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Keine Lust auf Kletterwand, Italienisch lernen und Socializing um jeden Preis? Hirntraining nach den gängigen Regeln kann anstrengend sein, doch es gibt eine Version, die Spaß macht. Johannes Huber, Arzt und Bestsellerautor, und Elisabeth Gürtler, Betreiberin eines Hotels mit Better Aging Academy, sind Mitte siebzig und stehen voll im Leben. In diesem Buch erzählen sie medizinisch gut begründet, wie sie das schaffen, warum freudvolles Hirntraining besser wirkt und für welches Mittagessen Ihr Gehirn ganz sicher danke sagt. Ein launiges und philosophisches Buch zum Mitmachen und geistig fit bleiben.
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Seitenzahl: 168
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Johannes Huber
Elisabeth Gürtler:
Hirnfit bis 100
Alle Rechte vorbehalten
©2025 edition a, Wien
www.edition-a.at
Cover: Bastian Welzer
Satz: Bastian Welzer
Gesetzt in der Ingeborg
Gedruckt in Deutschland
1 2 3 4 5 — 28 27 26 25
isbn: 978-3-99001-816-3
eisbn: 978-3-99001-817-0
JOHANNES HUBER ELISABETH GÜRTLER
Der 14-Punkte-Plan
edition a
Was Sie erwartet
PUNKT 1 Hören Sie nie auf, anzufangen, und fangen Sie nie an, aufzuhören
PUNKT 2 Suchen Sie die Süße des Lebens überall, nur nicht im Zucker
PUNKT 3 Benützen Sie Ihre Muskeln
PUNKT 4 Sagen Sie die Wahrheit
PUNKT 5 Schlafen Sie regelmäßig
PUNKT 6 Tun Sie jeden Tag etwas, das Sie noch nie getan haben
PUNKT 7 Fühlen Sie mit
PUNKT 8 Reisen Sie
PUNKT 9 Meditieren Sie, ohne zu meditieren
PUNKT 10 Seien Sie friedlich
PUNKT 11 Essen Sie das Richtige zum richtigen Zeitpunkt
PUNKT 12 Frieren Sie
PUNKT 13 Versuchen Sie nicht sportlich zu sein, wenn Sie keine Lust dazu haben
PUNKT 14 Seien Sie einsam, aber nur, wenn Sie es nicht sein müssen
Der Kern dieses Buches
Etwa zur Jahrtausendwende war es, als ich das sogenannte Dinner-Cancelling als Anti-Aging-Methode für meine Patientinnen beschrieb. Der Begriff war damals gerade in den USA aufgetaucht und ich bemühte mich, dieses medizinisch wertvolle Konzept, das wir heute als Intervallfasten (1) kennen, auch in Österreich und Deutschland möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen.
Seinen großen Durchbruch erlebte es 2016, als der japanische Wissenschaftler Yoshinori Ōhsumi den Nobelpreis für seine Erforschung der Autophagie erhielt: also jenes biologische Prinzip, das die Wirkung des Dinner-Cancellings und des Intervallfastens begründet. Wenn wir abends nichts mehr essen, kommt während des Schlafs ein Selbstreinigungsprozess unserer Zellen in Gang (2).
Die Anti-Aging-Revolutionen
Jetzt – neun Jahre und vermutlich viele Millionen Versuche der abendlichen Nahrungskarenz später – haben im Bereich des Anti-Agings gleich mehrere Revolutionen stattgefunden. Heute reden wir nicht mehr von »Anti-Aging«, sondern von »Longevity«, womit die Suche nach dem Jungbrunnen endgültig im Mainstream angekommen ist. Das ist auch gut so. Denn so lange wie möglich zu leben und dabei im Idealfall bis zuletzt gesund zu bleiben, ist etwas Wunderbares, auf das nicht nur eine Elite, die es sich leisten kann, sondern jeder Mensch Anspruch haben sollte.
Altern ist kein Schicksal mehr
Früher – auch in meiner Jugend und noch lange danach – galt Altern als schicksalhaft. Heute verstehen Forscher und Ärzte die Mechanismen hinter der Zellalterung immer besser und lernen, ihn zu beeinflussen.
Dies tun sie längst nicht mehr nur mit persönlich herausfordernden Empfehlungen wie dem Intervallfasten. Senolytische Medikamente wie Metformin (3) und Rapamycin (4) und Wirkstoffe wie Spermidin (5), das die Autophagie – die Selbstreinigungskraft des Organismus – nützt, entfernen alte, nicht mehr funktionierende Zellen und machen Platz für neue. Stammzelltherapien helfen dem Körper, sich selbst zu erneuern, und innovative Methoden, geschädigte DNA (Desoxyribonukleinsäure) zu reparieren, sind in Entwicklung.
Warum werden einige Menschen ohne große gesundheitliche Probleme mehr als hundert Jahre alt? Forscher entschlüsseln gerade, welche Gene diesen Vorteil bringen und wie sich das Wissen darüber für alle Menschen nutzen lässt.
Gleichzeitig revolutioniert künstliche Intelligenz die Medizin. Algorithmen analysieren Gesundheitsdaten und erkennen frühzeitig Anzeichen von Alterungsprozessen. Individualisierte Therapien ermöglichen maßgeschneiderte Anti-Aging-Programme. Die Biotechnologie entwickelt neue Wirkstoffe, die Alterserscheinungen verzögern, und Forscher arbeiten längst daran, das Altern nicht mehr nur zu verlangsamen, sondern sogar umzukehren. Laut einer Spiegel-Dokumentation investierten Amazon und Google je 13 und Microsoft 12 Milliarden US-Dollar in diese Forschungen.
Das Damokles-Schwert der Demenz
Unweigerlich brachte mich auch die Frauenheilkunde mit dem Thema Demenz und Demenzvorbeugung in Berührung. Denn was, wenn wir es zwar schaffen, unseren Körper viel länger als je zuvor gesund und fit zu halten, unser Gehirn aber nicht mitmacht und womöglich sogar schneller altert und mehr degenerative Krankheiten entwickelt als bisher?
Tatsächlich nimmt die Zahl der Demenzerkrankungen auch unabhängig von der steigenden Lebenserwartung zu. Faktoren wie ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, chronischer Stress, Umweltgifte und zunehmende Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck spielen dabei eine zentrale Rolle. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass moderne Lebensgewohnheiten – einschließlich Schlafmangel und steigender Luftverschmutzung – das Risiko, an Alzheimer oder anderen Formen der Demenz zu erkranken, erhöhen.
Frauen sind besonders betroffen
Die Gynäkologie stellt das vor eine ganz besondere Herausforderung. Denn sie muss zur Kenntnis nehmen, dass Demenz Frauen häufiger betrifft als Männer.
Schon in der Altersgruppe der 65- bis 69-Jährigen erhalten 0,7 Prozent der Frauen die bedrückende Diagnose, während es bei den Männern 0,6 Prozent sind. Mit zunehmendem Alter wächst der Unterschied deutlich. Bei den 85- bis 89-Jährigen sind 14,2 Prozent der Frauen betroffen, bei den Männern 8,8 Prozent.
Wissenschaftler suchen nach Erklärungen. Frauen werden älter als Männer und mit zunehmendem Alter steigt das Demenzrisiko, aber das ist nicht die einzige Ursache. Hormone, genetische Faktoren und der Lebensstil dürften mitverantwortlich sein.
So etwa verändert sich der weibliche Hormonhaushalt in den Wechseljahren stark. Das Östrogen, das unter anderem eine Schutzfunktion für das Gehirn erfüllt, zieht sich zurück, weshalb Frauen nach den Wechseljahren schneller als davor kognitive Fähigkeiten verlieren können (6).
Auch der unterschiedliche genetische Bauplan von Frauen trägt zu ihrer vergleichsweise höheren Anfälligkeit für Demenz bei (7), ebenso wie die spezifische Struktur des weiblichen Gehirns.
Die aktuelle Seniorinnengeneration bezahlt zudem für die lange soziale Ungleichbehandlung von Frauen. Denn sie hatten in jungen Jahren weniger Zugang zu Bildung als Männer: Bildung schützt vor Demenz, weil ein gut trainiertes Gehirn Schäden länger ausgleichen kann.
Vorbild Elisabeth Gürtler-Mauthner
Frauen sollten jedenfalls besonders früh beginnen, auf ihre Gehirngesundheit zu achten. Dabei fällt mir immer wieder eine besondere Frau als Vorbild ein, die ich seit Jahrzehnten kenne und schätze und mit der ich auf vielfältige Weise zusammenarbeite. Elisabeth Gürtler-Mauthner (im Folgenden kurz »Elisabeth Gürtler«), in Wien bekannt als langjährige Chefin des berühmten Hotels Sacher, ist zum Beispiel eine der wenigen Frauen, die genug Disziplin aufbringt, um das Dinner-Cancelling tatsächlich langfristig durchzuhalten.
Mit dem, was diese Frau nicht nur als Sacher-Chefin, sondern auch als Organisatorin des Wiener Opernballs, Vizestaatsmeisterin im Dressurreiten und Co-Geschäftsführerin der Spanischen Hofreitschule geleistet hat, hätte sie sich längst zur Ruhe setzen können. Stattdessen übernahm sie, nachdem sie mit 65 Jahren das Wiener Sacher an die nächste Generation übergab, ein Resort im Tiroler Seefeld, wo sie ihre Kindheit verbracht hatte. Jetzt ist es unter dem Namen Alpin Resort Sacher bekannt, und Gürtler, der ihre inzwischen 75 Jahre wirklich niemand ansehen würde, lässt es nicht bei dem Erfolg des Hauses im Tourismus bewenden.
Academy für Anti-Aging und Demenzprophylaxe
Womit wir wieder bei den Themen Anti-Aging, Longevity und Gehirngesundheit sind. Denn Gürtler hat, während dieses Buch entsteht, in ihrem Resort die Sacher Academy for Better Aging eröffnet.
Ein zentrales Angebot dieser Academy, die dem großen Namen Sacher gerecht zu werden hat, ist ihr Longevity-Programm mit Gesundheitscheck, Ernährungskorrektur, Bewegungsangeboten, Kältekammer oder Höhenluft-Behandlung.
Was zunächst wie die »Speisekarte« einer Schönheitsklinik klingt, ist tatsächlich ein hoch entwickeltes Longevity-Angebot, das aktuelle medizinische Erkenntnisse widerspiegelt. Die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie zum Beispiel ist eine innovative Sauerstofftherapie, die auf einem Wechsel zwischen Sauerstoffmangel (Hypoxie) und Sauerstoffüberschuss (Hyperoxie) basiert. Sie simuliert die Effekte von Höhenluft, verbessert die Zellgesundheit und den Energiestoffwechsel und verlangsamt den Alterungsprozess. Entstanden in den 1960er- und 1970er-Jahren, entwickelte sich die Technik immer weiter, weshalb sie sich nun präzise, effektiv und individuell anwenden lässt. Der Einsatz von Kälte im Anti-Aging, wie ihn die Academy anbietet, hat erst jüngst eine breitere Öffentlichkeit zu interessieren begonnen.
Der Schatten über dem Anti-Aging
Als sich die Idee einer Academy entwickelte, war zwangsläufig auch die Demenzprophylaxe ein Thema. Schließlich sind neurodegenerative Erkrankungen die großen Spielverderber der medizinischen Entwicklungen im modernen Konzept Longevity. Sie sind der Schatten, der zäh und beharrlich über allem liegt.
Kaum jemand über fünfzig Jahren kann sich dem Thema ganz entziehen. Wir beobachten die Leistungsentwicklung unseres Gehirns, das sich auf ganz natürliche und im Normalfall völlig harmlose Art ein Leben lang verändert. Doch jeder Name, der uns nicht gleich einfällt, und jedes Gesicht, das wir nicht prompt zuordnen können, machen uns nervös. Ist es schon so weit und was tue ich, wenn es richtig schlimm wird? Das geht uns dann durch den Kopf.
Minus 850 Kalorien in drei Minuten
Elisabeth Gürtler gestand mir schon vor Längerem, dass auch sie solche Gedanken hegt. Da sie eine Frau der Tat ist, ließ sie es nie bei dumpfen Sorgen bewenden. Vielmehr blieb sie umso disziplinierter bei ihren spartanischen Ernährungs- und ihren ambitionierten Bewegungsplänen und ließ ihre Überlegungen zur Demenzvorsorge in die Gestaltung ihrer Academy einfließen.
Ein sehr persönliches Buch
Schließlich entstand die Idee, gemeinsam dieses Buch zu schreiben, zu dem ich noch einige Worte vorausschicken möchte. Es ist kein medizinisches Standardwerk über Demenzvorbeugung, sondern ein sehr persönliches Buch. Wir versuchen, darin besonders wirkungsvolle und einfach umzusetzende Maßnahmen zu erklären, von denen einige sogar Spaß machen können. Wann zum Beispiel haben Sie zuletzt versucht, ohne Navi mit dem Auto auf Urlaub zu fahren? Was sich im Jahr 2025 wie eine Unmöglichkeit anhört, entpuppt sich rasch als spannendes Abenteuer und bringt aktuellen Studien zufolge viel.
Vor allem soll dieses Buch ein Motivationsbuch sein. So viele Menschen haben Angst vor Demenz und tun doch nichts dagegen. Wir wollen Ihnen zeigen, wie einfach das Vorbeugen sein kann und dass es in seiner besten Form nicht nur unsere geistige Fitness stärkt, sondern vieles in unserem Leben verbessert.
Was die großen Verursacher von Demenzerkrankungen sind, ist hinlänglich bekannt, viel besprochen und bedarf keiner weiteren Erklärung mehr, auch nicht in diesem Buch. Trotzdem seien sie hier noch einmal genannt: Schlechte Ernährung gehört dazu, Bewegungsmangel, Übergewicht, Rauchen, überhöhter Alkoholkonsum, soziale Isolation, geistige Inaktivität und ständiger Stress. Dazu kommen chronische Entzündungen und Umweltgifte. Wer sich in seinem Lebenswandel von diesen üblichen und hier ganz zu Recht Verdächtigen fernhält, tut schon sehr viel, um sein Demenzrisiko zu senken.
Und dennoch: Da sind immer wieder diese Menschen in unserer Umgebung, die scheinbar auch den richtigen Lebensstil geführt haben und die dennoch geistig immer fragiler und sozial schließlich unsichtbar werden. Menschen, von denen wir dann nur noch zweimal hören. Einmal, wenn ihre Diagnose Demenz definitiv bestätigt ist, und einmal, wenn sie verstorben sind.
Was also tun, damit wir uns möglichst lange unserer geistigen Frische erfreuen können und nicht jedes Mal gleich in Panik geraten müssen, wenn unser Gehirn die eine oder andere ganz normale Veränderung zeigt? Damit wir uns über solche Veränderungen vielleicht sogar freuen können, weil ein gesundes Gehirn im Alter ja auch neue Stärken entwickelt, etwa eine bessere emotionale Intelligenz, mehr Gelassenheit, eine bessere Mustererkennung und so etwas wie Weisheit?
Elisabeth Gürtler und ich machen Ihnen dafür einige Vorschläge, die wie gesagt keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, die wir aus unseren eigenen Beobachtungen und Erfahrungen geschöpft haben und von denen wir dennoch sicher sind, dass sie wirken. Wählen Sie davon aus, was in Ihr Leben passt. Wenn es nur zwei oder drei sind, haben Sie schon viel erreicht.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine inspirierende Lektüre!
Prof. DDr. Johannes Huber Mai 2025
»Ich gebe zu, ich habe Angst vor Demenz«
In unser aller Leben kommt der Punkt, an dem wir uns fragen, ob das noch normal oder schon Demenz ist. Wie gehen wir damit um? Und wie lautet die Antwort auf diese Frage?
Elisabeth Gürtler erzühlt. Vor einer Weile wollte ich zwei Bekannte einander vorstellen. Ich nannte den Namen des einen und während ich mich dem anderen zuwandte, fiel mir sein Name nicht mehr ein. Einfach weg. Peinlich. Schließlich kannte ich beide schon seit Langem. Mein Gehirn hatte mir zum ersten Mal einen Streich gespielt und wer das auch schon erlebt hat, weiß: Das fühlt sich an wie ein Vertrauensbruch. Danach ist das Verhältnis zwischen uns und unserem Gehirn nicht mehr das gleiche.
Es ist von nun an nicht mehr selbstverständlich, dass unser Gehirn funktioniert und zum richtigen Zeitpunkt automatisch das Richtige tut. Davor ist uns gar nicht bewusst, wie sehr wir unser Gehirn brauchen. Doch nach so einem Erlebnis ist es auf einmal da. Ein Organ wie andere Organe auch, nur wichtiger. Der Chef der Organe sozusagen, weil ohne Gehirn im Körper so gut wie gar nichts funktioniert. Nun fangen wir an, es zu beobachten. Wird es uns wieder im Stich lassen? Mit der Zeit vielleicht häufiger? Was kommt als nächstes?
Das Gefühl der Machtlosigkeit
Tatsächlich hat mich mein Gehirn inzwischen öfter auf diese oder ähnliche Weise im Stich gelassen. Wenn andere es bemerken, ist es mir jedes Mal schrecklich unangenehm. Dann ist da immer auch dieses Gefühl der Machtlosigkeit. Ich bin frustriert und ärgere mich über mich selbst. Erst nachts im Bett fällt mir der Name – oder was auch immer es war – wieder ein.
Ich suche auch ständig mein Handy, mein schwarzes Notizbuch oder meine Schlüssel. Ich suche und suche, was mich wahnsinnig macht. Das habe ich früher auch schon getan, aber seit mein Gehirn mich manchmal im Stich lässt, beunruhigt mich das.
Was ist das? Das frage ich mich jedes Mal, manchmal dringlicher, manchmal nur so am Rande. Ist das schon beginnende Demenz? Oder stimmt es, was meine Freunde dann beruhigend sagen? Dass es nur passiert, weil ich so vieles im Kopf habe?
Ein Problem, das bleibt
Inzwischen sind drei oder vier Jahre vergangen, seit es angefangen hat, und ich bin ziemlich sicher, dass es nicht wieder aufhört. Es wurde auch schon bisher eher schlechter als besser. Gleich zu Beginn absolvierte ich einen dieser Tests, mit denen sich genetisch bedingt erhöhte Krankheitsrisiken ermitteln lassen. Der Test war in Sachen Demenz und Alzheimer negativ, was für mich aber wenig änderte. Das Problem blieb und beschäftigte mich weiter.
Es gibt verschiedene Gentests zur Abklärung genetischer Prädispositionen für Alzheimer und andere neurodegenerative Erkrankungen. Diese Tests analysieren das Erbgut auf spezifische genetische Varianten, die das Krankheitsrisiko beeinflussen können. So etwa auf die Gen-Variante APOE-ɛ4, die mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine spätere Erkrankung assoziiert wird. Spezialisierte Labors gewinnen die Proben meist aus Speichel und werten sie mittels DNA-Sequenzierung oder Genotypisierung aus.
Neben reinen APOE-Tests gibt es umfassendere polygenetische Risikotests, die mehrere genetische Marker kombinieren, um ein detaillierteres Risikoprofil für ein breites Spektrum an Krankheiten zu erstellen. Da genetische Veranlagung nicht zwangsläufig zu einer Erkrankung führt, empfiehlt es sich, bei der Auswertung jeweils einen Arzt beizuziehen.
Ich gebe zu, ich habe Angst, an Demenz zu erkranken. Dass viele Menschen diese Angst haben, macht es nicht besser. Ich will diesen Gedächtnisabbau aufhalten, egal wie. Ich will geistig fit bleiben. Im Grunde ist das von allen Dingen das Wichtigste. Denn was bleibt von uns, wenn unser Gehirn nicht mehr funktioniert?
Wenn es einen Test für psychologische Vorbelastungen gäbe, würde er bei mir vermutlich besonders große Probleme mit Kontrollverlust erkennen, und Demenz ist wohl die extremste Form von Kontrollverlust, die es gibt.
Im Jahr 2024 stieg die Zahl der Deutschen, die sich im Falle einer Erkrankung am stärksten vor Demenz und Alzheimer fürchten, von 45 auf 55 Prozent. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag der DAK-Gesundheit, eine der größten gesetzlichen Krankenkassen Deutschlands.
Durch die zunehmende Alterung der Bevölkerung steigt die Zahl der Demenzerkrankungen tatsächlich kontinuierlich an. Aktuellen Schätzungen zufolge leben in Deutschland derzeit rund 1,84 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung. In Österreich sind es geschätzte 115 000 bis 147 000 Menschen. Prognosen gehen davon aus, dass sich diese Zahlen weiter deutlich erhöhen werden.
Dank Aufklärungskampagnen, Medienberichten und der Arbeit von Organisationen wie der Deutschen oder der Österreichischen Alzheimer Gesellschaft ist das Bewusstsein für Demenzerkrankungen gestiegen. Das hat auch zu einer intensiveren Selbstbeobachtung der kognitiven Leistungen - vor allem bei älteren Menschen geführt. Damit verbunden ist allerdings auch eine weitverbreitete und oft unbegründete Angst, an Demenz zu erkranken.
Die Macht des Vergessenwollens
Meine Angst vor dieser Krankheit verstärkt sich, wenn ich sehe, was Demenz aus Menschen macht. Ich kenne eine namhafte Unternehmerin, die es arg erwischt hat. Sie war eine so attraktive, erfolgreiche Frau. Viele haben sie bewundert. Sie stand mitten im Leben, beruflich, familiär, gesellschaftlich. Jetzt weiß sie nichts mehr.
Manchmal denke ich darüber nach, warum es ausgerechnet sie getroffen hat. Sie hatte im Leben schwere private Schicksalsschläge zu verkraften. Vielleicht war das eine der Ursachen für ihre Erkrankung. Schicksalsschläge gehen mit Stress einher und Stress fördert die Demenz.
Mein eigenes Leben war ebenfalls von schwierigen Situationen überschattet. Mein erster Mann verließ mich wegen einer anderen, meine Tochter war damals acht Jahre alt, mein Sohn vier. Obwohl ich geschieden war, war der Tod meines ersten Mannes 1990 ein schwerer Schlag für mich. Wenn man gemeinsam Kinder hat, bleibt man ein Leben lang verbunden. Dann kam der Tod meines späteren Mannes Helmuth Lohner im Jahr 2015. Nur die Arbeit kann mir noch helfen, wusste ich in meiner damaligen Verzweiflung.
Was die Wissenschaft sagt. Es gibt Hinweise darauf, dass die Verdrängung belastender Situationen das Demenzrisiko erhöht. Als würde unser Gehirn, wenn wir es mit dem Vergessen beauftragen, nicht nur diese eine Sache vergessen, sondern mit der Zeit auch den ganzen Rest.
So etwa ergab eine Metaanalyse des University College London, die 13 Studien mit mehr als 1,6 Millionen Teilnehmern umfasste, dass eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) mit einer bis zu doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Demenzerkrankung assoziiert wird. Ein weiteres Beispiel ist eine Studie mit US-Veteranen, die zeigte, dass Veteranen mit posttraumatischen Belastungsstörungen ebenfalls doppelt so häufig an Demenz erkrankten wie jene ohne PTBS.
Es gibt noch keine Studien, die zeigen, inwieweit das bewusste Verdrängen von Traumata ohne Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung das Demenzrisiko beeinflusst. Es scheint aber auch aus dieser Perspektive empfehlenswert, mit geeigneten Strategien alte Lasten ans Licht zu bringen und sie allmählich loszulassen.
Ein Angebot zur Demenzvorsorge
Zu arbeiten bedeutet für mich auch, aktuelle Strömungen und Dinge meines persönlichen Erlebens zu erfassen, zu analysieren und sie beruflich umzusetzen. Zum Beispiel in Form von Angeboten, die ich meinen Hotelgästen mache.
Zu diesen Dingen gehört seit einigen Jahren auch das Thema Demenz. Deshalb habe ich unser Seefelder Hotel um Angebote für Demenzprophylaxe und für Patienten mit bereits beginnender Demenz erweitert.
Es geht zum Beispiel um Ernährung, um Bewegung und um Schlaf, um Mikronährstoffe, die sich in Form von Kapseln und Infusionen verabreichen lassen, aber auch um die Einheit von Körper und Geist.
Der Gedanke dabei: Prävention ist alles. Das Dahinsiechen alter, dementer Menschen in Heimen ist unerträglich und in dieser Form unnötig. Wer rechtzeitig handelt, kann Demenz verhindern oder zumindest um Jahre hinauszögern.
Am Anfang steht in unserer Academy for Better Aging jeweils eine 45-minütige Aufnahmeuntersuchung, durchgeführt von der ärztlichen Leiterin, der Allgemeinmedizinerin Dr. Katharina Sepp. Sie untersucht die Gäste von Kopf bis Fuß und stellt Fragen. Haben Sie Beschwerden, welcher Art auch immer? Wie sehen sie konkret aus? Wie steht es mit dem Schlaf, der Verdauung, mit Allergien und dem Stuhlgang? Medikamente? Operationen? Augen, Zunge, Bauch, Blutdruck, Haut, Rücken, alles sieht sie sich an. Wir können auch Blutbilder machen und bieten Gen-Analysen an.
Danach stehen bei Bedarf Fachärzte zur Verfügung, darunter neben Kardiologen und Internisten auch Neurologen. Prof. DDr. Johannes Huber steht als Gynäkologe und Endokrinologe für Online-Konsultationen zur Verfügung.
Bei beginnender Demenz checken wir ebenfalls den gesamten Körper durch. Dabei legen wir unser Augenmerk besonders auf Entzündungsherde, klären die genetische Prädisposition ab und sorgen für die richtige Ernährung sowie für ausreichend Bewegung. Auch mit Kälte, um deren Wirkung für ein gesundes Gehirn es in diesem Buch noch ausführlich gehen wird, arbeiten wir, und mit der Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie, die Professor Huber bereits erwähnt hat.
Die Forschungen über den Zusammenhang zwischen dieser Therapie und Demenz laufen noch, doch es scheint sogenannte neuroprotektive Effekte zu geben, insbesondere durch die bessere Sauerstoffversorgung des Gehirns und die Regeneration der Mitochondrien, der Kraftwerke unserer Zellen.
Ein neues Lebensprinzip
Professor Huber hat mich als einer von mehreren Ärzten schon bei der Entwicklung dieses Angebotes begleitet. Nun haben wir uns entschlossen, dieses Buch zu präsentieren, damit mehr Menschen verstehen, dass Demenz kein Schicksal ist, sondern, dass wir mit den richtigen Maßnahmen die Krankheit hinauszögern oder ganz verhindern können, selbst wenn wir dafür eine genetisch bedingte Neigung haben.
In diesem Buch geht es aber nicht nur um Ernährung, Bewegung, kognitive Aktivität, soziale Interaktion und viele andere konkrete Maßnahmen zur Gesunderhaltung unseres Gehirns. Es geht vor allem auch um so etwas wie ein Lebensprinzip, das uns vor Demenz schützen kann. Ich möchte es an dieser Stelle erklären mit einer Frau, die bei uns in der Gegend lebt, hier in Tirol. Sie ist 99 Jahre alt, bald wird sie hundert. Sie nimmt keine Medikamente. Das Einzige, was sie nimmt, ist Vitamin D.