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17. Mai 2051 – Die Zeit des Aufbruchs zu den Sternen. Terranische Raumschiffe stehen startbereit, um Siedler zum fernen Deneb-System zu fliegen. 17. Mai 2051 – Die Fremden greifen die Erde an! Unbarmherzig schlagen die Invasoren zu – und die Giants versklaven die Menschheit! In diesem Roman schildert Marten Veit den Angriff der Giants auf die Erde und den verzweifelten Abwehrkampf der Immunen von Terra.
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Seitenzahl: 246
Ren Dhark
Extra
Band 4
Hexenkessel Erde
von
Marten Veit
Inhalt
Titelseite
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
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Impressum
Prolog
Der 17. Mai des Jahres 2051 versprach, ein besonders schöner Tag zu werden. Über Olan im Herzen der Sahara, die zur Kornkammer der Erde geworden war, wölbte sich ein klarer blauer Himmel. Die milde Morgenluft war vom Duft frischen Grüns und unzähliger Blüten erfüllt. In den Bäumen und Sträuchern zwitscherten Vögel.
»Habt ihr euch auch gut angeschnallt?« fragte Zamir Harrad fürsorglich, während er die Kontrollen des Schwebers checkte. Der Wasserbauingenieur blinzelte in die knapp über dem Horizont stehende Sonne. Ein kurzer Druck auf ein Sensorfeld tönte die Windschutzscheibe des kleinen Flugbootes dunkler. Es war Zamirs ganzer Stolz. Die Aggregate erwachten mit einem leisen Summen zum Leben.
»Das fragst du jedesmal«, erwiderte Jahlana lächelnd. »Wann wirst du endlich begreifen, daß deine Frau und deine Tochter genauso viel Flugerfahrung haben wie du?«
»Alle Passagiere haben ihre Plätze eingenommen und sind bereit, Skipper«, flötete Shirin von der Rücksitzbank. »Startgenehmigung erteilt.«
Zamir drehte sich grinsend zu seiner kleinen Tochter um. In ihren breiten Sicherheitsgurten wirkte Shirin noch zierlicher, als die Achtjährige ohnehin schon war. Sie hielt ihre Puppe, die sie auf den Namen Scheherazade getauft hatte, fest in den Schoß gedrückt. Ohne Scheherazade würde Shirin nie verreisen.
»Hier Olan-Flugkontrolle«, klang eine gemütliche Stimme aus den Lautsprechern des Bordviphos auf. »Schweber HO-Z/32, Sie haben Startfreigabe. Kein nennenswerter Flugverkehr in unserem Luftraum, bestes Reisewetter. Sollen wir übernehmen?«
»Nein, ich mache das schon allein«, erwiderte Zamir. Er zögerte kurz und fügte dann nur halb scherzhaft hinzu: »Oder wurden wieder fremde Raumschiffe gesichtet? In dem Fall sollte ich vielleicht doch lieber auf Leitstrahlsteuerung gehen.«
Der Lotse des Kontroll-Towers von Olan lachte. »Nein, wir haben keine Meldung von der Raumradar-Leitstelle R1-1 erhalten. Und wer auch immer die Fremden waren, offenbar halten sich ihre Neugier und ihre Feindseligkeit in Grenzen.«
Zamir Harrad klopfte dreimal mit den Fingerknöcheln auf die Steuerkonsole. »Hoffen wir das Beste.«
Der 16. Mai würde als der Tag in die Geschichte eingehen, an der die Menschheit den definitiven Beweis erhalten hatte, daß sie nicht die einzige intelligente Lebensform im Kosmos war. Doch der erste Kontakt – wenn man ihn überhaupt so bezeichnen konnte – hatte mehr Fragen aufgeworfen als Antworten geliefert.
Wer waren die Fremden? Woher kamen sie? Was wollten sie? Stellten sie eine Bedrohung dar, oder hatten sie friedliche Absichten?
Bisher blieb alles Spekulation. Fest stand nur, daß sie über eine den Menschen überlegene Raumfahrttechnik verfügten. Anscheinend waren zwei verschiedene Schiffstypen gesichtet worden, die kurz innerhalb des Sonnensystems erschienen und genauso schnell wieder verschwunden waren. Gerüchte über ein angebliches Raumgefecht wurden von der Weltregierung nachdrücklich dementiert.
»Es besteht nicht der geringste Anlaß zur Besorgnis«, lautete die offizielle Stellungnahme aus World City. »Berichte über Feindseligkeiten entbehren jeglicher Grundlage. Der Präsident und die Admiralität der Vereinigten Raumstreitkräfte haben die Situation im Griff. Die Erde ist nicht in Gefahr…« Und so weiter und so fort. Die üblichen Verlautbarungen in der üblichen nichtssagenden Sprache der Politiker.
»…Schweber HO-Z/32, sind Sie eingeschlafen?« drang die Stimme des Fluglotsen in Zamirs Gedanken. »Haben Sie irgendwelche Probleme?«
»Äh… nein, tut mir leid«, sagte der Wasserbauingenieur hastig. »Alles in Ordnung. Vektor Ost-75 wie immer?«
»Genau. Gehen Sie auf fünfhundert Fuß und bleiben Sie unter 0,3 Mach, bis Sie die Stadtgrenze erreicht haben.«
»Verstanden, Tower! Schweber HO-Z/32 meldet sich ab.«
Das Summen der Aggregate wurde lauter, ein leichtes Vibrieren durchlief das Flugboot, dann hob es ab und richtete die Nase auf den angegebenen Vektor aus.
Olan schrumpfte unter der dreiköpfigen Familie zusammen – eine schmucke kleine Stadt, die vom Druck der ständig wachsenden Weltbevölkerung noch weitestgehend verschont worden war. Grüne Felder und Plantagen breiteten sich bis zum Horizont aus, hier und da von bräunlichen Schneisen durchzogen, wo man der Wüste aus ökologischen Gründen kleine Nischen belassen hatte. Zamir Harrad hätte sich kein schöneres Fleckchen Erde vorstellen können. Er bedauerte die Menschen, die in den überquellenden Metropolen auf engstem Raum leben mußten oder sich sogar gezwungen sahen, ihrem Heimatplaneten für immer den Rücken zu kehren, um in den Tiefen des Alls eine neue Heimat…
Die Auswanderer! Für heute war eine Pressekonferenz von Sam Dhark angekündigt worden, dem Commander der GALAXIS, des ersten Kolonistenraumers der Menschheit.
»Schatz, kannst du mal den Hauptnachrichtenkanal suchen?« bat Zamir.
Jahlana beugte sich über das Bordvipho und drückte die vorprogrammierte Taste für den Nachrichtenkanal. Der Bildschirm flimmerte kurz und zeigte das markante Profil eines Mannes, dessen weißes Haar ihn älter erscheinen ließ, als er tatsächlich war.
Sam Dharks Gesicht, jahrelanger kosmischer Strahlung ausgesetzt, wies die charakteristische rotbraune Tönung eines Raumfahrtveterans auf und bildete einen auffälligen Kontrast zu seinem weißen Haar. Er war ein Mann, der offene Worte liebte, was die Mehrheit der Erdbevölkerung für ihn einnahm. Nicht wenige hielten ihn für einen geeigneten Kandidaten für die demnächst anstehende Wahl zum Präsidenten der Weltregierung. Dhark hatte wiederholt bestritten, Ambitionen für dieses hohe Amt zu haben, doch es war ein offenes Geheimnis, daß der amtierende Präsident Tori Jurismaaki ihn als potentiellen Konkurrenten fürchtete. Sollte der umstrittene Start der GALAXIS verschoben oder gar gänzlich gestrichen werden…
»Halte die Kiste ruhig, ich gehe nach hinten zu Shirin«, sagte Jahlana.
Zamir nickte geistesabwesend und konzentrierte sich auf Dharks Ansprache.
»…sollten auf jede Situation vorbereitet sein, uns aber nicht das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen, gleichgültig, was die nahe oder fernere Zukunft in dieser Hinsicht bringen mag!« erklärte Dhark gerade. »Das Auswanderungsprogramm jetzt zu stoppen, hieße, daß wir nicht mehr Herr der Lage sind. Ich bin nach World City gekommen, um auf der morgigen Konferenz zu erreichen, daß der Start der GALAXIS genehmigt wird…«
»Viel Glück«, murmelte Zamir. »Aber ob du diese sturen Bürohengste überzeugen kannst…«
Der plötzliche Donnerschlag war so laut, daß Zamir das Gefühl hatte, ihm würden die Trommelfelle platzen. Wie durch einen Berg Watte hörte er Jahlana oder Shirin einen schrillen Schrei ausstoßen. Sein Blick fiel auf die Instrumentenkonsole des Schwebers. Alle Anzeichen waren normal.
»Schatz, schnall dich und die Kleine wieder an!« stieß er hervor. »Ich weiß zwar nicht, was…«
Ein Knacken in den Lautsprechern verriet ihm, daß das Bordvipho den automatischen Impuls einer Notfallmeldung aufgefangen hatte.
»Achtung, hier Funkleitzentrale Timbuktu!« klang eine heisere Stimme auf. »38 Spindelraumer stehen in 123 Kilometern Höhe über Olan! Warnung an alle! Zerstörer- und Sol-Einheiten sind unterwegs! Sie werden in etwa 35 Minuten eintreffen! Warnung an Olan! Warnung an alle!«
Zamir warf einen flüchtigen Blick über die Schulter. Jahlana hatte Shirin auf den Schoß genommen und die Sicherheitsgurte umgelegt. Ihr Gesicht war blaß.
Die gleißenden Strahlenbahnen, dunkelblau und grellgelb, standen übergangslos steuerbords des Schwebers. Fast gleichzeitig schien eine gigantische Faust das kleine Flugboot zu treffen und wie ein Blatt durch die Luft zu wirbeln.
Noch bevor Zamir eingreifen konnte, registrierte der Bordsuprasensor die Gefahrensituation und übergab die Kontrolle an den Autopiloten. Der Andruck preßte die drei Passagiere tief in die Polster, als die Düsen kurzfristig auf Vollast schalteten, um den drohenden Absturz abzufangen. Der Gleiter legte sich in eine enge Kurve und beschleunigte von den unbekannten Strahlenbahnen fort, die wie schillernde Kristallsäulen durch die kultivierte Wüste wanderten.
An ihrer Peripherie zerplatzten Öl- und Dattelpalmen wie überreife Früchte. Dort, wo die gigantischen Strahlensäulen, deren Durchmesser Zamir nicht einmal abschätzen konnte, auf den Boden trafen, begannen Erde und Gestein in Sekundenschnelle zu brodeln und Blasen zu werfen. Glutflüssige Fontänen wie aus einem aktiven Vulkankrater schossen in die Höhe. Kurz bevor der Autopilot den Schweber aus der unmittelbaren Nähe der Turbulenzen geflogen hatte und die Steuerung wieder freigab, erblickte Zamir aus dem Seitenfenster die Randbezirke Olans.
Oder das, was einmal Olan gewesen war.
Die kleine Stadt im Herzen der Sahara existierte nicht mehr. An ihrer Stelle schien sich die Erde aufgetan zu haben und Lava zu spucken.
Wie von einem fremden Willen gelenkt, tastete Zamirs rechte Hand nach dem Bordvipho und schaltete auf Notruffrequenz durch. Obwohl ihm der Schweiß auf der Stirn stand, fror er entsetzlich. Eine ganze Stadt mit Tausenden von Einwohnern, mit einem Schlag ausgelöscht…
»Achtung, Timbuktu, hier Schweber HO-Z/32 mit einer Prioritätsmeldung«, krächzte er in das Mikro. »Strahlenbahnen unbekannter Natur haben soeben Olan ausgelöscht. Das Ausmaß der Zerstörung…« Seine Stimme brach.
Die Strahlenfronten näherten sich dem Schweber. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, stieß Zamir den Regler bis zum Anschlag vor. Das Summen der Aggregate steigerte sich zu einem Heulen, doch trotz des Lärmes konnte der Wasserbauingenieur ein unangenehmes Sirren und Knistern hören, das von den farbigen Energiesäulen herüberdrang und ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.
»Schweber HO-Z/32, hier Timbuktu«, klang eine eisige Stimme aus den Bordlautsprechern auf. »Sie sind der einzige Sender aus dem Raum Olan. Berichten Sie!«
Zamir verschluckte eine Verwünschung. Daß er sich die Unterlippe blutig gebissen hatte, bemerkte er gar nicht.
»Es gibt nichts weiter zu berichten!« stieß er hervor. »Olan wurde innerhalb weniger Sekunden ausgelöscht, und die Strahlenbahnen wandern weiter Richtung…« Er schluckte schwer, als ihm bewußt wurde, was das nächste Ziel dieses höllischen Infernos sein würde. Noch bevor er antwortete, änderte er den Kurs. »…Timbuktu«, fügte er schließlich mit kaum verständlicher Stimme hinzu.
»Schweber HO-Z/32«, meldete sich Timbuktu wieder. »Wir haben Sie jetzt in der Ortung. Sie sind der einzige, der uns Informationen liefern kann! Haben Sie verstanden?«
Eine giftgelbe Strahlenfront strich über einen kleinen See hinweg. Das Wasser hatte keine Zeit, zu verkochen. Es verpuffte regelrecht von einem Augenblick auf den anderen. Wieder traf ein Schlag das Flugboot und ließ es trotz seiner hohen Geschwindigkeit bocken. Das Außenthermostat meldete einen Moment lang die aberwitzige Temperatur von 269 Grad Celsius.
»Bleiben Sie!« drängte die Stimme aus dem Vipho. »Zeigen Sie uns mit Ihrer Kamera, was passiert… Gehen Sie noch einmal ran! Wir müssen doch wissen, was bei Ihnen los ist…!«
Zamir Harrad war gewiß kein Feigling, und vielleicht wäre er trotz seines Entsetzens der Aufforderung nachgekommen, aber jetzt dachte er nur noch an seine Familie. Mit einem Ruck löste er die Sicherheitssperre des Geschwindigkeitsbegrenzers und beschleunigte über den regulär zulässigen Wert hinaus. Die gesamte Verkleidung des Schwebers begann zu vibrieren.
»Geben Sie doch Antwort!« Die Stimme aus Timbuktu klang plötzlich nicht mehr kalt und beherrscht. Sie überschlug sich und ging im Krachen statischer Störungen beinahe unter. »Geben Sie Bericht!«
Zum ersten Mal hatte Zamir das Gefühl, den unbegreiflichen Energien, die aus dem wolkenlosen blauen Himmel herabrasten, entkommen zu können. Die Entfernung zur ihm nächsten Strahlenbahn wurde merklich größer.
Er wandte kurz den Kopf und versuchte, seiner Frau und Tochter ein beruhigendes Lächeln zuzuwerfen. Es gelang ihm halbwegs. Shirins leises Weinen brach ihm fast das Herz. »Keine Angst«, sagte er mit mühsamer Beherrschung. »Das Schlimmste haben wir überstanden. Bald sind wir in Sicherheit.«
Jahlana erwiderte nichts, ihr Gesicht war wie versteinert. Shirin dagegen sah von ihrer Puppe auf und starrte ihren Vater mit großen Augen an.
Sein aufmunterndes Lächeln sollte das letzte sein, was sie jemals sehen würde.
Die blaue Strahlenbahn, die auf den Schweber hinabzuckte, ließ den Verbund aus Metall und Kunststoff in einem Sekundenbruchteil explodieren, und noch bevor die Trümmerstücke auseinanderfliegen konnten, verdampften sie in der höllischen Energie zu ionisiertem Gas.
Schweber HO-Z/32 wurde mitsamt seiner Besatzung so restlos ausgelöscht, daß nicht einmal Ascheflocken auf den kochenden Boden herabrieselten…
1.
»Okay, jetzt Module 13 bis 17«, sagte Kyle ruhig. »Du müßtest die Luke direkt vor dir sehen. Sie läßt sich notfalls auch mechanisch öffnen.«
»Was für eine Luke?« erwiderte Brad. »Hier fehlt nicht nur die Luke, sondern die gesamte Abdeckung!«
»Dann richte deine Helmkamera besser aus«, gab Kyle zurück. Er hakte sich mit dem rechten Fuß in einer Verstrebung des Shuttles fest, als sein Körper in der Schwerelosigkeit zu rotieren drohte. Mit seinen 1,92 Metern besaß er nicht gerade die Idealmaße für Arbeiten im All. Wie die Erfahrung erwiesen hatten, eigneten sich kleinere, kompakt gebaute Menschen besser für komplizierte Bewegungsabläufe in Umgebungen ohne Gravitation.
»Du hast gut reden«, maulte Brad. »Ich bräuchte mindestens vier Arme, um den ganzen Plunder schleppen zu können und mich gleichzeitig über dieses Miststück eines Satelliten zu hangeln.« Doch trotz seiner üblichen Schimpftiraden verschwand der Ausschnitt des Sternenhimmels von Kyles Kontrollmonitor und wurde von der mattglänzenden Metallrundung des Beobachtungssatelliten ersetzt.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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