Hormon-Intelligenz - Dr. med. Aviva Romm - E-Book

Hormon-Intelligenz E-Book

Dr. med. Aviva Romm

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Beschreibung

"Willkommen zu einer neuen Frauengesundheit! Atmen Sie tief ein, alles ist möglich." Dr. med. Aviva Romm, Begründerin der Hormon-Intelligenz Der Bestseller aus den USA: ein Standardwerk der ganzheitlichen Frauengesundheit! Es zeigt: Hormone sind keine Störenfriede, sondern hilfreiche Botschaften unseres Körpers. Wer seine Hormonlandschaft versteht und pflegt, lebt ganzheitlich gesünder! Dieses Buch bietet Ihnen ein umfassendes 6-Wochen-Programm für ein neues Ich: - Woche 1: Die optimale Ernährung für die Gesundheit der Hormone - Woche 2: Körperlichen und seelischen Stress vermeiden oder verringern - Woche 3: Diese wichtige Rolle spielt unsere innere Uhr - Woche 4: Eine gesunde Darmflora für ein hormonelles Gleichgewicht - Woche 5: Weniger Giftstoffe im Körper, damit die Hormone gut arbeiten - Woche 6: Körperzellen und Eierstöcke revitalisieren für ein gesundes, langes Leben Sie werden staunen, wie viele Beschwerden mit einer hormonellen Dysbalance zu tun haben können. Regelschmerzen, PMS und PCOS, Unfruchtbarkeit und Endometriose. Aber auch Kopfschmerzen, Schlafprobleme, Energielosigkeit, Übergewicht, Probleme mit der Schilddrüse und Depressionen. Dr. med. Aviva Romm zeigt: In der Weisheit unserer Hormone liegt der Schlüssel zur Gesundheit! Außerdem bietet dieses Buch: mehr als 60 Rezepte, hilfreiche Ernährungspläne und die besten Tipps gegen die häufigsten Beschwerden.

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Seitenzahl: 752

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Impressum

© eBook: 2023 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2023 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

GU ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Stella Schossow

Lektorat: Dr. Helga Hofmann

Covergestaltung: ki36 Editorial Design, München, Katja Wohnrath

eBook-Herstellung: Chiara Knell

ISBN 978-3-8338-8909-7

1. Auflage 2023

Bildnachweis

Coverabbildung: Kristin Hoebermann

Illustrationen: SBI Book Arts, LLC

Syndication: www.seasons.agency

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wir wollen Ihnen mit diesem E-Book Informationen und Anregungen geben, um Ihnen das Leben zu erleichtern oder Sie zu inspirieren, Neues auszuprobieren. Wir achten bei der Erstellung unserer E-Books auf Aktualität und stellen höchste Ansprüche an Inhalt und Gestaltung. Alle Anleitungen und Rezepte werden von unseren Autoren, jeweils Experten auf ihren Gebieten, gewissenhaft erstellt und von unseren Redakteur*innen mit größter Sorgfalt ausgewählt und geprüft. Haben wir Ihre Erwartungen erfüllt? Sind Sie mit diesem E-Book und seinen Inhalten zufrieden? Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung. Und wir freuen uns, wenn Sie diesen Titel weiterempfehlen, in ihrem Freundeskreis oder bei Ihrem Online-Kauf.

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WICHTIGER HINWEIS

Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. Erfahrung der Verfasserin dar. Sie wurden von der Autorin nach bestem Wissen erstellt und mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für persönlichen kompetenten medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser ist für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich. Weder Autorin noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

Für alle, denen gesagt wurde, sie seien zu sensibel, zu vorlaut, zu emotional, zu hormongesteuert. Machen Sie sich das zu eigen: Es ist Ihre innere Führung. Eine Superkraft!

Für all jene, die sich vertrauensvoll an mich als ihre Ärztin gewandt haben, als eine Heilende und Lehrende, und für jene, die ihre Mühen und Geschichten der Besserung geteilt haben. Danke. Ich bin immer ganz Ohr.

Für die Mädchen von heute, die Frauen von morgen: Mögt ihr das Erbe in einer Welt antreten, in der ihr euch entfalten könnt und wo die Selbstbestimmung über euren Körper anerkannt wird.

Und für meine Töchter, meine Patentochter und auch meine zukünftigen Enkelinnen.

EINE FRAGE DER BEZEICHNUNG

Geschlecht und Sprache in diesem Buch

Ich habe dieses Buch geschrieben für all jene Menschen, die Unterstützung bei ihren Hormonen und gynäkologischen Beschwerden benötigen. Das Buch wendet sich also an Sie, die mit »Frauenkram« geboren wurden oder diese physischen Anlagen besitzen. Ich benutze die Wörter Frau(en), sie und ihr(e/r), doch beim Lesen dürfen Sie gern gedanklich für Sie passendere Alternativen einsetzen.

Ich möchte betonen, dass ich viel Glück im Leben habe. Ich habe keine Erfahrung mit systemischem Rassismus gegen den weiblichen Körper gemacht, weiß aber um die unakzeptablen Ungleichheiten zahlreicher der hier vorgestellten gesundheitlichen Aspekte, die Frauen indigener Herkunft oder People of Colour betreffen.

Ich verwende medizinisch und anatomisch korrekte Begrifflichkeiten, weil wir so in einer gemeinsamen Sprache kommunizieren, mit der wir gesundheitliche Informationen verstehen und kompetent mit Mitarbeitenden im Gesundheitssystem sprechen können. Jedoch möchte ich darauf hinweisen, dass viele dieser Bezeichnungen von und für Männer/n geprägt wurden (vagina beispielsweise ist lateinisch für die »Scheide eines Schwerts«; Vulva ist die korrekte Bezeichnung für den äußeren weiblichen Genitalbereich). Sprache hat ihren Anteil an der Vereinnahmung des weiblichen Körpers. Ich persönlich ziehe »Yoni« für die Vulva vor, ein Wort aus dem Sanskrit, denn es spielt auf das heilige Weibliche an. So etwas lasse ich im Laufe des Buches vielleicht mal durchscheinen.

Begriffe wie Fortpflanzungs- oder Geschlechtsorgane (wenn nicht relevant) vermeide ich, denn nicht alle Menschen mit dieser körperlichen Ausstattung wollen sich auch fortpflanzen. Manche besitzen besagte Organe nicht und sind doch sexuell veranlagt. Ich strebe einen neuen und integrativen Ansatz in der weiblichen Medizin an, bei dem wir uns alle ganzheitlich und sicher fühlen. Dazu gehört auch, dass wir über alles Wichtige für unsere Gesundheit sprechen können.

Meine Hoffnung ist, dass Sie sich in diesen Worten und Geschichten wiederfinden; meine sprachlichen Unzulänglichkeiten unterliegen vollständig meiner Verantwortung. Ich danke für Ihre Geduld.

Einleitung

SIE SIND NICHT DEFEKT

Willst du das Große groß vollbringen,mußt du der eignen Kraft vertrau’n.

– Louise Otto-Peters, deutsche Frauenrechtlerin und Schriftstellerin (1819–1895)

Wäre es nicht fantastisch, wenn wir uns auf die Menstruation freuen könnten – oder sie zumindest nicht hassen, weil wir uns mit Krämpfen, immensen Stimmungsschwankungen, geschwollenen Brüsten und einer unangenehmen Aufgedunsenheit herumschlagen müssen? Wenn wir aufwachen würden und die Schmerzen der Endometriose nicht länger mit (starken) Betäubungsmitteln dämpfen müssten, um den Tag zu bewältigen? Wie toll wäre es, nicht »die Pille« gegen Periodenschmerzen, Akne, Endometriose oder PCOS (Polyzystisches Ovarialsyndrom) einzuwerfen? Wie toll wäre das Wissen um das Schwangerwerden, wenn Sie bereit sind, ohne ein Vermögen auszugeben sowie körperlichen und seelischen Stress bei Fruchtbarkeitsbehandlungen zu ertragen – oder wenn Sie wüssten, wie das erfolgreicher laufen kann? Wenn wir alle wüssten, dass wir uns auf eine gesunde Menopause freuen dürfen, ohne Hormonersatztherapie, gegen Hitzewallungen, Scheidentrockenheit oder Schlafstörungen, ohne eine Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie) wegen Myomen? Wie wäre es, jeden Morgen aufzuwachen und den Tag energiegeladen und Selbstvertrauen in Ihren Körper zu beginnen? Und – ich wage den Vorschlag – sich dabei sogar ein bisschen sexy zu fühlen?

Nach Antworten dazu haben Sie wohl schon im Internet recherchiert, vielleicht auch Ihre Ernährung umgestellt, haben Lebensmittelzusätze und Yogastunden genommen, oder Sie gehen zur Akupunktur, in die Naturheilkundepraxis oder zur Therapie, lassen sich gesundheitlich coachen oder alles zusammen. Gut gemacht! Doch sich durch diesen Morast an Meinungen und Ratschlägen von »Experten und Expertinnen« zu kämpfen, kann uns überwältigen, sogar ängstigen. Es gibt Unmengen an Informationen, die sich häufig auch noch widersprechen, und es ist schwer zu erkennen, wem und welchem Ansatz wir vertrauen können. Vielleicht haben Sie schon viel Zeit und Geld damit vergeudet, Verschiedenes auszuprobieren, erfolglos. Das ließe wohl jede von uns verzweifelt »Sch … drauf!« rufen und zur Schmerztablette greifen!

Willkommen zu einer neuen Frauengesundheit! Meine Einladung an Sie: Atmen Sie tief ein, alles ist möglich. Mit diesem Buch will ich mit Ihnen all das ändern: Ich biete praktische, umsetzbare und bezahlbare Empfehlungen, denen Sie vertrauen können, weil sie klinisch belegt sind, und die in der Tat helfen, Ihre hormonelle, gynäkologische und gesamtheitliche Gesundheit wiederherzustellen. Ich begleite Sie von nun an auf diesem Weg. Insgesamt 36 Jahre habe ich als Hebamme und Ärztin mit Abschluss in Yale (ja, ich bin beides!) mit Schwerpunkt weibliche Medizin gearbeitet. Dadurch weiß ich, warum es an der Zeit für eine grundlegende Wende ist, von der alten Praxis (eine Pille für jedes Leiden) hin zu einem Ansatz, der Frauen respektiert und ihre Fähigkeit zur Selbstheilung anerkennt, ohne dass Medikamente oder Operationen als erste und einzige Lösungsansätze für all unsere Beschwerden gelten. Ich weiß, dass Sie um Antworten bitten, und ich werden Ihnen welche liefern, die einen Unterschied machen.

Sicherlich griffen Sie zu diesem Buch, weil Sie ein hormonelles Ungleichgewicht oder ein gynäkologisches Leiden spüren, das von nervend und besorgniserregend bis ernsthaft oder kräftezehrend reichen kann. Vielleicht wissen Sie auch nur, dass etwas im Busch ist, und können keine Diagnose erzielen, wollen aber Gewissheit. Vielleicht wurden Sie auch diagnostiziert und sind nun völlig verwirrt. Und vielleicht suchen Sie nach natürlicheren Lösungswegen als eine medikamentöse oder operative Behandlung, die angeblich »das einzig Wahre« sei.

Wenn Sie sich fragen, was zur Hölle mit Ihrer Menstruation los ist, wenn Sie sich krank und ermüdet von Ihren Hormonen fühlen (erst kürzlich oder solange Sie zurückdenken können!) oder sich einfach unwohl fühlen, Monat für Monat oder tagtäglich, wenn Sie sich für natürliche Alternativen interessieren, aber keine Ahnung haben, was sicher und effektiv wirkt, oder wenn Ihre Fragen, von denen Sie ziemlich sicher waren, dass sie mit Ihrem Hormonzustand zu tun hatten, von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin abgewiesen wurden und Sie keine richtige Antwort erhalten konnten, was gerade mit Ihnen los ist, dann sind Sie nicht allein. Und nun hat Ihre Suche ein Ende.

Ob Sie nun mit spezifischen Symptomen kämpfen oder mit einem der sieben Hauptleiden, die ich in diesem Buch behandle, ob Sie neugierig sind und mehr über Hormone und Ihren Körper erfahren wollen oder ob Sie gar nicht sicher sind, ob ein hormonelles Ungleichgewicht Ursache Ihres Zustands ist – dieses Buch beantwortet die Fragen: Was sind gesunde Hormone und was kann ich dafür tun?

Hormonell bedingte Beschwerden

Sie zeigen sich in vielfältiger Weise; viele davon behandle ich in meiner Praxis. In diesem Buch finden Sie Tipps zur Linderung von:

PMS (Prämenstruelles Syndrom)

PCOS (Polyzystisches Ovarialsyndrom)

Unfruchtbarkeit

Endometriose

Fatigue, Energielosigkeit

hormonell bedingte Migräne und Kopfschmerzen

Menstruationskrämpfe

Frühgeburten

monatlich: spannende Brüste und Knoten in den Brüsten

Schlafprobleme

Probleme mit den Schilddrüsen

Gewichtszunahme

Angststörungen oder Depressionen

Myome

Akne

zervikale Dysplasie (abnormale Zellveränderungen in der Gebärmutter)

chronische Scheideninfektionen

Gelüste (nach Zucker, Kohlenhydraten, Salz)

Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Depressionen

Auftreten von Brust-, Gebärmutterkrebs oder anderen Krebsarten im gynäkologischen Bereich in der Familie oder bei der Patientin

Haarausfall

unregelmäßige, ausgelassene oder schmerzhafte Perioden

geringer (oder gar kein) Sexualtrieb

Symptome der Perimenopause (Hitzewallungen, Scheidentrockenheit, geringe Libido)

Osteopenie (Minderung der Knochendichte) bis Osteoporose (starke Osteopenie)

pre- oder postnatale Depressionen

Menstruationsbeschwerden

Verborgene Hormonepidemie

Warum will ich Sie so leidenschaftlich gern auf diesem Weg begleiten? Weil ich glaube, dass Sie es verdienen, kraftvoll durchs Leben zu gehen, und dass unsere Hormone so ziemlich alles beeinflussen. Ganz einfach gesagt: Wenn unsere Hormone nicht happy sind, dann sind wir es auch nicht! Außerdem weiß ich als Frau, Hebamme und Ärztin sowie als Mutter dreier Kinder, dass Sie bessere Antworten benötigen, als die meisten Frauen beim Praxisbesuch erhalten.

Sie werden hier erfahren, dass wir mitten in einer versteckten Epidemie leben, in der eine außergewöhnlich hohe Anzahl an Frauen aller Lebensalter und -situationen – mindestens 80 % von uns – mindestens in einer Phase mit einer schwerwiegenden gynäkologischen Problematik kämpfen, sodass unsere Lebensqualität, unsere Arbeit und unsere gesamtheitliche Gesundheit in Mitleidenschaft geraten. Und obwohl vom Teenageralter bis in die Menopause hinein im vergangenen Jahrzehnt ein immenses Ausmaß an hormonellen Erkrankungen zu verzeichnen war, geben immer noch zu viele im medizinischen Bereich allzu bereitwillig die Antwort: »So ist das jetzt einfach.« Sie zucken mit den Schultern und sagen: »Nehmen Sie die Pille.« Den Frauen wird auf allerlei Weise gesagt, es sei keine große Sache.

Doch das ist es. Viel zu viele Frauen haben schon viel zu lange viel zu viel ertragen.

Schluss mit falscher Behandlung

Unsere hormonelle Gesundheit ist unerlässlich für unser Wohlbefinden – auch die Wirtschaft wird beeinflusst von Krankentagen wegen Schmerzen, Depressionen und anderer Beschwerden – doch immer noch wird dieser Gesundheitsaspekt kurzsichtig und medizinisch unklar betrachtet.

Das ist nichts Neues. Frauen wurde seit Jahrzehnten gesagt, ihr Unbehagen während der Menstruation sei normal, Schmerzen beim Sex seien normal, die Antibabypille 15 Jahre lang gegen Beschwerden zu schlucken sei normal. Ich habe mit unzähligen Frauen gearbeitet, die von ihren Ärzten und Ärztinnen entlassen – oder geschasst – wurden oder die ein Rezept erhielten für eine Verhütungspille, etwas für besseren Schlaf, etwas gegen die Schmerzen – anstatt dass sie eine Erklärung bekamen für das, was wirklich »da unten« vor sich geht. Und allzu vielen wurde das Gefühl vermittelt, das spiele sich nur in ihren Köpfen ab.

Das medizinische Fachpersonal redet den Patientinnen häufig Schamgefühle ein, dass ihr Zustand von schlechten Genen, Pech, ihrem Gewicht oder ihren schlechten Gewohnheiten käme. In der Medizingeschichte kennt man die Zuweisung von Schuld auf die Patientin: Endometriose bekamen Frauen, die nicht zu Hause arbeiteten, einen geringen Sexualtrieb die »Frigiden«, die ihren »Pflichten als Ehefrau« nicht nachkamen, Migräne hatten jene, die sich von der Hausarbeit lösen wollten, nur als Beispiele. Oder man sagte uns: »Das ist nur das Alter.« Ich hatte Patientinnen, die in ihren Zwanzigern waren, die das zu hören bekommen hatten!

Wahrlich erschreckend jedoch ist, wie häufig wir dazu gedrängt werden, Medikamenten oder chirurgischen Eingriffen zu vertrauen. Mithilfe einer umgestellten Ernährung, körperlicher und seelischer Unterstützung und natürlicher Hilfsmittel inklusive zielgerichtet eingesetzter Nahrungsergänzungsmittel und Kräuter könnten viele Leiden genauso gut gelindert werden. Medikamenteneinnahme und Operationen können ungewollte Nebenwirkungen mit sich bringen, mit denen Betroffene teils jahrzehntelang leben müssen. Wir wurden auf unsere eigenen Kosten mit zu vielen Pillen vollgestopft. Unsere natürlichen Rhythmen wurden dadurch von der Pubertät bis zur Menopause für krankhaft gehalten. Das alles gilt nicht für alle Frauen gleichermaßen; eine »weiße« Frau auf der Suche nach medizinischem Rat mag als »schwierig« kategorisiert werden, bekommt aber immerhin meist eine Behandlung, wenn nicht gar zu viel davon. People of Colour dagegen hören mit höherer Wahrscheinlichkeit, sie sollten es weglächeln und ertragen, sie erhalten weniger wahrscheinlich die passende Behandlung oder gar überhaupt eine.

So brutal es sich anhört, ich muss es beim Namen nennen: schlechte medizinische Behandlung. Als Hebamme, Ärztin, Mutter und Großmutter kann ich es nicht ertragen, wenn einer Frau das Gefühl vermittelt wird, ihr Körper sei defekt. Oder wenn sie medizinisch falsch behandelt wird. Mein Berufsleben lang setze ich mich für die weibliche Gesundheit ein, und als Frauenärztin sage ich: Es reicht. Genug mit Bodyshaming und Schuldgefühlen für die Frau! Genug des schlechten medizinischen Rats.

Wir brauchen eine gesunde neue Normalität. Wir sollten nicht einfach akzeptieren, dass eine von drei Frauen mit einem hormonellen Problem kämpft, es nicht als neue Norm anerkennen. Auch Übermedikation und schlechte medizinische Behandlung sind inakzeptabel. Sie verdienen mehr. Sie verdienen Besseres. Sie verdienen es, gehört, angenommen und respektiert zu werden. Sie verdienen es, sich bestmöglich zu fühlen. Und Sie verdienen es, wieder an Ihren einzigartigen Körper zu glauben. Mit diesem Buch beginnen wir hoffentlich mit dieser Rückeroberung Ihres eigenen Körpers, was auch für Ihr gesamtes Leben gilt.

Unsere innere Leitlinie

Wir sind kein Haufen unzusammenhängender Teile, obwohl die Medizin uns so behandelt. Wir alle sind Individuen, und jeder Aspekt des Lebens beeinflusst unsere hormonelle Gesundheit – angefangen bei genetischen Anlagen über Ernährung und Arbeit bis zum (Ehe-)Partner oder Körperpflegeprodukten oder das Wohnumfeld. Es geht hier nicht um romantische Ideen. Ja, ein Zusammenspiel von allem auf der Welt hat auch etwas Spirituelles, es ist eine Lebenseinstellung, doch das Konzept von internen und externen Ökosystemen, die unsere Physiologie formen, gründet sich ebenso auf exakter Wissenschaft.

In der Tat bildet sich gerade ein neues wissenschaftliches Feld aus, exposome science, das uns die Zusammenhänge von Neurobiologie, Endokrinologie, Immunologie, Mikrobiologie und mehr zeigen will. Ich erkläre Ihnen, wie das mit den Hormonen und Ihrer gynäkologischen Gesundheit in Verbindung steht. Dieser Ansatz ist wichtig, denn er erlaubt uns eine individuellere Behandlung, doch die Schulmedizin ist noch nicht an Bord. Dementsprechend versäumt es das medizinische Fachpersonal häufig, die Wurzeln eines Ungleichgewichts zu behandeln, und dadurch kann es zu manchmal auch recht langfristigen Folgen kommen.

Ich will Ihnen zeigen, was mit unseren Hormonen passiert und warum. Nach jahrzehntelanger Erfahrung weiß ich: Einige Hauptursachen führen zu einem Ungleichgewicht, was wiederum hormonelle Beschwerden und gynäkologische Leiden hervorrufen kann. Zwar ist jede Frau einzigartig, doch wir leben gemeinsam in derselben Welt, wo ähnliche Kräfte am Werke sind, die unsere Hormone aus dem Tritt bringen. Wir werden nachspüren, was in Ihrem Umfeld, in Ihrem Körper und mit Ihren Hormonen so los ist. Dann arbeiten wir am Neustart Ihrer Hormone. Egal in welcher Form hormonelles Ungleichgewicht sich in Ihrem Leben bemerkbar macht, wenn wir die häufig verborgenen Ursachen angehen, bekommen wir auch die daraus resultierenden Beschwerden zu fassen. Ich werden Ihnen zeigen, was passiert, wenn Sie mit der natürlichen Blaupause zusammenarbeiten, die Ihren Zyklus, Ihre Hormone und gynäkologische Gesundheit steuert.

Nebenbei sehen wir uns an, warum wir dem Glauben verfallen konnten, dass es normal sei, zu leiden, »weil wir Frauen sind«, oder dass Ihre Beschwerden oder gefühlten Disharmonien von eigenen körperlichen Fehlern herrühren. Mit meiner Hilfe lernen Sie, Ihre Hormone als Geheimsprache und wie einen inneren Wegweiser zu deuten – Ihre Hormon-Intelligenz. Dazu erhalten Sie von mir Tipps, wie Sie diese geheimen Nachrichten verstehen lernen und Ihre körperliche Weisheit nutzen können. Legen Sie mit mir die kulturell geprägten negativen Einstellungen zu Ihrem Körper, der Menstruation, Sex und vielem mehr ab. Es sind hinterlistige Normen, die uns Frauen als »hormongesteuert« vorverurteilen, also als unberechenbar und irrational. Sie beschämen uns und lassen das Gefühl entstehen, es gebe etwas grundlegend Minderwertiges oder »Ekliges« am Frausein. Indem Sie erkennen, wie diese archaischen und doch tief verwurzelten patriarchischen Botschaften, die auch in der Medizin zuhauf anzutreffen sind, eine verzerrte Sichtweise erschufen, können Sie die Macht über Ihren Körper und über Ihre Gesundheit wiedererlangen, und zwar in einer ganz neuen Art und Weise. Hiermit bitte ich Sie offiziell um das Drücken der Pausetaste, genau jetzt: Schluss mit den Selbstvorwürfen!

Ein wagemutiges Versprechen

Sie sollten sich in Ihrem Körper ganz wie zu Hause fühlen, eins mit der Macht Ihrer Hormone und am Steuer Ihrer gynäkologischen Gesundheit sein. In einer Praxis nach der anderen mag man Ihnen mitgeteilt haben, Ihren Beschwerden sei nicht beizukommen. Doch es gibt immer mehr als das, was man Ihnen erzählte, und auch mehr als das, was das ärztliche Personal gelernt haben mag. Und die Wissenschaft gibt uns exakte Antworten.

Hier mein mutiges Versprechen: Es gibt Aussicht auf Besserung für Sie. Statt wie viele andere Bücher und Programme, die mit einem wundersamen Wandel über Nacht oder innerhalb von 7 Tagen werben, biete ich Ihnen bleibende Besserung. Sie gründet sich auf der Pflege einer tieferen Balance, die mittels kleinerer Wechsel im Tagesrhythmus vonstatten geht, was auch wissenschaftlich erwiesen zu großer Veränderung führt. Tag für Tag, Zyklus für Zyklus, im Wechsel der Jahreszeiten Ihres Lebens. Gesund ist man zu den 98 % der Zeit, die man nicht zum Arzt oder zur Ärztin geht. Die Achterbahnfahrt kann beendet werden, wenn Sie sich das Wissen über die zahlreichen Einflüsse, die unsere Hormone aus dem Gleichgewicht bringen können, machtvoll aneignen. Sie werden erkennen, dass Sie mitnichten einfach verkrampft grinsen und alles ertragen müssen. Ich zeige Ihnen auch, warum es so wichtig ist, dass Sie genau das nicht tun – denn Ihre Hormongesundheit ist ein essenzielles Vitalzeichen für Ihre gesamte Befindlichkeit.

Zunächst möchte ich noch einigen vorgefassten Ansichten bezüglich einer ganzheitlichen Gesundheit ein Ende machen. Es gibt sehr viel Mist da draußen, der integrative Medizin schlechtredet; das lassen wir mal beiseite. Ganzheitliche Gesundheit ist in meinen Augen nicht eine Frage von unbegründeten Praktiken, Unmengen von Ergänzungsmitteln oder das Ausblenden von Schulmedizin, in Fällen, wo diese helfen kann. Für mich geht es um einen gesundheitlichen Ansatz für die gesamte Frau.

Im Gegensatz zu anderen Autorinnen und Autoren werde ich Ihnen nicht von der Einnahme Ihrer Medikamente oder Hormone abraten oder Ihnen den Besuch bei einer schulmedizinischen Vertrauensperson ausreden, wenn Sie das brauchen oder schlichtweg vorziehen. Ich empfehle nicht, dass Sie das medizinische Kind mit dem Bade der Medikamentenindustrie ausschütten. Es gibt den richtigen Moment und Grund für eine Hormontherapie oder sogar eine Operation. Doch ich will, dass Sie verstehen, warum Medikamenteneinnahme oder operative Eingriffe häufig nicht die einzigen, besten, sichersten oder gar effektivsten Lösungen sind – und dass es einen anderen Weg gibt, der die Wirksamkeit von Heilmitteln aus der Ernährung, Kräuterkunde und anderen natürlichen Bereichen anerkennt. Häufig fast besser noch: Versuchen Sie es zunächst mit mehr Selbstfürsorge und Achtsamkeit.

Mein Ansatz ist ganzheitlich, weil ich mir anschaue, wie Ihr gesamtes Leben Ihr Wohlbefinden beeinflusst – dazu gehören verdeckte Gefahren, fehlende Nährstoffe und weitere wichtige Faktoren, die Sie kennenlernen werden und die Sie selbst beeinflussen können. Ich führe Sie durch meine bevorzugten und effektivsten hormonfreundlichen Praktiken, Techniken und Hilfsmittel, die auch meine Patientinnen nutzten, um ihr Leben umzustellen, und die ich mit meinen Freunden und meiner Familie teile; auch ich nutze sie. Es handelt sich um eine perfekte Mischung aus ursprünglichen Ansätzen und moderner Medizin, auf der Basis von gesundem Menschenverstand – eben das Ergebnis, wenn eine Hebamme und Ärztin ein Buch über weibliche Hormone schreibt.

So helfe ich Ihnen bei der Suche nach Behandlungsmöglichkeiten, die Ihnen wirklich zusagen, und erkläre, wie Sie Ihre Hormone verstehen und mit ihnen, nicht gegen sie, arbeiten können. Dann stehen Sie nämlich auf derselben Seite im Kampf gegen den Alltagsstress. Sehen Sie Ihren Körper dementsprechend als Verbündeten und nicht als Feind. Nehmen Sie Ihre Hormone als Kompass wahr, der sich an einer tief liegenden, körpereigenen Intelligenz ausrichtet – was übrigens zu dem Titel dieses Buches führte. Ihr Körper ist keine Quelle von Qual, Fehlfunktion oder Krankheit: Erreichen Sie mit dieser Einstellung eine vielleicht ungekannte Art von Gesundheit, Energie, Wohlbefinden und Lebenskraft! Ich lade Sie hiermit herzlich ein zu einer neuen Beziehung ein mit der wichtigsten Person in Ihrem hormonellen Leben: SIE selbst.

Den Boten trifft keine Schuld

Ihr Körper ist nicht der Feind, und ein hormonelles Ungleichgewicht entsteht nicht zufällig. Es bedeutet nicht, dass Sie »kaputt« oder verrückt sind. Vielmehr lautet so die vernünftige Antwort Ihres Körpers auf eine verrückte Welt, die Ihnen ein Leben abverlangt, das komplett gegensätzlich zu Ihrer natürlichen hormonellen Blaupause abläuft. Ihre Hormone, Symptome und Beschwerden sind wichtige Zeichen, die Ihnen schlagkräftige Informationen als eine Art Kompass an die Hand geben. Eine vollständige innere Navigationshilfe, in diesem Sinne auch ein Warnsystem, das Ihnen aufzeigt, wenn Ihnen etwas für Ihre hormonelle Gesundheit fehlt – also auch für Ihr bestmögliches ganzheitliches Wohl. Früher schickte man Kanarienvögel den Minenarbeitern voran in die Kohlegrube, um sie vor Gefahren und Giften zu warnen, die ihr Leben bedrohen würden. Ähnlich ist ein hormonelles Ungleichgewicht ein sensibles, frühes Warnsignal vor potenziell größeren Gefahren für unser Wohlergehen.

Hormone sind wie die Hintergrundmusik unseres Lebens. Sie arbeiten eher ruhig und ohne viel Aufmerksamkeit zu erregen, eine Ansammlung individueller Töne, die harmonisch zusammenarbeiten und unser Gefühlsleben ergeben, unsere Energielevel, die Konzentration und Motivation bestimmen, um nur einige Möglichkeiten zu nennen, wie sie uns unterschwellig beeinflussen können. Sind sie optimal abgestimmt, dann summt unser Körper in einem schön regelmäßigen Rhythmus, der uns ohne größere Zwischenfälle durchs Leben trägt – auf den körperlichen, emotionalen oder mentalen Kanälen ohne Rauschen. Denken Sie an Jazz oder R&B, einen kräftigen, regelmäßigen Beat, zu dem Sie immer tanzen könnten.

Hormone existieren in einem konstanten Beziehungsgeflecht miteinander sowie mit Zellen, Geweben, körperlichen Systemen und Organen in unserem Körper. Sie verbinden die vielen Teile, etwa Gehirn, Eierstöcke oder Gebärmutter, mittels Schnellschienen und Signalen. Sie kommunizieren unaufhörlich miteinander und reagieren stets auf ihre Umgebung. Für dieses einzigartige Zusammenspiel benötigen sie den richtigen Input, in passender Menge und von einem größeren Ökosystem um sie herum, dabei jedoch nie zu viele schädliche Einflüsse.

Bezeichnungen

Definitionen von (etwa anatomischen) Fachbegriffen finden Sie im Glossar, >. Der Einfachheit halber verwende ich die Begriffe »Hormonungleichgewicht« und »hormonell bedingte Krankheiten« wechselweise. Beides bezieht sich auf hormonelle Leiden und auch gynäkologisch bedingte Probleme der Fortpflanzung, darunter PMS, Endometriose, PCOS, Gebärmuttermyome, Fruchtbarkeitsstörungen und all die anderen Symptome und Beschwerden von Frauen, die in diesem Buch behandelt werden.

Unsere genetische Veranlagung kann uns sicherlich bestimmten Krankheitsbildern näherbringen, doch schätzungsweise nur etwa zu 15 % können die Gene für die Entstehung von chronischen Leiden verantwortlich gemacht werden. Was ist mit den restlichen 85 %? Nun, die beruhen auf Einflüssen aus der Umwelt. Damit meine ich jedoch nicht einfach Gifte auf unserem Planeten. Ich beziehe mich dabei auf die zwei wichtigsten Ökosysteme, die unsere Gesundheit beeinflussen: ein inneres und ein äußeres, beide bilden zusammen das Exposom. Dazu gehört die Ernährung samt Verdauung, es geht um Stressauslöser und Nervenstärke, Kontakt mit Giftstoffen und wie kräftig das innere Entgiftungssystem arbeiten kann, Entzündungswerte und wie wir unseren Alltag gestalten, wie groß die Zerstörung von Zellstrukturen ist und wie der Körper dieser entgegenwirken kann, dazu gehört auch Ihre Darmgesundheit und vieles mehr. Das Exposom ist die Kombination von allen täglichen und lebenslänglichen Auseinandersetzungen mit dem Außen, die wir ab der Empfängnis erleben.

Und hier taucht ein weiterer Paradigmenwechsel auf. Zwar mögen Ihre Symptome störend und besorgniserregend sein, doch sie sind nicht das Kernproblem. Ihre Hormone übermitteln eine Rückmeldung in Echtzeit, wie all diese Faktoren Sie als Ganzes beeinflussen. Hormone sind wie Ihre Siri, die elektronische Sprachintelligenz, die aus Ihrem Smartphone zu Ihnen spricht – doch statt einer Künstlichen Intelligenz handelt es sich hier um eine innere Weisheit (ich nenne sie Hormon-Intelligenz), die zu Ihnen spricht und Ihnen Informationen über Ihre Gesundheit mitteilt. Unsere Hormone sind ein hochsensibles »Radar«, das uns warnt, wenn etwas die Signalwege stört. Dieses Signalrauschen, das von exposomer Ungleichgewichtung herrührt, verursacht hormonell bedingte Beschwerden. Manchmal handelt es sich um kleinere, die wir als normales Unwohlsein und Unannehmlichkeiten abschreiben mögen, wie Menstruationskrämpfe oder Kopfschmerzen vor der Menstruation. Manchmal sind es auch gewaltige, lärmende und zerstörerische Beschwerden, die unsere Aufmerksamkeit fordern, wie Fruchtbarkeitsprobleme, PCOS, Endometriose, kräftezehrende Schmerzen im Beckenbereich, Beschwerden in der Menopause und mehr. Statt eines sanft schwingenden Beats fühlt man sich dann, als lebte man bei uneingeschränktem Höllenlärm!

Haut und Haar, Menstruationszyklen, Regelmäßigkeit der Verdauung, Beschaffenheit des Schlafs, Sexualtrieb, Launen, Fruchtbarkeit, wie viel Menstruationsschmerzen Sie erleben – oder Schmerzen im Allgemeinen – und andere Anzeichen werde ich Ihnen als Messlatten für unsere inneren und äußeren Ökosysteme, die unsere Gesundheit unterstützen, vorstellen. Nur wenige von uns wissen, dass diese Informationen dabei helfen, unsere hormonelle Gesundheit zu »lesen«, die Botschaften zu verstehen und Veränderungen herbeizuführen, um ein regelmäßiges und gesundes Hintergrundsummen wiederherzustellen.

Lange haben die Medizin- und Pharmaindustrie uns glauben gemacht, dass unsere Körper defekt seien, dass wir keine Kontrolle über unsere Hormone oder unsere Gesundheit hätten und dass unsere gynäkologischen Organe im Grunde nur eine Katastrophe auf Abruf seien. Doch dies ist weit entfernt von der Wahrheit. Nach 30 Jahren Forschung und klinischer Praxis weiß ich, dass die Vorgänge in unseren Körpern nicht unser Verschulden sind. Ihr Körper ist alles andere als defekt. Ihr Körper ist ein wunderbares Heim für IHR SELBST. Defekt sind stattdessen unsere Ernährung, unsere Umwelt, eine Kultur, die uns zwingt, gesunde Schlafrhythmen aufzugeben – und unser Gesundheitssystem. Defekt ist unsere Wahrnehmung von Hormonen: Wir »beschuldigen den Boten«, unterdrücken die Hormone und fühlen uns selbst schlecht, anstatt der Ursache für dieses hormonelle Chaos auf den Grund zu gehen.

Diese Fehlerziehung kostet uns etwas: Sie ließ eine angstvolle Atmosphäre des Misstrauens gegenüber unserem Körper entstehen. Und wir verloren dadurch unsere Verbindung zu einer der mächtigsten und wesentlichsten Informationsquellen, die wir haben – unserer Hormon-Intelligenz. Ihr Körper versucht Ihnen mithilfe der Hormone etwas sehr Wichtiges mitzuteilen. Und er lügt niemals. Dieses Buch will Sie mit einem revolutionären Ansatz vertraut machen, bei dem Sie Ihre Hormone und Symptome als essenzielle Zeichen Ihres inneren natürlichen Leitsystems anerkennen.

Was wir nicht wissen, kann uns schaden

Zahlreiche Symptome und hormonelle Beschwerden können potenziell ernsthafte Erkrankungen nach sich ziehen – es gibt nicht nur unmittelbare Anzeichen, sondern auch solche, die unsere Lebenszeit verkürzen können, wie Adipositas (krankhaftes Übergewicht), Diabetes, Krebs in Sexualorganen oder anderen Körperteilen, der aufgrund von höheren Östrogenleveln entstanden ist. Hormonelles Ungleichgewicht hat nachweislich nicht nur einen ernst zu nehmenden Einfluss auf weibliche Gesundheit, sondern auch auf Selbstbewusstsein, Lebensqualität, Beziehungsfreude und sogar auf Finanzen und Karriere wegen Fehlzeiten oder einfach der mangelnden Energie, nach der nächsten Stufe der Karriereleiter zu greifen.

Verbuchen wir hormonelles Ungleichgewicht und gynäkologische Leiden einfach als normal und lästig, so verbannen wir uns selbst in ein Leben voller Behandlungen, die ernsthafte Folgen haben können. Die »Pille« wird so häufig verschrieben, dass die meisten Frauen sie gar nicht als Medikament wahrnehmen, und die meisten Ärzte und Ärztinnen blenden aus, dass sie ernsthafte Nebenwirkungen haben kann. Keine Panik! Deshalb lesen Sie dies – ich zeige Ihnen die andere Seite der Medaille, jene mit den sicheren, wirksamen und erschwinglichen Lösungen zu den hormonellen Problemen, die Sie dieses Buch aufschlagen ließen.

Die Lösung: Hormon-Intelligenz

»Ja, aber, Dr. Romm, wie kann nur ein einziger Ansatz all diese scheinbar unabhängigen hormonellen Probleme wie Unfruchtbarkeit UND Angststörungen UND starke Blutungen kurieren?« Meine Antwort: »Weil sie alle zusammenhängen – und ich zeige Ihnen, wie!«

Hormon-Intelligenz ist der Ansatz, den ich in über 35 Jahren entwickelt habe, während ich Frauen dabei half, ihre Hormone wieder in den Griff zu bekommen und sich wie sie selbst zu fühlen. Er basiert auf soliden Forschungsergebnissen und baut die Verbindung Hirn-Eierstöcke-Gebärmutter wieder auf, sodass Hormone in Rundschaltung wieder klar kommunizieren können – dieser Kreislauf kontrolliert Laune, Geist, Zyklen, Gewicht, Schlaf und auch unser Hirn sowie Knochenstärke und Herzgesundheit, jetzt und auf lange Sicht. Das funktioniert, weil der Kreislauf unseren Körper mit jenen speziellen Komponenten versorgt, die Frauen für eine gesunde Hormonproduktion benötigen, während er gleichzeitig Störendes aus dem Weg räumt: chronische Entzündungen, Gifte, Stress, schlechte Ernährung und weitere »Feuer«, die unser hormonelles Alarmsystem anschlagen lassen. Hormon-Intelligenz stützt sich auf verlässliche Forschung über die Dinge, die unsere Hormone »ticken« lassen, und jene, die sie behindern; sie brachte echte Erfolge für echte Frauen, von denen Sie ein paar in den späteren Kapiteln kennenlernen werden (ich habe die Namen geändert und Patientinnengeschichten auch mal vermischt).

Solch ein veränderter Lebenswandel ist ein essenzieller und grundlegender erster Schritt für eine Frau, die unter hormonellem Ungleichgewicht leidet. Doch für jede Veränderung im »Außen«, etwa einer Ernährungsumstellung oder einem anderen Rhythmus im Alltag, zu der ich Sie ermutige, biete ich auch den Wandel im »Innen«, wie etwa eine gesündere Kommunikation mit Ihrem Körper. Diese Balance zwischen dem Innen und dem Außen ist machtvoll und unerlässlich; sobald Sie verstanden haben, was die Hormone Ihnen mitteilen, können Sie mit gesundem Input reagieren – vertrauen Sie darauf, dass dann auch Ihr Körper reagieren wird.

Dieses Buch nimmt Sie mit auf eine heilsame Reise. In Teil 1 erkläre ich, warum hormonelle Probleme heutzutage so häufig sind und wie ein hormonelles Ungleichgewicht aussieht, wie man erste Symptome und gynäkologische Beschwerden als wichtige Zeichen deuten und wie man verstehen kann, was sie uns sagen wollen.

In Teil 2 lernen Sie alles über die sechs Hauptursachen, die im Zentrum der hormonellen Epidemie liegen, der wir uns heute gegenübersehen. Ich zeige Ihnen, wie Sie meinen Therapieplan in 6 Wochen umsetzen können. Verändern Sie Ihr Leben, indem Sie Ihre hormonelle Gesundheit neu starten und optimieren. Dadurch können Sie häufigen gynäkologischen Leiden den Garaus machen.

In Teil 3 gebe ich Ihnen eben jene zielgerichteten symptom- und leidensspezifischen Specials an die Hand, die ich in meiner Praxis verwende, um den Therapieplan der Hormon-Intelligenz zu unterstützen. Mithilfe dieser erweiterten Leitlinien können Sie das Programm individuell auf Ihre Ziele und die Schwere Ihrer Leiden abstimmen.

In Teil 4 entern wir Ihre Küche mit Rezepten, die Ihnen das mühsame Kopfzerbrechen abnehmen, was es heute Gesundes, Sättigendes und Köstliches zu essen geben soll. So erhalten Sie hoffentlich so viel Inspiration, dass Sie lebenslang hormonell gesund essen können.

Über Erwartungen

Lassen Sie mich eines zu Beginn klarstellen: Wenn Sie eine Wunderlösung mit Feuerwerk im Hintergrund erwarten, die sich auf überzogene Versprechungen und übertriebene Behauptungen stützt, sind Sie hier falsch. Uns wurde suggeriert, wir könnten eine Pille schlucken und das Ergebnis innerhalb einer Stunde sehen. Gesundwerden funktioniert aber anders. Hier möchte ich den überholten Ansatz im Gesundheitswesen, dass man Leiden schnell und mit Allheilmitteln geregelt bekommt, neu ordnen. Lassen Sie uns den Glauben über Bord werfen, dass wir alles möglichst schnell erledigen müssen, damit es auch geschieht, und dass Ergebnisse unmittelbar und drastisch erkennbar sein müssen, damit wir sie als solche anerkennen können.

Mit Hormon-Intelligenz will ich Ihnen einen vitalen und nachhaltigen Weg zu einer lebenslangen hormonellen und gynäkologischen Gesundheit aufzeigen. Die Ursachen für Ihr hormonelles Ungleichgewicht sind komplex und bestehen aus mehreren Faktoren. Das geschah nicht über Nacht, und dieser Zustand wird ebenso wenig über Nacht zu ändern sein. Hier kommt ein Wiederaufbauplan, und es ist wichtig, dass Ihr Körper auch die Zeit zugestanden bekommt, zu heilen, sich auszuruhen und wieder die Balance zu finden. Diesem Prozess sollten Sie unbedingt mit Geduld begegnen. Es dauert Wochen, wenn nicht gar Monate, bis sich schwerwiegendere Symptome und Leiden lindern oder gar zum Verschwinden bringen. Doch es ist möglich!

PCOS kann sich zurückbilden, Frauen mit Endometriose können auf einen Rückgang der Wundherde und Symptome hoffen, und es gibt zumindest ein paar Babys auf dieser Welt, die Avi oder Aviva heißen. Ihre Mütter, als unfruchtbar diagnostiziert, hatten sich genau an Vorgaben in diesem Buch gehalten. Ich glaube ganz fest daran, dass Ihre Diagnose nicht zwangsläufig Ihr Schicksal ist! Doch einige Leiden sind komplex; es kann also durchaus eine Kombination aus konventionellen und alternativen Methoden angebracht sein. Aus diesem Grund ist ein integrativer, ganzheitlicher Ansatz so herrlich: Alles in diesem Buch kann für sich allein angewendet werden oder, bei Bedarf, gemeinsam mit Schulmedizin.

Trotz dieser Vorrede können Sie durchaus nach nur etwa 1 Woche meines Programms kleine Veränderungen wahrnehmen: Verbesserungen im Energiehaushalt (»Ab die Post!«), bei der Verdauung (»Ade, ihr Blähungen!«), beim Schlafen (»Seufz, endlich …«), oder im Kognitiven (eine Patientin nannte es »endlich wieder mit Licht fahren«). Das alles kann sich schnell einstellen. Oder weniger Verlangen nach Süßem, weniger Angstzustände oder depressive Stimmungen, mehr Selbstachtung. Vielleicht strahlt Ihre Haut oder glänzen Ihre Haare mehr – Freunde fragen, was Sie verändert haben. Sie wollen Ihr Geheimrezept. So wunderbar reagiert Ihr Körper, wenn Sie sich selbst das zugestehen, was Sie brauchen.

Bereit für den Neustart und bereit dazu, endlich aus der Hormon-Achterbahn auszusteigen? Gießen Sie sich eine Tasse Tee ein, kuscheln Sie sich in Ihren Lieblingssessel und lesen Sie weiter, was ich Ihnen alles über weibliche Gesundheit und Hormone zu erzählen habe. Lassen Sie uns gemeinsam in Ihre Hormon-Intelligenz eintauchen und Lösungen für Ihre Beschwerden finden – auch für die schier unheilbaren. Stopp dem Leid! Ihr Körper wartet nur darauf, dass Sie rufen: »Ja, ich will!«

TEIL 1

Sich selbst erkennen

HORMON-INTELLIGENZ VERSTEHEN LERNEN

1. Die verborgene Hormonepidemie

Geschichten sind Daten mit Seele, sagt man. Während meiner Karriere als Hebamme und Frauenärztin hatte ich das Privileg, Zehntausende von Frauengeschichten zu hören und wie hormonelle Gesundheit Leben veränderte. Einige Frauen haben kleinere, aber chronische Beschwerden, die sie »einfach ertragen« oder mit Medikamenten wie Ibuprofen oder der Verhütungspille bezähmen; viele haben wiederkehrende oder tägliche Leiden, die Ängste oder Schamgefühle hervorrufen. Und eine überraschende Menge an Frauen lebt mit schmerzhaften Zuständen, die einen unbeschwerten Alltag oder ihre Zukunftspläne beeinflussen.

All diese Geschichten haben eines gemeinsam: Besuche bei Ärzten und Ärztinnen, bei denen Frauen unsichtbar wurden, wo ihre Sorgen ignoriert und abgetan, bei denen Frauen respektlos behandelt wurden. Ein bestürzender Anteil Betroffener wurde dabei herabgesetzt, ihnen wurde gesagt, sie seien zu »dramatisch«. Zu viele von uns hatten Schwierigkeiten, eine Arztperson des Vertrauens zu finden, oder sie trafen auf eine überraschende Sorglosigkeit beim medizinischen Personal. Kaum jemand berichtete mir von Hilfe außerhalb des Rezeptblocks.

Zu viele Frauen hörten von ihren Ärzten und Ärztinnen: »Das ist nur der Stress, Sie müssen sich mehr entspannen«; »Das ist normal bei Frauen mit hormonellem Ungleichgewicht, warum versuchen Sie es nicht mit der Pille?«; »Nehmen Sie Schmerzmittel oder Antidepressiva/Mittel gegen Angstzustände oder Schlaftabletten« oder: »Sie sollten sich wirklich operieren lassen.« Viele verließen die Arztpraxis danach mit dem Gedanken, das sei »alles nur in meinem Kopf«, wie es von ärztlicher Seite aus suggeriert wurde – oder gar gesagt! Viele haben es jahrelang allein versucht, unsicher, ob ihre Beschwerden normal oder ein Zeichen dafür waren, dass etwas Ernsthaftes nicht erkannt worden ist. Zu viele nehmen Tabletten, was sie gar nicht möchten, müssen über Operationen entscheiden, für die sie sich zu jung fühlen. Sie alle spüren den enormen Einfluss von hormonellem Ungleichgewicht auf ihr Privat- und Berufsleben.

Immer wieder erstaunt mich die Kraft von Frauen, all diese Herausforderungen zu meistern und sich gleichzeitig dem Alltag zu stellen.

Ungesehen, ungehört

Bei mir melden sich Mütter, Lehr- oder Führungskräfte, Studentinnen, Schauspielerinnen, Ärztinnen oder Krankenpersonal, Yogalehrerinnen, Barkeeperinnen, Autorinnen, Pilotinnen, Rechtsanwältinnen, Verkäuferinnen, Unternehmerinnen, Architektinnen, Biobäuerinnen, Ernährungsberaterinnen … Sie alle sind Teil eines alarmierenden Trends: Hormonell bedingte Beschwerden nehmen bei Frauen sowohl an Häufigkeit als auch an Intensität zu. »Hormonelle Achterbahn« oder »Hormonhölle« sind nur zwei der Umschreibungen, die ich von Patientinnen höre, wenn sie ihre Menstruation, Launen, ihren Schlaf und die Fruchtbarkeitsprobleme oder ihr Sexleben sowie andere »Frauenprobleme« schildern.

Einige von ihnen hatten schon solange sie denken können mit diesen Beschwerden zu kämpfen – also seit den Teenagerjahren – und andere entwickelten Symptome, als sie in eine neue Lebensphase wechselten – wenn sie ein Kind bekommen wollten, nach einer späten Geburt mit über 40 Jahren oder einem einschneidenden Stresserlebnis. Viele nahmen jahrelang die Antibabypille, viele sind verwirrt, entmutigt oder erschöpft von den Vorgängen in ihren Körpern und frustriert über ihre Schwierigkeiten, Antworten zu finden. Sie fragen sich, ob sie jemals Kinder bekommen können, ob sie weiterhin Schmerzen leiden oder sich operieren lassen müssen und ob sie Krebs bekommen. Einige kommen mit ganz normalen »Beschwerden« zu mir, von denen sie fürchten, sie seien unnormal, denn diese Frauen wurden kaum darüber aufgeklärt, was im weiblichen Körper normal ist und wie er überhaupt funktioniert. Die vielen ergreifenden Geschichten über Verunsicherungen und geheime, unausgesprochene Ängste, die oft in krassem Gegensatz zu dem erfolgreichen öffentlichen Erscheinungsbild dieser Frauen stehen, berühren mich sehr.

Wann immer ich eine Diagnose für eine Patientin bei mir bestätigen oder neu liefern kann, füllt sich der gesamte Raum mit ihrer Erleichterung. Eine Frau sagte mal zu mir: »Hätte nur ein Arzt mir vorher zugehört, hätte ich dafür nicht Jahre meines Lebens verschwendet.« Wenn ich einer Patientin zeigen kann, dass ihr Körper oder ihre Symptome normal sind, scheint ihre Erleichterung greifbar. Warum hegen so viele Frauen im Zeitalter des weiblichen Empowerments, des Einforderns unserer Stimme und unserer Rechte, die Angst – oder besser gesagt die Befürchtung –, dass sie ihr Leben damit verbringen werden, sich so unausgeglichen zu fühlen, dass sie nie wirklich ihr bestes Selbst verkörpern und sich nie wirklich in ihrem Körper zu Hause fühlen werden? Und warum fühlen sie sich so »ungesehen und ungehört«?

Die besten schlimmsten Zeiten

Wir leben in herrlichen Zeiten. Frauen fordern ihre Macht ein, lernen, ihre Stimme zu erheben, und setzen sich für ihre Rechte in einer Weise ein, die unsere Vormütter mit Stolz erfüllt hätte. Wir brechen lange bestehende Tabus über unseren Körper und unsere Sexualität. Das Jahr 2015 betitelte das US-amerikanische Radio als »das Jahr der Menstruation«, und die Cosmopolitan nannte es das »Jahr, in dem die Menstruation öffentlich wurde«. Die Schriftstellerin Rupi Kaur postete ein Bild auf Instagram von sich mit einem Blutfleck in der Jogginghose und im Bett, wie wir alle wohl mal an einem ersten Tag einer Blutung aufgewacht sind. Havard-Absolventin, Musikerin und Aktivistin Kiran Gandhi erschien in internationalen Zeitungen, wie sie den Londoner Marathon in blutbefleckten Hosen lief, da sie während der Menstruation weder unbequeme Tampons noch Binden beim Laufen trägt. Beide Bilder gingen viral, man hörte fast das Aufatmen der Frauen allerorts. Das Geheimnis war ausgeplaudert, das Tabu gebrochen. Wir brauchen uns nicht mehr zu schämen oder zu fürchten. Frauen haben in der Tat monatliche Blutungen.

Im Jahr 2016 ging in den USA das Wort »Vagina« durch die Erwähnung einer Präsidentschaftskandidatin bei einer Livesendung an die Öffentlichkeit. Etwa zur selben Zeit erzählte die Schauspielerin Lena Dunham öffentlich, warum sie sich mit 30 Jahren die Gebärmutter entfernen ließ, nachdem sie seit mehr als 10 Jahren kräftezehrende Schmerzen und eine Operation nach der anderen ertragen hatte, die auch keine Linderung brachten. Model und Moderatorin Padma Lakshmi ging mit ihrer Erkrankung an Endometriose an die Öffentlichkeit und erzählte, wie die Krankheit ihr Leben und ihre Fruchtbarkeit beeinträchtigt.

Auch Prominente wie die Fitnesstrainerin Jillian Michaels und die Schauspielerin Emma Thompson sprechen inzwischen offener über ihr Leben mit PCOS, während die Schauspielerinnen Kerry Washington, Katy Perry und Cameron Diaz zu denjenigen gehören, die ihre Probleme mit schwerer Akne und deren Narben offengelegt haben. Auch die Menopause wird nicht mehr unter den Tisch gekehrt; die Schauspielerinnen Kim Cattrall und Helen Mirren haben die »Macht der Pause« ausgerufen, während Jane Fonda und Lily Tomlin in einer Sitcom mitspielten, in der sie ein Unternehmen gründeten, das Vibratoren für ältere Frauen herstellt. Denn auch Ältere wollen Lust empfinden, wie Studien belegen.

Im Jahr 2018 hat die #metoo-Bewegung einen Tsunami ausgelöst. Frauen, die es leid waren, über sexuellen Missbrauch am Arbeitsplatz zu schweigen, wurden laut und machten Schlagzeilen, kamen auf Titelseiten, einschließlich der vom Magazin Time. Mehr Frauen als je zuvor bekleiden derzeit politische Ämter, und die jungen von heute starten erstmals nahezu finanziell gleichgestellt im ersten Job mit Männern. Und im Jahr 2019 wurde Stigma Monatsblutung mit dem Oscar ausgezeichnet. Der kurze Dokumentarfilm zeigt, wie sich der Mangel an Menstruationsprodukten für arme Frauen auswirkt. Das Wort »Periode« wurde laut und stolz auf der Bühne der Oscar-Verleihung ausgesprochen. »Bääm!«

Durch die Schlagkraft von Sozialen Medien, Frauenzeitschriften und auch Podcasts fordern wir unsere Macht ungekannt heftig zurück. Wir hören einander zu und erheben unsere kollektiven Stimmen. Was unsere feministischen Vormütter zu hoffen wagten, geschieht nun: Junge Frauen sprechen nun über Macht und Schönheit ihrer Menstruationszyklen, ihres Körpers, Geschlechts und mehr. Eine neue Art von Diskurs hat begonnen. Amen.

Und doch, während dieser Frauenaufstand geschah, hat sich im Verborgenen eine Hormonepidemie verbreitet, sodass mehr Frauen unter hormonellen Problemen und gesundheitlichen Beschwerden bei der Fortpflanzung leiden als je zuvor. Die medizinische Fachliteratur bestätigt mit ihren Daten genau das, was Patientinnen mir erzählten, und die Statistiken sind erschreckend:

Prämenstruelles Syndrom (PMS): 85 % der Frauen kennen beunruhigende Beschwerden vor der Menstruation, darunter Reizbarkeit, Zucker- oder Kohlenhydrat-Exzesse, Blähungen, Depressionen, Migräne, Akne … Für 15 % der Frauen sind die Beschwerden so heftig, dass sie ihre Lebensqualität stark beeinträchtigen.

Schmerzhafte oder starke Blutungen: Mindestens drei Viertel von uns haben schmerzhafte oder starke Monatsblutungen. Für eine von sechs Frauen sind sie so stark, dass sie ihren Alltag in Mitleidenschaft ziehen. Nur ein Beispiel von vielen: Durch chronischen schweren Blutverlust kann Blutarmut entstehen, wodurch die schulischen Leistungen von Mädchen und in der Folge auch deren Berufschancen beeinträchtigt werden können. Starke Blutungen können erschreckend, unbehaglich und eine Herausforderung im Alltag sein. Krämpfe können zu regelmäßiger Einnahme von Schmerzmitteln führen, um das Ganze monatlich zu überstehen. Doch das führt wiederum meist zu kurz- oder langfristigen negativen Konsequenzen.

(Unterleibs-)Schmerzen beim Sex: Bis zu eine von fünf Frauen hat chronische Schmerzen im Unterleib, die länger als 1 Jahr andauern. Chronische Schmerzen und Brennen in der Vulva erleiden ungefähr 6 Millionen US-Amerikanerinnen. Von Schmerzen beim Sex berichten 30 % der Frauen. Viele ertragen das einfach; einige verzichten auf den Geschlechtsakt und leben mit der Furcht, dass dies ihre Beziehung zerstören wird. Hier geht es nicht um Leiden »alter Frauen«, das betrifft 18- bis 50-Jährige.

Endometriose: Einst eine selten diagnostizierte Erkrankung. Sie ist komplex, hormonell-immunologisch und kann schwere chronische Schmerzen, Verdauungssymptome, Depressionen und Fruchtbarkeitsstörungen verursachen. Sie wird mit einer höheren Rate von Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht. Insgesamt mindestens 10 % der Frauen sind betroffen, wobei die Rate wahrscheinlich höher ist, da Teenager deutlich unterdiagnostiziert werden. Es dauert im Durchschnitt 9 Jahre und mehrere Meinungen, bis eine Frau die tatsächliche Diagnose erhält. Endometriose ist ein häufiger Grund für Schulversäumnisse, Arbeitsausfälle und Besuche in der Notaufnahme. Oft erhält eine Frau erst dann die Aufmerksamkeit, die sie verdient, wenn ihre Fruchtbarkeit gefährdet ist, erst dann soll die Ursache der Schmerzen geklärt werden, mit denen sie in der Regel schon seit Jahren lebt.

PCOS (Polzystisches Ovarialsyndrom): 5–10 % Frauen im gebärfähigen Alter haben in den USA PCOS. Das komplexe und stoffwechselabhängige Krankheitsbild kann zu einer frustrierenden Gewichtszunahme, einem verstörenden Haarausfall oder zu Haarwuchs an unterwünschten Stellen führen (Kinn, Brüste oder Unterbauch beispielsweise). Auch Depressionen, unregelmäßige oder ausbleibende Menstruation oder emotional problematische Akne sind Teil der Erkrankung. PCOS ist verantwortlich für 70 % der Empfängnisschwierigkeiten von Frauen, die Probleme mit dem Eisprung haben, und erhöht auch das Risiko für Frühgeburten und Schwangerschaftsdiabetes. Ein Teil der Betroffenen unterliegt dazu einem erhöhten Risiko, an Diabetes oder Herzleiden zu erkranken. Doch immer noch werden mehr als die Hälfte der PCOS-Fälle nicht diagnostiziert oder behandelt. Viele Frauen mit dieser Diagnose erzählten mir, sie hätten nur eine Broschüre und ein Rezept für die Pille in die Hand gedrückt bekommen, damit sie ihren Hormonhaushalt kontrollieren können. Dazu ein Mittel, das die Bildung von Glukose in der Leber hemmt (Metformin), sodass der Blutzucker nicht steigt.

Schwierigkeiten bei der Empfängnis: Laut CDC (Centers of Disease Control and Prevention, US-amerikanischer Gesundheitsschutz) haben nun etwa 10 % aller Frauen in den USA Schwierigkeiten, schwanger zu werden oder Kinder zu bekommen, weil ihre Fruchtbarkeit oder die ihrer Partner verringert ist. Eine von sechs Frauen lässt sich heute während der geschlechtsreifen Jahre zum Thema Fruchtbarkeit beraten. Eine neue Studie zeigte, dass Fehlgeburten 28 % der Paare trafen, die Kinder bekommen wollten, was eine Zunahme von 42 % gegenüber den 1980er-Jahren bedeutet. Nicht nur kann die Diagnose quälend sein, es kommen noch die Höhen und Tiefen der Kinderwunschbehandlung dazu, ebenso deren teils hohe (auch private) Kosten.

Akne: Von Akne sind mindestens 15 % der erwachsenen Frauen betroffen. Sie kann emotionales, psychisches und soziales Leid hervorrufen. Studien zeigen, dass die gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Akne als ebenso vermindert empfunden wird wie bei anderen kräftezehrende Erkrankungen (Schuppenflechte, Arthritis oder Epilepsie). Auch Akne kann zu Schulversäumnissen oder Arbeitsausfällen führen, Konzentration, Selbstvertrauen und Produktivität mindern, das Selbstbewusstsein und damit auch die Beziehungsfähigkeit stören. Sie kann zu Angstzuständen und Depressionen führen. Wenn Frauen Unmengen an Kosmetika zum Abdecken der Akne verwenden, kann dies seinerseits gesundheitsschädliche Folgen haben. Eine langwierige Behandlung mit Antibiotika kann die Darmgesundheit beeinträchtigen und den Hormonhaushalt verschlechtern.

Hysterektomie: Wohl die Hälfte aller US-Amerikanerinnen über 60 Jahre haben ihre Gebärmutter entfernen lassen, was schon an sich schlimm genug ist. Dazu kommen noch Millionen weiterer Entnahmen bei Frauen in ihren Zwanziger-, Dreißiger- und Vierzigerjahren. Meist bei gutartigen Diagnosen, deren Ursachen auch ohne Operation behandelbar gewesen wären. Ganze 20 % der Eingriffe werden als medizinisch unnötig erachtet, doch nur 30 % der Frauen, denen zu einer Hysterektomie geraten wurde, erhielten Informationen von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin zu nichtoperativen Behandlungsmöglichkeiten.

Schilddrüsenunterfunktion: Schätzungsweise 30 Millionen Frauen leiden darunter. Die Störung beeinträchtigt nicht nur die Verdauung und das Gewicht, sondern auch die Produktion von anderen Hormonen, darunter Östrogen und Progesteron. So können Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten, unregelmäßige Zyklen, ausgelassene oder schwere Blutungen, Konzentrationsstörungen und vieles mehr verursacht werden.

Vorzeitige Pubertät (Pubertas praecox): Auffällig ist die Fallzunahme. In den USA kommen 15–23 % der Mädchen bereits mit 7 Jahren in die Pubertät und entwickeln Brüste, haben sogar ihre erste Periode. Zur Zeit unserer Mütter und Großmütter geschah das mit etwa 12 Jahren. Die Auswirkungen einer vorzeitigen Pubertät zeigen sich nicht nur im Emotionalen, sondern es erhöht sich auch das Risiko für Adipositas, Diabetes und Krebs an Geschlechts- und anderen Körperteilen, da frühzeitig hohe Mengen an Östrogen ausgeschüttet werden.

Etwa 80 % von uns werden im Laufe des Lebens so hormonell unausgeglichen leben, dass die Alarmglocken schrillen. Seltsamerweise verjüngt sich der Trend: PCOS, PMS und Endometriose treten auch schon bei 12-Jährigen auf. Hormonelle Störungen führen allein in den USA bei Millionen von Frauen dazu, dass sie sich tagelang unwohl fühlen und auf die Freuden ihres Lebens verzichten müssen. Dazu kommen ernsthafte kurz- oder langfristige gesundheitliche Folgen. Eine Unmenge an Frauen ist uneins mit dem eigenen Körper.

Diese Daten erfassen wahrscheinlich gar nicht das gesamte Ausmaß der Epidemie. Unsere Hormone managen so viele Funktionen in unserem Körper, nicht nur den Zyklus und die Empfängnis, sondern auch Gewicht und Verdauung, Immunreaktionen, mentale Gesundheit und vieles mehr. Die Liste der Beschwerden, die durch Hormonstörungen hervorgerufen werden, ist lang.

Einige der »verborgenen« Probleme, die durch ein Hormonungleichgewicht bei Frauen verursacht werden, sind: Schlafprobleme, Fatigue (chronische Erschöpfung), kognitive Störungen, Gewichtszunahme, Essensgelüste, Verdauungsbeschwerden, Haarausfall, Angstzustände oder Depressionen, der Verlust von Kreativität und Knochendichte (Osteoporose), Autoimmunerkrankungen (Hashimoto-Thyreoiditis, rheumatoide Arthritis …), Brustkrebs oder Karzinome in der Gebärmutterschleimhaut, Diabetes und hohe Cholesterinwerte – um nur einige zu nennen.

Und hier kommt noch eine wichtige Statistik: 96 % der Beschwerden, mit denen wir zurechtkommen müssen, darunter die meisten in diesem Buch, erscheinen als »unsichtbare Krankheit«. Nach außen hin scheint alles wunderbar, während Sie sich im Stillen damit herumplagen, was Ihnen Energie und Lebensfreude stiehlt, was an Ihrem Selbstbewusstsein nagt und was Sie davon abhält, Ihr herrliches Leben in vollen Zügen zu genießen.

Es gibt eine Epidemie im Verborgenen und sie schreitet auf einer Unmenge an stillem Leid voran. Doch wie können diese beiden Realitäten – unser befreiendes Empowerment und gleichzeitig chronisches Leiden im Stillen – auf so drastische Art und Weise nebeneinander existieren?

Gesundheitssystem mit Vorurteilen

Dass ein Tsunami an Hormonstörungen unentdeckt geblieben ist, scheint untrennbar mit dem systematischen Versagen des Gesundheitssystems verbunden zu sein. Gesundheitliche Störungen, die mehr als die Hälfte der Menschheit (nämlich Frauen) betreffen, werden durchgängig hintangestellt und erhalten am wenigsten Forschungsgelder (wenn überhaupt). Der Bericht Sex-Specific Medical Research: Why Women’s Health Can’t Wait untersucht Vorurteile in der Medizinforschung. Er stellt fest: »Medizinforschung, die entweder geschlechtsneutral oder auf die männliche Physis ausgerichtet ist, birgt für Frauen das Risiko, Präventionsmöglichkeiten zu verpassen, falsche Diagnosen und Behandlungen zu erhalten, sowie das Risiko zu erkranken und sogar zu sterben.«

Damit einher geht die mangelnde Ausbildung für Frauengesundheit in der Medizin. Die wenigsten Fachkräfte werden darin geschult, die häufigsten weiblichen Erkrankungen zu erkennen, zu diagnostizieren oder zu behandeln. Eine Studie zeigte etwa, dass 63 % des ärztlichen Personals in Allgemeinpraxen angaben, dass sie sich unwohl mit Diagnose und Behandlung von Patientinnen mit Endometriose fühlten. Ein Drittel war nicht in der Lage, die drei Hauptsymptome der Krankheit, abgesehen von Menstruationskrämpfen, Schmerzen beim Sex, chronischen Beckenschmerzen und Unfruchtbarkeit zu nennen. Nur 38 % gaben an, dass sie bei Verdacht auf Endometriose eine klinische gynäkologische Untersuchung durchführen ließen, und 28 % empfahlen eine Untersuchung im MRT zur Bestätigung der Diagnose – das wäre keinesfalls die beste Methode. Hier geht es um unsere Gesundheit und Sicherheit! Mindestens die Hälfte aller Betroffenen mit PCOS werden nie diagnostiziert, und in einer Untersuchung über medizinische Grundversorgung sagten 70 % der Befragten, sie würden weder die Symptome von Endometriose erkennen, noch wüssten sie um Behandlungsmöglichkeiten. Eine neue Studie belegte, dass eine von drei Frauen, später mit Endometriose diagnostiziert, vom medizinischen Fachpersonal gesagt bekam, dass ihre Schmerzen normal seien und dass bei ihnen kein medizinisches Problem vorläge. Einige wurden falsch diagnostiziert: mit Blähungen oder Reizdarmsyndrom.

Viele kennen die hohen Fallzahlen nicht und sehen sich eher mit einem individuellen Leiden konfrontiert als, in Wahrheit, mit einem der Volksgesundheit. Vorurteile gegenüber Frauen verschlimmern die Situation in den meisten Fällen noch. Auch in der medizinischen Versorgung. Solche Vorurteile bekräftigen negative oder unzutreffende medizinische und kulturelle Überzeugungen über die hormonelle und gynäkologische Gesundheit. Wenn wir zum Beispiel dem medizinischen Personal gegenüber unsere Bedenken über Menstruationsschmerzen äußern, wird man uns wahrscheinlich sagen, dass sie ein normaler Teil des Frauseins sind, selbst wenn wir uns jeden Monat überschlagen, nicht zur Arbeit gehen können oder die Schmerzen so schlimm sind, dass wir die Notaufnahme aufsuchen. Eine Studie aus dem Jahr 2001 zeigte auf, dass bei Männern und Frauen mit den gleichen Beschwerden das ärztliche Fachpersonal dazu neigte, Männern Schmerzmitteln zu verordnen, während Frauen eher Beruhigungsmittel verschrieben wurden. Naheliegend, dass Frauen als »hysterisch« eingeschätzt werden, weil sie psychogene oder emotionale Symptome zeigten und keine »echten« Schmerzen oder ein gesundheitliches Problem.

Die Hormone – und uns selbst – zum Schweigen verdammen

Die meisten von uns tragen ein jahrhundertealtes Erbe aus abschätzigen und verworrenen Überzeugungen sowie Fehlinformationen über unseren Körper, unseren Zyklus und unsere Hormone in sich. Wir werden Frau, ohne auf die Hormon-Achterbahn vorbereitet zu sein. Nur wenige Teenager fühlen sich eins mit ihrem Körper, wie im Hype ums Frauwerden suggeriert. Wir alle taten unser Bestes, um herauszufinden, wie wir mit den Veränderungen in unserem Körper, unserer Stimmung und im Leben zurechtkommen. Häufig nahmen wir dabei ein gewisses Maß an Unbehagen, Verlegenheit und Unsicherheit in Kauf.

Uns wird so wenig darüber beigebracht, wie unser Körper normalerweise funktionieren sollte. Deswegen behalten wir Beschwerden für uns, sorgen uns im Stillen um unsere sexuelle Gesundheit oder um einen Kinderwunsch. Ohne zu wissen, was eigentlich normal ist und was nicht. Es ist das Erbe (kulturell oder familiär geprägt) voller Scham oder Verlegenheit, was uns davon abhält, einfach mal nachzufragen.

Diese Kultur der Scham bringt uns zu der Überzeugung, wir seien allein, defekt und die Einzigen, die diesen Kampf mit dem Körper ausfechten. Uns wird suggeriert, dass es normal sei zu leiden, also nehmen wir an, dass unsere monatlichen Schmerzen, Verdauungsprobleme, Kopfschmerzen, Heißhunger, Blähungen und starken Blutungen üblich seien. Verdammt, es ist doch normal, dass wir Menstruationsbeschwerden haben, dass einige jeden Monat stark bluten, dass unsere Brüste während der Periode ziehen, dass wir beim Sex Schmerzen haben, dass wir Kopfschmerzen bekommen und dass wir sogar Schwierigkeiten haben, schwanger zu werden – schließlich ist das bei vielen Frauen so, oder? Wir wurden ermutigt, unsere körperlichen und emotionalen Symptome zu ignorieren oder mit Medikamenten zu unterdrücken, unsere natürlichen Düfte durch »gartenfrische« zu ersetzen und so zu tun, als seien wir nicht »hormongesteuert«, um in einer von Männern dominierten Arbeitsumgebung erfolgreich zu sein.

Und wer will schon dauernd nörgeln? Also: »Augen zu und durch.« Bei den meisten Frauen, vielleicht auch bei Ihnen, halten diese Gefühle an, bis wir die Nase voll haben und ein Rezept einlösen oder eine Hysterektomie vornehmen lassen, von der wir nicht sicher sind, ob wir sie wirklich brauchten. Auf dem Weg dahin wird uns gesagt, wir sollen vertrauen und höflich mitspielen. Völlig verständlich, dass sich so viele von diesem System abwenden und nach Alternativen suchen.

Eine weitere Mär: Unsere Hormone würden uns unzuverlässig und irrational handeln lassen. Oder dass unsere Probleme nicht real seien. Einer Studie zufolge wurde einer von zehn Endometriose-Patientinnen offen gesagt: »Sie bilden sich das nur ein.« (Abby Norman, Autorin von Ask Me About My Uterus, beschrieb das als die Behandlung »einer hysterischen Frau mit einem iPhone nach Freud«.) Und 20 % mussten ganze fünf Ärzte im Laufe von 10 Jahren konsultieren, bevor die richtige Diagnose stand. Diese Geschichte wiederholt sich Tausende Mal am Tag in zahlreichen Praxen der gesamten USA. Einer Frau wird gesagt, ihre Schmerzen seien normal, wenn sie von einer Eierstockzyste stammen, ihr wird gesagt, sie hätte PCOS, weil sie »zu dick« sei – die Liste geht weiter. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2010 ergab, dass »medizinisches Fachpersonal die Schmerzberichte von Frauen eher als emotional, psychogen, hysterisch oder überempfindlich und damit als nicht real abtut, was zu häufigeren psychischen Diagnosen führt.« Also geben wir unseren Hormonen die Schuld, verdammen unseren Monatszyklus und ignorieren ihn bestmöglich.

Das Ergebnis? Nicht nur falsche Diagnosen, sondern auch Frauen, die sich selbst in den Wahnsinn treiben – und sich einreden, dass gar nichts sei, selbst bei starken Schmerzen. Eine Patientin sagte mal zu mir: »All diese Ärzte konnten sich doch nicht irren, schließlich waren sie doch die Experten.«

Zu viele Frauen fühlen sich selbst bei ihrem Arzt oder ihrer Ärztin des Vertrauens noch unsichtbar. Wenn sie nachbohren, nach alternativen Lösungen fragen oder erwähnen, etwas im Internet gelesen zu haben, begegnen ihnen häufig Skepsis und Respektlosigkeit. (Viele Frauen berichten von der ärztlichen Nachfrage, wo sie ihren Abschluss gemacht hätten – an der Google University?) Oder sie werden schief angesehen, wenn sie Alternativen zu Medikamenten und OPs als Erstbehandlung in Betracht ziehen. Bis sie einen Mann mit in die Sprechstunde bringen …

Routinemäßig wird Frauen eine Überreaktion bescheinigt, wenn sie berichten, dass sie 7 kg zugenommen haben, jedoch weder Ernährung noch Sportprogramm umgestellt haben, dass ihre Depression nicht »nur« auf Überforderung, das Leben als frischgebackene Mutter oder auf die Menopause zurückzuführen ist, dass sie nicht »nur« nachts wach liegen, die Decke anstarren und nicht schlafen können, weil sie unter Stress stehen. Hormonelle Störungen sind so weit verbreitet, dass sogar wir Frauen den Fehler begehen und es als normal empfinden, wenn wir sehr stark bluten, schwere Krämpfe oder fünfzig Mal am Tag Hitzewallungen durchleben.

»Üblich« und »normal« sind zwei unterschiedliche Dinge. Nur weil so viele Frauen Negatives erleben, heißt das nicht, dass es in unserer Biologie angelegt ist – eine Frau zu sein ist keine Diagnose! Wir lernen lebenslang, unseren inneren Kompass zu ignorieren, wenn uns gesagt wird, dass unangenehme oder schmerzhafte Symptome »normal« sind. Ich werde Ihnen dabei helfen, das zurückzugewinnen, was wirklich normal ist – ein Leben, in dem Ihre Hormone Sie nicht durch die Gegend peitschen, in dem Sie keine Schmerzen haben, in dem Sie sich in Ihrer eigenen Haut wohlfühlen und in dem Sie Ihre Ziele erreichen können. Das Tabu, über Vagina, Klitoris, Ausfluss, Menstruationszyklus und vaginale Blutungen, Sex, Fruchtbarkeit und Wechseljahre offen zu sprechen, gefährdet die Gesundheit von Frauen schon viel zu lange – und das auch noch nachweislich. Dieses Buch wird Ihnen dabei helfen, Ihre Scham zu überwinden, wenn Sie über Ihren Körper und Ihren Zyklus sprechen, und wird Ihnen die Sprache an die Hand geben, die Ihnen dabei hilft.

Eine Frau zu sein ist keine Krankheit!

Wie die hormonell bedingten Beschwerden und gynäkologischen Krankheiten bei Frauen unterschätzt und abgetan werden, hat auch eine andere Seite: die Medikalisierung des weiblichen Körpers (und der Gefühle) durch die Medizin- und Pharmaindustrie.

Medikalisierung ist die soziale und ökonomische Kontrolle über den weiblichen Körper. Sie beginnt mit der »problematischen« Menstruation. Oder mit der Verhütungspille, einem ersten PAP-Abstrich im Alter von 21 Jahren … Wir wurden dazu gebracht, unsere Körper als Maschinen zu sehen, die ständig kaputtgehen, mit unausweichlichen Krankheiten. So folgen die »einzig wahren« Lösungen und »richtigen Antworten« in Form von Pharmaprodukten, OPs und anderen invasiven Methoden; die Wissenschaft übertrumpft immer die Natur.

Die Industrie der Pharma- und Medizinprodukte übt einen schockierend großen Einfluss auf die medizinische Praxis aus – sie erstellt sogar Diagnosen, damit bestimmte Behandlungen gezielt ausgerichtet werden können. Frauen sind die größte Zielscheibe.

Die Prämenstruelle Dysphorische Störung (PMDS) und weibliche sexuelle Störung (Female Sexual Dysfunction, FSD) sind zwei Beispiele dafür, wie Pharmaunternehmen neue Krankheiten erfinden, um Medikamente dagegen zu verkaufen. Ich habe Tausende von Eingriffen vorgenommen und konnte die lebensrettende Macht der westlichen Schulmedizin bezeugen. Glauben Sie mir, ich bin tief beeindruckt und dankbar für meine Ausbildung und meine Fähigkeiten. Doch es gibt eine Redewendung, die herrlich aufs Medizinpersonal passt: »Wenn man nur einen Hammer zur Verfügung hat, neigt man dazu, nur die Nägel zu sehen.« Medizin ist der Hammer. Frauen sind jedoch keine Nägel. Wir brauchen – und verdienen – mehr Lösungen, die langfristiger, effektiver und sicherer sind als jene der Schulmedizin.

Nur einige Beispiele, wie diese Art der Medikalisierung die verborgene Epidemie vorantreibt (und eine Menge Bankkonten auffüllt):

Die Hälfte aller Verhütungspillen werden nicht zur Empfängnisverhütung verschrieben, sondern als erstes Mittel gegen Menstruationsschmerzen und -probleme.

80 % der Frauen stellen nun selbst PMS bei sich fest, und bezeichnen selbst normale Stimmungsänderungen vor ihrer Menstruation als Krankheit. Jede vierte Frau nimmt heutzutage Antidepressiva ein, eine der häufigsten Behandlungen bei diagnostiziertem PMS. Doch nur etwa der Hälfte aller Frauen hilft diese Medikation, nur wenige werden vor Nebenwirkungen gewarnt.

Die Kinderwunschbranche. Kein Wunder, werden Sie nach nur wenigen Versuchsmonaten zur Fruchtbarkeitsanalyse geschickt. Medikamente und Eingriffe während der folgenden Fruchtbarkeitsbehandlung sind risikobehaftet, die Wirksamkeit liegt zurzeit bei nur etwa 50 %. Unternehmen wie Facebook oder Apple bieten ihren Mitarbeiterinnen das Einfrieren von Eizellen als Bonus an – und befeuern damit die Idee, dass man sich auf Fruchtbarkeit nicht verlassen kann.

Schwangere sind in besonderem Maße der »Krankmachung« ausgesetzt; 90 % erhalten während der Schwangerschaft Medikamente verschrieben (von denen 50 % für den Fötus nachweislich nicht unbedenklich sind); sie erhalten mehrere unnötige Ultraschalluntersuchungen und Dutzende von Labortests, und jede dritte Geburt erfolgt per Kaiserschnitt, was schätzungsweise bei 50 % als unnötig angesehen wird und wodurch sich das Verletzungs-, Infektions- und Sterberisiko der Mutter erhöhen kann.

Seit den 1950er-Jahren, als das Buch Forever Feminine (Robert A. Wilson) die Verwendung von Östrogen als weiblichen Jungbrunnen anpries, wurden die Wechseljahre medizinisch manipuliert und wie eine Krankheit behandelt. Wenig später wurde der normale Östrogenabfall als Mangel bezeichnet. Per Hormonersatztherapie sollten Millionen von Frauen die »Schäden« des Alterns verhindern, obwohl die ernsten Risiken bekannt waren. Die meisten angeblichen Vorteile sind inzwischen widerlegt, und ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten gilt als wissenschaftlich anerkannt.

In den USA unterzieht sich jede Dritte einer Hysterektomie, deutlich mehr als in Europa. Ein weiteres Beispiel für krasse Medikalisierung. Diese Eingriffe werden meist wegen gutartiger Erkrankungen durchgeführt, für die es alternative Behandlungsmöglichkeiten ohne OP gibt. Man geht heute davon aus, dass es direkte Verbindungen zwischen Uterus und Hirn via Nervensystem gibt, was Frauen vor Demenz schützen kann. Ohne Eierstöcke kann es zu einer verfrüht einsetzenden Ovarialinsuffizienz (POI) kommen, was ebenfalls mit Gesundheitsrisiken einhergeht.