Hot Games with the Boss - Tina Keller - E-Book
SONDERANGEBOT

Hot Games with the Boss E-Book

Tina Keller

0,0
2,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Aileen ist verzweifelt: Ihr Ex-Freund hat sie mit 30.000 Dollar Schulden sitzenlassen, die sie abbezahlen muss, und sie hat keine Ahnung, woher sie das Geld nehmen soll. Auch beruflich läuft es mehr als schlecht: Ihr neuer Chef Jack ist zwar verdammt sexy, aber ein echter Sklaventreiber. Er kommandiert und schikaniert Aileen den ganzen Tag herum, und sie macht einen Fehler nach dem anderen. Jack ist kurz davor, sie zu feuern. Doch dann macht er ihr ein unglaubliches Angebot: Wenn sie ihm für seine sexuellen Wünsche zur Verfügung steht, darf sie bleiben und er übernimmt ihre Schulden. Aileen braucht das Geld und lässt sich darauf ein. Doch mit dem, was danach passiert, hat keiner von beiden gerechnet. Aileen findet mehr Gefallen an der bizarren Situation, als sie sich jemals hätte vorstellen können. Jack entwickelt Gefühle, die er nicht mehr für möglich gehalten hätte. Doch er versucht, sie mit aller Macht zu unterdrücken und stürzt damit beide in großes Unglück. Wird Jack die Kurve kriegen oder zerstören die Dämonen der Vergangenheit alles?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 - Aileen

Kapitel 2 – Aileen

Kapitel 3 - Aileen

Kapitel 4 - Aileen

Kapitel 5 – Jack

Kapitel 6 – Aileen

Kapitel 7 - Aileen

Kapitel 8 - Aileen

Kapitel 9 - Jack

Kapitel 10 – Aileen

Kapitel 11 – Jack

Kapitel 12 – Aileen

Kapitel 13 – Aileen

Kapitel 14 – Jack

Kapitel 15 – Aileen

Kapitel 16 – Jack

Kapitel 17 – Aileen

Kapitel 18 - Jack

Kapitel 19 – Aileen

Kapitel 20 – Jack

Epilog – Aileen

Impressum

Tina Keller

Hot Games

with the Boss

Erotischer Liebesroman

Aileen ist verzweifelt: Ihr Freund hat sie mit 30.000 Dollar Schulden sitzenlassen, die sie abbezahlen muss, und sie hat keine Ahnung, woher sie das Geld nehmen soll.

Auch beruflich läuft es mehr als schlecht: Ihr neuer Chef Jack ist zwar verdammt sexy, aber ein echter Sklaventreiber. Er kommandiert und schikaniert Aileen den ganzen Tag herum, und sie macht einen Fehler nach dem anderen. Jack ist kurz davor, sie zu feuern.

Doch dann macht er ihr ein unglaubliches Angebot: Sie soll weiterhin seine Sekretärin sein, doch in einigen Augenblicken weit mehr als das. Wenn sie ihm für seine sexuellen Wünsche zur Verfügung steht, darf sie bleiben und er übernimmt sogar ihre Schulden.

Aileen braucht das Geld und lässt sich darauf ein. Doch mit dem, was danach passiert, hat keiner von beiden gerechnet. Aileen findet mehr Gefallen an der bizarren Situation, als sie sich jemals hätte vorstellen können.

Jack entwickelt Gefühle, die er nicht mehr für möglich gehalten hätte. Doch er versucht, sie mit aller Macht zu unterdrücken und stürzt damit beide in großes Unglück.

Wird Jack die Kurve kriegen oder zerstören die Dämonen der Vergangenheit alles?

Kapitel 1 - Aileen

Warum war ich nur so bescheuert? Warum habe ich bloß meine verdammte Unterschrift unter diese Bürgschaft gesetzt?

Zitternd sitze ich am Küchentisch und starre auf den Brief, der mir einen heftigen Schlag in die Magengrube versetzt hat.

Nicht genug, dass mein Ex-Freund mich vor fünf Monaten Knall auf Fall verlassen hat. Von einem Tag auf den anderen war er plötzlich verschwunden. Als ich von der Arbeit nach Hause kam, war er einfach nicht mehr da. Kein Zettel, kein Anruf, keinerlei Info, nichts. Zuerst dachte ich, er hätte einen Unfall gehabt und wollte schon sämtliche Krankenhäuser anrufen.

Bis ich den Kleiderschrank aufriss und mit einem einzigen Blick feststellte, dass seine Sachen nicht mehr da waren. Die Espressomaschine hatte er unverschämterweise auch noch mitgenommen. Ich konnte es gar nicht fassen.

Wir waren immerhin drei Jahre zusammen! Da glaubt man doch, man kennt den anderen. Aber da hatte ich mich ganz offensichtlich geirrt.

Ich fiel aus allen Wolken, als kurze Zeit nach seinem Verschwinden eine Frau auf der Türschwelle stand und sich mit Tränen in den Augen erkundigte, wo Mark denn sei. Sie hielt sich für seine Freundin und mich für seine kranke, an Parkinson leidende Schwester! Darum hatte sie ihn aus lauter Rücksichtnahme nie zu Hause besuchen dürfen.

Nun war er wie vom Erdboden verschluckt und wir suchten ihn beide. Nachdem wir lange miteinander sprachen und herausbekamen, dass Mark schon seit über einem Jahr ein Doppelleben geführt hatte, wollten wir ihn allerdings nicht mehr zurückhaben.

Inzwischen ist Molly meine engste Freundin. Dass wir beide auf denselben Lügner reingefallen sind, schweißt uns extrem zusammen. Darum muss ich sie jetzt auch sofort anrufen.

„Du glaubst nicht, was passiert ist“, überfalle ich sie sofort, immer noch den Brief in meinen bebenden Händen.

„Oh nein, sag jetzt bitte nicht, es ist wieder was mit Mark“, stöhnt Molly am anderen Ende der Leitung. „Ich dachte, wir hätten endlich Ruhe vor ihm.“

„Leider nicht. Ich hatte ganz vergessen, dass ich am Anfang unserer Beziehung für einen Kredit gebürgt habe, den er aufgenommen hat“, jammere ich los. „Wir haben die Wohnung neu eingerichtet und er wollte unbedingt ein neues Moped haben. Es waren 3.000 Dollar, also eigentlich überschaubar. Aber Mark hat den Kredit offenbar erhöht. Ich weiß nicht, wie er das geschafft hat. Vielleicht hat er meine Unterschrift gefälscht. Oder er hat einfach eine Null dazwischen gequetscht. Jedenfalls soll ich jetzt 30.000 Dollar zahlen.“ Meine Stimme kippt.

„Und wenn ich das nicht kann, wollen sie alles, was in der Wohnung steht, pfänden. Vielleicht muss ich sogar ins Gefängnis.“

Jetzt fange ich hemmungslos an zu weinen.

Oh Gott, wie konnte ich nur auf so einen Betrüger hereinfallen? Ich schäme mich richtig dafür. Ich bin doch keine einsame, verzweifelte Frau, die niemand mehr anschaut und die deshalb auf eine Art Heiratsschwindler hereinfällt. Nur, dass ich Mark glücklicherweise nicht geheiratet habe. Wer weiß, wofür ich dann noch aufkommen müsste. Es ist so schon schlimm genug.

Am anderen Ende der Leitung herrscht betretenes Schweigen. Offenbar ist Molly so entsetzt, dass sie nicht weiß, was sie sagen soll.

„Mir fehlen die Worte“, sagt sie schließlich. „Das ist schrecklich, Aileen. Wie war das genau? Habt ihr den Kredit gemeinsam abbezahlt?“

„Ja“, schluchze ich. „Jeder von uns hat monatlich Monat hundert Dollar beigesteuert. Aber jetzt schreibt mir das Inkassounternehmen, dass Mark seine Raten seit drei Monaten nicht gezahlt hat, sie ihn nicht finden können und sich deshalb an mich wenden. Und die Summe beträgt nicht, wie ich dachte, 3.000 Dollar, sondern 30.000. Ich soll jeden Monat tausend Dollar zurückzahlen! Wie soll ich das denn machen?“

Mein Schluchzen wird stärker.

Sie werden mir alles wegnehmen, woran mein Herz hängt. Ich sehe mich schon mutterseelenallein in einer vollkommen leeren Wohnung sitzen.

„Was hat er mit dem ganzen Geld gemacht?“, murmelt Molly verstört.

„Er ist abgehauen“, schniefe ich. „Hat er nicht dauernd davon geredet, dass er ein großer Guru werden will? Er hat sich viel mit diesem esoterischen Kram beschäftigt. Vielleicht ist er neuerdings erleuchtet und auf dem Weg nach Indien. Mit den 30.000 Dollar, die ich abbezahlen soll, obwohl er sie gerade verprasst.“

„Ich kann nicht glauben, dass er wirklich so gemein ist“, stöhnt Molly.

„Kannst du das wirklich nicht?“, frage ich. „Denk daran: Er hat sowohl mit dir als auch mit mir gleichzeitig eine Beziehung geführt und uns total verarscht. Er ist gemein. Ich traue ihm alles zu.“

„Du hast recht“, pflichtet Molly mir bei. „Ja, ich kann es mir vorstellen. Natürlich kann ich das. Aber was machen wir jetzt?“

Molly ist wirklich süß. Wir hätten auch die erbittertsten Feindinnen werden können. Stattdessen sind wir die dicksten Freundinnen geworden. An allem, was mir mit Mark passiert, nimmt Molly so sehr Anteil, als wenn es ihr selbst passieren würde. Wahrscheinlich, weil die Möglichkeit sehr groß ist, dass es ihr tatsächlich selbst passiert.

„Kannst du nicht zu einem Anwalt gehen und ihn fragen, ob du irgendwie aus der Sache herauskommst?“, schlägt Molly vor.

„Es kann doch nicht sein, dass du für einen Kredit über 3.000 Dollar bürgst und es auf einmal 30.000 Dollar sind. Oder hast du damals nicht richtig geguckt? Kann es sein, dass du tatsächlich für einen Betrag über 30.000 Dollar unterschrieben hast?“

„Ich weiß es nicht“, sage ich kleinlaut. „Mark hat immer von 3.000 Dollar geredet, aber bei dem Vertrag habe ich wohl nicht so richtig hingeguckt, als ich unterschrieben habe. Warum hätte ich das auch tun sollen? Wir waren ein Paar. Ich habe ihn geliebt und ihm bedingungslos vertraut. Da unterstellt man dem anderen doch nicht, dass er einen abzocken will, oder?“

„Nein, eigentlich nicht“, seufzt Molly. „In der Liebe ist man blind. Ich war es ja auch. Ich verstehe dich total, Aileen. Aber die Konsequenzen sind einfach furchtbar.“

„Ich weiß“, schniefe ich. „Du kannst mir glauben, dass ich so schnell keinem Mann mehr vertraue.“

Mark war immer sehr gewieft und konnte mich in vielerlei Hinsicht um den Finger wickeln. Ich muss zugeben, dass es auch an seinen Qualitäten als Liebhaber lag. Wenn er mir die ganze Nacht die Sterne vom Himmel geholt hat, war ich am nächsten Tag so verknallt, dass ich ihm alles geglaubt habe. Wahrscheinlich hat er mir tatsächlich erzählt, der Kredit betrage 3.000 Dollar und ich habe in Wirklichkeit eine Bürgschaft über 30.000 Dollar unterschrieben, ohne es überhaupt zu merken. Ich war sowas von dumm und komplett im Tal der Ahnungslosen. Wie kann man nur so dämlich und naiv sein!

„Ich verstehe dich wirklich“, wiederholt Molly und ich weiß, dass das nicht nur eine Floskel ist. Wenn mich jemand versteht, dann sie, denn sie war schließlich auch mit Mark zusammen. Finanziell hat er einiges bei ihr abgestaubt, zum Beispiel das Erbe ihrer Großmutter, von dem sie ihm ganz selbstverständlich die Hälfte abgegeben hat. Sie hat immer alles mit ihm geteilt, genauso wie ich. Uns ist beiden merkwürdigerweise gar nicht aufgefallen, dass wir die einzigen waren, die teilten, weil es bei Mark gar nichts zu teilen gab. Er hatte nie Geld.

Wir waren einfach zu vertrauensselig und haben alles für den Menschen getan, von dem wir glaubten, dass er uns lieben würde. Es ist immer noch ziemlich bitter, dass wir uns so in diesem Mann getäuscht haben.

„Vielleicht kannst du niedrigere Raten zahlen“, versucht Molly mir Mut zu machen. „Ruf doch einfach mal bei diesem Inkassounternehmen an, die werden dich schon nicht fressen.“

„Aber alles, was ich bei meinem derzeitigen Job zahlen könnte, wären maximal zweihundert Dollar im Monat, und auch da müsste ich mich gewaltig einschränken“, seufze ich.

Ich nehme einen Taschenrechner zu Hilfe und tippe einige Zahlen ein. Danach wird mir kurz schwarz vor Augen.

„Bei zweihundert Dollar im Monat müsste ich zwölf Jahre abzahlen“, stöhne ich. „Darauf lassen die sich doch niemals ein. Nein, es muss eine andere Lösung geben. Ich muss irgendwie mehr Geld verdienen, richtig viel Geld.“

Wir schweigen eine Weile und denken angestrengt nach.

„Ich hätte da vielleicht eine Idee“, kommt es zaghaft von Molly. „Du musst mir aber versprechen, dass du nicht gleich ausflippst.“

„Wieso? Soll ich eine Bank überfallen?“, witzele ich, obwohl mir nicht im Geringsten zum Scherzen zumute ist.

Molly lacht, doch es klingt nicht besonders fröhlich.

,,Natürlich nicht. Erinnerst du dich noch an meine Cousine Nathalie, die auf meinem Geburtstag war?“

„Du meinst die, die sich dauernd neue Designerklamotten kauft und zweihundert Paar Schuhe hat?“, vergewissere ich mich.

„Genau die“, bestätigt Molly. „Ich hatte bisher angenommen, sie lebt von dem Erbe ihres Onkels, aber wie sie mir letztens erzählte, ist das nicht so. Das Erbe hat sie nämlich längst verprasst. Sie finanziert sich ihr Luxusleben dadurch, indem sie am Wochenende als Escort arbeitet.“

Eine Weile ist es still in der Leitung. So lange dauert es, bis ich diese Information verarbeitet habe.

„Äh … wie genau meinst du das?“, frage ich. „Geht sie mit den Männern nur aus oder auch ins Bett?“

„Das hängt davon ab, ob ihr der Mann gefällt“, gibt Molly Auskunft. „Manchmal geht sie mit den Männern nur essen oder ins Theater oder auf ein Konzert – und das war es. Aber wenn ihr ein Mann sympathisch ist und er sie fragt, ob sie die Nacht mit ihm verbringen möchte, sagt sie nicht nein. Dazu ist es wohl zu lukrativ.“

Das muss ich erst mal verdauen. Ehrlich, das hätte ich dieser Nathalie niemals zugetraut. Sie wirkte so elegant und schon fast hochmütig. Und so eine Frau geht für Geld mit wildfremden Männern ins Bett?

„Und … wie viel Geld gibt es dafür?“, erkundige ich mich zögernd, während ein schwacher Silberstreif am Horizont auftaucht.

„Wenn sie nur mit den Männern ausgeht, ungefähr dreihundert Dollar“, antwortet Molly. „Was sie bekommt, wenn mehr passiert, ist davon abhängig, was genau sie mit den Männern macht und was die bereit sind zu zahlen. Aber wenn ich das richtig verstanden habe, geht es ab tausend Dollar los und nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Sie hat sogar mal einen reichen Geschäftsmann eine Woche lang auf einer Geschäftsreise begleitet, und er hat ihr dafür zwanzigtausend Dollar gegeben.“

Ich zucke zusammen. Das wären zwei Drittel des Betrages, den ich benötige. In einer Woche! Ich könnte in einer einzigen Woche so viel verdienen, wie ich sonst in neun Jahren abbezahlen müsste! Mir schwirrt der Kopf. Das ist ja Wahnsinn!

Allerdings müsste ich dafür natürlich auch etwas tun. Möglicherweise etwas, das mir komplett gegen den Strich ginge und zu dem ich mich nicht überwinden könnte.

Könnte ich wirklich mit einem wildfremden Mann Sex haben? Noch dazu, wenn mir dieser Mann nicht sympathisch ist?

Der Silberstreif am Horizont verschwindet so schnell wieder, wie er aufgetaucht ist. Nein, das könnte ich nicht. So eine Frau bin ich nicht. Ich kann nur mit einem Mann schlafen, wenn er mir etwas bedeutet.

„Das hört sich toll an, aber das ist nichts für mich“, wehre ich ab. „Ich kann nicht mit einem Mann ins Bett gehen, der mir nicht gefällt.“

„Ich glaube, das kann man festlegen“, sagt Molly. „Du kannst auch erst beim Kennenlernen entscheiden, ob du den Typen an dich heranlassen willst oder nicht. Warum gehst du nicht mal zu so einer Agentur hin und erkundigst dich nach den Modalitäten? Vielleicht reicht es, wenn du mit den Männern nur ausgehst. Selbst damit würdest du nicht schlecht verdienen.“

„Ich weiß nicht“, zögere ich.

Das ist mir heute alles zu viel. An manchen Tagen kann ich immer noch nicht so richtig glauben, dass Mark einfach verschwunden ist und alles nur eine einzige Lüge war. Ich war mir so sicher, dass er mich genauso liebt wie ich ihn. Es fällt mir schwer, mir einzugestehen, dass seine Gefühle für mich offenbar niemals echt waren. Sonst hätte er mich nicht belogen und fast ein Jahr lang mit einer anderen Frau betrogen.

Das Schlimmste ist, dass ich seitdem meiner eigenen Wahrnehmung nicht mehr traue. Ich weiß nicht, ob das, was ich fühle, richtig ist, denn bei Mark habe ich mich so sicher gefühlt wie noch niemals zuvor. Diese komplette Fehleinschätzung hat mein Vertrauen in mich selbst sehr erschüttert und macht mein Leben nicht gerade leichter. Seitdem kann ich mich zum Beispiel kaum noch entscheiden, weil ich mich ständig frage, ob die Entscheidung richtig ist. Ich vertraue meinem eigenen Gefühl nicht mehr.

Trotz allem – und obwohl ich das nicht wahrhaben will – vermisse ich Mark. Ich vermisse es, neben jemandem einzuschlafen, an ihn geschmiegt aufzuwachen, den Alltag mit ihm zu erleben, schöne Dinge zu unternehmen - und natürlich fehlen mir auch die heißen Nächte. Ich war immer ein Mensch, der sehr viel Nähe und Zärtlichkeit braucht, und Mark hat mir all das gegeben. Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder einem Mann vertrauen kann. Das ist bitter. Es ist so, als sei mein Grundvertrauen in mich selbst und in andere Menschen komplett weg. Darum habe ich mich sehr zurückgezogen und lasse eigentlich nur noch Molly in mein Leben, meine Leidensgenossin. Alle anderen verstehen mich sowieso nicht wirklich. Ich bin sehr einsam geworden, was ich früher nie war. Ich habe mich total verändert und erkenne mich manchmal selbst nicht mehr wieder.

Das alles belastet mich sehr, und jetzt soll ich auch noch diesen Horrorbetrag von 30.000 Dollar zahlen! Ich bin völlig überfordert mit der Frage, ob ich einen Job als Escort ausüben könnte. Abgesehen davon habe ich schließlich einen Job, der meine ganze Energie kostet. Wie soll ich morgens um neun Uhr an meinem Schreibtisch sitzen, wenn ich nachts mit irgendwelchen Männern unterwegs war?

Ich arbeite seit zwei Jahren in einer großen Immobilienfirma, die alte, marode Bauten aufkauft und sie zu Luxusanwesen umbauen lässt, um sie mit gigantischem Gewinn weiterzuverkaufen. Dort bin ich die Assistentin eines der Makler, der sehr nett ist, wenn auch nur mäßig erfolgreich. Er ist meistens ziemlich verpeilt und es wird gemunkelt, er habe ein Alkoholproblem. Ich mache dort viel, was eigentlich nicht zu meinen Aufgaben gehört, um ihn zu entlasten. Erstens mag ich ihn, und zweitens habe ich Angst um meinen Job, wenn die Firma ihn feuert. Ich bin auf das Gehalt angewiesen; jetzt mehr als jemals zuvor.

„Schlaf erst mal ein paar Nächte drüber, das war heute sicher etwas viel für dich“, tröstet mich Molly. „Soll ich zu dir kommen?“

Sie ist wirklich ein Schatz. Mit ihr zu telefonieren ist schön, aber sie bei mir zu haben, hilft mir weitaus mehr. Molly ist warmherzig und liebevoll, und ihre Ausstrahlung gibt mir jedes Mal die Wärme, die ich brauche. Ich bin ihr unendlich dankbar, dass sie eine Stunde Fahrt quer durch New York auf sich nimmt, um zu mir zu eilen.

Anderthalb Stunden später ist sie da. Wir bestellen uns eine Pizza, trinken Rotwein und mir geht es etwas besser. Auch, wenn das Leben noch so mies ist – wenn man Freunde wie Molly hat, kann man nicht so tief fallen.

Wir schauen uns passenderweise den Film „Der Club der Teufelinnen“ an und schmieden fiese Rachepläne, wie wir es Mark eines Tages heimzahlen wollen. Aber letztendlich würden wir nie etwas davon in die Tat umsetzen, denn trotz allem sind wir immer noch gutmütige Schäfchen, die niemandem etwas zuleide tun können.

Nicht mal Mark, der es sowas von verdient hätte.

Kapitel 2 – Aileen

Mit wild klopfendem Herzen wähle ich am nächsten Morgen die Telefonnummer des Inkassobüros, das mir diesen schrecklichen Brief geschrieben hat.

„Guten Tag, hier ist Aileen Dorson“, melde ich mich mit leicht kratziger Stimme. „Ich habe gestern von Ihnen ein Schreiben erhalten und würde gern mit Ihnen darüber sprechen.“

„Wie ist die Bearbeitungsnummer?“, ertönt eine gelangweilte, weibliche Stimme. Ich nenne sie ihr und werde dreimal verbunden, bis ich den richtigen Ansprechpartner in der Leitung habe.

„Da kann ich Ihnen leider nicht helfen“, kommt es kurz und knapp aus dem Hörer. „Da Sie gebürgt haben, sind Sie verpflichtet, die ausstehende Summe zu zahlen. Natürlich kann ich die Raten reduzieren, aber dann erhöhen sich selbstverständlich auch die Zinsen. Das ist Ihre Entscheidung. Wieviel könnten Sie denn monatlich aufbringen?“

„Zweihundert Dollar“, flüstere ich und klammere mich am Hörer fest.

„Okay“, sagt der Mann am anderen Ende der Leitung und ich höre, wie er etwas in einen Taschenrechner eintippt.

„Bei zweihundert Dollar monatlich wäre das eine Laufzeit von knapp zwanzig Jahren“, vernehme ich.

„Wie bitte?“ Meine Kehle wird trocken. „Aber … Das muss ein Irrtum sein. Ich habe mir gestern ausgerechnet, dass ich etwa zwölf Jahre lang zahlen müsste, um den Betrag zu tilgen.“

„Da haben Sie sicher übersehen, dass für einen so langen Zeitraum nicht unerhebliche Zinsen anfallen“, weist mich der Mann zurecht. „Je länger Sie zahlen, desto höher ist natürlich der Zinssatz. Mein Tipp: Versuchen Sie, von Ihrer Verwandtschaft oder sonstwem einen größeren Betrag zu bekommen, den Sie auf einmal zahlen. Dann ist der Restbetrag nicht mehr so hoch und die Zinsen weitaus niedriger.“

Der Hörer in meiner Hand zittert. Ich soll zwanzig Jahre lang dafür büßen, dass ich einem Mann vertraut habe? Ich soll zwanzig Jahre lang von der Hand in den Mund leben, nur weil mich so ein Arschloch hintergangen hat? Der macht sich jetzt irgendwo ein schönes Leben, und zwar mit dem Geld, das ich für ihn bezahlen darf. Das kann doch nicht wahr sein!

Was macht er überhaupt mit dem ganzen Geld? Und wo ist er? Kann man das nicht irgendwie herauskriegen? Aber in den Vereinigten Staaten gibt es keine Meldepflicht, so dass ich eigentlich keine Chance habe. Und seine dämlichen Freunde, die ich längst abgeklappert habe, behaupten stur und fest, sie hätten keine Ahnung, wohin er sich abgesetzt hat. Vielleicht liegt er in der Karibik in einer Hängematte am Strand, während ich die nächsten zwanzig Jahre für ihn ackern soll. Das Schicksal ist so ungerecht!

„Ich werde Ihnen einen Zahlungsaufschub von vier Wochen gewähren“, höre ich die Stimme des Mannes, die nun etwas freundlicher geworden. „Vielleicht schaffen Sie es in dieser Zeit, zumindest schon mal einen gewissen Betrag aufzutreiben. Fragen Sie in Ihrer Familie nach, die wird Ihnen sicher helfen. Und dann rufen Sie mich noch mal an. Ich gebe Ihnen meine Durchwahl.“

Wie ferngesteuert schreibe ich mir die Telefonnummer des Mannes auf. Der hat gut reden!

Meine „Familie“ gibt es nicht. Mein Vater ist abgehauen, als ich gerade auf die Welt gekommen war. Zu meiner Mutter habe ich keinen Kontakt. Sie hat mich immer dafür gehasst, dass ich meinem Vater, den ich überhaupt nicht kenne, angeblich so ähnlich bin. Ich habe sie an dieses „Scheusal“ erinnert und das war Grund genug für sie, mich mein Leben lang zu drangsalieren. Außerdem würde sie mir sowieso nicht helfen, weil sie eine bösartige Frau ist. Sie würde mich höchstens fertigmachen, weil ich auf so einen Loser hereingefallen bin – wie sie übrigens. Ob sich das irgendwie vererbt? Jedenfalls kann ich auf ihre Sprüche verzichten. Da meine Mutter mit ihrer Familie komplett gebrochen hat, kenne ich auch keine Tanten oder Onkel. Nicht mal meine Großeltern habe ich jemals kennengelernt.

Die wenigen Freunde, die mir geblieben sind, haben auch kein Geld zu verschenken. Da brauche ich erst gar nicht zu fragen. Ich habe niemanden, der mir helfen könnte.

Das war natürlich auch ein Grund, warum ich mich so sehr an Mark geklammert und ihm blindlings vertraut habe: Ich hatte nie ein Nest, ein Zuhause, eine wirkliche Familie. Ich hatte immer nur eine Mutter, der ich zu viel war und die mich nicht wollte. Bei Mark hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, dass ich willkommen und gewollt war, dass mich jemand liebte. Nur leider war dieses Gefühl eine Illusion. Vielleicht habe ich es mir so sehr gewünscht, dass ich die Wahrheit nicht sehen wollte.

Ich habe nur mich selbst. Mist, ich fühle mich so wahnsinnig allein im Moment. Ist denn niemand da, der mir hilft?

Wie in Trance treffe ich eine halbe Stunde später im Büro ein. Zumindest mit dem Job habe ich Glück gehabt, denn ich habe nicht nur einen netten Chef und werde gut bezahlt, sondern die Firma ist nur fünf U-Bahn-Stationen von meiner Wohnung entfernt, was in New York ein Sechser im Lotto ist.

Ich fahre mit dem Aufzug in den 33. Stock, betrete mein schickes Büro – und stehe plötzlich und unerwartet dem bestaussehendsten Mann gegenüber, den ich je in meinem Leben gesehen habe.

Er hat dunkle Haare, ein markantes, unglaublich schönes, gebräuntes Gesicht mit den irrsten Augen der Welt und den absolut perfekten Body, soweit ich das erkennen kann. Das weiße, dünne Hemd spannt sich über seinen durchtrainierten Oberarmen und sein wohlgeformter Hintern steckt in einer seidig schimmernden, schwarzen Hose. Er sieht aus wie ein Hugo Boss Model, das ich mal auf einem Plakat gesehen und in das ich mich spontan verliebt habe. Was macht so ein schönes Model in meinem Büro? Hat er einen Termin mit meinem Chef?

„Wenn Sie damit fertig sind, mich anzustarren, kann ich mich vielleicht mal vorstellen?“

Ich schrecke zusammen und erwache unsanft aus meinen Träumen. Offenbar habe ich ihn viel zu lange und intensiv gemustert. Wie peinlich! Allerdings müsste er das bei seinem Aussehen gewohnt sein. Ich meine, wie oft im Leben begegnet man einem dermaßen schönen Menschen? Außer, man arbeitet bei einer Modelagentur.

„Entschuldigen Sie bitte“, murmele ich errötend. „Ich hatte mich nur gewundert, dass jemand hier ist. Soweit ich mich erinnere, hat mein Chef heute Morgen keinen Termin.“

„Nein, das hat er nicht.“

Seine Stimme ist tief und absolut sexy. Sie geht mir durch und durch. Seine faszinierenden Augen heften sich auf mich, was mir sofort weiche Knie beschert.

„Er hatte gestern einen Unfall und hat sich beide Beine gebrochen. Demzufolge hält er sich vorläufig im Krankenhaus auf. Für die nächsten Wochen werde ich Ihr Vorgesetzter sein. Ich komme aus der Filiale in Chicago. Mein Name ist Jack Armstrong.“

Er streckt mir seine Hand entgegen – ziemlich widerwillig, wie ich finde. Was zum Teufel hat er denn? Findet er mich so unsympathisch? Das ist aber sehr ungünstig, wenn ich die nächsten Wochen für ihn arbeiten soll.

Ich zucke zusammen und begreife erst jetzt den Sinn seiner Worte. Hilfe! Für diesen absoluten Traummann soll ich arbeiten? Wie soll ich mich konzentrieren können, wenn er womöglich dicht neben mir steht? Wenn er unfreundlich und barsch ist, bringe ich sicher alles durcheinander. Das wird das reinste Chaos! Oh, bitte nicht! Hört meine Pechsträhne denn niemals wieder auf?

Seine dunklen Augen fixieren mich eindringlich, während er meine Hand in seiner hält. Sie fühlt sich kraftvoll und männlich an. Mein Herz macht diverse Sprünge. Was ist mit mir los? Warum bringt er mich so durcheinander?

Er seufzt hörbar auf.

„Hätten Sie vielleicht die Güte, sich auch mit Ihrem Namen vorzustellen? Oder verbringen Sie den ganzen Tag damit, fremde Leute anzustarren und ihnen die Hände zu zerquetschen?“, blafft er mich an.

Ich lasse seine Hand so abrupt los, als hätte ich mich verbrannt. Was soll das? Warum ist er so unhöflich und beleidigend? Ich schlucke schwer.

Okay, er mag höllisch attraktiv sein, aber ansonsten ist er ganz offensichtlich ein echtes Arschloch.

Es ist furchtbar, aber mein Gehirn ist wie leergefegt. Ich kann ihn nur anstarren und vergesse vorübergehend sogar meinen Namen. Das ist mir noch nie passiert. Ich bin total durcheinander und werde von völlig gegensätzlichen Gefühlen überwältigt.

Einerseits ist er der attraktivste Mann, dem ich jemals begegnet bin und verursacht bei mir Herzrasen und Atemnot. Andererseits ist er richtig fies und ich habe jetzt schon Angst, für ihn zu arbeiten. Ich würde am liebsten für immer neben ihm stehenbleiben und gleichzeitig ganz schnell wegrennen. Das ist eine verflucht ungünstige Kombination.

„Okay, wenn Sie nicht wissen, wie Sie heißen, verrate ich es Ihnen.“

Jack Armstrong seufzt ein zweites Mal hörbar auf und lässt damit keinen Zweifel daran, was er von mir hält. Nämlich gar nichts. Wahrscheinlich wird er als nächstes darum bitten, eine andere Sekretärin zugeteilt zu bekommen.

„Sie sind Aileen Dorson und die Sekretärin von Mike Ferguson. Das bedeutet, dass Sie in den nächsten Wochen auch meine Sekretärin sein werden“, erklärt er unwillig.

Seine Augenbrauen schnellen missbilligend nach oben. Deutlicher könnte er mir nicht zeigen, wie wenig begeistert er von dieser Aussicht ist. Eine Sekretärin, die zu blöd ist, sich an ihren eigenen Namen zu erinnern, kann er natürlich nicht gebrauchen.

Ich schlucke und nicke. Warum bin ich nicht fähig, in seiner Gegenwart irgendetwas zu sagen? Wie soll das um Himmels willen werden, wenn ich für ihn arbeiten muss? Wenn ich mich weiterhin so dämlich anstelle, werde ich nicht mal den heutigen Tag mit ihm überstehen. Dabei war Mike immer außerordentlich zufrieden mit mir.

Aber Mike ist auch nicht der geilste Mann des Universums. Mike ist über Sechzig und hat schütteres Haar und einen dicken Bauch. Ich sehe in ihm eher den väterlichen Typ, was vielleicht auch daran liegt, dass ich nie einen Vater hatte. Wir haben fast schon ein freundschaftliches Verhältnis und er ist für mich auf erotischem Gebiet ein Neutrum.

Aber dieser Jack ist alles andere als ein Neutrum. Aus jeder Pore sprüht Testosteron. Er ist purer Sex. Und er weiß ganz genau, wie er auf Frauen wirkt. Wahrscheinlich macht es ihm Spaß, dass er mich so völlig aus der Fassung bringt.

„Wie … wie geht es Mike denn?“, stottere ich.

Jack Armstrong runzelt die Stirn.

„Wie soll es schon jemandem gehen, der sich beide Beine gebrochen hat? Beschissen natürlich.“

Er verdreht die Augen und gibt mir damit deutlich zu verstehen, dass ich eine selten sinnlose Frage gestellt habe.

„Wie ist denn das passiert?“

Meine Stimme wird immer leiser. Ich habe Angst, etwas Falsches zu sagen und von ihm wieder bloßgestellt zu werden. Niemals werde ich für diesen Mann arbeiten können. Am liebsten würde ich mich sofort krankschreiben lassen, aber dann fliege ich womöglich, und das kann ich mir bei meiner angespannten finanziellen Situation nicht leisten.

Jack zuckt mit den Schultern.

„Sagte ich doch – Unfall. Er ist mit dem Auto gegen einen Baum gebrettert. Falls Sie ihn anrufen wollen: Er ist im Memorial Krankenhaus. Aber bevor Sie das tun, bringen Sie mir erst mal einen Kaffee, und zwar einen Latte Macchiato ohne Zucker. Ich gehe davon aus, Sie wissen, wie man eine Latte zustandebringt, oder?“

Bilde ich mir das ein oder grinst er anzüglich? Ist seine Bemerkung eindeutig zweideutig gemeint?

Ich gehe davon aus, Sie wissen, wie man eine Latte zustande bringt – das hört sich für mich nicht danach an, als ob es um einen harmlosen Kaffee geht. Es hört sich an, als ob ich in der Lage sein sollte, einem Mann eine Erektion zu verschaffen. Wenn ich auch sonst zu wenig in der Lage bin, jedenfalls in seiner Gegenwart.

„Ja, natürlich“, nicke ich und merke, wie mein Gesicht anfängt zu glühen. Oh Mann, jetzt habe ich auch noch eine rote Bombe. Es wird immer peinlicher und unangenehmer. Am liebsten würde ich mich in Luft auflösen.

„Manche verwechseln Latte Macchiato nämlich mit einem Cappuchino oder einem Milchkaffee“, doziert Jack.

An meinem Gesicht kann er unschwer erkennen, dass ich auch zu dieser Spezies gehöre. Er holt erneut tief Luft und setzt sich auf meine Schreibtischkante.

„Ich werde es Ihnen erklären“, beginnt er und klingt so, als spräche er zu einem minderbemittelten Menschen, was ich für ihn sicher auch bin.

„Cappuccino besteht zu einem Drittel aus Espresso, welcher als erstes in die Tasse kommt und zu zwei Drittel aus leicht aufgeschäumter, cremiger, warmer Milch oder Milchschaum. Durch diese Reihenfolge kann sich die Creme vom Espresso auf dem Milchschaum absetzen. So entsteht das charakteristische Aussehen und die Grundlage für eine besondere Kaffeeart, bei der schöne Motive durch das gekonnte Zusammenspiel von Crema und Milchschaum entstehen. Der Latte Macchiato ist bekannt für seine drei Schichten, die in einem Glas perfekt zur Geltung kommen. Dafür wird die Milch stark aufgeschäumt, bis ein fester Milchschaum entsteht. Nun wird zu Beginn die Milch eingegossen, darauf sanft der Milchschaum platziert und zum Schluss ganz vorsichtig und langsam ein einfacher Espresso durch die Milchschaumdecke hineingegossen. Dass sich drei Schichten absetzen, liegt daran, dass der Milchschaum viel Luft enthält und dadurch oben bleibt. Der Espresso setzt sich dank der höheren Temperatur und Dichte über der Milch ab.“

Verwundert stelle ich fest, dass Jacks Augen glänzen und er einen fast zärtlichen Gesichtsausdruck hat. Dieser Typ ist ganz klar ein Kaffee-Fetischist. Ganz ehrlich: Das habe ich alles noch nie gehört. Für mich waren Cappuccino, Latte Macchiato und Milchkaffee immer irgendwie Kaffee mit Milch. Dass sie verschieden aussehen und schmecken, ist mir zwar auch schon aufgefallen, aber ich habe mich nie gefragt, wie sie zubereitet werden. Wie gut, dass Jack Armstrong diese Wissenslücke jetzt schließt.

„Der Milchkaffee wird nicht – wie die anderen beiden Kaffeespezialitäten – mit Espresso, sondern mit Kaffee zubereitet. Das Mischverhältnis liegt bei etwa fünfzig zu fünfzig Prozent und besteht somit zu gleichen Teilen aus Kaffee und erwärmter Milch“, beendet Jack seinen Vortrag.

„Gut zu wissen“, bringe ich mühsam hervor und habe mir natürlich gar nichts gemerkt. Außer, dass Jack eine hocherotische Stimme hat und seine Augen mich um den Verstand bringen.

„Ich hoffe, ich habe Sie mit den Erklärungen nicht überfordert. Wie gesagt – mich verlangt jetzt nach einer Latte.“

Jack verzieht seinen sinnlichen Mund zu einer Art Grinsen und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass er es anzüglich gemeint hat. Hätte er sonst nicht „einen Latte“ gesagt, abgeleitet von „der Latte Macchiato“? Aber wenn er von einer Latte redet, dann kann er eigentlich nur eine Erektion meinen. Und nach der verlangt es ihn jetzt?

Mir wird heiß und kalt zugleich.

„Ich werde Ihnen sofort eine … äh …. Latte machen“, verspreche ich mit hochroter Birne und stürme aus meinem Büro.

Wie war das noch gleich? Ein Latte Macchiato hat drei Schichten, ist klar. Wie entstehen die? Erst der Milchschaum oder die Milch? Und der Kaffee ganz am Anfang oder zum Schluss? Mist, ich habe es schon wieder vergessen. Wenn ich nicht mal das abspeichern kann, wie soll ich mir dann komplizierte Arbeitsanweisungen merken können?

Die drei Schichten kriege ich jedenfalls nicht hin und da ich mich nicht den ganzen Vormittag damit aufhalten will, für meinen neuen Chef Kaffee zu kochen, stelle ich ihm mit glühendem Kopf die Tasse auf den Tisch. Erwartungsgemäß runzelt er die Stirn.

„Ich glaube, ich muss Ihnen noch mal erklären, wie man eine schöne Latte hinkriegt“, sagt er mit undurchdringlichem Blick.

„Das wollen Sie doch sicher lernen, oder?“

Klar. Mein größter Wunsch war es schon immer, in einem Coffee Shop zu arbeiten.

„Wenn Sie es mir zeigen, gern“, sage ich Idiot auch noch und beiße mir im selben Moment auf die Lippe. Er soll mir zeigen, wie man „eine schöne Latte“ macht? Ich sehe es schon deutlich vor mir: Er streicht sich über seine Hose und zeigt mir genüsslich, wie sich dort langsam eine Beule bildet.

Jetzt breitet sich die unnatürliche Hitze in meinem Kopf auch auf meinem Dekolleté aus und wandert langsam meinen Körper hinunter, direkt zwischen meine Beine. Verdammt. Ich kriege das Bild einfach nicht mehr aus meinem Kopf. Ich sehe meinen neuen Chef vor mir, wie er da steht und sich unter seiner edlen Hose ganz deutlich eine Wölbung abzeichnet.

„Das mache ich sehr gerne.“

Bilde ich mir das nur ein oder hat seine Stimme ein anderes Timbre angenommen?

Plötzlich brennt die Luft und es knistert und funkt wie verrückt. Merkt er das auch oder bin ich die Einzige, die das Gefühl hat, der ganze Raum habe sich auf einmal mit elektrischer Spannung aufgeladen?

Wir blicken uns an, und keiner sagt ein Wort. Denkt er das, was ich denke? Oder bilde ich mir das alles nur ein und bin einfach chronisch untervögelt? Mein letzter Sex liegt immerhin fünf Monate zurück. Ich bin kein Typ für Affären oder one-night-stands. Ich hatte bisher immer nur in Beziehungen Sex. Eigentlich bin ich für so einen Escort-Job die komplette Fehlbesetzung.

Außer natürlich, der Kunde wäre so eine Sahneschnitte wie Jack. Aber so ein hinreißend schöner Mann muss nicht für eine Frau bezahlen. Ihm laufen die Frauen garantiert scharenweise hinterher. Eher würden die Frauen noch ihn dafür bezahlen, dass sie mit ihm ins Bett gehen dürfen.

Der elektrisierende Moment ist blitzschnell wieder vorbei, und Jack sieht mich an, als habe es diesen Augenblick nie gegeben.

„Ich benötige eine Liste aller Projekte, in die Mike involviert ist“, sagt er sachlich und nippt an dem missratenen Latte Macchiato. „Des Weiteren brauche ich den Stand der Dinge und eine Liste aller beteiligten Firmen sowie Namen der Ansprechpartner und Telefonnummern. Gibt es die Unterlagen elektronisch oder in Papierform?“

„Meist noch in Papierform“, gebe ich Auskunft. „Mike ist da etwas altmodisch. Er will etwas in der Hand haben und traut Computern nicht. Er hat Angst, dass mit einem Klick plötzlich alle Daten weg sind.“

Jack rollt mit den Augen und es ist nicht schwer zu erraten, was er denkt.

Eine komplett unfähige Sekretärin und ein Makler von vorgestern. Was für ein Gespann! Warum bin ich hier gelandet? Das ist die Hölle. Und dann kriegt die Tippse es nicht mal hin, mir einen ordentlichen Kaffee zu kochen. Ob sie überhaupt für irgendetwas taugt?

„Es gibt Backups und externe Speicher“, teilt er mir mit. „Und wenn Mike solche Angst hat, nimmt man eben zwei externe Speicher. Das ist eine Sache von wenigen Minuten. Jeder in der Firma hat schnellen Zugriff und muss nicht in Bergen von Papier wühlen.“

„Ich wühle gern für Sie“, rutscht es mir heraus und schon wieder werde ich unsinnigerweise rot. Es hört sich an, als würde ich gern in seinen Haaren wuscheln oder mich mit ihm durch die Laken wälzen. Mist!

Kurz blitzt es in seinen Augen auf, dann kneift er sie zusammen.

„Es wäre mir lieber, hier würde die Neuzeit einziehen, denn so kann ich nicht arbeiten“, sagt er schroff. „Wenn ich eine Information brauche, will ich die auf Tastendruck haben. Ich will nicht zehn Ordner durchkämmen. Habe ich mich klar ausgedrückt? Sorgen Sie bitte dafür, dass wir im aktuellen Jahr ankommen und nicht in den 70ern steckenbleiben.“

Fassungslos starre ich ihn an. Wie stellt er sich das vor? Soll ich mal eben hundert Ordner einscannen? Er ist ja echt gut drauf. Ich habe auch noch andere Dinge zu tun. Kaffee kochen zum Beispiel, und zwar genau nach Anweisung. Damit er seine schöne Latte bekommt, haha.

Er nimmt wieder einen Schluck von seinem Kaffee und verzieht das Gesicht.

„Scannen Sie wenigstens die aktuellen Projekte ein“, weist er mich an. „Das sollte doch wohl möglich sein.“

Vor oder nach Ihrer Latte? würde ich ihn am liebsten patzig fragen, aber ich halte diesmal meine Klappe. Ich habe sowieso schon nicht den besten Eindruck auf ihn gemacht.

Kapitel 3 - Aileen

Er macht allerdings auch nicht den besten Eindruck auf mich, denn er legt ein Tempo vor, dass mir ganz schwindlig wird. Ich muss alle Unterlagen der aktuellen Projekte einscannen, in Rekordzeit diverse Mails tippen, ihn dauernd mit irgendwelchen wichtigen Leuten verbinden und ihm einen Kaffee – Latte Macchiato mit drei Schichten – nach dem anderen servieren. Seine Anweisungen sind kurz und knapp, und kaum hat er mir eine Aufgabe erteilt, folgt schon die nächste. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.

Gegen Mittag bin ich ein nervliches Wrack. Ich habe noch nicht mal den halben Tag hinter mir und das Gefühl, ich hätte eine ganze Woche nonstop gearbeitet. Ich dachte, er muss sich erst mal einarbeiten, aber er scheint seine Projekte aus Chicago zu betreuen und gleichzeitig noch die von Mike. Ein echter Workaholic also, während Mike gern eine ruhige Kugel schiebt – und damit auch ich. Mit Jacks Tempo werde ich niemals mithalten können!

„Habe ich Sie zu hart rangenommen?“, erkundigt sich dieser Fiesling im Körper eines Models unschuldig, als ich mit zitternden Händen nach meiner Banane greife, um vor lauter Erschöpfung nicht umzufallen.

Fuck, das klingt schon wieder zweideutig! Macht er das extra oder fällt ihm das gar nicht auf?

---ENDE DER LESEPROBE---