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Rieke, Anfang 40, betreibt ein florierendes Bistro am Ku'damm. Ihre Tochter ist aus dem Haus, und Riekes Privatleben ist wenig aufregend. Dann taucht eines Tages Paula auf, eine alte Schulfreundin. Sie kehrt aus Frankfurt zurück, wo sie in einer Werbeagentur Karriere gemacht hat. Die beiden Frauen kommen einander näher. Und dann entdeckt Rieke Paulas Geheimnis ...
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Seitenzahl: 331
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FRAUEN IM SINN
Verlag Krug & Schadenberg
Literatur deutschsprachiger und internationaler
Autorinnen (zeitgenössische Romane, Kriminalromane,
historische Romane, Erzählungen)
Sachbücher und Ratgeber zu allen Themen
rund um das lesbische Leben
Bitte besuchen Sie uns: www.krugschadenberg.de.
Manuela Kuck
Hungrige Herzen
1
Es war ein Freitag um die Mittagszeit zu Beginn des Altweibersommers. Ich hatte gerade den noch ofenwarmen Streuselkuchen mit Brombeeren aufgeschnitten, als die Türglocke anschlug und Britta mit einem breiten Lächeln ins Bistro schlenderte, sich auf einen Hocker an der Theke hievte und ihre schwere rote Lederaktentasche nach kurzem Überlegen zu Boden gleiten ließ. Sie sah aus, als hätte sie etwas zu erzählen. Ich lächelte ebenso breit zurück und servierte ihr eine große Tasse Latte macchiato mit Zimt und das schönste Stück Kuchen vom frischen Blech – mit Streuseln so dick wie Haselnüsse und violett schimmernden Brombeeren. Einige Minuten zuvor hatte sich eine Gruppe von fünf Geschäftsleuten nach einem opulenten zweiten Frühstück mit einem ebenso üppigen Trinkgeld verabschiedet, und so war ich in bester Spendierlaune. Wenn mich nicht alles täuschte, hatten die Herren sich in meinem Frühstücksbistro rundum wohl gefühlt, und ich konnte damit rechnen, sie bald wiederzusehen. Stammkunden waren mir die liebsten – zumal solche, denen es auf zwei oder gar fünf Euro nicht ankam. Vor acht Jahren war mir das Ladengeschäft am Ku’damm angeboten worden, und schon nach kurzer Zeit erinnerte nichts mehr an die ehemals dunkle, ungemütliche und verräucherte Kneipe, die ich in ein helles Bistro, in dem Holz und kräftige Farben vorherrschen, verwandelt hatte. Ich bin stolz darauf, mit meinem Konzept auch in schlechteren Zeiten ohne große Umsatzeinbußen gut zurechtzukommen. Heutzutage legen viele Menschen Wert darauf, möglichst naturbelassene Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, und so bin ich mit meinem selbstgebackenen Brot und Kuchen, dem Rohmilchkäse, diversen frischgepressten Säften, Snacks, die man eben nicht an jeder Ecke bekommt, und Produkten aus dem Bio- und Dritte-Welt-Laden gut beraten. Zwischen acht Uhr morgens und sechs Uhr abends serviere ich Frühstück, Kuchen und kleine Imbisse, und der letzte Gast bekommt noch eine genauso frische und ansehnliche Mahlzeit serviert wie der erste. Der Müsli-Fan wird bei mir genauso zufriedengestellt wie die Öko-Mami, die ihren allergiegeplagten Sprössling mit Reiswaffeln versorgen will, Eier nur von ganz besonders glücklichen Hühnern isst und die Hühner selbstverständlich gar nicht. Meine Hauptkundschaft sind Geschäftsleute, Angestellte der umliegenden Büros und Läden, Frauen, die ihren Stadtbummel gern für eine halbe Stunde unterbrechen, und die Besucher einer nahegelegenen Galerie. Meist bin ich schon um sechs Uhr in der Frühe im Bistro, um Brot und Kuchen zu backen. Chris, ein Medizinstudent, der regelmäßig ein bis zwei Mal in der Woche stundenweise bei mir arbeitet, fängt oft erst gegen zehn Uhr an, und wenn viel zu tun ist oder ich mal ausfalle, kommt noch Maren hinzu, eine dreißigjährige alleinerziehende Mutter, die ein paar Euro extra immer gut gebrauchen kann. Es mag pathetisch klingen, aber ich liebe meine Arbeit – das ständige Kommen und Gehen, das leise oder auch lautere Gemurmel, Gesprächsfetzen, Geschirrklappern, dazu der Duft von frischem Brot und gutem Espresso. Es gibt Gäste, die zum ersten Mal kommen, und andere, die ich schon seit Jahren kenne. Einige sind mir ans Herz gewachsen, andere sehe ich lieber von hinten, selbst wenn sie spendabel sind, und ich muss mir Mühe geben, nicht nur höflich, sondern freundlich zu sein. Besonders genieße ich die einsamen Morgenstunden, wenn ich den Teig knete und forme. Der Ofen summt leise in der Stille, und meine Hände werden warm und weich, während ich darüber nachdenke, welche Bestellungen aufzugeben sind oder ob Tamara sich wohl mal wieder blicken lässt. Tamara ist meine inzwischen neunzehnjährige Tochter. Ich habe sie zu einer selbständigen jungen Frau erzogen – zu einer so selbständigen, dass sie es eine Zeitlang völlig in Ordnung fand, ihre Mutter viele Wochen nicht zu sehen, ja nicht mal zwischendurch kurz anzurufen. Vielleicht ist es das sogar. Britta, die es schließlich wissen muss, da sie selbst Mutter von zwei, wenn auch kleineren Kindern ist und zudem Berufsschullehrerin, hält die Abnabelung meiner Tochter jedenfalls nicht nur für erfrischend normal, sondern auch für begrüßenswert. Manchmal, wenn innerlich alles erledigt und abgehakt ist, wird mein Kopf ganz leer, und dann weiß ich, dass das Brot an diesem Tag besonders gut wird.
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