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Grumpy meets Sunshine on Ice
Seit ihrer Kindheit träumt Anastasia Allen davon, es ins Team USA und somit zu den Olympischen Spielen zu schaffen, und dank ihres Stipendiums an der University of California sowie eines strengen, aber perfekten Zeitplans ist die Eiskunstläuferin ihrem Traum so nah wie noch nie. Doch plötzlich muss eine der wenigen Eissporthallen des Campus geschlossen werden, und kurz darauf fällt auch noch Anastasias Eiskunstlaufpartner aus. Völlig unerwartete bietet ausgerechnet Nathan Hawkins, der beliebte und äußerst attraktive Captain des Eishockeyteams, ihr an, für diesen einzuspringen. Anastasia stimmt dem Angebot zu, doch sie kann sich keine weiteren Ablenkungen leisten - vor allem nicht in Form ihres neuen Partners, der ihr Herz mit jedem noch so kleinen Lächeln schneller schlagen lässt ...
»OBESSED with this book! ICEBREAKER hat alles, was das (Hockey-)Romance-Leser:innenherz höher schlagen lässt. Es ist humorvoll, emotional, spicy und hat Charaktere, in die man sich verlieben wird. Absolutes Jahreshighlight!« JUST.A.GIRL.WHO.LOVES.BOOKS
Band 1 der MAPLE-HILLS-Reihe von Hannah Grace
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Seitenzahl: 695
Titel
Zu diesem Buch
Leser:innenhinweis
Playlist
Widmung
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
Epilog
Danksagung
Die Autorin
Die Romane von Hannah Grace bei LYX
Impressum
Hannah Grace
Icebreaker
Roman
Ins Deutsche übertragen von Richard Betzenbichler
Anastasia Allen hat genau ein Ziel, für das sie bereit ist, alles zu geben. Schon seit ihrer Kindheit träumt die Eiskunstläuferin davon, es ins Team USA und somit zu den Olympischen Spielen zu schaffen, und dank ihres Stipendiums an der University of California sowie eines strengen, aber perfekten Zeitplans ist sie ihrem Traum so nah wie noch nie. Doch als nur fünf Wochen vor den anstehenden Regionalmeisterschaften plötzlich eine der wenigen Eissporthallen des Campus geschlossen wird, sieht es für ihren exakt getimten Trainingsplan schlecht aus. Und als wäre es nicht schon schlimm genug, dass sich das Eiskunstlaufteam notgedrungen eine Halle mit den Eishockeyspielern der Maple Hills Titans teilen muss, fällt dann auch noch Anastasias Eiskunstlaufpartner aus. Ausgerechnet Nathan Hawkins, der beliebte und äußerst attraktive Captain des Eishockeyteams, bietet ihr an, für diesen einzuspringen. Anastasia hat keine andere Wahl, als darauf einzugehen, doch sie kann sich keine weiteren Ablenkungen leisten – vor allem nicht in Form ihres neuen Partners, der ihr Herz mit jedem noch so kleinen Lächeln schneller schlagen lässt …
Liebe Leser:innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.
Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.
Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!
Wir wünschen uns für euch alle das bestmögliche Leseerlebnis.
Euer LYX-Verlag
CRUEL SUMMER | TAYLOR SWIFT | 02:58
KISS ME MORE (FEAT. SZA) | DOJA CAT | 03:29
TALKING BODY | TOVE LO | 03:58
SHUT UP | ARIANA GRANDE | 02:38
IDGAF | DUA LIPA | 03:38
ENERGY | TYLA JANE | 03:20
MOTIVATION | NORMANI | 03:14
ONE KISS (WITH DUA LIPA) | CALVIN HARRIS | 03:35
DANCE FOR YOU | BEYONCÉ | 06:17
NEEDY | ARIANA GRANDE | 02:52
WHO’S | JACQUEES | 03:06
LOSE YOU TO LOVE ME | SELENA GOMEZ | 03:26
KISS ME | SIXPENCE NONE THE RICHER | 03:29
BOYFRIEND (WITH SOCIAL HOUSE) | ARIANA GRANDE | 03:06
RUMORS (FEAT. ZAYN) | SABRINA CLAUDIO | 03:46
MORE THAN ENOUGH | ALINA BARAZ | 02:31
YOU SHOULD SEE ME IN A CROWN | BILLIE EILISH | 03:01
I’M FAKIN | SABRINA CARPENTER | 02:55
MAKE ME FEEL | JANELLE MONÁE | 03:14
CAN I | KEHLANI | 02:48
Für Erin, Kiley und Rebecca
Danke, dass ihr an mich geglaubt habt.
Dieses Buch ist für euch.
»Noch mal, Anastasia!«
Wenn ich die Wörter »noch mal« und »Anastasia« auch nur ein einziges weiteres Mal zusammen in einem Satz höre, könnte das der Moment sein, in dem ich endgültig ausflippe.
Ich stehe kurz vorm Nervenzusammenbruch, seit ich heute Morgen mit einem Kater aus der Hölle aufgewacht bin, und mehr Druck von unserer Trainerin Aubrey Brady kann ich gerade überhaupt nicht brauchen.
Ich konzentriere mich darauf, meinen Ärger hinunterzuschlucken, wie ich das in jeder Trainingseinheit tue, in der sie es sich zur Aufgabe macht, mich an meine Grenzen zu bringen. Ich sehe ein, dass es ihre Hingabe ist, die sie zu einer derart erfolgreichen Trainerin macht, und komme zu dem Schluss, dass der Wunsch, ihr meine Schlittschuhe an den Kopf zu werfen, nur in meiner Fantasie ausgelebt werden darf.
»Du schluderst, Stas«, brüllt sie, als wir an ihr vorbeifliegen. »Schludrige Mädchen bekommen keine Medaillen!«
Wie war das mit dem Nicht-Werfen meiner Schlittschuhe?
»Komm schon, Anastasia. Streng dich endlich mal ein bisschen an.« Aaron kichert, und als ich ihm einen vernichtenden Blick zuwerfe, streckt er mir die Zunge heraus.
Aaron Carlisle ist der beste Eiskunstläufer, den die University of California, Maple Hills, zu bieten hat. Als ich einen Platz an der UCMH bekommen habe, mein Partner aber nicht angenommen wurde, war Aaron glücklicherweise in derselben Lage, und so wurden wir zusammengetan. Dies ist das dritte Jahr, dass wir gemeinsam Eiskunstlaufen praktizieren und getriezt werden.
Ich habe die Theorie, dass Aubrey eine sowjetische Spionin ist. Beweise habe ich keine, und meine Theorie ist auch nicht sonderlich ausgereift. Eigentlich überhaupt nicht ausgereift. Aber manchmal, wenn sie mich anschreit, ich solle den Rücken gerade halten oder das Kinn anheben, könnte ich schwören, dass ein leichter russischer Akzent durchklingt.
Was seltsam ist für eine Frau aus Philipsburg, Montana.
Genossin Brady war in ihren Hochzeiten ein Eislaufsuperstar. Noch jetzt bewegt sie sich graziös und beherrscht und mit so viel Anmut, dass man ihr solch eine laute Stimme kaum zutraut.
Ihr ergrauendes Haar ist immer zu einem strengen Knoten zurückgebunden, was ihre hohen Wangenknochen betont, und sie trägt immer ihren stets gleichen schwarzen Mantel aus Kunstfell. Aaron macht gern Witze darüber, dass sie darin alle ihre Geheimnisse versteckt.
Es heißt, dass sie gemeinsam mit ihrem Partner Wyatt zu den Olympischen Spielen gehen sollte. Allerdings hatten Wyatt und Aubrey diese Lifts ein bisschen zu oft geübt, und am Ende hat sie ein Baby bekommen, statt einer Medaille.
Das ist der Grund, wieso sie schlechte Laune hat, seit sie vor fünfundzwanzig Jahren als Trainerin begann.
»Clair de lune« verklingt, und Aaron und ich beenden unsere Kür Nase an Nase und mit bebender Brust nach Luft schnappend. Als wir sie schließlich einmal in die Hände klatschen hören, trennen wir uns und gleiten zum Rand, wo zweifellos die Quelle meiner nächsten Kopfschmerzattacke wartet.
Ich bin noch nicht ganz zum Stehen gekommen, als sich ihre grünen Augen in mich hineinbohren und sie ihren Blick verengt. »Wann wirst du endlich diesen Lutz sauber landen? Wenn du nicht lieferst, muss er aus eurem langen Programm gestrichen werden.«
Abgesehen von Brady, ist die erfolgreiche Ausführung eines vierfachen Lutz, ohne auf dem Hintern zu landen, der Hauptfluch, der auf meiner Existenz lastet. Ich übe ihn schon wer weiß wie lange, aber ich bekomme ihn einfach nicht richtig hin. Aaron vollführt ihn makellos, weshalb ich die Choreografin überhaupt erst überredet hatte, ihn in unsere Kür aufzunehmen.
Stolz ist eine törichte Sache. Beim Eiskunstlaufen ist er besonders töricht, denn wenn man vergeigt, landet man mit dem Gesicht auf dem harten Eis. Dennoch ist mir das lieber als die nervige gespielt enttäuschte Miene, die Aaron jedes Mal aufsetzt, wenn uns vorgeschlagen wird, den Lutz herauszunehmen.
»Das wird schon, Coach«, erwidere ich mit so viel vorgetäuschtem Enthusiasmus wie möglich. »Ich komme der Sache schon näher. Es ist noch nicht perfekt, aber ich trainiere weiter.«
Es ist eine winzige Lüge, eine harmlose. Ich werde tatsächlich besser. Allerdings habe ich vergessen zu erwähnen, dass ich es nur ohne Eis unter den Füßen und mithilfe einer besonderen Ausstattung schaffe.
»Sie bekommt das schon hin«, lügt Aaron und legt mir den Arm um die Schultern. »Nur ein bisschen Geduld, A. B.«
Es ist nett, dass sich Aaron auf meine Seite schlägt und wir gemeinsam Front gegen KGB-Aubrey machen. Wenn wir unter uns sind, sagt er, dass ich es nur schaffen kann, wenn ich mit Doping anfange und eine Zeitmaschine baue, die mich in meinen vorpubertären Körper zurückversetzt.
Sie murmelt etwas Unverständliches und winkt uns gedankenlos fort. »Wir sehen uns morgen hier wieder, und es wäre nett, wenn ihr nicht beide verkatert wäret. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass es keiner von euch ins olympische Team schafft, wenn ihr vor dem Training bei Kenny’s esst. Verstanden?«
Mist. »Ja, Coach«, sagen wir unisono.
Aaron, der auf mich in der Eingangshalle wartet, starrt auf sein Handy, als ich endlich aus dem Umkleideraum der Frauen komme.
»Verdammt, ich habe dir doch gesagt, dass sie es rausfindet.« Stöhnend schleudere ich meine Tasche nach ihm, sobald ich nah genug bin, um ihn damit in den Magen zu treffen. »Dabei hatte ich nicht mal was!«
Er knurrt beim Aufprall, nimmt mir die Tasche aus der Hand und wirft sie sich über die Schulter. »Diese Frau hat die Nase eines Bluthunds.«
Wie bei fast allen Dingen im Leben ist Eiskunstlauf viel einfacher, wenn man ein Mann ist, denn niemand hebt einen hoch und wirft einen zweimal am Tag durchs Zimmer.
Im ersten Studienjahr habe ich wie fast alle an Gewicht zugelegt, nicht sehr viel, aber Aaron meinte, ich wäre schwerer zu heben, und deshalb habe ich seitdem nicht ein Gramm mehr zugenommen.
Ich versuche, mich gewissenhaft an meinen Essensplan zu halten, abgesehen von gelegentlichen Partys, um bei Verstand zu bleiben. Die Party anlässlich des 21. Geburtstags meiner besten Freundin war die perfekte Gelegenheit, endlich mal ein bisschen lockerzulassen, auch wenn das bedeutete, Brady verkatert gegenübertreten zu müssen.
Wir stiegen in Aarons G-Klasse-Wagen, das neueste Geschenk seines von Schuldgefühlen geplagten, ehebrechenden, aber reichen Vaters, und fuhren nach Hause. Aaron und ich waren gegen Ende des ersten Studienjahrs zu dem Schluss gekommen, es sei cool, wenn wir alle zusammen wohnen, gemeinsam mit meiner besten Freundin Lola. Unsere Terminkalender ähneln sich, und unsere Leben drehen sich um Eiskunstlauf, deshalb war es sinnvoll.
Aaron biegt in die Maple Avenue ein und schaut mich an, während ich meine Handtasche nach meinem kostbarsten Besitz durchwühle. »Was steht in deinem Terminkalender für heute Abend drin?«
Ich verdrehe die Augen und ignoriere seinen ironischen Ton. »Flachgelegt werden.«
Er zieht die Nasenspitze kraus und schneidet eine Grimasse. »Schlimm genug, dass du planst, zu welchen Zeiten du schläfst und isst, musst du auch noch deinen Sex planen?«
Das mit dem Schlafen und Essen stimmt – jede Minute meines Lebens ist in meinem Terminkalender genauestens geplant, was meine Freunde gleichermaßen komisch wie lächerlich finden. Ich würde nicht gerade behaupten, dass ich ein Kontrollfreak bin, aber ich bin eine Frau, die die Zügel in der Hand haben muss.
Da besteht definitiv ein Unterschied.
Ich zucke mit den Schultern und unterdrücke das Bedürfnis, ihm unter die Nase zu reiben, dass ich, im Gegensatz zu ihm, immerhin Sex habe. »Ryan hat viel um die Ohren, und ich ebenfalls. Ich will ihn noch so oft wie möglich sehen, bevor die Basketballsaison losgeht.«
Ryan Rothwell ist fast zwei Meter groß und pure athletische Perfektion. Als UCMH-Aufbauspieler und Mannschaftskapitän nimmt er seinen Sport genauso ernst wie ich meinen, was eine perfekte unverbindliche Beziehung ergibt. Ein zusätzlicher Vorteil besteht darin, dass Ryan unglaublich nett ist, und so sind wir über unser gemeinsames Arrangement hinaus gute Freunde geworden.
»Ich kann nicht glauben, dass du noch immer mit ihm rummachst. Er ist doch bestimmt doppelt so groß wie du, wie schafft er es, dich nicht zu zerquetschen? Halt, Moment. Ich will es gar nicht wissen.«
»Ich weiß, dass er das ist.« Ich kichere und kneife ihn in die Wange, bis er meine Hände wegschlägt. »Darum geht es doch schließlich.«
Die meisten Leute glauben, Aaron und ich wären mehr als nur Partner, im romantischen Sinne, aber wir sind eher wie Geschwister. Nicht dass er nicht gut aussehen würde, wir waren nur nie ineinander verliebt.
Aaron ist viel größer als ich und trotz seines muskulösen, wie gemeißelten Körpers schlank wie ein Tänzer. Sein schwarzes Haar trägt er kurz, und ich könnte schwören, dass er Wimperntusche aufträgt, denn seine himmelblauen Augen sind umrandet von tiefdunklen, neiderregenden Wimpern, ein auffälliger Kontrast zu seiner blassen Haut.
»Ich weiß zu viel über dein Sexleben, Anastasia.«
Aaron kann sich nicht entscheiden, ob er Ryan mag oder nicht. Manchmal hat er keine Probleme mit ihm, und Ryan bekommt den Aaron zu sehen, den ich sehe – denjenigen, mit dem man gern zusammen ist. Die restliche Zeit könnte man glauben, Ryan hätte Aaron persönlich das Leben ruiniert. Aaron kann so harsch und abweisend sein, dass es schon peinlich ist. Er ist unberechenbar, aber Ryan nimmt es nicht tragisch und meint, ich solle mir keine Gedanken machen.
»Ich verspreche, auf dem Rest der Fahrt nach Hause nicht mehr darüber zu reden, wenn du mir versprichst, mich nachher zu Ryan zu fahren.«
Er überlegt bestimmt eine Minute lang. »Okay, abgemacht.«
Lola schaut von dem Salat hoch, auf den sie aggressiv mit ihrer Gabel einsticht, und schnaubt. »Mit wem steigt Olivia Abbot ins Bett, um zum dritten Mal in Folge die Hauptrolle zu bekommen?«
Ich kann nicht anders, als bei ihren gehässigen Worten zusammenzuzucken, aber ich weiß, sie meint es nicht so. Sie war bereits am Morgen überempfindlich, so viel Alkohol wie wir am Abend vorher anlässlich ihres Geburtstags gekippt hatten. Heute ist nicht der beste Tag, um herauszufinden, dass sie die Rolle, die sie wollte, nicht bekommen hat.
Ich habe mir in den letzten beiden Jahren jeden Auftritt angesehen, und Lo weiß genauso gut wie ich, dass Olivia eine außergewöhnlich talentierte Schauspielerin ist. Dass das nur noch mehr Salz in die Wunde streut, ist wohl klar.
»Ist sie vielleicht einfach nur gut und steigt mit niemandem ins Bett?«
»Anastasia, könntest du mich bitte mal fünf Minuten lang missgünstig sein lassen und so tun, als wüsste ich nicht, dass sie besser ist als ich?«
Aaron lässt sich auf den Stuhl neben mir sinken und schnappt sich einen Karottenstick von meinem Teller. »Weswegen sind wir kleinlich?«
»Olivia Abbott«, antworten Lola und ich unisono, und die Verachtung ist ihr deutlich anzuhören.
»Die ist heiß. Vielleicht das heißeste Mädchen auf dem Campus«, sagt er unbekümmert und bekommt eindeutig nicht mit, wie Lola die Kinnlade hinunterfällt. »Ist sie Single?«
»Woher zum Teufel soll ich das wissen? Sie redet mit niemandem. Sie kommt hereingeschwebt, nimmt die Rolle, die ich haben will, und bleibt ewig die Außergewöhnliche.«
Lola studiert Darstellende Kunst, und es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass man ein überdimensional großes Ego haben muss, denn alle aus ihrem Fachbereich, die ich kennengelernt habe, sind genauso. Es ist ein ermüdender Kampf um Aufmerksamkeit, selbst wenn sie im Zuschauerraum sitzen, aber Olivia bleibt lieber für sich, und aus irgendeinem Grund scheint das die Leute zu stören.
»Tut mir leid, Lols. Es gibt immer ein nächstes Mal«, sage ich. Wir wissen beide, dass das nichts bedeutet, aber sie wirft mir trotzdem eine Kusshand zu. »Falls du dich dann besser fühlst – ich kann meinen Lutz noch immer nicht sauber landen. Aubrey wird das bald merken und mich nach Sibirien verbannen.«
»Oh, nein. Du bist bekanntermaßen eine Versagerin, wie kannst du da jemals wieder einen Fuß aufs Eis setzen?« Sie grinst mich mit funkelnden Augen an, und ich werfe ihr einen vernichtenden Blick zu. »Du schaffst das schon noch, Schatz. Du arbeitest so hart.« Ihr Blick wandert zu Aaron, der auf seinem Handy herumtippt und null Interesse an unserem Gespräch zeigt. »He, Eisprinz! Würdest du mich hier mal unterstützen?«
»Häh? Tut mir leid, ja, du bist auch heiß, Lo.«
Es überrascht mich, dass aus Lolas Ohren kein Dampf aufsteigt, als sie ihn jetzt anschreit, er würde ihr nicht zuhören.
Langsam verziehe ich mich in mein Schlafzimmer und versuche, keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen und nicht ins Kreuzfeuer des Streits meiner Mitbewohner zu geraten. Mit Aaron und Lola zusammenzuwohnen ist, als würde man mit Geschwistern zusammenleben, die immer Einzelkinder sein wollten.
Aaron ist wie ich tatsächlich Einzelkind. Das Überraschungsbaby seiner beiden alternden Eltern aus dem Mittleren Westen, die verzweifelt versuchten, ihre Ehe zu retten. Mit anderen Leuten zusammenzuleben, nachdem er achtzehn Jahre lang der Stolz seiner Eltern war, war eine große Umstellung für ihn, und auch für uns, die mit ihm und seinen Stimmungsschwankungen zurechtkommen müssen.
Jetzt, wo er nicht mehr in Chicago ist, steht es nicht allzu gut zwischen seinen Eltern, und wir wissen immer, wann es besonders schlecht zwischen ihnen läuft, weil Aaron dann ein unanständig teures und überflüssiges Geschenk bekommt.
Zum Beispiel einen Wagen der G-Serie.
Im Gegensatz zu uns beiden stammt Lola aus einer großen Familie. Als Jüngste und einziges Mädchen stand sie bei sich zu Hause immer im Mittelpunkt, und es bereitet ihr kein Problem, Aaron auf seinen Platz zu verweisen.
Ich verstecke mich noch immer in meinem Zimmer, als mein Telefon vibriert und Ryans Name auf dem Display auftaucht.
RYAN
Die Jungs schmeißen heute ’ne Party. Treffen lieber bei dir? Eigentlich sollten sie zu einer Pep Rally oder so ’nem Scheiß, aber jetzt bleiben sie zu Hause. Will allein mit dir sein.
Gerne, aber meine Mitbewohner sind da.
Müssen leise sein.
Ha. Das solltest du dir mal selbst auf die Stirn schreiben. Hast du jetzt Zeit?
Ja, komm rüber.
Schon unterwegs. Bringe was zu essen mit.
»Alle wieder versöhnt?«, frage ich vorsichtshalber, als ich ins Wohnzimmer trete. Beide starren sie gebannt auf den Bildschirm, wo eine Wiederholung von Criminal Minds läuft, aber ich bekomme ein beiläufiges »Ja« als Antwort und weiß, dass ich mich gefahrlos nähern kann.
Ich beuge mich über die Couch, schnappe mir eine Handvoll Popcorn aus der Schüssel zwischen ihnen und nehme mir vor, das in meinen Kalorienzähler einzutragen, sobald ich wieder in meinem Zimmer bin. »Also, die Basketballmannschaft macht eine Party. Ich habe mich gefragt …«
»Ob wir mitkommen?«, unterbricht mich Aaron und klingt dabei untypisch hoffnungsvoll.
»Nein?«
Lola dreht sich zu mir um, ihre roten Locken fliegen, und ihre Augen strahlen vor Begeisterung. »Ob wir was dagegen haben, dass Ryan herkommen will?«
»Ja. Woher wusstest du …?«
»Her damit, Carlisle«, sagt sie lachend und streckt fordernd die Hand aus. Er drückt ihr ein paar Zwanziger hinein und murmelt irgendetwas vor sich hin, während sie das Geld abzählt. »Wir haben von der Party gehört, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass du gern durchgevögelt wirst, wenn auf der anderen Seite der Tür betrunkene Erstsemester rumknutschen. Wir gehen hin.«
Unser Zuhause ist eines der besseren Vergib-mir-Geschenke von Aarons Vater. Aaron bekam es entweder nach der Affäre seines Vaters mit der Sekretärin oder bevor er sich dazu entschieden hatte, mit der Innenarchitektin zu schlafen. Maple Tower ist ein wunderschöner Wohnblock am Rand des Campus, von hier aus haben wir einen großartigen Ausblick, außerdem ist die Wohnung unglaublich hell.
Das Gebäude wird nicht ausschließlich von Studierenden bewohnt, deshalb lebt man hier sehr ruhig, aber es liegt nah genug am Geschehen, sodass man problemlos von Partys nach Hause stolpern kann.
Aaron und ich sollen Partys eigentlich meiden, aber was Aubrey nicht weiß, macht sie nicht heiß.
Lola hat bereits zehn verschiedene Outfits anprobiert, als Ryan mir eine Nachricht schickt, dass er endlich auf dem Weg nach oben ist. Damit habe ich endlich einen Vorwand, sie mit ihren fast identischen zehn schwarzen Kleider allein zu lassen.
Am Anfang fand ich die Schmetterlinge im Bauch seltsam, die ich verspüre, wenn es an der Tür klopft und ich weiß, dass Ryan auf der anderen Seite steht, inzwischen finde ich es ganz nett.
Ryan füllt quasi den gesamten Türrahmen aus, als ich ihm aufmache. Sein zerstrubbeltes blondes Haar ist noch feucht, und er riecht intensiv nach Orange und etwas, das ich nicht genau bestimmen kann, das inzwischen aber eine seltsam beruhigende Wirkung auf mich hat. Er senkt den Kopf und küsst mich flüchtig auf die Wange. »Hallo, meine Schöne.«
Er reicht mir die Tüte mit den Snacks, die er – darauf besteht er – immer mitbringt, weil ich offensichtlich nicht genug esse und nie etwas Gutes zu essen im Haus habe, wenn er hier ist. Ryan isst mehr als alle Menschen, die ich kenne, und seine Version von »gut« besteht aus jeder Menge Zucker.
Aus irgendeinem Grund beobachten uns Aaron und Lo vom Wohnzimmer her, als hätten sie noch nie andere Menschen gesehen. Ryan lacht, als er sie entdeckt. Glücklicherweise ist er inzwischen an ihre Schrullen gewöhnt, und so sagt er nur leise »Hallo«, während ich ihn zu meinem Zimmer ziehe.
»Hey, Rothwell?«, ruft Lola, als wir bei meiner Tür angekommen sind.
Er lässt meine Hand los und dreht sich zu ihr um. »Ja?«
Sie beugt sich über die Rückenlehne der Couch, und so spitzbübisch, wie sie schaut, möchte ich lieber nicht hören, was sie zu sagen hat.
»Da mein Schlafzimmer gleich neben Stassies liegt und ich mir die ganze Nacht dein Gestöhne und das quietschende Bett anhören muss …«, meine Augen werden so weit, wie das nur vorstellbar ist, »wie wäre es mit dem Code für dein Zimmer, damit ich mich während der Party bei euch nicht ins Getümmel vor dem einzigen Gemeinschaftsbad werfen muss?«
Aus Sicherheitsgründen haben alle Schlafzimmer auf dem Campus elektronische Schlösser mit Codes. Ryans Zimmer hat ein eigenes Badezimmer, deshalb ist Los Vorschlag ziemlich clever, denn je betrunkener die Leute werden, desto unerträglich länger wird die Schlange vor dem Klo.
Es ist die Einleitung zu ihrer Frage, über die wir uns mal gründlich unterhalten müssen.
»Klar, ich schicke dir eine Nachricht. Aber nicht rumschnüffeln, Mitchell. Ich merke, wenn du das tust.«
Sie macht das Peace-Zeichen. »Großes Pfadfinderehrenwort. Genießt den Sex.«
»Himmel, Lols«, stöhne ich laut genug, dass sie es hört, und zerre Ryan in mein Zimmer. »Es tut mir so leid.«
»Ich mag sie. Sie ist witzig.« Er kichert, legt die Hände an meine Wangen und beugt meinen Kopf nach hinten, damit er mich küssen kann.
Sein Kuss ist erst zärtlich, dann drängender, als seine Zunge mit meiner spielt. Seine Hände wandern sanft an meinem Körper herab, bis sie bei meinen Schenkeln angekommen sind und er mich in einer fließenden Bewegung hochhebt. Automatisch schlinge ich die Beine um seine Taille, schließlich ist mein Körper nach so vielen Malen vertraut mit seinem.
Vor meiner Zimmertür ist ein lauter Knall zu hören, was vermutlich bedeutet, dass meine Mitbewohner aufbrechen, aber all die heißen Küsse, mit denen Ryan meinen Hals bedeckt, lenken mich zunehmend ab. Ich sollte nachsehen, ob sie tatsächlich weg sind, aber als Ryan mich auf dem Bett ablegt und auf mich klettert, wird das plötzlich ganz unwichtig.
»Wie war dein Tag?«, höre ich ihn an meinem Ohr murmeln.
Das tut er immer. Küsst mich perfekt, positioniert sich zwischen meinen Beinen, wendet gerade so viel Druck an, dass ich mich winde, löscht sämtliche Gedanken in meinem Kopf aus und fragt mich dann so etwas Banales wie: Wie war dein Tag?
Kaum versuche ich, eine Antwort zu formulieren, lässt er die Finger unter mein T-Shirt wandern und fährt mit der Nase die Konturen meines Kinns nach. Jeder Zentimeter meiner Haut fühlt sich an, als würde er vibrieren, dabei hat er noch gar nichts gemacht. »Er war, äh, ähm, gut, ich bin, mhmm, Schlittschuh gelaufen …«
Sein Körper bebt, als er laut loslacht. »Du bist, mhmm, Schlittschuh gelaufen? Klingt interessant. Erzähl mir doch mehr, Allen.«
Ich hasse ihn. Ich hasse ihn wirklich.
Ich murmele irgendetwas Unzusammenhängendes über Eis und Russen, während er uns beide auszieht, bis wir nur noch unsere Unterwäsche anhaben. Ryans Körper würde einen griechischen Gott zum Weinen bringen; gebräunte Haut von seinen Aufenthalten in seinem Sommerhaus in Miami und ein Oberkörper mit mehr Muskeln, als ich zählen kann.
Vergesst den griechischen Gott, Ryan bringt mich fast zum Weinen.
Er packt meinen Slip an den Hüften und wartet, bis ich nicke, bevor er ihn langsam meine Beine hinunterzieht, ihn hinter sich wirft und meine Beine spreizt.
»Stas.«
»Ja.«
Seine Stirn legt sich in Falten. »Kann Lola wirklich mein Gestöhne hören?«
Da ist eine Hand in der Nähe meines Schwanzes, und sie gehört nicht mir.
Die Frau schläft tief und fest und laut schnarchend, ihre Hand liegt an meiner Taille, die Finger sind im Saum meiner Boxershorts verhakt. Sanft löse und untersuche ich sie – lange falsche Nägel, Cartier-Ringe und eine Rolex am zarten Handgelenk.
Wer zum Teufel ist das?
Selbst nach einer Nacht voller Gott weiß was riecht sie noch immer teuer, und über meine Schulter hängt eine blonde Strähne herab, von ihr, die hinter mir liegt.
Ich hätte gestern Abend nicht zu der Party gehen sollen, aber Benji, Harding und der Rest der Basketballjungs sind gerissene Überredungskünstler. So gern ich auch Partys gebe, ist doch nichts besser, als woandershin zu gehen und in ein ruhiges Haus ohne das Chaos anderer Leute zurückzukehren.
Mal abgesehen von dieser Art Chaos, bei dem eine Frau in deinem Bett liegt und du dich nicht erinnern kannst, wer zum Teufel sie ist.
Der Teil meines Gehirns, in dem mein gesunder Menschenverstand sitzt, empfiehlt mir, mich umzudrehen und sie anzuschauen, aber ein anderer Teil, der sich all die ungünstigen Situationen, in die wir schon geraten sind, gut eingeprägt hat, ruft mir ständig in Erinnerung, dass der betrunkene Nate ein Arsch ist.
Dieser Teil meines Gehirns macht sich ernsthaft Sorgen, dass die Frau dort die Schwester oder schlimmer noch die Mutter von irgendjemandem ist.
»Könntest du mal aufhören, dich dauernd zu bewegen?«, fährt mich mein mysteriöser Gast an. »Was ist das bloß mit euch verdammten Sportlern und eurer seltsamen Liebe für viel zu frühe Morgenstunden?«
Diese Stimme. Die hätte ich lieber nicht wiedererkannt.
Oh, verdammt.
Langsam drehe ich mich um, damit sich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigen können: dass ich letzte Nacht Sex mit Kitty Vincent hatte.
Und tatsächlich.
Sie wirkt friedlich, wenn sie versucht zu schlafen, ihre Gesichtszüge sind zart und weich, die Lippen gerötet und zu einem Schmollmund verzogen. So ruhig, wie sie gerade wirkt, würde man nicht glauben, dass sie eine absolute Furie ist …
»Wieso starrst du mich an, Nate?« Sie reißt die Augen auf und wie der Drache, der sie ist, zerfleischt sie mich mit einem einzigen Blick.
Kitty Vincent steht für alles, was falsch läuft, wenn es um reiche Mädchen mit Daddys Kreditkarte geht. Zufälligerweise bin ich ein Experte für diese Art von Frauen an der UCMH. Experte, weil ich mit so ziemlich jeder von ihnen geschlafen habe.
Außer mit dieser. Mit dieser hätte ich es nie tun dürfen.
Optisch ist an ihr nichts auszusetzen. Ehrlich gesagt, ist sie eine umwerfende Schönheit. Nur ist sie auch ein unglaublich schrecklicher Mensch.
»Alles in Ordnung?«, frage ich vorsichtig. »Kann ich irgendwas für dich tun?«
»Du könntest aufhören, mich anzustarren, als hättest du noch nie eine nackte Frau in deinem Bett gesehen«, herrscht sie mich an und schiebt sich so weit nach oben, dass sie sich an das Kopfteil lehnen kann. »Wir wissen beide, dass du das hast, und du wirst mir allmählich unheimlich.«
»Ich bin schockiert, Kit. Ich, ähm, kann mich nicht erinnern, wie es dazu gekommen ist …«
Ich erinnere mich, dass ich auf der Party war und versucht habe, Summer Castillo-Wests Telefonnummer zu bekommen, aber tragischerweise den vierten September in Folge abgeblitzt bin. Ich erinnere mich auch, dass ich mit Danny Adeleke Bier-Pong gespielt und verloren habe, woran ich mich lieber nicht erinnern würde. Aber woran ich mich noch immer nicht erinnern kann, ist, wie dies passiert ist.
»Oh, verdammt. Warte mal, bist du nicht mit Danny zusammen?«
Sie verdreht die blauen Augen, greift nach ihrer Handtasche, die auf dem Tisch neben meinem Bett liegt, und flucht, als sie feststellt, dass ihr Akku leer ist. Sie streicht sich das Haar aus dem Gesicht und wirft mir schließlich einen Blick zu – noch nie hat mich eine Frau nur aufgrund meiner bloßen Existenz so wütend angeschaut. »Wir haben uns getrennt.«
»Stimmt, stimmt. Das ist scheiße, tut mir leid. Was ist passiert?«
Ich versuche, höflich zu sein, ein zuvorkommender Gastgeber, würde man wohl sagen, aber sie zieht eine ihrer perfekt gezeichneten Augenbrauen nach oben und starrt mich böse an. »Wieso zum Teufel interessiert dich das?«
Ich reibe nervös mit der Handfläche über mein Kinn und überlege mir krampfhaft einen Grund. Sie hat recht: Es ist mir egal. Ich hasse es einfach, wenn jemand fremdgeht, und ich hatte Panik, aber wenn sie sich getrennt haben, brauche ich mir keine Gedanken zu machen. »Ich wollte nur nett sein.«
Sie schenkt mir das falscheste Lächeln, das ich je gesehen habe, schwingt die Beine aus dem Bett und marschiert splitterfasernackt auf mein Badezimmer zu. Es ist nicht leicht, sich auf ihr gutes Aussehen zu konzentrieren, denn mit einem letzten desinteressierten Blick über die Schulter knurrt sie mich an: »Wenn du nett sein willst, ruf mir ein Uber.«
Gott sei Dank. »Mache ich.«
»Aber keinen Kleinwagen, Nate. Es ist schlimm genug, dass man mich von hier weggehen sieht. Mach es nicht noch schlimmer, indem du jetzt auch noch geizig bist.«
Als die Tür ins Schloss fällt und die Dusche aufgedreht wird, weiß ich, dass ich gefahrlos jeden Fluch, den ich kenne, in mein Kissen brüllen kann.
Ich stehe vor der Haustür und schaue zu, wie Kitty in ihr Uber steigt, natürlich eine größere Limousine, wegen all der potenziellen Scham.
Ich fahre mir mit der Hand durch das Haar und frage mich, wie es so weit kommen konnte, obwohl ich doch geschworen hatte, dieses Jahr würde anders werden.
Vage erinnere ich mich, auf der Rückfahrt von Colorado nach Kalifornien zu meinem besten Freund Robbie gesagt zu haben, das Abschlussjahr würde anders werden. Das muss ich während unserer von Unmengen Kaffee begleiteten zweitägigen Fahrt mindestens zwanzig Mal gesagt haben.
Es hielt drei Wochen an.
Als ich hinter mir Gemurmel höre, holt mich das schnell von meinem Selbstmitleidstrip herunter. Robbie und meine anderen Mitbewohner, JJ und Henry, sitzen alle in unserem Wohnzimmer und nippen an ihrem Kaffee wie die Besetzung von The View.
»So, so, so«, sagt Robbie selbstgefällig. »Was ist hier abgegangen?«
Robbie terrorisiert mich höchstpersönlich, seit wir fünf Jahre alt waren. Robbies Vater, den ich zehn Jahre später noch immer Mr H nenne, war der Coach unserer lokalen Eishockeymannschaft in Eagle County, wo wir aufgewachsen sind. Dort haben wir uns kennengelernt und uns angefreundet, und seitdem hat Robbie mich immer den letzten Nerv gekostet.
Ich ignoriere ihn und gehe, ohne mich um ihre neugierigen Blicke zu kümmern, direkt in die Küche, gieße mir einen Becher Kaffee ein und zeige ihnen den Stinkefinger, statt mich zu einer Antwort herabzulassen.
Den Kaffee kippe ich in Sekundenschnelle hinunter, und noch immer spüre ich ihre Blicke auf mir ruhen. Das ist das Schlimmste, wenn man mit den Mannschaftskollegen zusammenwohnt – nichts bleibt ein Geheimnis.
JJ, Robbie und ich sind alle im letzten Studienjahr und wohnen zusammen, seit wir uns als Erstsemester ein Zimmer im Studentenwohnheim geteilt haben, nur Henry ist im Jahrgang unter uns, aber auch in der Mannschaft.
Der Mann ist ein unglaublich guter Eishockeyspieler, tut sich aber nicht leicht mit dem ganzen sozialen Druck, dem man als Mitglied einer Sportmannschaft ausgesetzt ist. Er hasste es, in Mehrbettzimmern zu wohnen, und bemühte sich, Freunde außerhalb der Mannschaft zu finden, deshalb boten wir ihm an, bei uns einzuziehen.
Wir hatten immer ein zusätzliches Schlafzimmer, weil unsere Garage für Robbie in ein rollstuhlgerechtes Zimmer umgewandelt worden war, und Henry war überaus dankbar für das Angebot.
Schon nach den kurzen drei Wochen, die er jetzt hier ist, merken wir, dass er selbstbewusster geworden ist – weshalb er vermutlich auch kein Problem mehr damit hat, sich auf JJs und Robbies Seite zu schlagen, wenn sie mir scheiße kommen.
»Wieso hattest du Sex mit Kitty Vincent?«, fragt Henry über den Rand seines Kaffeebechers hinweg. »Sie ist nicht sonderlich nett.«
Oh ja, unser Kiddo weiß nie, wann er die Klappe halten soll.
»Ich werde so tun, als wäre es nicht passiert, Kumpel. Sie war auch nicht gerade glücklich darüber, und ich kann mich nicht an das Geringste davon erinnern, also zählt es nicht.« Ich zucke mit den Schultern, gehe ins Wohnzimmer und lasse mich in einen Sessel fallen. »Wie zum Teufel konntet ihr das geschehen lassen?«
Bin ich alt genug, meine Fehler nicht anderen in die Schuhe zu schieben? Natürlich. Hält mich das davon ab, es zu versuchen? Nein.
»Ich habe versucht, dich davon abzuhalten, mit ihr wegzugehen«, lügt JJ unverfroren und hebt abwehrend die Hände. »Du hast gesagt, sie riecht angenehm und ihr Hintern fühlt sich gut an. Wer bin ich, dass ich mich zwischen dich und die wahre Liebe stelle?«
Ich stöhne laut, und das Geräusch lässt meinen Kopf pochen. Wenn Jaiden behauptet, er hätte versucht, mich am Gehen zu hindern, hat er vermutlich das Uber bestellt und mich mit Kitty hineingedrängt.
JJ ist Einzelkind und kommt aus der tiefsten Provinz Nebraskas, deshalb war früher seine einzige Freizeitbeschäftigung, anderen Leuten Streiche zu spielen.
Seine Eltern kommen immer im Juni zu Besuch, damit sie mit JJ und uns zur LA Pride fahren können, wo sie stolz ihre Regenbogenfahnen und -anstecker tragen. Die Zeiten, die sie in unserem Haus verbracht haben, haben es mir ermöglicht, sie gut kennenzulernen. Daher weiß ich, dass JJs Dad genau wie sein Sohn ist, so sehr, dass ich mich frage, wie seine Mom es mit zweien von ihrer Sorte im Haus ausgehalten hat.
Mrs Johal ist eine großartige Frau mit der Geduld einer Heiligen. Bevor sie abreisen, sorgt sie immer dafür, dass unser Kühlschrank voller unterschiedlicher Currys samt Beilagen ist, außerdem hat sie einen großartigen Geschmack, was Horrorfilme angeht, weshalb ich sie vermutlich so sehr liebe.
Vielleicht ist sie der einzige Grund, weshalb ich Jaiden noch nicht umgebracht habe.
Robbie kommt an meine Seite und legt mir, vermutlich, um mich zu trösten, den Arm um die Schultern. »Du hast dich länger auf Uni und Eishockey fokussieren können, als ich erwartet hatte. Jetzt komm schon, krieg dich wieder ein. Du musst uns zum Seminar fahren.«
Als ich in Maple Hills angenommen wurde, hatte ich keine Ahnung, was ich studieren wollte. In knapp einem Jahr mache in meinen Abschluss, bin mir aber noch immer nicht sicher, ob es die richtige Wahl war, Sportmedizin zu studieren.
Nach der Highschool bekam ich ein Angebot von den Vancouver Vipers, und es war eine schwere Entscheidung, erst mein Studium zu machen, zumal ich schon als Kind davon geträumt habe, in der NHL zu spielen. Ich will nichts anderes als spielen, aber ich weiß, dass im Eishockey dauernd etwas passiert; eine üble Verletzung oder ein unvermeidlicher Unfall, und die Karriere ist vorbei.
Auch wenn auf mich ein Platz in meiner Traummannschaft wartet, sobald ich meinen Abschluss habe, wünsche ich mir doch, dass irgendetwas von dem, was ich in den letzten drei Jahren gelernt habe, mir im Kopf geblieben wäre, damit es sich so anfühlt, als würde sich mein Plan B lohnen.
Mein Dad war nicht begeistert, dass ich in einem anderen Bundesstaat studieren wollte, und noch weniger begeistert war er, dass ich mich bei einer Eishockeymannschaft verpflichtete, noch dazu einer in Kanada. Er wollte, dass ich ins Familienunternehmen einsteige und in den Skigebieten arbeite, bis ich alt und grau bin wie er. Die Vorstellung, so zu werden wie mein Vater, war immer genügend Antrieb für mich, den Arsch hochzukriegen und meine Ziele im Auge zu behalten.
Ich würde mich leichter tun, Zellstrukturen zu verstehen, wenn ich nicht dauernd müde vom Trainieren wäre und zusätzlich die Clowns in meiner Mannschaft vor Ärger bewahren müsste. Als Greg Lewinski letztes Jahr seinen Abschluss machte und mir den Job des Kapitäns überreichte, bereitete er mich nicht darauf vor, wie viel Babysitterarbeit es bedeutet, Spieler einsatzbereit auf der Bank zu halten.
Robbie hilft mir, seit er Assistent von Trainer Faulkner ist. Seit einem Skiunfall in unserem ersten Jahr an der Highschool hat Robbie kein Gefühl mehr in den Beinen und sitzt im Rollstuhl. Früher war er immer gut darin, mich auf dem Eis anzubrüllen, und jetzt macht er das Gleiche vom Rand der Eisfläche her.
Nichts liebt er mehr, als mit seinem überdimensionierten Klemmbrett herumzuwedeln und mir zu sagen, ich solle es besser machen. Den Jungs in der Mannschaft gefällt es, dass ich das meiste von Robbies Ausfällen abbekomme, denn das macht es für sie leichter.
Ein Tag wie der heutige ist ein perfektes Beispiel. Freitags haben JJ und ich Seminare im Gebäude der Naturwissenschaften, weshalb wir die Tradition entwickelt haben, uns auf dem Weg zur Eissporthalle bei Dunkin’ mit einem Vortrainings-Doughnut zu versorgen.
Das ist unser kleines Geheimnis, aber JJ weiß, wenn man uns dabei erwischt, bin ich derjenige, der eine aufs Dach bekommt, deshalb ist ihm das Risiko egal. Das letzte Seminar an Freitagen ist das von mir mit Abstand am wenigsten geliebte, deshalb ist mir das Risiko ebenfalls egal.
Ich scrolle gerade gelangweilt durch meinen Feed, während ich vor dem Labor auf JJ warte. Da höre ich ihn auf mich zukommen und fröhlich rufen: »Bereit, dich in deinen verkaterten Hintern treten zu lassen?«
»Nichts, was ein Doughnut mit bunten Streuseln nicht besser machen kann. Alkohol auszuschwitzen tut sowieso gut. Macht mich wieder frisch für heute Abend.«
Er kneift die Augen zusammen. »Wovon redest du? Hast du den Gruppenchat nicht gesehen?«
Das Letzte, was ich gesehen habe, war Robbies Beschluss, heute Abend eine Party zu schmeißen. Unser erstes Spiel findet erst in zwei Wochen statt, und traditionell läuten wir die Saison mit einer Party ein. Oder auch mit fünf.
Ich greife nach meinem Handy und sehe sofort die ungelesenen Nachrichten.
PUCKBUNNIES
BOBBY HUGHES
Bin grad dabei ein bisschen zu sterben.
KRIS HUDSON
Viel Erfolg damit, Buddy.
ROBBIE HAMLET
Drinks heute Abend bei uns?
BOBBY HUGHES
Wie sagt es Michael Scott? Ich bin bereit, erneut verletzt zu werden.
JOE CARTER
Ich bringe das Tequila-Rouletterad mit.
HENRY TURNER
E-Mail von Faulkner, wir sollen in den Trophäensaal kommen, nicht zum Spielfeld.
JAIDEN JOHAL
Wtf?
HENRY TURNER
Kam vor einer Stunde.
Der Trophäensaal ist ein Veranstaltungsraum im Zentralbereich des Sportgebäudes. Die meisten von uns verbringen dort nicht viel Zeit, außer wir stecken in Schwierigkeiten. In diesem Raum haben die Trainer ihren Arbeitsplatz, wenn sie nicht beim Training oder bei Spielen sind. In diesem Raum werden am Ende des Jahres die Feierlichkeiten abgehalten. In diesen Raum werden wir bestellt, wenn einer von uns großen Mist gebaut hat, und ich hoffe, dass es nicht ich war.
»Ich weiß nicht, was los ist«, sagt JJ, als wir in mein Auto steigen. »Du kennst doch Josh Mooney, diesen Basketballtypen aus meinem Seminar. Er hat erzählt, ihr Training wurde auch abgesagt. Sie müssen auch in den Trophäensaal, aber erst eine halbe Stunde nach uns. Verdammt seltsam, Mann.«
Es ist erst die dritte Woche im Trimester, wie viel können wir da schon angestellt haben?
Verdammt, wir stecken bis zum Hals in der Scheiße.
Als wir zur Tür reinkommen, würdigt uns der Trainer nicht mal eines Blicks. Die halbe Mannschaft hat bereits vor ihm Platz genommen, und alle haben denselben Gesichtsausdruck: Angst.
JJ setzt sich neben Henry und wirft mir einen Blick zu, der bedeutet: Finde es heraus, Captain.
Neil Faulkner ist nicht der Typ, dem man ins Gehege kommen möchte. Er hat dreimal den Stanley Cup gewonnen, bevor ihn ein betrunkener Fahrer von der Straße abgedrängt und er sich die Arme und das linke Bein mehrfach gebrochen hat, was das sofortige Ende seiner NHL-Karriere bedeutete. Ich habe mir die Aufnahmen von seinen alten Spielen unzählige Male angeschaut, und er war – nein, ist immer noch – ein Furcht einflößendes Monster.
Dass er jetzt mit hochrotem Kopf, als würde er gleich implodieren, vor der Mannschaft sitzt, aber kein Wort sagt, weckt meinen Kampf-oder-Flucht-Instinkt. Aber meine Mannschaft braucht mich, deshalb reize ich widerwillig den Bären.
»Coach, wir …«
»Setz dich auf deinen Arsch, Hawkins.«
»W…«
»Ich sage es nicht noch einmal.«
Mit eingezogenem Schwanz stolpere ich zu meinen Mannschaftskollegen zurück, die jetzt noch kleinlauter wirken als vor einer Minute. Ich zerbreche mir den Kopf, was wir angestellt haben könnten, denn wegen der Hausparty, bei der wir gestern Abend waren, kann er unmöglich wütend sein.
Abgesehen von Henry, waren die meisten jüngeren Studenten gar nicht dabei. Sie sind nicht alt genug, um trinken zu dürfen, deshalb laden wir sie auch nicht zu unseren Partys ein. Natürlich besaufen sie sich stattdessen auf der Frat Row, dem Straßenzug, in dem die Häuser der Studentenverbindungen Reihe an Reihe stehen. Aber immerhin bin ich nicht derjenige, der ihnen das Bier in die Hand drückt, schließlich bin ich ihr verantwortungsbewusster Anführer.
Als Joe und Bobby hereinkommen und sich setzen, rührt sich der Trainer endlich – er schnauft nur, aber immerhin.
»Während meiner fünfzehn Jahre an dieser Hochschule habe ich mich noch nie so geschämt wie heute Morgen.«
Fuck.
»Bevor ich fortfahre, hat irgendjemand hier irgendetwas zu sagen?«
Er schaut jeden von uns an, als erwarte er, dass jemand aufsteht und gesteht, aber ich habe nicht die leiseste Ahnung, was wir gestehen sollen. »Noch nie habe ich mich so sehr geschämt« habe ich seit meinem Eintritt in die Mannschaft schon so oft gehört – das ist eine faulknersche Spezialität –, aber noch nie habe ich ihn derart wütend gesehen.
Er verschränkt die Arme vor der Brust, lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und schüttelt den Kopf. »Heute Morgen, als ich zur Eissporthalle kam, war alles zerstört. Also, wer hat das angerichtet?«
Im Collegesport gibt es unzählige Traditionen. Einige sind gut, andere schlecht, aber dennoch Traditionen. Maple Hills bildet da keine Ausnahme, und jeder Sport hat seine eigenen Spleens und seinen eigenen Aberglauben, die von Jahrgang zu Jahrgang weitergegeben werden.
Unsere Tradition sind Streiche. Unbesonnene, kindische Streiche. Wir spielen sie uns gegenseitig, gegnerischen Mannschaften, Mannschaften anderer Sportarten. Ich habe im Laufe der Jahre genügend von Faulkners Standpauken über mich ergehen lassen, sodass ich mir vornahm, wenn ich Mannschaftskapitän werde, lasse ich so etwas nicht zu. Geltungsbedürftige Typen haben sich gegenseitig zu übertrumpfen versucht, bis das Ganze so weit eskalierte, dass sich die Hochschule gezwungen sah einzuschreiten.
Wenn also unsere Arena verwüstet worden ist, bedeutet es, dass jemand nicht auf mich gehört hat.
Ich schleiche mich etwas weiter nach vorne, um meine Mannschaftskollegen besser sehen zu können, und es dauert nicht einmal 0,2 Sekunden, bis ich Russ entdecke, einen aus dem zweiten Studienjahr, der seit dem letzten Jahr mit uns spielt und gerade aussieht, als hätte er einen Geist gesehen.
Faulkners Stimme wird so laut, dass sie im Raum widerhallt. »Der Direktor ist stocksauer! Der Dekan ist stocksauer! Ich bin stocksauer, verdammt! Ich dachte, wir hätten diese bescheuerten Streiche hinter uns gelassen! Ihr seid schließlich Männer! Keine Kinder.«
Ich würde gern etwas sagen, aber mein Mund ist völlig ausgetrocknet. Ich räuspere mich, was nicht hilft, schaffe es aber, seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Ich trinke einen Schluck Wasser und bringe schließlich heraus: »Wir haben das hinter uns gelassen, Coach. Wir haben nichts getan.«
»Dann hat also irgendjemand spontan beschlossen, den Generator und das Kühlsystem lahmzulegen? Meine Eissportanlage verwandelt sich gerade in einen Swimmingpool, und ihr erwartet, ich nehme euch ab, dass ihr nichts damit zu tun habt?«
Das ist wirklich ganz übel.
»Der Direktor setzt in fünf Minuten mit allen Sportstudenten eine Besprechung an. Macht euch auf was gefasst, meine Herren. Ich hoffe, keiner von euch strebt eine Karriere im Eishockey an.«
Sagte ich schon fuck?
Mein Terminkalender ist ein einziges irreparables Chaos, und ich bin verdammt wütend.
Das ist das genaue Gegenteil des Freitagsgefühls, das die Leute bekanntermaßen so sehr lieben. Heute sollte ein Tag ohne Probleme sein, ich wurde unter einem gut aussehenden Mann wach, und der Rest meines Tags war perfekt durchgeplant. Fitnessstudio, Uni, Training mit Aaron, Abendessen und schließlich Tanzen, bis mir die Füße wehtun, auf der Party, die den meisten Spaß verspricht.
Es bestand sogar die Möglichkeit, mich noch mal mit Ryan zu treffen, um einander die jeweiligen Bedürfnisse zu befriedigen, solange er noch Zeit hat.
Aber laut der sehr passiv-aggressiven Mail, die ich bekommen habe, interessiert sich David Skinner, der Sportdirektor von Maple Hills, einen Scheißdreck für meinen Terminkalender oder meinen Trainingsplan, und erst recht einen Scheißdreck für mein Sexleben.
Wieso sollte er sonst jegliches Training absagen und jeden der Profisport betreibenden Studenten in die schlimmste Ecke des Campus zitieren?
In diesem Gebäude hängen die ganzen Coachs rum und denken sich aus, wie sie uns alle unglücklich machen können.
Als ich heute Morgen ein Foto mit dem Titel »Genießt einfach, wo ihr jetzt seid« gepostet habe, war mir nicht klar, dass ich in einer langen Schlange von Studierenden stehen würde, die versucht, in den Trophäensaal zu gelangen.
Ich verliere mich gerade in wütenden, grenzwertig mörderischen Gedanken, als sich von hinten zwei muskulöse Arme um meine Taille schlingen und jemand sanft einen Kuss auf meinen Scheitel drückt. Ich weiß sofort, dass es Ryan ist, lasse mich in seine Umarmung sinken und lege den Kopf in den Nacken, um ihn anzuschauen. Er beugt sich hinunter, um mir einen Kuss auf die Stirn zu geben, und ja, ich fühle mich vielleicht ein klein wenig besser.
»Hallo, schönes Mädchen.«
»Ich bin gestresst«, knurre ich und schaue nach vorne, wo die Schlange langsam vorrückt. »Und du hast dich vorgedrängelt. Du wirst Ärger bekommen.«
Er packt mich an den Schultern und dreht mich zu sich um. Mit seinen langen Fingern hebt er mein Kinn an, damit ich ihm trotz seiner gigantischen Länge in die Augen sehen kann. Als ich schon glaube, noch schnuckeliger kann er gar nicht mehr werden, streicht er mir das Haar aus dem Gesicht und lächelt mich an. »Du herrschst über deinen Terminkalender, Stas. Nicht dein Terminkalender über dich.«
»Du hast dich trotzdem vorgedrängelt.«
Er kichert und zuckt mit den Schultern. »Du hast mir den Platz frei gehalten. Das habe ich allen gesagt, als ich an ihnen vorbeigegangen bin. Sag mal, was für ein ekelerregendes Motivierungszitat hast du da heute gepostet? Müssen wir darauf noch mal zurückkommen?«
Ryan und ich haben uns letztes Jahr zusammengetan, nachdem wir uns auf einer Party kennengelernt hatten und Bier-Pong-Partner waren. Natürlich gewannen wir, weil wir die stursten und ehrgeizigsten Menschen in einem Hundert-Meilen-Radius rund um Maple Hills sind. Am nächsten Tag tauchte er auf einmal in meinen Privatnachrichten auf und meinte scherzhaft, er hätte nicht erwartet, dass jemand, der derart aggressiv Trinkspiele spielt, auf seinen Profilen in den sozialen Medien nur von positiven Vibes spricht.
Seitdem erinnert er mich immer daran, wenn ich grantig oder genervt bin, dass ich doch ein Sonnenscheinchen zu sein habe.
Mistkerl.
»Und?«, fragt er und bleibt an meiner Seite, während wir uns langsam auf den Eingang zubewegen.
»Es ging darum, innezuhalten und den Moment zu genießen.«
Sein Lächeln wird breiter, als ihm klar wird, wie ich das gemeint hatte. »Okay, ja, damit kann ich leben. Es ist scheiße, dass das Training abgesagt wurde, aber, wenn man den Moment genießt, bist du an meiner Seite, und mir geht es bestens.«
Ich verschränke die Arme vor der Brust und tue weiter so, als hätte er keinen Einfluss auf meine Stimmung. »Hm.«
»Heftige Ansammlung, verdammt. Sobald wir hier rauskommen, lade ich dich zum Essen ein, und heute Abend ist Eishockey-Party, wo du deine ganze Stressenergie loswerden kannst.«
»Sonst noch was?« Jetzt, wo nur noch wenige Leute vor uns auf den Eintritt in den Raum warten, dreht er mich wieder herum und lässt die Hände auf meinen Schultern liegen.
»Ich bringe dich nach Hause und lasse dich deinen restlichen Stress an meinem Körper austoben?«
»Mit einem Baseballschläger?«
Er gräbt die Finger in meine angespannten Muskeln und knetet rhythmisch sämtliche Knoten heraus, während ich den Kopf von einer Seite zur anderen rollen lasse.
»Netter Kink. Verkleidest du dich dann auch als Harley Quinn?«
Er stöhnt laut auf, als ich ihm den Ellbogen in die Rippen ramme, was lächerlich dramatisch ist, denn mein Ellbogen schmerzt garantiert mehr.
Nach gefühlt stundenlanger Warterei schaffen wir es endlich durch die Tür des Trophäensaals. Anstelle der üblichen runden Tische stehen im Raum jetzt Reihe um Reihe von zur Bühne hin ausgerichteten Stühlen.
Was zum Teufel geht hier vor?
Ohne sich um meine momentanen Sorgen zu kümmern, besteht Ryan drauf, dass ich den Moment genieße, was so viel heißt wie, dass ich gezwungen werde, bei der Basketballmannschaft zu sitzen. Jetzt bin ich also zwischen Ryan und Mason Wright, seinem Mannschaftskollegen, eingequetscht, was ich mich mit meinen respektablen 1,60 m wie ein großes Kleinkind wirken lässt.
»Chips?«
Unwillig schaue ich auf die Lays-Tüte, die mir unter die Nase gehalten wird. Sie riecht nach Barbecue, und Ryan weiß, dass es meine Lieblingssorte ist. »Danke, nein.«
Er beugt sich zu der Tasche zu seinen Füßen, raschelt laut und kümmert sich nicht darum, dass die Leute uns anstarren. Dann lehnt er sich schnaufend wieder auf seinem Sitz zurück und hält mir eine Schachtel hin. »Kekse?«
»Nein, danke. Ich bin nicht hungrig.« Ich versuche, nicht wieder die Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen, aber es ist nicht leicht, seinen enttäuschten Gesichtsausdruck zu ignorieren. »Schau mich nicht so an. Die Regionalmeisterschaften stehen vor der Tür; ich darf nicht zunehmen.«
Ryan rutscht auf seinem Stuhl so weit hinunter, dass unsere Köpfe auf gleicher Höhe sind, und beugt sich zu mir herüber, damit wir mehr Privatsphäre haben. Sein Atem streicht über meine Haut, als er mit den Lippen ganz nah an mein Ohr kommt, und ich bekomme am ganzen Körper eine Gänsehaut.
»Als jemand, der dich öfter mal herumwirbelt, fühle ich mich qualifiziert, dir zu sagen: Wenn dieser Arsch nicht damit klarkommt, dass dein Gewicht um ein paar Kilos schwankt, was übrigens völlig normal ist, dann sollte er nicht dein Partner sein.«
»Dieses Gespräch führen wir nicht schon wieder, Ryan.«
»Sta…«, setzt er an, hält aber inne, als Direktor Skinner endlich aufs Podium geht und im Licht der Scheinwerfer die Augen zusammenkneift. Ryan setzt sich wieder gerade hin, legt die Hand auf meinen Oberschenkel und drückt ihn sanft. »Vielleicht brauchen wir später doch einen Baseballschläger.«
Alle zucken zusammen, als der schrille Pfeifton der Rückkoppelung des Mikrofons von den Wänden widerhallt. Skinner hat seinen Platz hinter dem Rednerpult eingenommen, es aber noch nicht geschafft, sich ein Lächeln abzuringen.
Seit ich an der UCMH angefangen habe, ist er deutlich gealtert. Früher sah er nahbar und interessiert aus, aber jetzt, mit der Geringschätzung, die er empfindet, und den tiefen Falten auf seiner Stirn, wirkt er völlig anders.
»Guten Tag, allerseits. Danke, dass Sie so kurzfristig Zeit gefunden haben hierherzukommen. Sicherlich fragen Sie sich, wieso Sie hier sind.«
Ich weiß nicht, wieso er so tut, als wäre die E-Mail nicht in Blockbuchstaben mit verpflichtend überschrieben gewesen.
Skinner zieht seine Anzugjacke aus, hängt sie über den Stuhl hinter ihm und dreht sich seufzend wieder zu uns um. Mit der Hand fährt er sich über das dünner werdende graue Haar, das in meinem ersten Studienjahr – das könnte ich schwören – noch dick und schwarz war.
»Bei Collegestudenten ist man auf gewisse Dinge gefasst. Es ist zu erwarten, dass es eine bestimmte Menge an Chaos geben wird, wenn Sie Ihr Leben als junge Erwachsene fern von zu Hause beginnen.« Wieder seufzt er, und seine Erschöpfung tritt deutlich zutage. »Fügt man dieser Mischung noch Profisport hinzu, verändert sich die Balance, weil Sie versuchen, Ihr Talent mit der authentischen Collegeerfahrung unter einen Hut zu bringen.«
Nun, dies ist herablassend. Es klingt, als hätte er sich diese kurze Rede von seiner Sekretärin schreiben lassen und sie dann ein paar Mal vor dem Spiegel geübt. Wäre Lo hier, hätte sie bestimmt eine Menge an seinem Auftritt auszusetzen.
»Einige von Ihnen haben die Collegeerfahrung ein bisschen zu sehr genossen.«
Jetzt geht’s los.
»In den fünf Jahren, seit ich Sportdirektor bin, habe ich es mit unzähligen vermeidbaren Situationen zu tun bekommen. Außer Kontrolle geratene Partys, Ausgaben für medizinische Behandlung, weil sich Studierende auf dem Campus rücksichtslos verhalten haben, mehr Streiche, als ich zählen kann, ungeplante Schwangerschaften, ein …«
Laut quietscht Michael Fletchers Stuhl über den Boden, als er aufspringt.
»Mr Fletcher, bitte setzen Sie sich.«
Fletcher ignoriert ihn und bückt sich stattdessen, um seine Tasche vom Boden aufzuheben. Er stampft Richtung Ausgang, stößt die beiden Türen schwungvoll auf und verlässt den Raum.
Ich kenne mich mit Football nicht sonderlich aus, aber alle sagen, Fletch sei der beste Linebacker, den es an diesem College je gegeben hat, und nach seinem Abschluss sei ihm ein Platz in der NFL quasi garantiert.
Wichtiger noch, er ist der unglaublich stolze Vater eines kleinen Mädchens, Diya, das er letztes Jahr mit seiner Freundin, Prishi, bekommen hat.
Prishi war mit mir im Eiskunstlaufteam, bevor sie zu Beginn des zweiten Studienjahrs schwanger wurde. Als ich sie fragte, ob sie zurückkommen würde, antwortete sie, ihre Blase sei, nachdem sie ein Viereinhalb-Kilo-Baby herausgepresst hätte, nicht mehr dieselbe, und sie habe keine Lust, vor Publikum aufs Eis zu pinkeln.
Sie leben zusammen mit ihren Freunden, und alle kümmern sich abwechselnd um das Baby, damit Fletch und Prishi ihre Seminare besuchen können. Dass Skinner sie als Beispiel in einer Standpauke über kriminelle studentische Machenschaften hernimmt, wirft kein gutes Licht auf ihn.
Zwanzig Minuten vergehen, und Skinner tobt noch immer vor sich hin. Ich lege den Kopf an Ryans Schulter, schließe die Augen und lasse mir von ihm einen Keks in die Hand drücken.
»Um es zusammenzufassen …«
Endlich.
»In Zukunft wird es null Toleranz gegenüber widerrechtlichem Missbrauch Ihres Status auf dem Campus geben.«
Ich habe das Gefühl, mir fehlen wichtige Teile des Puzzles – trotz seiner elendig langen und noch immer nicht beendeten Rede –, denn ich habe nicht die geringste Ahnung, was eigentlich zu diesem gemeinen Durcheinander in meinem Terminkalender geführt hat.
»Für die Seniors, die hoffen, am Ende in ein Profiteam wechseln zu können, wäre es klug, diese Botschaft ernst zu nehmen.«
Ryan schnaubt und schiebt sich einen weiteren Keks zwischen die Lippen. Als ich den Mund öffne, um zu fragen, was so lustig sei, schiebt er mir ebenfalls einen Keks hinein und grinst wie ein Blödmann, weil mir nichts anderes übrig bleibt, als ihn zu essen.
Skinner hat sich allmählich ausgetobt. Er stützt sich am Pult ab, und seine Schultern sacken herab. »Mir ist egal, wie viel Potenzial Sie haben. Wenn Sie sich nicht anpassen können, kommen Sie auf die Strafbank. Die Eiskunstlauf- und die Eishockeymannschaft bleiben hier, die anderen können gehen.«
Ryan schnappt sich seine Tasche, steht auf, streckt sich und gähnt übertrieben laut. »Ich warte draußen auf dich. Essen?«
Ich nicke und stelle mich auf die Zehenspitzen, um ihm mit dem Daumen einen Kekskrümel aus dem Mundwinkel wegzuwischen. »Hoffentlich dauert es nicht lange.«
Alle außer den etwa fünfzig von uns verlassen den Raum. Ironischerweise bestimmt fünfmal schneller als beim Reinkommen.
Brady und Faulkner, der Trainer der Eishockeymannschaft, gesellen sich zu Direktor Skinner auf das Podium. »Kommen Sie alle ein bisschen näher, ich habe dieses Mikrofon satt.«
Während wir alle wie gewünscht weiter nach vorne rücken, entdecke ich in der Menge einen genervt aussehenden Aaron und schlängle mich zu ihm durch.
»Alles okay?«, frage ich leise, während wir uns in die erste Reihe setzen.
»Ja.«
Man muss kein Genie sein, um zu merken, dass er keine gute Laune hat, aber es fühlt sich an, als wäre er auf mich sauer, nicht auf Skinner. »Sicher?«
Seine Lippen sind zu einer dünnen Linie zusammengekniffen, und er hat mich noch nicht angeschaut. »Ja.«
Skinner kommt hinter seinem Pult hervor, schiebt die Hände in die Taschen seiner Anzughose und lässt den Blick seiner müden, eingesunkenen Augen über die noch dagebliebenen Studierenden gleiten. »Ich mache es kurz. Laut einer Sache, die man nur als absolute Shit Show bezeichnen kann, bleibt Arena zwei auf nicht absehbare Zeit geschlossen.«
Oh, Himmel.
»Es wird gerade ermittelt, wie dieser enorme Schaden angerichtet wurde, außerdem wurde mir mitgeteilt, dass sich die Reparaturarbeiten länger hinziehen werden, weil einige Teile unserer Spezialanlage nicht lieferbar sind.«
Die Erkenntnis schwappt nicht nur über mich, sie ertränkt mich. Die Eishockeymannschaft ist dafür bekannt, dass sie rivalisierenden Mannschaften Ärger macht, aber normalerweise beharken sich die Spieler untereinander. Es sind vor allem verwöhnte reiche Jungs, die hier für die Profi-Teams ausgebildet werden, und ich würde wetten, dass einer von ihnen der Übeltäter ist.
»Für Sie bedeutet das«, fährt Skinner fort, »dass Sie sich bis zur Wiederherstellung eine Eissporthalle teilen müssen, und ich erwarte, dass Sie alle zusammenarbeiten, damit das funktioniert.«
Garantiert weiß Skinner, wie viele Fragen auf ihn zukommen, und er zeigt, wie wenig wir ihn interessieren, indem er sofort abtaucht. Er ist noch kaum vom Podium herunter, da stürme ich zu Coach Brady.
»Die Regionalmeisterschaften sind in fünf Wochen!«
»Ich kenne deinen Wettkampfkalender sehr gut, Anastasia«, erwidert Coach Brady genervt und winkt ein paar der Leute aus dem zweiten Studienjahr fort, die sich um uns scharen wollen, wo ich kurz vorm Nervenzusammenbruch stehe.
»Uns bleibt keine andere Wahl, es lohnt sich also nicht, sich deswegen aufzuregen.«
Ist das ihr Ernst? »Wie sollen wir uns qualifizieren, wenn wir nicht trainieren können?«
Drei Meter entfernt steht Faulkner und ist von seiner Mannschaft umzingelt. Vermutlich hat er mit den gleichen Bedenken zu kämpfen. Nicht, dass mich das interessiert – offenbar haben sie dieses Chaos verursacht, und wir sind diejenigen, die es jetzt ausbaden müssen.
Ich versuche, nicht zu überdramatisieren und mich in die Katastrophe hineinzusteigern. Ich konzentriere mich darauf, ein- und auszuatmen und nicht vor Fremden unkontrolliert rumzuheulen, während meine Mannschaftskollegen dieselben Bedenken äußern. Als ich den Blick Richtung Eishockeymannschaft wandern lasse, sind die meisten Spieler bereits gegangen. Einer von ihnen redet noch mit Faulkner, und er muss wohl spüren, dass ich ihn beobachte, denn er erwidert meinen Blick. Er hat einen seltsamen Gesichtsausdruck aufgesetzt, eine erzwungen mitleidige Grimasse, vermute ich.
Ehrlich gesagt, kann er sich sein gespieltes Mitgefühl in den Hintern schieben.
»Wir reden beim Training darüber, Stassie«, sagt Brady und schenkt mir ein seltenes – und fast schon freundliches – Lächeln. »Genießt einfach mal den Freitagabend. Ich sehe euch beide dann am Montag.«
Ich protestiere noch ein wenig, komme schließlich aber doch Bradys Bitte nach, sie in Ruhe zu lassen, und gehe zum Ausgang. Ich schleife selbstmitleidig hinter Aaron her, als ich jemanden »Hey« sagen höre und eine Hand auf meinem Bizeps landet.
Sie gehört Mr Mitgefühl, der noch immer – ihr habt es euch vermutlich gedacht – einen mitleidigen Schmollmund zieht. »Hör mal, tut mir leid. Ich weiß, das ist für uns alle echt scheiße. Ich tue, was ich kann, damit das alles so reibungslos läuft wie möglich.«
Er lässt meinen Arm los und tritt einen Schritt zurück, was mir Gelegenheit gibt, ihn zum ersten Mal aus der Nähe zu betrachten. Er ist mindestens dreißig Zentimeter größer als ich, hat breite Schultern und dicke Muskeln, um die sich die Ärmel seines Henley-T-Shirts spannen. Selbst unter dem Dreitagebart sind die Konturen seines kantigen Kinns deutlich zu erkennen. Ich versuche, mich gerade zu erinnern, ob er mir schon mal über den Weg gelaufen ist, als er erneut zu reden beginnt.
»Du bist vermutlich gestresst, ich weiß, aber wir machen heute Abend eine Party, falls du kommen willst.«
»Und du bist?«, frage ich und zwinge mich, meine Stimme ruhig klingen zu lassen. Ich kann das kurze Aufflammen von Befriedigung nicht unterdrücken, das ich verspüre, als seine Augenbrauen für den Bruchteil einer Sekunde in die Höhe schießen.
Genauso schnell hat er sich auch wieder gefangen, und seine dunkelbraunen Augen funkeln amüsiert. »Nate Hawkins. Ich bin Captain der Eishockeymannschaft.« Er hält mir die Hand hin, aber ich betrachte sie nur kurz, richte den Blick dann wieder auf sein Gesicht und verschränke die Arme vor der Brust.
»Hast du nicht zugehört? Laut Skinner sind die Partys Geschichte.«
Er zuckt mit den Schultern, hebt die Hand und kratzt sich unbeholfen am Nacken. »Die Leute werden trotzdem kommen, selbst wenn ich versuchen würde, sie davon abzuhalten. Weißt du – komm doch einfach, bring Freunde mit oder was auch immer. Es wäre gut, wenn wir uns alle vertragen könnten, und ich schwöre, wir haben guten Tequila. Hast du einen Namen?«
Ich weigere mich, mich von einem attraktiven Gesicht einlullen zu lassen. Nicht mal von einem mit kleinen Grübchen und hübschen Wangenknochen. Dies ist immer noch eine Katastrophe. »Triffst du oft Leute, die keinen Namen haben?«
Zu meiner Überraschung fängt er an zu lachen. Es ist ein lautes, herzhaftes Lachen, das mir die Röte in die Wangen treibt. »Okay, da hast du mich drangekriegt.«
Ein Arm legt sich um meine Schultern, und Nates Blick richtet sich auf jemanden hinter mir. Ich denke, es ist Ryan, stattdessen ist es Aaron. Ich winde mich aus seiner Umarmung, weil das genau die Sachen sind, weswegen die Leute glauben können, dass wir daten. Dabei würde ich eher meine Schlittschuhe essen.
»Kommst du?«, fährt mich Aaron an.
Ich nicke und werfe einen letzten Blick auf meinen neuen Eissportfreund. Er macht sich gar nicht erst die Mühe, sich Aaron vorzustellen, stattdessen formt er mit den Lippen: Denk an die Party.
Himmel, Lola wird begeistert sein von diesem ganzen Drama.
Die gesamte Eishockeymannschaft strömt durch die Tür und stürzt sich sofort auf den Schrank mit dem Alkohol.
Ich warte, bis Russ an mir vorbeikommt, und packe ihn am Arm. »Mein Zimmer. 3–9–9–3.«
Ihm fällt die Kinnlade hinunter, und er gibt ein nervöses Lachen von sich. »Du bist nicht mein Typ, Captain.«