Hilfeschrei - Die Dunkelheit in uns - Andrew Klavan - E-Book
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Hilfeschrei - Die Dunkelheit in uns E-Book

Andrew Klavan

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Beschreibung

Wenn die Dämonen im Inneren zur größten Gefahr werden: Der Psychothriller »Hilfeschrei – Die Dunkelheit in uns« von Andrew Klavan jetzt als eBook bei dotbooks. Nach außen scheint Samantha ein glückliches Leben zu führen – doch in Wahrheit fristet die junge Dichterin eine Schatten-Existenz zwischen Selbsthass, Einsamkeit und Selbstmord-Gedanken. Auf den Rat ihres Psychologen hin beginnt sie einen Job bei einer Seelsorge-Hotline, der ihrem Leben einen neuen Sinn geben soll. Als sie dort ein Mann anruft, der sich selbst »Gott« nennt und den ähnlich düstere Gedanken zu verfolgen scheinen wie Samantha, glaubt sie, einen Seelenverwandten gefunden zu haben. Für einige Zeit kann sie eine Verbindung zu »Gott« aufbauen, doch als dieser ihr offenbart, welche schrecklichen Pläne er schmiedet, weiß Samantha, dass sie die Einzige ist, die ihn noch stoppen kann … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der nervenaufreibende Thriller »Hilfeschrei – Die Dunkelheit in uns« von Bestsellerautor Andrew Klavan wird alle Fans von Steven King und Paula Hawkins begeistern. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 317

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Über dieses Buch:

Nach außen scheint Samantha ein glückliches Leben zu führen – doch in Wahrheit fristet die junge Dichterin eine Schatten-Existenz zwischen Selbsthass, Einsamkeit und Selbstmord-Gedanken. Auf den Rat ihres Psychologen hin beginnt sie einen Job bei einer Seelsorge-Hotline, der ihrem Leben einen neuen Sinn geben soll. Als sie dort ein Mann anruft, der sich selbst »Gott« nennt und den ähnlich düstere Gedanken zu verfolgen scheinen wie Samantha, glaubt sie, einen Seelenverwandten gefunden zu haben. Für einige Zeit kann sie eine Verbindung zu »Gott« aufbauen, doch als dieser ihr offenbart, welche schrecklichen Pläne er schmiedet, weiß Samantha, dass sie die Einzige ist, die ihn noch stoppen kann …

Über den Autor:

Andrew Klavan wuchs in New York City auf und studierte Englische Literatur an der University of California. Danach arbeitete er als Reporter für Zeitungen und das Radio, bevor er sich ganz dem Schreiben seiner Spannungsromane widmete. Heute gilt Klavan als einer der großen Thriller-Experten der USA. Mehrere seiner Bücher sind mit dem begehrten Edgar-Award ausgezeichnet, für weitere Preise nominiert und/oder verfilmt worden.

Die Website des Autors: andrewklavan.com/

Der Autor bei Facebook: facebook.com/aklavan/

Bei dotbooks veröffentlichte der Autor seine Thriller »Todeszelle -Was dir niemand glauben wird«, »Angstgrab – Die Schuld wird nie vergessen sein«, »Todeszahl – Was tief begraben liegt«, »Hilfeschrei – Die Dunkelheit in uns«, »Opferjagd«, »Totenbild« und »Todesmädchen«.

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eBook-Neuausgabe Juni 2024

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1988 unter dem Originaltitel »Darling Clementine« bei Permanent Press, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2001 unter dem Titel »Gezeichnet« bei Diana, München.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1988 by Andrew Klavan

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2001 by Diana Verlag, München

Der Diana Verlag ist ein Unternehmen der Heyne Verlagsgruppe München.

Copyright © der Neuausgabe 2024 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von Shutterstock/Zwiebackesser, 1000 words

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ah)

ISBN 978-3-98952-281-7

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dotbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, einem Unternehmen der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13, 4 Millionen Euro unterstützt: www.egmont.com/egmont-foundation. Danke, dass Sie mit dem Kauf dieses eBooks dazu beitragen!

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit gemäß § 31 des Urheberrechtsgesetzes ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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In diesem Buch werden Sie mit Themen wie Selbstmord, Gewaltfantasien und Trauma konfrontiert. Wenn Sie sich mit dem Gedanken der Selbsttötung tragen, sprechen Sie mit der TelefonSeelsorge unter 0800/1110111 oder per Mail oder Chat unter www.telefonseelsorge.de.

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Bei diesem Roman handelt es sich um ein rein fiktives Werk, das vor dem Hintergrund einer bestimmten Zeit spielt oder geschrieben wurde – und als solches Dokument seiner Zeit von uns ohne nachträgliche Eingriffe neu veröffentlicht wird. In diesem eBook begegnen Sie daher möglicherweise Begrifflichkeiten, Weltanschauungen und Verhaltensweisen, die wir heute als unzeitgemäß oder diskriminierend verstehen. Diese Fiktion spiegelt nicht automatisch die Überzeugungen des Verlags wider oder die heutige Überzeugung der Autorinnen und Autoren, da sich diese seit der Erstveröffentlichung verändert haben können. Es ist außerdem möglich, dass dieses eBook Themenschilderungen enthält, die als belastend oder triggernd empfunden werden können. Bei genaueren Fragen zum Inhalt wenden Sie sich bitte an [email protected].

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Andrew Klavan

Hilfeschrei – Die Dunkelheit in uns

Thriller

Aus dem Amerikanischen von Helmut Gerstberger

dotbooks.

MOTTO

»Sie ist der Liebe wegen gekommen,

nur deshalb ist sie gekommen

Hätte es keine Hoffnung gegeben,

wäre sie nicht gekommen.«

TED HUGHES

KAPITEL 1

Meine Möse ist, um es gleich zu sagen, eine Orchidee. Eine riesige Orchidee in einem Miniaturwald. Manchmal. Dann wieder ist sie eine Schlucht, ein Abgrund, eine klaffende Wunde, noch immer blutend von damals, als die Rabbis mich festhielten und mir den Schwanz und die Eier absäbelten und lachten, weil sie mich in ein Mädchen verwandelt hatten und ich in hilfloser Wut schrie. Dann hasse ich alle Männer, besonders meinen Vater, und träume, dass ich meinen Schwanz wieder dran habe und sie alle vor mir in einer Reihe gefesselt über Stühlen liegen und ich die Reihe ganz ruhig entlang gehe, während sie alle um Gnade winseln, und einen nach dem andern in den Arsch ficke, sodass der nächste zusehen muss und noch lauter um Gnade fleht. Manchmal aber erblüht mein ganzer Körper aus meiner Möse, und ich bin nur noch eine Orchidee, empfänglich, aber auch kompliziert, und die ganze Welt strömt leidenschaftlich und süß in mich hinein und fließt über meine hundert verschiedenen Blütenblätter und Rundungen und Höhlungen und nimmt die Form all meiner Kurven an. Dann sind die Männer wie die Träger der Welt, und ich liebe sie, liebe sie in einer schmerzlichen, ehrfürchtigen und doch hochmütigen Weise, wie das Jesuskind die Weisen aus dem Morgenland geliebt haben muss, als sie mit Gold, Weihrauch und Myrrhe – allen Geschenken der Welt – zu ihm kamen und es von all den großen Erwachsenen ganz verwirrt war und dennoch wusste, dass er es war, der kindliche Gott, zu dem sie kamen. Oh, ich liebe sie so sehr und auch die Welt, die sie auf den Spitzen ihrer Schwänze tragen und in mich hineinbringen, sodass sie von meinen hundert Blütenblättern abfließen und meine Gestalt annehmen kann.

In dieser Stimmung war ich, als ich Arthur heiratete. Versteht mich nicht falsch. Ich bin keine von diesen modernen Frauen, über die man in Büchern liest. Sie sind so gleichgültig und zynisch und mitleiderregend. Ich habe nie eine kennen gelernt – nur in Büchern über sie gelesen, und ich bin nicht wie sie und ich glaube auch nicht, dass irgendjemand so ist. Ich liebe Arthur. Wir sind seit einer Woche verheiratet, und es ist, als würdest du jeden Morgen aufwachen und wissen, dass es etwas Wunderbares und Neues in deinem Leben gibt, und das ist Arthur. Er ist wie ein neues Spielzeug, und ich möchte mit ihm wie mit einer Puppe spielen und ihn wie eine Puppe nackt auf meinen Schoß setzen, ihn füttern und ausschimpfen und ihn übers Knie legen und ihm den Hintern versohlen, bis seine weißen Po- backen rosa anlaufen, und ihm dann meinen Finger in den Arsch stecken, bis er sich aufbäumt und schreit und stöhnt und auf meine Schenkel kommt. Dann will ich, dass er ungehalten wird und mir eine scheuert und sagt: »Jetzt bist du dran, Samantha« und mich grob auf den Bauch wirft und mit einer ausladenden, fließenden Bewegung seinen Gürtel aus der Hose zieht (warum er zu diesem Zeitpunkt der Geschehnisse einen Gürtel trägt, ist mir einigermaßen schleierhaft, aber so ist es nun mal) und seinen Schwanz wie einen Fahnenmast in mich hineinrammt, während er wieder und wieder seinen Gürtel auf mein Hinterteil klatschen lässt.

Arthur ist Anwalt, und deshalb gibt es vielleicht ein paar Schwierigkeiten, dies alles zu bewerkstelligen. Bisher, in der Woche seit unserer Hochzeit und in dem Monat, den wir vorher zusammen gelebt haben, war alles bestens – sehr süß, sehr sanft, sogar gekonnt, und ich komme gigantisch und er ist mit Sicherheit ganz hin und weg, aber dennoch: Wenn es dein Ehrgeiz ist, pansexuell zu sein und nicht nur bei Männern und Frauen zu kommen, sondern auch bei der Berührung eines Regentropfens auf deinem Arm, bei einem Song, einer Tasse Kaffee, dann ist die Ehe nur die zweitbeste Lösung – ein Eingeständnis der Niederlage, pansexuell unzulänglich zu sein, aber doch auch eine Möglichkeit, die Flamme deiner Freiheit dadurch anzufachen, dass wir uns eine Intimität erschaffen, die wir von Natur aus hätten, wenn unsere Eltern, wenn das Leben uns nicht unseres ursprünglichen freien Ichs beraubt hätte und die Schlachtabfälle benutzte, um darauf seine Städte zu errichten. Ich liebe die Ehe – bisher zumindest – und ich liebe Arthur. Ich vertraue meinen Instinkten und etwas, das in ihm schwelt, das ihn überhaupt veranlasst hat, eine Dichterin zu heiraten. Oh, wir werden sehen. Arthur hat mehr zu bieten, glaube ich, als nur das Augenfällige.

Manchmal denke ich, dass Hitler in gewisser Hinsicht irgendwie doch einen Sinn hatte – ich meine Adolf, nicht Mark, der die tolle Bäckerei in der MacDougal Street hat, in der ich immer meine Brötchen gekauft habe, und der sehr aufbrausend sein kann (»Soll er es doch tun!«), wenn ihn jemand darauf anspricht, warum er seinen Namen nicht ändert. Aber was ich meine, ist Folgendes: Die Welt ist so im Arsch mit ihren Mördern und Banken und Kirchen und Abgasen und Zeitungsartikeln und so fort, dass vielleicht etwas nötig wäre, irgendetwas – sogar Böses –, das vollkommen und ganz ist, innerlich und äußerlich entschlossen, um sie von einer offenbar tödlichen Krankheit zu retten. Es würde mich wesentlich mehr beruhigen, wenn Hitler den Krieg verloren hätte, weil er von etwas besiegt worden wäre, das ebenso ganz und vollkommen war wie er. Aber es war nur ein Übertrumpfen des Althergebrachten, ein quantitativer Unterschied, sonst nichts: mehr Soldaten, mehr Generäle, die sie, über Landkarten brütend, hierhin und dorthin schickten, mehr Patrioten, mehr Staaten und am Ende die große nukleare Trumpfkarte, und all das nur, um einen kleinen Mann aufzuhalten, der ganz war und ganz und gar entschlossen. Wenn nur die Guten mit etwas Neuem hätten aufwarten können – etwas, das so wirklich und echt war wie er. Wenn sie es zum Beispiel fertiggebracht hätten, Hitler achtundvierzig Stunden lang mit Walt Whitman in einen Raum einzusperren. Wahrscheinlich hätte sich Walt, wenn die Zeit um gewesen wäre, mit fliegenden Rockschößen aus dem Staub gemacht, um die Fähre ins Nirwana zu kriegen, und Augenblicke später wäre Hitler herausgetaumelt, mit tropfendem Arschloch und einem seligen Grinsen auf dem Gesicht, um nach Wien zurückzukehren und fortan Landschaften zu malen.

All das erzähle ich nur, um zu erklären, wie ich mich wegen dem, was Lansky passiert ist, fühlte, der Jude ist, was dazu führte, dass ich Arthur kennen gelernt habe, meinen Geliebten, meinen Augenstern, meinen Mann.

Nun – meine Meinung über Juden ist folgende: Sie wissen alles und sie haben immer Recht. (Ein weiterer Grund, Respekt vor Hitler zu haben: Stellt euch den schieren, nietzscheanischen Willen eines Mannes vor, der entschlossen ist, die gesamte Wahrheit auszurotten.) Es ist jedenfalls kein Wunder, dass sie sich die ganze Zeit Sorgen machen, aber das kann es für jene von uns sehr schwer machen, die sich – wie ich – auch schon damit zufrieden gäben, herauszufinden, was die Wahrheit ist. Das war auch schon für Pontius Pilatus so frustrierend.

»Was ist die Wahrheit?«, wollte er wissen.

»Frage nicht«, erwiderte Jesus.

Was mich in der Tat an viele der Gespräche erinnert, die ich mit Lansky hatte. Lansky ist Bühnenautor und ein sehr witziger dazu. Er ist groß und dünn, leidenschaftlich semitisch und hat eine mächtige Hakennase, tiefe, feurig-braune Augen und einen schwarzen Kinnbart, der ebenso spitz ist wie der Haaransatz in seiner Stirn. Er ist einer der sanftesten, angenehmsten Männer, die ich kenne, und ist deshalb immer in Sorge, dass er ein Weichei ist. Was das betrifft, habe ich nie mit Lansky geschlafen, weil ich wusste, dass ich ihn nie wirklich lieben würde, und dies wiederum erfüllte ihn mit der Sorge, er sei zu oberflächlich, aber meine Freundin Elizabeth, die seit sechs Monaten mit ihm zusammenlebt, sagt, er ist wunderbar und aufmerksam im Bett, solange sie ihm ständig versichert, dass er nicht die tolle Zeit hat, die er zu haben glaubt. Wie ihr euch vielleicht denken könnt, sagen Frauen, mich eingeschlossen, Lansky oft: »Mach dir keine Sorgen, Lansky«, was Lansky ungeheuer genießt.

Wie auch immer – Lansky und ich saßen vor 38 Tagen, dreizehn Stunden und siebzehn Minuten an einem Tisch im Black Coffee Shop in der MacDougal Street, nur ein paar Türen die Straße runter von Hitler’s. Lanskys Stück, der Glasteich, war bis vor kurzem einen ganzen Monat lang in einem kleinen Kellertheater aufgeführt und sogar in der New York Times besprochen worden. Der Kritiker hatte Lansky mit George Bernhard Shaw verglichen, und Lansky machte sich Sorgen, dass das ein so großes Kompliment war, dass sich der Rezensent verpflichtet fühlen könnte, ihn dafür beim nächsten Mal in die Pfanne zu hauen, nur um der ausgleichenden Gerechtigkeit willen.

»Lansky«, sagte ich, wie ich mich erinnere, »mach dir keine Sorgen.«

»Es hängt alles davon ab, wo die nächste Aufführung stattfindet«, überlegte Lansky. »Wenn ich nach wie vor off-off-Broadway gespielt werde, ist es vielleicht in Ordnung. In der Regel stehen sie aber darauf, dich hochzujubeln, bevor sie über dich herfallen.«

Zwei Dinge beschäftigen mich während der Unterhaltung, die ich im Wesentlichen mit dem bereits erwähnten einen Satz bestreite. Zum einen ist da dieser große, blonde Scheißtyp, der mich von dem Tisch am Fenster angafft. Ich weiß, dass er ein Scheißtyp ist, wegen der Art, wie er mich lüstern anglubscht, als würde er überlegen: »Was könnte ich mit dieser Braut alles anstellen?« (Antwort: alles); weil er alleine am Tisch sitzt, obwohl der Laden voll ist und am Fenstertisch sechs Leute Platz haben, und weil er vermutlich ein Student an der NYU ist und einen NYU-Pullover anhat.

Zum anderen ist da Arthur. Mein erster Eindruck von Arthur ist, dass er sehr gern zu der Szene im Black Coffee Shop gehören würde, damit er den Jungs bei Gapejaw, Malevolence und Hook oder wo er sonst arbeitet (ich wusste es zu dem Zeit punkt noch nicht) erzählen könnte, wie er mit der Studenten- und Künstlerclique in den Nächten ein Fass aufmacht, obwohl er tagsüber ein braver Bürger ist. Das Problem ist, er ist ohne Hoffnung. Und darum sitzt er hier – an einem Tisch für zwei an der Wand, in seinem Polohemd, den steifen neuen Bluejeans, weißen Socken und ledernen Deckschuhen – und starrt schüchtern in seine Kaffeetasse, während er wahrscheinlich den Reichtum seiner Vorfahren verflucht. Und während Lansky sich Sorgen macht und dieser Scheißtyp glotzt, unterdrücke ich den übermächtigen Wunsch, aufzustehen, zu Arthur rüber zu gehen und ihm meine Zunge ins Ohr zu stecken. Er sieht sehr gut aus, finde ich, mit seinem schmalen, ernsten Gesicht und seinen scheuen blauen Augen, seinem kräftigen, von einem Grübchen geschmückten Kinn und dem feinen, dunkelbraunen Haar, das alles, bloß nicht gestylt wirken soll.

»Meinst du, er hat Major Barbara gemeint?«, fragt Lansky gerade. »Mir hat Major Barbara nie besonders gefallen. Es ist ein wirklich furchtbares Stück; vielleicht hat er das gemeint?«

Ich bin gerade im Begriff, Lansky zu sagen, er solle sich keine Sorgen machen, als Scheißtyp aufsteht, seinen Pullover gerade zupft, sich mit den Fingern durchs Haar fährt – jetzt bin ich mir sicher, dass er ein Scheißtyp ist – und großspurig auf uns zu stakst. Ich verziehe, von einer Vision des Unheils heimgesucht, das Gesicht, meine Zunge klebt an meinem Gaumen, und ich bin stumm vor Schuld und Angst. Nicht um mich, denn bevor dieser Schwachkopf auch nur eine Hand nach mir ausstreckt, bringe ich ihm ganz neue Bedeutungen des Worts ›schlagfertig‹ bei, sondern um Lansky, der ohnehin schon deprimiert ist wegen des Loblieds auf sein Stück in der Times und im Augenblick nichts weniger brauchen kann, als beim rituellen Kreuzen der Geweihe gedemütigt zu werden.

Scheißtyp erreicht unseren Tisch in der Mitte des Raums, beugt sich über mich und bläst mir eine Wolke seines Bieratems ins Gesicht. (Letzteres ist nicht wahr: er roch angenehm, sogar gut, aber er war der Typ dazu.)

Er sagt: »Ich hab gesehen, dass du allein bist, und dachte, du könntest ein bisschen Gesellschaft brauchen.«

Es ist eine heikle Situation: Ein Spruch wie dieser lässt keinen Raum für Höflichkeiten, aber wenn ich diesem Frosch sage, er soll sich verpissen, und er Kontra gibt, ist Lansky am Zug mit: »Die Lady hat gesagt, du sollst dich verpissen.« Dann stirbt Lansky, was – wie mir mein Gefühl sagt – genau das ist, worauf Scheißtyp es von Anfang an abgesehen hat, zumindest unbewusst. Alles, was ich in der Situation denken kann, ist: Werd jetzt bloß nicht witzig, Lansky, weil Scheißtyp ein großer Scheißtyp ist und aussieht, als würde er Gewichte stemmen.

Lansky bedeckt seine Augen mit einer Hand und sagt: »Ein lebender Furz. Ich werde von den Kritikern in die Pfanne gehauen, und ein lebender Furz kommt an meinen Tisch gewackelt.«

Scheißtyp ist, was meine Theorie bestätigt, auf so was vorbereitet, obwohl das Drehbuch ein paar Zeilen übersprungen hat, was ihn kurzfristig aus dem Konzept bringt. Aber dann schafft er es schließlich, sich zu drehen und sich drohend vor dem armen, süßen Lansky aufzubauen.

»Hör zu, Großnase«, stichelt er, »warum besorgst du dir nicht einen Gebetsschal und gehst irgendwohin beten?«

»Und lasse mir deine schlagfertigen Antworten entgehen?«, erwidert Lansky. »Diesen Austausch von tiefschürfenden Gedanken? Alles, bloß das nicht, nein.« Edler Lansky.

»Na schön, du Schlappschwanz«, sagt Scheißtyp und macht rückwärts einen Schritt vom Tisch weg.

Ich schwöre beim Wahnsinn Roethkes, dass ich dem Kerl unter anderen Umständen mit meinen niedlichen, kleinen blutroten Fingernägeln eigenhändig die Augen ausgekratzt hätte. Aber genau das ist es, was ich über Hitler sagen will: Unser Scheißtyp ist aufrichtig, vollkommen und, man könnte sogar sagen, auf eine beinahe anmutige Weise entschlossen, Lansky zu demütigen, vermutlich weil er Jude ist und alles weiß und immer Recht hat und mit einem hübschen Mädchen plaudert und – soweit Scheißtyp weiß – auch mit ihr schläft, während Scheißtyp nichts weiß und immer Unrecht hat (was sein Pullover beweist) und ungefähr so viel Chancen hat, dieses Baby zu vögeln, wie rechtzeitig zu den Zwischenprüfungen lesen zu lernen. Wenn ich ihm also die Augen auskratze – vor allem unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ich eine Frau bin und Lansky ein Mann, wird Lansky erst recht gedemütigt, und Scheißtyp gewinnt. Das trifft auch zu, wenn jemand anderer für Lansky Partei ergreift und natürlich auch, wenn Lansky sich auf die Hinterbeine stellt und eine Abreibung bezieht. Kurz gesagt, Scheißtyp hat durch die Vollkommenheit seiner Absicht das gesamte Universum in Einklang mit sich gezwungen: Egal was geschieht, es wird nach seinen Regeln geschehen, es sei denn, jemand lässt sich ganz schnell etwas Kreatives einfallen. Nun, wenn ich freie, körperelektrische, vollmitgliedmäßige, parteiausweisbesitzende, amoralische, strahlende Erleuchtung besäße, würde ich mich vielleicht von der Reinheit von Scheißtyps Willen mitreißen lassen, auf die Knie fallen und mit meiner sklavischen Zunge seiner mächtigen Erektion huldigen. Zu seinem Pech habe ich noch immer meine Prinzipien, und wenn dieser Witzbold mir zu nahe kommt, schlitze ich ihm die Kehle auf. Lansky, so scheint es, ist ganz auf sich allein gestellt.

In diesem Augenblick tritt der Junge in Polohemd und ledernen Deckschuhen, der sich später als mein Arthur entpuppt, auf den Plan und nähert sich zwischen den Stühlen der Gäste hindurch mit schnellen Schritten unserem Tisch, lächelnd und sich entschuldigend wie der perfekte Gentleman, der er, wie ich später herausfinde, auch ist. Arthur tritt zwischen Scheißtyp und Lansky, wirft ersterem einen kurzen Blick zu, lächelt und sagt, »Entschuldigen Sie«, und reicht dann Lansky eine Geschäftskarte.

»Mein Name ist Arthur Clementine«, sagt er mit einer tiefen, darf ich sagen melodiösen Stimme, die meine Brustwarzen vor Erregung prickeln lässt. »Ich arbeite im Büro des Bezirksstaatsanwalts von Manhattan. Lassen Sie sich nur nicht hinreißen, zuerst zuzuschlagen. Sobald er Sie zusammengeschlagen hat, schicken wir ihn in den Knast.«

Arthur lächelt und sagt zu Scheißtyp noch einmal »Entschuldigen Sie«, neigt den Kopf in meine Richtung wie ein Cowboy, der an seine Hutkrempe tippt, und geht mit federnden Schritten zurück zu seinem Stuhl an der Wand.

Plötzlich ist Lansky schön; Arthur hat ihn schön gemacht. Während Scheißtyp verdutzt dasteht, schiebt sich Lansky Arthurs Karte in die Hemdtasche, lehnt sich zurück, faltet die Hände über seinem konkaven Bauch und lächelt – lächelt – ihn an.

»Ich möchte Ihnen nur sagen«, sagt er, »dass ich Psychiater bin und glaube, dass Sie latent schwul sind.«

Ich lache, so laut ich kann.

Scheißtyp bekommt einen knallroten Kopf und stammelt: »Na schön, Judenjüngelchen – nur zu, versteck dich hinter dem Gesetz.«

Woraufhin Lansky ein wildes, gellendes Lachen ausstößt, das – dessen bin ich mir sicher – Scheißtyp noch in den Ohren klingen wird, wenn er sich am Abend in seinem einsamen Zimmer im Studentenwohnheim einen runterholt. Nach einigen weiteren Beschimpfungen verdrückt sich Scheißtyp, und ich glaube, in diesem Augenblick wusste ich, dass ich Arthur heiraten werde. Weil Arthur Lansky schön gemacht hat; weil Arthur dem Gesetz gegen Gemeinheit und Niederträchtigkeit Geltung verschafft, was bedeutet, dass er die Welt kennt und sie so akzeptiert, wie sie ist, was ich nicht tue, und weil er Lansky schön gemacht hat, was bedeutet, er versteht, dass Schönheit alles in sich selbst verwandelt, selbst das Böse. Ich bin entschlossen, dass ich – und ich allein – von Arthur schön gemacht werde und ihm dafür die Macht meiner Schönheit gebe.

Sobald ich Lansky so weit habe, nicht mehr am ganzen Leib zu zittern, stehe ich auf und gehe schnell, bevor ich mein Selbstvertrauen verliere, quer durch das Café zu dem Tisch, an dem Arthur sitzt. Er schaut auf: blaue Augen. Ich strecke entschlossen meine Hand aus.

»Erlaube, dass ich dir die Hand schüttle«, sage ich, »und dir einen blase.«

Ich bin ein bisschen besorgt wegen dieser zugegeben sehr direkten Kontaktaufnahme, weil Arthur, wie gesagt, Anwalt ist, aber er lacht geradeheraus und nimmt meine Hand, und nicht einmal eine Stunde später schlucke ich genüsslich die Chancen von Millionen potentieller Clementines, das Familienvermögen zu erben, hinab.

Das ist es, was ich an Arthur schätze: seine verborgenen Tiefen.

Heute ist Montag, der 7. Januar. In der Zeitung sagt der Präsident, er werde keine Kompromisse zum Militärbudget eingehen; die Abrüstungsgespräche in Genf sind abgebrochen worden; der Gouverneur schlägt eine Steuersenkung vor; ein Rebell in El Salvador erzählt seine Geschichte; eine fundamentalistische Gruppe steckt alles Geld, das sie den Hungernden in Äthiopien schicken sollte, in die eigene Tasche ... Das ist alles, was ich tun kann. Ich habe mir nie viel aus Zeitunglesen gemacht, doch als ich das Arthur erzählte, kroch eine seiner üppigen Augenbrauen nach oben und er sagte: »Das solltest du aber.«

Den ganzen Tag laufe ich herum und sage es mir immer wieder vor, damit ich es noch weiß, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt: »Budget, Abbruch, Steuersenkung, Rebell, Fundamentalisten. Budget, Abbruch, Steuersenkung, Rebell, Fundamentalisten. Budget, Abbruch, Steuersenkung, Rebell, Fundamentalisten.«

Wenn Arthur durch die Tür tritt, laufe ich in seine Arme und sprudle hervor: »Hast du das über die neue große Steuersenkung für die Rebellen gelesen? Und was sagst du zu diesen Fundamentalisten?«

Aber er hat mich bereits über die Schulter geworfen und trägt mich ins Schlafzimmer.

Zuerst werde ich euch von meinem Therapeuten erzählen und dann werde ich euch über Gott erzählen. Mein Therapeut heißt James – Doktor James Blumenthal. Vor ungefähr einem Jahr spazierte ich in seine Praxis, die an der Ecke Park Avenue und 86th Street liegt, und setzte mich in den braunen Lehnstuhl ihm gegenüber.

»Ich heiße Samantha Bradford und bin vierundzwanzig«, sagte ich zu ihm. »Meine üblichen Sexphantasien drehen sich darum, dass ich gebrandmarkt werde.«

»Bitte hier drin nicht rauchen«, erwiderte Dr. Blumenthal – ich hatte mir gerade eine Zigarette in den Mundwinkel geklemmt. »Ich habe ein Problem mit der Lüftung«, sagte er. Ich steckte die Zigarette wieder in die Packung zurück (in dieser Nacht hatte ich einen Traum: wie ich verzweifelt versuche, die Zigarette in die Packung zu stopfen, aber sie ist zu dick) und erzählte weiter.

»Gewöhnlich«, sagte ich, »phantasiere ich, dass ich die Straße runtergehe und eine schwarze Limousine neben mir anhält, zwei Männer herausspringen, mich hineinziehen und betäuben. Wenn ich wieder zu mir komme, bin ich auf einer Insel – ich weiß nicht wo, aber es ist ein Ort, an dem internationales Recht nicht gilt. Ein gutaussehender Millionär hat die Insel gekauft – er ist ein dunkler, bärtiger Mann in den Fünfzigern, aber gut in Form, obwohl er manchmal«, fügte ich hinzu, »jemand ist, den ich schon einmal getroffen oder gesehen habe oder ein Filmstar, aber – wie auch immer – er sammelt Frauen für einen Harem, und er will, dass ich auch dazu gehöre. Er befiehlt mir, die Kleider auszuziehen, oder er bringt mich um, also muss ich es tun, und dann muss ich mich über eine Art Bank beugen und still liegen, während er ein rot glühendes Brandeisen packt und seine Initialen in meinen Hintern brennt. Wenn ich masturbiere oder Sex habe, komme ich dann gewöhnlich – mit dem Bild von mir in meinem Kopf, wie ich mit den Füßen stoße und schreie und gebrandmarkt werde, und dann, während ich allmählich vom Orgasmus runterkomme, sehe ich mich über dem Schoß meines Meisters liegen oder auf dem Boden, ganz zahm und passiv, während er mich befingert oder eine seiner anderen Haremssklavinnen vögelt.«

Dann starrte ich Dr. Blumenthal direkt in die Augen – fast herausfordernd, könnte man sagen. Dr. Blumenthal ist Ende vierzig. Er hat ein breites, feistes Gesicht, das von Pockennarben übersät ist, als habe er in seiner Jugend unter schlimmer Akne gelitten. Sein Haar hat eine nicht genau zu definierende Farbe, eine Art Graugelb, und ist sehr dünn und fällt über seine Stirn. Immer wenn er etwas sagt, das heißt, kurz bevor er spricht, verlagert er sein Gewicht in seinem Sessel, als suche er nach einer bequemeren Stellung. Er hat einen formlosen Körper, nehme ich an: nur ein verknitterter grauer Anzug, der aus einem Stuhl wächst.

Ich sehe ihm also in die Augen, und er verlagert sein Gewicht ein wenig und sagt: »Und wo ist dabei das Problem, Samantha?«

Ich fange an zu heulen. Elizabeth hat mir gesagt, dass ich heulen würde, aber ich habe mir geschworen, dass mir das nicht passieren wird, und schon habe ich die Bescherung. Ich glaube, es war die Art, wie er meinen Namen sagte – als wäre ich eine Freundin, die ihn besucht, weil sie Hilfe braucht.

»Vor einiger Zeit habe ich versucht, mich umzubringen«, sage ich schniefend und nach Luft japsend.

Dr. Blumenthal verlagert sein Gewicht und blickt besorgt. »Ist es Ihnen gelungen?«

»Was?« Ich fange an zu lachen, während ich noch schniefe und schluchze. Dann bricht es aus mir heraus: »Ich will nicht sterben. Ich will nicht sterben; ich habe so schreckliche Angst. Können Sie mir helfen?«

»Das ist schwer zu sagen«, sinniert er. »Hängt davon ab, ob ich mein Brandeisen finden kann oder nicht.«

Ich muss wieder lachen.

»Ich weiß genau, es muss hier irgendwo sein«, sagt er todernst und sieht sich suchend um.

Jetzt muss ich mehr lachen als weinen, weil er ganz anders ist, als ich erwartet habe. Als ich mit allem fertig bin – heulen, lachen und Nase putzen – sehe ich ihn an und weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin verlegen, aber es ist ein gutes Gefühl, verlegen zu sein, ein menschliches Gefühl, als hätte ich mich nie zuvor menschlich gefühlt.

Dr. Blumenthal verlagert sein Gewicht. »Erzählen Sie mir von dem Selbstmordversuch.«

Die Sache ist die, dass ich, während ich ihm alles sehr genau erkläre, weil ich so ehrlich wie irgend möglich über alles reden möchte, nicht wirklich weiß, ob ich mich umbringen wollte oder nicht, oder ob ich nur so tun wollte, als würde ich mich umbringen. Das ist ein großes Problem für mich: Ich bin mir nie sicher, ob ich nur vorgebe, etwas zu sein, ob ich es wirklich bin oder ob das überhaupt einen Unterschied macht.

Nehmt zum Beispiel meine Sauferei. Eine Zeit lang wollte ich, dass mich alle für eine hartgesottene, zynische, versoffene Braut halten, die sich um nichts einen Dreck schert. Deshalb ziehe ich, wann immer sich mir eine Gelegenheit bietet, eine große Show ab, saufe, was das Zeug hält, und kotze alles wieder raus – das ganze Programm. Als ich meinen Selbstmordversuch mache, bin ich bei fast einer Flasche Scotch am Tag, und ich glaube noch immer, dass alles nur ein Spiel ist, das ich spiele, um den Respekt und das Mitleid meiner Freunde zu gewinnen.

Oder nehmt von mir aus den Sex: Ich habe oft die hyper-erfahrene Tussi gespielt, die alles gesehen hat und mit mehr Männern im Bett war, als sie zählen kann, obwohl es in Wirklichkeit in meinem ganzen Leben – von Arthur abgesehen – nur vier Männer gegeben hat, wobei einer davon vielleicht ein bisschen fraglich war, und die einzige Möglichkeit, wie ich mich dazu bringen konnte, bei irgendeinem von ihnen zu kommen oder manchmal auch nur feucht zu werden, waren ausgeklügelte Phantasien, die ich mir ausdachte, wie jene, die ich Dr. Blumenthal erzählt habe.

Was meinen Selbstmordversuch angeht ... Was soll ich dazu sagen? Hier bin ich noch immer, aber andererseits, wenn Elizabeth nicht gewesen wäre, wer weiß?

Ich hatte tatsächlich die Hälfte einer Flasche Clan MacGregor intus und schluckte eine ganze Flasche Demerol, was, weiß Gott, wie viel tausend Milligramm sind. Aber als ich mich auf das Bett zurücksinken ließ, stellte ich mir vor, was für ein gutes Gefühl es sein würde, wenn alle meine Freunde um mich weinen würden, wenn sie am Morgen meinen leblosen Körper fänden, und ihre Aufschreie der Dankbarkeit, wenn sie mich ins Krankenhaus brächten und sie mich dort wieder zum Leben erweckten.

Eines weiß ich sicher, erzähle ich Dr. Blumenthal, dass ich niemanden erwartet habe, als Elizabeth ein paar Minuten später hereinkam. Elizabeth Harding (die ich durch Lansky kenne) ist Lehrerin für Kunsterziehung an der School of Visual Arts. Sie ist dreiunddreißig, und wenn ich sie beschreiben sollte, würde ich sagen, sie ist schwer in Ordnung. Um ganz ehrlich zu sein, würde ich sie als Göttin bezeichnen, als meine zweite Mutter – was allerdings für die erste zu viel der Ehre wäre, als mein Licht in der Dunkelheit, aber wie auch immer, ich denke, ihr versteht, was ich meine. Sie ist groß und dünn und hat langes braunes Haar, das wie Seide glänzt und über ihren Rücken fällt, und all diese wundervollen Charakterlinien in ihrem Gesicht, die sie gütig und weise aussehen lassen.

Sie kommt herein, wobei sie ihren Schlüssel benutzt, und ruft: »Deck ihn zu, Sam. Ich hab meine Mappe hier vergessen und brauche ...«

Ich versuche, aus dem Bett zu kommen, aber auf meiner Stirn steht ein Amboss. Ich grinse sie an und sinke zurück.

Elizabeth kommt ans Bett und sieht die Flasche Clan MacGregor und die Flasche Demerol.

Dann sagt sie: »Shit!«

Sie packt mich mit beiden Händen beim Hemdkragen und zerrt mich aus dem Bett. Sie schleppt mich ins Badezimmer, ohne dass ich Zeit gehabt hätte, richtig auf die Füße zu kommen; sie schlittern nur willenlos über den Boden. Sie nimmt mein Gesicht mit beiden Händen und zieht meinen Kopf nach unten über die Toilette. Mit einer Hand drückt sie gegen meine Wangen, bis sich mein Mund öffnet, und mit der anderen steckt sie mir ihre Finger in den Hals, während ich an ihren Armen zerre und versuche, sie abzuwehren.

Ich kotze – Tonnen von unverdauten Kapseln und bernsteinfarbenem Scotch. Ich kotze eine Ewigkeit – bekotze von oben bis unten die Toilette, Elizabeth und mich selbst. Schließlich hänge ich, würgend und auf den Knien liegend, über der Toilette, und es ist nichts mehr übrig, das ich von mir geben könnte.

Dann packt mich Elizabeth bei den Haaren und sagt, »Steh auf«, und zerrt mich auf die Beine. Ich sehe, dass ihr Gesicht ganz rot ist, und ihre Kobaltaugen lodern. Ich glaube, ich habe sie noch nie so wütend gesehen. Sie schlägt mir so fest ins Gesicht, dass mein Kopf nach hinten fliegt und meine Haare wehen. Ich hebe schützend die Hände hoch, aber sie schlägt sie zur Seite und knallt mir wieder eine. Ich heule und schluchze – ich fühle mich scheußlich, und Elizabeth brüllt: »Wie kannst du es wagen?«, wieder und wieder und mit einer Stimme, die nicht einmal wie ihre klingt. Sie gibt mir eine schallende Ohrfeige, dann wirft sie mich gegen die Wand und schreit: »Ich hab genug von dir, Sam. Scher dich zur Hölle. Hast du verstanden? Scher dich zur Hölle.« Sie scheint nicht zu wissen, was sie sagt.

Als sie mit dem Brüllen fertig ist, dreht sie sich um und geht durch die Tür, die sie hinter sich zuknallt. Ich höre ihre Schritte auf der Treppe und rutsche schluchzend an der Badezimmerwand zu Boden, weil ich ganz allein bin auf der Welt und niemand mich liebt.

Schließlich klammere ich mich an das Waschbecken und ziehe mich, noch immer schniefend, auf die Beine. Ich stolpere ins andere Zimmer und stehe dort eine Minute lang, weil ich nicht weiß, was ich als Nächstes tun soll – beinahe so, als gäbe es ein Drehbuch für die Szene, und ich hätte meinen Text vergessen.

Dann höre ich wieder Schritte auf der Treppe. Elizabeth kommt zurück. Sie kommt durch die Tür und bleibt vor mir stehen und sieht mich nur an. Sie heult ebenfalls und zittert am ganzen Leib – vor Zorn, glaube ich. Ich lasse den Kopf hängen. Ich schäme mich, obwohl ich nicht weiß, warum sie so wütend auf mich ist. Ich habe außerdem Angst, dass sie mir wieder eine klebt.

Sie schlägt mir wieder ins Gesicht, so fest diesmal, dass es mich glatt umhaut, wie damals den kleinen Hartriegelbaum, den ein Hurrikan zu Hause, wo ich herkomme, vor meinen Augen einfach umgeblasen hat. Ich falle auf das Bett und bleibe dort schluchzend liegen. Elizabeth stürmt in die Kochnische und fängt an, Kaffee zu machen.

Von Elizabeth bekomme ich Dr. Blumenthals Namen, den sie wiederum von ihrem Therapeuten hat. Ich erkläre ihr, dass ich mir keine Therapie leisten kann, aber Elizabeth sagt, Dr. Blumenthal werde, um mir entgegenzukommen, sein Honorar sicherlich reduzieren, weil er sich für den kreativen Geist interessiert. Ich sage ihr, dass die Therapie möglicherweise mit meiner Inspiration herumpfuscht, aber sie zwingt mich zuzugeben, dass der Tod dies ebenfalls tun würde. Ich sage ihr, dass eine Therapie nicht funktioniert, wenn ich sie nicht wirklich machen will, aber sie hält dagegen, das sei wirklich sehr schade, aber diese Therapie wird funktionieren müssen, weil sie will, dass ich sie mache. Nach diesem Argument wehre ich mich nicht mehr sonderlich, weil ich das Gefühl habe, dass ich einen ziemlichen Scheiß gebaut habe, doch ich brauche mehr als einen Monat, bis ich den ersten Termin mit Dr. Blumenthal ausmache.

Als ich nach diesem ersten Besuch Dr. Blumenthals Praxis verlasse, fühle ich mich, wie ich mich in meinem Leben noch nie gefühlt habe. Es ist März, der Himmel blau und die Luft kühl, und die Park Avenue ist eine prachtvolle, erhabene Reihe grün leuchtender Verkehrsampeln, die bis zum Helmsley Building und dem dahinter aufragenden Pan Am Building reicht, und darüber hinweg segeln kleine weiße Wolken, die aussehen wie die Schiffe eines geisterhaften Volkes, das in ein neues Land, in ein neues Leben auswandert, welches die Geschichte dieses Volkes auf einen erfolgreichen, verheißungsvollen Kurs bringen wird. Plötzlich begreife ich, dass ich noch nie ein gutes Gedicht geschrieben, noch nie einen befriedigenden Orgasmus gehabt, nie wirklich den süßen, köstlichen Geschmack von Schokoladeneis geschmeckt oder die Wolken oder die Häuser oder die Bäume gesehen oder Frieden in meiner Seele empfunden habe und dass all dieses Unglücklichsein unnötig gewesen war – vollkommen unnötig, wo doch die ganze Zeit über Dr. Blumenthal da gewesen war und nur darauf gewartet hatte, mir diese Last von den Schultern zu nehmen.

Ich bin keine Närrin; ich weiß, dass diese Hochstimmung nicht von Dauer sein wird, dass es noch viel Arbeit zu tun, viele Schrecken zu bestehen und viele Drachen zu töten gibt, bevor ich dieses goldene Land jemals wieder erblicke. Aber jetzt, da ich es gesehen habe, werde ich es in meinem Gedächtnis bewahren und mich daran erinnern, damit ich weiß, wofür ich kämpfe und wohin mein Weg mich führt.

Ich lasse die Park Avenue hinter mir und strebe auf die Third Avenue zu, in der sich ein Baskin Robbins befindet. Ich muss auf der Stelle ein Schokoladeneis haben – sofort, bevor es schmilzt.

Was mich zu Gott und zu Penissen bringt. Nach ungefähr drei Monaten mit zwei Sitzungen pro Woche bei Dr. Blumenthal stelle ich fest, dass ich ständig an Penisse denke. Eigentlich denke ich nicht wirklich an sie; es ist eher so, dass ich von ihnen singe, von ihnen träume, mich der Vorstellung von ihnen hingebe. Um ehrlich zu sein, ist mir so etwas noch nie zuvor passiert, nicht einmal, als ich ein Teenager war. Tatsächlich fühle ich mich wie ein Teenager, wenn ich durch die Straßen von Manhattan gehe, verstohlen auf die Hosenschlitze von Geschäftsmännern schiele, errötend und lächelnd. Schwänze. Früher, das war mir bisher gar nicht klar, dachte ich immer mit einer Art Ekel an sie, als seien sie ein heraushängendes Stück Darm oder ein baumelndes Blutgefäß. Jetzt erscheinen sie mir wie herrliche, sich reckende Eichen oder wie zarte Stängel, die aus der Erde sprießen, nur dass ich dabei nicht an Bäume oder Grashalme denke – ich denke an Schwänze. Glitschig, samten, hart, rosa, salzig, biegsam, eindringen, stoßen – bestimmte Worte machen mich ganz verrückt. Rosa. Hart. Pilz. Das Wort spritzen, das zufällig in einem Gespräch fällt, bringt mich dazu, mir die Lippen zu lecken und macht mich ganz schwach. »Heh, Sam, lass uns doch mal zum Eisenwarenladen rüber spritzen und salzige, rosa schimmernde Pilze besorgen. Sam? Sam?« Ich fange an, Oden zu schreiben. Früher habe ich nie viel mit Oden anfangen können.