24,99 €
Der berühmteste Reisebericht aller Zeiten in einer prachtvollen Schmuckausgabe zum 700-Jahr-Jubiläum
Jubiläumsedition zum Marco-Polo-Jahr 2024, in dem sich der Todestag des Autors zum 700. Mal jährt
«Ein Glücksfall in mehr als zweihundertdreißig meist kurzen Kapiteln, eine Schatzkammer aus dem späten Mittelalter.» Tilman Spengler
Dieses unerhört lebenspralle Buch stammt aus einer Epoche, als die Welt noch voller Wunder war. Und von diesen Wundern, die dem Abenteurer Marco Polo auf seiner Asienreise entlang der Seidenstraße begegnen, berichtet er seinen Zeitgenossen in Europa in enthusiastischer Fülle und Detailverliebtheit. So entsteht Seite um Seite ein Kultur- und Sittenbild der bereisten Städte und Reiche, die so klangvolle Namen tragen wie Catai, Sapurgan, Balc, Sindufu, Quardandan, Mien oder Bangala. Ob sagenhaft mächtige Herrscher, würdevolle Tempeltänzerinnen, stolze Palastanlagen, kostbare Geschmeide und Gerätschaften, üppig geschmückte Bogen, Köcher, Sättel und Zaumzeug, nie gesehene exotische Tiere oder heidnische Gebräuche, Marco Polos legendäres Weltbuch strotzt nur so von fantastischen Reiseeindrücken, Anekdoten und Kuriositäten. Und als Handelsreisender hat er auch ein Auge für das Postwesen, den Geldverkehr, die Organisation des öffentlichen Lebens bei Tataren, Mongolen und Chinesen.
Tilman Spengler nennt Marco Polos Reisebericht in seinem Nachwort einen «Glücksfall in mehr als zweihundertdreißig meist kurzen Kapiteln, von mal abenteuerlichen, mal auch nur den Kaufmann bewegenden Vorfällen und Gegebenheiten, ein literarisches Kabinett, eine Schatzkammer aus dem späten Mittelalter». Die vorliegende deutsche Version, kundig übersetzt aus den ältesten erhaltenen Quellen, aus dem Altfranzösischen und Lateinischen (der genuesische Urtext ist verschollen), versehen mit einem exklusiven Kommentar und vielen zweckdienlichen Erläuterungen, wird als Jubiläumsedition besonders prachtvoll gesetzt und ausgestattet – ein Muss nicht nur für alle Fernreisenden.
Das Einbandmotiv und die Farbtafeln aus dem Innenteil der Manesse-Jubiläumsausgabe stammen aus dem mittelalterlichen Codex Bodley 264. In Jehan de Grises historischen Miniaturen mit grandioser Farbpalette offenbart sich ein detailgenaues und vielfältiges Abbild der «Wunder der Welt».
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 620
MARCO POLO
RUSTICHELLO DA PISA
IL MILIONE
DIE WUNDER DER WELT
Aus altfranzösischen und lateinischen Quellen übersetzt von Elise Guignard
Ergänzend kommentiert und neu eingerichtet von Horst Lauinger
Nachwort von Tilman Spengler
Mit sechzehn Farbtafeln
Von diesem Buch erscheinen anlässlich des 700-Jahr-Jubiläums 2024 neben der Buchhandelsausgabe zwanzig Vorzugsexemplarehors commerce, von I bis XX nummeriert.
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.
Copyright @ 2023 by Manesse Verlag
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Diese Buchausgabe wurde von Katja von Ruville in Frankfurt gestaltet.
Das Cover gestaltete das Favoritbüro, München, unter Verwendung einer Miniatur aus dem Oxforder Codex Bodley 264 (Summary Catalogue no. 2464, Folio no. 218): Blick auf Venedig mit Markusdom und Dogenpalast; im Vordergrund ferne Länder, Einschiffung zweier Reisender. Covermotiv: The Bodleian Libraries, University of Oxford.
E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-641-30724-0V002
www.manesse-verlag.de
I EINFÜHRUNG IN DAS BUCH «DIE BESCHREIBUNG DER WELT» «DIE WUNDER DER WELT»
Kaiser, Könige und Fürsten, Ritter und Bürger – und ihr alle, ihr Wissbegierigen, die ihr die verschiedenen Arten von Menschen und die Mannigfaltigkeit der Länder dieser Welt kennenlernen wollt –, nehmt dies Buch und lasst es euch vorlesen. Merkwürdiges und Wunderbares findet ihr darin, und ihr werdet erfahren, wie sich Groß-Armenien 1, Persien, die Tatarei, Indien 2 und viele andere Reiche voneinander unterscheiden. Dieses Buch wird euch genau darüber unterrichten; denn Messer Marco Polo 3, ein gebildeter edler Bürger aus Venedig, erzählt hier, was er mit eigenen Augen gesehen hat.
Es gibt allerdings Einzelnes, das er nicht gesehen, jedoch von vertrauenswürdigen Leuten vernommen hat. Es wird daher Selbsterlebtes vom bloß Gehörten getrennt, auf dass unser Buch ein richtiges, ein wahrheitsgetreues und kein Fabelbuch sei.
Jeder Leser und jeder Zuhörer darf Vertrauen haben: Das Buch handelt nur von wahren Begebenheiten. Denn ihr müsst wissen, seit der Erschaffung unseres Urvaters Adam gab es keinen Christen, keinen Heiden, weder einen Tataren 4 noch einen Inder, keinen einzigen Menschen irgendwelcher Herkunft, der so viel wusste und erforschte und der über eine solche Fülle von Merkwürdigkeiten Bescheid weiß wie Messer Marco Polo allein.
Aus diesem Grunde war er selbst der Meinung, es wäre unverzeihlich, wenn er nicht die fantastischen Erlebnisse – seine eigenen und die glaubwürdig erzählten – schriftlich festhalte, damit durch dieses Buch jeder Unkundige daran teilnehmen könne. Und jetzt möchte ich euch noch sagen, dass sich Marco Polo gute sechsundzwanzig Jahre in jenen fremden Ländern aufgehalten und dort seine Kenntnisse erworben hat.
Später, im Jahre 1298 nach Christi Geburt, als er zusammen mit Messer Rustichello da Pisa 5 im selben Gefängnis zu Genua saß, bat er diesen, alles aufzuschreiben, was er ihm erzähle. [Er mochte die Zeit nicht müßig verstreichen lassen, er wollte sich trösten mit dem Sammeln seiner Erinnerungen. Er selbst hatte nämlich nur wenig aufgeschrieben, sodass er sich ganz auf sein Gedächtnis verlassen musste.] 6
Es steht fest, dass im Jahre 1250 nach Christi Geburt, als Balduin 7 Kaiser von Konstantinopel war, Marcos Vater, Messer Nicolao Polo 8, und sein Bruder Messer Maffeo Polo 9 aus Venedig sich in Konstantinopel aufhielten. Die beiden waren edle, redliche und weitsichtige Kaufherren. Im Gedanken an gewinnbringenden Handel entschlossen sie sich, das Schwarze Meer zu überqueren. Sie kauften viele Schmuckstücke, schifften sich in Konstantinopel ein und fuhren nach Soldadie 10.
Während des Aufenthaltes in Soldadie überlegten sie sich die Weiterreise. Es gibt da nicht viel zu sagen. Sie machten sich auf den Weg; sie ritten und ritten immerzu, nichts Nennenswertes ereignete sich, bis sie in das Gebiet Barca 11 Khans kamen. Barca, Herrscher über ein tatarisches Teilreich, hielt sich damals zeitweise in Bolgara 12 und zeitweise in Sara 13 auf. Barca war höchst erfreut über die Ankunft von Messer Nicolao und Maffeo und empfing sie ehrenvoll. Die beiden Brüder schenkten ihm alle Kleinodien, die sie bei sich hatten. Barca nahm sie gerne an, sie gefielen ihm außerordentlich, und als Gegengeschenk gab er ihnen das Doppelte an Wert. Er schickte sie hierhin und dorthin in seinem Reich, wo sie überall in guten Händen waren.
Ein Jahr schon weilten die Brüder in Barcas Land, da brach der Krieg aus zwischen Barca und Alau 14, dem Herrn über die Osttataren 15. Es kam zur Schlacht. Die Kämpfe forderten viele Tote auf beiden Seiten, zuletzt aber siegte Alau. Während der Kriegswirren waren die Wege unsicher, und jedermann musste damit rechnen, gefangen genommen zu werden. Die Gefechte fanden just in jenem Gebiet statt, das die zwei Brüder auf ihrer Herreise durchquert hatten; es war aber gut möglich, die entgegengesetzte Richtung einzuschlagen. Die beiden sagten sich deshalb: «Da wir mit unserer Ware nicht nach Konstantinopel zurückkehren können, nehmen wir die Ostroute, so gelangen wir auf Umwegen heim.» Sie rüsteten sich zur Reise, verabschiedeten sich von Barca und gingen nach Oucaca 16, einer Stadt an der Grenze des Westreiches. Nach ihrer Etappe in Oucaca zogen sie weiter, überquerten den Tigris 17 und ritten siebzehn Tage durch die Wüste. Sie fanden keine Stadt und keine Burg, nur Tataren trafen sie, die in Zelten wohnten und sich von ihren Tieren ernährten.
Nach der Durchquerung der Wüste erreichten sie Bucara 18, eine sehr schöne, große Stadt. Sie liegt in einer Provinz gleichen Namens, ihr Herr heißt Barac 19. Diese Stadt ist die prächtigste ganz Persiens. Drei Jahre blieben die Brüder 20 dort; denn es war unmöglich, in dieser oder jener Richtung weiterzureisen.
Während ihres Aufenthaltes traf ein Abgesandter von Alau, dem Herrn über das Ostreich, ein. Er war auf der Durchreise zu Kublai 21, dem Obersten Herrscher aller Tataren [der weit weg im Nordosten residierte]. Der Gesandte war höchst erstaunt, Messer Nicolao und Messer Maffeo zu begegnen, da er noch nie einen Lateiner 22 in dieser Gegend getroffen hatte. Er sagte zu den beiden Brüdern: «Ihr Herren, wenn ihr mir Vertrauen schenkt, werden euch daraus Vorteil und Ehre erwachsen.» Die Brüder antworten, sie würden gerne seine Vorschläge hören und, falls es ihnen möglich wäre, auch darauf eingehen. Da erklärt ihnen der Botschafter: «Meine Herren, der Oberste Herrscher der Tataren hat noch nie einen Lateiner gesehen; die Zusammenkunft mit einem Lateiner ist sein sehnlicher Wunsch. Daher kann ich euch versichern, dass er sich sehr freuen wird, wenn ihr mit mir zusammen an seinen Hof kommt. Er wird euch ehrenvoll empfangen. In meiner Begleitung reist ihr sicher und unbehelligt.»
Die Brüder waren einverstanden mit dem Vorschlag des Gesandten. Sie brachen sogleich auf und reisten mit ihm zusammen in nordwestlicher Richtung. Ein Jahr lang waren sie unterwegs.
Es wäre darüber viel zu berichten, doch Messer Marco, Messer Nicolaos Sohn, der diese Route auch kennt, wird in diesem Buche ausführlich davon erzählen.
Hocherfreut empfing der Oberste Herrscher Messer Nicolao und Messer Maffeo und begrüßte sie herzlich. Er wollte allerhand von ihnen wissen: Erstens bat er um Auskunft über die Kaiser, nach welchen Grundsätzen sie regierten, wie sie Krieg führten; er interessierte sich für alles, was ihre Person und ihr Amt betrifft. Anschließend erkundigte er sich über Könige, Prinzen und andere Fürsten.
Der Khan fragte die Polo aus über den Papst, über die Institutionen der Römischen Kirche und über die Sitten und Lebensgewohnheiten der Lateiner. Beide, Messer Nicolao und Messer Maffeo, beantworteten alles wahrheitsgemäß. Sie drückten sich klar und verständlich aus, denn sie waren kluge Männer und sprachen geläufig Tatarisch.
Als der Oberste Herrscher, genannt Kublai Khan, der über alle Tataren der Welt, der über alle Provinzen, Königreiche und Regionen des riesigen Erdteils regiert, von den Brüdern so vieles ausführlich vernommen hatte, begehrte er noch mehr über die Christenheit zu erfahren. Er beschloss daher, eine Gesandtschaft zum Papst zu schicken. Er bat die zwei Brüder, zusammen mit einem seiner Barone die Vermittlungsaufgabe zu übernehmen. Die Brüder erwiderten, sie seien seine Diener, und gehorchten seinem Befehl. Nun berief der Oberste Herrscher einen Baron namens Cogatal zu sich und eröffnete ihm, es sei sein Wille, dass er mit den beiden Lateinern zum Papst reise. «Mein Herr», antwortete dieser, «ich bin Euer Diener, ich gehorche Eurem Befehl, wie es in meinen Kräften steht.» Darauf lässt der Oberste Herrscher für den Papst ein Schriftstück in türkischer Sprache aufsetzen, übergibt es den Brüdern und dem Baron und legt ihnen dar, was sie in seinem Namen dem Papste mitteilen sollen.
Und jetzt vernehmt, was das Schriftstück enthielt und was die Gesandtschaft auszurichten hatte: Der Großkhan bittet den Papst, er möge ihm etwa hundert christliche Gelehrte schicken, die die Sieben Freien Künste 23 beherrschen und fähig seien, gut zu disputieren. Sie sollten die Heiden und die Götzenanbeter jeder Richtung über die christliche Lehre aufklären und ihnen beweisen, dass die Götzenbilder, die sie in ihren Häusern aufstellen und verehren, Werke des Teufels seien. Die Geistlichen sollten imstande sein, die Überlegenheit der christlichen Religion eindeutig zu begründen. Des Weiteren beauftragte der Oberste Herrscher die zwei Polo, ihm Öl zu bringen von der Lampe, die auf dem Grabe des Herrn in Jerusalem brennt.
Nun kennt ihr die Mission an den Papst, mit der der Großkhan die beiden Brüder betraut hat.
Nachdem der Oberste Herrscher den beiden Brüdern und dem Baron seine Botschaft an den Papst aufgetragen hatte, befahl er, ihnen ein Goldtäfelchen 24 zu geben, worauf vermerkt war, dass jedermann überall verpflichtet sei, die drei Abgesandten zu beherbergen und ihnen Pferde und Begleiter zur Verfügung zu stellen für ihre Reise von Provinz zu Provinz. Als Messer Nicolao, Messer Maffeo und der Botschafter mit allem Notwendigen aufs Beste ausgerüstet waren, verabschiedeten sie sich vom Obersten Herrscher, stiegen zu Pferde und machten sich auf den Weg. Sie waren schon etliche Zeit geritten, da erkrankte der Tatarenbaron. Er war außerstande, weiterzureisen, und blieb in einer Stadt zurück. Messer Nicolao und Messer Maffeo sahen seinen geschwächten Zustand und zogen ohne ihn weiter. Und nun sage ich euch: Überall, wo die beiden durchkamen, wurden sie geehrt und bedient, jeder Wunsch wurde erfüllt. Und was soll ich noch sagen? Sie ritten Tag für Tag, und nach drei mühsamen Jahren erreichten sie Laias 25. Schlechtes Wetter, Schnee und hochgehende Flüsse hatten die Reise verzögert.
Das nächste Ziel nach Laias war Acri 26; im April 1260 nach Christi Geburt kommen sie dort an und vernehmen, Papst Clemens 27 sei gestorben. Auf die Todesnachricht hin begeben sich Messer Nicolao und Messer Maffeo zu einem Geistlichen, der Gesandter der Römischen Kirche im ganzen ägyptischen Königreich war. 28 Das war ein einflussreicher Mann namens Tedaldo von Piacenza 29. Die beiden eröffnen ihm, in welcher Mission sie der Oberste Herrscher der Tataren zum Papst schicke. Aufmerksam und erstaunt hört der Legat den zwei Brüdern zu, und es leuchtet ihm sogleich ein, wie vorteilhaft und ehrenvoll die Angelegenheit für die Christenheit wäre. Er sagt zu den Brüdern: «Ihr wisst es, der Papst ist tot. Es bleibt euch nichts anderes, als zu warten, bis ein neuer gewählt ist, dann erst könnt ihr euren Auftrag erfüllen.» Die Brüder sehen ein, dass der Legat recht hat, und beschließen, während der Papstwahlzeit nach Venedig zu reisen, um ihre Familie zu besuchen. Sie verlassen Acri in Richtung Negreponte 30, dort schiffen sie sich ein und gelangen nach Venedig. Zu Hause erfährt Messer Nicolao, seine Frau sei gestorben und habe ihm einen fünfzehnjährigen Sohn mit Namen Marco hinterlassen. Und eben das ist der Marco, um den es sich in diesem Buch handelt. Messer Nicolao und Messer Maffeo warten zwei Jahre in Venedig auf die Ernennung eines Papstes.
Ihr seht, wie lange die Brüder gewartet haben, und noch immer bestand keine Aussicht, dass ein Papst gewählt würde. Sie waren nun der Meinung, sie dürften die Rückkehr zum Großkhan nicht mehr länger hinauszögern. Sie verlassen Venedig, nehmen den Sohn Marco mit und gehen direkt nach Acri. Dort suchen sie den Legaten auf, den ich vorher erwähnt habe. Sie besprechen mit ihm die ganze Angelegenheit und bitten ihn, sie ziehen zu lassen und ihnen zu erlauben, sich in Jerusalem Öl von der Lampe auf dem Grabe Christi zu besorgen, damit sie den Wunsch des Großkhans erfüllen könnten. Der Legat ist einverstanden, und sie verabschieden sich. Sie brechen auf, begeben sich nach Jerusalem und beschaffen sich dort das Öl von der Lampe auf Christi Grab. Darauf kehren sie wieder nach Acri zum Legaten zurück und sagen zu ihm: «Herr, wir sehen, noch immer ist kein Papst ernannt; wir aber wollen zurück zum Obersten Herrscher; wir sind schon viel zu lange hiergeblieben.» Und der Legat, der mit den höchsten Befugnissen der Römischen Kirche ausgestattet war, antwortet: «Ich verstehe und billige eure Absicht, zum Obersten Herrscher zurückzureisen.» Er verfasst eine Botschaft an den Großkhan; er bezeugt es schriftlich, wie Messer Nicolao und Messer Maffeo ihn über den Auftrag aufgeklärt haben, dass aber der Tod des Papstes die Erfüllung der Mission verhindert habe.
Im Besitze der Schriftstücke aus der Hand des Legaten, machen sich die zwei Brüder auf den Weg zum Obersten Herrscher. Nach einiger Zeit erreichen sie Laias. Sie waren noch nicht lange dort, da vernehmen sie, der Legat sei zum Papst gewählt worden und nenne sich Papst Gregor von Piacenza 31. Das freut die drei Polo sehr.
Bald darauf erschien ein Bote in Laias, den der Papst, der ehemalige Legat, geschickt hatte. Er meldete, Messer Nicolao, Messer Maffeo und Marco möchten, falls sie noch hier seien, wieder umkehren. Die Einladung kommt den Brüdern gar gelegen, sie folgen ihr gerne. Wie soll ich weitererzählen? Die beiden Brüder fuhren zum gewesenen Legaten in einer Galeere, die der armenische König zu ihren Ehren hatte ausrüsten lassen.
Nach ihrer Ankunft in Acri begeben sich die Venezianer zum Papst und knien vor ihm nieder. Der Papst empfängt sie ehrenvoll und segnet sie. Es war ein frohes Wiedersehen. Nun bestimmte der Papst zwei Predigermönche, und zwar die klügsten jener Provinz; sie sollten Messer Nicolao und Messer Maffeo begleiten. Der eine hieß Bruder Nicolao von Vicenza 32, der andere Bruder Wilhelm von Tripolis 33. Er stellte ihnen Empfehlungen aus, gab ihnen Schriftstücke mit und klärte sie auf über seine Botschaft an den Großkhan. Als Messer Nicolao, Messer Maffeo und die beiden Mönche schriftlich und mündlich über die päpstliche Sendung unterrichtet waren, erbaten sie den Segen.
Die vier verreisen, und Marco, Messer Nicolaos Sohn, nehmen sie mit sich. Unverzüglich begeben sie sich nach Laias. Während ihres Aufenthaltes dort dringt Bondocdaire 34, der Sultan von Kairo, mit einer großen Kriegsschar in Armenien 35 ein und verwüstet weite Landstriche. Die Gesandtschaft gerät in tödliche Gefahr. Die zwei Ordensbrüder fürchteten um ihr Leben und erklärten, sie gingen nicht mehr weiter. Empfehlungsbriefe und andere Schriftstücke übergaben sie Messer Nicolao und Messer Maffeo, verabschiedeten sich von ihnen und suchten den Großmeister der Tempelherren auf.
Messer Nicolao, Messer Maffeo und Nicolaos Sohn Marco zogen weiter, sie ritten Sommer und Winter, bis sie in die reiche, schöne Stadt Clemeinfu 36 kamen, wo sich zu jener Zeit der Großkhan aufhielt. Was sich unterwegs alles ereignete, soll jetzt nicht erwähnt werden; später wird in diesem Buche alles der Reihe nach erzählt. Ihr müsst aber wissen: Es waren beschwerliche dreieinhalb Jahre.
Schnee, Regen und hochgehende Flüsse behinderten die Reisenden; zur Winterszeit konnten sie nicht reiten wie im Sommer. Auf etwas Wichtiges will ich noch aufmerksam machen: Als der Großkhan vernahm, Messer Nicolao und Messer Maffeo seien unterwegs, schickte er ihnen vierzig Tage vorher seine Boten entgegen, die standen ihnen von nun an zu Diensten. Derart wurden die Ankömmlinge geehrt.
Wie soll ich jetzt fortfahren? Sogleich nach der Ankunft in jener großen Stadt begeben sich Messer Nicolao, Messer Maffeo und Marco zum Herrschaftspalast, wo der Großkhan mit seinen Baronen residierte. Sie fallen vor dem Herrscher auf die Knie und begrüßen ihn untertänigst. Er heißt sie aufstehen und bereitet ihnen einen ehrenvollen, herzlichen Empfang. Er erkundigt sich eingehend nach ihrem Befinden und wie es ihnen ergangen sei auf der Reise. Die beiden Brüder erwidern, es stehe alles zum Besten, nun da sie ihn gesund und wohlgelaunt getroffen hätten. Sie zeigen ihm die Beglaubigungsschreiben und die päpstlichen Briefe, was ihn alles höchst erfreut. Dann übergeben sie ihm das heilige Öl, darüber ist er sehr glücklich; denn es bedeutete ihm viel. Nun möchte der Großkhan noch wissen, wer der Jüngling ist. «Mein Herr», antwortet Messer Nicolao, «es ist Marco, mein Sohn und euer Diener.» – «Er sei willkommen», sagt der Großkhan.
Ich will nicht in die Breite gehen. Ich bezeuge wahrheitsgetreu, die Ankunft der Venezianer war ein Freudenfest für den Großkhan und seine Hofgesellschaft. Alle erwiesen ihnen Ehre und boten ihre Dienste an; die drei Polo blieben am Hofe und wurden höher geachtet als die Barone.
Wahrhaftig, erst kurze Zeit war verflossen, seit Marco, Messer Nicolaos Sohn, sich am Hof des Großkhans aufhielt, da war er schon vertraut mit den Sitten der Tataren, mit ihrer Sprache und ihrem Schrifttum; er konnte vier Sprachen lesen und schreiben. Er war gescheit und verständig. Der Großkhan erkannte seine Begabung und schätzte seine Fähigkeiten. Voll Vertrauen in seine Klugheit, schickt der Großkhan Marco als Gesandten in eine sechs Reisemonate entfernte Provinz. 37 Geschickt und umsichtig entledigt sich der junge Mann seiner Aufgabe. Es war ihm nämlich nicht entgangen, dass der Großkhan diejenigen Gesandten, die bei ihrer Rückkehr aus fernen Ländern nur über ihren Auftrag und nichts über Land und Leute berichteten, für dumm und beschränkt hielt. Er hatte gemerkt, dass dem Herrscher die Mission wohl wichtig war, ihm aber Nachrichten über Zustände, Ereignisse und Lebensgewohnheiten in den bereisten Gebieten noch wichtiger waren. Marco kannte die Wissbegierde des Großkhans; daher prägte er sich auf seiner Botschaftstour jede Neuigkeit und jede Besonderheit gut ein, um ihm nachher ausführlich darüber referieren zu können.
Nach Abschluss seiner Gesandtschaft geht Marco zur Berichterstattung zum Großkhan. Er erzählt derart anschaulich über alles, was er gesehen und erlebt hat auf seiner Reise, dass der Großkhan und alle Zuhörer erstaunt zueinander sagen: «Wenn dieser gewandte Jüngling ein hohes Alter erreicht, wird er ein außergewöhnlich tüchtiger und weiser Mann sein.» Was soll ich dazu noch sagen? Nach dieser seiner ersten Mission wurde der Jüngling Messer Marco Polo genannt, und so heißt er fortan in unserem Buch. Und das ist richtig, denn er war klug und gesittet.
Ich möchte nicht ausschweifen, doch ihr müsst wissen: Messer Marco blieb siebzehn Jahre beim Großkhan; während dieser ganzen Zeit war er meistens auf Gesandtschaftsreisen. Der Großkhan übertrug ihm alle wichtigen Missionen, auch diejenigen in weit entfernte Länder; denn Messer Marco war nicht nur ein geschickter Botschafter, sondern auch ein aufmerksamer Beobachter und guter Berichterstatter. Jedes Unternehmen führte er vernünftig zu Ende. Über das Neueste, über alle außergewöhnlichen Ereignisse war er immer unterrichtet. Messer Marcos Betragen gefiel dem Großkhan sehr, er ehrte und begünstigte ihn dermaßen, dass die andern Barone neidisch wurden. Diese Sonderstellung am Hofe ist der Grund, warum Messer Marco über jenes Land mehr weiß als irgendjemand: Er nützte die Gelegenheit, die fremden Gebiete besser auszukundschaften als jeder Sterbliche vor ihm. Wie kaum jemand war er darauf bedacht, seine Kenntnisse zu vermehren.
Ihr habt gehört, wie lange sich Messer Nicolao, Maffeo und Marco beim Großkhan aufgehalten haben. Nun entschlossen sie sich nach etlichen Überlegungen zur Heimkehr. Verschiedene Male wandten sie sich an den Großkhan und baten höflich um ihren Abschied. Doch der Khan liebte sie so sehr und behielt sie so gern in seiner Umgebung, dass er ihnen um nichts in der Welt den Abschied gewähren mochte.
Da geschah es, dass die Königin Bolgana 38 starb. Sie war die Gemahlin Argons 39, des Herrschers über das Ostreich. Bolgana verfügte in ihrem Testament, nur eine Frau aus ihrer eigenen Familie dürfe ihre Thronfolgerin und Gattin Argons werden. Argon rief daher drei seiner Barone zu sich; der erste hieß Oulatai 40, der zweite Apusca 41, der dritte Coia 42. Zusammen mit einer wohlausgerüsteten Gefolgschaft schickt er sie als Gesandte zum Großkhan, um in seinem Namen um eine Braut aus der Familie seiner verstorbenen Gattin zu werben. Wie sie beim Großkhan ankommen, erklären sie ihm den Zweck ihrer Reise. Der Herrscher ehrt sie mit einem glänzenden Empfang. Danach lässt er ein junges Mädchen zu sich rufen aus dem Stamme der Königin Bolgana. Er stellt die hübsche Siebzehnjährige den drei Baronen vor und gibt ihnen genau Auskunft über ihre Herkunft. Die drei sind höchst erfreut.
Zu dieser selben Zeit kam Messer Marco aus Indien zurück; vieles wusste er zu erzählen von seiner Seefahrt und vom fremden Land. Die Barone kannten jetzt alle drei Lateiner, sie merkten, wie klug diese waren, und nach einigem Ratschlagen beschlossen sie, mit den Polo übers Meer zurückzukehren. Sie begaben sich zum Großkhan mit der Bitte, er möge sie auf dem Seeweg nach Hause ziehen lassen und ihnen die Venezianer zum Geleit mitgeben. Ich habe euch ja erzählt, wie hoch der Großkhan die drei schätzte; er erfüllte widerstrebend ihren Wunsch, verabschiedete sich von Messer Nicolao, Maffeo und Marco und erlaubte ihnen, die drei Barone und die junge Dame zu begleiten.
Die Abreise von Messer Nicolao, Maffeo und Marco steht nun fest. Der Großkhan beruft alle zu sich und gibt ihnen zwei Täfelchen, worauf geschrieben steht, dass sie überall in seinem Reich frei passieren können und dass ihnen und ihrer Gefolgschaft alles für Reise und Unterkunft zur Verfügung gehalten werden müsse. Er betraut sie mit einer Botschaft an den Papst, an die Könige von Frankreich und Spanien und an alle andern Könige der Christenheit. Dann lässt er vierzehn Schiffe rüsten, alles Viermaster, wo bisweilen zwölf Segel aufgezogen werden. 43 Ich könnte euch jede Einzelheit aufzählen, doch das ginge jetzt viel zu lange, ich werde an anderer Stelle darauf zurückkommen.
Als die Schiffe zur Ausfahrt bereit waren, verabschiedeten sich die drei Barone, die junge Dame und die Venezianer beim Großkhan und begaben sich zu den Schiffen. Jedes war mit einer guten Mannschaft besetzt und jedes, auf Befehl des Großkhans, mit Vorräten für zwei Jahre versorgt. Viel mehr ist darüber nicht zu sagen. Sie stachen in See und segelten gute drei Monate südwärts, bis sie zur Insel Java 44 gelangten: Dort ist viel Wunderbares zu sehen, wovon ich zu gegebener Zeit berichten werde. Sie verließen die Insel und fuhren achtzehn Monate durchs Indische Meer, bis sie ihr Ziel erreichten. Allerhand Merkwürdigem sind sie da begegnet, später wird davon die Rede sein.
Bei ihrer Ankunft im Lande Argons vernahmen sie, dass er gestorben sei. Die junge Dame überließen sie nun der Obhut seines Sohnes Casan 45. Ich habe etwas nachzutragen: Damals vor vielen Monaten, als sie sich einschifften, waren sie eine Gesellschaft von sechshundert Personen, die Matrosen nicht mitgerechnet; unterwegs sind fast alle gestorben, nur achtzehn Personen sind heil angekommen. Die Gesandtschaft erfuhr dann, Chiacato 46 sei der Regent über Argons Reich. Sie empfahlen daher die junge Dame seiner Obsorge und entledigten sich all ihrer Aufträge. Nun hatten Messer Nicolao, Maffeo und Marco ihre Begleitpflicht erfüllt und die Botschaft des Khans ausgerichtet; sie verabschiedeten sich und setzten ihre Reise fort. Ihr müsst wissen: Chiacato übergab den drei Abgesandten des Großkhans vier Goldtäfelchen. Auf zweien war ein Falke, auf einem ein Löwe, und das andere war glatt; es war darauf eingraviert, die drei Gesandten müssten überall in seinem Reich so geehrt und empfangen werden, als käme er in eigener Person. Pferde und jede gewünschte Begleitung seien zu ihrer Verfügung zu stellen. Gewissenhaft ist dies alles befolgt worden. Denn im ganzen Land erhielten sie Pferde und alles Notwendige für die Reise. Ich versichere euch, sie wurden beschützt von zweihundert Berittenen, oder auch mehr oder weniger, je nach Bedürfnis; so konnten sie unbehelligt von einem Gebiet ins andere reisen. Dieser große Aufwand war nötig, weil Chiacato nicht der legitime Herrscher war. Das Volk scheute sich nämlich weniger, Unrechtes zu tun, als wenn ein legaler Herrscher an der Spitze gewesen wäre.
Zum Lobe der drei Polo möchte ich noch etwas hinzufügen; denn man kann es nicht genug betonen, was für hochgeschätzte Herren sie waren. Der Großkhan war so überzeugt von ihrem Ehrgefühl, dass er ihnen Cocacin 47 und die Tochter des Königs von Mangi 48 anvertraute; sie sollten sie zu Argon, dem Herrscher über das Ostreich, begleiten. Ich habe eben erzählt von ihrer Meerfahrt, von dem stattlichen Gefolge und dem großen Aufwand. Ich wiederhole es: Die beiden Damen waren in besten Händen; denn die drei Gesandten behüteten und bewachten sie, als wären es ihre eigenen Töchter. Die zwei schönen jungen Frauen achteten ihre Beschützer wie ihre Väter und gehorchten ihnen. Wohlbehalten haben sie ihr Reiseziel erreicht. Cocacin wurde die Gattin Casans, der damals an der Regierung war. Cocacin und Casan hatten die drei Polo herzlich gern, es gab nichts, das sie ihnen nicht zuliebe getan hätten. Und als die drei die Heimreise antraten, da weinte die Königin vor Traurigkeit. 49
Nun wisst ihr einiges von der Reise der Venezianer mit den zwei königlichen Damen. Ihr werdet bald mehr erfahren. Was soll ich noch erwähnen? Nachdem die drei Gesandten Chiacato verlassen hatten, ritten sie Tag für Tag bis nach Trepesonde 50; von dort gelangten sie nach Konstantinopel, dann nach Negreponte und schließlich nach Venedig. Das war im Jahre 1295 nach Christi Geburt.
Damit ist der Prolog zu Ende, und jetzt beginnt das Buch.
Es gibt Groß-Armenien, und es gibt Klein-Armenien 51. In Klein-Armenien, das den Tataren tributpflichtig ist, regiert ein gerechter König. Es ist ein reiches Land mit Dörfern und Städten.
An Wildtieren und Vögeln herrscht kein Mangel, die Jagd ist ein Vergnügen dort. Und trotzdem sind die Zustände übel in dieser Provinz. In alten Zeiten, da waren die Edelleute ohne Tadel und tapfere Streiter. Aber heute sind sie Schwächlinge, niederträchtig, und nichts ist gut an ihnen, außer dass sie tüchtige Trinker sind. In diesem Lande also liegt Laias, die große Handelsstadt am Meer. Gewürze und Stoffe und andere Kostbarkeiten aus dem Landesinnern werden hierher gebracht. Handelsleute aus Venedig, Genua, aus allen Gegenden kommen zum Einkauf nach Laias. Jeder Händler, überhaupt jedermann, der weiter ins Land hineinreisen will, nimmt seinen Weg über diese Stadt.
[Dies sind die Grenzen Klein-Armeniens: Im Süden grenzt es ans Gelobte Land, das den Sarazenen gehört; im Norden siedelt ein Turkvolk, genannt Caramani 52; im Osten und Nordosten liegen das türkische Chaiseric und Sevastio 53 und viele andere Städte, die den Tataren tributpflichtig sind. Im Westen grenzt Klein-Armenien ans Meer, dort schifft man sich ein nach dem christlichen Abendland.]
Nun haben wir euch Klein-Armenien geschildert, und jetzt folgt Turcomanie 54.
Turcomanie ist von drei verschiedenen Stämmen bevölkert. Es gibt die mohammedanischen Türken, die haben raue Sitten und eine grobe Sprache. Sie wohnen in den Bergen und in den Ebenen, dort, wo die saftigen Weiden sind; denn sie leben von der Tierhaltung. Sie züchten die guten türkischen Pferde und die kräftigen Maultiere. Und dann gibt es Armenier und Griechen, die wohnen in Dörfern und befestigten Siedlungen, sie treiben Handel und Gewerbe. Ich versichere euch: Sie stellen die schönsten Teppiche der Welt her. Sie weben prächtige scharlachrote und andersfarbige Seidenstoffe und verfertigen noch eine Menge andere Dinge. Die wichtigsten Städte sind Conio 55, Casserie 56 und Sevastio; daneben gibt es noch zahlreiche Städte und größere Ortschaften, auf die ich jetzt nicht eingehe. Sie sind alle dem Tatarenherrscher untertan, der hier seine Statthalter eingesetzt hat.
Genug von dieser Provinz; wenden wir uns nunmehr Groß-Armenien zu.
Groß-Armenien ist eine riesige Provinz; sie beginnt in der Stadt Arçinga 57, dort werden die allerfeinsten Gewebe hergestellt. [Die Leute betreiben noch andere Handwerkskünste, die hier nicht alle beschrieben werden können.] Wunderschöne Bäder gibt es dort und herrliches Quellwasser. Die Einwohner sind alles Armenier; sie sind Untertanen der Tataren. Zahlreich sind die befestigten Siedlungen und Städte. Arçinga, der Bischofssitz, ist die glanzvollste Stadt. [Und in dem Burgflecken Paperth 58, an der Strecke von Trapezunt nach Tauris 59, gibt es große Silberwerkstätten.] Auch Argiron 60 und Darçiçi 61 sind erwähnenswert.
Im Sommer schlägt das Heer der Osttataren hier sein Lager auf, denn die große Provinz ist reich an guten Weideplätzen. Doch nur während der warmen Jahreszeit können sich die Tataren da aufhalten, in der Winterkälte und im Schnee finden die Tiere kein Futter. Im Spätherbst zieht das Heer in mildere Gegenden, wo die Wiesen grün und saftig sind. Noch etwas habe ich zu berichten: In Groß-Armenien, auf einem hohen Berge, steht die Arche Noah 62.
[Mitten in Groß-Armenien erhebt sich ein mächtiger Berg, und man sagt, hier oben sei die Arche Noah gelandet, darum heißt der Berg Arche Noah. Die Reise rund um den Berg dauert mehr als zwei Tage, und den Gipfel kann man nicht besteigen, weil es hier viel zu viel Schnee gibt, der nie abschmilzt.]
An der Südgrenze erstreckt sich in östlicher Richtung das Königreich Mosul 63 [und ebenfalls liegen dort Mus64 und Meridin 65; davon wird andernorts die Rede sein, und dann gibt es noch viele Provinzen, über die viel zu sagen wäre].
Von den christlichen Einwohnern, den Jakobiten 66 und Nestorianern 67, werde ich später erzählen, desgleichen von den Georgiern 68 jenseits der Nordgrenze. In diesem Grenzgebiet entspringt eine ergiebige Erdölquelle. Hundert Schiffe können gleichzeitig mit Öl beladen werden. Das Öl ist ungenießbar, aber geeignet zum Brennen; es dient auch als Salbe gegen die Krätze und die Furunkel der Kamele. Die Leute kommen von weit her, um sich das Öl zu beschaffen. In jener Gegend ist es das einzige Brennmaterial.
Mehr will ich nicht über Groß-Armenien sagen und berichte nun über Georgien.
Der König der Georgier wird stets David Melic 69 genannt, und das bedeutet König David. Georgien ist dem Tatarenherrscher tributpflichtig.
[Ein Teil der Provinz nur ist den Tataren untertan. Andere Gebiete aber, wo Befestigungsanlagen gebaut wurden, gehören König David. In den geschützten Ebenen und in den Bergen gibt es Haine, wo ausschließlich der Buchsbaum wächst. Georgien liegt an zwei Meeren, im Norden am Schwarzen Meer, im Osten am Mare Abacco 70. Das ist ein Binnenmeer, es hängt mit keinem anderen zusammen und hat einen Umfang von zweitausendsiebenhundert Meilen. Es ist reich an Inseln mit schönen Städten. Die Inseln sind von Flüchtlingen besiedelt worden, die vor dem Großen Tataren geflohen sind, als er auf seinen Eroberungszügen persische Städte und Ländereien unterworfen hat. Die Leute entwichen auf die Inseln und in die Berge, wo sie sich sicher wähnten. Auf diese Weise sind die Inseln bevölkert worden. Im Meer gedeihen viele Fische, vor allem der Stör, der Salm und andere große Fische.]
In alten Zeiten kamen alle Könige jener Provinz mit einem Adlerzeichen auf der rechten Schulter zur Welt. Die Georgier sind ein schönes Volk, tüchtige Soldaten, gute Bogenschützen und ausdauernd im Kampf. Sie leben nach der griechisch-christlichen Lehre; ihre Haartracht erinnert an jene der Geistlichen. Alexander 71, auf seinem Zug nach Westen, in das jetzige Reich der Westtataren 72, konnte diese Provinz nicht passieren wegen der engen und gefährlichen Wege. Der eine führt dem Meer entlang, der andere über die Berge, doch für die Reiterei ist dieser völlig ungeeignet. Die schmale Strecke an der steilen Felsküste ist länger als vier Meilen, sie ist mit wenig Leuten leicht zu verteidigen. Aus diesem Grunde wurde Alexander hier aufgehalten. Er ließ dann einen Turm und eine Festung bauen, man nennt die Anlage das Eiserne Tor 73. Er wollte damit seine Truppen vor Überraschungsangriffen schützen. In jener Episode des Alexanderromans 74, wo Tataren in den Bergen eingekesselt werden, wird vom Eisernen Tor geredet. Es stimmt zwar nicht, dass es Tataren waren, denn damals gab es dort gar keine, sondern es waren Comain 75 und viele andere Stämme.
In den Dörfern und Städten Georgiens werden die schönsten Seidenstoffe und golddurchwirkte Gewebe hergestellt. Und prächtige Habichte sieht man überall. Das Volk kennt keinen Mangel, es lebt vom Handel und vom Ackerbau. Das Land ist gebirgig. Schmale Passstraßen und Befestigungsanlagen verunmöglichten es den Tataren, die Provinz jemals ganz unter ihre Herrschaft zu zwingen.
Von einem Kloster aber will ich euch noch erzählen, vom Kloster Sankt Leonhard 76 und seiner wunderbaren Geschichte. Ihr müsst wissen: Ein See erstreckt sich dort, dessen Zufluss vom Berge kommt, wo das Frauenkloster steht. Während des ganzen Jahres schwimmt da kein einziger Fisch. Aber am ersten Tag der Fastenzeit sind die Fische auf einmal da, und täglich kommen neue bis zum Karsamstag, dem Vorabend vor Ostern. Innerhalb dieser Wochen kann man fischen, so viel man will; vorher und nachher geht man leer aus. In der Nähe des Berges liegt das Glevechelan-Meer 77, mit einer Uferlänge von zweitausendsiebenhundert Meilen. Von jedem andern Meer ist es zwölf Tagereisen entfernt. Es ist ein Binnenmeer mit Gebirgszügen ringsum. Euphrat und Tigris und noch viele andere Flüsse münden hier. In jüngster Zeit haben Genueser Kaufleute dieses Meer befahren und an verschiedenen Orten Handelsbeziehungen angeknüpft. Die Seide, die wir Ghilan nennen, kommt nur von dort.
[Nicht weit von dieser Provinz befindet sich das prächtige Tiflis. Viele Burgflecken und Ortschaften sind von dieser mächtigen Stadt abhängig. Christen wohnen da und natürlich Armenier und Georgier, einige Sarazenen und Juden, aber wenige.]
Ich habe euch jetzt die Nordgrenze Armeniens beschrieben, nun sollt ihr auch etwas über die Südostgrenze vernehmen.
Ich schildere zuerst die verschiedenen Volksstämme im Königreich Mosul. Es gibt Araber, die beten zu Mohammed. Es gibt Christen; ihre Lehre weicht aber in einigen Punkten von derjenigen der Römischen Kirche ab. Sie heißen Nestorianer und Jakobiten. [Auch Armenier wohnen in Mosul.] Der Kirchenoberste ist der Patriarch, genannt Jatolic 78; er ernennt Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte, Kleriker jeden Ranges. Gleich wie der Papst in Rom schickt der Patriarch die Geistlichen überallhin, nach Indien, Catai 79 und nach Baudac 80. Falls ihr in jenen Ländern Christen antrefft, sind es immer Nestorianer oder Jakobiten. Die Bevölkerung stellt Mosulin 81, Mousselin, her, das sind Seiden- und Goldwebstoffe. Die reichen Gewürzhändler kommen aus Mosul, daher ihr Name Mosuliner. Im Gebirge wohnen die Kurden; die einen sind Nestorianer und Jakobiten, die andern mohammedanische Sarazenen. Das ist ein kriegerisches und arglistiges Volk, reisende Kaufleute müssen vor ihnen auf der Hut sein.
[Nahe dieser Provinz liegt Mus und Meridin; hier wächst der Baumwollstrauch. Die feine Buchara-Baumwolle wird da gewoben, und noch viel anderes wird fabriziert.]
Genug über das Königreich Mosul, ich will jetzt über die große Stadt Baudac sprechen.
In Baudac residiert der Kalif 82 aller Sarazenen, so wie in Rom das Haupt aller Christen residiert. Ein breiter Fluss durchfließt die Stadt. Er ist schiffbar bis ins Indische Meer; es herrscht da ein eifriger Handelsverkehr. Gute achtzehn Tage dauert die Reise von Baudac zum Meer. Die Händler, die nach Indien wollen, fahren auf dem Fluss bis Chisi 83, von dort erreichen sie ihr Ziel auf dem Seeweg.
Auf der Strecke Baudac–Chisi kommt man an der großen Stadt Bascra 84 vorbei. Prächtige Dattelpalmen mit den süßesten Früchten gedeihen in ihrer Umgebung. Baudac aber ist die mächtigste Stadt der ganzen Region. Leuchtend rote Seide und Goldbrokat mit reichen Tier- und Vogelornamenten werden dort hergestellt [und alle Perlen, die aus Indien ins Abendland gelangen, sind in Baudacs Werkstätten durchbohrt worden. In dieser Stadt kann man vielen Studien nachgehen: Mohammeds Gesetz, die Schwarze Kunst, die Medizin, die Astronomie, die Geometrie und die Physiognomie werden gelehrt.]
Es ist die reine Wahrheit: Dem Kalifen von Baudac gehörte der größte Schatz an Gold, Silber und Edelsteinen, den je ein Mensch besessen hat. Ich werde euch allerhand darüber erzählen. Es steht fest, dass im Jahre 1258 nach Christi Geburt der Tatarenherrscher Alau, ein Bruder des jetzigen Kaisers, mit einem starken Heer gegen Baudac zog und es im Sturm bezwang. Die Eroberung war keine Kleinigkeit, denn in Baudac waren viele Fußsoldaten und mehr als hunderttausend Reiter stationiert. Nach dem Fall der Stadt, deren er sich mit List und Täuschung bemächtigt hatte, entdeckte Alau den Turm des Kalifen. Er war von oben bis unten voll Gold und Silber. Einen so kostbaren Schatz hatte der Feldherr noch nie zu Gesicht bekommen. Als er den unermesslichen Reichtum sah, wunderte er sich sehr und ließ den Kalifen zu sich rufen. «Warum hast du solche Schätze angehäuft?», fragte er ihn. «Was wolltest du damit machen? Wusstest du nicht, dass ich dein Feind bin und dich bedrohte mit einem schlagkräftigen Heer? Und falls du es gewusst hast, warum hast du damit nicht die Reiter und Soldaten besoldet, damit sie deine Stadt verteidigen?» Dem Kalifen fiel keine Antwort ein. Da sprach Alau: «Kalif, ich sehe, du liebst deinen Schatz über alle Maßen, also werde ich ihn dir zum Verspeisen geben.» Er befiehlt, den Kalifen abzuführen und im Turm einzuschließen ohne jede Nahrung. Zum Kalifen gewendet, sagt er: «Iss, so viel du magst, von deinem Gold und Silber, das ist ab heute deine einzige Speise.» Nach vier Tagen ist der Gefangene im Turm gestorben. Es wäre klüger gewesen, wenn der Kalif seinen Schatz für die Truppen ausgegeben hätte, damit diese für sein Land und sein Volk kämpften. Nun sind er und die Seinen tot, und alles ist verloren. 85 Er war der letzte Kalif, seither gibt es keinen mehr.
Gehen wir jetzt weiter zu Touris 86. Eigentlich hätte ich euch noch vieles über Sitten und Gebräuche in Baudac erzählen können, doch ich will nicht zu weit abschweifen, ihr werdet noch manches Merkwürdige erfahren.
In dem Gebiet von Baudac und Mosul geschah ein großes Wunder. Davon werdet ihr jetzt hören. Es ist bekannt, dass 1275 nach Christi Geburt in Baudac ein Kalif regierte, der den Christen übel gesinnt war. Er überlegte Tag und Nacht, wie er die Christen zum Islam bekehren oder, falls es ihm nicht gelänge, wie er sie vernichten könnte. Täglich besprach er sich darüber mit seinen Priestern und Ratgebern; denn sie alle mochten die Christen nicht leiden. Es ist eine altbekannte Tatsache: Auf der ganzen Welt sind die Christen den Sarazenen verhasst. Nun geschah es, dass der Kalif und seine Weisen auf eine Schriftstelle stießen, worüber ich euch sogleich aufklären werde. Sie fanden nämlich in einem Evangelium das Gleichnis vom Senfkorn. 87 Das lautet wie folgt: Wenn der Glaube eines Christen so stark ist wie die Keimkraft eines Senfkorns, dann kann er mit seinem Gebet zwei Berge zusammenrücken. Als sie diesen Text gelesen hatten, freuten sie sich sehr, denn sie waren überzeugt, sie hätten nun das Mittel in der Hand, die Christen zu bekehren oder sie in den Tod zu schicken. Der Kalif befahl also die zahlreichen Christen, Nestorianer und Jakobiten, von überall im ganzen Reich zu sich. Wie sie alle versammelt sind, zeigt er ihnen das Evangelium und heißt sie, das Gleichnis zu lesen. Nachdem sie es vernommen haben, fragt er sie, ob das die Wahrheit sei. Die Christen antworten, es sei die reine Wahrheit. Der Kalif wiederholt: «Ihr behauptet also, ein Christ, dessen Glaube so stark ist wie ein Senfkorn, vermag durch sein Gebet zu bewirken, dass zwei Berge zusammenrücken.» Die Christen bestätigen: «Genau das sagen wir.» – «Dann will ich die Probe machen», sagt der Kalif, «ihr seid ja jetzt viele beisammen, da wird sich wohl einer finden, der etwas von diesem Glauben hat. Darum schlage ich vor: Entweder ihr versetzt den Berg» – und er zeigt auf einen in unmittelbarer Nähe –, «oder ich lasse euch eines elenden Todes sterben. Denn wenn der Berg sich nicht verrückt, ist das der Beweis, dass euch der Glaube fehlt. In diesem Fall werde ich euch alle niedermetzeln, oder aber ihr nehmt unsern Glauben an und folgt dem Gesetze Mohammeds – dann kommt ihr heil davon. Ich gebe euch zehn Tage Zeit. Ist bis dahin nichts geschehen, seid ihr alle des Todes.» Das war sein letztes Wort, und die Christen wurden entlassen.
Die Rede des Kalifen erfüllte die Christen mit grässlicher Todesangst. Aber sie hofften trotzdem, der Schöpfer werde ihnen helfen in der großen Gefahr. Alle Schriftgelehrten, es waren viele Erzbischöfe, Bischöfe und Priester darunter, hielten Rat untereinander. Es blieb ihnen gar keine andere Entscheidung, als ihren Herrgott anzuflehen, er möge sie leiten in seiner Barmherzigkeit und Gnade und ihnen den Weg zeigen, wie sie den Drohungen des Kalifen entgehen könnten.
Ich bezeuge es, die Christen verharrten Tag und Nacht im Gebet; demütig baten sie den Retter aus aller Not, Gott den Herrn im Himmel und auf Erden, er möge sie befreien aus der schrecklichen Gefahr.
Acht Tage und acht Nächte beteten Männer und Frauen, Kinder und Greise. Da, mitten in der tiefsten Andacht, erscheint einem Bischof ein Engel mit einer göttlichen Botschaft. Er spricht zum frommen Bischof: «Geh zu dem einäugigen Schuhmacher und sage ihm, er solle Gott darum bitten, der Berg möge sich bewegen. Der Berg wird sich alsogleich bewegen.» Von diesem Schuhmacher und seinem Leben erzähle ich nun.
Ihr müsst wissen, er war ein ehrbarer, rechtschaffener Mann. Er pflegte oft zu fasten. Er war frei von Sünde. Täglich ging er zur Kirche und hörte die Messe. Stets teilte er sein Brot mit andern, wie es Gott gefällig ist. Weit und breit findet sich kein so tugendreicher Mann. Ich erzähle euch, warum er diesen ausgezeichneten Ruf hat. Er hatte wiederholt gehört, es stehe im heiligen Evangelium geschrieben: «Wenn dich dein Auge zur Sünde verführt, dann reiße es aus deinem Kopf oder mache es blind, damit du nie der Sünde verfällst.» Eines Tages betrat eine schöne Frau seinen Laden, um ein Paar Schuhe zu kaufen. Der Schuhmacher möchte Beine und Füße sehen, um zu wissen, was er ihr anbieten könnte. Die Frau zieht ihr Kleid ein wenig hoch – und wirklich, die Schöne hatte wunderhübsche Beine und Füße. Der tugendhafte Mann ist völlig verwirrt; seine Augen weiden sich an diesem Anblick. Auf einmal wendet er sich von der Frau ab, er will ihr keine Schuhe verkaufen. Nachdem die Frau weggegangen ist, sagt er zu sich selbst: «Du elender, treuloser Kerl, wo sind deine Gedanken? Meine verräterischen Augen sollen es büßen.» Er nimmt sogleich eine Ahle, spitzt sie noch zu und durchsticht sein Auge, sodass es für immer blind ist.
Nun wisst ihr, wie sich der Schuhmacher geblendet hat, und ihr seht daraus, was für ein sittenstrenger Mann er ist. Doch lasst uns zu unserer Geschichte zurückkehren.
Mehrere Male vernahm der Bischof die göttliche Weisung, den Schuhmacher zu holen und ihm aufzutragen, durch sein Gebet den Berg zu versetzen. Der Bischof teilt den Christen mit, was ihm Gott durch Engelsmund immer wieder sagen lässt. Sie beschließen miteinander, den Schuhmacher hierher zu beordern. Er kommt, und sie heißen ihn, zu Gottvater zu beten, auf dass er den Berg verrücke. Der Schuhmacher entgegnet auf die Aufforderung des Bischofs und der Christen, er sei kein so frommer Mann, dass der Herrgott wegen seines Gebetes eine derart außergewöhnliche Tat vollbringe. Die Christen beschwören ihn inständig, sich ins Gebet zu versenken. Was ist da noch viel zu sagen? Sie bedrängten ihn derart, dass er seine Scheu verlor, ihrem Begehren willfahrte und versprach, zu seinem Schöpfer zu beten.
Am letzten Tag nach der anberaumten Zeit stehen die Christen am Morgen früh auf. Männer und Frauen, Groß und Klein gehen zur Kirche und singen die heilige Messe. Nach dem Gottesdienst wandern alle miteinander hinaus auf die Ebene am Fuße des Berges. Sie tragen das Kreuz des Erlösers vor sich her. Draußen auf dem Felde stellen sich gut hunderttausend Menschen vor dem Kreuze unseres Herrn auf.
Der Kalif war mit einer mächtigen Schar von Sarazenen gekommen; diese hätten die Christen niedermetzeln sollen, denn niemand glaubte, dass sich der Berg bewegen würde. Alle Christen, Alt und Jung, waren von Angst und Schrecken erfüllt und hatten dennoch die Hoffnung auf ihren Schöpfer bewahrt. Als nun die riesige Menschenmenge, Christen und Sarazenen, auf der Ebene versammelt ist, kniet der Schuhmacher vor dem Kreuze nieder. Er erhebt seine Arme gen Himmel und betet inbrünstig, der Erlöser möge den Berg bewegen, auf dass die vielen Christen hier dem grausamen Tod entgehen. Kaum hat er sein Gebet beendigt, gerät der Berg in Bewegung und beginnt sich zu verrücken, eine ganze Meile weit in die Ebene hinaus. Der Kalif und die Sarazenen konnten sich vor Staunen nicht fassen, und viele bekannten sich von nun an zum Christentum. Der Kalif selbst bekehrte sich im Geheimen. Bei seinem Tod fand man ein Kreuz an seinem Hals. Er wurde deshalb nicht in den Gräbern der früheren Kalifen beigesetzt, sondern an einem andern Ort.
Nun kennt ihr auch diese wunderbar seltsame Geschichte.
[Weil sich die Wahrsagung erfüllte und ihnen die Gnade zuteil geworden ist, feiern die Christen, Nestorianer und Jakobiten, die jährliche Wiederkehr jenes Wundertages; sie kommen zusammen zu langen Gebeten. In einigen Glaubensartikeln stimmen armenische Nestorianer und Jakobiten nicht überein, ja schelten und verabscheuen sich gegenseitig.]
In der Provinz Yrac 88 gibt es zahlreiche Städte und Burgen, aber Toris ist die edelste von allen, und darum werde ich sie euch schildern. Man weiß, dass die Einwohner von Toris von Handel und Gewerbe leben; ihre Gold- und Seidenstoffe sind berühmt. Die Stadt ist sehr günstig gelegen, hier kommen alle Waren zusammen, aus Indien, aus Baudac, Mosul und Cremosor 89 und noch aus manchem andern Ort. Lateinische Händler verkehren hier, da kaufen sie die fremdländischen Waren. Hier erwerben sie auch Edelsteine, die Auswahl ist groß. In dieser Stadt treiben die reisenden Kaufleute gewinnbringenden Handel. Die Bewohner sind ein Völkergemisch. Eigentlich sind sie nicht sehr rührige Leute; es sind Armenier, Nestorianer, Jakobiten, Georgier und Perser, es gibt noch solche, die Mohammed anbeten; alle zusammen nennt man Taurizin 90. Die Stadt ist umgeben von schönen, schattenspendenden Gärten, voll von herrlichen Früchten. Die Sarazenen in Toris sind hinterlistig und falsch. Denn nach dem Gesetze des Propheten Mohammed ist es keine Sünde, wenn sie einem Ungläubigen Böses tun und ihn quälen oder wenn sie ihn berauben. Ohne Regierung würden sie sich noch viel schlimmer benehmen; und alle andern Sarazenen auf der Welt halten es gleich.
[Wenn sie selbst von Christen getötet werden und ihnen Übles zugefügt wird, halten sie sich für Märtyrer. Aus diesen Gründen wird der ärgste Bösewicht am meisten geschätzt. Alle Sarazenen der Welt leben nach demselben Gebot. Sobald es ans Sterben geht, fragt sie der Geistliche, ob sie glauben, Mohammed sei der wahre Prophet Gottes; wenn sie mit «Ja» antworten, dann sind sie gerettet.]
Nun will ich euch von Persien erzählen.
Persien war einst ein bedeutendes Reich; in letzter Zeit erst haben es die Tataren zerstört und das Land verwüstet. Aus der persischen Stadt Sava 91 stammen die drei Weisen, die Jesus Christus angebetet haben. 92 Sie sind hier in drei schönen Gräbern beigesetzt. 93 Die drei kubischen Grabmäler mit Kuppeldächern stehen eins neben dem andern. Kopfhaar und Bart, sogar die Körper der Toten sind noch erhalten. Wir kennen die drei Namen: Balthasar, Kaspar und Melchior.
Messer Marco erkundigte sich bei mehreren Leuten in der Stadt, wer diese drei Weisen eigentlich gewesen seien, doch niemand konnte ihm genaue Auskunft geben. Man wusste nur, sie seien einst Könige gewesen und vor langer Zeit hier begraben worden. Aber was Messer Marco doch noch in Erfahrung brachte, werdet ihr sogleich vernehmen.
Drei Tagereisen entfernt liegt die befestigte Ortschaft Cala Ataperistan 94, das heißt Stadt der Feueranbeter. Und das ist ganz richtig, denn die Einwohner beten das Feuer an. In dieser Stadt wird erzählt, es seien einmal drei Könige aus der Gegend ausgezogen, um einen eben geborenen Propheten anzubeten. Drei Gaben hätten sie mitgenommen, und zwar Gold, Weihrauch und Myrrhe. Sie sagten sich nämlich: «Wenn der Prophet nach dem Golde greift, ist er ein weltlicher König. Wenn er den Weihrauch annimmt, ist er ein Gott. Wenn er die Myrrhe ergreift, ist er ein Arzt und Heiler.» Als die drei Könige den Ort gefunden hatten, wo der Prophet auf die Welt gekommen war, ging zuerst der jüngste hin, das Kind zu sehen. Da vermeinte er, sein Ebenbild zu erblicken. Er wunderte sich sehr und kehrte zu den andern zurück. Darauf begab sich der zweitjüngste zum Neugeborenen. Auch er glaubte, einen Menschen seines Alters und seiner Statur zu erblicken. Verwirrt zog er sich zurück. Dem dritten und ältesten widerfuhr dasselbe; er versank in tiefes Nachdenken. Als die drei beisammen waren, erzählte jeder, was er erlebt hatte. Fassungslos schauten sie einander an, dann beschlossen sie, zu dritt vor das Kind zu treten. Sie gingen zusammen hin. Nun erschien ihnen das Kind in seinem wahren Alter; es war dreizehn Tage alt. Die Könige beteten es an und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. Es nahm alle drei Gaben an. Das Kind überreichte ihnen ein verschlossenes Kästchen, und die drei Weisen machten sich auf den Heimweg.
Nachdem sie schon etliche Tage geritten waren, konnten sie ihre Neugier nicht mehr bezähmen und öffneten das Kästchen. Ein Stein lag darin. Das kam ihnen gar seltsam vor, sie wussten nicht, was das bedeutete. Das Kind hatte ihnen ein Sinnbild ihres neuen Glaubens gegeben, der so fest wie Stein werden möge. Denn damals, als die Könige gesehen hatten, wie das Kind ihre Geschenke empfing, da hatten sie sich gesagt: «Es ist ein Gott, ein Erdenkönig und ein Arzt und Heiler.» Das Kind erkannte sogleich ihren Glauben, und darum überreichte es ihnen den Stein als ein Zeichen für Festigkeit und Standhaftigkeit. Die Könige nahmen den Stein aus dem Kästchen und warfen ihn in einen Brunnen, denn sie hatten seine Bedeutung nicht begriffen. Kaum war der Stein in den Schacht gefallen, da stürzte ein helles Feuer vom Himmel in die Brunnentiefe. Die drei erstarrten ob der wunderbaren Erscheinung. Sie bereuten ihr unüberlegtes Tun. Erst jetzt verstanden sie, dass der Stein ein Sinnbild war. Sie nahmen etwas von diesem Feuer mit sich nach Hause und brachten es in ihre schöne, reich geschmückte Kirche. Die Leute lassen es dort immer brennen und verehren es wie einen Gott; alle ihre Brandopfer werden durch dieses Feuer geheiligt. Falls die Flamme doch einmal verlöscht, gehen sie zu ihren Glaubensgenossen, holen Feuer aus deren Kirche und zünden damit das eigene wieder an. Sie achten streng darauf, nie ein Feuer anderer Herkunft zu verwenden; um das richtige zu finden, sind sie oft zehn Tage lang unterwegs. Das ist der Grund, warum die Bewohner jener Gegend das Feuer anbeten. Es sind sehr viele, das kann ich euch sagen. Wahrheitsgetreu haben sie alles Messer Marco Polo erzählt. Und ich ergänze für euch: Einer der drei Weisen war aus Saba 95, der andere aus Ava 96 und der dritte aus Cashan 97.
Nun habe ich euch über dieses Geschehnis ausreichend ins Bild gesetzt. Von den Sitten und Gebräuchen manch anderer persischen Stadt werdet ihr im Folgenden hören.
Persien ist eine riesige Provinz, eingeteilt in acht Königreiche. Ich gebe euch die Namen an. Der Reisende gelangt zuerst ins Königreich Casvin 98. Das zweite Reich, südwärts, heißt Curdistan, das dritte Lor 99, das vierte Çulistan 100, das fünfte Isfaan 101, das sechste Ceraçi 102, das siebte Soncara 103, das achte Tunocain 104. Sieben Reiche liegen alle in südlicher Richtung; das achte hingegen, genannt Tunocain, grenzt an das Gebiet des Einsamen Baumes 105.
In den persischen Königreichen werden kräftige Streitrosse gezüchtet, und viele davon werden nach Indien verkauft. Ich kann euch sagen, es sind höchst wertvolle Tiere, fast alle werden zu mindestens zweihundert Pfund Torneser Währung gehandelt. Auf der ganzen Welt gibt es keine so schönen Esel wie hier, jeder kostet gute dreißig Mark Silber; denn sie sind flinke Läufer und sichere Passgänger.
[Die Esel fressen nämlich wenig, tragen große Lasten, legen lange Tagesstrecken zurück; Pferde und Maultiere hingegen halten solche Anstrengungen nicht aus. Es werden deshalb mehr Esel verkauft als Pferde. Die Händler jener Länder reisen von einer Provinz zur andern, sie durchqueren Wüsten, das heißt sandige, dürre, trockene Gebiete, wo weder Gras noch irgendetwas wächst, das Pferde fressen könnten; die riesigen Entfernungen vermögen sie nur mit genügsamen Tieren zu bewältigen; Brunnen und Süßwasser sind äußerst selten. Da Pferde solchen Anforderungen nicht gewachsen sind, brauchen die Kaufleute Esel. Es sind rasche Vierbeiner, und erst noch billig. Überdies ist auch bekannt, dass es in Indien so brennend heiß ist, dass dort Pferde weder geboren noch aufgezogen werden können; und sollte einmal eines zur Welt kommen, ist es ein Monster, es hat kranke und missgestaltete Glieder und ist überhaupt nichts wert.]
Die Perser führen die Pferde zu den Hafenstädten Chisi und Curmos am Indischen Ozean. Dort verkaufen sie die Tiere, und Händler reisen weiter nach Indien und setzen sie dort ab zum erwähnten hohen Preis.
In den acht Königreichen gibt es viele Mörder und grausame Menschen; sie bringen sich gegenseitig um, und wenn sie nicht ihre obersten Herrscher, die Osttataren, fürchteten, würden sie auch die Handelsreisenden überfallen. Die Tataren sorgen dafür, dass den Kaufleuten nichts geschieht, ohne bewaffnete Begleitung würden sie nämlich meuchlings ermordet.
Ich sage euch, und das ist die reine Wahrheit, es leben dort alle nach dem Gesetz des Propheten Mohammed. In den Städten wohnen Geschäftsleute und Handwerker. Gold- und Seidenstoffe der verschiedensten Art werden hergestellt. In der Umgebung wächst Baumwolle. An Weizen, Gerste, Hirse, Kolbenhirse oder Fench 106, an jeder Sorte Getreide, an Wein und Früchten herrscht Überfluss.
[Jemand könnte sagen: Die Sarazenen trinken keinen Wein, es ist ihnen von Gesetzes wegen verboten. Man muss aber wissen, wie sie das Gebot auslegen: Durch langes Erhitzen über dem Feuer kocht der Wein teilweise ein und wird süß. Das Eingekochte zu trinken, ist nicht gesetzeswidrig, sie nennen es übrigens auch nicht Wein, denn da der Geschmack sich ändert, wechselt eben der Name.]
So viel wollte ich über die acht Königreiche berichten; jetzt aber sollt ihr etwas vernehmen vom Leben und Treiben der großen Handelsstadt Yasdi 107.
Yasdi ist eine prächtige persische Handelsstadt. Die dort fabrizierten Seidenstoffe heißen Yasdi; die Kaufleute verkaufen sie überall mit gutem Gewinn. Alle Einwohner sind Mohammedaner 108. Wenn der Reisende die Stadt verlässt, so reitet er sieben Tage über flaches Land, wo er nur dreimal Unterkunft finden kann. Mit Vergnügen durchquert er lichte Wälder. Überall gibt es Rebhühner und Wachteln. Der Ritt durch dieses Gebiet ist höchst angenehm. Man trifft gelegentlich schöne Wildesel. Nach sieben Tagen erreicht man das Königreich Cherman 109.
Das Königreich Cherman in Persien war einst eine Erbmonarchie; aber seit der Eroberung durch die Tataren bestimmen diese den jeweiligen Herrscher. Cherman ist das Land der Türkise; überall in den Bergen sind diese Steine zu finden, man bricht und schlägt sie aus den Felsen heraus. Es gibt auch Erzminen, wo Erz gewonnen wird, das sich zu hellem indischem Stahl verarbeiten lässt. Die Einheimischen verfertigen alles, was zu einer vollständigen Ritterausrüstung nötig ist, also Zaumzeug und Sattel, Speer und Schwert, Bogen und Köcher und alles Übrige, was zu ihrer üblichen Bewaffnung gehört. Die Frauen und Töchter sind geschickte Seidenstickerinnen. In feiner, bunter Nadelarbeit schmücken sie die Stoffe mit Tieren, Vögeln und vielen andern Motiven. Mit großem Vergnügen betrachtet man die reich ornamentierten Vorhänge in den Gemächern der Barone und Edelleute; Decken, Sitzkissen, Kopfkissen, alles zeugt von den geschickten Frauenhänden. In den Bergen von Cherman brüten die schönsten Falken, die besten Flieger der Welt. Sie sind kleiner als die Wanderfalken; an der Brust und unter dem Schwanz zwischen den Schenkeln sind sie rot. Und ich sage euch, sie fliegen so außergewöhnlich schnell, dass ihnen kein Vogel entfliehen kann.
Wenn der Reisende Cherman verlässt, reitet er sieben Tage durch Städte, Dörfer und Weiler. Die Gegend ist angenehm, es gibt allerhand zu jagen, besonders zahlreich sind die Rebhühner. Am achten Tag ist die Reise durch das Flachland zu Ende. Ein steiles Gebirge ist nun zu überqueren. Der jenseitige Abstieg dauert zwei Tage. Der Weg führt durch fruchtbares Gebiet, das früher besiedelt war. Heute gibt es keine Dörfer mehr, man trifft nur noch Hirten, die ihre Herden weiden. Wer im Winter von Cherman bis zu diesem Berghang reisen will, muss die wärmsten Kleider anziehen und genügend Decken bei sich haben, damit er in der bissigen Kälte nicht erfriert.
[Noch etwas soll erzählt werden, was im Königreich Cherman vorgefallen ist. Die Leute dort sind bescheiden und friedfertig und helfen sich, so viel es ihnen möglich ist.
Da sagte einmal der König zu den Weisen, die um ihn versammelt waren: «Meine Herren, ich wundere mich sehr, dass im nahen Persien derart schlechte und treulose Menschen leben, die sich gegenseitig umbringen, und dass wir in unserem Land gleichsam ein Herz und eine Seele sind und es hier weder Verbrecher noch Missetäter gibt. Was hat das für einen Grund?» Die Weisen antworteten, der Boden sei schuld daran. Der König schickte daher eine Mission nach Persien, und zwar im Besonderen nach dem Königreich Isfaan, dessen Einwohner einen außerordentlich schlechten Ruf hatten. Dort ließ er nach dem Rat seiner Weisen sieben Lastschiffe mit Erde beladen und in sein Reich zurückführen. Danach befahl er, einige Räume seines Schlosses mit verriebener Erde zu belegen, so wie man einen Boden mit Pech ausstreicht. Darauf wurden Teppiche ausgebreitet, um die Leute vor Schmutz und Feuchtigkeit zu schützen. Gäste lagerten sich in diesen Sälen zum Mahle. Kaum hatte einer Speise zu sich genommen, begann er mit Wort und Tat die andern zu belästigen und sogar tödlich zu verwunden. Daraufhin sagte der König, die Bösartigkeit liege tatsächlich im Boden.]
Nach dem zweitägigen Abstieg hat man am Fuß des Berges wieder eine große Ebene vor sich, an deren Rand Camandi 110 liegt. Das war einst eine blühende Stadt, heute ist sie nicht mehr schön und einladend, denn fremde Tataren haben sie mehrere Male verwüstet. Die Ebene, das will ich noch vermerken, ist unerträglich heiß.
Wir befinden uns also in der Provinz Reobar 111. Hier gedeihen Datteln, Paradiesäpfel 112, Pistazien, was es alles in unsern kalten Gegenden nicht gibt. [Weizen und anderes Getreide wird angebaut. Wegen der vielen Fruchtbäume gibt es auch Schwärme von Turteltauben, die da ihr Futter finden; die Sarazenen fangen und essen sie nicht, es ekelt ihnen davor.]
Hier brütet eine Vogelart, die man Frankolinen 113 nennt. Nach ihrem Aussehen unterscheiden sie sich zwar von den Frankolinen oder Rebhühnern anderer Gebiete, denn sie sind schwarz-weiß gesprenkelt, und Schnabel und Füße sind rot. Auch das Vieh sieht anders aus als üblich. Ich beschreibe zuerst das Rindvieh. Die Ochsen sind mächtig groß und schneeweiß. Ihr Fell ist kurzhaarig und glatt, der großen Hitze wegen; die Hörner sind kurz, dick und stumpf. Zwischen den Schultern haben sie einen runden, zwei Handspannen hohen Höcker. Es ist eine Freude, diese Tiere anzuschauen. Wenn man ihnen Lasten aufbinden will, lassen sie sich nieder wie die Kamele. Sobald sie beladen sind, stehen sie auf und tragen die größten Gewichte, da sie außerordentlich stark sind. Die Schafe in Reobar sind so groß wie Esel, sie haben einen fetten, breiten Schwanz, sicher dreißig Pfund schwer. Die Tiere sind alle dick und schön und gut zum Essen.
Im Flachland gibt es viele Städte und Dörfer, die mit hohen, breiten Erdwällen geschützt sind gegen die Angriffe der Karaunen 114