Hypnotherapie mit Archetypen - Georg Milzner - E-Book

Hypnotherapie mit Archetypen E-Book

Georg Milzner

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Beschreibung

Die Welt der Archetypen, von C. G. Jung einst erschlossen, kann mit den Mitteln der Hypnotherapie zu einem Ressourcenschatz werden. Dieses Buch lotet die Möglichkeiten aus, Archetypen der Heilung in einem modernen therapeutischen Setting zu nutzen und weiterzuentwickeln. Der Autor stellt wichtige Archetypen in ihrer Dynamik und ihrer Bildlichkeit dar. Anhand einer Vielzahl von Beispielen wird praxisnah gezeigt, wie die Welt der Archetypen in Trance zugänglich gemacht und in ihren Dynamiken verstanden werden kann. Das Buch ist vor allem für therapeutisch, beratend oder seelsorgerisch Tätige geschrieben worden, wendet sich aber auch an Klientinnen und Patienten sowie an alle, die an den Heilungsprozessen aus dem Unbewussten heraus Interesse haben.

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Inhalt

Cover

Titelei

Einleitung

1 Mythen, Märchen und Archetypen in der therapeutischen Praxis

1.1 Alles beginnt mit den Mythen

1.2 Der Unterschied zwischen Märchen und Mythen

1.3 Warum Archetypen keine Geschichten sind

1.4 Die Welt der großen Bilder

1.5 Vorwürfe gegen die Archetypen-Lehre

2 Hypnotherapie und das kollektive Unbewusste

2.1 Vom individuellen zum kollektiven Unbewussten

2.2 Wie können wir uns das kollektive Unbewusste vorstellen?

2.3 Warum Archetypen keine Ich-Zustände sind

2.4 Was können wir über Archetypen wissen?

2.5 Archetypus und Imagination

2.6 Imagination bei Jung und Paracelsus

2.7 Hypnotherapie und Imagination

3 Die therapeutische Arbeit mit Archetypen

3.1 Wenn archetypisches Geschehen ins Leben eindringt

3.2 Das eigene Leben als archetypisch geprägt begreifen

3.3 Archetypen und Trance

3.4 Die zwei Seiten eines Archetypus

3.5 Erste Schritte der hypnotherapeutischen Arbeit mit Archetypen

4 Innere Heilerinnen und Ärzte: Archetypen der Heilung

4.1 Von der Magie zur Heilkunst

4.2 Eine innere Begegnung

4.3 Unterschätztes Selbstwissen

4.4 Geheilt werden oder verarztet werden?

4.5 Der verwundete Heiler

4.6 Die Arbeitsweise innerer Heilerinnen und Heiler

4.7 Ruppige Heilmethoden

4.8 Innere Heilung und innere Warnung

4.9 Selbstwissen und universelles Heilwissen

5 Der Archetyp der Großen Mutter

5.1 Mutter-Archetyp und Vater-Archetyp

5.2 Die Große Mutter und die Macht der Natur

5.3 Die lichte Seite des Archetyps der Großen Mutter

5.4 Gaia wird dich halten

5.5 Der dunkle Aspekt der Großen Mutter

5.6 Das Universelle der Großen Mutter

5.7 Die Große Mutter und die weibliche Autonomie

6 Archetypen des Kampfes 1: Vom Krieger zum Helden

6.1 Archetypisches Wirken zwischen Zerstörung und Heilung

6.2 Die Verdrängung des Krieger-Archetypus

6.3 Wie der Krieger-Archetyp auch im Verborgenen wirkt

6.4 Der Krieger in seinen Erscheinungsformen

6.5 Selbstopferungen und Helden

6.6 Von der dunklen zur lichten Seite des Kriegers

6.7 Wenn Krieger Heilern begegnen

7 Archetypen des Kampfes 2: Die wehrhafte Frau

7.1 Nicht erobern, sondern verteidigen

7.2 Suchprozesse einer Kriegerin

7.3 Mit Mary Poppins in den Kampf

7.4 Die junge Frau im Harnisch

7.5 Wenn die Furie erwacht

7.6 Helle und dunkle Aspekte der wehrhaften Frau

8 Der Archetyp des göttlichen Kindes

8.1 Das Wissen des göttlichen Kindes

8.2 Die Erscheinung des göttlichen Kindes

8.3 Das göttliche Kind und das innere Kind

8.4 Die Besonderheit des göttlichen Kindes

8.5 Das göttliche Kind als Erlösungsfantasie

8.6 Das göttliche Kind und der unreife Mann

8.7 Das göttliche Kind und die höhere Naivität

9 Närrinnen, Clowns und Irre

9.1 Ein unterschätzter Archetypus

9.2 Hofnärrinnen und Klassenclowns

9.3 Narren und Verrückte

9.4 Narr und Närrin in der Therapie der AD‍(H)‌S

9.5 Ein Archetypus gegen Willkür und Herrschaft

9.6 Der Trickster als heilkundiger Provokateur

9.7 Der Narr und das tiefere Wissen

10 Der Archetyp der alten Weisen

10.1 Die Fließgrenze zwischen Narren und Weisen

10.2 Wenn Weisheit das Alter adelt

10.3 Jenseits einfacher Ratschläge

10.4 Eine Selbsterfahrung mit weisen Alten als spirituellen Mentoren

10.5 Der alte weise Mann und seine Jugend

10.6 Die richtige Wahl treffen

10.7 Die alte weise Frau und ihre Eigenarten

10.8 Eine Trance von kommendem Alter und Weisheit

11 Archetypen der Freiheit und Kraft 1: Die wilde Frau

11.1 Sehnsucht nach dem Wilden in uns

11.2 Rituale zur Wildheit

11.3 Jungfrau und sexuell autonome Göttin

11.4 Die wilde Frau und die Tiere

11.5 Tierfrauen

11.6 Staunen über die wilde Frau

11.7 Durchsetzungskraft und Zartheit

11.8 Die wilde Frau und die Intuition

12 Archetypen der Freiheit und Kraft 2: Der wilde Mann

12.1 Der Mann in den Wäldern

12.2 Der wilde Mann als therapeutisches Thema

12.3 Den wilden Mann in Trance erleben

12.4 Eisenhans und die Folgen

12.5 Männergruppen auf der Suche nach dem wilden Mann

12.6 Der grüne Mann als Hüter der Wildnis

13 Der gute Hirte und die große Gärtnerin: Archetypen der Sorge

13.1 Das stille Heilen

13.2 Der mythische Hintergrund der Sorge

13.3 Überhandnehmende Besorgnis

13.4 Die Balance der Möglichkeiten

13.5 Sorgen als Kompensation der Sicherheit

13.6 Sorge tragen, anstatt sich Sorgen zu machen

13.7 Die dunkle Seite der Fürsorge

13.8 Die Sorge zu sich einladen

13.9 Selfcare mit dem Archetypus der Sorge

14 Der Archetyp des Orts der Gesundung

14.1 Der Ort der Gesundung als spirituell aufgeladener Ort

14.2 Der Ort der Gesundung als innerer Ort

14.3 Der Weg zum Ort der Gesundung

14.4 Die Höhle des Gesundens

14.5 Der Wald des Gesundens

14.6 Der Berg des Gesundens

14.7 Der See der Gesundung

14.8 Das Meer der Gesundung

15 Der Archetyp des wissenden Tiers

15.1 Die drei Wurzeln des Archetyps vom wissenden Tier

15.2 Das wissende Tier als Symbol

15.3 Das tierische Erbe als unbewusstes Wissen

15.4 Ebenen der Tierbegegnung in Trance

15.5 Wissende Tiere in ihrer Mehrschichtigkeit

15.6 Die dunkle Seite des Archetypus vom wissenden Tier

16 Der Drache und der Schatz, den er hütet

16.1 Schrecken und Heilungswissen der Drachen

16.2 Die Vielgestalt der Drachen

16.3 Der Drache und das Schlangensymbol

16.4 Drachen imaginativ schauen

16.5 Von Drachen träumen

16.6 Die Drachenhöhlen-Trance

16.7 Was ist das, einen Drachen besiegen?

16.8 Das Wissen des Drachen

Literatur

Stichwortverzeichnis

Der Autor

Georg Milzner ist Diplom-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut. Als Hypnotherapeut und Bewusstseinsforscher hat er sich mit den mythischen Wurzeln unserer Kultur beschäftigt und zu den Bezügen von Spiritualität und seelischer Gesundheit geforscht und publiziert. Mehrere Jahre gehörte er dem Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie (DGH) an und ist heute Ausbilder und Supervisor der Schweizerischen Ärztegesellschaft für Hypnose (SMSH). Georg Milzner arbeitet in eigener Praxis in Oldenburg und als Forschungsleiter und Therapeut am Institut für Hypnotherapie in Düsseldorf. Er veröffentlichte Bücher u. a. zur Hypnotherapie von Schmerzerkrankungen und zur Hypnotherapie bei Psychosen sowie zu den seelischen und mentalen Herausforderungen der Digitalisierung.

Georg Milzner

Hypnotherapie mit Archetypen

Alte Bilder des Unbewussten in moderne Therapie integrieren

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2024

Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:ISBN 978-3-17-044403-4

E-Book-Formate:pdf: ISBN 978-3-17-044404-1epub: ISBN 978-3-17-044405-8

Einleitung

Das archetypische Feld, aus der Analytischen Psychologie C. G. Jungs stammend und inzwischen weit in die Welt der Coachings und Selbstfindungsgruppen hineingewachsen, ist zu groß und zu bedeutsam, um es allein von einer psychotherapeutischen Schule bestellen zu belassen. Längst ist es ja auch von Anhängerinnen und Anhängern anderer therapeutischer Vorgehensweisen betreten worden.

So tauchen zum Beispiel bei manchen Systemischen Aufstellungen Bezugnahmen auf Archetypen auf. In der Gestalttherapie und -pädagogik fand der Archetyp der Heldenreise Beachtung (Rebillot 2011). Die Psychosynthese Roberto Assagiolis begreift Archetypen in einem spirituellen Sinn. Transpersonale Psychologie und Psychotherapie nehmen gleichfalls auf archetypisches Geschehen Bezug, was nicht verwundert, da Jung selbst ja Archetypen als transpersonal benannte und damit begriffsprägend wirkte. Und endlich ist die Begegnung mit archetypischen Inhalten auch in der psychedelischen Forschung von Bedeutung.

Mit dem vorliegenden Buch möchte ich zeigen, wie die Hypnotherapie als vergleichsweise junge Therapieform mit zugleich archaischem Hintergrund die Arbeit mit Archetypen aufnehmen, nutzen und weiterentwickeln kann.

Archetypische Kräfte können jede Psychotherapie anreichern, die es mit dem Unbewussten ernst meint. Für Therapeutinnen und Therapeuten, die mit veränderten Bewusstseinszuständen arbeiten, gehören sie zum Besten, was das alte Wissen des Unbewussten uns anzubieten hat. Denn sie vermögen selbst da zu wirken, wo Menschen in ihrer Biographie anscheinend keine Ressource finden können, weil sie so voll ist von Entsetzen und Schmerz.

Für alle, die hypnotherapeutisch arbeiten, legt die archetypische Welt daher unverzichtbares Material bereit. Es handelt sich hierbei jedoch weniger um einen Werkzeugkasten als vielmehr um ein vitales Gelände voller Ressourcen, die aus der Menschheitsgeschichte erwachsen sind.

Archetypen gehen nämlich über das gelebte Leben hinaus. Sie erwachsen aus einem kollektiven Gedächtnis (Halbwachs 1985) und sind daher mehr als die Summe aller individuellen Lernerfahrungen. Vielmehr sind sie Urkräfte, die auch denen helfen können, denen anscheinend sonst nichts hilft. Aber wie alle Urkräfte fügen sie sich nicht einem modernen Verständnis von Ressourcen und ihrer Zugänglichkeit, sondern wollen verstanden, erkundet und mit Respekt genutzt werden.

So gleicht die Einladung, die Welt der Mythen und der Archetypen in therapeutischer Hinsicht zu erkunden, der Einladung in einen dunklen, in weiten Teilen unerforschten Wald. Über diesen Wald ist zwar viel geredet und geschrieben worden, aber bis heute ist die Anzahl derer, die sich wirklich in ihn hinein- und womöglich durch ihn hindurchgewagt haben, überschaubar. Das hat etwas damit zu tun, dass es in diesem Wald nicht nur auf heimelige Weise esoterisch zugeht, sondern mitunter auch recht unheimlich, ja herausfordernd und manchmal auch so, dass wir mit Wirklichkeiten konfrontiert werden, die dann auf einen Schlag alles Spekulative verlieren.

Indem wir diese Wirklichkeiten der Psyche aber erkunden und uns mit ihren Wirkweisen vertraut machen, werden sie zu machtvollen Werkzeugen der Heilung und der Transformation. Es zeigt sich, dass in uns ein Wissen liegt, das Jahrtausende überdauert hat – und das bedeutet, es muss sich um ein Wissen handeln, dass sich bewährt hat. Wie beim Wald, von dem wir heute neu entdecken, das er ein Ort der tiefen Begegnung und der Gesundung ist, so kann auch dies große Potenzial der inneren Heilung von uns neu entdeckt werden.

Der Begriff »Archetyp« wurde durch Carl Gustav Jung berühmt, ist aber eigentlich älter. Platon hat ihn benutzt, dann Plotin und auch bei Kant und bei Henri Bergson taucht er auf. Ursprünglich meinte der Begriff so etwas wie ein Urbild, eine Vorstellung oder Idee von etwas, das noch nicht existiert, aber werden soll. Platon zum Beispiel kannte die Evolutionslehren noch nicht; seinem Verständnis zufolge lag jeder Erscheinung der Welt ein Urbild zugrunde: eben der Archetyp. Goethe war von dieser Vorstellung noch beeinflusst, seinem Denken zufolge gab es eine Urpflanze, auf die alle botanischen Entwicklungen zurückgeführt werden konnten.

In unserem Unbewussten kommen zwar Urbilder vor, doch ist ein Archetypus in seelischer Hinsicht noch mehr. Nämlich ein hoch dynamisches Geschehen, das uns emotional mitnimmt und dessen begleitende Bilder uns in Träumen und Fantasien erreichen. Wer sich auf die Arbeit mit Archetypen einlässt, sollte daher im Blick behalten, dass es hier nicht nur um Bilder geht, sondern um seelische Urkräfte, die eine beträchtlich Gewalt entwickeln können. Jung selbst gibt mit seiner nationalsozialistischen Verstrickung ein Beispiel dafür, wie dies aussehen kann.

Archetypen sind in der Therapie so etwas wie der Fingerhut, die Pilze oder die Schlangengifte in der Medizin. Sie sind machtvoll, können da heilen, wo andere Substanzen dies nicht vermögen, und können zugleich unser Ruin sein. Ein vom Krieger-Archetypus besetzter Mensch etwa kann in unserer anscheinend so friedvollen und unmilitärischen westlichen Welt plötzlich als Amokläufer wiederkehren. Aber ein Mensch, der aus einem Leiden heraus dem Archetypus der inneren Heilerin begegnet, kann hier etwas finden, was es draußen in der Welt nicht gibt.

Als junger Therapeut, ich hatte eben mein erstes Buch veröffentlicht und würde in einigen Monaten Vater werden, erkrankte ich an einem juckenden Hautausschlag. Eine Neurodermitis sei das nicht, befand ein befreundeter Arzt, vielleicht ein Kontaktekzem.

Vielleicht, ja. Aber an so etwas glaubt man als Psychologe nicht unbedingt. Vor allem nicht, wenn man mit neuen Substanzen gar nicht in Berührung gekommen ist. »Vielleicht auf die Ernährung etwas achten, nicht zu sauer essen«, meinte ein alter Drogist, der mit reichem Kräuterwissen ausgestattet war, aber von seelischen Dynamiken weniger wusste. »Guck doch mal, wann das auftritt«, meinte eine Kollegin und auch sie hatte auf ihre Weise recht.

Ich hatte zu dieser Zeit eben zwei psychotherapeutische Ausbildungen beendet und begonnen, mich mit einem dritten Verfahren auseinanderzusetzen. In diesem – der Analytischen Psychologie nach Jung – spielten unbewusste Instanzen eine große Rolle. Anders als in der Hypnotherapie, wo man schon einmal so etwas wie einen »inneren Helfer« aufrief, waren sie keine Erfindungen oder Benennungen von noch nicht bewusst gewordenen Persönlichkeitsanteilen, sondern schienen die Menschheitsgeschichte seit jeher begleitet zu haben.

Einige Hypnotherapeutinnen und Hypnoanalytiker arbeiteten mit der Metapher des inneren Arztes, deren archetypischer Hintergrund in diesem Buch im vierten Kapitel ausgelotet wird (▸ Kap. 4). Das Bild gefiel mir. Aber was mich nicht befriedigte, war der Umstand, dass nie erklärt wurde, was das eigentlich sei. Eine innere Ärztin, ein innerer Heiler, eine seelische Instanz, die mehr wusste als mein Bewusstsein – was sollte das sein?

Das Modell, mit dem ich zu arbeiten begann, gründete sich auf Daten, die ich der Neurobiologie entnahm. Es sah so aus: Die Milliarden Nervenzellen in unserem Gehirn sind so vernetzt, dass über maximal sieben Zwischenstellen alles mit allem in Verbindung steht. Die konkreten Angaben über die mutmaßliche Anzahl unserer Neuronen differieren zwar immer wieder, aber das gewaltige Ausmaß der inneren Vernetzung bleibt. Nimmt man diese ernst, so muss unser Gehirn eigentlich über alles Bescheid wissen, was in unserem Körper vor sich geht. Und so könnte die Gestalt eines inneren Heilers oder einer inneren Ärztin so etwas wie eine Repräsentation dieses Wissens sein; eine Instanz, die das Selbstwissen verkörpert, das uns beigegeben ist und das man mittels der Therapie in Trance nutzen kann (Milzner 1996).

Ich begann damals, mit meinem inneren Arzt in Trancen in Kontakt zu gehen. Gleich erwies sich, dass er keineswegs ein Arzt war, sondern ein Heiler, der zugleich etwas von einem Magier hatte. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass der heutige Arzt nur ein Splitter vom Magier-Archetypus ist, während andere Anteile dieses Archetypus in der Szene der alternativ Heilkundigen, in spirituellen Gruppen und in der Kunstwelt anzutreffen sind.

Mein innerer Heiler sprach zu mir. Aber das war kein Gespräch, kein Gerede. Sondern es waren klare und zugewandte, in den Weisungen unmissverständliche Sätze. Ich konnte das, was er sagte, befolgen oder eben nicht. Zu diskutieren war hier nichts, was für die archetypische Welt übrigens generell gilt.

Dass ich ohne Medikamente gesundete, verdanke ich, da bin ich sicher, dem Kontakt mit dieser heilenden Instanz. Ich gehe im Kapitel über innere Heilerinnen und Ärzte noch vermehrt hierauf ein und zeige auch an Beispielen, wie der Heilungsweg gegangen werden kann (▸ Kap. 4). Hier vorerst nur eins: Man muss es wirklich ernst meinen damit. Das sonst so richtige Bild vom therapeutischen Werkzeugkasten greift bei archetypischen Energien nicht. Es sei denn, man würde diesem Werkzeugkasten einen Zauberstab beigeben, dessen Möglichkeiten man nur begrenzt kennt und der einem selbst die Kunst beibringt, mit ihm umzugehen.

Ich begreife meine Arbeit als Psychologe, Therapeut und Bewusstseinsforscher als fortwährendes Brückenschlagen zwischen dem, was die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz an Neuem bringen kann, und dem, was unser Unbewusstes an altem Wissen enthält. Hier die Chancen des maximalen Vernetzt-Seins, des Zugriffs auf wissenschaftliche Veröffentlichungen auch ohne akademischen Abschluss und die Chance, sich eine Öffentlichkeit zu schaffen – von welchen Followern auch immer. Dort der Anschluss an ein tieferes Wissen, in dem es so etwas wie Schicksal gibt und das Ego auf einer Schicht aus Bewusstseinsinhalten schwimmt wie die Schlacke auf geschmolzenem Silber.

Hier die Verheißungen der Silizium-Welt, aus der heraus womöglich neue Definitionen des Menschseins, von Bewusstsein und von Leben überhaupt entstehen werden. Dort die Schätze früherer Zeitalter, in denen Kräfte des Unbewussten wirken, die dem nur vorgeblich steuernden Bewusstsein möglicherweise überlegen sind.

Es ist kein Zufall, dass gerade heute die Kulturen früherer Jahrtausende, das Schamanentum, das Kräuterwissen und die Kommunikation mit der uns umgebenden Natur wieder erstarken. Sie transportieren ein Wissen, das nicht gegen die moderne Wissenschaft gerichtet ist, sondern ihr eine andere, ältere Form von Wissenschaft an die Seite stellt. Und immer da, wo die moderne Wissenschaft an Grenzen stößt, wird das alte Wissen wieder gesucht.

Es ist dieser Blick auf das alte Wissen des Unbewussten, den ich mit meinem Buch stärken möchte. Es ist vor allem für therapeutisch, beratend oder seelsorgerisch Tätige geschrieben worden, wendet sich aber auch an Klientinnen und Patienten sowie an alle, die an den Heilungsprozessen aus dem Unbewussten heraus Interesse haben.

Sie können dieses Buch daher ebenso als eine Sammlung therapeutisch hilfreicher archetypischer Muster lesen wie auch als eine Erkundung Ihres eigenen unbewussten Potenzials. Es umfasst viele seelisch bedeutsame Themen, mit denen es sich lohnt, in Kontakt zu treten. Vielleicht werden Sie oder Ihre Patientinnen sich in der wilden Frau wiederfinden oder die Freiheit des Narren in sich und Ihren Klienten entdecken.

Sollten Sie sich mit Archetypen schon beschäftigt haben, werden Sie sich vielleicht fragen, warum ich zum Beispiel den Schatten-Archetypus oder auch Anima und Animus als Geschlechterpolaritäten weggelassen habe. Der Grund ist einfach, dass das Buch sonst erheblich zu dick geworden wäre. Ich habe mich deswegen entschieden, dieses Buch über jene Archetypen zu schreiben, die ich als Therapeut in den dreißig Jahren meiner hypnotherapeutischen Arbeit als besonders heilkräftig empfunden habe. Vielleicht wird ein Buch über Archetypen der Selbstfindung, in dem dann auch Animus, Anima und der Schatten vorkämen, irgendwann folgen.

Die Hypnotherapie mit Archetypen lässt sich als eine Form der Hypnodynamik (Eberwein 2001) oder der Hypnoanalyse (Milzner 2000) verstehen. Sie ist dynamisch, insofern sie mit Kräften arbeitet, die aus dem Unbewussten heraus gestaltend wirken. Sie ist analytisch, insofern sie das Wissen über Archetypen nutzt, um das innere Geschehen von Klientinnen und Klienten in heilsamer Weise zu moderieren. Zugleich aber ist sie ungemein praxisrelevant, weil ausnahmslos jeder Mensch über diese Ressourcen verfügt.

Ich habe dieses Buch in den Corona-Zeiten begonnen, die ersten Niederschriften entstanden während des ersten Lockdowns. Mein Eindruck verstärkte sich dabei, dass gerade angesichts von Pandemien und anderen weltumgreifenden Krisen unsere unbewussten Potenziale neue Bedeutung erlangen. Diese setzen zwar Viren nichts entgegen, weil sie auf anderen Ebenen wirken. Aber für unser psychisches Intakt-Sein haben sie, gerade weil sie sich in tausenden von Krisen bewährt haben, viel anzubieten.

Auch Seuchen und Pandemien haben im Übrigen eine archetypische Entsprechung. Sie bringen in Bevölkerungen mitunter eigene, ohne Einsicht in die kollektiv unbewusste Welt nur schwer erklärbare Muster hervor. Dazu wird die Krankheit oder das sich verbreitende Virus schnell personifiziert und die so entstehenden Bilder docken dann an andere, ältere an (Snowden 2019). Um solchen Archetypen des Unheils entgegenzuwirken, gibt es kein besseres Mittel, als sich mit den Archetypen zu befassen, die heilen.

1 Mythen, Märchen und Archetypen in der therapeutischen Praxis

1.1 Alles beginnt mit den Mythen

Am Anfang der Psychotherapie als einer eigenständigen Behandlungsform stehen keine neurophysiologischen Befunde, sondern Mythen. Ödipus und Elektra, sowie der in unserer Zeit so dominante Narziss formten die Bilderwelt der frühen Psychoanalyse. Freud sah sich selbst mit einem mythisch zumindest eingefärbten Blick in der Tradition Josefs, des Traumdeuters am Hof des Pharao. In C. G. Jung erkannte er einen dem Siegfried der Nibelungen-Sage verwandten Typus, von dem er sich gewiss auch eine Nibelungen-Treue erwartet hatte. Neben Freud und später Jung ist vor allem Otto Rank ein Pionier der Arbeit mit dem Mythischen gewesen.

Mythologisches Wissen ist mehr als eine Angelegenheit spezialisierter Geisteswissenschaftlerinnen und Kulturforscher. Vielmehr ist es für jeden Menschen, der seelische Tiefendimensionen therapeutisch und selbst erfahrend erforscht ein »unverzichtbares Instrument« (Grof 2019, S. 61). Dass es nach diesem Instrument ein Bedürfnis gibt, signalisieren nicht zuletzt die Unterhaltungsindustrie und die Kinder- und Jugendliteratur. Wenn Hollywood mit »Thor« die germanische Mythologie neu bebildert und dabei sogar die Regenbogenbrücke nicht vergisst und wenn die Percy-Jackson-Bücher den griechischen Götterhimmel neu in ihre Erzählungen einweben, dann folgen sie damit auch einem Bedürfnis nach Anschluss an die Mythenwelt. Einem Anschluss, der durch populäre Bücher und Filme im Übrigen leichter zu erreichen ist als durch schwerfällige Gelehrsamkeit.

Mythen sind nicht unwissenschaftlich, sondern ergänzen die Wissenschaft (Hübner 2013). Waren sie in ihrer Urform etwas, was immer alle betraf – alle Angehörigen eines Stammes, einer Religion, einer Kultur –, so wurde es in der Moderne möglich, das Mythische gleichsam zu individualisieren. Das erlaubte auch dem einzelnen Menschen, aus sich selbst einen Mythos zu machen. Das vielleicht bekannteste Beispiel hierfür gab Friedrich Nietzsche mit seinem Werk »Ecce Homo«, das er mutmaßlich bereits im Tertiär-Stadium der Syphilis verfasste (Gschwend 2000).

David Feinstein und Stanley Krippner meinen, dass jegliche Wahrnehmung von Wirklichkeit mythisch sei, weil unser Bewusstsein mythisch konstruiert ist. Auch bilden wir, ob wir es wollen oder nicht, individuelle Mythologien heraus. Im Unterschied zu früheren Zeitaltern sind diese jedoch nicht mehr an das Schicksal eines Volks oder einer Dorfgemeinschaft gebunden, sondern vor allem an die Entwicklung des eigenen Selbst (Feinstein & Krippner 1995).

1.2 Der Unterschied zwischen Märchen und Mythen

Mythen bleiben. Sie bilden so etwas wie »die Grundlage der Spiritualität, der geistigen Erfahrung der Natur« (Rätsch 2019, S. 11). Dies trifft auch auf manche Märchen zu; »Frau Holle« zum Beispiel nimmt Motive der »alten Göttin« (Storl 2014) auf. Märchen sind allerdings vielgestaltiger als Mythen, sie beziehen neben spirituellen Inhalten auch soziale Spannungsfelder und Rollenkonflikte mit ein.

Ein Märchen ist zunächst einmal eine Geschichte. Eine Mär ist etwas erfundenes Erzähltes. Was dies Erzählte »märchenhaft« macht, sind die Einsprengsel von Fantastischem, nicht Realistischem. Es gibt fliegende Teppiche und Wunderlampen, in Vögel verwandelte Menschen und Häuser, die ihre Gestalt verändern. Goldtaler fallen vom Himmel, daumengroße Kinder trinken aus Blütenkelchen, und eine beleidigte Fee versetzt ein ganzes Schloss in jahrhundertelangen Schlaf. Dazu kommen Bilder des magischen Schreckens: Ein Mädchen liegt, von Zwergen beweint, mit einem vergifteten Apfelstück im Hals in einem gläsernen Sarg. Tote Seeräuber erwachen des Nachts zum Leben, Teufel quälen einen tapferen Königssohn und ein abgeschlagener Pferdekopf hängt an der Wand und spricht.

Märchen haben in den 80er und 90er Jahren viele psychotherapeutisch Arbeitende beschäftigt. Mit dem Stärker-Werden der Neurowissenschaften ging das Interesse an ihnen jedoch merklich zurück; die Aufmerksamkeit der therapeutischen Welt wandte sich tendenziell von unbewussten Sphären ab und dem zu, was die Hirnforschung zu ermöglichen versprach.

Wenn der Psychoanalytiker Wolfdietrich Siegmund recht hatte, so ist das Verblassen der Märchenspur im allzu hellen Licht der Neurowissenschaften ein schwerer Verlust. Siegmund meinte, dass dort, wo die Märchen nicht mehr sprechen, der Lebenspfad dunkler werde (Siegmund 1984). Ich würde es anders sagen: Die Welt der Märchen nicht zu kennen bedeutet, ein Stück seelischen Bodens unter den Füßen zu verlieren.

Denn Märchen vermitteln ja ein tiefes seelisches Wissen. Die berühmten Anfänge etwa »In den Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat ...« oder »In alten Zeiten, als Menschen und Tiere noch dieselbe Sprache sprachen ...« verweisen nicht so sehr auf die Fantasie einer ursprünglichen Harmonie, sondern vor allem auf eine Entfremdung von größeren Zusammenhängen. Wir wissen, dass Wünsche durchaus mitunter helfen, indem sie nämlich, ernsthaft formuliert, unbewusste Dynamiken in Gang bringen. Was die gemeinsame Sprache von Menschen und Tieren angeht, so spielt dies auf die unglückliche Trennung eines überheblichen Menschen-Bewusstseins von der umgebenden Natur an, der es selbst doch entstammt. Insofern transportieren Märchen die Kenntnis unseres Eingewoben-Seins in größere Zusammenhänge. Sie sind die Spur – oder besser, eine Spur, der wir folgen können, wenn wir dieses Eingewoben-Sein wieder erfahrbar machen wollen.

Überdies vermögen Märchen dem aktuellen gesellschaftlichen Mainstream etwas entgegenzusetzen. Marie-Louise von Franz hat vor dem Hintergrund von literaturhistorischen Debatten darauf hingewiesen, dass Märchen zwar manchmal aus Motiven zusammengesetzt sind, die verschiedenen Kulturen entstammen. Doch würden sie dort, wo sie erzählt werden, immer als ein eigenständiges Ganzes erzählt. Und zwar so, dass das erzählte Märchen kompensatorisch sei zu der Bewusstseinshaltung, die im jeweiligen Land vorherrsche (von Franz 1985).

In letzter Zeit ist das psychologische Interesse an Märchen neu erwacht. Dies jedoch nicht mehr so sehr unter therapeutischem oder tiefenpsychologischem Blickwinkel, sondern eher aus einer allgemein psychologischen Perspektive, die das Märchen multifunktional sieht. Es vermittelt Lernerfahrungen und illustriert wesentliche psychologische Erkenntnisse etwa aus der Motivations- oder der Sozialpsychologie (Frey 2017). Dies alles eingebettet in eine Erzählstruktur, der wir gern folgen, weil sie uns im Innersten vertraut erscheint.

1.3 Warum Archetypen keine Geschichten sind

Unter hypnotherapeutisch Arbeitenden gibt es wunderbare Storytellerinnen und Märchenerzähler, die Bilder finden und Geschichten erfinden von dem, was Immunkräfte stärkt und Symptome lindert. Manchmal hat dies etwas Märchenhaftes, manchmal sind die so gebildeten Metaphern von starker Suggestivkraft. Märchen sind, wie es der Schriftsteller und Märchenfachmann Frederik Hetmann ausgedrückt hat, einerseits Traumgesichte, andererseits Zauberspuren (Hetmann 1982).

Archetypen aber sind keine Geschichten und auch keine Metaphern. Wir müssen sie von den Mythen unterscheiden, in denen sie zwar mitunter auftauchen und denen gleichfalls große Kraft innewohnt, die aber in erster Linie Erzählungen sind. Und wir müssen sie von den Märchen unterscheiden, in denen Archetypen auftauchen können, die als Erzählungen vor sozialen Hintergründen funktionieren und nicht im Sinn seelischer Energien allein gelesen werden können.

Archetypen sind etwas Gefundenes, das es gibt in der Welt; keine Erfindungen, sondern Findungen. Einem guten Teil dieser Findungen bin ich in Träumen oder Trancen begegnet, wenn plötzlich etwas sich zeigte oder sprach. Was Archetypen sind, wie sie helfen und heilen, aber auch stören und krank machen können, habe ich neu bestimmt und untersucht.

Archetypen sind vieles zugleich. Urbilder, Energieströme, Wesenheiten. Man kann mit ihnen kommunizieren, aber sie können einen auch überfallen. Mitunter prägen sie eine Persönlichkeit so sehr, dass diese dann wie ein Urbild des Archetypus selbst erscheint. Dann wieder springen sie plötzlich einen Menschen an und sorgen für befremdliche Veränderungen, die umso stärker irritieren, als sie sich nicht vorhersehen ließen.

1.4 Die Welt der großen Bilder

Märchen, Mythen und Archetypen können also verwechselt werden, aber man kann sie doch unterscheiden. Märchen sind Erzählungen, in denen Themen des Unbewussten mit sozialen Hintergründen und altem Naturwissen eine Melange eingehen. Mythen sind Träume der Völker,Träume der Vielen, nicht die der Einzelnen (Rank 1922). Sie sind große Erzählungen, in denen sich ein tiefes Wissen um das Menschsein und seine Probleme, seine Herausforderungen und seine schicksalhaften Wege bündelt.

Archetypen dagegen sind seelische Strömungen, die Verhalten prägen. Archetypen drängen zum Handeln, verführen oder verlocken, fordern und treiben an, stellen Fallen auf und große Möglichkeiten bereit. Man kann sie als »autonome Bedeutungsmuster« bezeichnen (Grof 2008), die sowohl die seelische als auch die materielle Welt betreffen können.

Gemeinsam ist Mythen und Archetypen, dass sie in Form großer Bilder ihre Wirkung entfalten. Diese Bilder unterscheiden sich aber. Denn den Mythen liegt immer eine Erzählung zugrunde, etwas, was fortlaufend geschieht und weitergegeben werden kann.

Das archetypische Bild ist dagegen ein Urbild, in dem nicht zwangsläufig Handlungen vorkommen müssen. Der Archetyp des alten Weisen oder der wilden, heilkundigen Frau benötigt keine Geschichte, sondern vermag als Erscheinung seelisch präsent zu werden. Wohl geht das archetypische Urbild in Erzählungen ein und wird so populärer. Als seelische Präsenz ist es jedoch weniger bildlich zu spüren als vielmehr als eine Kraft.

Wenn wir den Unterschied von Archetypen und Mythen prägnant bestimmen wollten, so könnten wir sagen: In Mythen können wir uns wiederfinden, während wir von Archetypen erfasst werden. Mythen zeigen, woher wir kommen, und erklären auf ihre Weise die Welt. Archetypen wirken in uns als lebendige Ströme, und zwar desto mehr, je weniger wir uns dessen bewusst sind. Mythen sind erzählte und immer wieder neu erzählte Geschichten über das menschliche Schicksal und seine Bezüge zur Welt der Götter und der Energien, die in der Welt wirken.

Archetypen dagegen sind eine solche Energie. Sie bringen zugleich Bilder hervor und Handlungsbereitschaften und sind seelische Gestaltungsmuster (von Franz 1994). Ob es Archetypen in einem naturwissenschaftlichen Sinn tatsächlich »gibt«, ist schwer zu sagen. Messen kann man ihre Präsenz nicht, hirnorganisch zuordnen kann man sie auch nicht. Sie sind ein Faktor des Seelischen, der nicht der »messbaren Seite der Welt« angehört (Seel 2015, S. 6).

Das Wissen um die therapeutische Relevanz der Archetypen droht aus diesem Grund immer wieder zu verschwinden. Wurden Jungs erste Erkenntnisse zur Bedeutung der Archetypen noch von den Wahnbildern Schizophrener angeregt, so ist es heute schwer, psychiatrisch arbeitende Ärztinnen und Psychologen zu finden, die sich für die Erkenntnis offen zeigen, dass dies von therapeutischer Relevanz sein könnte.

Stattdessen werden Archetypen in Seminaren zur Selbstoptimierung und zum Selbstmanagement umso mehr bemüht. Hier geschieht dies freilich eher im Sinn von beliebig aktivierbaren Rollenmustern, was nicht nur eine Verflachung bedeutet, sondern auch in die Irre führen kann. Umso bedeutsamer ist es, diesen Schatz unseres Unbewussten erneut zu heben und ihn dem therapeutischen Arbeiten einzuspeisen.

1.5 Vorwürfe gegen die Archetypen-Lehre

Jungs Archetypentheorie ist immer wieder vorgeworfen worden, dass sie mit unscharfen Begriffen arbeite (Balmer 1972). Das stimmt insofern, als manche Phänomene sich den scharfen Definitionen widersetzen. Unbewusstes psychisches Geschehen zu definieren ist deswegen schwer, weil es zwar in uns wirkt, wir es aber nicht aus distanzierter Perspektive wie ein Verhalten betrachten können. Wir können Gehirne sezieren und Verhaltensanalysen betreiben; als einstigem Verhaltensbiologen sind mir beide Zugänge vertraut. Aber in seelische Strömungsfelder und in die Wirkmächte des Unbewussten einzutauchen ist eben etwas ganz anderes.

Immer wieder ist auch der Vorwurf erhoben worden, Jungs Analytische Psychologie und insbesondere die Archetypen-Lehre weise eine Nähe zum Esoterischen und zum rechtsradikalen Denken auf. Diese Vorwürfe haben es einerseits leicht, denn an Jungs vorübergehender Nähe zum nationalsozialistischen Denken, wie sie sich insbesondere in seinem Aufsatz über den Germanengott »Wodan« zeigte, besteht kein Zweifel (Milzner 2011).

Die Vorwürfe gegenüber der Archetypenlehre reichen jedoch über Jung als Person hinaus. Überdies ähneln sie einander, ob sie von den marxistischen Philosophen Theodor W. Adorno und Ernst Bloch stammen oder von Psychoananlytikern wie Erich Fromm und Mario Erdheim. Sie alle kritisieren vor allem eine sich überlegen dünkende esoterische Haltung, die Möglichkeit der Verdrängung eigener Verantwortlichkeit ins Mythische sowie die Verwechslung von Archetypen und Mythen.

Für alles dies lassen sich Hinweise finden. Für das jeweilige Gegenteil aber auch, was nahelegt, dass die rein politische Bewertung archetypischen Materials kaum wirklich möglich ist. So ließe sich etwa einwenden, dass Archetypen mehrdeutig und daher politisch eher harmlos seien (Kott 1990). Und gewiss auch gibt es in esoterischen Krisen mitunter so etwas wie einen überheblichen Bescheidwisser-Gestus (Erdheim 1982). Doch könnte es ja gerade darum gehen, Erfahrungen mit Archetypen eben nicht allein den Jungianern und Jungianerinnen sowie den esoterischen Gruppen zu überlassen, sondern ihr Wirken zugänglicher und damit selbstverständlicher zu machen.

Es würde dann deutlicher werden: Archetypen bilden so etwas wie Urstromtäler der Psyche. Man kann sie erforschen, aber man kann sie nur unzureichend im Labor erforschen. Eine Trance zum Beispiel, in der innere Heiler oder weise Frauen wirken, ließe sich als Zustand hirnorganisch abbilden. Aber eben nicht inhaltlich.

Vor allem aber sind diese Urstromtäler der Psyche mit heutigen politischen Begriffen überhaupt nicht zu fassen. Wer sie daher als reaktionär und gestrig brandmarken möchte, hat es leicht (Gess 1994). Aber er oder sie sagt damit nicht viel aus. Klüger erscheinen mir Versuche, das alte Wissen des Unbewussten mit modernem visionärem Wollen in Verbindung zu bringen, wie etwa Tilman Evers es versucht hat (Evers 1987).

Noch einen Schritt weiter geht der Bioenergetiker John P. Conger, der das archaische Wissen des Unbewussten dem Körperwissen, wie Wilhelm Reich es entdeckte, an die Seite stellt (Conger 2005). Diese integrative Sichtweise führt weiter, als die ausschließlich politischen Vorwürfe es tun. Dass altes Wissen und tiefes Körperwissen wirken, gerade wenn sie in unserem Sinn nicht modern sind, lässt sich kaum wegdiskutieren. Es bleibt nur, es zu nutzen.

2 Hypnotherapie und das kollektive Unbewusste

2.1 Vom individuellen zum kollektiven Unbewussten

Die Hypnotherapie ist möglicherweise die Therapieform, die die Heilkräfte des individuellen Unbewussten am meisten ins Bewusstsein gerufen hat. Durch die Weiterentwicklung der Hypnoanalyse und der Ego-State-Therapie hat sie darüber hinaus Wege gefunden, individuelle Verstrickungen durch neue Formen der Arbeit mit inneren Anteilen aufzulösen, zu moderieren oder zu mildern.

Insbesondere die Hypnotherapie nach Milton Erickson arbeitet mit unbewussten Ressourcen, die oftmals der Kindheit von Klientinnen und Klienten entstammen. Wie lernten wir, Buchstaben voneinander zu unterscheiden, wie entwickelten sich unsere Bewegungsmuster? Und warum verstanden wir plötzlich komplexe Sprachmuster, wo vorher nur die Wörter und einige kurze Sätze gewesen waren? Aus jedem dieser zumeist unbewusst gespeicherten Entwicklungsschritte kann in einer Therapie eine Ressource werden. Nämlich dann, wenn neue Verarbeitungsmuster erlernt, neue Kompetenzen erworben werden sollen, die mit Rückgriff auf frühe Lernerfahrungen leichter zu erschließen sind.

Archetypen aber gehören dem kollektiven Unbewussten an und können daher nicht individuell hergeleitet werden. Ihre Kräfte entstammen der Menschheitsgeschichte, ihr Auftauchen im psychischen Erleben hat Jung in dem Aufsatz »Theoretische Überlegungen zum Wesen des Psychischen« einmal als »numinos« bezeichnet (Jung 1954). Dieser Begriff geht auf den Religionswissenschaftler Rudolf Otto zurück, der das Numinose als etwas göttlich Wirkendes ansah, das aber nicht als Gestalt in Erscheinung tritt. Es ist »faszinosum et tremendum«, anziehend und beängstigend zugleich (Otto 2014).

Mit dem kollektiven Unbewussten zu arbeiten ist erheblich schwieriger als die Arbeit mit dem individuellen Unbewussten. Wir haben es da gleichsam immer mit der ganzen Menschheit zu tun, die die Ansichten aufgeklärter Individuen des 21. Jahrhunderts nicht unbedingt teilt. Auch handelt es sich, wie zum Beispiel am Archetypus des Drachen ersichtlich, nicht immer um weitergegebene Erfahrungen, sondern ebenso gut um wiederkehrende Imaginationen und Träume, die über die Jahrtausende hinweg in uns Raum fanden.

2.2 Wie können wir uns das kollektive Unbewusste vorstellen?

Das kollektive Unbewusste ist im Unterschied zum persönlichen Unbewussten, das persönliche Erfahrungen und Verdrängungen, Wünsche ebenso wie Komplexe enthält, eine ältere, der ganzen Menschheit zugehörige Struktur. Jung entwickelte die Idee, indem ihm Bilder auffielen, die über die Kulturen hinweg in auffallend ähnlicher Weise existieren – und die in Träumen, mythischen Erzählungen und auch in Pathologien wie der Psychose immer wieder auftauchen.

Das kollektive Unbewusste, wie Jung es annahm, kann man sich vorstellen wie eine seelische Wirbelsäule. Auch diese ist, ganz gleich, welcher menschlichen Rasse man angehört und wie man sozialisiert ist, überall da und in gleicher Weise ausgebildet. Und gleich ihr ist sie auch so selbstverständlich da, dass wir nicht unbedingt viel darüber nachdenken. Wir nehmen zur Kenntnis, dass es mythische Erzählungen und Märchenmotive gibt – aber erwägen wir, dass sie mehr sein könnten als eben erzählter Stoff?

Jung zufolge sind im kollektiven Unbewussten jene Inhalte abgelagert, die für die Menschheit immer wieder von Bedeutung waren – eben das, was er »Archetypen« nennt. Motive wie die Bewährung eines jungen Helden oder der Kampf um Erkenntnis sind so universell, dass sie in Heldenlieder und Erzählungen Eingang fanden. Namen wie Siegfried oder Theseus sind kulturell abhängig, das Urmotiv der Erzählung ist es nicht. Auch das Motiv des alten Weisen, der ein böser Zauberer sein kann oder ein segensreicher Heilkundiger (oder manchmal auch beides), ist universell und in modernen mythischen Erzählungen wie »Der Herr der Ringe« in der Gestalt des Gandalf (weißer Zauberer) und des Saruman (erst weißer, dann schwarzer Magier) wiederzufinden.

Kann das universelle Vorkommen von Archetypen bis in Sprachmuster hinein immer mehr nachgewiesen werden (Sotirova-Kohli et. al. 2011), so muss doch die Annahme, es handle sich um vererbte Inhalte, vor dem Hintergrund heutiger Forschung modifiziert werden (Roesler & Sotirova-Kohli 2014). Ob dies möglich ist und irgendwann nachweisbar sein wird, können wir schlicht nicht sagen. Doch ist die Summe der Befunde, die die weltweite Existenz archetypischer Muster belegen, inzwischen so groß (Haule 2010a), dass das Fehlen einer hieb- und stichfesten biologischen Begründung ihrer Existenz kein ernstzunehmendes Problem darstellt.

2.3 Warum Archetypen keine Ich-Zustände sind

Archetypen sind ihrer Natur nach nicht nur gut – sondern haben mindestens zwei Seiten, wenn nicht mehr. Sie können daher nicht nur hilfreich und unterstützend sein, sondern ebenso gut verführerisch und aufbrausend, machtbewusst und abhängig machen. Archetypen sind, so der Psychoanalytiker Klaus-Uwe Adam, »Wirkelemente im kollektiven Unbewussten«. Als »Wirkfelder der Psyche« können sie auf unser Erleben Einfluss nehmen, Verhaltensneigungen fördern, Vorstellungen prägen und unseren Erfahrungen Struktur geben (Adam 2003, S. 37).

Anders als in der Hypnotherapie gebräuchliche Instanzen wie der »innere Helfer« bzw. die »innere Helferin« sind Archetypen auch keine Anteile von uns selbst, da sie ja dem kollektiven Unbewussten angehören. Anders ist es mit der Gestalt des »inneren Heilers« oder der »inneren Heilerin«, die eine archetypische Struktur darstellt, für die man zugleich eine neurowissenschaftliche Entsprechung finden könnte. Gestalten wie ein innerer Helfer oder eine innere Freundin stehen dagegen für Persönlichkeitsanteile und im Wachsen begriffene Elemente des persönlichen Unbewussten. Teile, die zu uns gehören, auch wenn wir sie eben erst kennen lernen.

Ein Ego-State ist im Unterschied hierzu eine Teilpersönlichkeit, die sich infolge von Erfahrungen in einem bestimmten Lebensalter gebildet hat. Ein kindlicher Ich-Zustand zum Beispiel denkt konkret, wie ein Kind. Das bedeutet, man muss ihm mit der konkreten Art des Denkens begegnen, die Erwachsenen oft schwerfällt (Watkins & Watkins 2003).

Wie kann man Archetypen von Ego-States oder einfachen hilfreichen Konstruktionen unterscheiden? Wenn wir eine Altersregression machen und ein Klient tritt in ein frühes Trauma hinein, zum Beispiel eine wiederkehrende Misshandlung durch den Vater, dann reichern wir die Trance vielleicht mit einer hilfreichen Instanz an. Wir stellen dem Klienten einen Retter an die Seite, lassen ein wildes Tier erscheinen, das den Vater in Schach hält, oder aber wir lassen den Klienten größer und stärker werden, so dass er dem Vater gebieten kann, von ihm abzulassen.

Alles dies ist hilfreich. Denn es ruft Anteile des Klienten auf, die eine noch wenig integrierte Wut und Wehrhaftigkeit repräsentieren. Archetypisch ist jedoch nichts davon, weil es eben verborgene Persönlichkeitsanteile sind, die wir hier aufrufen. Und diese entstammen natürlich dem persönlichen, nicht aber dem kollektiven Unbewussten.

Archetypen haben wesenhaften Charakter; sie kommen oder sie kommen nicht, man muss mit ihnen kommunizieren, um ihre Hilfe zu bekommen – und prinzipiell kann diese Hilfe auch verweigert werden. Archetypen sind also keine Teile meiner, deiner oder Ihrer Persönlichkeit, sondern entstammen einer seelischen Urschicht unseres Seelenlebens, die prinzipiell in jedem Menschen angelegt ist und in Interaktion mit dessen Persönlichkeit tritt. Archetypen sind auch keine Ich-Zustände, sie können uns aber in solche versetzen. Eine stark wirkende Anima-Projektion kann aus einem gestandenen Mittfünfziger einen verwirrten Sechzehnjährigen machen, indem sie durch die Verführungsenergie dessen jugendlichen Ego-State mit all seiner Vitalität, aber eben auch all seiner Unerfahrenheit wieder aufruft.

»Die Archetypen«, so hat Stanislav Grof es gesagt, »sind Ereignissen in der materiellen Welt deutlich übergeordnet und bestimmen, gestalten und durchdringen, was in unserer alltäglichen Wirklichkeit geschieht« (Grof 2007, S. 106). Hierin ist zweierlei enthalten: Zunächst einmal sind Archetypen bestimmende und schöpferische Einheiten. Und dann scheinen sie durch Autonomie von der materiellen Welt ausgezeichnet zu sein, was im Sinne Grofs, der Bewusstsein nicht als materiell begreift, wohl bedeutet: Archetypisches Wirken entzieht sich unseren vertrauten Ursache-Wirkungs-Schemata.

Man spürt hier eine Gefahr, das Archetypische ein bisschen zu jenseitig, ja zu verblasen zu sehen. Auch bei Jung gibt es eine philosophische Komponente, die dies nahelegt. So erwog er, inwieweit auch Zahlen archetypischen Charakter haben könnten (Miller 2011). Zudem erkundete er gemeinsam mit dem Physiker Wolfgang Pauli den Einfluss archetypischer Faktoren auf die Wissenschaft (Abt 1995). Hiermit kam er dem, was ein Archetyp bei Platon und bei Plotin ist, wieder recht nahe.

Jung scheint mit den Herausforderungen, vor die archetypische Energien einen Menschen stellen können, jedoch selbst Probleme gehabt zu haben. Brigitte Spillmann und Robert Strubel, beide als Lehranalytikerin und Lehranalytiker dem C. G. Jung-Institut Zürich verbunden, attestieren ihm eine Borderlinepersönlichkeit, die unter dem Ansturm unbewusster Ströme mehrfach am Rand einer Psychose gewesen sei (Spillmann & Strubel 2010).

Heute haben sich unsere Erfahrungsräume mit archetypischem Geschehen durch die Arbeit mit psychedelischen und holotropen Zuständen beträchtlich erweitert. Wir wissen, dass wir archetypischen Elementen in Ausnahmezuständen begegnen können. Mal treten sie uns dabei als Instanzen gegenüber, mal erleben wir an uns selbst die archetypische Energie. Überdies gehen Archetypen über Erfahrungen hinaus, sie wirken Imagination und symbolische Muster ins seelische Gewebe mit ein.

2.4 Was können wir über Archetypen wissen?

Einiges können wir nun zusammenfassend über Archetypen sagen:

Archetypen sind transkulturell.

Archetypen sind universell.

Archetypen sind dynamisch.

Archetypen haben eigene Gesetzmäßigkeiten.

Archetypen sind nicht modern, sondern archaisch.

Archetypen sind kraftvoll.

Archetypen können nicht nur nützen, sondern auch schaden.

Archetypen sind keine Hirngespinste, sondern werden real erlebt.

Der letzte Punkt ist vielleicht etwas erklärungsbedürftig. Wir bringen Archetypen ja gewöhnlich mit Bildern oder Vorstellungen in Verbindung. In der Jungʼschen Psychologie wird der Archetyp mitunter eher zu einem Verhaltensmuster als zu einem Bild. Mit Bildern und Vorstellungen verbinden wir überdies nicht unbedingt eine Realität, ja, wir stellen Vorstellungen und Realität sogar meist einander gegenüber.

Wenn es aber so wäre, dass unsere Vorstellungskraft so etwas wäre wie das Gegenstück zu unserem Realitätssinn? Und sie sich wie Yin und Yang ergänzen würden? Dann stünden sie für zwei Aspekte der Welt, die beide als gültig und echt angesehen werden könnten. Nur dass wir die einen fassen und messen können (die so genannte »Realität«) und die andere fühlen und imaginieren (das so genannte »Vorstellungsvermögen«).