleicht mehr. Positiv sei jedoch, dass man sich bei einem engeren Verhältnis und guter Bekanntschaft eher getraue, etwas zu sagen. Alles in allem versuche man indessen schon, immer professionell und auf einer sachlichen Basis zu funktionieren. Das Beziehungsgeflecht in einem Verwaltungsrat sei stets ein Balanceakt, welchen jedes Mitglied immer wieder von neuem bewältigen müsse. Ein gut harmonierender Verwaltungsrat sei insbesondere gegenüber der Geschäftsleitung von grossem Vorteil.

Sonderstellung Frau

In keinem Verwaltungsrat habe sie persönliche Freunde, dies könne aber auch Zufall sein. Es sei schon so, dass es in allen Verwaltungsräten Leute gebe, die sich besser kennen als andere. Sie sei immer die Ausnahmefigur, weil es ja nicht so viele Frauen gebe; das schaffe eine Sonderstellung und fördere das Ausmass an Vertraulichkeit sicher nicht. Das möge heute etwas anders sein, doch früher sei sie die Quotenfrau gewesen und habe sich immer ganz klar als Fremdkörper empfunden. Aber damit habe sie gut leben können. Als dann einmal eine zweite Frau in einen der Verwaltungsräte gewählt wurde, habe sie sich nicht mehr als Quotenfrau gefühlt. Es sei zwar ein subjektives Gefühl gewesen, aber damit sei für sie die Verpflichtung weggefallen, sozusagen die ganze Gattung Frau vertreten zu müssen. Es habe sie entlastet und die Situation für alle entspannt. Generell sei es auch wichtig, dass die Verwaltungsräte dank der Anwesenheit von weiblichen Kolleginnen lernen, dass Frauen genau so verschieden seien wie Männer.

Mittagessen

Das Zwischenmenschliche spiele eine grosse Rolle und werde oft unterschätzt, insbesondere wenn es darum gehe, Vertrauen zu bilden. Die informellen Gespräche bei einem anschliessenden Mittagessen fände sie wichtig. Einen hohen Wert habe es deshalb, weil man dort die Gelegenheit habe, auch über Privates zu sprechen, um so den Menschen und Kollegen als Ganzes besser zu verstehen und zu erfassen. Natürlich gebe es immer Kollegen, zu denen man mehr Affinität habe, einen anderen Draht, das sei normal. Sie könne nicht sagen, ob sie sich eher zu Frauen oder Männern hingezogen fühle, weil für sie die Persönlichkeit, die Sympathie und vielleicht auch ein ähnlicher Background ausschlaggebend seien, ganz sicher nicht das Geschlecht. Es gebe keine Verbundenheit speziell zu einer Frau, nur weil sie beide in der Minderheit oder eben Frauen seien.

«Bonding»

Es gebe schon eine natürlich Verbindung und Sympathie, ein gewisses «Bonding», unter Frauen, das sei so.

Verbundenheit

In einem Verwaltungsrat gebe es von distanzierten bis zu kollegialen Beziehungen alles. Es vereinfache vieles, wenn man sich besser kenne und eine gewisse Nähe und Kollegialität vorhanden sei. Die Folge davon sei auch, dass man etwas vorbesprechen könne, um die Chance zu erhöhen, dass ein Thema oder Geschäft im Verwaltungsrat durchkomme. Alleine sei dies immer schwierig.

Self-Assessments

Es gebe in den Verwaltungsräten auch die sogenannten Self-Assessments. Dabei handelt es sich um eine Selbstevaluation der einzelnen Verwaltungsratsmitglieder. Sie bewerten ihre Leistung, ihre Stärken, ihre Erwartungen und auch ob sie die jeweiligen Ziele erfüllt haben. Die Resultate werden im Verwaltungsrat diskutiert und jeder hat die Möglichkeit, sich mit seinen Kollegen zu vergleichen. Dort sollte jeder Verwaltungsrat knallhart sagen, wie man etwas empfinde. Es bringe nichts, um den Brei herumzureden oder etwas zu beschönigen. Man könne es ja anständig formulieren; der Respekt gehöre dazu.

Verwaltungsräte äusserten sich dazu wie folgt:

Teambildung – Reisen

Es spiele für ihn keine Rolle, ob er ein Verwaltungsratsmitglied schon aus der Vergangenheit kenne. Bei einer Neubesetzung versuche er, die Besten aufgrund ihres Curriculums, ihrer Leistungen und Erfahrungen zu analysieren und dann ein Gespräch zu führen. Er ginge sogar so weit, es vorzuziehen, jemanden vorher nicht gekannt zu haben; so gebe es keine Belastungen und auch keinen freundschaftlichen Gefallen, den man zurückgeben sollte. Seine Aufmerksamkeit gelte dem Team. Starke individuelle Persönlichkeiten, die nur auf sich selber schauen, möchte er darin nicht haben. Die Teamfähigkeit eines Verwaltungsrates und die Einstellung, die Firma in den Vordergrund stellen und nicht sich selbst, spielten für ihn eine zentrale Rolle. Das Team dürfe durchaus auch kontroverse Elemente beinhalten. Er möchte die Herausforderung und die Diskussion, aber man müsse als Mensch fähig sein, am Schluss einen Teamentscheid zu akzeptieren, auch wenn er nicht den eigenen Ideen entspreche – in dieser Hinsicht könnte es wieder ein Vorteil sein, jemanden schon gut zu kennen. Er investiere viel Zeit für ein Auswahlverfahren, um sicher zu gehen, ein gutes Team formen zu können. Man könne mit ganz einfachen Dingen ein Team bilden. Am Vorabend einer Verwaltungsratssitzung gebe es etwa ein Nachtessen, manchmal mit dem CEO, dann sei es ein Geschäftsessen. Oder auch ohne CEO, wenn man keine entsprechenden Themen habe; dann würde allgemein diskutiert, um das Team zu formen. Der gesamte Verwaltungsrat mache überdies eine Reise pro Jahr; auch dort gebe es Zeit, zwischen Sitzungen und Kundenbesuchen ganz locker zu diskutieren und zu schwatzen. Zusätzlich gehe der Verwaltungsrat in eine zweitägige Retraite, nicht am Hauptsitz, sondern irgendwo in der Nähe an einem abgelegenen Ort, um Strategien zu besprechen und Zeit für informelle Gespräche zu haben. Bei all diesen Reisen und damit verbundenen Sitzungen gehe es ihm stark um das Zwischenmenschliche, weil das für ihn der Kernpunkt eines zu Höchstleistungen fähigen Teams sei. Er komme aus einer 30-jährigen Firmenkultur, die stark auf einer teamorientierten Entscheidungskultur beruhe, das habe ihn natürlich geprägt. Er sei ein absoluter Fan von Teamfähigkeit, aber mit klaren Richtlinien. Ein einmal gefällter Entscheid sei ein Entscheid, der nicht mehr diskutiert würde, und es werde eingeführt, was entschieden wurde.

Zusammenspannen – Machos

Mit der Zeit würden sich Beziehungen entwickeln, das könne man nicht verhindern. In seinem Verwaltungsrat hätten sich die Mitglieder vorher nicht gekannt. Es sei natürlich nicht gut, wenn zwei Mitglieder immer derselben Meinung seien und man spüre, dass die beiden eine besondere Beziehung pflegten. Er erinnere sich an eine Sitzung, in der ein Verwaltungsrat zu einem Thema eine spezielle Meinung hatte. Es wurde nicht in seinem Sinne entschieden. Zwei Tage später habe er von einem anderen Mitglied einen Anruf erhalten, um dasselbe Thema nochmals anders aufzubringen. Er habe sofort gemerkt, dass die beiden miteinander gesprochen hätten. Das sei nicht offen, und ihm sei echte Transparenz wichtig. Es sei auch nicht gut, wenn sich zwei Frauen in dem Sinne zusammentäten, um gemeinsam eine Idee verteidigen zu müssen. Das sei für ihn ebenso absolut inakzeptabel wie wenn sich Männer als Machos aufführten.

Enttäuschungen – keine Firmenloyalität

Die Beziehungen sollten auf einer so weit wie möglich klaren geschäftlichen Basis funktionieren. Probleme, wie er sie beobachtet habe, seien genau deshalb entstanden, weil es persönliche Beziehungen gab. Entweder seien diese Beziehungen im Verwaltungsrat entstanden, falls sich die Leute vorher nicht gekannt hätten, oder sie seien schon vorher dagewesen und die Leute hätten sich im Verwaltungsrat wieder getroffen. Eine Firma sei eine rechtliche Körperschaft, klar definiert durch das Gesetz, und nicht etwas Persönliches. Ihre Existenz habe einen einzigen Grund, nämlich zu überleben. Eine Firma kenne auch keine Loyalität. Die Leute, die für das Unternehmen arbeiten, zeichneten sich durch ihre Managementqualität und Loyalität aus. Enttäuschung komme in dem Moment auf, wo diese Menschen realisierten, dass die Firma keine Loyalität zeige; dies etwa, wenn sie in Schwierigkeiten komme. Viele Angestellte würden glauben, die Firma sei eine menschliche Person; gerade das sei sie aber nicht. Der Verwaltungsrat sei bei grossen, kotierten Unternehmen nicht der Besitzer, er erhalte lediglich jedes Jahr einen Lohn und sei von Gesetzes wegen verpflichtet, Massnahmen zu treffen, damit die Firma überlebe. Und genau da gingen dann viele dieser menschlichen Eigenschaften, die man schätze, verloren. Wenn also jemand zwanzig oder dreissig Jahre für eine Firma gearbeitet habe und dies richtigerweise, – denn vielleicht hätte er sogar für mehr Geld wechseln können –, auch als Loyalität ihr gegenüber auslege, müsse er bei Schwierigkeiten enttäuscht die negative Erfahrung machen, dass er wie jeder andere, der vielleicht gerade mal zwei Jahre dort gearbeitet habe, auf die Strasse gestellt würde. Es sei unmöglich, 50 000 Angestellte zu kennen, aber man sollte im Grossen und Ganzen wissen, wie gut sie seien und welche ersetzt werden müssten und welche nicht. Dann könne man Letzteren für ihre Loyalität etwas zugestehen. Aber meist sei es eben so, dass eine Firma, die in ernsthafte Schwierigkeiten gerate, zu diesem Zeitpunkt kein gutes Management und keinen guten Verwaltungsrat habe. Deshalb würden diese Unfälle überhaupt passieren.

Dysfunktionalität – Persönlichkeitsstrukturen

Das Geschäft finde in einem Verwaltungsrat als Diskurs statt. Man unterhalte sich, hinterfrage Dinge, stelle Hypothesen auf und habe Visionen. Da sei es wichtig, in welchen Rollen man miteinander spreche und wie die Rollen gelebt würden. Das Persönliche sei schon sehr wichtig: in einem Verwaltungsrat müsse man auch verstehen und vermitteln können. Da komme es enorm darauf an, wie die persönlichen Beziehungen unter den Verwaltungsratsmitgliedern seien. Sie könnten auch dysfunktional sein, beispielsweise, wenn jemand permanent versuche, dominant aufzutreten und immer recht haben möchte. Das sei nur eine von vielen Persönlichkeitsstrukturen; extrem wichtig scheine es ihm, dass man diese kenne und verstehe. Es müsse eine Art und Weise gefunden werden, miteinander umzugehen, unterschiedliche Meinungen zu erlauben und gleichzeitig auch einen Konsens zuzulassen. All das sei geprägt durch die individuelle Persönlichkeit und Erfahrung, kurz das, was man in einen Verwaltungsrat mitbringe.

Objektivität – Vertrauen

In einem Verwaltungsrat dürften keine engen Freundschaften bestehen; die Frage der Objektivität müsse gewährleistet sein. Sein Verwaltungsrat mache für die Beziehungspflege dreitägige Camps, wo man sich über die Unternehmenskultur und die Weiterentwicklung austausche. Das beinhalte auch Wanderungen, wo man immer abwechslungsweise mit dem einen oder anderen laufe. So könne man in entspannter Atmosphäre Schwierigkeiten besprechen und positive und negative Erfahrungen austauschen. Der Blick auf den Menschen würde dadurch geöffnet, was durchaus auch ins Private gehen könne. Man sehe, wie der eine oder andere funktioniere und schaffe so gleichzeitig eine Vertrauensbasis. Wichtig sei einfach, dass sich auch der Verwaltungsrat hinterfrage, was er falsch und besser machen könnte, was er erreicht oder eben auch nicht erreicht habe.

Seilschaften

Einen offenen und guten Kontakt im Verwaltungsrat und auch mit der Geschäftsleitung zu haben sei sehr wichtig. Wesentlich sei, das Gefühl zu haben, dass man offen und rechtzeitig informiert würde. Wenn Seilschaften entstünden, die den einen besser als die anderen behandelten, dann sei dies für das Team schädlich. Er poche darauf, dass man keine Freunde in den Verwaltungsrat nehmen solle, um sich damit eine Basis zu schaffen; es bestehe sonst die Gefahr, dass sich die anderen sehr schnell ausgeschlossen fühlten. Bei der Beziehungspflege unterscheide man nicht zwischen Frauen und Männern.

Chemie – raue Stimmung

Die Beziehungen unter den Verwaltungsräten seien unterschiedlich. Dem einen oder anderen könne man plötzlich sehr nahekommen, meist bei einem Abendessen, wenn es in das Persönliche gehe. Er sitze auch in einem Verwaltungsrat, wo er zwei Mitgliedern gar nicht nahekomme, mit ihnen immer noch per «Sie» sei, aber mit allen anderen per «Du». Die Chemie sei einfach manchmal völlig unterschiedlich. Er sei Vollblutunternehmer, folglich sehr kostenbewusst und da könne ein Technokrat im Verwaltungsrat schon geschockt sein, wenn er im Restaurant für einen teuren Wein einen günstigen Preis verlange. Es könne auch eine raue Stimmung geben, sehr direkt, aber immer im Sinne, das Beste für die Firma herauszuholen.

Meinungsunterschiede – Stil – Kultur

Beziehungen in einem Verwaltungsrat spielten eine grosse Rolle; man sollte auf derselben Wellenlänge sein. Es mache es einfacher, obwohl es immer um die Sache gehe. Der Mensch funktioniere ja auch über Emotionen. Wenn man jemanden persönlich nicht riechen könne, sich aber in der Sache einig sei, könne es trotzdem funktionieren; es würde erst dann schwierig, wenn es Meinungsunterschiede und Abweichungen gebe. Wenn man diese Konstellation realisiere und wisse, dass man zusätzlich dem Kollegen auch emotional nicht nahestehe, dann müsse man extrem sachlich und professionell bleiben. Das übergeordnete Ziel, nämlich das Funktionieren der Unternehmung, müsse stets gewährleistet sein; ansonsten müsse man sich auseinanderdividieren. Bei offenkundigen Kommunikations- und Verständigungsproblemen müsse man sofort Klarheit schaffen, aber mit Stil und Kultur.

2.Beziehungen des Verwaltungsrates zum Unternehmen

Frage: Welche Beziehungen pflegt der Verwaltungsrat zum Unternehmen?

Eine Beziehungspflege des Verwaltungsrates zum Unternehmen, zu den Mitarbeitern, ist von fast allen Verwaltungsräten gewünscht – jedoch nicht auf eigene Initiative. Eine direkte Kontaktnahme eines Verwaltungsrates im Betrieb ist unerwünscht und problematisch, weil schlussendlich der CEO für das operative Geschäft verantwortlich ist und der Verwaltungsrat eine Aufsichtsfunktion hat. Eine Beziehungspflege muss auf jeden Fall transparent über die Bühne gehen, via den Verwaltungsratspräsidenten und dann den CEO. Es hilft, wenn der Verwaltungsrat mit der Geschäftsleitung ein gutes Verhältnis hat.

Es gehört zur Verantwortung des Verwaltungsrates, mit der Firma auf Tuchfühlung zu sein, um sie wirklich verstehen zu können. Darin sind sich die meisten Gesprächspartner einig. Es darf dabei kein zu starker Kontakt zu einzelnen Angestellten entstehen, weil man so eventuell mit falschen Tatsachen konfrontiert würde, die nur der eine Mitarbeiter so sieht, aber nicht eine ganze Gruppe oder ein Team. Für den Verwaltungsrat wird es dann schwierig, weil er sich die Frage stellen muss, wie er diese Information weiterverarbeitet. Ist der Mensch einfach frustriert, weil er nicht befördert wurde? Sollte der Verwaltungsrat aktiv werden? War es vertraulich? Ist striktes Heraushalten aus dem Operativen geboten? Oder soll man eventuell doch mit dem CEO sprechen? All das kann gefährlich werden. Abgesehen davon hört man von den Erfolgreichen im Unternehmen meist nichts. Gleichzeitig kann man es einem Verwaltungsrat nicht verwehren, sich mit Mitarbeitern zu treffen und ihnen zuzuhören; viele Verwaltungsräte möchten nicht nur Kontakt zum CEO und zum Finanzchef haben. Es braucht aber auf jeden Fall Fingerspitzengefühl, und Probleme sollen ja keinesfalls versteckt werden.

Es gibt auch kritische Stimmen zu einer internen Beziehungspflege. Etwas vom Schlimmsten ist es, wenn der Verwaltungsrat den Eindruck erweckt, er unterminiere den CEO – das ist waghalsig. Es muss eine strukturierte Kommunikation geben, sonst führt es zu Spannungen, Gerüchten und falschen Meinungen, was nicht gut ist für das Unternehmen. In diesem Punkt sind sich alle einig.

Eine Kontaktnahme zu den Mitarbeitern kann aber auch einen einfachen Grund haben: Man möchte beispielsweise wissen, wer talentiert ist und eventuell in eine höhere Charge kommen könnte. Insbesondere wenn man einen neuen CEO langfristig intern rekrutieren möchte, ist eine frühzeitige Kontaktnahme zu eventuellen Kandidaten und ein direktes Kennenlernen, ein Sondieren ihres Fachwissens und ihrer Sozialkompetenz, nicht unwichtig. Auch eine Stimmung im Unternehmen oder wie die Firmenkultur gelebt wird, kann man nur erleben, wenn man an die Front geht. Solche Treffen dürfen nicht überinterpretiert werden, sie können Denkanstösse geben und durchaus auch an einer Verwaltungsratssitzung thematisiert werden.