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Linda hat sich von ihrem Ehemann getrennt und lebt nun mit ihrem Sohn Erik in einem kleinen Bauernhaus in der Nähe von Wolfsburg. Sie ist sehr glücklich mit Katharina, ihrer neuen Liebe, und Erik ist begeistert, in deren Tochter Nadine eine Spielgefährtin zu haben. Die beiden Frauen blicken optimistisch in die Zukunft. Sie schließen neue Freundschaften und genießen ihr Zusammensein. Doch der Alltag, der sich allmählich einstellt, bringt Höhen und Tiefen mit sich. Als Linda eines Tages eine herbe berufliche Enttäuschung erlebt, gerät sie ins Nachdenken. Und dann erhält sie einen folgenschweren Anruf ... »Neue Zeiten für Linda« ist nach »Lindas Entscheidung« der zweite Band der Trilogie, die mit »Lindas Ankunft« ihren Abschluss findet.
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Seitenzahl: 399
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FRAUEN IM SINN
Verlag Krug & Schadenberg
Literatur deutschsprachiger und internationaler
Autorinnen (zeitgenössische Romane, Kriminalromane,
historische Romane, Erzählungen)
Sachbücher und Ratgeber zu allen Themen
rund um das lesbische Leben
Bitte besuchen Sie uns: www.krugschadenberg.de.
Manuela Kuck
Neue Zeiten für Linda
Für Christian
Prolog
Als Corinna das erste Mal zu mir sagte, ich solle mich hinsetzen und schreiben, hatte ich nur ein bitteres Lächeln für sie übrig. Erst später begriff ich, worauf sie hinauswollte. Ich begann Notizhefte zu füllen mit meiner Angst und meinem Entsetzen, als könnte ich beides dort auf dem Papier zurücklassen und mich anschließend wie erlöst erheben. Ich beschrieb das Heute und das Gestern, den Schmerz und den allmählich zu erkennenden Weg, und meine Hand umklammerte den Füller wie einen Rettungsanker. Gleichzeitig spürte ich mit jedem Satz deutlicher, daß die Befreiung nicht darin bestand, in die Vergangenheit zurückkehren zu wollen. Und wenn sie noch so schön war – es gelingt nicht. Es kann gar nicht gelingen.
Aber die Wende der Ereignisse schien so ungerecht, so verdammt ungerecht. Wie viele Kämpfe hatte es mich gekostet, zu Katharina zu finden und zu mir selbst. Alles andere hinter mir zu lassen. Jan, meine Familie, den Druck, den sie auf mich ausübten. Plötzlich hatte ich gefühlt, daß es sie gab, die Freiheit, mich zu entscheiden. Die Freiheit, Katharina zu lieben, ihre Hände auf mir und in mir zu spüren – ohne Schuldgefühle und Angst. Das war vor fast zwei Jahren gewesen.
Gerade erst hatten wir begonnen, das gemeinsame Leben im Alltag zu bewältigen und zu begreifen, daß auch wir Konflikte hatten, und nicht zu knapp. Daß es nicht genügte, sich füreinander entschieden zu haben und unter einem Dach zu leben. Daß auch wir uns Seitenhiebe verpaßten und die jeweils eigenen Bedürfnisse rücksichtslos in den Vordergrund stellten. Gerade eben hatten wir uns wieder die Hände gereicht, bereit, uns aufeinander einzulassen mit all unseren Fehlern und Schwächen. Und genau in dem Augenblick stürzte alles zusammen. Ohne Vorwarnung. Ohne den Hauch einer Chance, den Verlauf von Minuten, Stunden, Tagen im nachhinein zu korrigieren.
Nach diesem Wochenende war nichts mehr wie vorher. Die Karten waren neu gemischt, und ich hielt sie zunächst fassungslos in den Händen. Ihre Sprache war fremd und zutiefst beängstigend, und nichts hatte mich auf sie vorbereitet. Alles, was ich zuvor an Aufregungen und auch Konflikten erlebt hatte, trat auf einmal in den Hintergrund. Es war nicht unwichtig geworden, aber ich maß all dem eine ganz andere Bedeutung bei.
In den vergangenen zwei Jahren hatte ich gelernt, meine Bedürfnisse und Wünsche zu erkennen und nach ihnen zu leben, meinen Weg zu gehen, und plötzlich mußte ich eine ganz andere Lektion begreifen.
1
Ich spürte sehr genau, daß mein Lächeln den leisen Schmerz nicht überdecken konnte. Ein Wermutstropfen, dachte ich und winkte Katharina und Nadine nach, als sie vom Hof auf die Hauptstraße bogen, um nach Wolfsburg zu fahren. In weniger als zehn Minuten würde Katharina in ihrer eigenen Wohnung sein und ihre Tochter ins Bett bringen. Dann vielleicht die Tagesschau einschalten. Ein bißchen dem vergangenen Wochenende nachhängen. Die Waschmaschine laufen lassen.
Ich seufzte und ging ins Haus zurück. Seit gut zwei Monaten wohnte ich nun mit meinem knapp fünfjährigen Sohn Erik in diesem kleinen Bauernhaus in Velstove, das nach anstrengenden Renovierungsarbeiten mein neues Zuhause geworden war. Eine von Annas Stammkundinnen, die seit fast zwanzig Jahren in der Buchhandlung meiner Tante kaufte, war die Vermieterin. Die etwas schrullige ältere Dame wollte regelmäßig die Miete und ansonsten nur ihre Ruhe haben. Meine anfänglichen Bedenken gegen das ländliche Leben hatte ich rasch fallengelassen. Erik fühlte sich wohl, und die Leute aus der Nachbarschaft waren freundlich und unaufdringlich. Hinzu kam, daß die Miete günstig war. Und Katharina liebte dieses Haus. Sie hatte geschuftet bis zum Umfallen, gestrichen, tapeziert,Teppiche verlegt, Regale aufgebaut und tausend andere Kleinigkeiten erledigt. Es hatte weh getan, als ich das Türschild am Haus angebracht hatte, und es stand nur mein Name darauf.
Zwei alte Apfelbäume säumten die Einfahrt zum Hof; der hinter dem Haus gelegene Garten war verwildert und strömte einen üppigen Frühsommerduft aus. Es gab eine Schaukel, einen riesigen Sandkasten und jede Menge Unkraut. Alle Zimmer waren mit schlichten Holzmöbeln und bunten Teppichen eingerichtet. Nichts hier erinnerte an das Haus, in dem ich vorher mit Jan gelebt hatte. Das gepflegte Einfamilienhaus mit einem Garten, in dem die Beete so schnurgerade angelegt waren, daß einem schwindelig werden konnte, gehörte nun einem anderen jungen Ehepaar. Glas und Chrom. Blankpolierte Arbeitsflächen. Immer blitzsaubere Fenster und ein Flur, der ständig nach Zitronenreiniger roch. Jan war längst wieder in China, die Scheidung eingereicht, der erste Aufruhr in der Familie mehr oder weniger gut überstanden.
Ich setzte Teewasser auf und rief nach Erik. Es fiel mir schwer, zu glauben, daß ich mich noch vor einem Jahr verbissen daran geklammert hatte, eine moderne Ehe zu führen und zufrieden und glücklich zu sein. Plötzlich hatte ich feststellen müssen, daß ich Jans Entscheidung, für mindestens zwei Jahre in China zu arbeiten, um die Karriereleiter bei VW schneller emporzuklettern, nicht nur tolerierte, sondern seine Abwesenheit sogar in vollen Zügen zu genießen begann. Alte Erinnerungen waren aufgetaucht, und dann hatte auf einmal Katharina vor mir gestanden. Eine Wärme in den Augen, der ich mich nicht hatte entziehen können. Und dann nicht mehr hatte entziehen wollen.
Manchmal konnte ich die Angst und die Panik, die mich monatelang beherrscht hatten, noch nachschmecken. Die Auseinandersetzung mit Jan war furchtbar gewesen und auch die mit Elisabeth, meiner Mutter. Aber es gab auch die andere Seite, die Menschen, die zu mir hielten und mich unterstützten. Anna, meine Tante, meine Schwester Claudia, mein Vater Siegfried, Bettina, die plötzlich nicht mehr nur die lustige, vorlaute Kollegin war, sondern eine verständnisvolle Freundin.
Ich hob den Kopf, als Erik durch die Gartentür in die Küche kam. T-Shirt und Hose waren vollkommen verdreckt und strömten einen intensiven Geruch aus. Kuhscheiße, dachte ich, mein Sohn hat sich in Kuhscheiße gewälzt, und ich muß gleich laut loslachen. Früher hätte ich ihn zwei Stunden lang geschrubbt und desinfiziert und ihm gleichzeitig ellenlange Vorträge gehalten, heute muß ich lachen. Ich dirigierte Erik ins Badezimmer und stellte ihn unter die Dusche. Mit einer Hand hielt ich mir die Nase zu, mit der anderen schäumte ich den Jungen von Kopf bis Fuß ein.
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