Hungrig auf Lust: Séparée-Edition - Band 8 - Susanna Calaverno - E-Book
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Hungrig auf Lust: Séparée-Edition - Band 8 E-Book

Susanna Calaverno

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Beschreibung

Mir wurde schwindelig – doch dann erlaubte ich mir, den Druck seines Körpers auf meinem zu genießen, dem Duft seiner Haut, die Weichheit seiner dunklen Locken, die ihm verwegen in die Stirn fielen …“ Als Elisabeth von ihrem Mann verlassen wird, muss sie sich vollkommen neu orientieren – besonders in der Liebe. Eins ist klar: »Nie wieder Hausmannskost!« Und so stößt sie, nach einigen chaotischen Erlebnissen mit Kontaktanzeigen, auf ein besonderes Inserat: »Intelligente und erfahrene Frauen für niveauvolle Begleitagentur gesucht.« Mit klopfendem Herzen bewirbt sich Elisabeth … Die hocherotische Geschichte einer Frau, die kompromisslos ihren Weg geht. Empfohlen von der Zeitschrift Séparée: Erotisch, leidenschaftlich und eine Verführung für alle Sinne mit exklusivem Vorwort in der Séparée-Edition! Séparée entstand aus dem ganz persönlichen Bedürfnis der Herausgeberinnen nach einem Erotikmagazin für weibliche Ansprüche. Séparée bietet sinnlichen Fotostrecken, inspirierenden Ideen, aufschlussreichen Interviews und lustvollen Beiträgen eine wunderbare Plattform, auf der das Thema Erotik und Sexualität mit Charme und Esprit beleuchtet wird. Natürlich sind auch Männer herzlich eingeladen, Séparée zu lesen – und das eine oder andere über Frauen zu erfahren, das sie schon immer wissen wollten. Jetzt als eBook: „Hungrig auf Lust“ von Susanna Calaverno. Lesen ist sexy: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 370

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Über dieses Buch:

Als Elisabeth von ihrem Mann verlassen wird, muss sie sich vollkommen neu orientieren – besonders in der Liebe. Eins ist klar: »Nie wieder Hausmannskost!« Und so stößt sie, nach einigen chaotischen Erlebnissen mit Kontaktanzeigen, auf ein besonderes Inserat: »Intelligente und erfahrene Frauen für niveauvolle Begleitagentur gesucht.« Mit klopfendem Herzen bewirbt sich Elisabeth …

Die hocherotische Geschichte einer Frau, die kompromisslos ihren Weg geht.

Über die Autorin:

Susanna Calaverno, geboren an einem kalten Wintermorgen und aufgewachsen in einer turbulenten, weiblich dominierten Großfamilie, sammelte bereits in jungen Jahren Auslanderfahrungen in Spanien und Nordafrika. Ihr Studium der Völkerkunde und Anthropologie schloss sie mit einer Magisterarbeit über die Initiationsrituale indonesischer Eingeborenenstämme ab – und wandte sich dann mit der erotischen Literatur ihr eigentliches Metier. Susanna Calaverno wohnt mit ihrer Familie seit vielen Jahren in einem alten Bauernhaus in der Nähe des Bodensees.

Susanna Calaverno veröffentlichte bei venusbooks bereits ihre Romane Verborgene Blüten, Fantasien in Samt und Seide, Schule der Leidenschaft, SIE sucht IHN, Asian Desire sowie den Kurzgeschichtenband Feurige Küsse.

***

eBook-Neuausgabe im Rahmen der Séparée-Edition August 2017

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Buch erschien bereits 2004 unter dem Titel Das Erwachen der Tigerin im Knaur Taschenbuch Verlag.

Copyright © der Originalausgabe 2004 by Knaur Taschenbuch. Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co.KG, München

Copyright © der eBook-Neuausgabe 2013 dotbooks GmbH, München

Copyright © der Lizenzausgabe 2015 venusbooks GmbH, München

Copyright © der eBook-Neuausgabe im Rahmen der Séparée-Edition 2017 venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen eBook-Neuausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Séparée © UNA GlitzaStein GmbH

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nicola Bernhart Feines Grafikdesign, München

Titelbildabbildung: © Klubovy – istockphoto.de

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-95885-563-2

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des venusbooks-Verlags

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Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Hungrig auf Lust« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

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Besuchen Sie uns im Internet:

www.venusbooks.de

www.facebook.com/venusbooks

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Susanna Calaverno

Hungrig auf Lust

Séparée-Edition

venusbooks

Vorwort zur Séparée-Edition

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Erotik ist weiblich: Dies ist das Motto von Séparée. In unserem Magazin veröffentlichen wir seit 2013 sinnliche Fotostrecken, Interviews und inspirierende Ideen. Séparée beleuchtet Erotik und Sexualität mit Charme und Esprit – und deswegen begeistern wir uns auch für herausfordernd sinnliche und explizit erotische Romane.

So entstand die Idee zur Séparée-Edition, die wir gemeinsam mit unseren Partnern beim eBook-Verlag venusbooks realisieren – und in deren Rahmen wir Ihnen nun ein besonderes Highlight präsentieren: Hungrig auf Lust von Susanna Calaverno.

Das allgegenwärtige Schönheitsdiktat macht auch vor erotischen Romanen nicht Halt – allzu oft sind die Hauptfiguren darum dem Klischeekatalog entsprungen: sehr jung, sehr knackig und … nun, sehr austauschbar. Umso erfrischender ist es, dass Susanna Calaverno eine ganz normale Frau in den Mittelpunkt stellt, frisch verlassen und mit dem drohenden Satz im Hinterkopf: »Eine Frau über 40 hat größere Chancen, von einem Tiger gefressen zu werden, als einen neuen Mann kennenzulernen.«

Hippe Teenies werden sich mit Elisabeth vielleicht nicht anfreunden – aber uns gefällt sie großartig! Sehnsucht, erotisches Verlangen und die Lust auf Abenteuer enden schließlich nicht mit dem 34. Geburtstag oder jenseits der Kleidergröße 36. Und darum jubeln wir Elisabeth zu, die schließlich alle Tabus fallen lässt, und genießen diesen Roman, der inspiriert und bestens unterhält.

Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen mit diesem erotischen Highlight! Mehr Inspirationen finden Sie auf unserer Website www.separee.com – oder werden Sie unser Freund auf Facebook: www.facebook.com/separeemagazin

Herzliche Grüße

Janina Gatzky & Ute Gliwa Chefredaktion Séparée

Kapitel 1 Christoph

Hätte ich etwas merken müssen? Im Nachhinein grübelte ich verzweifelt, wieso ich dermaßen ahnungs- und arglos in solch einer Situation gelandet war. In endlos scheinenden Nächten, in der Schlange vor der Kasse am Supermarkt, bei geistlosen Tätigkeiten wie Kartoffeln schälen, überprüfte ich in Gedanken jedes Gespräch und jede Geste auf eine eventuelle, verräterische Offenbarung. Aber meine obsessive Beschäftigung mit der Vergangenheit mündete letztlich immer in der beschämenden Erkenntnis, nichts, aber auch gar nichts gemerkt zu haben.

Dabei fing alles so harmlos an: Als Christoph sich ein halbes Jahr vor dem entscheidenden Ereignis auf den ausgeschriebenen Direktorenposten seiner Großbank in Georgia beworben hatte, rechneten wir beide nicht ernsthaft damit, dass aus seinem Luftschloss etwas werden würde. Gut – er war schon als Azubi mit Abstand der Beste gewesen, ebenso wie der jüngste Vermögensberater, und seine Karriere verlief gradlinig aufwärts wie die Kurve der T-Aktien in ihrer Jugendzeit. Aber dies schien doch ein Griff nach den Sternen! Zu seinem Triumph und meinem Entsetzen bestand er das Assessment-Center aber mit Glanz und Gloria. Und nun wollte eine Entscheidung getroffen werden. Ein Umzug der Familie – von Weldingen im Bodenseegebiet in die Vereinigten Staaten – kam nicht in Frage. Lilli stand anderthalb Schuljahre vor dem Abitur und wir, beziehungsweise ich, hatten genügend Zeit, Nerven und diplomatisches Geschick aufwenden müssen, um sie bis hierhin zu bringen. Auch Alex hatte gerade den Sprung von der Realschule auf die Fachklasse »Kommunikation und Medientechnik« geschafft – stolz wie ein Spanier auf seine neue Zugehörigkeit zu einer handverlesenen Hoffnungsträgergruppe.

Wir hatten keine echte Wahl. Zeit auch nicht. Es ging alles so furchtbar schnell, dass man das Gefühl zu träumen gar nicht ablegen konnte. Die Bank gestand ihm neben einer Menge anderer Vorteile eine großzügige Heimflug-Regelung zu. Und ich fügte mich zähneknirschend in mein Schicksal als »grüne Witwe«. Mutter Bank sorgte für alles. Christophs Appartement war bereits gemietet und möbliert, die Formalitäten zu Visum und Aufenthalt liefen verdächtig schnell. In der Hektik der Organisation alles Nötigen kamen wir kaum zum Atem holen.

Unsere letzte Nacht war – zumindest aus meiner Sicht – ein Desaster. Um kurz vor halb zwölf lagen wir endlich in unserem Doppelbett mit den zwei verschiedenen Matratzen – Christophs gesunder Taschenfederkern- und meiner weniger gesunden, dafür gemütlicheren Latexmatratze. Christoph streckte einen Arm nach mir aus. »Komm, rutsch rüber!«

Ich unterdrückte ein Gähnen und schmiegte mich in die angebotene Armbeuge. Genieß es, du wirst es bald genug vermissen, erinnerte ich mich selbst. Meine Wange lag auf seinem Oberarm, dort, wo auch bei so haarigen Männern wie Christoph die Haut ganz zart und glatt ist, und ich sog tief seinen Geruch ein. Der orientalische Duft von Egoïste passte zu ihm, als wäre er für ihn komponiert, und gehörte zu ihm wie ein unverwechselbarer Geruchs-Fingerabdruck. Als ich ihm, acht Jahre zuvor, an Weihnachten das erste Mal eine Flasche Eau de Toilette davon geschenkt hatte, schaute er etwas bedenklich drein. Er fand die Marke zu exotisch, zu erotisch für einen Banker. Inzwischen hatte er sich daran gewöhnt und trug sie mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie seine korrekten, ausgesprochen langweiligen (und saumäßig teuren) Seidenkrawatten. Und er passte fantastisch zu seinem raubtierhaften Charme! Vielleicht war er deshalb so wahnsinnig erfolgreich, weil alle reichen Kundinnen zu Wachs in seinen Händen wurden? In diesem Moment glitt seine freie Hand über meinen Oberschenkel und streifte Zentimeter für Zentimeter den Saum meines Schlaf-T-Shirts hoch.

»Dieses alte Ding könnte ich inzwischen aus einem Haufen Altkleider erfühlen! Warum wirfst du es nicht endlich weg?«

»Weil es mein Lieblingsnachthemd ist. Hilf mir doch mal ...«

Ich drehte und wand mich, einen Arm halb aus dem Ärmel gezogen. Christoph zog kräftig und plötzlich riss der Halsausschnitt mit einem dezenten Raaatsch. Das war mein Lieblingsnachthemd gewesen. Mit innerlichem Abschiedsseufzen entsorgte ich die armseligen Reste über die Bettkante und kuschelte mich wieder an die haarige Oberseite seiner Brust. Die dunklen, krausen Haare kitzelten mich an der Nase, als ich sie leicht darüber rieb. Ich musste niesen. Oh, Gott, Christophs Allergiemedikament! Ich hatte eine größere Menge davon bestellt, weil der Apotheker meinte, speziell dieses würde er in den Staaten nicht so leicht bekommen. Heute Nachmittag hätte ich es abholen sollen. »Wir müssen unbedingt morgen bei der Apotheke vorbeifahren. Ich habe völlig verschwitzt, dein Allergiezeug zu holen.«

»Mach dich nicht verrückt – im Notfall kriege ich auch in Georgia etwas in der Art. Ich gehe doch nicht auf Safari.«

Er hatte ja Recht. Ich versuchte, mich zu entspannen, und konzentrierte mich darauf, meine Handflächen über seine Flanken streifen zu lassen, entlang der Grenze, an der die drahtig-behaarte Brust in die verletzliche, weiche Haut an den Seiten übergeht. Ich kannte und liebte alle seine Körperregionen: Brust und Unterbauch mit den festen, gekräuselten Haaren, die Beine mit den längeren und glatten, die weichen auf den Unterarmen und die Stoppeln am Kinn, wenn er sich einmal nicht rasiert hatte. Die üppige Lockenpracht der Lehrzeit, auf zahlreichen Fotos dokumentiert, war schon vor Jahren dem geschäftsmännischen Haarschnitt gewichen. Er wurde alle vier Wochen nachgeschnitten und war allmählich mit vereinzelten grauen Exemplaren durchmischt. Christophs glatte Haut am Rücken unterschied sich deutlich von den Partien an den Flanken, Unterarmen und dem festen kleinen Po, auf dem sich die Nachhut der Oberschenkelbehaarung sammelte. Auf seiner linken Pobacke saß ein hemdenknopfgroßes, schokoladenbraunes Muttermal, aus dem ein dickes einzelnes Haar wuchs. Sein Teufelszeichen, wie er es nannte. Meine Hände waren unten angelangt und schoben sich vorsichtig unter seine Hinterbacken. Er gab ein grunzendes Geräusch von sich und warf sich mit mir im Arm herum.

»Es ist ziemlich spät geworden. Hast du was gegen einen Quickie? Du scheinst nicht ganz bei der Sache ...«

Wie denn auch, wenn mir hundert Dinge durch den Kopf gehen, lag mir auf der Zunge. Ich verkniff es mir. Es war tatsächlich spät. Aber ich würde mindestens einen Monat auf dem Trockenen sitzen. Wieso konnte ich mich einfach nicht der Lust überlassen, die ich so bald schmerzlich vermissen würde? Hirnrissig, aber ich kam nicht dagegen an.

»Tut mir Leid! Ich bin irgendwie total kribbelig. Ich werde dich so schrecklich vermissen.«

»Himmel, Elisabeth, du stellst dich wirklich an, als sollte ich auf Weltumseglung gehen! Der Monat wird so schnell vorbei sein, dass du gar nicht groß zum Vermissen kommst. Mach doch nicht so eine große Sache draus.«

Und damit senkte sich sein Mund auf meinen. Nach 17 Ehejahren war mein Körper gut konditioniert. Ein paar Küsse, ein paar Streicheleinheiten für die Brustwarzen, der vertraute Druck auf mir – mehr war nicht nötig, um mich ausreichend feucht werden zu lassen. Christoph war mit meinem Timing so vertraut, dass er genau wusste, zu welchem Zeitpunkt er sich zwischen meine Oberschenkel schlängeln und eindringen konnte. Manchmal bedauerte ich meine zuverlässige Reaktion. Es war deprimierend, zu funktionieren wie ein pawlowscher Hund. Aber bequem ...

Christoph seufzte zufrieden auf, sobald seine Eichel in der feuchten Öffnung ansetzte, und schob sich weiter in mich hinein. Genüsslich, Zentimeter um Zentimeter auskostend, füllte er mich mit seiner Härte. Ich versuchte, mich auf dieses Gefühl in mir zu konzentrieren. Ehe ich mich darauf eingestellt hatte, atmete er tief durch und die Muskeln unter meinen Händen spannten sich, um unmittelbar in die typische pumpende Rhythmik zu verfallen. Sein Atem wurde schneller, heftiger, steigerte sich zum Keuchen. An meinem linken Ohr pfiff sein heißes Hauchen geradezu vorbei, streifte dabei meine Wange. Die Haut am Rücken, feucht und glitschig, rutschte mir unter den Handflächen weg. Kühl wie ein Meeresgeschöpf bewegte sich sein Körper in mir, auf mir, versuchte, mich mitzureißen, und blieb doch der Schwerkraft unterlegen. Mit einem gutturalen Triumphlaut brach er auf mir zusammen. Ich schlang meine Arme fest um ihn, um die kurze Verschmelzung so lange wie möglich auszukosten. Aber er entzog sich mir sanft und griff nach dem Gästehandtuch, das ich gewohnheitsmäßig unter dem Kopfkissen platziere.

Manche nehmen Tempos, ich ziehe hübsche, kleine Frotteehandtücher vor. Seltsam, dass man in unserer angeblich so offenen Gesellschaft solche Dinge immer noch ignoriert. Ich erinnere mich gut, wie ich die harten Flecken im Laken verabscheute, als ich noch zu Hause lebte und die Bettwäsche alle zwei Wochen eingesammelt wurde. Sie waren peinliche Zeugen meines Intimlebens.. Wie viele Gästehandtücher wohl für diesen Zweck in deutschen Haushalten kursieren?

»Versuch einzuschlafen. Wir müssen morgen früh raus.« Christoph küsste mich auf die Nasenspitze und knipste seine Nachttischlampe aus.

»Gute Nacht, Elisabeth.«

Wir lagen Rücken an Rücken in der Dunkelheit und bereits nach ein paar Minuten verriet mir der regelmäßige, tiefe Atem, dass Christoph eingeschlafen war. Um seine Nerven war er wirklich zu beneiden! An seiner Stelle hätte ich seit Tagen nicht mehr einschlafen können. Tagsüber schien er voller Ungeduld, wie ein Rennpferd vor dem Start, ständig mit den Hufen scharrend, schnaubend und Mähne schüttelnd. Aber diese Nervosität wirkte sich erstaunlicherweise nicht auf seine Schlafgewohnheiten aus. Irgendwann schlief ich dann doch ein.

»Mama, du hast versprochen, uns zur Feier von Papas Abreise ein richtiges Frühstück zu machen!«

Der empörte Vorwurf in der Stimme meines Sohnes riss mich unsanft aus einem unangenehmen Traum, in dem ich irgendetwas oder irgendwem hinterher rannte – natürlich vergeblich. Ich öffnete vorsichtig ein Auge. Alex' schlaksige Gestalt ragte in voller Größe vor meinem Bett auf. Er war fertig angezogen. Der Anblick seiner grässlichen Skaterhosen in giftgelb, kombiniert mit dem Fan-T-Shirt des Schulhockey-Teams, ließ es mich gequält wieder schließen.

»Nicht wieder einschlafen! Papa versucht gerade, Rühreier zu machen, weil Lilli unbedingt welche wollte. Ich glaube übrigens nicht, dass das was wird.«

Raffiniertes Biest! Er wusste genau, wie er mich schnellstmöglich aus dem Bett scheuchen konnte. Christoph war in der Küche eine absolute Katastrophe. Ein Wunder, dass er beim Wasser kochen nichts anbrennen ließ. Erstaunlich, wie ein Mann, der mit Millionen jonglierte, dass einem schwindlig wurde, bei einfachen Dingen dermaßen ungeschickt sein konnte.

»Verschwinde, Alex und hilf ihm lieber. Lass ihn auf gar keinen Fall Milch warm machen«, grummelte ich.

Zufrieden grinsend polterte er die Treppe hinunter und ich schleppte mich ins Bad. Angesichts der Tatsache, dass unten vermutlich Alarmstufe Rot herrschte, sparte ich mir die Dusche und absolvierte nur das minimalistische Grundprogramm. Mit wehendem Morgenmantel stürzte ich in die Küche. Keine Minute zu früh. Alex hatte ein wenig übertrieben – vermutlich aus taktischen Überlegungen heraus. Der Tisch in der Essecke war fertig gedeckt. Christoph stand stirnrunzelnd vor dem Eierkocher und drehte ratlos den Messbecher hin und her.

»Woher weißt du eigentlich immer, wie viel Wasser du nehmen musst?«

»Gib her, ich mach es selber. Wer möchte denn alles ein Ei?«

»Ich.«

»Ich auch. Aber nicht zu weich.«

»Und für mich auf keinen Fall hart.«

Lillis Duftwolke schwebte in die Küche. Ich schnüffelte.

»Riecht ein bisschen aufdringlich. Ist das für die Schule nicht verschwendet?«

Lilli warf ihre lange, braune Mähne zurück. Sie erinnerte an ein bockendes Pony.

»Ach, Mama, was verstehst du denn schon davon? Das machen alle so. Du solltest mal Jana sehen, wie aufgedonnert die ist. Neben der sehe ich aus wie Aschenputtel.«

Das war schwer zu glauben. Vermutlich lag es am Alter, aber ich hatte in den letzten Jahren das Gefühl, die jungen Mädchen sähen alle seltsam gleich aus. Mehrfach passierte es mir, dass ich dachte, Lilli gerade auf der anderen Straßenseite zu sehen – bis sich das Mädchen umdrehte und jemand völlig anderes war. Alle trugen sie die gleichen Bell-Bottom-Hosen, vermutlich alle die gleiche Marke. Alle latschten in Turnschuhen oder staksten ungeschickt auf Klumpfüßen herum und alle zeigten Bauch, ob es nun ratsam war oder nicht. Die radikale Ansicht »Einen schönen Menschen kann nichts entstellen« war mit der verlogenen Behauptung »Alle Menschen sind von Natur aus schön« eine unglückselige Liaison eingegangen. Auch unsere Tochter unterwarf sich der strikten Uniformierung. Glücklicherweise konnte sie es sich figürlich leisten. »Aschenputtel habe ich mir immer anders vorgestellt«, warf Christoph ein. »Mehr in Lumpen und ollen Sachen. Wenn ich mich recht erinnere, hat mich allein diese komische Hose über 100 Euro gekostet. Von den Turnschuhen ganz zu schweigen.«

Der Unterton echter Entrüstung war unverkennbar. Geschickt, wie stets im Umgang mit ihrem Vater, bog Lilli sofort ab und fuhr auf anderer Schiene:

»So war das doch nicht gemeint, Paps. Die Sachen, die du mir gekauft hast, sind super. Kann ich heute Mittag bei Olli essen? Sein Vater fährt mich abends heim.«

Olli war ihr neuester Freund, seit etwa drei Wochen, soweit ich das beurteilen konnte. Da er die Parallelklasse ihrer Schule besuchte, klebten sie praktisch den ganzen Tag aufeinander.

»Aber nicht wieder so spät wie letztens. Denk dran, dass ihr morgen Mathe schreibt«, mahnte ich.

Der durchdringende Pfeifton unseres antiquierten Eierkochers wirkte wie ein Signal. In null Komma nichts saß alles um den Tisch. Die Verabschiedung der Kinder fiel geradezu beiläufig aus.

»Ciao, Paps, mach's gut da drüben«, rief Alex im Hinauslaufen.

»Wann kommst du eigentlich wieder? Zum Abschlussball bräuchte ich unbedingt ein anständiges Kleid!«

Christophs hilfloser Blick verriet nur zu genau, dass er nicht die leiseste Ahnung hatte, dass ein solcher Ball überhaupt stattfinden würde. Ich scheuchte Lilli zur Tür hinaus und sank wieder auf meinen Stuhl.

»Wann ist dieses Welt bewegende Ereignis eigentlich? Ich kann mich nicht erinnern, es im Terminkalender zu haben. Sag es mir rechtzeitig, ich will zusehen, hier zu sein.«

»Das ist noch fast ein Vierteljahr hin. Rufst du an, wenn du angekommen bist?«

Ein ungeduldiger Seufzer.

»Kann ich dir nicht versprechen. Aber ich melde mich, sobald es geht. War das nicht das Taxi?«

Draußen hielt ein schwerer Wagen. Christoph sprang auf, wischte sich die letzten Krümel von der Oberlippe und sprintete zur Haustür. Er konnte es kaum erwarten. Unser Abschied verlief so schnell, dass ich mich plötzlich winkend an der Haustür wiederfand. Die flüchtige Berührung seiner trockenen Lippen auf meinem Jochbein war so hastig, dass ich sie kaum registrierte. Der Wackeldackel nickte mir freundlich durchs Taxi-Rückfenster zu und dann war das Auto um die Ecke gebogen. Ich lehnte am Türrahmen und starrte ihm hinterher, als könnte ich das Bild durch schiere Konzentration zurückrufen. Der Luftzug des Speditionslasters, der gerade mit der üblichen Missachtung der innerörtlichen Geschwindigkeitsbeschränkung an mir vorüberdonnerte, riss mich aus meiner Erstarrung. Ich fröstelte in meinem Seidenkimono, einem Geschenk meines Mannes am vorletzten Weihnachtsfest.

»Und jetzt wirf diesen alten Morgenmantel von deiner Mutter endlich weg«, hatte er gesagt. »Du siehst wie eine Pennerin darin aus.«

Natürlich warf ich ihn nicht weg. Er war für mich eine zu wichtige Verbindung zu meiner Mutter. Davon gab es sowieso nicht allzu viele. Sie war kurz nach Alexanders achtem Geburtstag bei einem Wohnungsbrand umgekommen Kabelbrand. Vermutlich hatte sie wieder einen ihrer abenteuerlichen Reparaturversuche an defekten Elektrogeräten unternommen. Wir hatten während meiner Kindheit nie Geld, und sie sparte, wo es nur ging. Auch, als es nicht mehr nötig gewesen wäre. Zu unserer Überraschung hatte mein Vater eine Lebensversicherungs-Police übersehen. Als er bei einem seiner Alkoholexzesse ironischerweise von einem Milchlaster überfahren wurde, änderten sich unsere Lebensumstände bei Ausschüttung des unerwarteten Betrags erheblich. Aber alte Gewohnheiten sind zäh!

Diesen Morgenrock aus schwerem, dunkelrotem Baumwollsamt hatte Mutter mir zu meinem 18. Geburtstag selbst genäht – aus einem preiswerten Rest. Wenn ich ihn trug, seine weiche Wärme spürte, umhüllte mich seine wirklich nicht sehr elegante Schnittführung mit der ganzen Liebe, die sie auf andere Art so schwer ausdrücken konnte. Für den strengen Ästheten Christoph war es unmöglich nachzuvollziehen, was mich mit diesem, in seinen Augen hässlichen, Kleidungsstück verband. Und so packte ich ihn liebevoll in eine Tally-Weijl-Tüte und schob ihn unauffällig in meine hintere Schrankecke. Ich trug ihn nur noch, wenn ich sicher sein konnte, Christoph damit nicht über den Weg zu laufen. Wenn ich wollte, konnte ich jetzt hinaufgehen, dieses todschicke Designerstück weghängen und meinen alten Morgenrock wieder aus seinem Versteck holen. Aus einer seltsamen Anwandlung von Loyalität unterließ ich es.

Der nächste Heimaturlaub entfiel. Die Geschäftsleitung betraute Christoph mit der Führung diffiziler Verhandlungen in Singapur. Natürlich konnte er da nicht einfach nein sagen. Er rief mich an – es war ziemlich spät.

»Hör mal, es tut mir schrecklich Leid, aber ich kann diesen Monat nicht kommen. George braucht mich dringend in Singapur. Es steht eine Menge Geld auf dem Spiel, und ich soll unsere Interessen vertreten.«

Der Stolz in seiner Stimme war unüberhörbar.

»Ich dachte, deine Heimflüge seien eine ausgemachte Sache? Gedenken die, sich daran zu halten, oder war das bloß eine mündliche Abmachung, an die sich keiner erinnern will?«

»Mach doch bitte nicht so einen Aufstand. Entweder bin ich ein Manager oder ein kleiner Aktenkofferträger. Ich muss die Chancen nehmen, wie sie mir geboten werden. Oder verlangst du etwa von mir, dass ich mich vor George hinstelle und sage: ›Tut mir Leid, aber ich habe meiner Frau versprochen, nach Hause zu kommen. Schick jemand anderes.‹ Da kann ich mich genauso gut gleich aus dem Fenster stürzen. Aus, fertig, vorbei.«

Ich atmete tief durch und biss mir auf die Unterlippe.

»Schon gut. Ich vermisse dich nur so.«

Seine Stimme wurde schlagartig wärmer, sank eine Oktave tiefer. Wenn Christoph sich aufregte, rutschte er in eine höhere Stimmlage.

»Ich dich doch auch. Weißt du was, ich schick dir eine Überraschung. Lass das Paket aber nicht in die Hände der Kinder geraten. Wie geht's ihnen überhaupt?«

Resigniert erstattete ich ihm ausführlich Bericht: Alex engagierte sich seit neuestem in der Schülerzeitung. Er hatte schon immer gerne Aufsätze geschrieben und dieses Talent benutzte er jetzt, um Persiflagen über einzelne Lehrer zu schreiben. Man konnte nur hoffen, dass er sich nicht zu sehr ins Fettnäpfchen setzte. Lillis Freizeitverhalten entwickelte sich Besorgnis erregend. Wagte ich einen Einwand oder eine Ermahnung, bekam ich nur zu hören:

»Papa würde es erlauben. Du bist ja bloß neidisch auf mich, weil ich mit Olli ausgehe und du niemand hast.«

Als ich ihm das erzählte, runzelte Christoph geradezu hörbar die Stirn.

»Das darfst du dir nicht bieten lassen. Ich werde ein ernstes Wörtchen mit ihr reden.«

Wann er das zu tun gedachte und wie ich es umsetzen sollte, das Nicht-bieten-lassen, blieb offen. Da ich unser unbefriedigendes Gespräch nicht auch noch mit Missklängen beenden wollte, schnatterte ich ein paar Dinge von geringem Interesse. Ich verstummte irgendwann in dem Gefühl, Christoph hörte mir überhaupt nicht zu. War er noch am anderen Ende oder war die Verbindung unterbrochen?

»Warum sprichst du nicht weiter? Was hast du?«

»Ach, es ist doch nicht so wichtig. Bitte lass dich nicht wieder nach Fernost oder sonst wohin schicken, ja? Wir vermissen dich.«

»Ich euch auch. Grüß die Kinder. Bis demnächst.«

***

Es dauerte nicht lange und das versprochene Paket wurde mir von der Postbotin ausgehändigt. Misstrauisch schüttelte ich es hin und her. Einzelne Gegenstände im Inneren rutschten dabei herum. Offenbar hielt man da drüben nicht allzu viel von Füllmaterial. Ich warf einen Blick auf die Absenderadresse. Dort stand nicht die von Christophs Appartement und auch nicht die der Bank, sondern eine völlig unbekannte: Good Vibrations. Hoffentlich nicht so eine Life-Style-Geschichte mit reinem Aloe-Vera-Saft, Vitaminbomben und Ballaststoff-Pillen! Als ich den Deckel öffnete, klappte mein Unterkiefer herunter: Das Sortiment verblüffte mich. Zwischen dem zusammengeknüllten, lilafarbenen Seidenpapier sprang mir als Erstes ein lila-rosa geflammter Vibrator mit den Abmessungen eines Tischstaubsaugers ins Auge. Die opulente Farbenpracht ließ mich blinzeln. Seit wir in unseren experimentierfreudigeren Anfangsjahren verschämt ein billiges Einstiegsmodell bei Beate Uhse bestellt hatten, kamen in regelmäßigen Abständen die Kataloge mit den »revolutionären Neuheiten der letzten Erotik-Messe«. Von daher erkannte ich wenigstens Sexspielzeug, wenn ich es sah. Dieses ließ das deutsche Angebot geradezu provinziell erscheinen. Das Riesending fühlte sich so echt an, dass ich es vor Schreck fast fallen gelassen hätte. Allein die Farbe ...

Das Kabel für den Netzbetrieb war sogar mit einem Adapter für mitteleuropäische Steckdosen ausgestattet. Irgendwie logisch, dass dies Monstrum nicht mit Batterie betrieben wurde. Ich schaltete es sofort ein. Im Unterschied zu den Batterie betriebenen Ratterkisten begann dieses Ding tatsächlich absolut lautlos zu vibrieren. Und als Dreingabe wand sich die dicke Spitze abwechselnd in Kreisen und Achten! Der Rest im Karton entpuppte sich als ein wunderschöner Umschnallschmetterling mit dem Namen Lady's Angel, in allen Farben des Regenbogens irisierend, anschmiegsam und easy to clean. Außerdem lag da ein ganzes Sortiment kleinerer Dildos mit herausnehmbarer Vibrationskugel. Wo, um Himmels willen, sollte ich das alles unauffällig unterbringen? Ganz unten fand ich noch ein Taschenbuch mit dem viel versprechenden Titel How to make love to yourself

Verwirrt schaute ich auf dieses Zeugnis liebevoller Fürsorge und hatte doch leichte Probleme, mir meinen korrekten Gatten beim Auswählen vorzustellen. Gab es im Land der unbegrenzten Möglichkeiten vielleicht spezielle Geschenk-Sets für unbefriedigte Ehefrauen? Nach dem Motto: Wie viel wollen Sie ausgeben? Den Rest erledigen wir für Sie. So sehr ich auch suchte – ich schüttelte sogar das Buch aus –, ich fand keine persönliche Zeile. Ich musste mich wohl mit der Geste alleine begnügen. Der Lady's Angel zog meinen Blick magisch an. Wieso nicht? Irgendwie bestand ich den Kampf mit den Gummibändchen und riskierte einen Blick in meinen Ankleidespiegel. Es wirkte eigentlich ganz hübsch, wie ein fremdartiger Körperschmuck. Der Schmetterling saß auf meinem dunklen Schamhaar wie auf einem Nest. Ich stellte ihn an und er begann sanft, dann immer schneller zu vibrieren. Sein Zittern kitzelte ein wenig, aber nicht an den richtigen Stellen. Die Befestigung widerstand all meinen Versuchen, sie meinen Bedürfnissen anzupassen. Um mir einen Höhepunkt zu bescheren, waren die Vibrationen zu schwach, aber sie reichten aus, um in mir den Wunsch danach zu wecken. Das letzte Mal mit Christoph, das meinen Ansprüchen genügt hatte, war ewig her. Notgedrungen hatte ich mich bemüht, nicht allzu viel über sexuelle Frustrationen nachzudenken, und tatsächlich: Mit der Zeit hatte der nagende Hunger nachgelassen. Dieses kleine, harmlose Spielzeug erweckte ihn jetzt zu neuem Leben. Überrascht fühlte ich, wie meine Schamlippen anschwollen. Mein instinktiv tastender Finger glitt durch Feuchtigkeit, warm und schlüpfrig. Die Berührung erinnerte mich an das aufregendste Abenteuer mit Christoph. Eigentlich war es völlig untypisch für ihn und gerade deshalb so erregend.

***

Den ersten »Familientermin« absolvierte er mit einer Gelassenheit, die ich angesichts meiner eigenen Nervosität nur bewundern konnte. Die Aufforderung meiner Mutter, ihm doch den Dachboden zu zeigen (»Schließlich habt ihr Kinder da immer am liebsten gespielt!«), ließ mich peinlich berührt abwiegeln. Christoph aber versicherte mit einem viel sagenden Seitenblick und verschwörerischem Grinsen in meine Richtung, dass es ihn glühend interessierte, wo seine künftige Frau ihre Freizeit verbracht hatte. Notgedrungen führte ich ihn hinauf. Im Dämmerlicht der verschmutzten Dachbodenfenster orientierte er sich kurz, um dann zielstrebig auf die alte Kinderschaukel zuzusteuern, von der ich ihm schon erzählt hatte.

»Komm, setz dich doch einmal darauf.«

Kopfschüttelnd erfüllte ich seine Bitte. Sentimentale Anwandlungen waren das Letzte, was ich von Christoph erwartet hätte. Als ich vor ihm stand und die Arme hob, um mich auf das Schaukelbrett zu ziehen, bückte er sich blitzschnell, zog mir den Slip bis in die Kniekehlen herunter und hob mich hoch. Völlig überrascht saß ich auf einmal mit bloßem Hinterteil auf dem kratzigen Holzsitz und schaute geradewegs in seine übermütigen Augen.

»So was habe ich mir schon länger vorgestellt.«

Endlich fand ich meine Sprache wieder:

»Und was hast du jetzt vor?«

Er antwortete nicht, zog mich nur ganz nahe an sich und küsste mich tief. Seine Zunge drang rasch ein, nicht spielerisch, eher aggressiv. Sie wühlte sich in meine Mundhöhle. Der unerwartete Angriff nahm mir den Atem. Als er den Kopf ein wenig hob, rang ich nach Luft. Seine Wildheit hatte mich angesteckt. Ich spreizte meine Beine so weit wie möglich, als er mich heftig an sich zog und dabei meinen Rock hochschlug. Seine. Finger, die so elegant Geldscheine zählen konnten, gruben sich in das nachgiebige Fleisch meiner Oberschenkel. Ich unterdrückte ein Aufstöhnen. Die Finger lösten sich, strichen sanfter aufwärts, betasteten mein nacktes Geschlecht. Noch jetzt, in diesem Moment, spürte ich die ungeheure Spannung in mir; fühlte, wie meine prall geschwollenen Schamlippen gespreizt wurden, atmete die staubige Luft und sah die einzelnen Streifen Tageslicht voller flirrender Partikel. Ich roch den Moschusgeruch, der aus meinem Schoß aufstieg und Christophs Nasenflügel sich witternd blähen ließ. Mit einer Hand streichelte er damals mein schwarzes Kraushaar, mit der anderen öffnete er geschickt seine Jeans. Der steinharte Penis sprang geradezu heraus und richtete sich auf mich aus, als hätte er einen eigenen Willen.

Quälend langsam dirigierte Christoph ihn in sein schwebendes Ziel. Wir schauten beide zu, wie der dicke, rote Kopf Zentimeter für Zentimeter verschwand, wobei er sich so gut wie gar nicht bewegte, sondern stattdessen meinen Unterleib immer näher an sich zog. Sobald er ganz drinnen war, seufzten wir beide gleichzeitig auf. Die Hände auf meinen Schenkeln drückten mich zurück und er glitt fast wieder heraus. Ich, die ich nur an zwei Seilen hing, war weitgehend in die Passivität gezwungen, seinen Bewegungen ausgeliefert. Das fehlende Körpergewicht ermöglichte ihm, sein Spiel ganz nach seinen Regeln zu spielen. Ich schloss die Augen und überließ mich dem Gefühl, nur über seinen Penis mit der Erde verbunden zu sein. Federleicht glitt er vor und zurück. Ich bog den Rücken durch und bat wortlos um Erlösung, aber er zögerte sie hinaus, bis ich mir nur noch der Bewegungen in mir bewusst war. Einzig der Rhythmus des Hinein- und Hinausgleitens zählte. Und dann flog ich, über alle Wolken, mitten hinauf in helles Licht.

Als ich wieder zu mir kam, umklammerte ich immer noch mit verkrampften Händen die Seile. Christophs spitzbübisches Grinsen war leichter Besorgnis gewichen. Er hatte seine Hose schon wieder zu und bückte sich nach meinem Slip, sobald ich die Augen öffnete und »Oh, Christoph« hauchte. Der äußerte sich etwas prosaischer.

»Du siehst süß aus, wenn du so verzückt schaust, aber wir warten lieber einen Moment, ehe wir wieder zu deiner Mutter gehen.« Er drückte mich kurz an sich. »Eigentlich schade, dass Kinderschaukeln immer im Garten stehen müssen. Da ist die Verwendung doch etwas eingeschränkt.«

***

In der Folgezeit probierte ich an stillen Vormittagen und einsamen Wochenenden das Spielzeug, das Christoph mir hatte zukommen lassen, aus. Unser tägliches Leben hatte sich sowieso längst darauf eingestellt, ohne Christophs Anwesenheit abzulaufen. Die Kinder schienen ihn kaum zu vermissen. Alex bekam ich fast nur noch anlässlich der Mahlzeiten zu Gesicht. Computer degradieren Mütter zu reinen Dienstleistern. Aus purer Gutmütigkeit ließ er sich hier und da dazu herab, mit mir gemeinsam einen Film anzuschauen.

»Damit du nicht immer allein vor der Glotze hocken musst.«

Lillis einzige Sorge kreiste um die Frage, ob ihr Vater wohl da sein würde, wenn sie ihr Abschlussballkleid kaufen wollte. Meinen ernüchternden Einwand, dass sie immer noch fast ein Vierteljahr Zeit hatte, wischte sie beiseite.

»Ich will doch nicht irgendeins! Im Schaufenster von Vivace hängt ein supertolles, das wird jeden Moment heruntergesetzt. Nicht, dass mir das jemand wegschnappt. Die halbe Schule ist scharf drauf.«

»Du meinst doch nicht etwa diesen halbseidenen Fummel?«, fragte ich entsetzt. »Da kannst du ja gleich nackt gehen.«

»Siehst du, genau deshalb brauche ich Papa. Der würde es mir kaufen. Du hast einen so spießigen Geschmack.«

Würde Christoph tatsächlich seinen Augenstern in einem Kleid paradieren lassen, dass seine Trägerin so unmissverständlich als lockeren Vogel auswies? Für einen Abschlussball, bei dem die örtliche Presse kiloweise Filmmaterial verbrauchte, fand ich es keinesfalls passend. Die Aufmerksamkeit, die man damit auf sich zog, würde sich unweigerlich als Bumerang erweisen. Je engstirniger eine Kleinstadt, desto besser das kollektive Gedächtnis. Aber wieso sollte ich sie ihrer Illusion berauben? Feige überließ ich diese Aufgabe ihrem Vater.

»Das besprichst du am besten mit ihm selbst. Falls er heute Abend anruft. Ich bin im Literaturkreis. Bis später.«

Ich war dazu übergegangen, eine fleißige Nutzerin des örtlichen Volkshochschul-Angebots zu werden. Unsere gesellschaftlichen Kontakte beschränkten sich auf ein paar Kollegen mit passender Familienstruktur. Und da Christoph es hasste, abends auszugehen, rankte sich unser üblicher Feierabend rund um ein gutes Abendessen – darauf legte er großen Wert – mit anschließendem Fernsehen. In der Schulzeit hatte ich nichts dagegen, denn ich musste schon um halb sechs aufstehen, um das Bad nicht für die anderen zu blockieren. Die Reihenfolge und Zeiten waren sorgfältig ausgeklügelt. Ich hatte die erste Viertelstunde, dann kam Alex, schließlich Lilli und als Letzter Christoph. Der hechtete gleich danach in seinen Wagen. Die Kinder mussten mit dem Bus um Viertel vor sieben fahren und dank Lillis Trödelei vor dem Spiegel geriet jeder Morgen unweigerlich zum Zeit-Thriller. Schaffte sie's oder schaffte sie's nicht? In letzter Zeit hatte ich mir angewöhnt, nur schnell in meinen alten Morgenrock zu schlüpfen und mich erst fertig zu machen, wenn ich meine Ruhe hatte. Das verschaffte mir morgens eine halbe Stunde mehr Schlaf.

Ich besuchte also neuerdings den wöchentlichen Lesekreis, der sich, zur allgemeinen Überraschung, vor einem halben Jahr etabliert hatte. Wenn der Fanfarenzug sein Probelokal nicht benötigte, durften wir es benutzen. Dann saßen wir da, inmitten des schimmernden Metalls der Instrumente, und diskutierten über aktuelle Veröffentlichungen. Die Auswahl war nicht einfach. Ich bewunderte unsere Seminarleiterin für ihr Geschick. Die dicke Organistin wollte nur etwas mit Happy End, die verhuschte Zahnarztgattin konnte nichts auch nur entfernt Krimiähnliches ertragen (»Keine Leichen, bitte! Da kann ich nachts nicht schlafen.«), die Sportlehrerin hätte am liebsten ausschließlich Bergbesteigungen und Weltumsegelungen besprochen und die Mehrheit las alles gerne, »nur nichts zu Schweres«. Wobei unklar blieb, wo hier die Grenze gezogen wurde. Die Frau des Bäckers gestand einmal leise und verschämt, sowieso immer einzuschlafen.

»Sogar beim Konsalik – ond dere Kerle isch g'rad saumäßig schpannend.«

Ich war erst drei Mal dabei gewesen. Es schien darauf hinauszulaufen, dass es immer einen kurzen Abriss der Handlung gab. Darauf folgte eine Lesung von ein paar Seiten, um einen Eindruck vom Stil zu vermitteln. Die anschließende Diskussion war das Beste. Gnadenlos wurde jede Geschichte von den Teilnehmerinnen auf einen Präzedenzfall vor Ort oder in der näheren Umgebung hingebogen. Falls das wirklich unmöglich zu bewerkstelligen war, dann hatte garantiert jemand aus der Runde beim Friseur oder Zahnarzt oder im Fernsehen etwas Vergleichbares gelesen oder gesehen. Das Prinzip der Fiktion griff einfach nicht. Ich amüsierte mich jedes Mal.

Einmal gingen wir sogar noch auf ein Viertele Wein in den Kranz nebenan und dann wurde es erst richtig interessant. Kein Städter würde es für möglich halten, was in der Provinz nicht geheim zu halten ist ...

Dieser Abend bescherte mir im Anschluss an die Lektüre des Buchs Grüne Tomaten einen unglaublichen Querschnitt durch die menschlichen Niederungen. Ich hörte allerhand Klatsch und Tratsch und begann in Folge dessen die Menschen, denen ich täglich begegnete, mit anderen Augen zu sehen. Unseren Pfarrer beispielsweise, mit dem ich mich früher immer wegen seiner rigiden Auslegung von Disziplin angelegt hatte, hatte ich noch nie ausstehen können. Jetzt erfuhr ich, dass seine frömmelnde Gattin bereits die zweite war. An und für sich nichts Ungewöhnliches – bis auf die Tatsache, dass Gottfriedchen ziemlich genau zwei Monate jünger war als das jüngste Kind der ersten Frau. Aber es kam noch besser: Nummer Zwei war die beste Freundin von – Nummer Eins. Vorher natürlich. Noch ganz erschüttert, ein Zustand der durch zwei Viertel Schwarzriesling gemildert wurde, kam ich relativ spät heim. Beide Kinder schliefen bereits. Auf dem Esstisch lag ein Zettel: Papa hat angerufen. Kommt nächste Woche. Sollst dir keine Mühe machen, er weiß nicht, wie lange er bleiben kann.

Nächste Woche. Wann nächste Woche? Montag oder Freitag? Egal, die Vorfreude machte sich in mir breit und sorgte für einen Adrenalinspiegelanstieg. Als Erstes musste ich morgen das Schlafzimmer aufräumen. In letzter Zeit war ich nachlässig geworden. Bügelwäsche, nur einmal Getragenes, Bücher und Zeitschriften hatten sich zu einem gemütlichen Chaos zusammengefunden. Christoph würde es grässlich finden. Er liebte es peinlich ordentlich. Ich würde die wunderschöne Satinbettwäsche einweihen: weinrot marmoriert, mit schwarz-weißen Streifen, auf denen japanische Kalligraphie erholsamen Schlaf wünschte. Christoph liebte asiatische Schlichtheit.

Hoffentlich konnte meine Friseuse mich schnell einschieben. Hatte ich noch genug Kaltwachs, um meine Beine zu enthaaren? Wenn ich morgen das Rindfleisch besorgte, hatte ich noch Zeit, es zu marinieren. Sauerbraten mit Klößen war Christophs Lieblingsgericht. Die Mousse au chocolat konnte ich auch noch machen, wenn er schon da war. Zwar wird sie besser, wenn sie eine Nacht im Kühlschrank steht, aber notfalls reichen auch zwei Stunden. Dafür schmelze ich (ganz behutsam im Wasserbad) eine Tafel erstklassige Zartbitterschokolade. In der Zwischenzeit rühre ich zwei Eigelb mit zwei Esslöffeln Zucker so lange, bis der Zucker sich vollkommen aufgelöst hat, schlage zwei Eiweiß steif und (in einem Extragefäß) einen Becher Schlagsahne. Das Schwierigste ist, das alles richtig zusammengeht. Die Schokolade darf nicht zu heiß sein, sonst gerinnt das Eigelb. Also ganz vorsichtig mit einem Schneebesen unterrühren. Dann das steife Eiweiß und ganz zuletzt die Sahne. Außerdem ist Fett ein Geschmacksträger – das predigt mir die Fleischersfrau jedes Mal vor, wenn ich »mageres« Fleisch möchte.

Vor lauter Plänen und gedanklichen Vorarbeiten konnte ich erst spät einschlafen. Die nächsten Tage verbrachte ich mit der Umsetzung. Meine Nervosität irritierte die Kinder.

»Wieso muss ich jetzt die Treppe wischen, nur weil Papa kommt? Der sieht es doch gar nicht.«

Alex war mitfühlender.

»Sie ist doch jetzt nur so aufgeregt, weil es das erste Mal ist. Warte mal ab – das nächste Mal ist sie schon viel cooler.«

»Dann mach du's doch, du Schleimer!«

»Ach nee. Wer soll dir immer helfen, wenn du Vorschuss brauchst?«

Lilli verstummte und begann mit finsterer Miene umständlich den Lappen auszuwringen. Ungeachtet ihrer ständigen Zankereien hielten sie gut zusammen, wenn es darauf ankam. Als sie kleiner waren, drangsalierte Lilli ihren kleinen Bruder fast wie die Luzie bei den Peanuts ihren Charlie Brown. In den letzten Jahren hatte Alex allerdings ein erstaunliches Geschick zur Selbstbehauptung entwickelt. Mittlerweile war mir nicht mehr so sicher, wer von den beiden das Sagen hatte.

***

Völlig überraschend erschien Christoph am Montagmorgen. Ich hörte die Haustür und dachte im ersten Moment, es sei eines der Kinder, das früher aus der Schule käme. Er stand mit gesenktem Kopf, den neuen anthrazitfarbenen Mantel über dem Arm, die Reisetasche in der anderen Hand – eine Momentaufnahme in Sepia. Einziger Farbtupfer: die aquamarinblaue Paisley-Krawatte. Er sah müde aus und irgendwie ...

»Christoph!«

Ich fiel fast die Treppe hinunter, weil ich mich nicht schnell genug in seine Arme werfen konnte. Er fing mich an den Oberarmen ab und hielt mich auf Abstand. Hatte er Angst um seinen teuren Anzug? Das war wohl berechtigt, denn seine unvermittelte körperliche Gegenwart wirkte auf mich ungeheuer aphrodisierend. Ich schnupperte.

»Hast du ein neues Aftershave? Du riechst damit so fremd.«

Ungeachtet seines Griffs versuchte ich mich näher an ihn heranzuschlängeln, um wenigstens meine Unterarme um seine immer noch bemerkenswert schlanken Hüften zu schlingen.

»Komm, zieh den Anzug aus und lass uns nach oben gehen. Ich habe dich so schrecklich vermisst, ich weiß gar nicht, wie wir das aufholen sollen.«

Er holte tief Luft und presste dann hastig hervor:

»Ich muss mit dir reden, Elisabeth.«

»Machst du Witze? Nach Reden ist mir jetzt überhaupt nicht zumute. Ich möchte mit meinem Mund ganz andere Dinge tun.«

»Bitte, komm ins Wohnzimmer.«

Es war wohl mehr der verzweifelte Unterton, der mich alarmierte. Ich stand still und musterte ihn genauer. Ja, er sah müde aus, aber nicht nur müde. Da lauerte auch eine ziemliche Portion Nervosität. Oder Angst? Er wich meinem fragenden Blick aus, studierte die Treppe hinter mir, als wolle er sich jede Einzelheit einprägen. Gut, dass Lilli sie gewischt hat, schoss es mir unpassend durch den Kopf. Mein Magen verkrampfte sich und ich fröstelte.

»Was ist los?«

Eine lebhafte Fantasie ist manchmal ein Fluch. In einer Kette des Schreckens zogen die Möglichkeiten an meinem inneren Auge vorbei. Hatte er seinen Job verloren? War er ernsthaft erkrankt? Krebs? Oder gar Aids? Wollte er mich deshalb nicht berühren? Zitternd und im Inneren schmerzhaft verkrampft, ließ ich mich von Christoph in einen der tiefen Sessel drücken. Am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten und mich in die Polster vergraben. Stattdessen klemmte ich beide Hände zwischen meine zusammengepressten Knie und wartete.

»Ich möchte dich um die Scheidung bitten.«

Ich musste mich verhört haben. Ich musste träumen, anders war diese verrückte Situation nicht zu erklären. Ganz ruhig, Elisabeth. Gleich wachst du auf und außer heftigem Herzklopfen ist nichts mehr davon Wirklichkeit.

Ich wartete. Ich wartete, bis mir mein Verstand sagte, dass ich nicht träumte. Dass anderthalb Meter von mir entfernt mein Mann äußerst unbehaglich dreinschaute und seinen Blick überallhin schweifen ließ – nur um mich nicht ansehen zu müssen. Er hatte es wirklich gesagt und es war ihm bitterer Ernst. Leicht fiel es ihm nicht. Sein Kiefer wirkte vor Anspannung wie gemeißelt und er zerrte immer wieder an seiner Krawatte, als sei die an seiner Lage mitschuldig. Die Zeit schien stillzustehen, während ich seine Hände beobachtete, die sich ballten, über seine Oberschenkel fuhren und die Bügelfalte platt drückten. Er verlor die Geduld. »Hast du mich gehört? Ich möchte, dass wir uns scheiden lassen!«

Dieser Euphemismus. Er wollte sich scheiden lassen. Mich verlassen. Was hatte ich verbrochen, dass ich einfach aus seinem Leben geworfen wurde? Jeder Kündigung muss doch eine Abmahnung vorausgehen. Hatte ich sie übersehen?

»Warum?«

»Wie bitte?«

»Warum willst du dich scheiden lassen?«

Auf diese Frage war er nicht vorbereitet. Also inspizierte er seine Schuhe, wie er es gewöhnlich tat, um überraschende Momente unauffällig zu überspielen.

»Hattest du nicht auch manchmal den Eindruck, dass wir uns nicht mehr viel zu sagen haben? Ich gebe dir ja gar nicht die Schuld, aber irgendwie haben wir uns doch auseinandergelebt. Du bist eine wunderbare Mutter, wirklich. Ich könnte absolut nichts an dir bemängeln, aber wir leben doch nur noch nebeneinander her. Du bist irgendwann stehen geblieben und ich habe mich weiterentwickelt und jetzt passen wir einfach nicht mehr zusammen. Ich brauche jemanden, mit dem ich über meine Arbeit sprechen kann, der mich versteht und der mich bei meiner Karriere unterstützt.«

Er verstummte und ich schmeckte die Bitterkeit der Ungerechtigkeit. Wer hatte darauf bestanden, dass ich bei den Kindern zu Hause blieb? Wer trug abends meist nur noch Knurrlaute zur Unterhaltung bei? Wer hatte es mir abgewöhnt, nach seinem Tag zu fragen, weil er dann angeblich nicht mehr richtig abschalten konnte? Die Liste war beliebig fortführbar.

»Und wie hast du so schnell eine kennen gelernt, die besser zu dir passt? Ist sie die Tochter des Bankdirektors?«

Der Schlag saß. Christoph errötete selten, aber wenn er es tat, sah man es deutlich.

»Ganz so schnell ging es auch wieder nicht. Wir kennen uns schon seit anderthalb Jahren. Und Tiffany ist nicht die Tochter des Direktors. Wenn alles klappt, ist sie bald Vizedirektorin.«

Der durchschimmernde Stolz und die Gewissheit, dass zumindest ein Teil der letzten Jahre nur Täuschung gewesen war, zerbrachen etwas in mir. Jede zärtliche Geste, auch diese letzte Nacht – nichts als Verstellung und Theater. Anderthalb Jahre, grübelte ich. Das musste der Besuch der »hochrangigen Delegation« gewesen sein. Danach fingen die Dienstreisen an. Und ich war so absolut ahnungslos gewesen. Wenn ich wenigstens einen Hinweis gehabt hätte, eine Änderung in seinem Verhalten, fremde Parfümspuren – irgendetwas, das mich hätte warnen können. Aber er hatte seine Rolle gut gespielt. Dieses Schwein!

Die Wut und der Hass, die plötzlich wie ein explodierender Geysir in mir hochschossen, überraschten mich selbst. Ich hatte ihn geliebt, umsorgt, ihn vor häuslichen Problemen abgeschirmt, ihm den Rücken frei gehalten. Er war die Achse, um die mein Leben sich gedreht hatte. Es war kein Wunder, dass ich jetzt orientierungslos dahintaumelte. Die Wut füllte das riesengroße Loch des Verlusts und sie füllte es reichlich. Ich fühlte, wie mir heiß wurde. Es juckte etwas, als mir an Schläfen und Oberlippe der Schweiß ausbrach. Wut, glühende Wut über den Verrat, ließ mich zittern. Meine gepflegten Hände krümmten sich zu Krallen und ich hätte es genossen, sie ihm in die Haut zu graben, richtig tief. Ihm mit den Fingernägeln langsam und genüsslich Furchen hineinreißen. Im Blut abrutschen und wieder hineingraben, bis ins Fleisch bohren. Schließlich meine blutigen Klauen um seinen Hals legen und zudrücken. Fühlen, wie er zuckt, wie das Blut verzweifelt versucht, auf seiner Bahn zum Hirn vorzudringen. Versiegt. Kein Sauerstoff, die Zellen ersticken. Eine nach der anderen. Der Widerschein meines inneren Aufruhrs muss sich auf meinem Gesicht gespiegelt haben, denn Christoph wich vor mir zurück.

»Meinst du, wir können vernünftig darüber sprechen, wenn du dich etwas beruhigt hast?«

Fast hätte ich gelacht. Feiger kleiner Arsch.

»Verschwinde!«

War das meine Stimme? Wild, fast gespenstisch.

»Soll ich morgen wiederkommen?«

»Geh, aber schnell!«

Er kramte nervös in der Innentasche seines Anzugs.

»Hier. Das ist der Entwurf vom Anwalt. Du kannst ihn dir in Ruhe anschauen. Er fand ihn zu großzügig, aber das bin ich dir wohl schuldig.«

Ich blieb regungslos. Es kostete mich zu viel Kraft, mich zu beherrschen, ihm nicht an die Kehle zu springen.