Lindas Entscheidung - Manuela Kuck - E-Book

Lindas Entscheidung E-Book

Manuela Kuck

4,3

Beschreibung

Wolfsburg 1995. Linda steht mit beiden Beinen fest auf der Erde. Sie und Jan führen eine harmonische Ehe. Ihr Sohn Erik ist ein Wunschkind. Dann bekommt Jan die Chance, für zwei Jahre beruflich nach China zu gehen. Linda unterstützt ihn in seiner Entscheidung und genießt die Zeit als »Single«. Sie geht in ihrer Arbeit als Lehrerin auf, beschäftigt sich mit ihrem Sohn, trifft sich mit ihren Freundinnen. Eines Tages taucht eine neue Kollegin an der Schule auf: Katharina. Die beiden Frauen werden Freundinnen. Katharina wird für Linda immer wichtiger. Linda muss sich schließlich fragen, was ihre Gefühle für die andere Frau zu bedeuten haben. Und dann kündigt Jan seine Rückkehr an ... Band 1 der »Linda«-Trilogie, die mit »Neue Zeiten für Linda« und »Lindas Ankunft« fortgesetzt wird. - Entspannungslektüre mit Tiefgang!

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FRAUEN IM SINN

 

Verlag Krug & Schadenberg

 

 

Literatur deutschsprachiger und internationaler

Autorinnen (zeitgenössische Romane, Kriminalromane,

historische Romane, Erzählungen)

 

Sachbücher und Ratgeber zu allen Themen

rund um das lesbische Leben

 

Bitte besuchen Sie uns: www.krugschadenberg.de.

Manuela Kuck

Lindas Entscheidung

Für Dich, Christina.Wenn sich Träume erfüllen…

Ich danke Gabriela, Laura und Ellen.Für den Mut, den Ihr mir gemacht habt.Für unzählige Anregungen.Für Eure Zuneigung und Anteilnahme.   Ich danke Andrea und Dagmar.

1

Der Schnee lag hoch. Jedenfalls für Wolfsburger Verhältnisse. Linda stand am Küchenfenster und beobachtete, wie Jan vorsichtig in die Garagenauffahrt bog. Sie lächelte ihm zu, als er ausstieg und zum Fenster hochblickte. Jan stiefelte durch den Schnee, und Linda genoß für einen Moment den Anblick seiner kräftigen, breitschultrigen Gestalt, bevor sie sich umwandte und den Kaffee einschenkte. Das letzte spärliche Licht eines späten Januarnachmittags kroch durch die halbhohen Gardinen und verbreitete eine ruhige und beschauliche Atmosphäre. Sie hörte, wie Jan den Flur betrat und seinen Mantel aufhängte, und eine Woge von Zuneigung und Optimismus stieg in ihr empor. So könnte es immer weitergehen, dachte Linda plötzlich, und dieser unerwartete Gedanke ließ sie lächeln.

Jan kam herein. Sein kaltes Gesicht streifte ihre Wange, als er ihr einen Kuß gab.

»Du hast die Auffahrt nicht freigeschaufelt«, sagte er in gespielt vorwurfsvollem Ton und fuhr ihr durch die dunklen Locken, bevor er nach seiner Kaffeetasse griff.

Linda tippte sich an die Stirn. »Jede Stunde fallen drei Zentner Schnee – da wäre ich ja den ganzen Tag beschäftigt gewesen! Im übrigen bricht der Herr Ingenieur sich auch keinen Zacken aus der Krone, wenn er mal zur Schaufel greift. Du bist doch sonst so sportlich.«

Sie machte eine abwehrende Geste, bevor sie merkte, daß Jan sie necken wollte. Dann erwiderte sie seinen schmunzelnden Blick und ließ die Hände wieder sinken. Einen Moment lang sah es so aus, als würde er sie in die Arme ziehen und küssen, aber dann verdunkelten sich seine blauen Augen plötzlich um einige Nuancen, und das Spielerische und Fröhliche darin verschwand.

»Wo ist eigentlich unser Sohn?« fragte er in sachlichem Ton und nahm am Küchentisch Platz.

»Claudia hat ihn heute mittag vom Kindergarten abgeholt. Die beiden sind zum Rodeln gefahren. So konnte ich in aller Ruhe einen ganzen Stoß Klassenarbeiten korrigieren«, antwortete Linda und setzte sich zu Jan.

Claudia war ihre drei Jahre jüngere Schwester. Erik und sie waren ein Herz und eine Seele, und Claudia holte den Jungen häufig ab, um ein paar Stunden mit ihm zu verbringen. Linda war Grundschullehrerin, und wenn sie einen halben Tag lang mit Kindern zu tun gehabt hatte, die ihre ganze Aufmerksamkeit und Zuwendung forderten, genoß sie es sehr, mal einige Stunden Ruhe zu finden.

Jan nickte.

»Mußt du nicht ins Sportstudio?« fragte Linda und betrachtete ihren Mann aufmerksam.

Jan war seit vielen Jahren begeisterter Bodybuilder, und es verging kaum ein Tag, an dem er nicht für ein, zwei Stunden im Studio war. Linda sah, wie sich plötzlich eine tiefe Falte von seinen Augenbrauen bis zur Nasenwurzel zog. Jan fuhr sich mit beiden Händen durch sein kurzes dunkelblondes Haar.

»Ich gehe heute nicht«, gab er knapp zurück.

Linda beugte sich ein Stück zu ihm vor. »Ist irgend etwas, Jan? Du wirkst plötzlich so ernst. Gibt es Ärger im Werk?«

Jan war Diplomingenieur im Volkswagenwerk und mit seinen sechsunddreißig Jahren bereits einige Stufen auf der Karriereleiter nach oben geklettert. Er war sehr ehrgeizig, manchmal nahezu verbissen.

»Ärger? Nein, Ärger gibt es nicht. Aber … ich muß etwas mit dir besprechen.«

Plötzlich schaute er sie direkt an, und seine Augen schimmerten. Linda hatte das Gefühl, daß er sich nicht entscheiden konnte, ob er nervös oder aufgeregt und fröhlich sein sollte. Sie nickte ihm zu und spürte auf einmal verwundert, wie wichtig sie für ihn war. Wieviel Halt und Bestätigung er durch sie fand.

»Du machst es aber spannend«, sagte sie.

»Es ist auch spannend«, gab er zurück und atmete tief durch. »VW will mich im Frühjahr für mindestens zwei Jahre nach China schicken.«

Eine Weile blieb es ganz still. Linda hörte nur den Wind ums Haus pfeifen, und sie spürte den Druck, sich in diesem Augenblick richtig verhalten zu müssen, wie eine schwere Last auf den Schultern. Sie wußte, was ein solches Angebot für Jan bedeutete. In den vergangenen Jahren hatten sie nicht nur einmal über die Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes gesprochen, und Linda hatte Jan immer versichert, daß sie ihn in seinen Entscheidungen unterstützen würde. Bei diesen Gesprächen war auch klar geworden, daß sie nicht gemeinsam umsiedeln würden. Hauptsächlich wegen Erik und ihrer Arbeit, aber auch weil Jan langfristig ohnehin eine hohe Position im Wolfsburger Werk anstrebte. Aber China? Sie würden sich höchstens zwei- oder dreimal im Jahr sehen können.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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