Im Bann des Walknut: Ceard der letzte Wolfskrieger - Rolf Suter - E-Book

Im Bann des Walknut: Ceard der letzte Wolfskrieger E-Book

Rolf Suter

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Beschreibung

Ceard, der letzte aller Wolfskrieger, fordert König Ragnall auf, sein Versprechen einzuhalten. Ceard sollte in Erics Heimatland reisen dürfen, um Eric Hallvardsons Erben zu finden. Dieses Versprechen hatte er bekommen, nachdem Ceard seinen Jarl, den Großen Eric, vom Schlachtfeld getragen hatte. Auf dem Schiff eines Händlers namens Ilfuldur, angeheuert von Ragnall, kommt Ceard an einen Ort im Norden, an dem Ilfuldur den Namen Hallvardson verortet. Und tatsächlich, sie finden Thorleif und seine Schwester Ragnhild: Erics Kinder, von denen er nichts wusste. Die letzten Überlebenden einer großen Vergangenheit. Doch ihr Handelsplatz steht im Krieg. Ceard erkannte schnell, dass jegliches Aufbäumen gegen König Haraldr Schönhaar zwecklos erschien. In den Tagen des letzten Kriegs findet Ceard seine Liebe zu Ragnhild – und seine Stärke, auch mit Odin. Doch reicht das aus, um den Untergang abzuwehren?

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Autor
Ich habe für eine gute Überfahrt gebetet
Ich bin hier als Meldeläufer
Immer noch hier, Håkon?
Wer sind die Toten dort?
Deine Waffen liegen schon bei mir
Lasst mich vor Ragnall sprechen!
Mehr Schmerz als alle Wunden
Siehst du das, mein Wolf?
Ich gewähre euch einen Tod in Ehren
Deine Haut gehört nur mir
Es soll mein Bluttag werden
Nachwort
Danksagung
Glossar
Bisher erschienen
Impressum

Im Bann des Walknut

 

Band 6

 

Ceard der letzte Wolfskrieger

 

von

Rolf Suter

 

 

 

 

ELVEA

 

Autor

Rolf Suter, geboren 1959 in Zürich/Schweiz, hat einen handwerklichen Beruf gewählt, den des Malers. Geschichte im Allgemeinen faszinierte ihn schon seit früherster Jugend, hauptsächlich die Geschichte der Germanenstämme und der Kelten – vor allem die der Nordgermanen, der Wikinger. Ihre Epoche, ihr Glauben und die Runen ziehen ihn noch jetzt in Bann.

Nach vielen Reisen nach Skandinavien und England, Besuchen an den Schauplätzen der Geschichte entstand dieses Werk. Suter kennt jeden der Orte, die er beschreibt, er ist Fachmann für die Mythologie der Wikinger. Alle nachprüfbaren Behauptungen seines Werks stimmen.

 

Ich habe für eine gute Überfahrt gebetet

Sven betrat die Taverne, da er hoffte, mich hier zu finden. Er blickte gehetzt um sich. Er war erleichtert darüber, mich endlich gefunden zu haben, und sah mich nach ihm winkend. Er setzte sich mir gegenüber und sagte. »Trink aus, Ceard! Ragnall tobt wie ein Wilder in seiner Halle. Er will dich augenblicklich sehen.«

Ich nickte und leerte den Becher. Wir beide kannten Ragnalls Zustand nur zu gut, wenn er tobte. »Was will er?«, fragte ich Sven. Der zuckte nur mit den Schultern. »Er schreit nur ständig nach dir.« Das konnte vieles bedeuten.

So eilten wir durch die Gassen an seinen Regierungssitz und zu seiner Halle. Ich trat ein.

»Du willst mich sehen, Ragnall?«

Er drehte seinen Kopf zu mir. Sein Blick war streng und hart, als er sagte. »Ahhh. Da bist du ja endlich.«

Er winkte mich näher, wobei er mir einen Becher Ale reichte. »Sag mir einfach und ehrlich: Bin ich ein so schlechter Jarl? Liegt es an deiner Bezahlung. Warum willst du mich verlassen?«

Ich widersprach ihm: »Du bist ein guter Jarl. Doch du selbst, in Person, hast mir erlaubt, nach Erics Erben zu suchen. Indes erst, wenn sich die Lage beruhigt hat. Nun sind die Fronten ruhig und gesichert. Und deshalb erfülle meinen Wunsch: dass ich mit meiner Suche beginnen kann. Um den Nachfahren ihr Erbe zu übergeben. Dies muss ich tun. Dies sind meine Bürde und mein einziger Wunsch. Das weißt du nur zu gut. An meiner Ehrlichkeit brauchst du nicht zu zweifeln.«

Ragnall warf seinen Becher und seinen Stuhl an die harte Steinwand, während er unter Fluchen tobte.

»Das ist das Problem. Du bist das Problem, Ceard. An deiner Ehrlichkeit ist nicht zu zweifeln. Ohne Frage. Du bist auch einer der wenigen, die mir widersprechen dürfen, und ich muss dir auch noch für mein Leben dankbar sein wie einst Eric.«

Ein erneuter Anfall überwältigte ihn, dann stoppte er abrupt. Suchte nach seinem Becher. Füllte ihn neu auf und zog mich an einen kleinen Tisch. »Setz dich und hör mir zu. Ich rüste eine Flotte aus und wir kehren zusammen zurück. Was hältst du davon?«

Ich sah in seine grünen Augen. »Keine gute Idee. Wer soll den Thron hier verteidigen? Du hast keinen Vetter hier. Noch Sohn oder Tochter, die dein Erbe zu behaupten wüssten.«

Sein Blick verfinsterte sich und er blieb erstaunlich ruhig: »Deine Einwände haben Hand und Fuß.« Er schlug hart auf den Tisch und sagte scharf: »Verlass mich jetzt sofort.«

Es vergingen einige Tage, als Ragnall mich wieder zu sich rief. »Was kann ich für dich tun, Ragnall?«

»Du nichts, aber ich für dich. Ich habe einen Händler gefunden. Er heißt Ilfuldur und glaubt, deinen Hallvardson zu kennen. Er hat sich bereit erklärt, dich mitzunehmen.«

Erstaunt sah ich ihn an.

»Du musst dich eilen, denn morgen will er wieder ablegen.«

»Was will er für die Überfahrt?«

Ragnall winkte ab. »Ich bestellte diesen Händler hierher und habe ihn mir genau angesehen.«

Ich wusste, was Ragnall damit meinte und was der Händler durchmachen musste und nickte.

Zufrieden sagte er. »Er scheint ein aufrechter Mann zu sein. Ich habe bei ihm keine Falschheit feststellen können. Ich legte ihm den Vertrag hin und mein Messer. Er unterschrieb ihn mit seinem eigenen Blut. Dafür habe ich ihn auch fürstlich belohnt. Nun trink deinen Becher aus und geh mir aus den Augen.«

Ich tat, was er verlangte, verneigte mich leicht und wollte gehen, als er mich brüsk zurückrief. »Willst du mittellos gehen? Wie willst du die Zeche heute Nacht mit deinen Freunden begleichen? Mit deinen beißenden Sackflöhen, vielleicht?«

Er warf mir einen kleinen Lederbeutel zu. »Nun verschwinde aus meinem Blickfeld.«

Dann rief er mir zu: »Noch sind es nur drei seetüchtige Langschiffe, die auf Abruf von mir bereitstehen. Doch Ende dieses Monats stehen weitere vier bereit. Sie werden dich unterstützen oder befreien.« Dann schmunzelte er zufrieden und winkte mich hinaus.

Mit dem Beutel verließ ich seine Halle. Nach durchzechter Nacht brachte mich Sven zum Anleger, wo Ilfuldur schon, zum Ablegen bereit, auf mich wartete. Sven spürte noch die letzte Nacht in seinem Kopf. Half mir mit meinem Gepäck.

Nun war es Zeit. Der Abschied würde gleich folgen. Doch die Wache erschien und befahl zu warten. Sven sah mich an, als kurz darauf Ragnall erschien: »Nun, mit meinem Segen können die Leinen gelöst werden. Ich habe für eine gute Überfahrt gebetet.« Er suchte Ilfuldur und blickte ihn grimmig an. »Denkt an unseren Vertrag, Ilfuldur.« Der nickte ernst und griff an seinen Unterarm, um zu zeigen, dass er den Handel ernst nahm.

Ruder stachen ins Wasser und brachten das Schiff aufs offene Meer. »Willkommen auf meinem ›Seeadler‹, Fremder.« Ich nickte ihm zu und dankte ihm. Mit dem Hissen des Segels blickte ich auch das letzte Mal zurück. Auf den kleinen Streifen am Horizont, der mein Heimatland war.

Am zweiten Tag sagte Ilfuldur. »Du bist mit der Seefahrt vertraut, wie mir scheint?« Ich sah ihn an und nickte. »Ja. Das bin ich. Doch das Schlimmste ist eine Schlacht auf See, Ilfuldur.«

Erstaunt fragte er: »War das mit Ragnall zusammen?«

Ich nickte stumm. Nach einem langen Schweigen sagte ich: »Eine der schlimmsten Schlachten, die ich erleben musste, Ilfuldur. Die Schiffe hoben und senkten sich im Wellengang. Das Kämpfen auf salzwassernassen, blutverschmierten Planken. Zwischen brennenden Schiffen, dickem Rauch, der einem die Sicht nahm und das Atmen schwer machte. Kaum zu erkennen, wer Feind oder Freund war. Auf beiden Seiten lauert der Tod. Der Feind, der uns nach dem Leben trachtet, oder Rans Töchter, die gierig ihre Netze nach den Überbordgegangenen auswerfen. Nein, Ilfuldur. Dies will ich niemals mehr erleben.«

Er hörte mir gespannt zu, als er seinen Kopf senkte und berührt sagte. »Das verstehe ich.«

Am Morgen des zweiten Tages wechselte ich mein Hemd und bemerkte Ilfuldurs Blick auf mir. »Ein Seemann bist du wahrlich nicht. Deine unzähligen Narben zeigen mir, dass du ein Mann der Schlachten bist und dein Handwerk verstehst.«

Leise sagte ich: »Ich hätte mir auch ein anderes Leben vorstellen können.«

Ilfuldur nickte. »Dein Jarl, dieser Ragnall. Er ist ein erbarmungsloser Herr. Habe ich recht?«

»Das stimmt so nicht, Ilfuldur. Wenn du sein Vertrauen errungen hast, dann ist er ein gütiger Freund und Herr. Warum fragst du?«

Er zog seinen Ärmel hoch und zeigte auf den blutigen Verband. »Ich wurde zu ihm gebracht und er fragte mich aus, als hätte ich etwas verbrochen. Erst dann fragte er mich, dich als Gast mitzunehmen. Ich stimmte zu und er bezahlte für dich. Auch drohte er mir, wenn ich dich nicht mehr zurückbringen würde und jemals wieder dieses Land betreten sollte. Dann würde er mir eigenhändig meine Haut vom Leibe ziehen.«

Ich nickte und wusste: Ragnall würde es tun.

»Darum der Verband?«

Ilfuldur sagte. »Ragnall legte mir einen Vertrag für deine Überfahrt und zurück hin, den ich mit meinem eigenen Blut unterschreiben musste. So etwas habe ich noch nie erlebt.«

»Ja. Das ist Ragnall. Erbarmungslos und zugleich großzügig. Ein Beispiel, Ilfuldur! Bringst du mich zurück, dann werden dir in Jorvik, seinem Reich, alle Türen offen stehen. Einen Handelsplatz an bester Lage zugeteilt, was dir noch bessere Geschäfte bringt.«

Er nickte. »Er hat mir das Dreifache bezahlt, was ich gefordert hatte. Doch er drohte ebenfalls bei einem Versagen, mir die Haut eigenhändig vom Leib zu ziehen.«

Ich wusste, Ragnall würde es ohne zu zögern auch tun. Ich blickte auf die wogende See. Dank gutem Wind glitt Ilfuldurs Schiff schnell und sicher über die Wellen.

Als der Steuermann »Land!« rief, erhob sich Ilfuldur. »Wo, Frietje?« Der Steuermann zeigte auf eine sich schwach abzeichnende Linie am Horizont. Wir sahen auf den kleinen Streifen am Horizont.

»Bald, Ceard, haben wir das Ziel erreicht«, sagte Ilfuldur.

Wir näherten uns schnell der Küste und folgten ihr. Gespannt sah ich auf das fremde Land. Ich blickte auf hohe schroffe Berge und grüne tiefe Täler. Genauso, wie es mir Eric und die anderen immer erzählt hatten.

Der Steuermann hielt den Kurs, als Ilfuldur sagte: »Frietje, du weißt, welche Siedlung ich meine?« Er lachte nur. »Sicher. Oder wie lange bin ich schon dein Steuermann.« Ilfuldur lachte und schlug ihm auf die Schulter. Frietje steuerte auf einen breiten Strom zu. »Was für ein breiter Fluss ist das?«, fragte ich Ilfuldur.

»Kein Fluss. Wir nennen sie Fjorde und es gibt sehr viele in diesem Land.«

Langsam fuhren wir hinein. Ilfuldur gab Anweisungen, den Vordersteven in Form eines Drachens abzunehmen und durch einen weißen Schild zu ersetzen. »Nun geht es nicht mehr lange, dann haben wir unser Ziel erreicht«, sagte Ilfuldur freudig. Doch als er auf mein angespanntes Gesicht sah, fragte er unsicher: »Was hast du, Ceard?«

Ich legte meine Hand auf seine Schulter. »Ein Unbehagen befällt mich, Ilfuldur.« Er blickte mich ungläubig an. »Das braucht es nicht. Es ist ein großer Handelsplatz.« Ich zeigte auf den Himmel und sagte. »Ist dann der dicke Rauch normal?«

Ilfuldur rief hektisch: »Segel einziehen und Ruder auslegen.« Und zu seinem Steuermann: »Halte das Schiff vom Land entfernt.«

Also diese Entscheidung sollte sich bald als gut erweisen. Ilfuldur blies in sein großes Signalhorn, um uns anzukündigen. Der tiefe Ton hallte zwischen den hohen Felsen und langsam bog das Schiff um die kleine Landzunge. Erneut blies er in sein Horn. Doch der Empfang war feurig. Eine Salve von Feuerpfeilen empfing uns. Sie waren keine Gefahr für uns. Wir waren zu weit entfernt, als dass sie uns treffen konnten. Ilfuldur blies erneut in sein Horn und zeigte auf den weißen Schild.

»Ich bin Ilfuldur, der Händler. Ihr kennt mich.«

Eine tiefe Stimme rief uns zu. »Ilfuldur kennen wir, doch kann ich dich nicht erkennen. Rudert näher.«

Ilfuldur nickte seiner Mannschaft zu, die das Schiff mit langsamen Ruderschlägen näherbrachten. Ein Mann trat auf den langen hölzernen Anleger. Der hielt sein Schild vor sich und sein gezogenes Schwert in der Hand.

»Bist du es, Björnulfr?« Er erhob sein Schwert. »Ja, der bin ich. Auch jetzt erkenne ich dich. Du bist Ilfuldur, der Händler. Legt an. Neben die anderen Händler. Auch wenn es nicht die beste Zeit dafür ist.«

Misstrauisch blickte ich mich um. Ich traute der Sache nicht. Doch je näher wir uns dem Anleger näherten, umso mehr Unbewaffnete traten auf den Anleger. Das Schiff legte an und wurde vertäut. Björnulfr trat heran: »Ilfuldur, was hat dich hierher getrieben? Hast du nicht gehört, dass wir mit diesem Haraldr Schönhaar im Krieg stehen?« Ilfuldur verneinte erstaunt. »Ich komme direkt vom Danelag.«

Björnulfr blickte über das Schiff. »Deine Mannschaft, nehme ich an?« Ilfuldur nickte und winkte mich heran. »Außer ihm. Sein Name ist Ceard und dient König Ragnall von Jorvik. Er will mit deinem Jarl sprechen.«

Björnulfr kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Will er das?«, murmelte er vor sich hin, wobei er mich von Kopf bis Fuß musterte. »Was hast du mit meinem Herrn zu tun? Ein Gespräch mit ihm? Kennst du ihn oder hast du von ihm gehört?«

Ich hielt seinem Blick stand und sagte. »Nein. Ich kenne deinen Herrn nicht. Vielleicht bin ich auch am falschen Ort und muss meine Suche fortsetzen, um den Richtigen zu finden.«

Die Schaulustigen auf dem Anleger traten auseinander und eine Frau erschien. Zu ihren Seiten standen einige Schildmaiden zum Schutz ihrer Herrin. Sie trat allein zu Björnulfr. »Warum lässt du Ilfuldur nicht an Land?« Björnulfr zeigte auf mich und sagte. »Er ist der Grund. Er soll Ceard heißen und dient angeblich einem Jarl namens Ragnall.«

Sie sah mich an, als sie höflich fragte. »Was willst du von uns, Fremder?«

»Ich suche nach Verwandten einer Familie Hallvardson.« Sie sah mich verwundert an. »Woher kennst du diesen Namen?«, wollte sie wissen.

»Er war mein erster Jarl. Dem ich treu ergeben war.«

Die Frau sah Björnulfr an und nickte ihm zu. Dann verließ sie uns wortlos. Björnulfr sagte: »Ihr dürft euch frei bewegen und Handel treiben. Am Abend werde ich euch zur Halle geleiten. Waffen sind euch verboten, außer euren Tischmessern.«

Ilfuldur sah mich an und sagte. »Ich hoffe für dich, Ceard.«

Björnulfr brachte uns zur Halle. Auf dem Weg dahin sagte ich: »Björnulfr, sollte die Siedlung nicht weiter im Fjord liegen?« Er sah mich an. Erwiderte aber nichts und stumm wies er uns unsere Plätze an. »Nun esst und trinkt.«

Mein Blick schweifte durch die große Halle, die durch viele Fackeln und dem Langfeuer erhellt wurde. Es standen drei Hochsitze am Ende der Halle. Reich mit Fellen belegt. Darauf erkannte ich die Frau vom Anleger. Sie saß auf dem linken Sitz; in der Mitte ein stattlicher Mann. Er musste der Jarl sein, links neben ihm wohl seine Frau, man sah, dass sie einander freundlich gesinnt waren.

Er erhob sich und rief laut in die Halle. »In diesen finsteren Stunden haben uns die Götter Besuch beschert. Ilfuldur kennen viele von euch. Doch wer ist sein Begleiter? Ilfuldurs Gast, den er zu uns gebracht hat? Er nennt sich Ceard. Doch was will er von uns?«

Ich erhob mich und dankte zuerst für Speis und Trank. »Ich bin auf der Suche nach einer Familie, von der ich nur den Nachnamen kenne. Er lautet Hallvardson. Dank Ilfuldurs Hilfe bin ich hier. Nun stellt sich die Frage: Ist dies der richtige Ort?«

Björnulfr flüsterte dem Jarl etwas ins Ohr, wobei sich seine Haltung versteifte. Er musterte mich: »Björnulfr hat mir von deiner Aussage erzählt. Was meinst du damit, dass die Siedlung tiefer im Fjord sein sollte? Du bist angeblich erst heute angekommen? Stimmt das wirklich?«

Ilfuldur setzte sich für mich ein und sagte. »Das entspricht der Wahrheit. Das kann auch meine Mannschaft bezeugen.« Der Jarl nickte ernst.

Und ich sagte. »Das entspricht der Wahrheit, denn alles, was ich weiß, habe ich von meinen langjährigen Freunden erfahren. Sie erzählten in den langen, dunklen Nächten viel von ihrem Land. Diesem Land. Wie sie diese Gegend beschrieben. Doch die Geschichten meines ersten Jarls waren so ausführlich, dass ich die Stelle wiederfinden würde.«

Die Frau vom Anleger sagte. »Wie hieß denn dein Jarl?«

»Er hieß auch Hallvardson.« Sie sah mich fragend an.

»Er trug denselben Namen?«

Der Jarl sagte: »Was weißt du? Was wurde dir erzählt?«

Somit begann ich, alles so wiederzugeben, wie ich es so oft gehört hatte. Auch Namen, die mir noch in Erinnerung geblieben waren. Alle hörten mir gespannt zu, als würde ich ein Heldenlied aufsagen.

Der Jarl erhob sich mit den Worten. »Dafür, dass du erst wenige Stunden deinen Fuß auf dieses Land gesetzt hast, weißt du sehr viel. Dein erster Jarl hatte sicher einen Vornamen, wie ich vermute?«

Ohne Umschweife sagte ich nickend. »Er hieß Eric. Eric Hallvardson. Er hatte eine Frau, die ihn nicht begleiten wollte. Ihr Name war Hild. Eine zierliche, wunderschöne Frau. Mit langen blonden Haaren und tiefblauen Augen. Zu ihrem Leidwesen auch eine dicke Narbe, die über ihre Wange reichte.«

Der Jarl stand wie versteinert da. Der Frau liefen Tränen über ihre Wangen. Nun wusste ich, dass ich am richtigen Ort war. In der Halle herrschte eine angespannte Ruhe. Die Frau wischte sich ihre Tränen ab. »Dann weißt du unsere Namen?«

»Euer Bruder muss Thorleif heißen, und ihr müsst eurer Mutter sehr gleichen. Ich sehe Hild in euch. Dann müsst ihr Ragnhild sein.« Beide sahen mich verwundert und fassungslos an.

In der Halle war nur noch das Prasseln des Langfeuers zu hören.

»Bin ich hier am richtigen Ort? Diese Frage könnt nur ihr beantworten.« Der Jarl, der noch immer vor seinem Hochsitz stand, sagte: »Du musst ihn wirklich gekannt haben. Die Namen, die du genannt hast, kennen nur noch sehr wenige hier. Dass du sie nicht persönlich kennen kannst, verstehen wir. Doch ihre Namen zu kennen, dies ist mir noch ein Rätsel. Die Götter haben dich, dank Ilfuldur, zu uns gebracht. Deine Gabe, dich verwandeln zu können … wirst du uns eine Hilfe sein oder ein Fluch?«

Ich erhob mich und rief freudig: »Kein Fluch. Zeigt mir euren Feind und ich stehe euch zur Seite. Doch erst am morgigen Tag, wenn ich euch meine Bürde übergeben habe, euer Erbe.«

Ragnhild sagte erstaunt: »Unser Erbe? Von unserem Vater?« Ich nickte ernst. »Ja. Sein Erbe, oder was davon noch übrig ist. Doch das werde ich euch morgen bei der Übergabe erzählen.«

»Dann werden wir auf morgen warten«, sagte Thorleif. »Björnulfr wird dich sicher zu uns gleiten.«

Ilfuldur und ich kehrten zu seinem Schiff zurück.

Die Sonne stand schon am wolkenlosen Himmel und Ilfuldurs Handel war im vollen Gange, als Björnulfr erschien. Mit meinem Beutel unter dem Arm folgte ich ihm durch die Menschenmenge und den misstrauischen Blicken der Anwesenden. Thorleif, seine Frau Sordi und Ragnhild erwarteten mich schon und saßen auf ihren Hochsitzen. Ohne Worte legte ich mein Bündel auf einen Tisch, löste die Lederbänder, worin sich die Schwerter und Sax befanden.

»Thorleif, dir übergebe ich Blutgier, deines Vaters Schwert und seine Sax. Führe sie, wie er es einst tat. Doch, ziehe sie erst, wenn es notwendig ist. Wenn du die Klingen ziehst, es sei denn zur Reinigung, verlangt sie Blut. Wie es auch der Name sagt.«

Thorleif zog sie vorsichtig aus der ledernen Scheide. Sah auf das Flammenmuster und sagte. »Ich sehe die eingearbeiteten Runen. Blutgier lauten sie, wie du gesagt hast. Ich sehe keine Kerbe an ihr.«

Ich nickte. »Ich habe es nach seiner letzten Schlacht geschliffen und eingeölt. Beides außergewöhnliche Waffen in ihrer Machart. Aus zwei verschiedenen Erzen geschmiedet. Wie auch die Sax. Noch nie habe ich Klingen gesehen, die so leicht durch ein Kettenhemd drangen.«

Thorleif bestaunte das Schwert und fuhr sanft über die Klinge. Als er schmerzhaft auf seinen blutigen Finger blickte und sagte: »Du hast mich noch davor gewarnt.«

Ich wandte mich Ragnhild zu. »Dein Vater hatte einen besonderen Freund, der nie von seiner Seite wich. Er hieß Björn. Du sollst sein Schwert erhalten. Es ist von gleicher Machart. Aus derselben Schmiede und Blutgier ebenbürtig. Dein Vater schenkte es Björn.«

Dankend nahm sie das Schwert entgegen. Auch sie zog es aus seiner Scheide und bestaunte die lodernden Flammen des Stahls. Thorleif sagte. »Für mich war mein Vater verschollen oder einfach tot. Ich konnte all die Geschichten nicht glauben.«

Ragnhild nickte Thorleif zu. »Nicht wie ich. Gerne hörte ich meiner Mutter zu, wenn sie von ihrem Eric erzählte. Sie war dann ganz verträumt und innerlich glücklich und zufrieden, bis zu ihrem Tod.«

Thorleif erhob sich aus seinem Hochsitz. »Du bringst uns ein unerwartetes, nie bedachtes Erbe. Was wir dir hoch anrechnen. Klingen von solcher Qualität habe ich selbst noch nie gesehen. Doch um die geht es nicht. Nein. Du bist als Fremder gekommen und hast uns von unserem Vater erzählt und dass er wirklich gelebt hatte. Ich hätte ihn gerne kennengelernt.«

Ich nickte und Ragnhild sagte: »Meine Mutter erzählte immer, dass er mit ihrer Einwilligung ein Schiff von Wolfskriegern bestieg. Eine besondere Männergemeinschaft, die nur unserem Gott Odin dienten und nach seinem Willen handelten. Ist dir darüber etwas bekannt?«

»Ich gehöre auch dazu und bin der mir bekannte letzte Wolfskrieger.«

Thorleif sah mich ungläubig an. »Wolfskrieger. Das sind doch Märchen, um Kinder zu erschrecken.« Ragnhild widersprach ihrem Bruder. »Du wolltest nie zuhören. Sie brachte unseren Vater zu der Hochweide über unserem Dorf. Sie war es auch, die ihren Eric mit den Anführern der Wolfskrieger, Einar und Naill, bekannt gemacht hatte. Sie nahmen ihn in ihre Gemeinschaft auf.«

»Wenn du ein solcher Mann sein solltest, kannst du es beweisen?«, sagte Thorleif.

Ich nickte. »Dann sieh zu, Thorleif, und zweifle nie mehr an der Macht unserer Götter.«

Ganz langsam verwandelte ich mich. Von einem Menschen zu einem Tier, um ihnen zu zeigen, wie wir aussehen. Björnulfr erschrak zutiefst und machte einige Schritte zurück. Sordis Hände bedeckten ihre Augen. Thorleif und seine Schwester sahen fassungslos auf den Wolf vor ihnen. Ich ritzte mit einer Klaue Odins Rune in die harte Tischplatte. Dann verwandelte ich mich zurück.

»Nun habt ihr den Beweis. Ich hoffe, nun glaubt ihr mir.«

Ragnhild nickte und Thorleif sagte leise. »Auch unser Vater konnte sich wie du verwandeln?«

Ich nickte. »Dies nur, wenn wir dazu gezwungen wurden, bei Bedrohung oder Krieg. Sonst lebten wir wie ihr jetzt, unter euch.«

»Nie hätte ich geglaubt, dass es euch geben kann«, sagte Thorleif.

Björnulfr stand benommen hinter seinem Jarl und sein Speer zitterte noch immer in seiner Hand. »Nur Odin gibt Sterblichen wie uns diese Gabe, aber auch seine Verpflichtungen, die er erfüllen muss. Nur unser Allvater entscheidet. Ich erhielt sie von eurem Vater und mit Odins Einwilligung. Ich bin Odins letzter Krieger.«

»Du bist existent und doch der schlimmste Albtraum, den ich je gesehen habe«, sagte Ragnhild.

Thorleif erhob sich. »Wir danken dir und stehen in deiner Schuld.«

Ich unterbrach. »Ihr steht nicht in meiner Schuld. Ich bin froh, dass Ilfuldur mich zu euch brachte. Ihr habt mir erlaubt, von eurem Vater zu erzählen. Ich konnte euer Erbe übergeben. Nun kann ich zufrieden und befreit zurück in meine Heimat.«

In diesem Moment erhob sich auch Ragnhild, die ernst sagte. »Das kann ich nicht glauben, Ceard. Du bringst uns Vaters Erbe und willst uns wieder verlassen? Ich will mehr über unseren Vater erfahren. Bleib bitte mit Ilfuldur unser Gast. Einige Tage länger spielen doch keine Rolle.

---ENDE DER LESEPROBE---