Himmlische Freude - Werner Thiede - E-Book

Himmlische Freude E-Book

Werner Thiede

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Beschreibung

Himmlisch! Strahlt nicht allein dieses Wort schon Freude aus? Und trägt nicht umgekehrt Freude oft genug eine Berührung mit jenem Umgreifenden in sich, das größer ist als unsere Welt? Die spirituelle Dimension von Freude zu erkunden, ist lohnend und macht Freude. Werner Thiede; der bereits vor Jahrzehnten ein Buch über »Das verheißene Lachen« und 2023 »himmlisch wohnen« veröffentlicht hat, zeigt hier nun kompetent, wie der Horizont der Ewigkeit im Zeichen der biblischen Freudenbotschaft neue Lebenskraft und Hoffnung eröffnet. Er beleuchtet die mystische Dimension von Freude, ermutigt zu »positivem Glauben« und untermauert seine Ausführungen durch Beispiele aus der Kirchengeschichte – von Franziskus bis Bonhoeffer. Himmlische Freude bedeutet eine Glückseligkeit, die schon hier auf Erden beflügeln kann. Werner Thiede ist Pfarrer im Ruhestand, apl. Professor für Systematische Theologie an der Universität Erlangen-Nürnberg und nach wie vor aktiver Publizist (www.werner-thiede.de). Zuletzt hat er nach etlichen Sach- und Fachbüchern auch eine Gesamtausgabe seiner christlichen Lieder herausgebracht: »In Ängsten – und siehe, wir singen! Glaubenslieder« (2023).

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Werner Thiede

HimmlischeFreude

Vom tiefen Glückdes Glaubens

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

© 2024 by Evangelische Verlagsanstalt GmbH · Leipzig

Printed in Germany

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar.

Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Das Buch wurde auf alterungsbeständigem Papier gedruckt.

Gesamtgestaltung: Ulrike Vetter, Leipzig

Coverbild: © Justlight/Adobestock

Druck und Binden: BELTZ Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza

ISBN 978-3-374-07711-3 // eISBN (PDF) 978-3-374-07712-0

eISBN (E-Pub) 978-3-374-07713-7

www.eva-leipzig.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1.Sehnsucht nach Freude

2.Der Horizont himmlischer Freude

3.Müssen Christen erlöster aussehen?

4.Heilige Freude in der Bibel

5.Vollkommene Freude bei Franz von Assisi

6.Von der Freude eines Christenmenschen: Martin Luther

7.Himmlische Freude bei Paul Gerhardt

8.Vollkommene Freude bei Søren Kierkegaard

9.Glaubensfreude bei Dietrich Bonhoeffer

10.Zur mystischen Dimension himmlischer Freude

11.Positiv glauben

12.Humor als Frucht himmlischer Freude

Literaturhinweise

Quellennachweise für die Gedichte

Vorwort

Himmlische Freude – ist mit dieser Titelformulierung die zukünftige Glückseligkeit in Gottes Herrlichkeit anvisiert oder aber die des Glaubens hier und heute? So wurde ich schon im Vorfeld der Drucklegung gefragt. Und tatsächlich changiert die Formulierung: Beides trifft zu und hängt engstens zusammen. Aber der Schwerpunkt – das zeigt der Untertitel – liegt hier in der Glaubensgegenwart, die freilich durch lebendige Zukunftshoffnung beflügelt ist. Von der himmlischen Zukunft hat ja bereits der Vorgänger-Titel „himmlisch wohnen“ (2023) gehandelt.

„Himmlisch“ – strahlt nicht dieses Wort allein schon Freude aus? Sollte nicht überhaupt echte Freude mit dem Himmel, mit einer Berührung des Ewigen zu tun haben? Bekanntlich ist das Leben in dieser Welt oft recht freudlos. Doch völlig freudlose Menschen gibt es zum Glück nicht. Zumindest in Gestalt der Sehnsucht nach Freude lebt dieses positive Gefühl in jedem von uns als etwas nicht gänzlich Unbekanntes. Selbst dort, wo Freude nicht nur vermisst wird, sondern Leid, ja Verzweiflung sich schwer auf die Seele legen, ist die Gegenwart von Freude keineswegs ganz ausgeschlossen – man denke zum Beispiel an Patienten im Krankenhaus, die sich ungeachtet ihrer Beschwerden über lieben Besuch freuen.

Und so gibt es auch eine Grundfreude des Glaubens, die sich durch die Widrigkeiten des Lebens nicht unterkriegen lässt. Sie kann das Herz trotz schwieriger Lebensumstände beglücken, weil sie im Kern nicht irdischer, sondern himmlischer Natur ist. Von diesem Geschmack der Seligkeit, von dieser im doppelten Sinn „himmlischen Freude“ handelt das vorliegende Buch.

Als eine allgemeine „Anleitung zum Glücklichsein“ versteht sich meine Schrift nicht. Bücher und Broschüren zum Thema „Freude“ und „Glück“ im weiteren Sinn gibt es bereits hinreichend. Hier aber geht es in christlicher Zuspitzung um mehr, nämlich um jene himmlische Freude, die in, aber nicht von der Welt – und darum umso nachhaltiger ist. Es geht um jenes tiefe Glück, das auch als Glückseligkeit bezeichnet wird. Das Neue Testament kann in diesem Sinne wiederholt von „vollkommener Freude“ sprechen.

Der Anspruch ist groß und gründet in übergroßem Zuspruch: in der Freudenbotschaft von Jesus Christus. Alles Suchen nach Freude und Glück muss letztlich unerfüllt bleiben, solange es sich abseits von der Wirklichkeit unzerstörbarer, ewigkeitsträchtiger Freude bewegt. Ob diese himmlisch-vollkommene Freude bewusst oder unbewusst gesucht wird – es gibt sie als die eine wunderbare, große Perle, für deren beglückendes Auffinden man gern viele kleine Perlen loslässt.

Die christliche Freudenbotschaft hat gegen die ungezählten niederdrückenden Tatsachen unserer Existenz die denkbar beste Waffe zu bieten. Öffnet sie doch den Blick in eine andere Dimension der Wirklichkeit, ja in die einzige Dimension, auf die es dauerhaft ankommt – auf die des ewigen Gottes und seines auf uns alle zukommenden himmlischen Reiches der Liebe und Vollkommenheit. Wer Gottes verborgene Gegenwart und Zukunft erahnt oder bedenkt, gewinnt eine neue, befreiende Perspektive auf sein eigenes Leben und auf den Gang der Welt insgesamt. Der Sinn des Daseins beschränkt sich dann nicht nur aufs Horizontale erlebter und bevorstehender Geschichte, sondern findet sich im vertikalen, direkten Bezug zu jenem Gott, der laut doppelter biblischer Beteuerung (1. Joh 4,8.16) seinem Wesen nach Liebe ist. Und das macht zuinnerst froh – unabhängig von der jeweiligen innerweltlichen Verfasstheit. Das ermächtigt sogar zu einem Humor, der sich aus mystischer Überlegenheit dank der glaubenden Wahrnehmung der transzendenten Wirklichkeit nährt.

Freilich – eine religiöse Haltung als solche macht noch nicht unbedingt froh. Sie kann im Gegenteil mitunter bedrücken, ja beängstigen. Es kommt schon auf den Inhalt des Glaubens an, nämlich darauf, ob er aufrichtend, in guter Weise wegweisend und ermutigend ist. Ich hoffe, hierzu aus christlicher Perspektive einiges Hilfreiche sagen zu können. Als Pfarrer und Theologieprofessor möchte ich mit diesem Sachbuch Zeuge der größten überhaupt denkbaren Hoffnung, Liebe und Freude sein.

Der Evangelischen Verlagsanstalt danke ich, dass sie nach „himmlisch wohnen“ nun auch „Himmlische Freude“ in entsprechender Aufmachung bringt. Mit diesen „himmlischen“ Bänden wende ich mich an eine breitere Leserschaft, ohne die eigentliche Sache der Theologie aus dem Auge zu verlieren – nämlich von dem mit klarer Überlegung zu zeugen, was über unsere Welt hinausweist, ja aus der Transzendenz heraus unsere Existenz erhellend anspricht.

Ich widme dieses Buch meinem Sohn Johannes und seiner Frau Karina anlässlich ihrer kirchlichen Hochzeit.

Werner Thiede

Suche

Herr, die Menschen suchen dich –

viele, ohne es zu wissen!

Ja, sie suchen meist nur sich,

während sie doch dich vermissen.

Herr, ich selber suche dich,

sehne mich nach deiner Weide.

Ja, mein Hirte, führe mich,

dass ich falsche Freuden meide.

Herr, du selber suchst nach mir,

wirkst schon längst in meiner Seele.

Ja, ich finde mich in dir!

Du machst, dass ich dir nicht fehle.

Herr, du willst für alle Heil,

suchst die Menschheit ganz zu retten.

Ja, dir wird der Sieg zuteil!

Du wirst alle Wogen glätten.

1

Sehnsucht nach Freude

Jeder Mensch sehnt sich nach Freude. Und da geht es mitnichten nur um Lebenslust, sondern primär um Lebenssinn. Das hat schon der große Psychologe Viktor E. Frankl gegenüber Sigmund Freud herausgearbeitet. Von daher ist es das Normalste auf der Welt, dass Menschen auf der Suche nach Freude als Sinnerfüllung sind, kurz: nach tiefem Glück. Solches Streben ist zutiefst natürlich und legitim – insbesondere auch in Gestalt einer Herzenssehnsucht nach wirklich nachhaltiger Freude.

»Lustbetonte, hedonistische Glücksgefühle hängen kaum mit gesünderen Laborwerten zusammen. Wer etwas für die Lebenserwartung tun will, sollte sich also eher auf die geistige Glücksvariante konzentrieren.«

Jochen Paulus

Das Verlangen hiernach hat sich gerade in Zeiten der technologischen Glücksverheißungen unseres modernen Zeitalters noch mehr entzündet. Unzählige Glücksratgeber und so mancherlei Bücher über Freude sind allein im 21. Jahrhundert erschienen. Sie beruhen auf durchaus unterschiedlichen Weltanschauungen, auf religiösen, esoterischen, agnostizistischen oder atheistischen Einstellungen – und können doch das Bedürfnis nach näherer, ja verlässlicher Auskunft über den Weg zu Glück und Freude oft kaum überzeugend und auf Dauer stillen. Gibt es vielleicht einen merklichen Unterschied zwischen Freude im allgemeinen Sinn und der wahren, „himmlischen“ Freude? Sollten Menschen, zumal Christenmenschen, in ihrem Anspruch diesbezüglich nicht durchaus unbescheiden sein dürfen? Tatsächlich kommen ja die Freuden und Glückseligkeiten dieser Welt schwerlich gegen ihre Kurzlebigkeit an. Es gibt bekanntlich ein Streben nach Lust auf ganz unterschiedlichem Level – auf primitiven oder niveauvollen Ebenen, auf eher plump gestalteten, auf differenzierteren, auf ästhetischen, auf technischen, auf materiellen oder mentalen … Demgemäß sind die Freuden, die Menschen erleben können, flach oder tief, jedenfalls von recht unterschiedlicher Art und Qualität. Eines aber haben sie alle gemeinsam: Sie unterliegen in der Regel dem Gesetz der Vergänglichkeit. Glücksmomente lassen Glück gerade dadurch leuchten, dass es eben nur Momente sind. Freude ist ein Gefühl, das kommt und geht. Beglückende Emotionen sind eingepflegt in die Strukturen der Zeit – und nicht zuletzt in die Biologie unserer Hormone. Insofern sind Freude und Glücksempfinden als Gefühle, die das Leben gewissermaßen erst lebenswert und „rund“ machen, erfahrungsgemäß etwas Unvollkommenes, nicht Perfektes. Diese Mangelhaftigkeit trifft keineswegs bloß für einzelne, ausgewählte Freuden zu, sondern für ungefähr alle Freuden und alles Glück dieser Welt.

»Was wäre Glück, das nicht sich mäße an der unmessbaren Trauer dessen, was ist? Denn verstört ist der Weltlauf.«

Theodor W. Adorno

Hiergegen kann auch der schönste Fortschritt und die beste Technologie am Ende nichts ausrichten. Bei genauerer Betrachtung lässt sich geradezu feststellen: Je intensiver die Suche nach Freude betrieben wird, desto eher stößt man an ihre Grenzen. Und das kann geradezu depressiv machen – wie es in unserem modernen Zeitalter und namentlich im Horizont der Digitalisierung oft genug erfahren wird.

Umso mehr sollte es erlaubt, ja geboten sein, dem Geheimnis nachzugehen, warum solch eine tiefe, unauslöschliche Sehnsucht nach Freude in uns wohnt. Häufig – und man kann fast sagen: notgedrungen – wird Freude oberflächlich in mancherlei Zerstreuung gesucht. Das hat schon zu Beginn der Neuzeit der Philosoph und Mathematiker Blaise Pascal erkannt: „Da die Menschen kein Heilmittel gegen den Tod, das Elend, die Unwissenheit finden konnten, sind sie, um sich glücklich zu machen, darauf verfallen, nicht daran zu denken.“ Der Journalist und Publizist Peter Hahne formuliert es für unsere Zeit so: „Nicht der Spaß an etwas Schönem oder Lustbringendem ist ja das Problem, sondern der verselbständigte Spaß an sich, der Spaß um des Spaßes willen.“

Tatsächlich ist die verbreitete Verdrängung letzter Fragen gerade in der modernen Welt ein soziologisch längst bekanntes Phänomen. Gesuchte Freuden dank Verdrängung der oft so freudlosen Wirklichkeit können jedoch die innere Leere, den mangelnden Tiefensinn in ihrem Kern allenfalls vorübergehend verdecken. Mit solch „künstlichen“ Freuden ist es insofern wie mit der „künstlichen Intelligenz“: Die mag in mancher Hinsicht und vordergründig betrachtet recht nützlich sein, ist aber nicht wirklich menschlich. Der 2021 verstorbene Philosoph Werner Schneiders hat in seinem Buch „Die Globalisierung des Nihilismus“ bemerkt: „Es ist die erlebte, gleichwohl meist verhehlte innere Leere, das innere Nichts, insofern Langeweile, Mangel an Sinn oder Erfüllung bzw. die Flucht vor der Leere, durch die der Mensch sich im Innersten bedroht fühlt, die ihn überall und noch in den absolut besten Vorstellungen und Taten Befriedigung suchen lässt.“ Wer in diesem Sinne auf einer mehr oder weniger nihilistischen Basis vor sich hin lebt, befindet sich zudem – so Schneiders – in einem eklatanten Selbstwiderspruch, weil er den bewussten oder unbewussten Nihilismus, also die Annahme des Nichts als quasi-metaphysische Basis, als eine letztgültige und zuletzt eben doch schwerlich gültige Sinnbehauptung setzt, die weder theoretisch noch existenziell ernsthaft tragen und schon gar nicht erfreuen kann.

„Dass der Mensch überhaupt nach dem Glück strebt, ist Ausdruck seiner Gottebenbildlichkeit. Denn in der Suche nach dem Glück schlägt sich ein Bezug zu einer transzendenten Dimension der Wirklichkeit nieder, der wesenhaft zum Menschen gehört.“

Jörg Lauster

Steckt nicht hinter der verbreiteten Suche nach Freude und Glück ein tief in unserer Seele verborgenes Streben nach „wahrer“ Freude, nach einer Beglückung, die keinen nihilistischen Kern hat und vielmehr auf letztgültige Erfüllung aus ist? Die in der positiven Annahme gründet, dass das Leben und die Welt als ganze von einem umfassenden Sinn und Ziel getragen sind, auf das zu hoffen und auch intellektuell zu zielen sich zutiefst lohnt? Solch „wahre Freude“ wäre dann vollkommene Freude, eine wirklich nachhaltige Glückseligkeit. Und weil die sich statt am Nichts am Göttlichen orientiert, kann sie mit Recht als himmlische Freude bezeichnet werden.

Freilich rechtfertigt sich die Sehnsucht nach solch himmlischer Freude und nachhaltig erfüllender Glückseligkeit nicht allein durch sich selbst. Zu nahe läge da der Verdacht, dass sie eine hormonell gesteuerte Illusion sein und sich wiederum am Ende in nichts auflösen könnte. Gestützt und bekräftigt wird diese Sehnsucht vielmehr durch die Verheißung vollkommener Freude, die uns Menschen von Gott her geschenkt worden ist – nicht nur durch den logos, jenes Urwort, das als göttlicher Sohn von jeher beim himmlischen Vater war und jeden Menschen adressiert (Joh 1,9), sondern durch eben dessen eigene Menschwerdung in Jesus von Nazareth. Die von ihm handelnde Freudenbotschaft umfasst auch ganz wörtlich die Verheißung vollkommener Freude für die ihm Zugehörigen, die durch seinen Geist Verwandelten (Joh 17,13). Von da geht tatsächlich ein ganz hoher Anspruch aus – den gilt es einzulösen!

Das aber schließt ein, dass Nachdenken über das Thema Freude sich allemal lohnen dürfte. Man könnte hier einwenden, Freude sei doch eine Sache der Emotion und nicht der Reflexion – sie sei zu fühlen und nicht gedanklich zu zergliedern. Ich selbst muss mir als Professor von dem Philosophen Sören A. Kierkegaard, auf den ich weiter unten eingehen werde, sagen lassen: „Der Professor ist eigentlich die größte menschliche Dummheit oder Verkehrtheit, er ist nämlich der dünkelhafte menschliche Versuch, in Reflexion ausschöpfen zu wollen, was über der Reflexion lag. Was den Professor täuscht, ist dies, dass er so weit entfernt ist von der Gleichzeitigkeit mit jenem Herrlichen …“ Doch als Professor der Theologie und als Christ bin ich jenem Herrlichen auch gerade intellektuell auf der Spur. Und ich meine tatsächlich: Über das Wesen der Freude kann und muss man sehr wohl nachdenken. Würde man sie nur formal als schönes Gefühl beschreiben, aber ihren allemal notwendig gegebenen inhaltlichen Anlass übergehen, ihren motivierenden Grund übersehen, griffe man zu kurz. Denn ohne Zweifel lebt Freude von dem jeweiligen Sinn, an dem sie sich entzündet und der sie mental erfüllt. Schon dieser Grundsachverhalt ist durch Nachdenklichkeit zu erfassen – und sodann erst recht der je gegebene Sinnzusammenhang als solcher! Dabei ist Freude desto tiefer und beständiger, von je tieferer Qualität der betreffende Sinnzusammenhang ist. Im Kern ist Freude von daher ein eminentes Thema der Religion.

»Vielleicht geht es nicht nur darum, wie glücklich ich bin, vielleicht geht es um die Qualität dieses Glücks.«

Emile P. Torres

2

Der Horizont himmlischer Freude

Glücksborn

Vergänglichkeit nagt an der Freude

des Lebens fort und fort;

das Nichts lässt Glück nicht wirklich dauern.

Die Freude glückt nur dort,

wo Gott sie nährt und keine Grenzen

von Raum und Zeit und Zorn

sie dämpfen, wo vielmehr unendlich

fließt Gottes Gnadenborn.

Freude ist mehr als eine Emotion. Wer sich nach Frohsinn, Glück und positivem Gestimmtsein sehnt, ist oft nicht nur auf ein schönes oder angenehmes Empfinden aus. Vielmehr hängt Freude aufs Engste zusammen mit einem würdigen Anlass, Gegenstand oder Gegenüber. Das heißt: Glückserleben lässt sich nicht auf eine Gefühlsart reduzieren – so wenig Lach-Kurse, in denen mehr oder weniger mechanisch gelacht wird, nachhaltig glücklich machen. Wer sich freut, braucht dafür einen anregenden und überzeugenden Grund. Ohne einen solchen Grund wirkt Freude aufgesetzt, künstlich und ist dann jedenfalls weder erfüllend noch tragfähig. Dabei geht es auf der Suche nach Freude doch letztlich um nicht weniger als um den Gewinn von Lebenskraft aus der Ewigkeit!