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Das einfache Meditationsbuch mit Übungen für jeden Tag Jon Kabat-Zinn erklärt leicht verständlich, wie wir mit Meditation Stress abbauen, uns entspannen und unsere Konzentration verbessern können. Denn Meditation und Achtsamkeit im Alltag sind einfache Mittel, um innere Ruhe zu finden, gelassener zu werden und gesund zu bleiben. Und Meditieren kannst du tatsächlich an jedem Ort und zu jeder Zeit: im Gehen, im Stehen und im Liegen, beim Geschirrspülen und beim Aufräumen, zu Hause und unterwegs. Der Klassiker in wunderschöner Ausstattung Jon Kabat-Zinn ist ein weltweit angesehener Lehrer für Meditation und Achtsamkeit. Sein Ratgeber Im Alltag Ruhe finden gilt als Klassiker. Jetzt ist das Meditationsbuch in einer besonders schönen Ausstattung erhältlich. Der Wissenschaftler und MBSR-Begründer Jon-Kabat Zinn gibt zahlreiche leicht umzusetzende Tipps zum Stressabbau und zur Entspannung. Alle Übungen werden so erklärt, dass auch Anfänger das Meditieren lernen können. Wenn du regelmäßig meditierst und Achtsamkeit in deinen Alltag integrierst, wirst du bald spüren, - dass du gelassener auf Probleme reagierst, - dass du dich besser konzentrieren kannst, - dass du echte Entspannung und innere Ausgeglichenheit findest. »Dieses Buch besticht durch seine außerordentliche Einfachheit und Ehrlichkeit. Jon Kabat-Zinn ist einer der besten Achtsamkeitslehrer der Welt.« Jack Kornfield
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Seitenzahl: 372
Jon Kabat-Zinn
Meditationen für ein gelassenes Leben
Aus dem amerikanischen Englisch von Horst Kappen
Knaur eBooks
Jon Kabat-Zinn erklärt leicht verständlich, wie wir mit Meditation Stress abbauen, uns entspannen und unsere Konzentration verbessern können. Denn Meditation und Achtsamkeit im Alltag sind einfache Mittel, um innere Ruhe zu finden, gelassener zu werden und gesund zu bleiben. Und Meditieren kannst du tatsächlich an jedem Ort und zu jeder Zeit: im Gehen, im Stehen und im Liegen, beim Geschirrspülen und beim Aufräumen, zu Hause und unterwegs.
Jon Kabat-Zinn ist ein weltweit angesehener Lehrer für Meditation und Achtsamkeit. Sein Ratgeber Im Alltag Ruhe finden gilt als Klassiker. Jetzt ist das Meditationsbuch in einer besonders schönen Ausstattung erhältlich. Der Wissenschaftler und MBSR-Begründer Jon-Kabat Zinn gibt zahlreiche leicht umzusetzende Tipps zum Stressabbau und zur Entspannung. Alle Übungen werden so erklärt, dass auch Anfänger das Meditieren lernen können.
Wenn du regelmäßig meditierst und Achtsamkeit in deinen Alltag integrierst, wirst du bald spüren,
dass du gelassener auf Probleme reagierst,
dass du dich besser konzentrieren kannst,
dass du echte Entspannung und innere Ausgeglichenheit findest.
»Dieses Buch besticht durch seine außerordentliche Einfachheit und Ehrlichkeit. Jon Kabat-Zinn ist einer der besten Achtsamkeitslehrer der Welt.«
Jack Kornfield
Weitere Informationen finden Sie unter: www.droemer-knaur.de
Widmung
Vorwort zur Neuausgabe 2024
Einführung
I
Was ist Achtsamkeit?
Einfach, aber nicht leicht
Innehalten
Dies ist es – die Bedeutung echter Akzeptanz
Den Augenblick erfahren
Des Atems gewahr sein
Üben, üben, üben
Üben heißt nicht einüben
Sie müssen keine Berge versetzen
Wachsein
Bei sich bleiben
Du kannst die Wellen nicht aufhalten, aber du kannst lernen zu surfen
Kann jeder meditieren?
Lob des Nicht-Tuns
Das Paradox des Nicht-Tuns
Nicht-Tun in Aktion
Die Übung des Nicht-Tuns
Geduld
Loslassen
Nicht-Urteilen – die Gabe der Unterscheidung
Vertrauen
Großzügigkeit
Schwäche zu zeigen erfordert Stärke
Bewusste Einfachheit
Konzentration
Vision
Durch Meditation zum vollen Menschsein
Die Übung als Weg
Meditation ist nicht zu verwechseln mit positivem Denken
Nach innen gehen
II
Sitzmeditation
Nehmen Sie Platz
Würde
Haltung
Die Haltung der Hände
Die Meditation beenden
Übungsdauer
Den einzig richtigen Weg gibt es nicht
Was ist mein Weg?
Die Berg-Meditation
Die See-Meditation
Meditation im Gehen
Meditation im Stehen
Meditation im Liegen
Aus der Bodenperspektive
Nicht-Üben ist auch Üben
Meditation über Liebende Güte
III
Am Feuer sitzen
Harmonie – und ihre Vergänglichkeit
Am frühen Morgen
Direkter Kontakt
Gibt es noch irgendetwas, das Sie mir sagen möchten?
Die eigene Autorität beanspruchen
Wohin immer du gehst, da bist du
Treppensteigen
Den Herd putzen mit Bobby McFerrin
Was ist meine Aufgabe auf diesem Planeten?
Der Berg als Lehrer
Zusammenhang und Unbeständigkeit
Ahimsa: Nicht-Schaden
Karma
Ganzheit und Einssein
Besonderheit und »Soheit«
Sich selbst Fragen stellen
»Ich« und »Mein«
Wut
Lehrreiches Katzenfutter
Elternschaft als Übung
Elternschaft II
Fallstricke auf dem Weg
Ist Achtsamkeit eine spirituelle Praxis?
Nachwort
Dank
Englischsprachige Übungs-CDs zur Achtsamkeitsmeditation mit Jon Kabat-Zinn
Deutschsprachige, von Jon Kabat-Zinn autorisierte Übungs-CDs
Der komplette 8-Wochen-Kurs auf Deutsch
Informationen zu MBSR im deutschsprachigen Raum
Für Myla – in Liebe jenseits aller Worte.
Für Will, Naushon, Serena, Toby, Asa, Stella und Joaquim, wohin immer euer Weg euch führt.
Und in Erinnerung an Tante M., alias Maureen Stafford, Ärztin, Bodhisattva, Mutter, Großmutter, unermüdliche Kinderbuchverschenkerin, Achtsamkeitslehrerin und ein Segen für die Welt.
Mit einer tiefen Dharma-Verbeugung vor den engagierten Lehrenden und Praktizierenden der Achtsamkeit überall auf der Welt.
Obgleich sich dieses Buch nicht einmal ansatzweise mit der Wissenschaft der Achtsamkeit oder ihren klinischen Anwendungen befasst, ist mir im Laufe der vergangenen drei Jahrzehnte aufgefallen, dass es in der wissenschaftlichen und medizinischen Fachliteratur nach wie vor häufig zitiert wird, und zwar allein aufgrund eines einzigen Details: nämlich einer vorläufigen Definition von Achtsamkeit, die ich in der ersten Ausgabe von 1994 anbot, um denjenigen, die nicht durch die formale meditative Praxis aus erster Hand mit ihr vertraut waren – und das war damals praktisch jeder –, zu erklären, was Achtsamkeit eigentlich ist. Ich beschrieb sie als das Gewahrsein, das entsteht, wenn man die Aufmerksamkeit gezielt und ohne zu werten auf den gegenwärtigen Augenblick richtet. Und sucht man nach einer Begründung, was uns dazu veranlassen sollte, mehr Achtsamkeit zu kultivieren, ließe sich ein Satz hinzufügen, wie ich ihn in der Einführung zu Meditation ist nicht, was du denkst im Jahr 2018 formuliert habe: Es geschehe »… im Dienste der Weisheit, der Einsicht in unser eigenes Wesen, der Erkenntnis unserer inneren Verbundenheit mit anderen und der Welt und damit auch im Dienste des Wohlwollens und des Mitgefühls«. In Anlehnung an die großartige und brillante Greta Thunberg erscheint es mir völlig angemessen, im menschlichen Bewusstsein eine Superkraft zu sehen, über die wir alle bereits verfügen, allein weil wir Menschen sind. Doch zum größten Teil bleibt diese Superkraft von der Menschheit unerkannt und ungenutzt – die Mainstream-Kultur bietet uns so gut wie keine Anleitung, wie wir sie uns erschließen, zu eigen machen und uns ihrer bedienen können. Das muss sich jetzt auf globaler Ebene ändern, und zwar ziemlich schnell, wenn wir unser volles Potenzial als Spezies ausschöpfen und dem Namen, den wir uns selbst gegeben haben, gerecht werden wollen: Homo sapiens sapiens – die vernunftbegabte Spezies, die sich ihrer Vernunft bewusst oder, in Anlehnung an die moderne psychologische Terminologie, mit Bewusstsein und Metabewusstsein ausgestattet ist. Es ist an der Zeit aufzuwachen, oder vielleicht schon längst überfällig. Und es gibt nur einen Zeitpunkt, zu dem dies jemals geschehen kann. Ahnen Sie, welcher das sein könnte? Dies ist ein Moment, in dem es heißen muss: »Alle Mann an Deck auf dem Raumschiff Erde«, um den von Buckminster Fuller stammenden Ausdruck zu zitieren, der heute so aktuell ist wie vor einem halben Jahrhundert. Das Dharma – in all seiner Einfachheit, Komplexität und Universalität – war noch nie so notwendig für das Wohlergehen der Menschheit und des Planeten.
Am 11. September 2001 lehrte der japanische Zen-Meister Harada Roshi in seinem amerikanischen Zentrum auf Whidbey Island im Puget Sound. Meine Frau Myla und ich waren zufällig auf der Insel und hatten am Abend zuvor einen Workshop über achtsame Elternschaft geleitet. Am nächsten Morgen kam in Amerika alles zum Stillstand, als auch wir von den Anschlägen dieses Tages erfuhren. Graue Kriegsschiffe tauchten aus dem Nebel auf und patrouillierten in der Bucht. Harada lud eine Reihe von Menschen aus der Umgebung dazu ein, ihn an diesem Tag aufzusuchen – eine willkommene Atempause von den Bildern der einstürzenden Zwillingstürme, die in den Nachrichten immer wieder gezeigt wurden. Als wir gingen, überreichte er jedem von uns Anwesenden eine Zen-Kalligrafie, ein Enso – ein mit einem einzigen Pinselstrich gezogener Kreis –, unter dem in englischer Sprache stand: Vergesst niemals die tausendjährige Sicht. Was nicht dastand, uns dabei aber nicht entging, war die bittere Wahrheit, dass wir vermutlich nicht tausend Jahre Zeit haben werden. Die Dringlichkeit, zu unserem wahren Wesen und Potenzial als menschliche Wesen zu erwachen, war noch nie so groß und die Chancen dafür waren noch nie so gut wie heute, in einer Zeit, in der sich eine immer umfassendere und immer leichter zugängliche universelle Dharma-Weisheit über die ganze Welt verbreitet und durch das Internet in wachsendem Maße für alle zugänglich ist. In einer sehr realen Weise nimmt die Übung der Achtsamkeit – nicht nur als befreiende formale Meditationspraxis, sondern auch als eine davon nicht zu trennende Weise des Seins – die Merkmale einer selbstlosen Liebesbeziehung an und wird zum Ausdruck all dessen, was das Tiefste und Beste in unserer Natur als menschliche Wesen ist. So wird das Leben selbst und die Art und Weise, wie wir es von Augenblick zu Augenblick leben, zur eigentlichen Meditationspraxis.
In meinem Wortschatz ist Achtsamkeit schlicht und einfach gleichbedeutend mit Gewahrsein. Aber obwohl sie unser Geburtsrecht und buchstäblich nur einen Atemzug entfernt ist, haben wir zu dieser Superkraft kaum einen Zugang, der zuverlässig funktioniert. Achtsamkeitsmeditation ist ein Weg, uns diesen Zugang zu erschließen, sodass reines, im Körper verankertes Gewahrsein oder wache Präsenz sozusagen zu unserem Standardmodus werden kann – zur Basis unseres Seins und zu einem Kompass, mit dem wir unseren Weg durch das Leben finden. Auf diese Weise sorgen wir nicht nur für ein Höchstmaß an Wohlergehen für uns selbst, für andere Menschen, für alle Lebewesen und unsere Welt, sondern auch für ein Minimum an Täuschung und Leiden, wo immer dies in unserer Macht steht.
Hier eine kleine Geschichte, die ihren Ursprung in der Meditationstradition des Zen/Chan-Buddhismus hat und die Ihnen vielleicht einen kleinen Vorgeschmack auf die Weisheit des reinen Gewahrseins aus einer nicht-dualistischen Perspektive gibt, die für jedes tiefe und im Körper verankerte Verständnis dessen, was Achtsamkeit ist und was nicht, als grundlegend gilt:
Hui-neng (638–713), einen einfachen Holzsammler, der weder lesen noch schreiben konnte, zog es stark zum Dharma des Erwachens hin. Als er fast noch ein Junge war, hörte er einen Mönch aus dem Diamant-Sutra rezitieren, und eine Zeile traf ihn sofort bis ins Mark: »Entwickle einen Geist, der an nichts haftet«, manchmal auch wiedergegeben mit »Entwickle einen Geist, der nirgends verweilt«. Auf der Stelle öffnete sich sein Geist. Er verließ sein Zuhause und suchte das Kloster des fünften Chan-Patriarchen Hongren auf, wo er als Küchenjunge arbeitete, dem das Dreschen von Reis aufgetragen war. Acht Monate darauf ließ der Meister in der Gemeinschaft der tausend Mönche verkünden, dass er sein Gewand und seine Bettelschale als Insignien seiner Autorität und seines Dharma-Verständnisses an einen Nachfolger weiterzugeben wünsche. Er forderte jeden, der sich dazu berufen fühlte, dazu auf, als Beleg für sein Verständnis der Essenz des Chan/Dharma einige Verse an die Klostermauer zu schreiben, damit alle seine Weisheit erkennen könnten. Shenxiu, der gelehrteste seiner Schüler und von den Mönchen weithin als der einzig mögliche Anwärter auf den Empfang der Meisterwürde angesehen, schrieb das Folgende:
Der Leib ist der Bodhi-Baum1,
der Geist ist wie ein klarer Spiegel.
Poliere ihn jederzeit mit Eifer,
lass keinen Staub sich auf ihm sammeln.
Als er einen jungen Novizen, der am Fenster der Dreschhalle vorbeikam, diese Verse rezitieren hörte, wusste der einfache Reisdrescher sofort, dass sie nicht stimmten. Da er Analphabet war, bat er den Jungen, ihn zur Klostermauer zu begleiten und ihm die Verse nochmals vorzulesen. Daraufhin fragte Hui-neng einen vorbeikommenden Tempelverwalter, ob es auch ihm, Hui-neng, erlaubt sei, einen Vers an der Mauer anbringen zu lassen. Der erstaunte Verwalter willigte ein, ihn an seiner Stelle zu schreiben. Hui-nengs Verse lauteten wie folgt:
Im Grunde gibt es weder einen Bodhi-Baum
noch einen klaren Spiegel.
Ursprünglich gibt es kein Ding –
worauf könnte Staub sich sammeln?
Offensichtlich bewies Hui-neng mit seiner prägnanten Erwiderung die Tiefe seines Verständnisses von Nicht-Dualität und der leeren Natur dessen, was wir als Selbst bezeichnen – das heißt, der Unmöglichkeit, eine feste, abgegrenzte, unveränderliche Wesenheit innerhalb des Bereichs von Name und Form oder besser gesagt außerhalb des Bereichs von Name und Form zu entdecken. So empfing der einfache Reisdrescher natürlich die Robe und die Schale, welche die direkte Übertragung der Dharma-Würde von einem erwachten Geist/Herz zum anderen symbolisieren, und wurde so zum sechsten und letzten Chan-Patriarchen. Aber die Zeremonie musste heimlich und ohne Zeugen stattfinden, da der aus seinem Amt scheidende Hongren wusste, dass die eifersüchtigen Mönche, trotz all ihrer Mitgefühlspraxis, es dem jungen Mann vielleicht verübeln würden. Hui-neng verließ das Kloster noch in derselben Nacht und trug nicht nur das Gewand und die Bettelschale mit sich, die symbolisch für die Übertragung der Dharma-Würde stehen, sondern auch das im Körper verankerte Wissen um die nicht selbstbezogene Natur der wachen Präsenz als den Kern der Meditationspraxis – einer Wesensnatur, die sowohl jenseits des zwangsläufig Instrumentellen auf einer relativen, konventionellen Ebene als auch jenseits des essenziell Nicht-Instrumentellen liegt und sich in einer eher grenzen- und zeitlosen, man könnte auch sagen: absoluten Weise bekundet. Diese Übertragungslinie setzte sich über mehrere Jahrhunderte in China fort und führte zu einer Blüte des Dharma in den Tang- und Song-Dynastien sowie zu Ausdrucksformen kultureller, künstlerischer und philosophischer Weisheit, die auf der Welt ihresgleichen suchen. Und sie ist bis zum heutigen Tag auf dem ganzen Planeten lebendig.
Eine der Formen, die das Formlose annimmt, ist die Achtsamkeit, die der Buddha ursprünglich als den »unmittelbaren Weg zur Erleuchtung« bezeichnete, zur Befreiung von Gier, Hass und Verblendung sowie dem damit verbundenen Egoismus und Leiden. Wie Sie sehen und hoffentlich auch unmittelbar im Herzen spüren werden – als eine Art »direkte Übertragung« aus diesen Zeilen, aus dem, was in ihnen, zwischen ihnen und unterhalb der Ebene der Worte zu lesen steht –, ist Achtsamkeit sowohl eine formale Meditationspraxis als auch eine Art des Seins.
Wenn der Inhalt dieses Buches Sie anspricht, dann wird er Sie hoffentlich auch dazu motivieren, sich der Übung der Achtsamkeit von ganzem Herzen hinzugeben und sich wirklich darauf einzulassen. Möge sie Sie ein Leben lang – um Ihrer selbst und des Wohles der Welt willen – begleiten. Möge sie jeden Augenblick Ihres Lebens bereichern, während sich dieses Ihr einzigartiges und kostbares Leben, das weder versäumt noch verkannt zu werden verdient, von Augenblick zu Augenblick in Achtsamkeit entfaltet.
Jon Kabat-Zinn
Es führt kein Weg daran vorbei: Wohin auch immer wir gehen, da sind wir. Was immer wir tun: Es ist das, was wir jetzt tun. Was immer uns durch den Kopf geht: Es ist das, was wir jetzt denken. Was uns auch immer widerfahren sein mag: Es ist bereits geschehen. Die entscheidende Frage ist, wie wir sinnvoll damit umgehen, mit anderen Worten: »Was nun?«
Ob es uns gefällt oder nicht, der jetzige Augenblick ist das Einzige, womit wir arbeiten können. Und doch führen wir unser Leben häufig so, als würden wir von Mal zu Mal vergessen, dass wir dort sind, wo wir bereits sind, in der Situation, in der wir uns schon befinden. Augenblick für Augenblick stehen wir an der Wegkreuzung des Hier und Jetzt. Doch wenn sich die Wolke des Vergessens auf uns senkt, dann verirren wir uns genau in diesem Augenblick. »Was nun?« wird dann zu einem echten Problem.
Mit »verirren« meine ich, dass wir in diesem Moment den Kontakt zu uns selbst und zum ganzen Spektrum unserer Möglichkeiten verlieren. Stattdessen verfallen wir in eine roboterhafte Art, wahrzunehmen, zu denken und zu handeln. Wir verlieren damit den Kontakt zu unserem tiefsten Inneren und berauben uns dadurch vielleicht unserer besten Möglichkeiten, kreativ zu sein, zu lernen, zu wachsen und heil zu werden. Und wenn wir nicht achtgeben, können sich jene umwölkten Augenblicke ausweiten, bis sie schließlich den größten Teil unseres Lebens ausmachen.
Um wirklich in Kontakt mit unserem Hier und Jetzt zu sein – welcher Art es auch sein mag –, müssen wir so lange im Erleben verweilen, bis der gegenwärtige Augenblick in uns einsinken kann – so lange, bis wir ihn wirklich spüren und seiner gewahr werden, um ihn in seiner ganzen Fülle zu erfahren und uns darin niederzulassen. Nur so können wir ihn besser kennenlernen, von innen heraus verstehen und wahrhaft wertschätzen. Erst dann können wir diesen Augenblick unseres Lebens in seiner Wahrheit akzeptieren, von ihm lernen und unseren Weg fortsetzen. Doch verlieren wir uns stattdessen nur zu oft in der Vergangenheit, in dem, was schon geschehen ist, oder wir sind mit unseren Gedanken bereits in der Zukunft und mit dem beschäftigt, was noch nicht ist. Wir halten Ausschau nach einem anderen Ort, einer anderen Situation, in der Hoffnung, dort besser aufgehoben und glücklicher zu sein, weil sie dem Leben, wie wir es uns wünschen oder bislang gewohnt waren, mehr entsprechen. Die meiste Zeit über sind wir uns dieser inneren Spannung, wenn überhaupt, nur zum Teil bewusst. Und wir sind uns bestenfalls auch nur teilweise darüber im Klaren, was genau wir in und mit unserem Leben tun, sind uns nur teilweise der Auswirkungen unserer Handlungen und, auf einer subtileren Ebene, der Auswirkungen bewusst, die unsere Gedanken darauf haben, was wir sehen und nicht sehen, was wir tun und nicht tun.
Zum Beispiel gehen wir meist ganz selbstverständlich davon aus, dass unsere Gedanken – die Vorstellungen und Ansichten, die wir zu einem bestimmten Zeitpunkt von etwas hegen – »die Wahrheit« über die Vorgänge »da draußen« in der Welt und »hier drinnen« in unserem Geist sind. In aller Regel ist das jedoch nicht der Fall.
Wir zahlen aber einen hohen Preis für diese falsche und ungeprüfte Annahme, dafür, dass wir fast mutwillig die Fülle unserer gegenwärtigen Augenblicke verkennen. Das hat Folgen, die sich im Stillen anhäufen und unmerklich unser Leben färben. Eine davon kann sein, dass wir nie völlig dort sind, wo wir tatsächlich sind, dass wir niemals mit der ganzen Fülle unserer Möglichkeiten in Berührung kommen. Stattdessen sperren wir uns in die subjektive Fiktion ein, bereits zu wissen, wer und wo wir sind, zu wissen, was geschieht, während wir in Gedanken, Fantasien und unbewussten Impulsen gefangen bleiben – meist in Bezug auf Vergangenheit und Zukunft, in Bezug auf das, was wir möchten und mögen, fürchten und ablehnen. Es sind Fantasien und Impulse, die ständig in uns aufsteigen und uns die Orientierung und die freie Sicht auf den Boden nehmen, auf dem wir stehen.
Dieses Buch handelt vom Erwachen aus solchen Träumen und den Albträumen, in die sie sich häufig verwandeln. Nicht einmal zu ahnen, dass man sich in einem Traum befindet, nennen die Buddhisten Nicht-Wissen oder Mangel an Achtsamkeit; in Fühlung mit diesem Nicht-Wissen zu sein wird hingegen als »Achtsamkeit« bezeichnet. Der Weg, um aus diesen Träumen aufzuwachen, ist der Weg der Meditation, der systematischen Entwicklung von Achtsamkeit und Gewahrsein des gegenwärtigen Augenblicks. Mit diesem Erwachen entsteht etwas, das wir »Weisheit« nennen können, eine tiefere Einsicht in Ursache und Wirkung und den Zusammenhang zwischen allem Geschehen. Das ist das Erwachen aus unserer selbst geschaffenen Traumwelt, in der wir nun nicht länger gefangen sind. Um unseren Weg zu finden, müssen wir lernen, dem gegenwärtigen Augenblick mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Er allein bietet uns die Möglichkeit, zu leben, zu wachsen, zu fühlen und uns zu verwandeln. Wir müssen uns der ungeheuren Zugkraft von Vergangenheit und Zukunft bewusster werden und uns dagegen wappnen, um nicht in ihren Sog zu geraten und der Traumwelt zu verfallen, die sie uns anstelle unseres realen Lebens vorgaukeln.
Zunächst ist es wichtig festzuhalten, dass es sich bei der Meditation nicht um irgendeine geheimnisvolle, mysteriöse Aktivität handelt – eine landläufige Vorstellung, die immer noch weit verbreitet ist. Zu meditieren bedeutet nicht, dass man zu einer Art Zombie, einer Statue, zu einem um sich selbst kreisenden Narzissten, Nabelbeschauer, Sektierer, Jünger, Mystiker oder östlichen Philosophen werden muss. In der Meditation geht es ganz einfach darum, man selbst zu sein und ein wenig mehr darüber zu erfahren, wer das ist. Es geht darum, uns darüber klar zu werden, dass wir uns auf dem Weg befinden, dem Weg, der unser Leben ist. Meditation kann uns helfen zu erkennen, dass dieser Weg eine Richtung hat, dass er immer weitergeht, Augenblick für Augenblick, und dass, was immer in diesem Augenblick geschieht, Einfluss darauf hat, was als Nächstes geschehen wird.
Wenn dem aber so ist, wäre es dann nicht sinnvoll, sich von Zeit zu Zeit ein wenig umzuschauen, um mehr in Kontakt mit dem zu sein, was jetzt geschieht, um sich innerlich und äußerlich auszurichten und den Weg, auf dem man sich befindet, und die Richtung, in der man sich bewegt, klar zu erkennen? Auf diese Weise sind Sie vielleicht besser in der Lage, einen Weg einzuschlagen, der Ihrem inneren Wesen gemäßer ist und besser entspricht – einen Seelenweg, einen Weg mit Herz, Ihren wahren Weg. Tun Sie es aber nicht, dann wird die unbewusste Dynamik dieses Moments auch auf den nächsten Moment abfärben. So ziehen die Tage, Monate und Jahre rasch vorbei, unbemerkt, ungenutzt und ungewürdigt.
Nur zu leicht verirren wir uns auf gefährliche Abwege, auf denen wir geradewegs ins Grab schlittern, oder wachen in jener plötzlichen Klarheit, die manchmal dem Augenblick des Todes vorausgeht, auf und erkennen, dass all das, was wir unser Leben lang für wichtig gehalten haben, bestenfalls ungeprüfte Halbwahrheiten waren, die auf Angst und Unwissenheit beruhten, und dass es unsere eigenen, das Leben einschränkenden Vorstellungen waren und nicht etwa die Wahrheit oder die Art, wie unser Leben hat zwangsläufig verlaufen müssen.
Niemand kann uns die Arbeit des Erwachens abnehmen. Mag sein, dass sich die Menschen aus unserem Familien- und Freundeskreis verzweifelt darum bemühen, zu uns durchzudringen, uns dazu zu verhelfen, klarer zu sehen oder uns aus unserer Blindheit zu befreien. Doch aufwachen können wir letztlich nur durch uns selbst. Und immer gilt: Wohin unser Weg uns auch führen mag, da sind wir. Immer ist es mein Leben, das sich da entfaltet.
Am Ende eines langen Lebens, das der Lehre der Achtsamkeit gewidmet war und in dem er viele Anhänger um sich geschart hatte, die sich wohl eine Anleitung auf ihrem eigenen Weg erhofften, wandte sich der Buddha mit diesen knappen Worten an seine Jünger: »Seid euch selbst ein Licht.«
Das Universum gewährt uns stets seine Unterstützung, wenn es darum geht, die Wirklichkeit der Dinge zu erhellen. Gewiss müssen wir uns selbst ein Licht sein. Aber wir sind dennoch nicht allein, selbst wenn es sich manchmal so anfühlt. Wie alles Leben sind auch Sie ein Teil immer größerer Kreise der Verbundenheit.
In meinem ersten Buch, Full Catastrophe Living2, habe ich versucht, den Weg der Achtsamkeit der amerikanischen Öffentlichkeit zugänglich zu machen, indem ich ihn des buddhistischen oder mystischen Nimbus zu entkleiden und als etwas ganz Alltägliches darzustellen versuchte. Achtsamkeit hat vor allem etwas mit Aufmerksamkeit und Gewahrsein zu tun, und das sind universell menschliche Fähigkeiten. In unserer westlichen Kultur neigen wir jedoch dazu, diese Fähigkeiten als selbstverständlich zu betrachten, und es kommt uns nur selten in den Sinn, sie zugunsten eines besseren Verständnisses unserer selbst und einer größeren Weisheit systematisch zu entwickeln. Meditation ist der Prozess, durch den wir unsere Aufmerksamkeit verfeinern und uns mit dem Gewahrsein tiefer vertraut machen, indem wir lernen, uns darin zu verankern. Damit versetzen wir uns in die Lage, sowohl die Aufmerksamkeit als auch das Gewahrsein in unserem Leben und in unserem Austausch mit der Welt auf sehr viel praktischere und potenziell heilsame und transformative Weise zu nutzen.
Full Catastrophe Living kann man sich als eine Art Navigationshilfe denken, als einen Lehrplan zur Stressbewältigung durch Achtsamkeit (Mindfulness-Based Stress Reduction oder MBSR), der für Menschen gedacht ist, die mit körperlichen oder seelischen Schmerzen und Krankheiten zu tun oder unter den Auswirkungen von zu viel Stress zu leiden haben. Die Aufgabe bestand darin, die Leserinnen und Leser anhand ihrer eigenen unmittelbaren Erfahrungen mit dem achtsamen Gewahrsein der Dinge, die wir alle so häufig übersehen, zur Einsicht zu bringen, dass es sehr triftige Gründe dafür gibt, die Achtsamkeit als formale Meditationspraxis sowie als Lebensweise in das eigene Leben zu integrieren, wozu auch die Verbesserung der körperlichen, geistigen und sozialen Gesundheit gehört. Im Amerika des Jahres 1979, als MBSR seinen Anfang nahm, erschien die Vorstellung, dass sich weite Teile der amerikanischen Bevölkerung einer authentischen und lebenslangen Meditationspraxis widmen könnten – um die Gesundheitskurve der Gesellschaft als Ganzes nicht im Sinne einer Therapie, sondern im Sinne einer Intervention im Bereich der öffentlichen Gesundheit auf landesweiter Ebene zum Positiven hin zu verschieben –, geradezu als verrückt. Doch genau dazu kommt es immer mehr und, wie ich meine, nicht einen Moment zu früh.
Ich will keineswegs behaupten, Achtsamkeit sei eine Art Allheilmittel oder Patentlösung für alle Probleme des Lebens. Weit gefehlt. Wundermittel sind mir nicht bekannt, und offen gestanden suche ich auch nicht danach. Jedes Leben ist einzigartig. Viele Pfade können zu Einsicht, zu größerer Weisheit und vertieftem Mitgefühl führen. Wir alle haben unsere eigenen Bedürfnisse, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, und uns allen sind andere Dinge wichtig, die es wert sind, im Laufe des Lebens erstrebt zu werden. Wir alle müssen unseren eigenen Weg finden, und dieser Weg muss dem entsprechen, wozu wir bereit sind und was wir zu erreichen hoffen.
Natürlich müssen Sie zunächst einmal bereit sein, sich auf eine formale Meditationspraxis einzulassen. Sie erfordert Zeit zur Umsetzung. Es verlangt Entschlossenheit, jeden Tag zu üben. Es erfordert ein hohes Maß an Disziplin. Sie müssen zum richtigen Zeitpunkt in Ihrem Leben zu ihr finden, zu einem Zeitpunkt, an dem Sie bereit sind, aufmerksam auf Ihre innere Stimme zu hören, auf Ihr Herz, auf Ihre Atmung – um einfach nur für sie und mit ihnen präsent zu sein, ohne irgendetwas tun oder anders oder besser machen zu müssen. Das ist harte Arbeit.
Mein erstes Buch, Full Catastrophe Living, schrieb ich, weil ich von den erstaunlichen mentalen und körperlichen Veränderungen beeindruckt war, über die uns Menschen berichteten, sobald sie nicht mehr angestrengt versuchten, sich von den schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen zu befreien, die sie zu uns in die Klinik geführt hatten, sondern sich acht Wochen lang einer gemeinsamen intensiven Disziplin des Sichöffnens und Zuhörens überließen, die für die Übung der Achtsamkeit charakteristisch ist.
Als »Navigationshilfe« musste das Buch detailliert genug sein, um Menschen, die sich in einer schweren Notlage befinden, die Möglichkeit zu geben, ihren eigenen Kurs zur Heilung sorgfältig zu planen. Es ging darum, auf die Bedürfnisse von Menschen einzugehen, die unter schweren Krankheiten und chronischen Schmerzen leiden und die Auswirkungen zu spüren bekommen, die eine belastende Lebenssituation auf ihre seelische, körperliche und soziale Gesundheit hat. Deshalb enthielt es eine Menge Informationen über Stress und Krankheit, Gesundheit und Heilung, über die wissenschaftliche Forschung zur Achtsamkeit sowie ausführliche Anleitungen zur Meditation und zum Aufbau einer disziplinierten Meditationspraxis.
Das vorliegende Buch verfolgt einen anderen Ansatz. Es soll vor allem einen schnellen und leichten Zugang zur Essenz der Achtsamkeitsmeditation und ihren Anwendungen ermöglichen und ist damit nicht nur oder in erster Linie für Menschen gedacht, deren Leben von akuten Problemen wie Stress, Schmerz und Krankheit geprägt ist. Es wendet sich insbesondere an Menschen, die sich mit strukturierten Programmen schwertun, sowie an alle, die sich nicht gerne sagen lassen, was sie tun und lassen sollen, jedoch gerne wissen möchten, was Achtsamkeit ist und welche Bedeutung sie hat, um anhand einer Reihe von Anregungen und Vorschlägen ihren eigenen Zugang dazu zu finden.
Außerdem wendet sich das Buch an Leser*innen, die bereits meditieren und die in ihrem Wunsch, mehr Gewahrsein und eine tiefere Einsicht in das Wesen der Achtsamkeit zu entwickeln, nach Unterstützung und neuen Impulsen suchen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Geist der Achtsamkeit, sowohl im Sinne einer zu entwickelnden formalen Übungspraxis als auch im Sinne unseres Bestrebens, die Achtsamkeit in alle Winkel unseres alltäglichen Lebens hineinzutragen. Jedes der kurzen Kapitel ist als ein Angebot zu verstehen, lässt uns durch eine der vielen Facetten des Diamanten der Achtsamkeit schauen, die sich uns durch ein leichtes Drehen des Juwels darbieten. Manche mögen einander ähneln, doch ist jede Facette zugleich auch einzigartig.
Diese allseitige Betrachtung des Diamanten der Achtsamkeit ist all jenen gewidmet, die in ihrem Leben einen Kurs in Richtung größerer Gesundheit und Weisheit einschlagen wollen, und im weiteren Sinne all jenen, die damit der Welt einen Dienst erweisen möchten. Dazu müssen wir bereit sein, einen tiefen Blick in den gegenwärtigen Augenblick zu werfen, was auch immer er mit sich bringen mag, im Geiste der Großzügigkeit und des Wohlwollens uns selbst gegenüber und der Offenheit gegenüber dem, was möglich ist.
Teil I des Buches beschäftigt sich mit den individuellen Voraussetzungen und Beweggründen, die Praxis der Achtsamkeit aufzunehmen und zu vertiefen. Hier geht es darum, damit zu experimentieren, wie Sie Achtsamkeit auf verschiedene Weise in Ihr Leben integrieren können. In Teil II werden einige grundlegende Aspekte der formalen Meditationspraxis behandelt. Mit formaler Praxis sind jene Zeitspannen gemeint, in denen wir unsere Alltagsaktivitäten unterbrechen, um uns anhand bestimmter Meditationstechniken gezielt der Entwicklung von Achtsamkeit und Konzentration zu widmen. Dazu lassen wir uns, indem wir uns im Körper verankern und über ihn stabilisieren, im »Raum« des Gewahrseins nieder, um so zunehmend an Klarheit und Gelassenheit zu gewinnen. Teil III befasst sich mit verschiedenen Anwendungsbereichen und -perspektiven der Achtsamkeit, wobei nicht genug betont werden kann, dass letztlich das Leben selbst die eigentliche Meditationspraxis ist. Unter der Überschrift »Übung« bieten einige Kapitel aller drei Teile konkrete Vorschläge, wie sich Elemente sowohl der formalen als auch der nichtformalen Achtsamkeitspraxis in das Alltagsleben integrieren lassen. Ich möchte Ihnen ans Herz legen, sich mit diesen Vorschlägen ernsthaft zu befassen, aber auch den spielerischen Aspekt dabei nicht zu kurz kommen zu lassen.
Dieses Buch bietet genügend Anleitungen, um sich der Meditationspraxis allein, ohne weitere Materialien oder Hilfsmittel, zu widmen. Vor allem zu Beginn empfinden es viele Menschen jedoch als hilfreich, sich der verschiedenen Formen der Audioanleitung zu bedienen, um sich die tägliche Disziplin einer formalen Meditationspraxis zu erleichtern, bis sie den Dreh raushaben, um von da an selbstständig weiterzuüben. Andere stellen für sich fest, dass es auch nach jahrelanger Meditationspraxis gelegentlich sinnvoll ist, geführte Meditationen zu nutzen. Speziell für die Verwendung mit diesem Buch wurde daher eine Reihe geführter Meditationen mit einer Länge von 10 bis 30 Minuten entwickelt; sie bieten denjenigen, die mit der formalen Achtsamkeitsmeditation noch nicht vertraut sind, einige Ansätze, mit denen sie experimentieren können, und lassen ihnen dabei den Spielraum, selbst zu entscheiden, welche Dauer der formalen Praxis zu einem bestimmten Zeitpunkt für sie die richtige ist.3
Die Blüte des Augenblicks
Nur der Tag bricht an, für den wir wach sind.
Henry David Thoreau, Walden
Auch wenn es einfach sein mag, Achtsamkeit zu praktizieren, ist es doch nicht unbedingt leicht. Achtsamkeit verlangt von uns Einsatz und Disziplin, weil die Kräfte, die unserer Achtsamkeit entgegenwirken – nämlich habituelle Unaufmerksamkeit und unreflektierte Verhaltensmuster –, äußerst hartnäckig sind. Sie sind so stark und uns so wenig bewusst, dass ein innerer Entschluss und eine bestimmte Art von innerer Arbeit notwendig sind, nur um unsere Versuche fortsetzen zu können, der einzelnen Augenblicke gewahr zu werden und ein gewisses Maß an Achtsamkeit aufrechtzuerhalten. Doch ist dies eine zutiefst befriedigende Arbeit, weil sie uns mit vielen Aspekten unseres Lebens in Kontakt bringt, die wir normalerweise übersehen und die uns sonst verloren gehen.
Außerdem ist das Üben der Achtsamkeit eine erhellende und befreiende Arbeit. Erhellend ist sie, weil sie es uns ermöglicht, Bereiche unseres Lebens buchstäblich klarer zu sehen und dadurch besser zu verstehen, die uns bisher unzugänglich waren oder mit denen wir uns nicht auseinandersetzen wollten. Dazu kann auch gehören, tiefe Emotionen zuzulassen – wie Kummer, Verlassenheit, Traurigkeit, Verletztheit, Wut und Angst –, die im Gewahrsein zu halten oder bewusst auszudrücken wir uns vielleicht nicht zugestehen. So können wir schließlich lernen, uns mit diesen Gefühlen anzufreunden und sie zu verwandeln, damit sie unser Wohlbefinden nicht untergraben. Achtsamkeit kann uns aber auch helfen, Augenblicke der Freude, des Behagens, der Ergriffenheit, des inneren Friedens und Glücks zu würdigen, die oft unbemerkt an uns vorüberziehen. Und Achtsamkeit wirkt befreiend, da sie uns neue Formen entdecken lässt, in uns selbst und in der Welt zu sein, Seinsweisen, die uns aus jenem Trott befreien, in den wir so oft verfallen. Zudem bringt uns die Achtsamkeit in unsere Kraft, weil sie uns den Zugang zu den Quellen der Kreativität, Intelligenz, Fantasie, Klarheit, Entschlossenheit, Kompetenz und Weisheit eröffnet, die tief in uns angelegt sind.
Ein Grundzug unseres Daseins, dessen wir uns oft gar nicht bewusst sind, ist die Tatsache, dass wir praktisch ununterbrochen denken. Dieser Gedankenstrom, der sich unablässig durch unseren Geist wälzt, lässt uns kaum Zeit, innere Stille zu erfahren. Und wir geben uns selbst ohnehin nur sehr wenig Raum, einfach nur zu sein, anstatt pausenlos auf Trab zu sein und irgendwelche Dinge zu tun. Oft genug haben unsere Handlungen etwas Getriebenes an sich, anstatt aus Besonnenheit hervorzugehen – getrieben von jenen nur allzu gewöhnlichen Gedanken und Impulsen, die wie ein reißender Fluss oder gar ein tosender Wasserfall unseren Geist überfluten. Wir lassen uns von diesem Strom mitreißen, bis er schließlich unser ganzes Leben verschlingt und uns an Orte trägt, an die zu gelangen wir weder vorausgesehen noch beabsichtigt haben.
Meditation bedeutet zu lernen, wie wir diesem Strom entkommen können, bedeutet, uns an seinem Ufer niederzulassen, ihm zu lauschen, von ihm zu lernen und seine Energien zu nutzen, um uns von ihnen anleiten anstatt tyrannisieren und einsperren zu lassen. Es ist ein Lernprozess, der sich nicht auf magische Weise von selbst ergibt, sondern wir müssen uns darum bemühen. Dieses Bemühen um einen besseren Zugang zu unserer Fähigkeit, im gegenwärtigen Moment zu verweilen, nennen wir »Übung«, »Praxis« oder »Meditationspraxis«. Wie Sie sehen werden, kommt die wahre Meditationspraxis letztlich mit dem Leben selbst zur Deckung – als eine Liebeserklärung an das, was am wertvollsten ist und dennoch am leichtesten versäumt wird.
Frage: Wie kann ich eine Verwirrung auflösen, die sich völlig meinem Bewusstsein entzieht?
Nisargadatta: Indem du bei dir selbst bist … indem du dich in deinem Alltag mit wachem Interesse beobachtest, in der Absicht zu verstehen, statt zu bewerten, indem du alles, was auftauchen mag, vollständig akzeptierst, weil es schon da ist – indem du dies tust, lockst du das, was sich in der Tiefe befindet, an die Oberfläche, sodass es mit seinen zuvor gefesselten Energien dein Leben und dein Bewusstsein bereichern kann. Dies ist das große Werk des Gewahrseins; es beseitigt Hindernisse und befreit Energien, indem es zum Verständnis der Natur des Lebens und des Geistes führt. Intelligenz ist die Tür zur Freiheit, und wache Aufmerksamkeit ist die Mutter der Intelligenz.
Nisargadatta Maharaj, Ich bin
Viele Menschen stellen sich Meditation als eine besondere Form von Aktivität vor, doch ist das nicht ganz zutreffend. Anstatt zu sagen: »Sitz nicht einfach herum, sondern tu etwas!«, scherzen wir manchmal: »Tu nicht einfach irgendetwas, sondern sitze.« Doch Meditation hat auch nicht unbedingt etwas mit Sitzen zu tun, sondern eher mit Innehalten und innerer Präsenz, ohne jeden Moment mit irgendetwas ausfüllen zu müssen. Normalerweise sind wir fast pausenlos in Aktion. Was, wenn Sie in Ihrem Leben einmal innehalten würden, nur einen Augenblick lang? Könnte es dieser Augenblick sein? Was würde passieren, wenn Sie es täten?
Eine gute Möglichkeit, einmal von allem Tun Abstand zu nehmen, besteht darin, für einen Augenblick in den »Seinsmodus« zu wechseln. Vielleicht probieren Sie es gleich jetzt einmal aus: Stellen Sie sich als ein grenzen- und zeitloses Feld des Gewahrseins vor, das im Körper zentriert ist und diesen Moment mühelos in seiner ganzen Fülle wahrnimmt. Beobachten Sie einfach diesen Augenblick, ohne eingreifen oder irgendetwas an ihm verändern zu wollen. Was geschieht hier und jetzt? Was empfinden Sie? Was sehen Sie? Was hören Sie?
Das Bemerkenswerte am Innehalten ist, dass Sie mit ihm sofort im Hier ankommen. Die Dinge werden einfacher. In gewisser Weise ist es so, als würden Sie sterben, während die Welt um Sie herum weiter besteht. Sollten Sie tatsächlich sterben, würden sich all Ihre Verpflichtungen augenblicklich in Luft auflösen. Was davon übrig bliebe, würde auf irgendeine Weise ohne Ihr Zutun erledigt werden. Niemand kann Ihre einzigartigen Pläne an Ihrer Stelle ausführen. Sie würden sie mit ins Grab nehmen, so wie es bei allen anderen Menschen, die vor Ihnen gestorben sind, auch der Fall war. Deshalb brauchen Sie sich darüber im Grunde keinerlei Sorgen zu machen.
Und wenn dem so ist, dann brauchen Sie jetzt auch nicht Ihr Handy hervorzuholen, zum PC zu laufen oder sich auf andere Weise abzulenken, auch wenn Sie vielleicht meinen, dies tun zu müssen. Sie brauchen jetzt auch nicht zu einem Buch zu greifen, noch schnell eine Besorgung zu machen oder eine Whatsapp-Nachricht oder E-Mail zu verschicken. Indem Sie sich ein paar Augenblicke Zeit nehmen, um »absichtlich zu sterben«, und sich so dem Verlauf der Zeit für einen Augenblick entziehen, während Sie in Wahrheit noch leben, schaffen Sie Platz für die Gegenwart. Indem Sie nun auf diese Weise für Vergangenheit und Zukunft »gestorben« sind, werden Sie in Wahrheit lebendiger im Jetzt. Sie erkennen, dass dieser Moment der einzige ist, der Ihnen – oder uns allen – jemals zur Verfügung steht. Warum also nicht sich in ihm niederlassen, solange Sie die Chance dazu haben, und sehen, was sich im Hier und Jetzt entfaltet?
Das ist es, was das Innehalten bewirken kann. Daran ist nichts Passives. Und wenn Sie sich dann dazu entschließen, Ihren Weg fortzusetzen, wird dieser Weg ein anderer sein, weil Sie innegehalten haben. Das Innehalten macht den Weg tatsächlich lebendiger, reichhaltiger, vielfältiger. Es hilft uns, zu all den Dingen, über die wir uns Sorgen machen und denen wir uns nicht gewachsen fühlen, den richtigen Abstand zu gewinnen. Das Innehalten dient uns als ein verlässliches Koordinatensystem, als Orientierungshilfe auf dem Weg, während sich das Leben Augenblick um Augenblick in Zeitlosigkeit entfaltet.