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Es ist der ganz besondere Liebesroman, der unter die Haut geht. Alles ist zugleich so unheimlich und so romantisch wie nirgendwo sonst. Werwölfe, Geisterladies, Spukschlösser, Hexen, Vampire und andere unfassbare Gestalten und Erscheinungen ziehen uns wie magisch in ihren Bann. Moonlight Romance bietet wohlige Schaudergefühle mit Gänsehauteffekt, geeignet, begeisternd für alle, deren Herz für Spannung, Spuk und Liebe schlägt. Immer wieder stellt sich die bange Frage: Gibt es für diese Phänomene eine natürliche Erklärung? Oder haben wir es wirklich mit Geistern und Gespenstern zu tun? Die Antworten darauf sind von Roman zu Roman unterschiedlich, manchmal auch mehrdeutig. Eben das macht die Lektüre so fantastisch... Das schwarze Ding war einmal ein Mensch gewesen. Bevor große Hitze den Körper komplett verbrannt und verkohlt hatte. Was jetzt verkrümmt auf den Metalltrittstufen lag, musste noch vor kurzem ein Techniker gewesen sein. Frantiszek bemerkte eine typische Schirmmütze. Sie lag etwas abseits, nur der Schirm war angekohlt. Die Überreste rauchten noch. Egal, was diesen Mann getötet hatte, es war nicht lange her. Nervös sah sich Frantiszek um. Überall breitete sich die typische schwarzrote Wüstenei aus – aber nichts wies auf eine Gefahr hin, die Menschen in Kohlestücke verwandeln konnte. Prolog: 14. Charles Clerke starrte durch das Fernrohr. Vor ihm lag die Kealakekua-Bucht. Dort hielt sich das Kommando auf, das unter der Führung des Kapitäns der Resolution an Land gegangen war. Westlich davon lag die Resolution selbst, eine beeindruckende Bark. Sie maß vom Bug bis zum Heck 34 Meter, war 11 Meter breit und besaß einen Tiefgang von 4 Metern. In diesem Augenblick allerdings machte die Resolution allerdings keine glückliche Figur. Im Sturm war ein Mast beschädigt worden. Er musste ersetzt werden und die Insel war die einzige Möglichkeit, das zu tun. Martin Gambit, der Bootsmann trat neben Clerke, der selbst die HMS Discovery kommandierte. Der Offizier war 32 Jahre alt, hochgewachsen, schlank und galt als ruhiger Zeitgenosse.
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Seitenzahl: 142
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Das schwarze Ding war einmal ein Mensch gewesen. Bevor große Hitze den Körper komplett verbrannt und verkohlt hatte. Was jetzt verkrümmt auf den Metalltrittstufen lag, musste noch vor kurzem ein Techniker gewesen sein. Frantiszek bemerkte eine typische Schirmmütze. Sie lag etwas abseits, nur der Schirm war angekohlt. Die Überreste rauchten noch. Egal, was diesen Mann getötet hatte, es war nicht lange her. Nervös sah sich Frantiszek um. Überall breitete sich die typische schwarzrote Wüstenei aus – aber nichts wies auf eine Gefahr hin, die Menschen in Kohlestücke verwandeln konnte.
Prolog: 14. Februar 1779
Der Tod des Kapitän Cook
Charles Clerke starrte durch das Fernrohr.
Vor ihm lag die Kealakekua-Bucht. Dort hielt sich das Kommando auf, das unter der Führung des Kapitäns der Resolution an Land gegangen war. Westlich davon lag die Resolution selbst, eine beeindruckende Bark. Sie maß vom Bug bis zum Heck 34 Meter, war 11 Meter breit und besaß einen Tiefgang von 4 Metern. In diesem Augenblick allerdings machte die Resolution allerdings keine glückliche Figur. Im Sturm war ein Mast beschädigt worden. Er musste ersetzt werden und die Insel war die einzige Möglichkeit, das zu tun.
Martin Gambit, der Bootsmann trat neben Clerke, der selbst die HMS Discovery kommandierte. Der Offizier war 32 Jahre alt, hochgewachsen, schlank und galt als ruhiger Zeitgenosse. Aus diesem Grund achtete seine Mannschaft den strohblonden Offizier. Diese Expedition allerdings stand unter keinem guten Stern, gleichgültig, welchen Ruf er besaß. Die HMS Discovery befand sich außer Sichtweite hinter einem Landsport. Das Beiboot näherte sich dem Ufer. Die Männer pullten.
»Sir, darf ich offen sprechen?«, fragte er. Clerke bemerkte die Nervosität des Mannes. Er runzelte die Stirn und senkte das Fernrohr. Gambit war ein erfahrener Seemann, ein »Salty Dog«, dem niemand etwas vormachte und der kaum durch etwas zu erschüttern war. Doch er selbst spürte die Unruhe. Sie lag in der Luft. Die Atmosphäre prickelte; etwas deutete sich an und er war keineswegs überzeugt davon, dass es etwas Gutes war.
»Sprechen Sie, Bootsmann!«, sagte er. Es hatte keinen Sinn, die Ängste der Mannschaft zu ignorieren. Wusste man zu wenig, konnte man nichts dagegen unternehmen.
»Sir, wir ha’m alle kein gutes Gefühl nich’!«, sagte Gambit mit leicht zischender Stimme. Zwar lag die Hasenscharte recht gut versteckt in einem rot-grauen Bartgestrüpp, aber sie machte sich bemerkbar. Der Bootsmann griff sich an den runden Hut. Er warf den pullenden Männern einen nachdenklichen Blick zu. Das große Boot schob sich eher gemächlich durch das strahlend blaue Wasser auf die Insel zu. Ein dickes Wolkengebirge über dem Wald am Ufer wirkte beinahe wie ein Gebirge, obwohl die höchsten Erhebungen im Inneren der Insel lagen.
»So!«, sagte Clerke und fixierte den Bootsmann, was dieser sichtlich als unangenehm empfand, denn er senkte den Blick. Ein Windstoß von See trieb Salz in die Lungen.
»Is’ kein guter Ort, Sir. War schon vor ’nem Jahr kein guter Ort. Die Sonnenfinsternis am Jahresende … das is’ kein gutes Zeichen gewesen nich’! Un’ sie ha’m den Kapitän für’n verdammten Gott gehalten! Das is’ nich’ gut für’n anständigen Christenmenschen. Und was aus Omai geworden is’, weiß keiner. Ich glaub nich’, dass er noch lebt. Sie etwa?«
Clerke sagte nicht. Der Indonesier Omai hatte Cook lange begleitet, war im Königreich als die Inkarnation des »edlen Wilden« bekannt und berühmt geworden. Clerke kannte den Mann, den der Kapitän zurück in seine Heimat gebracht hatte, nicht gut. Er hatte ihn einige Male gesehen und ein paar wenige Worte mit ihm gewechselt. Ihm war es so vorgekommen, als sei dem Mann der Ruhm zu Kopf gestiegen. Allerdings konnte man das einem einfachen Insulaner unter diesen Umständen kaum übel nehmen. Omai hatte die Resolution verlassen und war nach Huahine zurückgekehrt. Man hatte ihm ein eigenes Haus gebaut. Mit Pferd und Rüstung war er an Land gegangen, wie ein Eroberer. Clerke dachte nach. Die Selbstüberschätzung hatte Omai nicht losgelassen. Er hatte es mit seiner überheblichen Art geschafft, sich innerhalb einer Woche jeden Mann, der in seiner Heimat wichtig war, zum Feind zu machen. Gambits Frage war durchaus berechtigt.
»Das werden wir wohl kaum erfahren!«; sagte Clerke.
Gambit stieß scharf die Luft aus. »Un’ diese Sonnenfinsternis …?«
»Gambit, seien Sie doch kein solcher Narr!«, sagte Clerke unwillig. »Es war nur eine Sonnenfinsternis. Nicht mehr! Sie wissen doch, wie so etwas entsteht.«
Der Bootsmann stützte sich auf seine Muskete. »Nein, tu ich nich’. Bin nich’ so gebildet, wie die Herren Offiziere. Is’ n schlechtes Omen. Glauben Sie mir …«
Clerke seufzte. Der Aberglaube, der die Besatzungen der Schiffe fest im Griff hielt, war häufig ein Problem. In einer völlig fremden Welt wie dieser hier trieb er sonderbare Blüten.
Bei der ersten Ankunft auf der Insel hatten die Eingeborenen ein Fest gefeiert: Es galt Lono, einer offenbar friedlichen Acker- und Fruchtbarkeitsgottheit. Clerke als Christ sah solche Götzendienste mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
»Das war auf Eclipse-Island«, sagte er.
Gambit war nicht überzeugt. »Es war vor einem Jahr. Das kann nich’ gutgehn!«
Etwas anderes machte Clerke sehr viel mehr Sorgen. Der Status des Kapitäns auf der Insel war nicht mehr derselbe, wie zuvor. Beim ersten Besuch, am 20. Januar 1778, war er gefeiert worden wie ein Messias. Was das anging, hatte der Bootsmann recht. Es lag eine gewisse Anmaßung darin, eine solche Anbetung zu dulden. Doch Kapitän Cook war ein kluger Mann. Größenwahn gehörte nicht zu seinen Fehlern, das war seinem zurückhaltenden Wesen fremd. Doch die Vergangenheit war nicht zu ändern und wer als Gott auftrat, musste mit den Erwartungen fertigwerden, die die Einheimischen an einen Gott stellten.
»Wer könnte das von sich sagen?«, murmelte Clerke. Eine Welle trieb das Boot weiter nach Westen. Der Abschnitt des Strandes, an dem der Kapitän gelandet war, war von hier nicht mehr einzusehen. Clerke dachte beunruhigt an die große Menschenmenge, die den Kommandotrupp empfangen hatte. Er hoffte, er würde nicht zu spät kommen.
Als habe er seine Gedanken gelesen, meinte Gambit. »Der Kapitän is’n kluger Kopf! Der wird wissen, was er tun muss!«
»Das hoffe ich!«, dachte Clerke.
Kapitän Cook war längst eine Legende. Als Entdecker war sein Ruf sogar größer, denn als Kartograf. Dabei war Cooks Arbeit gerade auf diesem Gebiet segensreich, wie kaum etwas anderes. Clerke war Seefahrer mit Leib und Seele; er wusste, wie wichtig gute und komplette Karten waren: lebenswichtig! Die Flotte Ihrer Majestät profitierte von Cooks Erkenntnissen. Der Kapitän war ein bedeutender Mann, in vielerlei Hinsicht. Dass er sich in Gefahr begeben hatte, entsprach seinem unbeugsamen Charakter. Clerkes Warnungen hatte er souverän ignoriert. Hier und jetzt warf sich Clerke vor, nicht stärker insistiert zu haben. Das ungute Gefühl, das ihn beherrschte, seit der Kapitän abgelegt hatte, nahm immer mehr zu. Jetzt war ihm beinahe so übel, wie er es bei den Bootsjungen bei deren erster Fahrt ihm Lauf der Jahre so häufig gesehen hatte. Oder glaubte auch er, ein Offizier Ihrer Majestät, mittlerweile an den abergläubischen Unsinn, den die Seeleute von sich gaben?
Zu diesem Zeitpunkt hätte Clerke für sich selbst keine Hand mehr ins Feuer gelegt – und auch das war kein gutes Zeichen! Die Brandung war hier ohrenbetäubend, aber trotz des Lärms glaubte Clerke, Schreie zu hören. Zunächst klangen sie aufgebracht, dann zunehmend wütend.
Er hörte einen der Männer murmeln: »Hätten den alten Scoggy nicht dort begraben sollen. Die Kerle wollten das nicht. Ha’m wir alle gesehen! War ’ne schlechte Idee!«
Clerke gab dem Mann recht, auch wenn er die Reaktion der Eingeborenen für übertrieben hielt. Natürlich war der Platz, an dem man den alten »Scoggy« beerdigt hatte, den Häuptlingen der Stämme hier vorbehalten, aber zu diesem Zeitpunkt hatte Clerke, wie die anderen Offiziere auch, darin kein Problem gesehen. Dem Toten stand ein christliches Begräbnis zu und der Platz kam dem, was ein Christ unter einem Friedhof verstand, am Nächsten. Also hatte man den Maat Frank Scoggs dort unter die Erde gebracht. Natürlich war Scoggs nicht alt gewesen, gerade einmal 28 Jahre, aber er war lange zur See gefahren und hatte sich eine gewisse Achtung erworben. Der dürre, hochgewachsene Mann, dessen linke Schulter so sonderbar nach unten hing, war dennoch kein angenehmer Zeitgenosse gewesen. Aufbrausend und rasch zuschlagend hatte er sich schnell Feinde gemacht, auf welchem Schiff er auch anheuerte. Mindestens drei große Narben hatten die semmelblonden Haare geteilt und die Nase war mehrfach gebrochen worden. Nicht jedoch der Mann. Clerke war ein Verfechter der harten Hand und die Disziplin auf den Schiffen Ihrer Majestät wurde nicht nur hochgehalten; sie wurde mit eiserner Hand durchgesetzt. Andere, besonders Landratten wurden von der Brutalität meist abgestoßen, das hatte Clerke oft genug erlebt. Er verstand das bis zu einem gewissen Grad, aber ihm war klar, dass man einen Haufen wilder, kräftiger Männer, die aus irgendeinem Grund schlechte Laune bekamen, nicht mit Worten im Zaum hielt. Clerke fand an den Prügeln keinerlei Gefallen, aber er wusste, dass es durchaus andere Beispiele gab: Sadistische Offiziere verschafften ihrem Rang und der Flotte ihrer Majestät einen schlechten Ruf. Zu Unrecht, wie Clerke fand. Die Notwendigkeit der Züchtigungen und der Disziplinierung wog weitaus schwerer, als die unwürdige Motivation. Dennoch versuchte er, die mit der Dauer einer Reise sich anhäufenden Prügelstrafen im Rahmen zu halten. Mit einer geschundenen und geschwächten Mannschaft war dem Schiff und seiner Mission ebenso wenig gedient, wie mit einer Meuterei. Bisher hatte er den goldenen Mittelweg stets gefunden. Wie häufig Scoggy Schläge erhalten hatte, wusste niemand, aber seine Haut erzählte viele, schmerzhafte Geschichten. Alte Geschichten, denn der Maat war tot. Ein Unfall, wie er an Bord immer wieder vorkommen konnte. Wie ein eine junge Sprotte hatte er sich in einem Tau verheddert. Beim Sturz aus den Wanten hatte er sich stranguliert. Wie ein gehenkter Verbrecher hatte man ihn bei sieben Glasen gefunden. Blau war er bereits gewesen und die Zunge hing schwarz und dick zwischen den meist ebenfalls schwarzen Zähnen hervor. Kein schöner Anblick, zum Schluss. Das Glück hatte Scoggy verlassen und so war er auf der Insel zur letzten Ruhe gebettet worden. Das hatte sich als Fehler erwiesen.
Erst heute, mit einigem Abstand, musste sich Clerke eingestehen, dass er – und mit ihm alle anderen Offiziere, der Kapitän eingeschlossen – den Zorn der Insulaner unterschätzt hatten.
»Zugegeben, ein Mann wie der Maat hat in der Nachbarschaft von Häuptlingen nichts zu suchen. Aber er war Engländer und ein guter Christenmensch!«
Clerke hielt sich fest, als die zwei Boote beinahe gleichzeitig das Ufer erreichten. Hier gab es nur wenig Sand, dafür viele Felsen, die sich auftürmten und den direkten Blick auf die Landungsgruppe des Kapitäns verbargen.
»Das Geschrei gefällt mir nicht!«, sagte Gambit. »Die machen Ärger, Sie wer’n schon seh’n!«
Clerke sagte nichts. Er stapfte durch seichtes Wasser an Land.
»Waffen laden!«, befahl er. »Ich denke, der Kapitän wird Hilfe brauchen!«
Der Trupp von der HMS Discovery bestand aus sieben kampferprobten Männern, bis an die Zähne bewaffnet. Fünf davon mit Musketen. Wie viele Entermesser sie mit sich führten, wollte Clerke nicht einmal wissen.
Ein sonderbares, rötliches Licht war zu sehen. Eigentlich war es nur ein schwacher Schein, doch die Farbe war zum einen ungewöhnlich, zum anderen wirkte sie bedrohlich. Woher genau sie kam, konnte Clerke nicht bestimmen; es glich ein wenig dem diffusen, rötlichen Leuchten bei einem Sonnenaufgang – nur war dieses Rot hier anders: blutiger. Unangenehmer. Der Weg über die schwarzgrauen Felsen war beschwerlich. Clerke hoffte, niemand würde in irgendeiner Felsspalte hängenbleiben, umknicken oder sich sogar ein Bein brechen. Ein schmetternder Schlag, dann sprühte wilde Gischt den Männern ins Gesicht. Das Meer war unruhig und an diesem kleinen Landsporn brach sich die Brandung mit wilder Wut. Clerke hielt sich nicht für abergläubisch, aber man musste einen sehr gefestigten Charakter besitzen, um darin kein böses Omen zu sehen. Darüber hinaus sah er einige Büsche und Bäume brennen, als habe hier vor Kurzem ein großes Feuer gewütet. Die Männer ignorierten es vollständig, als ob sie es nicht wahrhaben wollten. Egal, was hier diesen Brand verursacht hatte, jetzt war es weg. Was Clerke allerdings sehr irritierte, war die Schwärze des Bodens. Es sah beinahe so aus, als habe sich hier eine Lavazunge ins Meer geschoben und sei erkaltet. Doch das konnte nicht die Ursache für das Feuer sein: Die Lava war hart und schwarz. Und sie sah unheimlich aus.
»Ich lasse mich von der Hysterie der Männer anstecken!«, dachte Clerke betroffen und stapfte weiter. Immerhin hielt die Spannung die Leute davon ab, zu grübeln.
Ein großer, schwarzgrauer Felsen, an dem die Brandung wahrscheinlich seit Jahrtausenden nagte, versperrte noch immer die Sicht. Als Clerke ihn seitlich umrundete wurde ihm übergangslos kalt.
Sie hatten den Landungstrupp und Kapitän Cook gefunden.
»Mein Gott, Sie bringen sie um!«, stöhnte Gambit entsetzt.
Was die Männer von der HMS Discovery sahen, war nicht mehr und nicht weniger, als ein Gemetzel. Die Seeleute sahen sich einer ganzen Horde wütend schreiender Insulaner gegenüber. Clerke presste die Lippen zusammen, als er sah, wie Kapitän Cook seine Waffe abfeuerte. Die Schrotladung schlug in den Schild eines Angreifers. Die Wucht des Aufpralls schleuderte den Mann zurück, hielt ihn aber nicht auf. Cook schoss erneut, diesmal mit seiner zweiten Pistole und einer Kugel. Ein anderer Eingeborener, der keine zwei Meter von Cook entfernt ein großes Messer schwang, prallte zurück, als sei er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Ein tiefroter Fleck erschien auf seiner Brust; wurde größer und größer. Dann brach der Mann zusammen. Auf die Entfernung konnte Clerke das Gesicht nicht erkennen.
»Erwischt!«, kommentierte der Bootsmann lakonisch. »Das wird sie …«
»Aufhalten?«, flüsterte Clerke. »Ich denke nicht!«
Er wollte schreien, Cook warnen, doch durch das Getöse der Brandung würde nichts zu hören sein. Wie in einem Traum, in dem man auf der Stelle festgefroren ist, beobachtete, wie sich Cook umdrehte. Wahrscheinlich hatte er etwas gehört, oder wollte Anweisungen geben. So sah er nicht, wie einer der Angreifer sich ihm näherte. Das Messer, das er in der Hand hielt, war groß. So groß, dass es den Körper des Kapitäns durchdrang.
»Nein!«, brüllte der Bootsmann, bewegte sich aber ebenso wenig wie Clerke selbst. »Ein Albtraum!«, dachte er benommen. »Ich will sofort aufwachen … einfach aufwachen!«
Cook taumelte und fiel mit dem Gesicht ins Wasser. Ringsum färbte sich alles rot. Die Marineinfanteristen kämpften um ihr Leben. Noch hielten sie die Angreifer mühsam auf Distanz, doch wie lange konnte das gut gehen? Die Eingeborenen waren in der Überzahl, sie waren wütend und der Tod des Kapitäns gab ihnen Auftrieb. Denn daran gab es keinen Zweifel: Cook war tot. Die Infanteristen schossen mit dem Rest der Disziplin, die ihnen noch geblieben war. Entsetzt sah Clerke, wie die Insulaner den Körper Cooks aus dem Wasser zerrten. Sie stürzten sich auf den Toten und fingen an, ihn zu zerstückeln. Clerke riss sich zusammen. »Angriff!«, schrie er seinen Leuten zu. So schnell sie konnten lief der Trupp der HMS Discovery auf das verbliebene Häufchen kämpfender Soldaten zu. Der Weg kam Clerke entsetzlich weit vor. Von Cook war kaum noch etwas zu sehen.
»Sie schleppen die Körperteile weg!«, schoss es Clerke angeekelt durch den Kopf. »Es sind Barbaren … mörderische, primitive Wilde!«
»Kein Pardon!«, befahl er und eröffnete selbst das Feuer. Das Krachen der Schüsse übertönte selbst die Brandung und das Geschrei. Mehrere Insulaner stürzten zu Boden. Einige schleppten sich Richtung Wald. Der überraschende Angriff brachte die Insulaner durcheinander. Sie sahen sich mit einem Mal zwischen zwei Gruppen der Fremden eingekeilt und der Respekt vor den Feuerwaffen brach sich Bahn. Sie flohen. Als Clerke und seine Leute bei den wenigen Überlebenden ankamen, sahen sie voller Grauen das Ergebnis des heimtückischen Angriffes. Mehrere Soldaten waren tot, vier schwer verwundet. Clerke hatte in seinem Leben des Öfteren Verletzungen gesehen; hier zweifelte er bei zweien der Männer, dass sie den Tag überleben würden. Die Einheimischen hatten ganze Arbeit geleistet. Von Cooks Leichnam fehlte jede Spur. Nur das Rot auf Sand und im Wasser sprach Bände.
Ein Infanterist, dem aus einer tiefen Schnittwunde quer über die Stirn das Blut ins Gesicht lief, baute sich vor Clerke auf. »Sir. Sie haben ihn … mitgenommen. Was … was von ihm übrig war!«
Der Mann schluckte und Clerke verstand ihn. Den kommandierenden Offizier zu verlieren, war das eine. Für einen Soldaten war das schwer auszuhalten. Die Hierarchie zerbrach und häufig genug blieben gestandene Männer zurück, die hilfloser waren, als ein Kleinkind. Den Kapitän auf diese Art zu verlieren, war etwas ganz anderes. Was dies mit der Besatzung anstellen würde, wollte Clerke sich lieber nicht vorstellen. Nicht jetzt! Er sah sich um. Er hob das Fernrohr und überprüfte die Umgebung. Von den Angreifern selbst war nichts zu sehen. Am Waldrand allerdings bemerkte er Bewegungen, die mit Wind und Gischt nichts zu tun hatten.
»Wir hätten nicht zurückkommen sollen!«, murmelte er. »Wir haben die Inseln am 04. Februar verlassen und das war gut so. Nach unserer Rückkehr am 11. ging alles schief. Und jetzt das!«
»Sir, Ihre Befehle?«, fragte der Bootsmann.