ICF in der Pflege - Manuela Malek - E-Book

ICF in der Pflege E-Book

Manuela Malek

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Beschreibung

Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der WHO ist das weltweit anerkannte Rahmenkonzept für das Verständnis und die Dokumentation von Funktionsfähigkeit und Behinderung. Sie ergänzt das Konzept der ICD (Internationale Klassifikation der Krankheiten), mit der die medizinische Diagnose und Gesundheitsstörungen beschrieben werden. Erst durch das Einbeziehen der ICF gelingt es individuelle Therapie- oder Pflegekonzepte abzuleiten. In den deutschsprachigen Ländern findet die ICF zunehmende Verbreitung im Gesundheits- und Sozialwesen und wird dabei als gemeinsame interdisziplinäre Sprache angewendet. Da Pflege ein zentraler Bestandteil der sozialen Infrastruktur darstellt und Fachkräfte in den Pflegeberufen mit allen Akteur_innen im Gesundheits- und Sozialwesen kooperieren, ist die Kenntnis und praktische Anwendung der ICF in der Pflege unverzichtbar. Dieses Praxishandbuch: führt anschaulich in das biopsychosoziale Modell der ICF ein beschreibt die Komponenten der ICF, wie Körperfunktion, -struktur, Aktivität, Partizipation/Teilhabe sowie umwelt- und personenbezogene Faktoren setzt die dargestellten Inhalte praxisorientiert in Fallbeispielen um und zeigt Möglichkeiten der Pflegedokumentation auf bietet für Pflegefachpersonen eine praxisnahe und verständliche Anleitung für ein ICF-orientiertes Arbeiten stärkt den Professionalisierungsprozess in der Pflege und trägt dazu bei, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu verbessern kann in der Ausbildung und Praxis von Pflegefachpersonen genutzt werden.

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Manuela Malek,

Ingrid Nickel,

Andreas Seidel

ICF in der Pflege

Praxishandbuch zur Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) für Pflegefachpersonen

ICF in der Pflege

Manuela Malek, Ingrid Nickel, Andreas Seidel

Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Pflege:

André Fringer, Winterthur; Jürgen Osterbrink, Salzburg; Doris Schaeffer, Bielefeld; Christine Sowinski, Köln; Angelika Zegelin, Dortmund

Manuela Malek, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin, Pflegewissenschaftlerin (M. Sc.),

Universität Witten/Herdecke

Department für Pflegewissenschaft

Lehrstuhl für Pflegewissenschaft

Alfred-Herrhausen-Straße 50

58448 Witten

E-Mail: [email protected]

Ingrid Nickel, Krankenschwester, Palliative-Care-Fachkraft, Wundexpertin ICW

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Andreas Seidel, Professur für Sozialpädiatrie, ICF-Trainer

Hochschule Nordhausen

Weinberghof 4

99734 Nordhausen

E-Mail: [email protected]

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

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Hogrefe AG

Lektorat Pflege

z.Hd. Jürgen Georg

Länggass-Strasse 76

3012 Bern

Schweiz

Tel. +41 31 300 45 00

[email protected]

www.hogrefe.ch

Lektorat: Jürgen Georg, Martina Kasper, Sandro Bomio

Redaktionelle Bearbeitung: Thomas Sonntag

Herstellung: René Tschirren

Umschlagabbildung: Getty Images/hidesy

Umschlag: Claude Borer, Riehen

Satz: punktgenau, Bühl

Format: EPUB

1. Auflage 2023

© 2023 Hogrefe Verlag, Bern

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-96256-6)

(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-76256-2)

ISBN 978-3-456-86256-9

https://doi.org/10.1024/86256-000

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Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

Inhaltsverzeichnis

1 ICF-Klassifikation der WHO

1.1 Von der Diagnose zum Gesundheitszustand

1.1.1 Ethische Leitlinien der ICF

1.1.2 Wesentliche Inhalte und Begriffe der ICF

1.1.3 Komponenten der ICF

1.1.4 Modell der Funktionsfähigkeit und Behinderung

1.1.5 Zusammenfassung

1.2 Die Familie der WHO-Klassifikationen

1.2.1 ICD

1.2.2 ICF

1.2.3 ICHI

1.2.4 Zusammenfassung

1.3 Personzentrierung und Partizipationsorientierung

1.3.1 Zusammenfassung

1.4 Core Sets in der ICF

1.4.1 Was sind ICF Core Sets?

1.4.2 Wie sind die ICF Core Sets entstanden?

1.4.3 Zusammenfassung

1.4.4 Exkurs: Ausführliches Core Set Diabetes

1.5 Kodieren und Dokumentieren mit der ICF

1.5.1 Detaillierte Klassifikation und Kodierung

1.5.2 Kodierungen in der beruflichen Praxis

1.5.3 Dokumentieren mit der ICF

1.5.4 Zusammenfassung

1.6 ICF und interdisziplinäre Zusammenarbeit

2 ICF und Pflege

2.1 Klassifikationssysteme in der Pflege

2.1.1 Zweck und Anwendung

2.1.2 Die ICF für die Pflege

2.1.3 Zusammenfassung

2.2 Potenziale der ICF in der Pflege

2.2.1 Empowerment

2.2.2 Fähigkeitenorientierung, Partizipation und Inklusion

2.2.3 Professionalisierung durch Arbeiten auf Augenhöhe

2.2.4 Zusammenfassung

3 ICF als Rahmenmodell für den Pflegeprozess

3.1 Partizipation in der Pflege

3.1.1 Shared decision making

3.1.2 Zusammenfassung

3.2 Der Pflegeprozess

3.2.1 Zusammenfassung

4 Einsatz der ICF in der (Pflege-)Praxis

4.1 Einführung und Umsetzung

4.2 Herausforderungen und Chancen

4.3 Zusammenfassung

5 Fallbeispiele

5.1 Fallbeispiel „Amira, 1. Lebenstag“

5.2 Fallbeispiel „Jasmin, 7 Jahre“

5.3 Fallbeispiel „Laura, 17 Jahre“

5.4 Fallbeispiel „Frau Klein, 48 Jahre“

5.5 Fallbeispiel „Frau Meise, 57 Jahre“

5.6 Fallbeispiel „Frau Schwalbe, 72 Jahre“

5.7 Fallbeispiel „Herr Sommer, 74 Jahre“

5.8 Fallbeispiel „Herr Stolle, 81 Jahre“

5.9 Fallbeispiel „Herr Lennert, 84 Jahre“

5.10 Fallbeispiel „Frau Roth, 93 Jahre“

Literatur

Autor*innenverzeichnis

Sachwortverzeichnis

|7|1  ICF-Klassifikation der WHO

Die ICF ist wie die ICD Teil der WHO-Klassifikationsfamilie. Anders als bei der ICD, die auf die Klassifizierung von Gesundheitsproblemen (Krankheiten, Gesundheitsstörungen, Verletzungen usw.) fokussiert, werden bei der ICF Funktionsfähigkeit und Behinderung, verbunden mit einem Gesundheitsproblem, in den Blick genommen und klassifiziert. Unter Heranziehung des bio-psycho-sozialen Modells steht der Zusammenhang zwischen einem Gesundheitsproblem und seinen Auswirkungen auf das Leben des Menschen im Mittelpunkt. Die ICF wurde 2001 von der Weltgesundheitsorganisation verabschiedet.

1.1  Von der Diagnose zum Gesundheitszustand

Die Abkürzung ICF steht für International Classification of Functioning, Disability and Health – der Titel der deutschsprachigen Fassung lautet: Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. Die ICF gehört zur Familie der internationalen Klassifikationen, die von der Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (WHO) für die Anwendung auf verschiedene Aspekte der Gesundheit entwickelt worden sind. Sie bieten einen Rahmen für die Beschreibung eines breiten Spektrums von Informationen über gesundheitliche Themen und verwenden eine standardisierte Sprache, die die Kommunikation über Gesundheit und Gesundheitsversorgung weltweit in verschiedenen Disziplinen und Wissenschaften ermöglichen soll (DIMDI, 2005, S. 9; WHO, 2001, S. 3).

Aktuell gibt es in Deutschland noch zwei Versionen, eine für Erwachsene (ICF) und eine Version für Kinder und Jugendliche (ICF-CY; C steht dabei für children/Kinder und y für youth/Jugendliche) (WHO, 2007; Hollenweger, 2017). Die ICF-CY wurde in deutscher Sprache erstmals 2011 veröffentlicht. Im Jahr 2021 hat die WHO entschieden, beide Versionen der ICF (also die Version für Erwachsene und die für Kinder und Jugendliche) zusammenzuführen. Deshalb wird in diesem Buch im Weiteren der Begriff ICF für beide Versionen benutzt. Sobald die deutsche Übersetzung für die gemeinsame Version der ICF in Deutschland vorliegt, wird also nur noch eine ICF-Version für alle Menschen in der Praxis genutzt werden.

Mit der ICF soll der individuelle Gesundheitszustand als aktueller Gesundheitsstatus eines Menschen näher beschrieben werden. Eine solche Beschreibung soll ausdrücken, wie es einem Menschen mit einer Gesundheitsstörung im Alltag geht (als „Ist-Zustand“). Die alleinige Beschreibung durch eine Diagnose (z. B. Diabetes mellitus, Apoplex oder Depression) ist dafür nicht ausreichend, weil eine Diagnose allein nicht ausreichend beschreibt, ob und welche Unterstützungen (z. B. bei der Pflege) eine Person aktuell im Alltag benötigt. Für die Beschreibung des aktuellen Gesundheitsstatus einer |8|Person werden daher die Aktivitäten und die Teilhabe eines Menschen in Form von neun Lebensbereichen erfasst und zusätzlich bestimmte Kontextfaktoren (z. B. die materielle Umwelt, andere Menschen im Umfeld, Einstellungen anderer Menschen/der Gesellschaft) herangezogen. Die Klassifikation der ICF basiert auf einem bio-psycho-sozialen Modell. Das bedeutet, dass psychosoziale Faktoren ebenso und gleichberechtigt betrachtet werden wie biologisch-medizinische Aspekte, welche für die jeweilige Person von Bedeutung sind.

Die WHO stellt mit der ICF eine einfach zu lernende gemeinsame Sprache zur Verfügung mit dem Ziel, die Kommunikation zwischen verschiedenen Benutzergruppen (Menschen mit Beeinträchtigungen und Fachleute) zu verbessern. Die ICF ist universell anwendbar und kann auf alle Menschen bezogen werden, nicht nur auf Menschen mit Behinderungen (Mukaino et al., 2020; WHO, 2001, 2007).

Die Klassifikation der ICF wurde unter Mitwirkung von Fachleuten aus den Gesundheitswissenschaften, der Medizin, Pädagogik, Pflege, Philosophie, Politik, Sozialarbeit sowie aus therapeutischen Berufen und der Selbsthilfe in verschiedenen Arbeitsgruppen der WHO auf der ganzen Welt ausgearbeitet. Sie wird kontinuierlich weiterentwickelt. Die Konzeption der ICF gründet also auf einem „interdisziplinären Kompromiss“ für eine Beschreibung von Gesundheitszuständen, den Fachleute aus dem Gesundheits- und Sozialbereich (aus allen Kontinenten der Erde) vereinbart haben. Diese Klassifikation besitzt keine eigentliche wissenschaftlich-theoretische Grundlage, sondern ist das Ergebnis eines auf unterschiedlichen Erfahrungen beruhenden Aushandlungsprozesses.

Im Jahr 2001 wurde die ICF von den Mitgliedsstaaten der WHO verabschiedet. In Deutschland wurde die deutsche Übersetzung 2005 veröffentlicht. Seitdem wird die ICF in Deutschland praktisch genutzt, zunächst insbesondere in der Sozialmedizin, Rehabilitation und Frühförderung von Vorschulkindern. Für die Pflegewissenschaft finden sich erste Publikationen zum Thema ICF seit 2008 (Müller et al., 2008). Die ICF-CY als die Version für Kinder und Jugendliche wurde 2007 von der WHO verabschiedet. Sie liegt in der deutschen Übersetzung seit 2011 vor (Seidel & Schneider, 2021).

Bekannter als die ICF ist für Fachkräfte im Gesundheitswesen eine andere Klassifikation aus der WHO-Klassifikationsfamilie: die ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems bzw. Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme). Mit ihr werden Diagnosen wie z. B. Asthma, Diabetes oder Pneumonie beschrieben. Die ICD-Klassifikation ist die wesentliche Grundlage für die Abrechnung und Kostenerstattung im ambulanten (ärztliche, [psycho-]therapeutische Praxen) und stationären Sektor (Krankenhaus) in der deutschen Gesundheitsversorgung (WHO, 2011). Diagnosen werden mit der ICD standardisiert international dargestellt und beschreiben typische Befunde und Symptome von Krankheiten oder Störungen. Die ICD-Diagnosen haben für die klinische Arbeit (Medizin, Pflege, Therapie) sowie in der Forschung und Entwicklung von Behandlungsmethoden eine große Bedeutung. Aktuell ist in Deutschland die 10. Version der ICD in einer für Deutschland modifizierten Version als ICD-10-GM (German Modification) gültig. In Kürze erfolgt auch in Deutschland die Umstellung auf die Nachfolgerversion ICD-11, die bereits von der WHO verabschiedet wurde und am 1. Januar 2022 in Kraft trat. Die Einführung der ICD-11 zur Morbiditätskodierung wird aufgrund der hohen Integration der ICD im deutschen Gesundheitswesen und der damit verbundenen Komplexität noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen und kann auch die für die Mortalitätskodierung angedachte flexible Übergangszeit von fünf Jahren überschreiten. Sowohl für die Mortalitätskodierung als auch für die Morbiditätskodierung gilt, dass bis zu einer Einführung der ICD-11 im jeweiligen Anwendungsbereich die ICD-10 weiterhin die gültige amtliche Klassifikation für Deutschland bleibt – ICD-10-WHO für Mortalität und ICD-10-GM für Morbidität |9|(BfArM, 2022a). Die erste Version der ICD-11 in der deutschen Übersetzung kann seit Mai 2022 im Internet auf den Seiten des BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) eingesehen werden und befindet sich in einem bereits begonnenen Qualitätssicherungsprozess in Kooperation mit den wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften, der voraussichtlich noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird.

Die ICD-Diagnosen eines Menschen sagen allein aber nichts darüber aus, ob und inwieweit ein Mensch im Alltag relevante Beeinträchtigungen erlebt oder nicht und ob und, wenn ja, welche Pflegeleistungen notwendig sind. Wie es einer Person mit einer oder mehreren Diagnosen im Alltag geht – also wie gut ein Mensch im Alltag „funktioniert“ (Beschreibung der sogenannten Funktionsfähigkeit mithilfe der ICF) und ob ein Mensch im Alltag „behindert“ ist (mit Beeinträchtigungen von Aktivitäten und der Teilhabe) –, kann mit der ICF ergänzend beschrieben werden. Beide Klassifikationen, ICD und ICF, sind also komplementär und sollen gemeinsam benutzt werden, wenn Gesundheitsstörungen beschrieben werden (WHO, 2001, 2011).

Die Miteinbeziehung der ICF in die Pflegeperspektive kann für pflegebedürftige Menschen bedeutende Vorteile haben:

Der Fokus wird stärker auf die „ganzheitliche“ Funktionsfähigkeit (Stärken und Schwächen bzw. Ressourcen und Beeinträchtigungen) aus Sicht des betroffenen Menschen im Alltag gerichtet.

Die Betrachtung der Funktionsfähigkeit kann weniger stigmatisierend sein als der Fokus auf die Diagnose.

Die Funktionsfähigkeit eines Menschen ist abhängig von Umweltfaktoren und kann durch diese positiv beeinflusst werden. Die Umweltfaktoren werden als Förderfaktoren und Barrieren identifiziert.

Die ICF-Perspektive fördert den Austausch zwischen den Fachleuten und den Betroffenen (interdisziplinäre Zusammenarbeit).

Die Beschreibung des Gesundheitszustandes mit der ICF ist individuell, sodass sich individuelle teilhabeorientierte Ziele in der Pflege- und Therapieplanung ableiten lassen.

Die WHO verfolgt mit der Entwicklung der ICF-Klassifikation die Absicht, eine gemeinsame und disziplinübergreifende Sprache für die Beschreibung von Gesundheitszuständen zur Verfügung zu stellen, um die Kommunikation zwischen verschiedenen Benutzergruppen (Fachleute aus dem Gesundheits- und Sozialwesen sowie aus der Forschung und Menschen mit Beeinträchtigungen und deren Angehörige) zu verbessern (WHO, 2001). Dabei wird der Fokus bei der Beschreibung des Gesundheitszustandes einer Person auf die mögliche oder beeinträchtigte Aktivität sowie auf die Teilhabe (Partizipation) am Leben in der Gemeinschaft und auf mögliche Barrieren bzw. Förderfaktoren im Bereich der Kontextfaktoren gelegt.

In § 13 des neunten Sozialgesetzbuches (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen) ist ausgeführt, dass zur einheitlichen und überprüfbaren Ermittlung des individuellen Rehabilitationsbedarfs die Rehabilitationsträger systematische Arbeitsprozesse und standardisierte Arbeitsmittel (Instrumente) verwenden sollen. Diese Instrumente sollen eine individuelle und funktionsbezogene Bedarfsermittlung gewährleisten sowie die Dokumentation und Nachprüfbarkeit der Bedarfsermittlung sichern. Da Pflegeleistungen oft Bestandteil von Leistungen der Rehabilitationsträger sind (z. B. Krankenhaus oder stationäre Rehabilitation), ist die Pflege mit den Fachkräften, von denen sie erbracht wird, in diese Ermittlungen oft einbezogen.

Für Menschen mit Behinderungen und einem Pflegebedarf ist beispielsweise im Gesamt- oder Teilhabeplanverfahren oft eine Zusammenarbeit zwischen den Trägern der Eingliederungshilfe und der Pflegeversicherung notwendig. Ein Gesamtplanverfahren (nach § 117 SGB IX) wird ausgelöst, sobald ein Antrag auf Leistungen der Eingliederungshilfe gestellt wird. Wird ein weiterer Rehabilitationsträger |10|miteinbezogen, so wird von einem Teilhabeplan gesprochen. Die gesetzliche Pflegeversicherung (mit ihren Regelungen nach SGB XI) ist mit Zustimmung der Leistungsberechtigten in diese Verfahren einzubeziehen, sobald Anhaltspunkte für eine Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI bestehen. Ebenso soll der Träger der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII an diesem Verfahren beteiligt werden. Die Abgrenzung der Leistungen nach den einzelnen Sozialgesetzbüchern erfolgt dann anhand des Zwecks der Leistung.

Während Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung auf Hilfen im häuslichen Bereich abzielen (SGB XI; „Übernahme von Pflegeaktivitäten“), kommen Leistungen der Eingliederungshilfe bei darüber hinausgehenden Aktivitäten in Betracht (SGB IX; „Sozialpädagogische Befähigung von Klienten/Klientinnen“). Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen also Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Bereich, während es bei den Maßnahmen der Eingliederungshilfe um (die Erreichbarkeit der) Teilhabeziele von Klient*innen (mit eigener Befähigung unter sozialpädagogischer Anleitung) geht (§ 103 SGB IX).

Bei einer Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen (z. B. Unterstützung bei der Grundpflege, Hilfe bei der Nahrungsaufnahme, hauswirtschaftliche Versorgung) werden die Dienstleistungen eines Pflegedienstes in Anspruch genommen. Aktuell steht in Deutschland anspruchsberechtigten Personen dabei mehr als das Doppelte des Pflegegeldes zur Verfügung (Beispiel für Pflegegrad 3 [2022]: 1363 vs. 545 Euro). Die Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen wird somit „attraktiv“ gemacht; die Leistungen können auch kombiniert werden.

1.1.1  Ethische Leitlinien der ICF

Klassifikationen und wissenschaftliche Werkzeuge wie die ICF können falsch gebraucht oder missbraucht werden. Aus diesem Grund hat die WHO ethische Leitlinien für die Anwendung der ICF in der Praxis formuliert. Die wesentlichen Inhalte der ethischen Leitlinien beziehen sich auf folgende Aspekte:

Respektieren der Autonomie des Menschen

Vertraulichkeit

Einwilligung, Einbeziehung und Kooperation der Person, deren Gesundheitszustand oder Funktionsfähigkeit mit der ICF beschrieben und klassifiziert werden soll.

Die WHO betont, dass die ICF und alle aus ihrer Verwendung abgeleiteten Informationen nicht dazu benutzt werden dürfen, vorhandene Rechte oder anderweitige rechtmäßige Ansprüche zum Nutzen anderer Individuen oder Gruppen einzuschränken (WHO, 2001).

1.1.2  Wesentliche Inhalte und Begriffe der ICF

Die Ziele und Begründungen der WHO für die Entwicklung der ICF beruhen nicht nur auf medizinischen, sondern auch auf praktischen, gesundheitswissenschaftlichen und philosophischen Überlegungen. Folgende Ziele werden von der WHO benannt (DIMDI, 2005, S. 11):

Die ICF liefert eine wissenschaftliche Grundlage für das Verstehen und das Studium von Gesundheitszuständen.

Die ICF stellt eine gemeinsame Sprache für die Beschreibung von Gesundheitszuständen zur Verfügung, um die Kommunikation zwischen Fachleuten im Gesundheits- und Sozialwesen sowie den Menschen mit Beeinträchtigungen ihrer Funktionsfähigkeit zu verbessern.

Die ICF ermöglicht Datenvergleiche zwischen Ländern, Disziplinen im Gesundheitswesen, Gesundheitsdiensten sowie im Zeitverlauf.

Die ICF stellt ein systematisches Verschlüsselungssystem für Gesundheitsinformationssysteme bereit.

Die ICF klassifiziert dabei nicht Personen, sondern soll für eine Beschreibung von Gesund|11|heitszuständen benutzt werden (Funktionsfähigkeit und ihre Beeinträchtigungen bei Menschen). Sie kann also nicht zum Generieren von (Pflege-)Diagnosen genutzt werden. Ebenso ist die ICF nicht als Assessmentinstrument (in der Pflege) nutzbar, jedoch können ICF-orientierte Assessmentverfahren aus ihr abgeleitet werden. Die ICF ist universell anwendbar und dient als Organisationsrahmen für die Beschreibung des aktuellen Gesundheitszustands. Sie umfasst dabei alle Aspekte der menschlichen Gesundheit und beschreibt diese in Form von Gesundheitsdomänen und mit der Gesundheit zusammenhängende Domänen. Beispiele für Gesundheitsdomänen sind Sehen, Hören, Gehen, Lernen oder Sich-Erinnern; solche für mit Gesundheit zusammenhängende Domänen sind Transport, Bildung/Ausbildung oder soziale Interaktionen (WHO, 2001, 2007).

Abbildung 1-1 zeigt das bio-psycho-soziale Modell der ICF. Die wichtigsten Begriffe der ICF-Klassifikation („Vokabeln der ICF-Sprache“) sind in Tabelle 1-1 beschrieben. Diese Definitionen sind von allen, die die ICF anwenden, zu benutzen, um die „ICF-Sprache“ verstehen und sprechen zu können. In der dritten Spalte der Tabelle sind Fragen formuliert, die helfen, nach den Inhalten der ICF-Komponenten praxisorientiert zu fragen (Seidel & Schneider, 2021).

Abbildung 1-1:  Bio-psycho-soziales Modell der ICF – die Wechselwirkungen zwischen den Komponenten werden durch die Doppelpfeile dargestellt aus „ICF: Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit,“ von DIMDI (Hrsg.), 2005, Med. Medien-Informations-GmbH, S. 23.

1.1.3  Komponenten der ICF

Die ICF strukturiert Informationen durch eine Gliederung in zwei Teile (Tab. 1-2). Der eine Teil befasst sich mit Funktionsfähigkeit und Behinderung, der andere Teil umfasst die Kontextfaktoren (Umweltfaktoren und personbezogene Faktoren) (DIMDI, 2005).

Funktionsfähigkeit und Behinderung

Zur Funktionsfähigkeit und Behinderung (Teil 1 der ICF) gehören die Komponenten „Körperfunktionen“, „Körperstrukturen“ sowie „Aktivitäten und Partizipation“ (für Partizipation wird in der deutschen Übersetzung der ICF der Begriff Teilhabe synonym benutzt) (WHO, 2001, 2007). Körperfunktionen sind die physiologischen Funktionen von Körpersystemen. Körperstrukturen sind anatomische Teile des Körpers, wie Organe, Gliedmaßen und ihre Bestandteile. Beide Komponenten werden jeweils in Form von Kapiteln weiter aufgegliedert, um sie differenzierter darstellen zu können (Tab. 1-3). Schädigungen sind Beeinträchtigungen einer Körperfunktion (z. B. Schlaffunktion oder Verdauungsfunktion) oder einer Körperstruktur, z. B. eine wesentliche (anatomische) Abweichung oder ein Verlust (z. B. eine sichtbare Schädigung des Unterschenkels).

|12|Tabelle 1-1:  Definitionen der Komponenten in der ICF und wie nach den Inhalten gefragt werden kann (Quelle: „Praxishandbuch ICF-orientierte Bedarfsermittlung (2. Aufl.),“ von A. Seidel & S. Schneider, 2021, Beltz Juventa, S. 12)

Komponente

Definition

Frage nach dem Inhalt

Körperfunktionen (body functions)

… sind die physiologischen Funktionen von Körpersystemen (einschließlich der psychologischen Funktionen)

Funktioniert alles (das jeweilige Organsystem) wie erwartet?

Körperstrukturen (body structures)

… sind anatomische Teile des Körpers, wie Organe, Gliedmaßen und ihre Bestandteile

Sieht alles (außen und im Körper) so aus wie erwartet?

Aktivität (life domain)

… ist die Durchführung einer Aufgabe oder Handlung durch einen Menschen

Kann der Mensch alleine das tun, was er möchte?

Partizipation/Teilhabe (life domain)

… ist das Einbezogensein in eine Lebenssituation

Kann der Mensch mit anderen das tun, was er möchte?

Umweltfaktoren (environmental factors)

… bilden die materielle, soziale und einstellungsbezogene Umwelt ab, in der Menschen leben und ihr Dasein entfalten

Was oder wer hilft dem Menschen (Förderfaktor), was oder wer behindert den Menschen (Barriere)?

Personbezogene Faktoren

… beschreiben die Attribute und Eigenschaften einer Person, die nicht ein relevanter Teil des Gesundheitszustands sind

Wie kann der Mensch näher beschrieben werden?

Für die Gliederung der beiden Komponenten in jeweils acht Kapitel gibt es keine logische oder wissenschaftliche Erklärung. Wie bereits oben angemerkt wurde, ist die ICF-Klassifikation das Ergebnis eines interdisziplinären Diskussionsprozesses in mehreren Arbeitsgruppen der WHO. Hier wurde entschieden, als Gliederungskriterium für beide Komponenten Körpersysteme heranzuziehen (DIMDI, 2005, S. 18).

Als Aktivität wird die Durchführung einer Aufgabe oder Handlung durch einen Menschen, also das, „was ein Mensch alleine macht“, bezeichnet. Als Beispiel sei hier das Lesen und Verstehen von Texten, der Umgang mit Stress, der Gang zur Toilette oder die Körperhygiene genannt. Partizipation oder Teilhabe beschreibt das Einbezogensein in eine Lebenssituation, also das, „was ein Mensch mit einem oder mehreren Menschen gemeinsam tut“. Beispiele hierfür sind der gemeinsame Kindergarten- oder Schulbesuch oder das Unternehmen von Freizeitaktivitäten mit Freunden (z. B. ins Theater oder Kino gehen). Die Klassifikation der Komponente „Aktivitäten und Partizipation (Teilhabe)“ erfolgt in neun Kapiteln oder Lebensbereichen (Tab. 1-4). Beeinträchtigungen einer Aktivität sind Schwierigkeiten, die ein Mensch bei der Durchführung der Aktivität haben kann (z. B. beim Verstehen von Texten oder bei der Durchführung der eigenen Körperpflege). Beeinträchtigungen der Partizipation (bzw. der Teilhabe) sind Probleme, die ein Mensch beim Einbezogensein in eine Lebenssituation erlebt (z. B. beim Kommunizieren oder in der Beziehungsgestaltung mit anderen Menschen, in der Schule oder am Arbeitsplatz). Die verschiedenen Lebensbereiche (Domänen) der Komponente Aktivitäten und Partizipation sind in einer einzigen Liste enthalten, die alle neun Lebensbereiche umfasst (WHO, 2001, 2007).

Aktivitäten und Partizipation werden in der ICF durch die Beurteilungsmerkmale für Leistung (Performanz oder engl. performance) und für Leistungsfähigkeit (Kapazität oder engl. ca|13|pacity) näher bestimmt. Das Beurteilungsmerkmal für Leistung beschreibt, was ein Mensch aktuell in seiner tatsächlichen Umwelt tut oder tun kann. Diese Leistung ist somit durch den sozialen Kontext (andere Menschen, Gesellschaft) und andere Umweltfaktoren (z. B. Hilfsmittel, Medikamente, bauliches Umfeld) mitbestimmt. Das Beurteilungsmerkmal der Leistungsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit eines Menschen, eine Aufgabe oder eine Handlung „in einer standardisierten Umwelt“ durchzuführen, um dabei das höchstmögliche Niveau der Funktionsfähigkeit zu beschreiben. Hier ist also abstrakt zu überlegen und zu fragen: Was könnte erreicht werden, wenn z. B. Kontextfaktoren (z. B. Bereitstellung von Unterstützung oder Hilfsmitteln) verändert würden? Die Beurteilungsmerkmale der Leistungsfähigkeit und Leistung können sowohl unter Berücksichtigung von personeller Assistenz oder Hilfsmitteln als auch ohne deren Berücksichtigung verwendet werden. Für eine Beschreibung des Gesundheitszustandes und der Hilfeplanung (Pflege, Therapie, Teilhabeplanung) müssen Fachkräfte immer beide Konzepte (also die aktuelle Leistung und die Leistungsfähigkeit) bedenken unter Einbeziehung der anderen Komponenten der ICF (Schuntermann, 2009; Seidel, 2015).

Tabelle 1-2:  Überblick über die ICF (Quelle: „ICF: Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit,“ von DIMDI (Hrsg.), 2005, Med. Medien-Informations-GmbH, S. 17.)

Teil 1: Funktionsfähigkeit und Behinderung

Teil 2: Kontextfaktoren

Komponenten

Körperfunktionen und Körperstrukturen

Aktivitäten und Partizipation (Teilhabe)

Umweltfaktoren

Personbezogene Faktoren

Domänen

Körperfunktionen, Körperstrukturen

Lebensbereiche (Aufgaben, Handlungen)

Äußere Einflüsse auf Funktionsfähigkeit und Behinderung

Innere Einflüsse auf Funktionsfähigkeit und Behinderung

Konstrukte

Veränderung in Körperfunktionen (physiologisch)

Veränderung in Körperstrukturen (anatomisch)

Leistungsfähigkeit (Kapazität)

Leistung (Performanz)

Fördernde oder beeinträchtigende Einflüsse von Merkmalen der materiellen, sozialen und einstellungsbezogenen Welt

Einflüsse von Merkmalen der Person

Positiver Aspekt

Funktionale und strukturelle Integrität

Aktivitäten

Partizipation (Teilhabe)

Förderfaktoren (positiv wirkende Faktoren)

Nicht anwendbar

Funktionsfähigkeit

Negativer Aspekt

Schädigung

Beeinträchtigung der Aktivität

Beeinträchtigung der Partizipation (Teilhabe)

Barrieren (negativ wirkende Faktoren)

Nicht anwendbar

Behinderung

|14|Tabelle 1-3:  Übersicht über die Kapitelüberschriften der Komponenten „Körperfunktionen“ und „Körperstrukturen“ (Quelle: „ICF: Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit,“ von DIMDI (Hrsg.), 2005, Med. Medien-Informations-GmbH, S. 32.)

Komponente „Körperfunktionen“ (body functions)

Kapitel

Komponente „Körperstrukturen“ (body structures)

Mentale Funktionen

1

Strukturen des Nervensystems

Sinnesfunktionen und Schmerz

2

Das Auge, das Ohr und mit diesen in Zusammenhang stehende Strukturen

Stimm- und Sprechfunktionen

3

Strukturen, die an der Stimme und dem Sprechen beteiligt sind

Funktionen des kardiovaskulären, hämatologischen, Immun- und Atmungssystems

4

Strukturen des kardiovaskulären, des Immun- und des Atmungssystems

Funktionen des Verdauungs-, des Stoffwechsel- und des endokrinen Systems

5

Mit dem Verdauungs-, Stoffwechsel- und endokrinen System in Zusammenhang stehende Strukturen

Funktionen des Urogenital- und reproduktiven Systems

6

Mit dem Urogenital- und dem Reproduktionssystem in Zusammenhang stehende Strukturen

Neuromuskuloskeletale und bewegungsbezogene Funktionen

7

Mit der Bewegung in Zusammenhang stehende Strukturen

Funktionen der Haut und der Hautanhangsgebilde

8

Strukturen der Haut und der Hautanhangsgebilde

Tabelle 1-4:  Die neun Kapitel (Lebensbereiche) der Komponente Aktivitäten und Teilhabe (Partizipation) (Quelle: „ICF: Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit,“ von DIMDI (Hrsg.), 2005, Med. Medien-Informations-GmbH, S. 33.)

Kapitel

Komponente „Aktivität und Teilhabe/Partizipation“ als Lebensbereiche (life domains)

1

Lernen und Wissensanwendung

2

Allgemeine Aufgaben und Anforderungen

3

Kommunikation

4

Mobilität

5

Selbstversorgung

6

Häusliches Leben

7

Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen

8

Bedeutende Lebensbereiche

9

Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben

Die neun Lebensbereiche sind für die Beschreibung der Funktionsfähigkeit oder einer (drohenden) Behinderung von entscheidender Bedeutung. Der deutsche Behinderungsbegriff des § 2 Absatz 1 SGB IX setzt dabei zwingend eine Teilhabebeeinträchtigung am gleichberechtigten Leben in der Gesellschaft voraus. Da der Behinderungsbegriff auf der ICF fußt, bestimmt sich auch das Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung nach der ICF (als Beeinträchtigung in den neun Lebensbereichen) (Schaumberg & Seidel, 2017a, 2017b). Mit dem Konzept der neun Lebensbereiche können alle uneinge|15|schränkten und beeinträchtigten Aktivitäten und die Partizipation (im Sinne der ICF) eines Menschen beschrieben werden. Zur Bestimmung einer Beeinträchtigung von Aktivitäten oder der Teilhabe müssen daher die Wechselwirkungen im bio-psycho-sozialen Modell berücksichtigt und analysiert werden. Hierzu finden Sie in Kapitel 5 für jede Kasuistik entsprechende Beispiele. Ausschlaggebend für die Beurteilung, ob eine Teilhabebeeinträchtigung vorliegt oder nicht, sind also die neun Lebensbereiche der ICF (Schaumberg & Seidel, 2017a, 2017b).

Tabelle 1-5:  Kapitelübersicht über die Klassifikation der Komponente Umweltfaktoren (Quelle: „ICF: Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit,“ von DIMDI (Hrsg.), 2005, Med. Medien-Informations-GmbH, S. 33.)

Kapitel

Komponente „Umweltfaktoren“ (environmental factors)

1

Produkte und Technologien

2

Natürliche und vom Menschen veränderte Umwelt

3

Unterstützung und Beziehungen

4

Einstellungen

5

Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze

Kontextfaktoren

Zu den Kontextfaktoren zählen in der ICF die Umweltfaktoren sowie die personbezogenen Faktoren