Homöopathie? Na klar! - Bernd Wohlgemuth - E-Book

Homöopathie? Na klar! E-Book

Bernd Wohlgemuth

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Beschreibung

Homöopathie: So modern wie nie zuvor. Doch wie bewältigt man den Einstieg in diese Materie? Das vorliegende Buch, aus der Praxis von Patientenseminaren entstanden, macht es in leicht verständlicher Form möglich. Neben der Darstellung theoretischer Hintergründe werden Arbeitshilfen als Tabellen sowie wichtige homöopathische Arzneimittel und deren Anwendungsmöglichkeiten für die Behandlung von akuten Gesundheitsstörungen vorgestellt.

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Medicus curat, natura sanat –

der Arzt behandelt, die Natur heilt

Hippokrates von Kos (um 460 – um 370 v.Chr.)

Similia similibus curentur –

Ähnliches möge durch Ähnliches behandelt werden

Samuel Hahnemann (1755 – 1843)

„homöopathisch ist mir irgendwie sympathisch!“

Dr. med. Eckart von Hirschhausen (*1967)

„I can’t manage without homoeopathy“

Sir Paul McCartney (*1942)

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 1. Auflage

Vorwort zur 2. Auflage

Vorwort zur 3. und 4. Auflage

Vorwort zur 5. und 6. Auflage

Vorwort zur 7. Auflage

Vorwort zur 8. und 9. Auflage

Vorwort zur 10. Auflage

Zum Aufbau des Buches

Vortrag: Homöopathie – Was ist das?

Aller Anfang ist schwer ...

Schematisiertes Vorgehen zur Fallbearbeitung

Ursache & Auslöser – was nutzt das?

Tabelle: Auslöser – „Folgen von“

Die Modalitäten und: Wie gehe ich nun vor?

Modalitäten-Tabelle + Fallbeispiele

Der „Repertorisationsbogen“ – so behalten Sie die Übersicht

Globuli & Co

„Similia similibus curentur“ (Ähnliches mit Ähnlichem behandeln) – unlogisch?

DC(LM)Q(F?)-K: Von Potenzen und anderen Merkwürdigkeiten

Zur Dosierung homöopathischer Arzneien

„Schreck, lass nach“: Erstverschlimmerung, Antidotierung, Heilungshindernisse & Unterdrückung

Prophylaxe mittels Homöopathie?

Ein Wort der Mahnung sei erlaubt

Die Frage aller Fragen: Einzelmittel oder Komplexmittel?

Zum Nachdenken …

Nützliche Themenlisten zur schnellen Orientierung

Augenbeschwerden

TABELLE

Fieberhafte Erkrankungen

TABELLE

Halsschmerzen – Mandelentzündung

TABELLE

Harnwegbeschwerden

TABELLE

Hauterkrankungen

TABELLE

Herz - Kreislaufbeschwerden

Heuschnupfen

TABELLE

Husten – Schnupfen – Heiserkeit

TABELLE

Kopfschmerzen – Migräne

Magen- / Darm- & Leber- / Gallenbeschwerden

Menstruationsbeschwerden

TABELLE

Mittelohrentzündung – Ohrenschmerzen

TABELLE

Rückenschmerzen – Hexenschuss – Ischialgie – Nackensteifheit – Schulterbeschwerden

TABELLE

Schlafstörungen

Exkurs: Träume

Schwangerschaft – Geburt – Wochenbett – Stillzeit – Neugeborenenperiode

Schwindel – Gleichgewichtsstörungen

TABELLE

Verletzungen

TABELLE

Wechseljahrsbeschwerden

TABELLE

Zähne – Zahnfleisch – Zahnungsbeschwerden

Homöopathische Begleitung operativer Eingriffe und Operationsnachsorge

TABELLE

- Akute Schmerzzustände

Das Werkzeug – die Arzneien

[Materia Medica]

Aconitum

napellus

Allium cepa

Apis

mellifica

Arnica

montana

Arsenicum

album

Belladonna

Bromum

Bryonia

Cactus

grandiflorus

Calendula

officinalis

Cantharis

Carbo vegetabilis

Causticum

Hahnemanni

Chamomilla

China

Cocculus

indicus

Colocynthis

Drosera

rotundifolia

Dulcamara

Eupatorium perfoliatum

Euphrasia

officinalis

Ferrum phosphoricum

Gelsemium

sempervirens

Hamamelis

virginiana

Hepar sulfuris

calcareum

Hypericum

perforatum

Ignatia

amara

Ipecacuanha

Kalium bichromicum

Lachesis

muta

Ledum

palustre

Lycopodium

clavatum

Magnesium phosphoricum

Mercurius solubilis

Hahnemanni

Natrium chloratum

Nux vomica

Phosphorus

Phytolacca

Podophyllum

peltatum

Pulsatilla

Rhus toxicodendron

Ruta

graveolens

Sepia

officinalis

Silicea

Spongia

tosta

Staphisagria

Sulfur

Symphytum

officinale

Tabacum

Tartarus stibiatus

Veratrum album

Anhang

Repertorisationsbogen

(Blanco) I + II

Quellenverzeichnis

Arzneiregister I –

Arznei→ Seitenverweis

Arzneiregister II –

gebräuchliche Abkürzungen und deutsche Namen der in diesem Buch erwähnten Arzneien

Index I –

Stichworte → Seitenverweis

Index II –

vereinfachtes Repertorium

Index III –

Sachbegriffe

Namensregister

Antidote

Vorschlag für eine Homöopathische Taschen- / Hausapotheke

Homöopathie in der Palliativversorgung und Pflege

... und danach

Der Autor

Fallbeispiele → Auflösung

Weitere Fälle – für die Unermüdlichen …

Zu guter letzt: Humor ist, wenn man trotzdem lacht …

Das HOMÖOPATHIE – Bingo

Bildnachweis

Porträt von Julius SCHOPPE (1795-1868); Quelle: www.wikipedia.de

Dr. med. Samuel HAHNEMANN (1755 – 1843)

deutscher Arzt und Begründer der Homöopathie

Vorwort zur 1. Auflage

Noch ein Homöopathiebuch! Gibt’s nicht schon genug davon? Doch. Ich selber habe über dreihundert, die alle empfehlenswert und lehrreich sind. Nachdem ich aber zusammen mit den Kursteilnehmern unserer Patienten-Seminarreihe „Homöopathische Haus- und Reise-Apotheke – Anleitung zur homöopathischen Selbstbehandlung“ festgestellt habe, dass der Einstieg in die zugegeben äußerst komplexe Materie das Schwierigste ist, erfolgt mit diesem Buch der Versuch diesen Einstieg zu erleichtern. Es ist also ein Buch für Anfänger, die aber den Anspruch haben, nicht nur irgendetwas Homöopathisches verwenden zu wollen, sondern möglichst erfolgreich selbstständig akute Erkrankungen mit Homöopathischen Arzneien behandeln zu wollen. Meine Erfahrung aus mittlerweile über neun Jahren in der Arbeit mit Anfängern hat mir gezeigt, dass das möglich ist1).

All den Müttern, Vätern, Omas und Opas, die fleißig mit Listen, Tabellen und handschriftlichen Notizen neben ihren kranken Kindern, Enkeln oder Partnern sitzen, um den Krankheitsprozess und das heilende ähnliche homöopathische Arzneimittel zu verstehen, die versuchen die Charakteristik der Arznei in der Charakteristik des kranken Patienten wieder zu finden, sei gedankt. Mein eigenes

Verständnis für die homöopathischen Arzneien ist nicht zuletzt aus der Arbeit mit Interessierten gewachsen. Ihnen allen sei dieses Buch gewidmet. Danken möchte ich auch meiner Familie für ihre Unterstützung während der Zeit des Materialzusammentragens und allen fleißigen Probe- und Korrekturlesern, die sich viel Mühe gemacht haben. Ein besonderer Dank geht an meinen Bruder Dr. med. Peter WOHLGEMUTH, ohne dessen EDV-technische Hilfe Sie dieses Buch nie in den Händen halten würden.

Dieses Buch enthält, wie alle Bücher über Homöopathie, entsetzlich viele Informationen. Ich hoffe, dass es mir geglückt ist, diese in leicht verdaulicher Form zu präsentieren. Es ist kein Buch fürs Bücherregal, sondern ein Arbeitsbuch: Unterstreichen Sie, „textmarkern“ Sie, umkringeln und ergänzen Sie – dafür ist reichlich Platz gelassen – von mir aus streichen Sie auch, aber arbeiten Sie damit, dann lebt es von und mit Ihren Erfahrungen.

Bernd Wohlgemuth

Esens, im Frühjahr 2009

1) HAHNEMANN äußert sich übrigens sehr kritisch bezüglich der Behandlung mit Arzneien durch Laien: „Mit Recht hat man Volksarzney-Bücher von jeher für eine sehr verdächtige Waare angesehen, die bey weitem mehr Schaden als Nutzen stifte, wenn ihre Hauptabsicht ist, die Laien Krankheiten (…) durch Arzneyen heilen lehren zu wollen. (…) Denn auf den genau erwogenen Kranheitszustand ein passendes Heilmittel anzuwenden, - eine Kunst, die wir Aerzte in den meisten Fällen selbst noch nicht erreicht haben, werden sie nie lernen.“ Tun Sie also Ihr Möglichstes, HAHNEMANN posthum zu beweisen, dass so etwas doch geht.

Vorwort zur 2. Auflage

Die außerordentlich positive Resonanz hat mich veranlasst sehr schnell eine erweiterte Auflage herauszugeben. Dazu wurden die Tabellen ergänzt, vier weitere Mittel im Materia-Medica-Teil aufgenommen und Kapitel über Kopfschmerzen – Migräne, Menstruationsbeschwerden sowie Schwangerschaft – Geburt – Stillzeit eingefügt.

Da die Nutzbarkeit eines Buches mit derart vielen Informationen von der Möglichkeit abhängt diese auch gut zu finden, wurden im Anhang die Register sorgfältig ergänzt und überarbeitet. Als weiteres praktisches Hilfsmittel wird die Arbeit mit dem Repertorisationsbogen vorgestellt, die sich auch in meinen Kursen bewährt hat. Zudem wurden Fehler bereinigt und das Layout übersichtlicher gestaltet.

Viele Tierhalter haben längst erkannt, dass Homöopathie auch bei ihren Schützlingen wirkt. Besonders spannend ist das auch in der Nutzviehhaltung2) mitzuerleben.

Schon HAHNEMANN wusste, dass die Thiere (…) durch die homöopathische Heilart ebenso sicher und gewiß wie die Menschen zu heilen sind. Über die Behandlung von Pflanzen mit homöopathischen Arzneien gibt es leider immer noch sehr wenig Literatur3).

Ich danke allen, die mit ihrer Kritik dazu beigetragen haben, dass dieses Buch so erscheinen kann4). Ein besonderer Dank gilt der Hebamme Monika JANSSEN (Carolinensiel), die mich ermutigt hat ein entsprechendes Kapitel einzufügen. Von ihrem reichen Erfahrungsschatz habe ich oft profitieren dürfen.

Bernd Wohlgemuth

Esens, im Herbst 2009

2) Man beachte die sehr strengen Auflagen des deutschen Arzneimittelgesetzes für die Behandlung von Tieren, die zur Gewinnung von Lebensmitteln dienen (§ 39, Abs. 4a, §§ 56a, 57, 58 AMG).

3) Ein hervorragendes Buch zu diesem Thema ist: KAVIRAJ, Dr. Vaikunthanath Das: Homöopathie für Garten und Landwirtschaft – Die homöopathische Behandlung von Pflanzen. KAVIRAJ arbeitet zum Teil mit abenteuerlichen Mitteln wie potenzierten Marienkäfern, im Gegensatz zu MAUTE, Christiane: Homöopathie für Pflanzen, die gängige Mitteln den Pflanzenkrankheiten zuordnet.

Unser seit Jahren zunehmend verlauster Süßkirschenbaum war nach einer Einzeldosis Staphisagria C30 im Gießwasser innerhalb von 10 Tagen frei von Blattläusen und blieb auch in den folgenden Jahren lausfrei.

4) Für jede weitere konstruktive Kritik an diesem Buch bin ich aufrichtig dankbar. Zu unberechtigter Kritik hat sich übrigens schon HAHNEMANN treffend geäußert: „wenn ihrs besser könnt, ihr neun mal klugen Buben, warum macht denn ihr kein besseres?“.

Vorwort zur 3. Auflage

Aufgrund vieler Wünsche wurde in dieser 3. Auflage ein Kapitel über Wechseljahrsbeschwerden eingefügt. Da es sich hierbei aber grenzwertig um akute Störungen handelt, sind die entsprechenden Vorbemerkungen dringend zu beachten.

Alle Texte wurden überarbeitet. Neben vielen Ergänzungen bei den einzelnen Mitteln und den Indices wurde nun auch Wert darauf gelegt, dass ausreichend Platz für eigene Erfahrungen oder Ergänzungen vorhanden ist. So finden Sie im Anschluss an die jeweiligen Themenlisten Möglichkeit für eigene Notizen.

Alle Wissenschaften sind ständig im Fluss. Wenngleich an den grundsätzlichen Regeln HAHNEMANNscher Homöopathie nichts änderbar ist, ohne die von ihm erkannte Basis zu verlassen, gibt es doch immer wieder interessante Neuerungen, die den Kerngedanken der Homöopathie nicht widersprechen.

Die Texte der vielen Fußnoten in diesem Buch bieten zusätzliche interessante Hintergrundinformationen. Ein Arbeiten mit diesem Buch ist aber generell auch ohne dieses Wissen möglich.

Bernd Wohlgemuth

Esens, im Frühjahr 2010

Vorwort zur 4. Auflage

Das in dieser Auflage neu aufgenommene Kapitel Hauterkrankungen lag in seiner Konzeption schon für die erste Auflage vor, dennoch habe ich lange gezögert es in dieses Buch zu integrieren. Ähnlich wie bei der Behandlung von Wechseljahrsbeschwerden sind hier viele Dinge zu beachten. Lesen Sie deshalb bitte aufmerksam die entsprechenden Vorbemerkungen zu diesem Kapitel.

Ein auch immer wieder gewünschtes Kapitel über die epidemischen Kinderkrankheiten (Masern, Mumps, Röteln, Scharlach, Windpocken etc.) wird auch diesmal nicht erscheinen, da deren Behandlung in Deutschland laut §24 Infektionsschutzgesetz (IfSG) den Ärzten vorbehalten ist und somit zwangsläufig nicht Gegenstand einer Veröffentlichung über eine Selbstbehandlung durch Laien sein kann. Gerne verweise ich hier aber auf die entsprechende Fachliteratur5), da eine homöopathische Behandlung hier in der Regel einfach und erfolgversprechend ist, Komplikationen und Folgeerkrankungen deutlich seltener auftreten.

In den Themenlisten finden Sie bei den einzelnen Mitteln nun einen direkten Seitenverweis zu der entsprechenden ausführlicheren Arzneibeschreibung der Monografien. Einen weiteren Blanco-Repertorisationsbogen, der mehr Möglichkeiten zum Symptomenvergleich bietet, finden Sie im Anhang des Buches.

Erneut wurden alle Texte kritisch gelesen und zum Teil verändert, die Themenlisten und Tabellen erweitert, sowie Fehler bereinigt. Ich danke allen aufmerksamen Lesern für ihre Rückmeldungen.

Auch wenn immer wieder die Wirksamkeit der Homöopathie in Frage gestellt wird6), wird doch jeder, der sich mit den „Spielregeln“ dieser Methode vertraut macht und deren Gesetzmäßigkeiten beachet, erfolgreich damit arbeiten können.

Bernd Wohlgemuth

Esens, im Frühjahr 2011

5) Siehe Quellenverzeichnis im Anhang

6) Am 05.02.2011 fand durch die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) folgender denkwürdiger Versuch statt: Um 10.23 Uhr7) starteten in großen Städten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz Versuchspersonen mit der Einnahme einer „Überdosis“ eines Homöopathischen Arzneimittels [der Inhalt eines ganzen Fläschchens wurde auf einmal eingenommen] – das Ausbleiben von schwerwiegenden Nebenwirkungen sollte die Unwirksamkeit beweisen, weil „wo keine Nebenwirkungen sind, auch keine Hauptwirkung zu erwarten sei“. Warum dieses Dosierungsregime an den Richtlinien einer korrekten Homöopathischen Behandlung völlig vorbeigeht, aber auch gravierende Nebenwirkungen überhaupt nicht zu erwarten sind, da die Anzahl der zeitgleich eingenommenen Globuli wenig Bedeutung für die Wirkung hat, erklärt das Kapitel „Zur Dosierung homöopathischer Arzneien“ auf den Seiten 54ff.

7) In Anlehnung an die AVOGADRO-Konstante [ca. 6,022 x 1023], die angibt, ab welcher Verdünnung wahrscheinlich kein einziges Molekül der Ausgangssubstanz mehr vorhanden ist. Siehe aber auch Fußnote 47) auf der Seite 52!

Vorwort zur 5. + 6. Auflage

Neben notwendigen Korrekturen wurde in dieser Auflage ein Kapitel über die Anwendung erwünschter Antidotierung homöopatischer Arzneien eingefügt, sowie das Layout überarbeitet – wichtige Passagen sind nun grau unterlegt.

Erstmalig mit der 5. Auflage wird dieses Buch neben der Printversion nun auch als eBook veröffentlicht.

Mein Dank gilt allen kritischen Lesern mit ihren Rückmeldungen.

Bernd Wohlgemuth

Esens, im Frühjahr und Herbst 2013

Vorwort zur 7. Auflage

Nachdem durch einen elektronischen Crash die Buchdatei erst mühsam wiederhergestellt werden musste, steht nun die neueste, erweiterte Version zur Verfügung.

Ich danke allen, die zur Verbesserung des Buchtextes beigetragen haben.

Bernd Wohlgemuth

Esens, im Sommer 2015

Vorwort zur 8. + 9. Auflage

Für diese Auflage wurde der Text komplett überarbeitet und um ca. 20% erweitert. Neue Tabellen wurden erstellt, vorhandene erweitert bzw. ergänzt und optimiert. Neu ist ebenfalls das immer wieder gewünschte Kapitel Schwindel – Gleichgewichtsstörungen. Bei den Hauptmonografien finden Sie jetzt auch eine Abbildung der jeweiligen Ausgangssubstanz der Arznei.

Neben der ausführlichen Darstellung von 51 Arzneien werden nun weitere 107 Mittel in Kurzform besprochen. Die Hoffnung, dass ein Buch irgendwann einmal „fertig“ sein würde, hat sich erneut nicht bestätigt.

Viele akute und auch chronische Krankheitsprozesse und deren Beschwerden sind durch eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr nichtmedikamentös behandelbar. Es lohnt sich mit der Theorie des Arztes Dr. med. Fereydoon BATMANGHELIDJ (1931-2004) zu beschäftigen8).

Bernd Wohlgemuth

Esens, im Frühjahr und Herbst 2016

8) Batmanghelidj, Dr. Fereydoon: Sie sind nicht krank, Sie sind durstig; VAK Verlag

Vorwort zur 10. Auflage

Zum Jubiläum wurden noch einmal alle Texte des Kompendiums kritisch gelesen und ggf. überarbeitet.

Neu in dieser Auflage ist das Kapitel über Homöopathie in der Palliativversorgung und Pflege. Dessen Alltagstauglichkeit wurde vor Ort in einem Pflegeheim überprüft. Ich danke der Apothekerin Erika MIÉVILLE (Bremerhaven) für wertvolle Anregungen und Tipps.

Wie in den vorherigen Auflagen wurden auch diesmal die Texte der Tabellen ergänzt und diese durch interessante Arzneimittel erweitert, so dass nun insgesamt 168 Mittel besprochen werden.

Unter der eMail-Adresse [email protected] nehme ich gerne ihre Kritik und Erfahrungen – auch mit diesem Buch – zur Kenntnis. Aus rechtlichen Gründen ist aber eine Beratung auf diesem Weg nicht möglich. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass entsprechende Anfragen unbeantwortet bleiben.

Dem befreundeten Hypnosetherapeuten und Aurachirurgen HP Dipl.-Ing. Jürgen W. SCHULZ (Stedesdorf) danke ich für interessante und faszinierende Einblicke in Ursachen und Auslöser von Gesundheitsstörungen.

Bernd Wohlgemuth

Esens, im Frühjahr 2019

„Die höchsten Güter des Menschen sind ein

reines Gewissen und die Gesundheit. Das erste

erreicht man durch Selbsterkenntnis und Liebe

zu Gott und das zweite durch Homöopathie.“

Dr. Samuel HAHNEMANN

Zum Aufbau des Buches

Zweck dieses Buches ist es, den Anfänger der Homöopathie schnell mit den Gesetzmäßigkeiten dieser Heilmethode vertraut zu machen und ihn zügig in die Lage zu versetzen, erfolgreich selbstständig mit den Homöopathischen Arzneien arbeiten zu können. Wesentliche Grundlagen zum Verständnis dieser Methode werden deshalb an Hand einer Mitschrift eines vor Laien gehaltenen und hier gekürzten Vortrages dargestellt. Detailwissen über Potenzierungsmethoden und andere Raffinessen9) mag der Interessierte in dafür geeigneteren Werken nachlesen. Sie sind zunächst weder für das Verständnis der Methode noch für das Arbeiten mit den entsprechenden Mitteln in dem von mir gesteckten Rahmen erforderlich. Wenn Sie aber nicht genug davon bekommen können, empfehle ich Ihnen HAHNEMANNs „Organon der Heilkunst“. Spätestens beim siebten Lesen seiner Paragraphen mit den zum Teil halbseitenlangen verschachtelten Sätzen seiner erquicklichen Fußnoten werden Sie vielleicht ansatzweise verstanden haben, worum es geht10).

Im Anschluss an den abgedruckten Vortrag finden sich Arbeitshilfen. Hier finden Sie auch Angaben zur Dosierung und ein paar mahnende und helfende Worte. Den eigentlichen Arbeitsteil des Buches machen Listen aus, die sortiert sind nach klinischen Anwendungen, sowie eine knapp gehaltene, aber gut nutzbare alphabetisch gelistete Materia Medica der für die Akutbehandlung wichtigsten Homöopathischen Arzneien, die ich in meinen Kursen für nützlich gefunden habe. Sollten Sie hier also Mittel vermissen, die entweder nur modern oder nur exotisch sind (Okoubaka, Pel talpae & Co), verweise ich auf die anderen etwa 2000 Homöopathiebücher, die es mittlerweile im deutschsprachigen Raum gibt. Wenn „große“ und wichtige Mittel hier nur knapp (z.B. Sulfur) oder gar nicht (z.B. Thuja) dargestellt werden, hat das damit zu tun, dass sich ein Großteil deren Wirkspektrums nicht für die Akutbehandlung durch Anfänger eignet.

Warnen möchte ich eindringlich vor irgendwelchen Internet-Foren, in denen wohlgemeinte Tipps irgendwelcher Net-Surfer weitergereicht werden. Dieser Tage noch wollte eine Kundin Aurum M von uns bestellt haben, das „gut bei durch depressive Verstimmungen ausgelöste Schlafstörungen“ helfen solle.

Die Namen Homöopathischer Arzneimittel sind – historisch bedingt – lateinischen Ursprungs, der international verwendeten Fachsprache damaliger Zeit (heute wäre das wohl eher Englisch). Im Zuge der Umsetzung auch von EU-Recht hat der deutsche Gesetzgeber im geltenden Homöopathischen Arzneibuch HAB die Benennung bestimmten Richtlinien unterworfen.

So werden z.B. die Namen von Arzneien pflanzlichen Ursprungs statt bisher abgekürzt in der Regel mit Gattungsnamen und Art angegeben, also z.B. statt CEPA nun ALLIUM CEPA, statt IGNATIA nun STRYCHNOS IGNATII. Auch mineralische Substanzen, für die es oft drei oder vier synonyme Bezeichnungen gibt11), werden nach heutiger (chemischer) Nomenklatur benannt, so z.B. das dem Homöopathen geläufige NATRUM MURIATICUM nun NATRIUM CHLORATUM. Ewig gewöhnungsbedürftig werden dürfte das zoologisch korrekte LYTTA VESICATORIA für das bekannte Mittel CANTHARIS.

In diesem Buch versuche ich dem Rechnung zu tragen, indem bei den Monografien die kompletten Namen aufgeführt werden, in den Querverweisen aus Gründen der besseren Lesbarkeit hingegen nur die bekannten Kürzel (z.B. APIS statt APIS MELLIFICA).

Wenn auf den folgenden Seiten vom Patienten die Rede ist, ist aus Gründen der besseren Lesbarkeit selbstverständlich sowohl der weibliche als auch der männliche Patient gemeint12).

Wenn Sie über die Informationen dieses Buches hinaus wissen möchten, was alles mit homöopathischen Arzneien machbar ist, besorgen Sie sich bitte das Buch des Homöopathen HP Aleksandar Stefanovic: Das kann die Homöopathie13) und tauchen Sie ein in eine faszinierende Welt – es lohnt sich!

9) Auch wenn es dem Pharmazeuten in mir natürlich erheblich in den Fingern juckt gerade auf diesem Terrain exzessiv herumzureiten: Nutzen tut Ihnen das nichts, deshalb unterlasse ich es wohlwollend.

10) HAHNEMANN hat über 15.000 Seiten eigene Werke und etwa 12.000 Seiten Übersetzungen und Bearbeitungen publiziert – genug, um sich jahrzehntelang damit beschäftigen zu können.

12) Ersparen wir uns also das emanzipatorisch korrekte „–en/-innen“. Eine Ausnahme stellen die Kapitel „Menstruationsbeschwerden“, „Schwangerschaft – Geburt – Stillzeit“ und „Wechseljahrsbeschwerden“ dar, haben wir es doch hier ausschließlich mit Patientinnen zu tun.

13) siehe Quellenangaben

Homöopathie – Was ist das?

Vortrag für den Naturheilverein OstFriesland e.V. am 08.10.2008 in Carolinensiel14)

„Ich war beim Homöopathen – der hat mir mit so einem Apparat in die Augen geschaut und hat doch tatsächlich gesehen, dass ich Gallensteine habe!“

„Ich war beim Homöopathen – der hat mich auf seine Liege gelegt, das rechte Bein angewinkelt und meinen Rücken gedreht, und dann war der Hexenschuss auch schon weg!“

„Ich war beim Homöopathen – der hat mich an so einen Apparat angeschlossen und dann hat auf einem Bildschirm alles Mögliche geblinkt und er hat festgestellt, dass ich Allergien habe!“

„Meine Oma war immer beim Homöopathen, der hat dann so Tees aufgeschrieben und ihr gesagt, dass sie Wickel auf die Leber machen soll!“

Wo auch immer diese Menschen gewesen sind und welche Erfahrungen sie gemacht haben: Beim Homöopathen waren sie gewiss nicht! Volkssprachlich wird der naturheilkundlich arbeitende Arzt oder Heilpraktiker als Homöopath bezeichnet. Dies ist eine Tatsache, die ebenso häufig wie falsch ist. Denn ein Homöopath macht nur eines: Homöopathie. Nun mag man sich die Frage stellen, was ist das denn? Der heutige Abend soll darüber Aufschluss geben, was Homöopathie überhaupt ist, wie diese Therapieform entstand, wer sie begründet hat und nach welchen Gesetzmäßigkeiten sie funktioniert. Dass an einem solchen Abend nicht umfassend erläutert werden kann, welche Arznei bei welchem Krankheitsprozess heilend wirken wird, liegt in der Natur der Sache und wird am Ende dieser Veranstaltung verstanden sein.

Nichtsdestotrotz möchte ich Sie für eine Arzneitherapie interessieren, die immer wieder fasziniert und begeistert und deren Erfolge manchmal so unglaublich sind, dass der, der sie nur vom Hörensagen kennt, vielleicht nur ein Kopfschütteln dafür übrig hat. Dass solche Erfolge aber auch mit relativ geringer Arzneikenntnis und zum Teil wenig Erfahrung bei akuten Gesundheitsstörungen möglich sind, beweisen tagtäglich mittlerweile über sechshundert Kursteilnehmer15) unserer Kursserie „Homöopathische Haus- und Reiseapotheke: Anleitung zur homöopathischen Selbstbehandlung“. Die homöopathische Behandlung chronischer Erkrankungen aber gehört (und auch das werden Sie am Ende des Vortrages verstanden haben) in die Hände eines fachlich versierten ausgebildeten Therapeuten.

Homöopathie – Was ist das?

Homöopathie basiert auf einem zunächst hypothetisch-theoretischen Denkansatz eines deutschen Arztes im ausgehenden 18. Jahrhundert. Christian Friedrich SamuelHAHNEMANN wurde in der Nacht vom 10. auf den 11. April 1755 in Meißen als drittes Kind eines künstlerisch begnadeten aber armen Porzellanmalers geboren. Er verstarb 1843 im 89. Lebensjahr, in einem für die damalige Zeit, in der die durchschnittliche Lebenserwartung eines erwachsenen Mannes bei etwa fünfunddreizig Jahren lag, wahrhaft biblischem Alter.

Bildung war im 19. Jahrhunder ein Privileg reicher Leute: Kinder aus armen Verhältnissen hatten zu dieser Zeit kaum Aussicht auf gute Bildung. Eine Schulpflicht existierte nicht. Es musste Schulgeld bezahlt werden, was für die armen und oftmals kinderreichen Familien unerschwinglich war. Wer eine Lehre machen wollte, musste seinem Meister Lehrgeld zahlen und die Professoren lebten von den Studiengebühren, da sie keine besoldeten Staatsbeamte waren.

Samuel HAHNEMANN war ein aufgewecktes und an allem interessiertes Kind. Er hatte das Glück, dass er Gönner besaß, die ihm ermöglichten, die Schule zu besuchen, da ihm das Schulgeld erlassen wurde. Auch die Studiengebühren an den Universitäten brauchte er nicht zu bezahlen, denn er hatte die Möglichkeit, sich als Gehilfe bei Professoren zu verdingen. Als er 1779 vierundzwanzigjährig in Erlangen zum Dr. med. promoviert wurde, beherrschte er acht16) Sprachen in Wort und Schrift, hatte sich mit sämtlichen naturwissenschaftlichen Bereichen wie der Chemie, Physik und Biologie beschäftigt und etliche [natur-]wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht. HAHNEMANN war ein Universalgenie seiner Zeit, ähnlich seinem Zeitgenossen, dem als Dichter berühmt gewordenen Johann Wolfgang von GOETHE (1749-1832)17).

Versuchen Sie sich in diese Zeit von vor etwa 200 Jahren hineinzuversetzen: Elektrizität war bekannt, Benjamin FRANKLIN (1706-1790) hatte den Blitzableiter erfunden, aber praktisch nutzbar war sie noch nicht geworden. Erst 100 Jahre später, im Jahr 1879, erfand Thomas Alva EDISON (1847-1931) die Glühlampe. 1885/86 wurde das Auto erfunden, 1899 Aspirin® als erste industriell gefertigte Arznei entwickelt.

Die Ausübung des Arztberufes in damaliger Zeit sah völlig anders aus, als das heute der Fall ist. Unser langsam zerbröckelndes Gesundheitswesen ermöglicht heute jedem eine medizinische Versorgung auch bei Unpässlichkeiten. Wenn Kinder dreimal husten werden sie dem Kinderarzt vorgestellt und jeder Pickel wird fachärztlich begutachtet.

Zu HAHNEMANNs Zeiten gab es keine Krankenkassen, der Arzt musste selbst bezahlt werden, und den rief man nur, wenn man mit den Hausmitteln nicht mehr klar kam und wenn schwerste Krankheitszustände vorlagen oder Lebensgefahr bestand. Kinder wurden fast nie ärztlich behandelt – HAHNEMANN hat in den über sechzig Jahren ärztlicher Arbeit neben etlichen tausend Erwachsenen die Behandlung von lediglich siebzehn Kindern (vorrangig die eigenen) dokumentiert.

So wurde die ärztliche Praxis durch schwerste Pathologien bestimmt, denen der Arzt mit den einfachen ihm zur Verfügung stehenden Methoden entgegentreten musste.

Zwar war der Blutkreislauf bereits 1616 von William HARVEY (1578-1657) entdeckt worden, aber uns heute bekannte Stoffwechselwege waren unbekannt und man wusste auch nichts von Bakterien, Pilzen und Viren. Ein Mikroskop, das eine solche Feindiagnostik erlaubt hätte, war noch nicht erfunden. Umso erstaunlicher ist es, dass HAHNEMANN schon die Existenz von Kleinstlebewesen postulierte, die an Krankheitsprozessen beteiligt sein sollten - und deswegen von seinen ärztlichen Kollegen verlacht und verhöhnt wurde.

Das medizinische Denken zu dieser Zeit war geprägt von der Medizinkunst der alten Griechen, der römischen und arabischen Medizin sowie der Humoralpathologie (lat. humores: Säfte) GALENs (um 130 – um 200 n. Chr.): Krankheit war Zeichen eines „Säfte“-Ungleichgewichtes im Körper. Unwohlsein und Schmerz wurde als Ausdruck der aus der Balance geratenen Mischung der Körpersäfte (Dyskrasie) interpretiert. Mit Hilfe der zur Verfügung stehenden therapeutischen Möglichkeiten sollte wieder ein Gleichgewicht angestrebt werden. Man unterschied vier Säfte: Gelbe Galle (Sitz in der Leber), Schwarze Galle (Sitz in der Milz oder in den Hoden), Blut (Sitz im Herzen) und Schleim (Sitz im Gehirn). Davon leitete man den Typus des Cholerikers, den des Melancholikers, den des Sanguinikers und den des Phlegmatikers ab. So wurden neben der Therapie mit aggressiven und hochtoxischen Arzneipflanzen wie der Tollkirsche, dem Eisenhut, dem Fingerhut und mineralischen Giften wie Arsen-, Blei- und Quecksilberverbindungen als Therapieform so genannte Ausleitungsverfahren wie z.B. das Setzen von Blutegeln, blutiges Schröpfen und Aderlässe, Nies-, Brech- und Abführmittel in drastischen Mengen verwendet.

Ein prominentes Opfer der damaligen Medizin ist sicherlich auch der Komponist Wolfgang Amadeus MOZART (1756-1792), der auf seinen Konzertreisen quer durch Europa Unmengen Kalomel, ein quecksilberhaltiges Abführmittel, konsumierte und ziemlich jung verstarb.

Es störte HAHNEMANN, dass mit diesen Methoden seine ohnehin geschwächten Patienten noch mehr geschwächt wurden, und selten konnte ein Patient wirklich gerettet werden. Er war der Meinung, dass äußerliche Krankheitssymptome nur Zeichen einer eigentlich inneren Störung der Lebenskraft waren, die es eher zu stärken als zu schwächen galt.

So gab HAHNEMANN zunächst seine ärztliche Praxis völlig auf, auch „weil sie mir mehr Aufwand gekostet, als Einnahme gebracht, und gewöhnlich mich mit Undank belohnt hat“ und hielt seine immer größer werdende Familie (er hatte zuletzt zehn Kinder – ein elftes war während einem seiner zahlreichen Umzüge unfallbedingt im Säuglingsalter verstorben) mit Übersetzungen über Wasser. Er übersetzte Schauspiele und Romane, Sachbücher und medizinische Schriften.

Beim Übersetzen einer Medizinischen Materia Medica des schottischen Arztes William C. CULLEN (1710-1790) kam ihm etwas merkwürdig vor: CULLEN behauptete, dass die Chinarinde, die damals erfolgreich bei Wechselfieber/Malaria verwendet wurde, deswegen wirksam sei, weil sie aufgrund der in ihr enthaltenen Pflanzensäuren tonisierend auf den Magen wirke. Da HAHNEMANN botanisch bewandert war, wusste er, dass solche Pflanzensäuren in vielen anderen arzneilich genutzten Pflanzen enthalten waren, die nachweislich keine Wirkung bei Malaria hatten.

Von den einheimischen Giftpflanzen wusste man, wie sie wirkten, denn man kannte die täglich in der ärztlichen Praxis auftretenden Vergiftungssymptome. Aber wie wirkte denn nun eigentlich diese Chinarinde?

HAHNEMANN startete 1790 einen heroischen Selbstversuch, indem er in kurzen Zeitabständen pulverisierte Chinarinde einnahm und sich selbst die auftretenden Vergiftungserscheinungen beobachtete. Es dauerte nicht lange, und die spezifischen Vergiftungssymptome der Chinarinde machten sich bemerkbar. HAHNEMANN bekam kalte Hände und Füße und wurde müde und schläfrig. Er fing an zu zittern, bekam ein dumpfes Gefühl im Kopf und hatte taube Empfindungen in den Knochen. Die Gelenke wurden steif, der Kopf klopfte und er begann zu schwitzen. Nicht vielen hätten diese Symptome etwas gesagt. Aber er war Arzt, und so erkannte er in der Vergiftungssymptomatik der Chinarinde die Symptomatik eines an Wechselfieber Erkrankten18).

Da war die Idee geboren, dass die Chinarinde deshalb bei Malaria wirken könnte, weil sie beim Gesunden ähnliche Symptome erzeugt, wie die Malaria beim Erkrankten, nämlich so, als ob die Arznei, quasi als Reiz und ähnlich einem Spiegel, dem Körper und der Lebenskraft gezielt vermittelt: „Das ist dein Problem, wehre dich dagegen“20).

War dies tatsächlich der Fall, musste dieses „Ähnlichkeitsprinzip“ auf alle anderen genutzten Arzneien und Krankheiten übertragbar sein. In den folgenden Jahren erprobte und erforschte er an sich selbst und seiner Familie und Freunden dieses Wirkprinzip, das er 1796 – dem offiziellen Geburtsjahr der Homöopathie – veröffentlichte:

„Wähle um sanft, dauerhaft und schnell zu heilen in jedem Falle eine Arznei, die ein ähnliches Leiden von sich erregen kann, als sie heilen soll“

Den Begriff „homöopathisch“ [von altgriechisch ὅμοιος hómoios‚ (gleich, gleichartig, ähnlich) sowie πάθος páthos (Leid, Schmerz, Affekt, Gefühl) wörtlich also „ähnliches Leiden“] verwendete HAHNEMANN erstmals 1807, den Namen „Homöopathie“ für die anfangs „Rationelle Heilkunde“ genannte neue Lehre ab 1810.

Nun hatte HAHNEMANN zunächst keine anderen Arzneien zur Verfügung als seine ärztlichen Kollegen. Er wusste diese jetzt aber viel gezielter einzusetzen als sie. Das Problem der Toxizität dieser Arzneien blieb aber zunächst dennoch bestehen, da er ja keine anderen Arzneien zur Verfügung hatte.

Wenn Sie konzentrierte Schwefelsäure auf den Handteller tropfen lassen, gibt es schwerste Verätzungen. Wenn Sie denselben Tropfen in eine Badewanne voll Wasser geben, kann darin ungestraft gebadet werden. Auch ein Schluck dieser Lösung wäre absolut unschädlich.

Schon der Arzt PARACELSUS (1493-1541) wusste, dass „all ding seynd gifft und nichts ist on gifft; alein die dosis macht das ein ding kein gifft sey“. So war es für HAHNEMANN nur logisch die Arzneien niedriger zu dosieren, da es ihm auch nur noch auf den Arzneireiz ankam. In den über fünzig Jahren seiner weiteren ärztlichen Praxis experimentierte er zunächst mit niedrigeren Dosierungen, Verdünnungen, später mit Verreibungen und Verschüttelungen der Arzneien.

Dabei stellte er fest, dass die gewünschte Arzneikraft seiner „potenzierten“ Arzneien mit zunehmendem Verdünnungs- undVerschüttelungsgrad nicht ab-, sondern zunahm. Dies war eine Erfahrung, die in den über 200 Jahren, seit der die Homöopathie besteht, immer wieder bestätigt werden konnte.

Ein wichtiger Hinweis bei der Behandlung von akuten Erkrankungen mit homöopathischen Arzneien ist die Frage nach dem Auslöser. „Was ist gewesen, bevor die Beschwerden auftraten?“ So gibt es viele bewährte Arzneien für „die Folge von“ z.B. Zugluft, Sonne, Wind, Nässe, Kälte oder Hitze, aber auch von Angst, Kummer usw. Hat man eine Idee für die auslösende Ursache, so kommen aus der Vielzahl der Arzneien (in der Homöopathie werden etwa zweitausend verschiedene Einzelmittel verwendet) nur noch wenige in Frage. Die Arzneimittelauswahl ist dadurch deutlich erleichtert. Dann gilt es, die genaue Symptomatik mit den entsprechenden auffälligen Symptomen (z.B. Schnupfen aus nur einem Nasenloch, Halsschmerz nur links, Übelkeit, die besser wird, wenn gegessen wird etc.) zu erfassen. Dabei spielen die Modalitäten (was bessert, was verschlechtert die Beschwerden wie z.B. Wärme, Kälte, Tageszeiten oder Zuwendung?) oft eine entscheidende Rolle um das am besten passende ähnliche Mittel zu finden.

Wenn Sie drei Kinder mit Windpocken haben, werden Sie feststellen, dass alle drei trotz identischer Diagnose und definierter Ursache (Varicella Zoster - Virus) den Krankheitsprozess unterschiedlich durchleben:

→ Das erste Kind hat vielleicht nur drei Pöckchen, jammert aber fortwährend und hängt Ihnen den ganzen Tag am Bein.

→ Das zweite Kind ist vielleicht übersät mit Pocken (selbst im Mund und in den Augen sitzen sie), es spielt aber zufrieden als wäre nichts.

→ Das dritte Kind verkrümelt sich in sein Zimmer, zieht die Bettdecke über die Ohren und will einfach nur in Ruhe gelassen werden – wehe, Sie stören!

Schulmedizinisch21) werden alle drei Kinder gleich behandelt mit einem Fiebermittel, mit Juckreiz stillenden Lotionen sowie eventuell mit einem Antihistaminikum zum Einnehmen. Homöopathisch benötigen alle drei Kinder eine andere Arznei, die eben ähnlich sein muss; eine Arznei, die neben der Symptomatik des Sichtbefundes auch alles andere Auffällige abdeckt, das was eben anders ist als sonst. Bitte bedenken Sie:

Mittels Homöopathie wird nicht die Krankheit behandelt, sondern ein kranker Patient – und das individuell.

Es ist auch nicht die Arznei, die heilt, sondern der Organismus heilt sich selbst. Die Arznei gibt nur den Reiz dazu, diese Selbstheilungskräfte anzuregen.

Die Ähnlichkeitsregel gilt nicht nur für das Verabreichen von Arznei: So wird z.B. derjenige, der sich den Daumen eingeklemmt hat, feststellen, dass ein fester Druck auf das schmerzende Glied die Schmerzen lindert (obwohl die Ursache ja Druck gewesen ist).

Ein an Erfrierungen leidender Patient wird nicht mit heißem Wasser überschüttet, sondern mit Eis abgerieben um die Wärmeregulation wieder anzuregen.

Rizinusöl, ein ziemlich drastisches Abführmittel, wird volksmedizinisch bei Durchfall genutzt (ein Löffel, und alles ist draußen ...). Selbst der Schnaps am Morgen danach hilft dem Verkaterten. Was machen wir, wenn wir uns verbrannt haben an Herdplatte oder Bügeleisen? Wir nehmen kaltes Wasser – na klar! So angenehm das ganze erscheint, solange wir die Hand unter dem Wasserhahn haben, so unangenehm wird es, wenn wir sie dann aus dem fließenden Wasser herausnehmen. Es schmerzt umso mehr!

HAHNEMANN hat die Behandlung von Verbrennungen nach dem Ähnlichkeitsprinzip bereits 1816 beschrieben: Er behandelte auch schwerste Verbrennungen erfolgreich mit erwärmtem Alkohol getränkten Auflagen. Vielleicht versuchen Sie es ja beim nächsten Mal mit warmem statt mit kaltem Wasser (nicht mit heißem – es muss ja nur ähnlich sein)!

Bereits um 1680 behandelte Dr. Johann Adrian HELVETICUS mit einem Auszug der „Brechwurzel“ Ipecacuanha, die therapeutisch bis heute zum Auslösen von Brechreiz verwendet wird, krankheitsbedingtes Erbrechen. Er behandelte demnach „homöopathisch“ schon mehr als 110 Jahre bevor der homöopathische Heilansatz von HAHNEMANN beschrieben wurde22)! Ähnliches finden wir in der Medizin der alten Griechen und bei dem schon erwähnten Arzt PARACELSUS23) – HAHNEMANN gebührt aber der Verdienst mit diesem Prinzip eine systematische Medizin begründet zu haben.

Die Wirkung homöopathischer Arzneien wird von Kritikern oft als reiner Placeboeffekt24) (Scheinmedikation) abgetan. Obwohl solche Effekte bei nahezu jeder Therapieform eine Rolle spielen, wird derjenige, der selbst die Erfahrung gemacht hat, wie z.B. eine frisch entstandene Beule nach Arnica-Gabe zusehends (!) verschwindet oder ein heftigster Zahnschmerz durch einen abgebrochenen Zahn mit dem passenden Homöopathikum praktisch von einer Sekunde zur nächsten einfach weg ist, sich mit solchen Erklärungen nicht abspeisen lassen. Übrigens waren HAHNEMANN und seine direkten Schüler die nachweislich ersten Ärzte, die systematisch in Form von Milchzuckergaben Placebo sowohl in der Therapie ihrer Patienten als auch bei Arzneimittelprüfungen verwendeten, um die Wirkung und die Wirkdauer ihrer Arzneien genauer studieren zu können.

Wo ist nun die Grenze der Homöopathie?

Zum einen gibt es die Grenze der Reaktionsmöglichkeit des lebenden Organismus' und seiner Regenerationsfähigkeit. Bei Leberzirrhose wird auch mittels einer homöopathischen Arznei aus dem entstandenen Bindegewebe kein neues Lebergewebe entstehen. Der insulinpflichtige Diabetiker, dessen LANGERHANS’sches Inselorgan der Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produziert, wird auf die Zufuhr seines Insulins nicht verzichten können. Aber da, wo z.B. eine Produktion nur nicht mehr ausreichend vorhanden oder fehlgesteuert ist, kann eine homöopathische Arznei durchaus viel leisten.

Zum anderen ist die Grenze der Homöopathie aber die Grenze des Homöopathischen Therapeuten. Der Anfänger wird vielleicht schon bei banalen Infekten an die Grenzen seiner Möglichkeiten kommen, doch für den versierten Therapeuten mit den entsprechenden Erfahrungen und Kenntnissen der Arzneien sind selbst chronische und destruktive Erkrankungen durchaus erfolgreich therapierbar.

Homöopathie ist spannend, deshalb lohnt es, sich mit dieser Therapieform zu beschäftigen!

„Das höchste Ideal der Heilung ist schnelle, sanfte, dauerhafte Wiederherstellung der Gesundheit, oder Hebung und Vernichtung der Krankheit in ihrem ganzen Umfange auf dem kürzesten, zuverlässigsten, unnachtheiligsten Wege, nach deutlich einzusehenden Gründen.“

Dr. Samuel HAHNEMANN: Organon der Heilkunst, § 2

14) Dieser Vortrag ist urheberrechtlich geschützt.

© BERND WOHLGEMUTH 2008 – 2019

15) Mittlerweile (2019) haben über 1.000 Teilnehmer diesen Kurs besucht …

16) Lateinisch, Hebräisch, Griechisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Arabisch (!) und selbstverständlich Deutsch – und das alles ohne Volkshochschule oder CD-ROM.

17) Der 71-jährige GOETHE glaubte übrigens „eifriger denn je an die Lehre des wundersamen Arztes“ (Zitat von 1820).

18) HAHNEMANN hatte während seines Aufenthaltes als junger Arzt in Hermannstadt (Siebenbürgen / Rumänien) ausreichend Gelegenheit dieses damals weit verbreitete Krankheitsbild kennenzulernen19) und ist vermutlich selbst daran erkrankt.

Er beschreibt seinen Selbstversuch wie folgt: „Ich nahm des Versuchs halber etliche Tage zweimahl täglich jedesmahl vier Quentchen gute China ein; die Füse, die Fingerspitzen u.s.w. wurden mir erst kalt, ich ward matt und schläferig, dann fing mir das Herz an zu klopfen, mein Puls ward hart und geschwindt; eine unleidliche Aengstlichkeit ein Zittern, eine Abgeschlagenheit durch alle Glieder; dann Klopfen im Kopfe, Röthe der Wangen, Durst, kurz alle mir sonst beim Wechselfieber gewöhnlichen Symptome erschienen nach einander, doch ohne eigentlichen Fieberschauder (…). Dieser Paroxysm dauerte zwei bis drei Stunden jedesmahl, und erneuerte sich, wenn ich diese Gabe wiederholte, sonst nicht. Ich hörte auf und ward gesund.“

19) In Ostfriesland z.B. war Malaria noch bis in die 1920er Jahre endemisch und hat bei den Eindeichungsmaßnahmen zur Küstensicherung im 18. und 19. Jahrhundert hunderten von Arbeitern das Leben gekostet!

20) HAHNEMANN beschreibt das sehr anschaulich im Vorwort des vierten Bandes seiner „Chronischen Krankheiten“: „Können wir Aerzte aber dieser instinktartigen Lebenskraft ihren Krankheits-Feind, durch Einwirkung homöopathischer Arzneyen auf sie, gleichsam vergrößert vorhalten (…) und vergrößern wir auf diese Art für das Gefühl des Lebens-Prinzips, das Bild des Krankheits-Feindes durch täuschend ähnlich die ursprügliche Krankheit nachbildende homöopathische Arzneyen, so veranlassen und zwingen wir nach und nach diese instinktartige Lebens-Kraft, allmälig ihre Energie zu erhöhen und immer mehr und so weit zu erhöhen, dass sie endlich weit stärker als die ursprüngliche Krankheit war (…), indess die Schein-Vergrößerung der Krankheit, durch die homöopathischen Arzneyen erzeugt, von selbst verschwindet sobald wir (…) aufhören, diese Mittel anzuwenden.“

21) Zur Erklärung des Begriffs „Schulmedizin“ siehe die Anmerkungen in den Fußnoten auf Seite 50.

22) Der österreichische Arzt Anton Freiherr von STÖRCK (1731-1803) prüfte 1762-71 Pflanzenauszüge von Aconitum, Colchicum, Hyoscyamus, Pulsatilla und Stramonium am Gesunden auf ihre Wirkungen und beschrieb noch vor HAHNEMANN das Phänomen der Erstverschlimmerung (siehe Seite 52f.).

23) Bereits HIPPOKRATES von Kos (um 460 – um 370 v. Chr.) machte deutlich, dass man mit gegensätzlich wirkendener Arznei zwar behandeln könne, aber nur mit ähnlicherheilen. „Die Krankheit entsteht durch Einflüsse, die den Heilmitteln ähnlich wirken, und der Krankheitszustand wird beseitigt durch Mittel, die ihm ähnliche Erscheinungen hervorrufen.“ Spannend ist, dass sich die meisten modernen Mediziner zwar dem ‚Hippokratischen Eid‘ verpflichtet fühlen, aber herzlich wenig von dessen medizinischen Vorstellungen wissen …

Auch PARACELSUS (1493-1541) formulierte deutlich: „Ähnliches wird durch Ähnliches behandelt und nicht Gegensätze durch Gegensätze.“

Es ist letztlich dem Einfluss GALENs (um 130 – um 200 n. Chr.) zu verdanken, dass das Behandeln mit "Contraria" (also Gegensätzlichem) die Medizin bis in die heutige Zeit prägt.

Ein frühes Beispiel homöopathischen Denkens findet sich in einem aus dem 13./14. Jahrhundert v. Chr. stammenden Bericht der Bibel: Das Volk Israel machte sich auf seinem Weg ins „Gelobte Land“ Kanaan die Abwesenheit seines Führers MOSE zunutze, um aus dem vorhandenen Schmuck das „Goldene Kalb“, einen Götzen, zu bilden und anzubeten. Als MOSE mit den Gesetzestafeln der 10 Gebote vom Berg Sinai zurückkehrte, entbrannte sein Zorn: Er „nahm das Kalb, das sie gemacht hatten, und ließ es im Feuer zerschmelzen und zermalmte es zu Pulver und streute es aufs Wasser und gab’s den Israeliten zu trinken“ (2. Mose 32, aus 20). Das „Goldene Kalb“, Sinnbild des Ungehorsams gegenüber dem Gott Israels, wird zur ‚heilenden‘ Arznei gegen den Ungehorsam bereitet und den Israeliten eingeflößt. „Similia similibus curentur“ vor 3.300 Jahren … (siehe auch Seite 253, Fußnote)

24) Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass das „ideale“ Placebo mit den effektivsten Wirkungen folgende Eigenschaften hat: 1.) Injektionen wirken besser als Tabletten; 2.) Große Tabletten wirken besser als kleine; 3.) Bunte Tabletten wirken besser als weiße; 4.) Bittere Tabletten wirken besser als süße. Die kleinen niedlichen süßen Homöopathischen Globuli passen somit nicht wirklich in das Bild eines effektiven Placebos und sind nach wissenschaftlichen Erkenntnissen daher eher ungeeignet …

Aller Anfang ist schwer …

„Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht,

sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“

Lucius Annaëus SENECA d.J. (um 2 v.Chr.-65 n.Chr.), römischer Philosoph

„Die Homöopathie unterscheidet sich von der

Schulmedizin durch die Verwendung einer präzisen

Vorgehensweise in Diagnostik und Therapie.“

Dr. Harris Livermore COULTER (1932-2009), Medizinhistoriker

HAHNEMANNs Unterschrift unter eine Widmung vom 09.10.1782

Schematisiertes Vorgehen zur Fallbearbeitung

Um das passende ähnliche Mittel zu finden, wird nicht nach dem Krankheitsnamen gesucht. Wegweisend ist immer die individuelle Symptomatik des Patienten25). Daher gilt: Bitte beobachten Sie genau – was ist anders als sonst?

→ Welche Beschwerden gilt es zu behandeln?

(Halsschmerzen, Husten, Durchfall, Augenentzündung, Verbrennung …)

→ Was war bevor die Beschwerden auftraten – was hat diese eventuell ausgelöst?

(Kälte, Hitze, Zugluft, Verletzungen, Kummer, Nahrungsmittel, Stress…)

→ Wie sieht der Patient aus?

(blass, gerötet, aufgedunsen, eingefallen …)

→ Wie verhält sich der Patient?

(unruhig, ängstlich, apathisch, aggressiv, will alleine sein, klammert …)

→ Wie sind die Beschwerden?

(brennend, drückend, stechend, juckend, ziehend …)

→ Was bessert, was verschlechtert die Beschwerden [Modalitäten]?

(Druck, Wärme, Kälte, Bewegung, Tages- oder Jahreszeiten, Ruhe, Ablenkung, Trost …)

Haben Sie die nötigen Informationen zusammengetragen, sehen Sie in den auf den nächsten Seiten vorgestellten Tabellen für Modalitäten (Seite →) und der „Folgen von“ (Seite →) nach. Lassen sich die zu behandelnden Beschwerden einer der Themenlisten (ab Seite →) zuordnen, bekommen Sie dort eine weitere Idee für die zu suchende Arznei, ebenso über die Stichworte im Index II, dem vereinfachten Repertorium (ab Seite →). Mit Hilfe des in diesem Buch vorgestellten Repertorisationsbogens (Seite →) können Sie alle diese Informationen übersichtlich sammeln.

Im Materia-Medica-Teil des Buches (ab Seite →) finden Sie mehr Details über das von Ihnen gewählte Mittel. Machen Sie Ihre Arzneiwahl möglichst nie an nur einem einzelnen Symptom / Zeichen fest! Je mehr Übereinstimmung Sie finden, desto besser passt die Arznei zu Ihrem Patienten – und den behandeln Sie, nicht dessen „Krankheit“.

Ausführliche Betrachtung des Falles, der möglichen Auslöser (Seite →), der genauen beobachteten Symptomatik und der Modalitäten

AuswahlAuswahlAuswahl

Tabelle MODALITÄTEN (Seite →) THEMENLISTEN (Seite →) REPERTORIUM (Seite →)

Vergleich mittels

REPERTORISATIONSBOGEN (Seite → und Seite → / 287)

Kontrolle der ermittelten Arznei

MATERIA MEDICA (ab Seite →)

Verabreichung gemäß Dosierungsschema (ab Seite →)

HEILUNG oder falls eine geänderte Symptomatik: dann wieder Punkt ¡26)

Kleiner Tipp: Machen Sie sich genügend Fotokopien von den folgenden Tabellen, dann können Sie für jeden zu bearbeitenden Fall die entsprechenden Symptomenspalten mit einem Textmarker markieren und direkt sehen, welche Mittel alle Symptome / Zeichen abdecken. Eine kostengünstigere und umweltfreundlichere Möglichkeit wäre es, eine Kopie zu laminieren und mit einem wasserlöslichen abwaschbaren Stift zu arbeiten.

Ursache & Auslöser – was nutzt das?

Über die wahre Ursache von Krankheiten kann man nur spekulieren oder philosophieren [Schicksal, Fügung, Vorbestimmung, Karma]. Das aber hat selbst HAHNEMANN schon abgelehnt27) und ist auch für eine homöopathische Behandlung von akuten Krankheitsprozessen nur bedingt geeignet.

Auslöser für akute Beschwerden lassen sich aber oftmals gut ausmachen:

→ Sie haben im Durchzug gestanden, und nun beginnen Sie zu frösteln und zu niesen.

→ Sie haben sich versehentlich mit dem Hammer auf den Daumen geschlagen, nun beginnt dieser zu schmerzen und anzuschwellen.

→ Sie haben eine schlechte Nachricht erhalten, und Ihnen wird von einer Sekunde zur nächsten schlecht und Sie fangen an zu zittern.

Jede akute Erkrankung hat einen Auslöser28). Manchmal ist er offensichtlich, manchmal können wir ihn nur detektivisch aufspüren, manchmal bleibt er einfach verborgen. Haben wir aber eine Vorstellung von einem Auslöser, schränkt das die für die Akutbehandlung in Frage kommenden Mittel deutlich ein. Zusammen mit der genauen Symptomatik der Beschwerden bekommen wir so schnell eine Idee für eine ähnliche homöopathische Arznei.

Vorsicht: Hüten Sie sich Auslöser herbei zu philosophieren oder zu psychologisieren. Aber bei realistischem Betrachten „Was war, bevor die Beschwerden begannen?“ wird so ein Auslöser oft deutlich, oder er bleibt verborgen. In letzterem Fall werden Sie aber auch ohne diesen über die Symptomatik eine ähnliche Arznei finden können.

TABELLE: Auslöser – „Folgen von“

Diese Tabelle gibt Ihnen Hinweise, welche Arzneien bei bestimmten Auslösern in Frage kommen. Hier besteht aber kein Ausschließlichkeitsanspruch: Es können durchaus andere Arzneien benötigt werden, für die ein entsprechender Auslöser hier nicht vermerkt ist.

© Bernd Wohlgemuth 2019; Quelle: Frans Vermeulen, Konkordanz der Materia Medica u.a.

Die Modalitäten und: Wie gehe ich nun vor?

Nun muss ich Sie mit einem überaus wichtigen Begriff der Homöopathie vertraut machen, nämlich dem der Modalitäten, der nichts anderes bedeutet als „was die Symptomatik beeinflusst“.

Sie stellen beispielsweise fest, dass sich Ihre krampfartigen Bauchschmerzen durch das Auflegen einer Wärmflasche deutlich bessern. Auch tut es Ihnen gut, wenn Sie dabei auf dem Bauch liegen. Modalitäten in diesem Fall sind also: „Wärme bessert“ und „(flächenhafter) Druck bessert“.

Je genauer diese Modalitäten mit denen einer Arznei übereinstimmen, desto ähnlicher ist diese Arznei. Und umso größer ist dann auch die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Arznei gut passt und damit auch gut wirken wird.

Welche Modalitäten gibt es? Wärme, Kälte, Druck, Stehen, Liegen, Bewegung, Ruhe, Tageszeiten („Abends wird es immer schlimmer mit dem Husten“), Jahreszeiten („Immer im Herbst kommt dieser blöde Ausschlag“) aber auch Trost und Zuwendung („Heile, heile Gäns’chen“) und vieles mehr gehören zur Liste der Modalitäten. Haben Sie diese „Modalitäten-Liste“ abgefragt, können Sie oftmals mehrere ähnliche in Frage kommende Mittel gut über diese Modalitäten auseinander halten.

Hier ein Beispiel: Die Arzneien Apis und Arsenicum haben z.B. beide als Symptom / Zeichen „brennende Schmerzen“, aber bei Apis lindert Kälte wogegen bei Arsenicum Wärme/Hitze gut tut.

In der Homöopathischen Literatur finden Sie verschiedene Abkürzungen für die Modalitäten

Die folgende Tabelle hilft Ihnen die gefundenen Modalitäten den entsprechenden Arzneien schnell zuzuordnen.

TABELLE: Modalitäten

© nach Dr. Erika Scheiwiller-Muralt (Homöopathie bei akuten Erkrankungen und Notfällen; 3. Auflage 2004), ergänzt durch

Antje Fimmen und Bernd Wohlgemuth; mit freundlicher Genehmigung der ELSEVIER GmbH – Urban & Fischer Verlag, München (2009)

Jetzt wollen wir uns einmal ansehen, wie diese Informationen uns helfen können eine homöopathische, also ähnliche Arznei zu finden. Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor:

Fall 1:

Die längere Autofahrt zur Oma tut der Vierjährigen offensichtlich nicht gut. Schon bald nach der Abfahrt wird sie leichenblass, und kalter Schweiß scheint aus allen Poren zu kommen. Etwas besser geht es ihr, nachdem die Mutter das Autofenster geöffnet hat und ihr ein leichter Luftzug um die Nase weht.

Womit haben wir es hier zu tun? Nun wissen wir nicht, was die Vierjährige bei der Oma erwartet. Und ob darin also die Ursache ihrer Beschwerden liegen könnte, entzieht sich deshalb unserer Kenntnis. Aber mit ziemlicher Sicherheit handelt es sich hier um eine so genannte Kinetose (Reisekrankheit). Für Kinetosen ist typisch, dass die Beschwerden durch die Bewegung ausgelöst und/oder verschlimmert werden (daher kommt übrigens auch der schreckliche lateinische Name). Da haben wir doch schon die erste tolle Modalität: Verschlechterung durch Bewegung.

Haben wir noch mehr Verwertbares? Wie wäre es mit: Besserung durch frische Luft? Zudem haben wir noch zwei auffällige Symptome / Zeichen: Die Leichenblässe und den kalten Schweiß. Nun ein Blick in die Modalitäten-Tabelle (Seite →), die uns zeigt, welche Mittel welche Symptome / Zeichen und Modalitäten abdecken:

Bewegung (Spalte 15) haben folgende Mittel:

Apis,Arn,Bell,Bry,Cact,China,Cocc,Coloc,Eup-per,Ferr-p,Ham,Hyper,Ip,Led,Phyt,Rhus-t,Sil,Symph,Tab

an frischer Luft (Spalte 33) haben folgende Mittel:

Acon,All-c,Apis,Cact,Carb-v,China,Dros,Euphr,Gels,Gloin,Ip,Kali-bi,Lach,Led,Merc-j-r, Merc-j-f,Phos,Phyt,Puls,Sep,Sulph,Tab

Außerdem finden wir dort folgende Symptome / Zeichen:

Gesichtsfarbe: blass (Spalte 5) bei folgenden Mitteln:

Acon,Arn,Ars,Bry,Carb-v,Cocc,Glon,Merc,Phos,Tab

Schweiß: stark (Spalte 7) bei folgenden Mitteln:

Ant-t,Bell,Cham,Eup-per,Merc-j-r,Merc,Sep,Tab

Zur besseren Übersicht habe ich alle häufiger vorkommenden Mittel unterstrichen. Dadurch können Sie gut sehen, dass nur ein Mittel in allen Rubriken vorkommt und damit alle Symptome / Zeichen und Modalitäten abdeckt und somit am ähnlichsten ist: Tabacum.

Wenn Sie nun in der Themenliste „Magen-Darmbeschwerden“ (ab Seite →) oder im Materia-Medica-Teil (Seite →) des Buches nachsehen, finden Sie unter Tabacum: „Reiseübelkeit, kalter Schweiß, frische Luft, Bewegung“. Na, wenn das nicht ähnlich genug ist: Was wollen Sie mehr! Die Fahrt ist also gerettet, wenn Sie dem Mädchen Tabacum verabreichen.

Noch ein Beispiel gefällig?

Fall 2:

Eine junge Frau ist beim Sport mit dem Fuß umgeknickt. Sie hat starke ziehende Schmerzen, die nachts unerträglich werden und die sie zwingen das Bett zu verlassen und umherzugehen. Obwohl der Knöchel dick geschwollen ist, tun ihr warme Umschläge gut.

Haben wir einen Auslöser für die Beschwerden der jungen Frau? Ja: Eine Verletzung. Also brauchen wir wahrscheinlich ein „Verletzungsmittel“. Diesen Auslöser behalten wir „im Hinterkopf“, denn das hilft uns eventuell weiter, wenn es darum geht, dass mehrere Mittel ähnlich genug sein könnten und wir das am besten passende suchen.

HAHNEMANN hat für die Arzneiwahl besonders viel Wert auf die auffallenden, sonderlichen, ungewöhnlichen und eigentümlichen (charakteristischen) Zeichen und Symptome gelegt. Haben wir hier so etwas? Ja: Obwohl die junge Frau starke Schmerzen hat, tigert sie durch die Gegend! Obwohl eine heftige Schwellung vorhanden ist (wer kühlt da nicht automatisch gerne?) hilft ihr Wärme besser! Also schauen wir wieder im unsere Modalitäten-Tabelle:

Bewegung (Spalte 27) haben folgende Mittel:

All-c,Arn,Brom,Caust,Dros,Dulc,Kali-bi,Lyc,Merc-j-f,Puls,Rhus-t,Ruta,Sep,Sulph

Wärme (Spalte 23) haben folgende Mittel:

Ars,Bell,Calen,Canth,Caust,Cocc,Coloc,Dulc,Hep,Hyper,Kali-bi,Mag-p,Nux-v,Phyt, Rhus-t,Ruta,Sep,Sil,Staph,Verat

nachts (Spalte 19) haben folgende Mittel:

Acon,Ant-t,Arn,Ars,Bry,Cact,Canth,Caust,Cham,Chin,Coloc,Dros,Dulc,Euphr, Ferr-p,Hep,Hyper,Led,Mag-p,Merc,Rhus-t,Sil,Staph,Sulph

Auch hier sind wieder die mehrfach vorkommenden Arzneien unterstrichen. Diesmal kommen aber drei Mittel in allen Rubriken vor: Causticum, Dulcamara und Rhus toxicodendron! Nun müssen wir also differenzieren, das geht nur mit dem Blick ins Detail:

Werfen wir nun einen Blick in die Themenliste „Verletzungen“ (ab Seite →). Dulcamara ist hier nicht vertreten, da keine klassische Verletzungsarznei, bei den beiden anderen finden wir (im Folgenden sind die Übereinstimmungen markiert):

Causticum

HAHNEMANNI

Verbrennungen, Verbrühungen [Stadium II-III],

Verätzungen

, schlecht heilende Wunden, Narben brechen wieder auf;

Verrenkung

der Schulter

(

Calcium fluoratum

•) und Hüfte feuchtes Wetter;

Wärme; Bewegung

234

morgens;

nachts;

Trockenheit; Liegen

Rhus toxicodendron

[Sportliche]

Überanstrengung

,

Sehnenverletzungen

wie

Zerrungen

,

Prellungen

,

Überdehnungen

mit

großer Ruhelosigkeit

,

kann nicht still liegen

; Verrenkung, Ausrenkung (

Calcium fluoratum

);

Erysipel

(

Apis, Belladonna, Lachesis

) nach Wunden und Verletzungen

(ARZT!)

;

Prophylaktikum

bei OPs mit Eröffung des Augapfels

fortdauernder Lagewechsel

;

Bewegung

;

Wärme

;

Liegen auf harter Unterlage

268

bei

Ruhe

;

erste Bewegung nach der Ruhe

; Kälte; Durchnässung;

nachts

Damit ist Rhus toxicodendron die besser passende Arznei, die neben den Modalitäten die Symptome / Zeichen des Falles abdeckt. Im Materia-Medica-Teil (Seite →) finden wir dann sogar noch die für Rhus toxicodendron charakteristische Symptomatik der ziehenden Schmerzen. Alles klar? Die junge Frau benötigt Rhus toxicodendron und die Nacht ist gerettet!

Die Modalitäten-Tabelle ist sicher nicht die Lösung für jedes Problem, kann aber ein gutes Hilfsmittel sein, um schnell eine Idee für eine passende Arznei zu bekommen, wenn deutliche Modalitäten vorhanden sind. Der Nachteil einer Tabelle ist der, keine Feinsymptomatik darstellen zu können. Bei Bryonia z.B. kann punktueller Druck auf das Schmerzzentrum unerträglich sein, während sich der flächenhafte Druck schmerzlindernd auswirken würde. So etwas kann eine Tabelle natürlich nicht darstellen. Sie listet stattdessen „Druck: bessert“ und „Druck: verschlimmert“ auf. Hier hilft tatsächlich nur der Blick in die Materia-Medica (ab Seite →) um Klarheit zu bekommen. Versäumen sollten Sie dies bitte nie, auch wenn alles „sonnenklar“ zu sein scheint.

Und nun sind Sie dran:

Fall 3:

Die Migränekopfschmerzen der jungen Mutter sind mal wieder äußerst heftig. Auch nervt sie der Jüngste ständig mit dem kaputten Spielzeug. Gereizt wirft sie seine dreckigen Klamotten, die mal wieder in der Diele liegen gebliebenen sind, in die Waschmaschine. Eigentlich will sie nur ihre Ruhe haben und alleine gelassen werden und ein wenig an die frische Luft gehen, die ihr dann immer so gut tut.

Na, welche Symptome / Zeichen und Modalitäten nehmen Sie? Nur wenn Sie partout „keinen Schimmer“ haben, dann schauen Sie bitte weiter.

Wie wär’s mit:

stark gereizt (Spalte 1) →19 Mittel

Ruhe (Spalte 24) →14 Mittel

Alleinsein (Spalte 32) →3 Mittel (Eines davon wird vermutlich unser Mittel sein29)!)

an frischer Luft (Spalte 33) →22 Mittel

Na bitte, es geht doch! Auf zum nächsten Fall:

Fall 4:

Der Husten hat den Zwölfjährigen heftig gepackt. Obwohl er mittlerweile hohes Fieber hat und sehr viel trinkt, schwitzt er nicht. Am liebsten will er in Ruhe gelassen werden, nur liegen, zugedeckt sein möchte er aber nicht. Fluchend hält er seine Brust beim Husten und verlangt, dass das Fenster geöffnet wird, obwohl es draußen bitterkalt ist.

Ein kleiner Tipp am Rande: Symptome / Zeichen sind immer nur dann verwertbar, wenn es tatsächlich Symptome / Zeichen sind30)! So scheint das viele Trinken ein interessantes Zeichen zu sein. Tatsächlich ist es jedoch normal, dass mit steigender Körpertemperatur und dem dadurch bedingten Flüssigkeitsverlust über die Atemwege und Haut (auch bei nicht auffälligem Schwitzen) ein vermehrtes Durstgefühl zu vermehrtem Trinken verleitet (wer fiebert, verliert 300 bis 500 ml Flüssigkeit pro °C pro Tag).

Die Symptomatik eines hoch fiebernden Patienten, der aber keinenDurst hat und nicht trinken will, wäre dann viel aussagekräftiger und kann in einem entsprechenden Fall wahlanzeigend für eine bestimmte Arznei sein. Wir werden dann automatisch zu den entsprechenden Mitteln mit dieser auffälligen Symptomatik (z.B. Apis, Gelsemium, Pulsatilla) verwiesen.

Das haben wir hier leider nicht. Nichtsdestotrotz dürfen Sie das Symptom „Durst: stark“ gerne nehmen. Es hilft Ihnen nicht wirklich weiter, verhindert in diesem Fall aber auch das richtige Ergebnis nicht. Hier gibt es aber viel deutlichere und bessere Symptome / Zeichen. Welche könnten das sein?

Haben Sie

stark gereizt (Spalte 1) →19 Mittel

Schweiss: keiner (Spalte 6) →2 Mittel (Eines davon wird vermutlich unser Mittel sein31)!)

Durst: stark (Spalte 9) →12 Mittel

Wärme (Spalte 11) →18 Mittel

Kälte (Spalte 22) →12 Mittel

Ruhe (Spalte 24) →14 Mittel

Liegen (Spalte 25) →14 Mittel

Druck (Spalte 28) →11 Mittel

genommen?

Eigentlich sollten Sie bei Fall 3 auf Gelsemium und bei Fall 4 auf Bryonia gekommen sein. Sind Sie das? Super! Vergessen Sie aber bitte nie alles noch einmal im Materia-Medica-Teil nachzulesen (Seite → bzw. Seite →)!

Dann noch zwei weitere Fälle zum „Abgewöhnen“:

Fall 5:

Der Kitzelhusten ist nahezu unerträglich und setzt ein, sobald man sich hinlegt: Krampfartig, anfallsartig und heftig – selbst nach Trinken von etwas Wasser wird es nicht besser, sondern schlimmer! Das Halten der Brust erleichtert etwas sowie die frische Luft, die durch das geöffnete Fenster hereinkommt.

Hatten wir so etwas Ähnliches nicht schon im vorherigen Fall? Aber Achtung: Vieles ist anders, deshalb brauchen wir in diesem Fall eine andere Arznei!

An verwendbaren Modalitäten haben wir:

Liegen (Spalte 13) →9 Mittel

Druck (Spalte 28) →11 Mittel

an frischer Luft (Spalte 33) →22 Mittel

Die auffällige Modalität der Verschlimmerung durch Trinken finden Sie in der Modalitätentabelle leider nicht32), trotzdem gelingt es mit dem Vorhandenen eine Wahl zu treffen.

Also, ich würde Drosera geben, Sie nicht? Dann schauen Sie doch bitte in der Themenliste „Husten-Schnupfen-Heiserkeit“ unter Drosera (Seite →) oder im Materia-Medica-Teil (Seite →) nach – dort finden Sie dann auch diese auffällige Modalität wieder:

Drosera

rotundifolia

Husten

trocken, anfallsartig, krampfhaft

mit Brechwürgen; tief klingender heiserer

bellender Husten;

tagsüber wenig bis nicht in Erscheinung tretend;

beginnt, „

sobald der Kopf das Kopfkissen berührt

(

Belladonna, Pulsatilla

);

KEUCHHUSTEN

(

Coccus cacti

,

Ipecacuanha

); mit

Nasenbluten

frische Luft;

Aufsitzen;

Druck

240

nach Mitternacht;

Trinken;

Wärme;

Liegen

Zum guten Schluss noch etwas anspruchsvoller:

Fall 6:

Ein gestresster Ehemann - stark unruhig und sehr gereizt - bemerkt, dass er sich offenbar erkältet hat. Auch das noch, denn es stehen bei ihm am nächsten Morgen weitere wichtige und unverschiebbare Termine an. „Diese blöde Klimaanlage“, schimpft er fröstelnd und verkriecht sich stöhnend ins Bett. Die Ruhe und die bis zur Nasenspitze gezogene Bettdecke tun ihm gut. Seine Nase, die tagsüber immer getropft hat, verstopft in der Nacht komplett. Am Morgen wacht er wie gerädert mit heftigen Kopfschmerzen auf. Bei dem nun noch einsetzenden Reizhusten hat er das Gefühl, als ob ihm der Kopf platzt.

Haben Sie eine Idee, wie der arme Kerl halbwegs fit seine Termine wahrnehmen kann? Falls nicht: Die Lösung und einen Lösungsweg dazu finden Sie auf der nächsten Seite. Die folgenden Symptome / Zeichen und Modalitäten sind über die Modalitäten-Tabelle (Seite →) erfassbar:

stark gereizt (Spalte 1) →19 Mittel

große Unruhe (Spalte 2) →19 Mittel

Wärme (Spalte 23) →21 Mittel

Ruhe (Spalte 24) →14 Mittel

Es bleiben Belladonna, Cantharis, Nux vomica und Staphisagria, die alle gesuchten Modalitäten und Symptome / Zeichen decken. Diese finden Sie am schnellsten durch Markierung der entsprechenden Spalten in der Modalitätentabelle mit z.B. einem Textmarker (einen Ausschnitt aus der Tabelle s.u.) oder mit Hilfe des auf den nächsten Seiten vorgestellten Repertorisationsbogens.

Über die Tabelle Auslöser – „Folgen von“ (Seite →) finden Sie unter der Rubrik „Zugluft“ (bedingt durch die Klimaanlage) Belladonna und Nux vomica bestätigt. Im Index II (ab Seite →) finden Sie unter dem Stichwort „Klimaanlage“ die Mittel Arnica, Dulcamara und Nux vomica. Damit ist Nux vomica die am wahrscheinlichsten ähnliche Arznei.

Der immer notwendige Materia-Medica-Vergleich für das übrig bleibende Nux vomica (ab Seite →) bestätigt die morgendliche Verschlimmerung, die typischen absteigenden Atemwegserkrankungen, den Reizhusten mit den berstenden Kopfschmerzen, die nachts verstopfende Nase, die tagsüber immer getropft hat, das Bild des gestressten Patienten