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Aufregung in Hummelstich: Das große Rübenfest steht vor der Tür! Die liebevoll gepflegte Tradition verspricht auch in diesem Jahr ein ganz besonderes Ereignis zu werden. Bauer Gunnar macht sich Hoffnungen, zum fünften Mal in Folge den Preis für die dickste Rübe zu erhalten - und er kündigt die Enthüllung eines schockierenden Geheimnisses an. Doch dann liegt er tot zwischen seinen Rüben. Kommissar Pfeiffer vermutet einen Unfall, aber Bea ist sich sicher: Es war Mord! Nur: Was wusste Gunnar? Und wer hat dafür gesorgt, dass er sein Wissen mit ins Grab nimmt? Gemeinsam mit ihren Freunden nimmt Bea die Ermittlungen auf.
"Der Tote im Rübenfeld" ist der fünfte Roman der neuen Regio-Krimi-Reihe "Hummelstich" von Katharina Schendel.
Zur Serie: In Hummelstich scheint die Welt noch in Ordnung zu sein: Die Dächer der niedlichen Fachwerkhäuser funkeln und glitzern unter strahlend blauem Himmel und die Bewohner gehen emsig ihrem Tagewerk nach. Aber der schöne Schein trügt - denn hinter der Bilderbuchfassade tun sich mörderische Abgründe auf ... Aber zum Glück ist die energische Hobbydetektivin Bea von Maarstein vor Ort! Zusammen mit ihrem persönlichkeitsgestörten Papagei Dr. Jekyll und dem Dorfpolizisten Sven Grüneis löst sie jeden noch so verzwickten Fall.
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Seitenzahl: 152
Cover
Bisher veröffentliche Folgen
HUMMELSTICH – Die Serie
Über diese Folge
Die Charaktere
Über die Autorin
Titel
Impressum
1. Der Bauer mit der dicksten Rübe
2. Kraut und Rüben
3. SOKO Rübendieb
4. Alles Rübe oder was?
5. Krähen, die auf Rüben starren
6. Der Tote im Rübenfeld
7. Die traurige Rübenprinzessin
8. Ein Königreich für eine Rübe
9. Waschen, legen, Rüben schneiden
10. Der Rübenstreit
11. Der Schnitt in der Rübe
12. Es ist noch Rübensuppe da!
13. Ach, du dicke Rübe!
14. Eine Rübe kommt selten allein
15. Rübengeister
16. Träum ich von Rüben in der Nacht
17. Der große Rüben-Schwindel
18. Wie die Rübe, so das Kraut
19. Das Rübenfest
20. Der Geist in der Rübe
21. Rübendiebe
Rezept: Beschwipste Rüben-Tarte
In der nächsten Folge
1. Hummelstich – Ein Mord kommt selten allein
2. Hummelstich – Casanova muss sterben
3. Hummelstich – Mord unterm Tannenbaum
4. Hummelstich – Das Krokodil im Gartenteich
In Hummelstich scheint die Welt noch in Ordnung zu sein: Die Dächer der niedlichen Fachwerkhäuser funkeln und glitzern unter strahlend blauem Himmel und die Bewohner gehen emsig ihrem Tagewerk nach. Aber der schöne Schein trügt – denn hinter der Bilderbuchfassade tun sich mörderische Abgründe auf … Aber zum Glück ist die energische Hobbydetektivin Bea von Maarstein vor Ort! Zusammen mit ihrem persönlichkeitsgestörten Papagei Dr. Jekyll und dem Dorfpolizisten Sven Grüneis löst sie jeden noch so verzwickten Fall.
Aufregung in Hummelstich: Das große Rübenfest steht vor der Tür! Die liebevoll gepflegte Tradition verspricht auch in diesem Jahr ein ganz besonderes Ereignis zu werden. Bauer Gunnar macht sich Hoffnungen, zum zehnten Mal in Folge den Preis für die dickste Rübe zu erhalten – und er kündigt die Enthüllung eines schockierenden Geheimnisses an. Doch dann liegt er tot zwischen seinen Rüben. Kommissar Pfeiffer vermutet einen Unfall, aber Bea ist sich sicher: Es war Mord! Nur: Was wusste Gunnar? Und wer hat dafür gesorgt, dass er sein Wissen mit ins Grab nimmt? Gemeinsam mit ihren Freunden nimmt Bea die Ermittlungen auf.
Bea von Maarstein, 66 Jahre, kosmopolitische Hobbydetektivin, verwitwet, schrill, exzentrisch, lebensfroh, erbt in Hummelstich das Haus ihrer besten Freundin Henrietta von Eichhorn, fährt einen alten Bücherbus, den sie zu einem mobilen Detektivbüro umbaut.
Dr. Jekyll, Beas persönlichkeitsgestörter Papagei, ein hellroter Ara, smart und kratzbürstig, äußerst sprachbegabt.
Sven Grüneis, 33 Jahre, Dorfpolizist und Landwirt, verheiratet, lebt mit seiner Familie in einem großen Bauernhaus, naiv, pflichtbewusst und stets korrekt, hat das Herz am rechten Fleck.
Borwin Wandelohe, 59 Jahre, Halbspanier, eine Koryphäe auf dem Gebiet der Friseurskunst, quirlig, fröhlich, verbreitet stets gute Laune, exzellenter Hobbykoch, begeisterter Theater- und Zirkusfan, liebt es sich zu verkleiden.
Kurt Pfeiffer, 58 Jahre, geschieden, ehemaliger Kommissar der Bad Frankenberger Mordkommission, vorzeitig pensioniert, lebt auf Rügen, wo er Ölgemälde malt.
Katharina Schendel wurde an der Küste geboren, hat fränkische Vorfahren und mag alles, was schief ist. Nach ihrer Schulzeit verbrachte sie mehrere Jahre in Metropolen wie Tokio und London. Heute lebt sie mit ihrer Familie in einer thüringischen Kleinstadt und geht mit Leidenschaft dem Schreiben von Kriminalromanen nach.
Der Tote im Rübenfeld
beTHRILLED
Originalausgabe
»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG
Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Dorothee Cabras
Lektorat/Projektmanagement: Kathrin Kummer
Covergestaltung: Guter Punkt, München unter Verwendung von Motiven von © artJazz/iStock/Getty Images Plus; AlinaMD/iStock/Getty Images Plus; ohhyyo/iStock/Getty Images Plus; GlobalP/iStock/Getty Images Plus; Zbynek Pospisil/iStock/Getty Images Plus; RuudMorijn/iStock/Getty Images Plus; gilotyna/iStock/Getty Images Plus
eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf
ISBN 978-3-7517-1635-2
be-thrilled.de
lesejury.de
Es war ein warmer, sonniger Tag im Oktober. Hummelstich, die kleine Gemeinde am Fuße des Kyffhäusergebirges, erstrahlte in einem so schönen goldenen Licht, wie es nur der Herbst hervorzubringen vermochte. Das Laub der vielen Bäume und Sträucher strotzte vor Energie und wartete mit einem Farbspektakel auf, das seinesgleichen suchte. Die Blätter der Birken leuchteten in einem kräftigen Gelbton, Ahorn und Buchen färbten sich kupfer- bis dunkelrot, und das Laub der alten Eichen- und Kastanienbäume präsentierte sich in einem satten Orange.
Der ganze Ort war erfüllt von einem gewaltigen Farbrausch, an dem man sich nicht sattsehen konnte. Hier und da lösten sich die ersten Blätter und trudelten gemächlich zu Boden oder wurden von einem sanften Wind auf die Dächer der niedlichen kleinen Häuser getragen. Über allem thronte, einer majestätischen Erscheinung gleich, die Sonne und schickte ihre warmen, Leben spendenden Strahlen zur Erde herab.
Auch die Hummelstichler – zumindest die meisten von ihnen – waren voller positiver Energie. Bis auf wenige Ausnahmen waren sie stets freundlich und fröhlich, denn sie lebten, wie sie sagten, am schönsten Ort der Welt. Ihr Schaffen und Streben galt sowohl den nützlichen und schönen Dingen als auch dem Drang, sich von den Bewohnern angrenzender Ortschaften zu unterscheiden. In ihrer Vorstellung war Hummelstich der Nabel der Welt – der Mittelpunkt, um den sich alles andere drehte.
Zudem verfügten die Hummelstichler über einen ausgeprägten Gemeinschaftssinn. Man kümmerte sich, gab aufeinander acht und stand sich bei in der Not. Geben und nehmen war einer ihrer eisernen Grundsätze, genauso wie Leben und leben lassen. Wer diese Regeln missachtete, verlor nicht nur sein Ansehen, sondern auch den Schutz, den die Gemeinschaft und ein Leben in Harmonie mit sich brachten.
Eigenbrötler und Streithähne waren nicht gern gesehen. Dafür standen wiederkehrende Feste und Feierlichkeiten hoch im Kurs.
An diesem warmen, sonnigen Oktobertag zum Beispiel bereiteten sich die Hummelstichler auf das kommende Rübenfest vor. Diese heiß geliebte Tradition, bei der es sich um eine Mischung aus Halloween, Kirmes und Erntedankfest handelte, war einer der Höhepunkte im Kalender.
Leidenschaftlich werkelten sie auf diesen Festtag hin. Die Bauern kümmerten sich bereits seit Monaten hingebungsvoll um ihre Rüben. Von der Aussaat bis zur Ernte hegten und pflegten sie die Pflanzen, als wären es ihre leiblichen Kinder. Natürlich hoffte jeder von ihnen, in diesem Jahr das größte Exemplar vorzeigen und damit den Hauptwettbewerb gewinnen zu können. Nichts schien ihnen erstrebenswerter, als ein Mal der Bauer mit der größten und dicksten Rübe zu sein.
Die Landfrauen hingegen wetteiferten um das schmackhafteste Rübengebäck. Sie feilten an ihren Rezepten, verkosteten hin und wieder ihren selbst gemachten Rübenlikör und fabrizierten herrlich duftende Backwerke am laufenden Band.
Die Kinder bastelten schaurig-schöne Dekorationen aus Moosgummi und Pappmaschee oder stellten drollige Rübengeister her. Dazu höhlten sie Rüben aus und schnitzten lustige Gesichter oder auch freche Fratzen hinein. Mit einer brennenden Kerze im Inneren ließen sich damit im Dunkeln die unheimlichsten Schatten erzeugen.
So hatte ein jeder in Hummelstich bis zum großen Tag seine Aufgaben zu verrichten.
Auch Gunnar Huflattich war mit den Vorbereitungen für das Rübenfest beschäftigt. Der neunundvierzigjährige Landwirt besaß eines der größten Rübenfelder, dazu einen stattlichen Hof, den er zusammen mit seiner Frau Isabella bewirtschaftete. Das Paar hatte weder Haus- noch Nutztiere und zum Glück – wie Gunnar nicht müde wurde zu betonen – auch keine Kinder.
Wenn er über seine Rüben gebeugt war und den Pflanzen eine Extraportion Pflege angedeihen ließ, hätte man ihn fast für einen netten und umgänglichen Menschen halten können. Doch sobald er sich seinesgleichen zuwandte, zeigte er sich von einer völlig anderen Seite.
»Was treibst du dich schon wieder hier herum?«, knurrte er seinen Bruder Gisbert an, der gerade vorbeigelaufen kam. »Hast du kein eigenes Feld, über das du trampeln kannst?«
Gisbert blieb stehen und betrachtete ihn mit einem kühlen Blick. »Wollte nur mal schauen, ob hier alles okay ist. Man munkelt, dass es im Dorf einen Dieb geben soll.«
Gleichgültig wandte Gunnar sich ab.
»Einen Rübendieb«, fügte Gisbert hinzu.
Sein Bruder wischte sich mit dem Ärmel seines Arbeitshemdes über die Stirn. »Pah, der soll nur kommen! Bei mir kassiert der Mistkerl eine Tracht Prügel, die er so schnell nicht wieder vergessen wird.« Er nickte in Richtung einer Schubkarre, die ein paar Meter entfernt stand und an die eine Mistgabel gelehnt war. »Und zur Not habe ich auch noch die Forke da.«
Gisbert verschränkte die Arme vor der Brust. »Es reicht, wenn du die Augen offen hältst. Man kann einen Konflikt auch ohne brutale Gewalt lösen.«
»Sag du mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe!«, giftete Gunnar. Er grinste verächtlich. »Kein Wunder, dass du es mit deiner verweichlichten Einstellung bisher zu nichts gebracht hast.«
Auf Gisberts Wangen zeichneten sich rote Flecken ab. »Du bist noch immer der gleiche alte Stinkstiefel wie früher. Du änderst dich nie.« Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte raschen Schrittes davon.
»Ach, rutsch mir doch den Buckel runter!«, rief sein Bruder ihm hinterher.
Am Nachmittag drehte Gunnar seine tägliche Runde durchs Dorf. Er hatte es sich seit einiger Zeit zur Gewohnheit gemacht, seine Mitmenschen zu bespitzeln, um über deren Belange auf dem Laufenden zu sein. Schließlich konnte man nie wissen, welchen Nutzen man aus den dadurch gewonnenen Informationen noch würde ziehen können. Auf seinen eigenen Vorteil bedacht, spähte er über Hecken und Zäune, belauschte Gespräche oder linste ganz ungeniert durch Fenster in fremde Häuser hinein. Auch die Konkurrenz im Rübenwettstreit hatte er stets im Blick. Nicht, dass ihm noch jemand den Sieg wegschnappte!
Bauer Cornelius Völz beispielsweise, der ausschließlich Bio-Rüben zog, war bei dem anstehenden Wettbewerb ein ernst zu nehmender Gegner. Umso mehr musste er ihn in die Schranken weisen. »Psychologische Kriegsführung« nannte Gunnar das.
»Denkst du wirklich, dass du mit den mickrigen Dingern irgendwelche Chancen hast?«, rief er Cornelius zu, der am Rande seines Rübenackers stand und mit einer Mistgabel altes Stroh und Rinderdung auf das Feld aufbrachte.
Cornelius sah auf und hielt kurz inne. »Lass das mal meine Sorge sein.« Er trieb die Zinken der Mistgabel kraftvoll in die Erde und stützte sich auf dem Stiel ab. »Kümmer dich lieber um deinen eigenen Kram.«
Ein überlegener Ausdruck trat in Gunnars Gesicht. »Ich habe den Wettbewerb schon viermal gewonnen, und ich werde auch in diesem Jahr wieder siegen. Darauf kannst du Gift nehmen!«
»Jede Glückssträhne hat einmal ein Ende«, entgegnete Cornelius lächelnd. »Auch deine.«
Gunnar echauffierte sich. »Mein Erfolg hat nichts mit Glück zu tun. Nur mit purem Können und Fleiß – nichts, was du und die anderen Trottel in diesem Dorf vorweisen könnten.« Er lachte gehässig.
Mit einem Ruck zog Cornelius die Mistgabel aus der Erde. »Besser, du verziehst dich jetzt.«
»Sonst was?«, fragte Gunnar.
Cornelius hob die Forke an, und für einen Moment sah es so aus, als wollte er sie gegen seinen Konkurrenten richten. Dann jedoch drehte er Gunnar den Rücken zu und widmete sich wieder dem Mist in der Schubkarre. »Sonst freut sich mein Hund auf dich.«
»Die alte Töle?«, rief Gunnar und wieherte wie ein Zirkuspferd. »Ich lach mich schief!«
»Verschwinde!«, fauchte Cornelius, ohne sich umzudrehen.
Gunnar steckte zufrieden die Hände in die Hosentaschen. »Man sieht sich.« Er stapfte davon.
Nachdem er eine Weile den Feldweg entlanggelaufen war, bog er in die gewundene Hauptstraße ein und erblickte in einiger Entfernung die Pastorin Frederike Neuhaus, die, als sie seiner gewahr wurde, abrupt die Straßenseite wechselte. Gerade wollte er ebenfalls die Straße überqueren, da vernahm er hinter sich eilige Schritte. Er drehte sich um. Die Ortsvorsteherin Gisela Maibach kam auf ihn zu.
»Huflattich! Auf ein Wort!«
»Keine Zeit!«, knurrte Gunnar.
Gisela Maibach packte ihn beharrlich am Arm. »Ich fürchte, Sie werden sich die Zeit nehmen müssen.«
Gunnar entzog sich augenblicklich ihrem Griff und bedachte die resolute Ortsvorsteherin mit einem grimmigen Blick. »Machen Sie’s kurz, ja?«
Gisela Maibach stemmte die Arme in die Hüften. Ihr strenger Gesichtsausdruck verriet ihre Anspannung. »Sie hatten mir für die herbstliche Ausgestaltung des Dorfangers drei Strohrollen zugesagt.«
»Das habe ich ganz bestimmt nicht«, rief Gunnar und schüttelte vehement den Kopf. »Meine Frau war das.«
Ungeduldig runzelte Gisela Maibach die Stirn. »Wann können wir also damit rechnen?«
»Gar nicht«, sagte Gunnar. »Ich bin doch nicht die Wohlfahrt.«
Die Ortsvorsteherin nickte verdrossen. »Das habe ich mir fast gedacht.«
»War das alles?«, fragte Gunnar betont gelangweilt. Er wollte schon weitergehen, doch Gisela Maibach schnitt ihm den Weg ab.
»Auch bei unserem Gemeinschaftsprojekt zum Schutz von Bienen und Hummeln haben Sie bislang keinerlei Einsatz gezeigt.«
Gunnar schnaubte. »Was soll ich mich mit diesem unbedeutenden Kleinkram herumschlagen? Ich habe Wichtigeres zu tun!«
Gisela Maibach hob mahnend den Zeigefinger. »Ihre mangelnde Bereitschaft, zum Gemeinwohl beizutragen und sich wie ein sozialverträglicher Mensch zu benehmen, wird eines Tages noch böse Folgen haben.«
Ein kaltes Lachen drang aus Gunnars Mund. »Soll das etwa eine Drohung sein?«
»Nein, nur eine Weissagung«, sagte die Ortsvorsteherin.
Gunnar zog die Augenbrauen hoch. »Ich mache mir ins Hemd vor Angst.«
Gisela Maibach musterte ihn kühl. »Ihr Egoismus bricht Ihnen irgendwann das Genick, Huflattich. Auch Sie bekommen eines Tages die Quittung präsentiert. Das prophezeie ich Ihnen!« Damit kehrte sie ihm den Rücken zu und ging davon.
Unbeirrt setzte Gunnar seinen Weg fort. Die Worte der Ortsvorsteherin hatte er längst schon wieder vergessen. Stattdessen dachte er darüber nach, welches Kapital er aus dem Wissen über seine Mitmenschen schlagen konnte und was der Tag wohl noch für ihn bereithalten mochte.
Neben dem Bespitzeln mischte er sich zum Beispiel auch gern in fremde Unterredungen ein – besonders dann, wenn er mit seinen arroganten Bemerkungen jemanden demütigen oder vor den Kopf stoßen konnte. So hatte er sich im Laufe der Zeit hier im Dorf zahlreiche Feinde gemacht. Er hatte sein Ansehen und den Schutz der Gemeinschaft verloren, was ihn jedoch nicht im Mindesten störte.
Noch ahnte er nicht, dass sein fieser Charakter ihm schon bald selbst zum Verhängnis werden würde.
Der Friseursalon von Borwin Wandelohe platzte fast aus allen Nähten. Halb Hummelstich hatte sich dort versammelt, um die Präsentation von Borwins erstem Kochbuch zu feiern. Der quirlige Halbspanier, der nicht nur ein Meister der Frisierkunst, sondern auch ein begnadeter Hobbykoch war, zwirbelte zufrieden seinen Schnurrbart und ließ den Blick über das Publikum schweifen.
Sein geräumiger Laden war mit einer Vielzahl zusätzlicher Sitzmöglichkeiten ausgefüllt worden, und zu seiner großen Freude war beinahe jeder Platz besetzt. Sogar ein Reporter der Lokalzeitung war gekommen, um über die Veranstaltung zu berichten. Glücklich strahlte er über das ganze Gesicht und tänzelte fröhlich durch den vollgestopften Raum, um jeden der Anwesenden persönlich zu begrüßen.
Ganz vorne, in der ersten Reihe, saß Bea von Maarstein und beobachtete vergnügt das kunterbunte Treiben. Sie war stolz auf Borwin und freute sich, dass er so zielstrebig seine Träume verwirklichte. Er war eine absolute Bereicherung für das Dorf, und für Bea war er ein Freund fürs Leben geworden. Sie blickte lächelnd zu Gabriel, der ein großes Tablett voller Sektgläser balancierte. Wie schön, dass es zwischen ihm und Borwin so gut lief! Die beiden waren ein entzückendes Paar.
»Hier ist ganz schön was los, was?«, murmelte Kurt Pfeiffer, der rechts neben Bea Platz genommen hatte. Der Kriminalhauptkommissar, der erst vor drei Monaten aus seiner vorzeitigen Pensionierung wieder in den Dienst zurückgekehrt war und eine erstaunliche Wandlung durchgemacht hatte, grinste Bea schwärmerisch an. »Ich glaube, dein Freund Borwin hat das Zeug zu einem echten Star.«
Bea nickte zustimmend. »Einen begabteren Koch wirst du hier in der Gegend nicht finden. Und einen besseren Friseur erst recht nicht.«
Borwin, der in seiner Doppelrolle vollkommen aufging, war in der Tat weit über die Grenzen des Dorfes bekannt. Er hatte sogar schon einmal die spanische Königsfamilie bekocht.
»Möchtet ihr etwas trinken, ihr zwei?« Gabriel kam vorbei, und Pfeiffer angelte sich zwei Sektgläser vom Tablett.
»Haben Sie sich gut eingelebt, Herr Kommissar?«, fragte Gabriel neugierig.
Pfeiffer lächelte. »Kurt, bitte. Und, ja, ich fühle mich in Hummelstich sehr wohl.« Bea und er tauschten kurz Blicke. Ein Schmunzeln trat in Beas Gesicht. Kurt Pfeiffer hatte sich nicht nur hier im Dorf niedergelassen, sondern auch ihr Haus, das sie von ihrer verstorbenen Freundin Henrietta geerbt hatte, als Mieter bezogen. Bea, die nach wie vor im großen Bauernhaus bei Familie Grüneis lebte, fand, dass sich mit diesem Arrangement alles bestens fügte.
»Das freut mich zu hören«, sagte Gabriel lächelnd, zwinkerte ihnen zu und ging weiter.
Pfeiffer reichte Bea eines der Sektgläser und prostete ihr mit dem anderen zu. »Auf Hummelstich!«, sagte er feierlich.
Sie ließen die Gläser aneinanderklirren.
»Auf Hummelstich!«, erwiderte Bea. »Und auf Borwin!« Sie schaute sich kurz suchend um und entdeckte den Freund in der Nähe der Eingangstür, wo er gerade Sara und Sven Grüneis überschwänglich begrüßte.
»Hereinspaziert, meine Lieben!«, rief Borwin und klopfte Sven auf die Schulter. Dann nahm er Sara, die im siebten Monat schwanger war und eine riesige Kugel vor sich herschob, die Jacke ab und begleitete sie zu zwei freien Plätzen, die Bea in der ersten Reihe extra frei gehalten hatte.
»Schön, dass ihr da seid!« Bea winkte fröhlich.
»Hallo, Bea«, grüßten die Grüneis’ zurück.
Als Sven Pfeiffer entdeckte, zuckte es kurz in seinem Gesicht. Offenbar hatte er sich noch immer nicht an die ständige Anwesenheit seines Vorgesetzten im Dorf gewöhnt. Auch die besondere Vertrautheit, die sich in den vergangenen Monaten zwischen Bea und Pfeiffer entwickelt hatte, schien ihm äußerst suspekt zu sein. Er nickte ihm kurz zu.
»Tachchen, Grüneis«, sagte Pfeiffer umso entspannter und trank einen großen Schluck von seinem Sekt.
Sara sank erschöpft auf den Stuhl links von Bea und streckte die Beine aus.
Borwin reichte ihr ein Glas Orangensaft. »Wie geht es dir und dem Baby?«, erkundigte er sich.
»Alles in bester Ordnung.« Sara strich sich seufzend über den dicken Bauch. »Ich fühle mich bloß langsam wie eine Seekuh. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, ich bekomme Drillinge.«
Sven, der mittlerweile auch Platz genommen hatte, legte einen Arm um sie und streichelte ihr zärtlich über das Haar. »Die letzten sechs Wochen schaffen wir auch noch. Du wirst sehen, Schatz, die Zeit vergeht wie im Flug.«
»Dein Wort in Gottes Ohr«, murmelte Sara.
Bea tätschelte ihr die Hand. »Ich freue mich so sehr für euch. Lotta bekommt bald ein Geschwisterchen. Die Familie wächst und gedeiht.«
»Und du bist ein Teil davon«, entgegnete Sara lächelnd, und die beiden Frauen stießen mit ihren Gläsern an. »Danke, dass du uns in Haus und Hof so sehr unter die Arme greifst.«