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... ER TÖTET SPURLOS, WÄHLT SEINE OPFER ZUFÄLLIG Profiler Thorsten Büthe ist knallhart, unbestechlich und schwört auf sein Team. Erfahrung und Schmerz haben ihn zu dem gemacht, was er ist: Ein Ruheloser! Ein Suchender! Sein Bauchgefühl trügt ihn nie. Das macht ihn zum schlimmsten Feind der Täter ... Doch dieser tötet spurlos. Wählt seine Opfer zufällig. Sie verlieren die Stimme, dann ihr Leben. Ein Stich in die Kehle. Ein Schnitt durch den Hals. Exitus. Nur tote Augen schreien. Büthe hat den Mörder im Fokus, doch der dreht den Spieß um. Niemand kann aus seiner Haut. Der Profiler ist auch Mensch und Vater. Jetzt wird was er liebt zur Beute. Das Tier in ihm erwacht. Er muss handeln. Wird er den nächsten Zug des Täters kennen? Erst auf hoher See entscheidet sich beider Schicksal.
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Seitenzahl: 351
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Carsten SchütteIm Fokus
Der Roman spielt hauptsächlich in bekannten Regionen, doch bleiben die Geschehnisse reine Fiktion. Sämtliche Handlungen und Charaktere sind frei erfunden.
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar über http://dnb.ddb.de© 2018 CW Niemeyer Buchverlage GmbH, Hamelnwww.niemeyer-buch.deAlle Rechte vorbehaltenUmschlaggestaltung: C. RiethmüllerEPub Produktion durch CW Niemeyer Buchverlage GmbHeISBN 978-3-8271-8346-0
Für mein tolles Team
Profiler gibt es im Fernsehen – die Operative Fallanalyse (OFA) im wahren Leben, denn sie ist viel mehr als das Erstellen eines Täterprofils.Carsten Schütte, seit 2016 Leiter der OFA Niedersachsen, weiß, wovon er schreibt:40 Dienstjahre bedeuten vielseitige Erfahrungen in verschiedenen Polizeibehörden. In den 90er-Jahren entdeckte Schütte seine dienstliche Leidenschaft: die Ermittlungen im Bereich der Tötungs- und Sexualdelikte.Sein beruflicher Weg brachte ihn über Fachkommissariate für Kriminaltechnik und Kapitaldelikte im Jahr 2002 in das noch relativ unbekannte Fachgebiet der Operativen Fallanalyse des LKA Niedersachsen. Über mehrere Jahre hat er sich beim BKA zum polizeilichen Fallanalytiker ausbilden lassen. Das medial geprägte Bild eines Profilers als Kaffeesatz- und Glaskugelleser ist im Laufe der Jahre durch methodisch seriöse und akribische Arbeit der OFA als nunmehr selbstverständliches Instrument der Ermittlungsunterstützung etabliert.Carsten Schütte beschreibt im Kriminalroman „Im Fokus“ die Arbeit des Leiters der OFA Niedersachsen, Thorsten Büthe, und lässt den Leser eine fiktive Geschichte mit vielen autobiografischen Anteilen hautnah erleben.Schütte wurde 1960 in Hannover geboren, hat zwei erwachsene Töchter und lebt mit seiner Frau in einem Vorort von Hannover.
Anja Wilkens war gestresst von einer harten Arbeitswoche auf der CeBIT und genoss das Laufen in der Eilenriede. Die sportliche Mitvierzigerin ließ sich von Ed Sheerans Musik treiben und wartete auf die nächste Gabelung, an der sie nach links abbiegen musste, um wieder in Richtung des Hotels zu gelangen. Dass es hier ziemlich einsam war, fiel ihr nicht auf.
In einiger Entfernung nahm sie einen Jogger wahr, der ihr in einem hohen Lauftempo entgegenkam. Sie wählte bewusst die rechte Seite des schmalen Weges, um ihm Platz zu lassen. Als der Jogger näher kam, wunderte sie sich, dass er keine typische Laufbekleidung, sondern eine Art Baumfällerhemd, eine Arbeitshose sowie schwarze Arbeitsschuhe trug. Sein Laufstil war schwerfällig und wirkte alles andere als trainiert. Dabei drehte sich der Mann um, als sei er auf der Flucht, wobei Anja keine Person hinter ihm erkennen konnte. In ihr breitete sich ein mulmiges Gefühl aus.
Der Unbekannte schien mittleren Alters zu sein. Er hatte einen runden Kopf und eine Halbglatze. Sein Blick wirkte gehetzt, das Gesicht war puterrot und verschwitzt.
Anjas Nackenhaare sträubten sich. Sie schaute sich um. Konnte sie ausweichen? War Hilfe zu erwarten? In welche Richtung war es möglich zu fliehen?
Unwillkürlich verringerte sie ihre Geschwindigkeit, doch ihr Puls stieg, während Ed Sheeran sie zum Weiterlaufen animieren wollte. Ihr fiel auf, dass sich der Mann mit einer Hand den Schweiß von der Stirn wischte und dabei einen roten Film hinterließ. War das Blut?
Nur noch wenige Meter trennten sie. Sollte sie in den Wald laufen oder auf dem Weg bleiben und schreien? Ed Sheeran feuerte sie weiter an: „I’m in love with your body.“
Zu spät, sie kam nicht weg.
Anja bemühte sich, direkten Augenkontakt aufzunehmen, aber der Mann starrte einfach geradeaus und lief in gleichem Tempo weiter auf sie zu. Anja erkannte jetzt deutlich: Es war Blut in seinem Gesicht! Geschockt versuchte sie ihr eigenes Tempo zu erhöhen, um doch noch ausweichen zu können. Gleich würde er sie packen. Eigentlich wollte sie schreien, aber sie bekam keinen Ton heraus. Der Unbekannte lief vorbei.
Verwundert blieb Anja stehen, schaute sich um und erwartete, dass er zurückkehrte. Doch nichts dergleichen geschah. Was sollte sie jetzt tun?
Sie sah, wie sich ihre unheimliche Begegnung weiter entfernte, und atmete auf. Wenn sie in ihrer Geschwindigkeit vorankam, würde er sie nie mehr einholen können, selbst wenn er den Rückweg antrat.
Als Anja sich außer Gefahr wähnte, musste sie über sich selbst lachen, weil sie sich vor Angst fast in die Hose gemacht hätte. Nur langsam konnte sie sich wieder beruhigen. Eine tolle Story für die Messeparty war das. Vielleicht hatte sich der Mann einfach nur an einem Ast verletzt und war durch den Schmerz durcheinander, überlegte sie.
Erleichtert nahm sie ihr Tempo wieder auf und ließ sich entspannt auf Ed Sheeran ein.
Doch plötzlich nahm sie wenige Meter vor sich im hohen Gras eine Bewegung wahr. Etwas Dunkles bewegte sich darin, möglicherweise ein Hund, vielleicht eine Katze? Gab es hier Wildschweine? Was war das für ein merkwürdiger Wald? Egal, es würde schon kein Raubtier sein, hoffte sie.
Ed Sheeran nervte jetzt. Anja nahm die Kopfhörer heraus. Sie sah jetzt zwar keine Bewegung mehr dort im Dickicht, drosselte aber trotzdem ihr Tempo, da sie ein Geräusch registrierte.
Ein Röcheln? Ein Wimmern? Als sie unerwartet von etwas am Knöchel berührt wurde und eine blutige Hand an ihrem Joggingschuh herunterrutschte, schrie sie vor Schreck auf und wich zurück.
Eine junge Frau, von Blut überströmt, versuchte sich aus dem Unterholz zum Weg zu schleppen. Anja konnte ihr röchelndes Flehen nur erahnen.
Erst jetzt wagte sie es, genauer hinzusehen, und entdeckte blutende Wunden an deren Oberkörper, Hals, Gesicht und ebenso an den Händen. Verstört rief sie nach Hilfe, aber ihre Stimme verebbte im Dunkel des Waldes.
Anja zog ihre Laufjacke aus und drückte sie der Frau auf eine der Halswunden, aber es waren zu viele. Sie wusste gar nicht, welche sie zuerst versorgen sollte.
Fahrig steckte sie ihre Kopfhörer wieder in die Ohren, um einen Notruf abzusetzen. Nein, Ed Sheeran wollte sie jetzt ganz bestimmt nicht hören. Mit nervösen Fingern tippte sie auf der Tastatur herum, als hätte sie zum ersten Mal ein Smartphone in der Hand.
Zahlenfeld, endlich. Notruf 112, sprach sie zu sich selbst, dabei presste sie die Jacke weiter auf die Wunden am Hals. Was sollte sie der Frau sagen? Dass alles wieder gut werden würde? Irgendetwas in ihr zweifelte daran. Sollte sie sie fragen, was passiert war? Anja kannte die Antwort längst. Jemand musste die Frau überfallen und schwer verletzt haben. Wahrscheinlich war Anja dem Täter sogar begegnet.
Nein, sie wollte erst den Notruf absetzen. Als sie die Stimme am anderen Ende der Leitung hörte, brach es aus Anja heraus. „Schnell, schwer verletzte Frau ...“ Sie war verwundert, dass sie der Mann am anderen Ende gar nicht zu Wort kommen ließ und er einfach weitersprach.
„Alle Notrufplätze sind belegt, bitte gedulden Sie sich ...“
Scheiße, ein Anrufbeantworter, fluchte sie innerlich. Was sollte das?
Sie legte auf und startete einen neuen Versuch. Wieder nichts ... Okay, komm runter und denk nach, redete sie sich ins Gewissen und wählte diesmal 110.
„Polizeinotruf!“
Endlich! Nachdem Anja mehrfach aufgefordert worden war, ruhiger zu sprechen und sich nur auf die Beantwortung der Fragen zu konzentrieren, konnte sie in einen rationalen Modus umschalten. Sie bat um die Unterstützung von Notarzt und Polizei. Auch eine Beschreibung des mutmaßlichen Täters übermittelte sie. Erst auf mehrfaches Nachfragen des Einsatzbeamten, wohin die Rettungskräfte denn kommen sollten, stellte Anja fest, dass sie diese Frage nicht beantworten konnte.
Sie wusste lediglich, dass der Stadtwald hier „Eilenriede“ hieß und von welchem Hotel aus sie losgelaufen war. Auf die Frage des Gesprächspartners, was sie sehe, wenn sie sich umschaute, konnte sie nur Bäume und Sträucher angeben.
Die Frage nach ihrer Handynummer verwunderte sie zunächst. An eine Ortung dachte sie in diesem Moment nicht, aber der Beamte erklärte ihr alles; auch dass ihre Rufnummer nicht übertragen wurde. Anja konnte sich nur bruchstückhaft an die Ziffernfolge ihres eigenen Anschlusses erinnern. Der Beamte sagte dennoch zu, dass die Einsatzkräfte und ein Notarzt auf dem Weg seien, und bat sie, so lange Erste Hilfe zu leisten.
Dann war es still, nicht nur am Telefon.
Doch darauf achtete Anja nicht. Sie redete auf die Frau ein, wobei sie den Blick auf den Verlauf des Weges richtete, um die Verletzte nicht anschauen zu müssen. Nur kurz wagte sie einen Blick auf den Hals und sah, dass die Wunden nicht mehr so stark bluteten. Durch das Dickicht hörte Anja die Sirenen der Rettungskräfte, die näher kamen und sich wieder entfernten.
Sie starrte in das Nirgendwo, aus dem die Geräusche drangen, und erschrak völlig, als plötzlich ein Fahrradfahrer hinter ihr stand und vom Rad auf sie zusprang. Sie ließ sich zur Seite fallen und nahm erst jetzt wahr, dass es ein Polizist auf einem Mountainbike war, der nun die genaue Position an die Rettungsleitstelle durchgab. Umgehend kümmerte sich der Beamte um die Versorgung der Schwerverletzten, wobei die Blutung aus den Halswunden und auch das Röcheln der Frau nun nachgelassen hatten.
Die soeben eingetroffenen Rettungskräfte leiteten weitere Maßnahmen ein. Parallel erfragte der Fahrradpolizist, was passiert sei, und begleitete Anja in einen Streifenwagen, der sie ins Gebäude der Mordkommission Hannover zur ersten Vernehmung brachte. Für das Opfer kam jede Hilfe zu spät.
Der Notarzt konnte nur noch den Tod der jungen Frau feststellen. So wurden am Tatort keine weiteren Veränderungen vorgenommen. Jetzt mussten die Beamten des Kriminaldauerdienstes und der Mordbereitschaft sowie die Rechtsmedizin zum Einsatzort bestellt werden.
Anja Wilkens saß im Gang des Fachkommissariates für Tötungs- und Sexualdelikte in Hannover. Sie wurde von Kriminaloberkommissarin Patricia Vogt mit einem freundlichen Lächeln begrüßt und ins Büro gebeten. Den angebotenen Kaffee sowie eine Flasche Mineralwasser nahm Anja dankend an, beides konnte sie jetzt gut gebrauchen.
In dem modernen, aber zweckmäßigen und recht kleinen Büro stapelten sich rote Aktenberge. An den Magnetwänden waren Tabellen und Zeitleisten sichtbar. Außerdem fielen ihr Fotos von zwei hübschen Frauen auf, und sie wunderte sich erst, warum weitere Aufnahmen darunter wohl bewusst verdeckt worden waren.
Als ob Oberkommissarin Vogt ihre Gedanken erahnte, erwähnte sie fast emotional: „Diese Fotos konnte ich Ihnen nicht zumuten.“
Anja nahm an, dass es sich um dieselben Frauen handelte, aber sie sich von den geschmackvollen Fotos darüber offensichtlich stark unterschieden.
Die Kriminalbeamtin stellte sich inzwischen kurz vor und versuchte bewusst, Anja zu beruhigen, um eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu schaffen. Sie erklärte ihr weiter in einem nun doch offizielleren Tonfall, dass sie Zeugin eines Verbrechens war und dass sie nun eine sogenannte zeugenschaftliche Vernehmung durchführen würde. Die Aussage sei freiwillig, wobei sie aber die Wahrheit sagen müsse. Soweit okay. Anja müsse sich nicht selbst belasten und könne zudem die Aussage verweigern, wenn sie mit dem Täter direkt verwandt oder auch verschwägert sei.
Anjas irritierter Blick veranlasste Kriminaloberkommissarin Vogt nun doch, das typische Beamtendeutsch zu übersetzen, was Anja auch für nötig erachtete. Solche Formulierungen kannte sie nur aus spannungslosen Krimis.
Warum sollte sie sich selbst belasten? Wieso sollte ich mit diesem Typen verwandt sein? Aber wahrscheinlich waren diese Belehrungen nur die übliche Vorgehensweise.
Anja spürte, dass sich jetzt auch die Beamtin wohler fühlte, als sie den formellen Teil hinter sich hatte.
„Ich würde Sie gerne näher kennenlernen“, begann Patricia Vogt, „erzählen Sie doch bitte über sich.“
Anja Wilkens ertappte sich dabei, dass sie kurz und knapp ihren Lebenslauf herunterrasselte wie in einem Vorstellungsgespräch. Sie ergänzte, dass sie derzeit als Softwareentwicklerin für ihre Firma auf der CeBIT, der weltgrößten Computermesse, in Hannover arbeite, und beschrieb ihren aktuellen Tagesablauf.
Anja Wilkens war verheiratet, Mutter zweier Jungen im Teenageralter und wohnte mit ihrer Familie in Schwerin. Sie war während der Messe mit ihren Kollegen im Hotel am Stadtpark untergebracht und hatte heute einige freie Stunden, die sie für einen Lauf durch die Eilenriede genutzt hatte.
Patricia Vogt war froh, dass ein Diktiergerät die Gespräche aufzeichnete. Kein Mensch hätte in der Geschwindigkeit mitschreiben können.
Durch die aktive Mimik und Gestik der Beamtin erkannte Anja eine geschulte und aufmerksame Gesprächspartnerin, mit der man auch einen interessanten Abend bei einem leckeren Essen und einem Glas Rotwein verbringen könnte. Patricia Vogt war etwa 40 Jahre alt und wirkte fast attraktiv, wäre da nicht das streng zusammengebundene blonde Haar und das dienstliche Umfeld mit vermutlich nur schrecklichen Themen gewesen.
Und genau dazu kam die Oberkommissarin nun. Die Warm-up-Phase war beendet.
Die Beamtin stieg in die Vernehmung ein. „Kommen wir nun zu Ihrem Entspannungslauf. Erzählen Sie einfach mal. Bitte auch die Dinge, von denen Sie glauben, sie seien nicht wichtig. Sie dürfen auch Ihre Emotionen schildern, insbesondere bei der Begegnung mit der männlichen Person. Beschränken Sie sich aber bitte auf echte Wahrnehmungen.“
Kriminaloberkommissarin Vogt ließ Anja frei erzählen und machte sich nebenbei einige Notizen, was aber nicht störte.
Anja, die sich im Alltag und besonders im Berufsleben als absolut tough bezeichnen würde, war überrascht, dass sie keine Worte fand, als sie erst den Mann und dann auch die verletzte Frau beschreiben wollte. Patricia Vogt legte eine Hand auf die zusammengepressten Finger der Zeugin. Ihr einfühlsamer Blick ließ sie schließlich weitersprechen.
Anja beantwortete noch einige Nachfragen, soweit sie konnte, und war völlig durchgeschwitzt, als sie erleichtert einen stärkeren Druck auf ihren Händen spürte und die Kommissarin sie lobte: „Anja, das haben Sie wirklich gut gemacht!“
Dann goss Patricia Vogt frischen Kaffee nach und reichte ihr ein neues Glas Mineralwasser. Anja fühlte sich bei Patricia gut aufgehoben und ernst genommen. Auch sie spürte ein echtes Vertrauensverhältnis zwischen den beiden. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie die Kriminalbeamtin, die sie erst seit zwei Stunden kannte, fast geduzt hätte.
Kommissarin Vogt telefonierte kurz und erwähnte, dass der Phantombildzeichner des LKA Niedersachsen eingetroffen sei. „Kann ich Ihnen zumuten, ihm die Person zu beschreiben, der Sie begegnet sind? Je länger wir warten, desto größer ist die Gefahr, dass sich Ihre Erinnerungen beeinflussen lassen.“
Anja war eigentlich völlig fertig. Sie wollte nur unter die Dusche und nach dem letzten Messetag nach Hause. Patricia Vogt hatte sie jedoch so respekt- und vertrauensvoll behandelt; jetzt abzusagen, wäre einfach nicht fair gewesen, zumal der Aufwand später auch viel größer gewesen wäre, wieder hierherzukommen. Sie war einverstanden.
Patricia Vogt begrüßte den erfahrenen Phantombildzeichner Dirk Schütze und wies ihn in den Fall ein. „Wow, sie ist die Erste, die ihn gesehen und überlebt hat!“, stellte er fest. „Weiß sie Bescheid?“
„Nein!“, antwortete Patricia Vogt. „Ich warte bis zur Zeichnung. Wir haben einen guten Draht, und ich möchte den Druck noch nicht erhöhen. Die Gefahr, dass sie alles perfekt machen möchte, um einen Serienmörder zu fassen, ist zu groß. Sie wird morgen Abend nach Schwerin abreisen und ist dann erst mal aus der Schusslinie. Ich weiß, was ich ihr zumute, und werde es ihr hinterher erklären. Bitte verplappere dich nicht!“
Dirk Schütze war Profi genug, es zu verstehen und damit umzugehen.
Ein Phantombildzeichner hatte es in den seltensten Fällen mit normalen Zeugen zu tun, die sofort in der Lage waren, ihre Beobachtungen so zu beschreiben, dass in wenigen Minuten das perfekte Abbild einer fremden Person entstand. Eher waren es traumatisierte Opfer von Straftaten, die direkt einem Täter begegnet waren, der sie beraubt, körperlich oder sexuell misshandelt oder auch vergewaltigt hatte.
Das Risiko, einem Zeugen zu begegnen, der angab, der Täter hätte wie George Clooney ausgesehen, war nicht zu unterschätzen. Dabei beschrieben solche Zeugen meist auch George Clooney und nicht den eigentlichen Täter.
Deshalb musste auch hier eine intensive Warm-up-Phase der eigentlichen Fertigung der Täterskizze vorgeschaltet werden. Erst wenn Dirk Schütze die Zeugin als solche und die Qualität und Authentizität ihrer Angaben einschätzen konnte, begann der eigentliche Teil seiner Arbeit.
Mit Anja Wilkens klappte das ganz gut, und es entstand eine Phantomzeichnung, die sowohl nach Einschätzung der Zeugin, aber auch von Dirk Schütze durchaus das Potenzial haben würde, dass dieser Täter von seinem sozialen Umfeld erkannt werden könnte.
Nach kurzer Rücksprache mit Patricia Vogt baten die beiden Beamten Anja, noch einen Moment zu warten, den sie für einen Toilettengang nutzte.
Patricia Vogt und Dirk Schütze stimmten sich kurz ab und begleiteten Anja Wilkens zurück ins Büro.
Anja spürte sofort die angespannte Stimmung, der Ton wurde formaler. „Frau Wilkens, wir haben gerade die Info erhalten, dass die Frau aus der Eilenriede ihren Verletzungen erlegen ist. Die Verwundungen waren so schwer, dass selbst sofortige Hilfe durch einen Notarzt vergebens gewesen wäre. Sie haben alles richtig gemacht, niemand hätte mehr tun können.“
Diesen Gedanken hatte Anja völlig verdrängt. Sie war geschockt.
Kommissarin Vogt musste aber noch einen draufsetzen. „Frau Wilkens, wir müssen Ihnen zudem mitteilen, dass in den letzten beiden Wochen schon zwei Frauen in der Eilenriede getötet worden sind. Bei dem heutigen Opfer müssen wir erst die Obduktion abwarten, bis wir dazu nähere Erkenntnisse haben. Sie sind bisher die einzige Zeugin, die den vermutlichen Täter gesehen hat und ihn beschreiben konnte“, stellte sie fest.
Anja war sprachlos. In ihrer Fantasie spielten sich schreckliche Szenarien ab. Werde ich jetzt von einem Serienmörder gejagt? Wartet er schon vor der Polizeidienststelle? Werden meine Kinder entführt und ich erpresst?
Die Worte von Patricia Vogt ließen sie kurz wieder in die Realität zurückkehren, was nicht besser war. „Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür, dass ich Ihnen das erst jetzt mitteile. Wir wollten eine möglichst unbefangene Aussage erhalten.“
Patricia, Handauflegen, Verständnis, Empathie. Alles Quatsch, dachte Anja. Sie war der Beamtin emotional voll auf den Leim gegangen, alles war antrainiert und top umgesetzt.
Wieder fühlte sie sich ertappt, als die Beamtin ergänzte. „Wir müssen mit der Phantomskizze schnellstmöglich in die Medien gehen, bevor es neue Opfer gibt. Spätestens dann wird nicht nur dem Täter bekannt, dass es eine Zeugin gibt. Allein die Medien werden alles daransetzen, Sie zu identifizieren. Und mit alles meine ich: ALLES! Über den Täter wissen wir noch zu wenig, um einschätzen zu können, wie er handeln wird. Bitte vertrauen Sie uns. Wir werden uns weiter um Sie kümmern und werden auch die Kollegen aus Schwerin ins Boot holen“, versuchte Patricia Vogt sie zu beruhigen.
Anja war völlig verwirrt und wollte nur raus und zurück ins Hotel.
„Wir halten es nicht für sinnvoll, dass Sie künftig noch an der CeBIT teilnehmen. Gern führen wir ein Gespräch mit Ihrem Chef und würden Sie unter einem Vorwand abmelden. Kollegen begleiten Sie jetzt ins Hotel und würden Sie dann direkt nach Schwerin bringen“, schlug sie vor.
In Anjas Fantasie setzten sich die Horrorszenarien fort: „Sie glauben also auch, ich bin konkret gefährdet?“
Der Blick der Beamtin sprach Bände. „Sie sind derzeit die einzige Zeugin, die aller Voraussicht nach einen Serienmörder identifizieren kann. Wir sollten jetzt einfach vorsichtig sein.“
„Wie soll das dann weitergehen?“ hakte Anja nach. „Meine Kollegen schlafen ja auch nicht auf dem Baum. Sie wissen, ich war in der Eilenriede laufen, und am Tag nach dem Mord bin ich verschwunden. Wie soll das funktionieren?“
„Das überlassen wir meinen Kollegen vom Zeugenschutz, die sich anschließend darum kümmern. Unsere Aufgabe ist die, den Mörder von der Straße zu bekommen. Mit Ihrer Hilfe sind wir einen großen Schritt weiter.“
Celina Büthe war eine begeisterte Hobbyfotografin und unterstützte seit fast sechs Jahren ihren Vater bei seinem Steckenpferd, der Hochzeitsfotografie.
Sie begleitete heute eine Braut bei ihren Vorbereitungen im Seefugium in Isernhagen, einer top Location bei Hannover, die noch begehrter geworden war, seitdem der ehemalige US-Präsident Obama dort genächtigt hatte. Und genau diese Präsidentensuite war nun die attraktivste Hochzeitssuite im Raum Hannover geworden.
Bei der Anfahrt durch die idyllische Allee musste Celina schmunzeln, als sie darüber nachdachte, wie viele Kinder wohl in der Hochzeitsnacht in diesem Präsidentenbett gezeugt wurden.
Celina hatte sich insbesondere auf die Brautbegleitung spezialisiert. Fotos im Vorfeld, mit der Visagistin, der Friseurin, den Brautjungfern und natürlich Dessous-Fotos der Braut.
Ihr Vater Thorsten sagte, er sei zu alt für so etwas. Welche Braut mochte schon einen Foto-Opa in dieser intimen und emotionalen Phase um sich haben? Celina fand ihren Vater jedoch total cool, aber so sind Töchter eben. Die jungen Bräute empfanden das sicher anders.
Schon im Empfangsbereich hörte sie kreischende Stimmen und wusste, dass sie gleich auf eine super gelaunte Gruppe traf. Und genauso wurde Celina begrüßt – überschwänglich und herzlich. Es fiel ihr nicht schwer, sich der Partylaune unmittelbar anzupassen.
Celina war eine attraktive, blonde Frau, die ihr Umfeld mit ihrer offenen Art und ihrem Frohsinn anstecken konnte. Nach einer ebenso kreischenden Begrüßung der Braut, Brautmutter und den drei Brautjungfern lehnte sie das angebotene Glas Sekt jedoch dankend, aber bestimmt ab. Alkohol war während der Begleitung absolut tabu.
Celina stellte ihre Nikon auf Dauerfeuer und hielt jeden Moment künstlerisch fest.
Nachdem der Braut schon schwindelig und im Magenbereich mulmig wurde, riet Celina ihr, zwischendurch eine Kleinigkeit zu essen. Als sie dann erfuhr, dass sie das bei der Planung wohl völlig vergessen und der Caterer noch nicht geliefert hatte, begann das Rundum-sorglos-Paket dieses Fototeams.
Celina griff zu ihrem Handy und bat ihren Vater, noch ein paar Kanapees mitzubringen. Thorsten Büthe nahm den Anruf schmunzelnd entgegen und besorgte eine kulinarische Auswahl. Es waren eben auch diese Kleinigkeiten, die sie von anderen Hochzeitsfotografen unterschieden.
Von diesem Service höchst überrascht, genossen die Damen das Vorabshooting. Es war ein schöner Start in einen tollen Hochzeitstag.
Da Thorsten Büthe nun seiner Tochter zu Hilfe gekommen war, hielt er die geschmackvolle und aufwendige Dekoration des Hochzeitssaales und den Empfang der ersten Gäste fotografisch fest, bevor sie sich beide mit dem Brautpaar zur freien Trauung im Garten des Seefugiums trafen.
Das Fototeam lernte jedes Brautpaar in den ersten Beratungsgesprächen sehr gut kennen. Hier wurden die individuellen Wünsche und Möglichkeiten für das Porträt-Shooting abgestimmt.
Bei Fragen zur familiären Struktur und der Gästekonstellation wurden häufig die Exoten genannt, die als besonders fotogen erschienen. So war es bei der Begrüßung jedes Mal spannend, diese Beschreibungen den realen Personen zuzuordnen. Thorsten und Celina waren dabei schon derart eingespielt, dass allein die Mimik beider untereinander Bände sprach.
Beide Fotografen waren stets genauso festlich gekleidet wie die Gäste. Sie hoben sich nur anhand der professionellen Kameras und dem großen Rimowa-Koffer voller Fototechnik von der Hochzeitsgesellschaft ab.
Nach einem kurzen Gespräch des Fototeams mit der freien Traurednerin nahmen die Gäste ihre Plätze ein. Thorsten gab dem aufgeregten Bräutigam noch einige Tipps, wie er bei seiner Braut und den Gästen punkten konnte. Keine Braut war begeistert, wenn ihr Bräutigam verschämt zu Boden schaute, während sie von ihrem Vater hereingeführt wurde. Auch die heruntergeklappte Kinnlade war keine Lösung. Büthes Ratschläge: „Zeig Emotionen, sag ihr, wie toll sie aussieht, nimm sie in den Arm, gib ihr einen innigen Kuss. Du darfst das!“, waren ja nicht uneigennützig. Fotografen brauchen Motive. So fokussierte sich Thorsten auf den ruhelosen Bräutigam, Celina auf die Braut, um beide Perspektiven abzubilden. Auch im gesamten Verlauf der Trauzeremonie waren die Aufgaben nach Motiven, Situationen oder auch Personen klar aufgeteilt. Thorsten und Celina leisteten eine perfekte Teamarbeit.
Der Tatort in der Eilenriede war ausgeleuchtet wie ein Stadion unter Flutlicht, obwohl es noch taghell war. Generatoren brummten monoton vor sich hin. Beamte des Kriminaldauerdienstes (KDD)*, der Spurensicherung sowie ein Rechtsmediziner waren in weiße Spurensicherungsoveralls gehüllt. Sie beugten sich über die Leiche, deren Lage nach den misslungenen Erste-Hilfe-Maßnahmen der Zeugin, des Fahrradpolizisten und des Notarztes nicht mehr verändert worden war.
Selbst die von Anja geschilderte Laufstrecke wurde über Hunderte von Metern abgesperrt, hier waren weitere Teams mit der Spurensuche befasst.
Über einen sogenannten „Trampelpfad“ näherten sich die Einsatzkräfte dem Tatortbereich an. Dies war ein angelegter und gekennzeichneter Weg, den der Täter mit großer Wahrscheinlichkeit nicht benutzt hatte. Auf diese Weise wurden keine Spuren zerstört oder Trugspuren angelegt. Selbst die Ermittler der hannoverschen Mordkommission kamen nicht an den Tatort heran und wurden von den eigentlichen Spurensicherungsbeamten und Rechtsmedizinern anhand von ersten Fotos am Rand der Absperrung informiert.
Nach den dort erlangten ersten Erkenntnissen sprach vieles dafür, dass der Serienkiller sein drittes Opfer gefunden hatte.
Der inzwischen erschienene Leiter der Mordkommission, der Erste Kriminalhauptkommissar Udo Strahl, übernahm die Koordination und das Briefing seines Teams. Er hatte bereits mit seiner Mitarbeiterin Patricia Vogt über die Vernehmung der Zeugin gesprochen und gab die wesentlichen Inhalte an die Gruppe weiter.
Am Rande der Eilenriede waren mittlerweile Heerscharen von Pressevertretern mit Übertragungswagen eingetroffen. Die ersten Meldungen gingen schon über den Ticker. In einer Stunde wird hier komplett die Hölle los sein, dachte Strahl.
Er blickte in die Runde und gab seiner Mannschaft kurze, knappe und bestimmte Anweisungen. „Jörg, ich brauche die Pressestelle vor Ort, bis dahin bist du hier ansprechbar. Halt mir die Meute vom Hals! Jens, kümmere dich bitte um die Mantrailer. Sie sollen vom Tatort die Laufstrecke, die die Zeugin beschrieben hat, nachverfolgen. Jutta, du alarmierst über das Lagezentrum des LKA die OFA. Die sollen sich gleich vor Ort ein Bild machen, wenn der Tatort freigegeben ist. Das spart Zeit, und wir müssen nicht ständig die nervigen Fragen zum Tatort beantworten. Karl, ich gehe davon aus, dass die Spheron-Kamera bereits auf dem Weg ist! Und go!“
Zur Information: Mantrailer sind speziell ausgebildete Fährtenhunde, die sich auf Bewegungsrichtungen von Personen konzentrieren und diesen durch hinterlassene Micro- und Geruchsspuren über Kilometer folgen können.
Mittels einer Spheron-Kamera ist man in der Lage, 360-Grad-Fotos von Tatorten zu fertigen.
Die Alarmierung der „OFA“, der Operativen Fallanalyse des LKA Niedersachsen, war in dieser Phase absolut sinnvoll, da das OFA-Team bereits sogenannte Fallanalysen zu den beiden Tötungsdelikten zuvor durchgeführt hatte. In einer Fallanalyse wird, basierend auf der objektiven Spurenlage, die Tat sequenziert und rekonstruiert. Das daraus resultierende Täterhandeln wird bewertet, um daraus alternative Ermittlungsansätze und schließlich Angaben zur Täterpersönlichkeit, das sogenannte Täterprofil, zu entwickeln.
Daher werden die Fallanalytiker gerade in den Medien auch Profiler genannt – eine Bezeichnung, die sie selbst nicht gerne hören.
Hier am Platz des Geschehens war alles eingespielt. Kein Wunder, allein in den letzten zwei Wochen hatte es die Mordkommission in der Eilenriede mit ähnlichen Tatorten zu tun, die nur wenige Kilometer auseinander lagen. Der Vorteil eines Pressesprechers vor Ort war die professionelle Abwägung, wann welche Informationen an die Medien gegeben werden konnten.
In der Regel kannten die Pressesprecher der Polizei die Medienvertreter persönlich, was in einer Stadt wie Hannover, mit über 500.000 Einwohnern plus Region mit fast gleich hohem Einwohneranteil, schon schwierig ist. Bei der Dimension eines Serienkillers jedoch waren neben der überregionalen Presse auch internationale Medienvertreter präsent, und da wurde es schon kniffeliger.
Thorsten und Celina waren in ihrem Element, die Trauzeremonie war beendet, alle Freudentränen waren im Kasten.
Die Gesellschaft begab sich zum Sektempfang auf die Seeterrasse.
Es vibrierte in Thorstens Gesäßtasche. Er hatte die Gewohnheit, sein Handy hinten rechts zu tragen, so spürte er auch ohne Klingelgeräusche sofort, ob wichtige Anrufe eingingen.
Thorsten gab Celina ein kurzes Zeichen. Sie wusste Bescheid, übernahm seinen Part mit und deckte den Gästeempfang nun komplett ab.
Als Thorsten nach wenigen Minuten mit seinem großen Rimowa-Koffer auf Celina zuging, ahnte sie, dass es jetzt erst mal anstrengend werden würde. Er übergab ihr seine komplette Fotoausrüstung. Dann wandten sich beide zum Brautpaar. Sie wechselten ein paar Worte, wobei das Brautpaar Thorsten verständnisvoll zunickte und er sich mit einer Umarmung von den Frischvermählten und auch Celina verabschiedete.
Im Auto wurde Thorstens Freisprecheinrichtung stark in Anspruch genommen. Der erste Rückruf erfolgte an das Lagezentrum des LKA, in dem Thorsten Büthe dem Einsatzleiter mitteilte: „So, ich bin auf dem Weg, das Team und unsere Psychologin setze ich direkt in Kenntnis.“
Hochzeitsfotograf Thorsten Büthe war Leiter der Operativen Fallanalyse im LKA Niedersachsen und nannte seine nebenberufliche Leidenschaft eher „Therapeutisches Fotografieren“. Es war für ihn sozusagen die heile Welt am Wochenende, was heute und auch während der nächsten Tage wohl nicht mehr klappen würde.
Thorsten schrieb noch eine kurze WhatsApp in die OFA-Gruppe. „Auf geht’s! Wir haben vermutlich Nummer drei und treffen uns um 18 Uhr im Büro.“
In ihren ersten beiden Fallanalysen hatte das OFA-Team prognostiziert, dass dieser Täter seine Serie fortsetzen würde. So hatte Thorsten diesen Anruf einkalkuliert und die mögliche Situation sowohl dem Brautpaar und seinen beiden Töchtern angekündigt.
Der nächste Anruf galt daher seiner zweiten Tochter Emma, die – bei dem entsprechenden Bauchgefühl – von Thorsten auf Stand-by gesetzt worden war. Emma war vier Jahre jünger als Celina. Die Schwestern waren zwar völlig unterschiedlich, aber ein Herz und eine Seele. Emma hatte einen blonden Kurzhaarschnitt und Schalk im Nacken. Sie kleidete sich frech und war auf eine süße Art recht selbstbewusst für ihr Alter. Emma war kein Freund langer Worte und antwortete knapp. „Okay, Paps, ich brauche 30 Minuten.“
Die nächste und vorerst letzte WhatsApp ging an Celina: „Emma ist in 30 Minuten da“ – was von Celina knapp mit dem „,Daumen-hoch-Emoji‘“ kommentiert wurde.
Thorsten war in Hannover aufgewachsen und kannte die Stadt allein durch seine vielseitigen dienstlichen Verwendungen wie seine Westentasche. Daher gelangte er völlig unbemerkt an den Presseleuten, aber auch Mitarbeitern der äußeren Absperrung vorbei zu den Kollegen der Mordkommission.
Der Chef der Mordermittler musterte den elegant gekleideten Thorsten irritiert und begrüßte ihn zynisch. „Na, kommst du von einem Modelwettbewerb für ,Silver Ager‘, oder ist das jetzt das Styling für LKA-Profiler?“
Erst jetzt fiel auch Thorsten auf, dass sein festliches Outfit hier ja völlig deplatziert war, aber egal; Udo Strahl wäre selbst ein Spruch eingefallen, wenn sie identisch gekleidet gewesen wären.
Sie tauschten sich kurz über den bislang bekannten Stand der Ermittlungen aus, worauf Thorsten ergänzend „Fehlt etwas vom Opfer?“ fragte.
Den Spruch „Ja, ihr Leben“ hätte er sich sparen können, denn die Frage war im Serienkontext der bisherigen Taten durchaus angebracht. Udo Strahl war lange Jahre den Methoden der Operativen Fallanalyse eher skeptisch gegenüber gewesen. Mehr als Kaffeesatzleserei oder Glaskugelinterpretation war ihm nicht zu entlocken. Er hatte aber auch noch nie an einer Fallanalyse teilgenommen. Die vorzeigbaren Erfolge des OFA-Teams kommentierte er oft mit: „Kann ja mal vorkommen.“
Thorsten jedoch empfand die frühe Einbindung der OFA als fachliche Anerkennung, die der erfahrene Moko-Leiter jedoch nicht nach außen trug.
In den nächsten Minuten machte sich der Fallanalytiker ein Bild vor Ort und wurde von den verantwortlichen Ermittlern, dem Spurenteam und auch dem eingesetzten Rechtsmediziner der MHH, Doktor Albert, ins Bild gesetzt.
Bei der fast euphorischen Schilderung der Zeugin und der recht vielversprechenden Täterbeschreibung samt Phantomskizze gab sich Thorsten zurückhaltend.
Er bat seine Leute, diese Info den anderen Kollegen der OFA vorerst nicht zu übermitteln. Sie sollten sich von subjektiven Einwirkungen wie z.B. Zeugenaussagen in ihrer Arbeit nicht beeinflussen lassen.
Die OFA hatte die Fälle bei den beiden bisherigen Sexualmorden jeweils einzeln analysiert, dann miteinander verglichen und die Übereinstimmungen, aber auch Unterschiede fallanalytisch bewertet.
Die individuellen Tatparameter waren identisch, die Diskrepanzen aus dem mutmaßlichen Tatablauf und den unterschiedlichen Opferpersönlichkeiten erklärbar.
Wie sah es jetzt hier aus? Hatte derselbe Täter zugeschlagen oder hatten sie es mit einem Trittbrettfahrer zu tun?
Thorsten bekam die Antworten des kompletten Teams „step by step“, wobei hier nur Zeitansagen wie „30 Minuten“ oder „bin unterwegs, brauche eine Stunde“ über den Ticker liefen.
Die fachliche Qualifikation, um bei der OFA eines Bundeslandes arbeiten zu dürfen, ist in sogenannten Qualitätsstandards durch das Bundeskriminalamt geregelt.
Neben einem Studium an der Fachhochschule oder Akademie einer Polizei müssen Anwärter auf einen OFA-Posten mehrere Jahre Erfahrung in der Bearbeitung von Tötungs- und Sexualdelikten vorweisen. Kriminaltechnisches Know-how ist ebenso erforderlich wie Teamfähigkeit unter extremen Bedingungen. Soziale Kompetenz und Verständnis sowie Toleranz, selbst gegenüber sexueller perfider Präferenzen, sind unumgänglich.
Im Laufe der Jahre hat sich zudem gezeigt, dass der tägliche Umgang mit sexueller Gewalt einer enormen emotionalen Stabilität bedarf. Ventile im außerdienstlichen Leben gelten als festigende Faktoren, die nicht unterschätzt werden dürfen.
Aufgrund dieser Voraussetzungen erklärt es sich, dass OFA-Mitglieder in ihrer Dienstzeit schon so einiges erlebt haben müssen und dass sie sich daher in einem Alter befinden, welches doch deutlich über 30 Jahre liegt.
Wie für die meisten OFA-Einheiten bundesweit, wurde auch beim LKA Niedersachsen im Jahr 2000 eine solche Dienststelle ins Leben gerufen.
Das damalige Gründungsteam ist mittlerweile infolge von Pensionierungen oder aus persönlichen Motiven ausgeschieden. Zumindest in zwei Fällen waren die hohen psychischen Belastungen mit stetiger Konfrontation von schwersten Gewaltdelikten Auslöser für eine Umorientierung.
Thorsten Büthe, 56 Jahre, war 2002 hinzugestoßen, nachdem er mehrere Jahre im Kriminaldauerdienst Hannover und im Fachkommissariat 1 für Tötungs- und Sexualdelikte der Region Hannover eingesetzt war. 2016 konnte er die Leitung des OFA-Teams übernehmen.
Seit 25 Jahren war Büthe mit seiner Frau Victoria verheiratet und hatte zwei erwachsene Töchter, mit denen er – wie schon erwähnt – die Leidenschaft der Fotografie teilte.
Kristin Bäumer, 47 Jahre, war seit fünf Jahren in der OFA tätig und mit einem Kollegen verheiratet. Ihre beiden Jungs durchlebten gerade die schwierige Zeit der Pubertät, sodass Kristins Organisationstalent nicht nur in der Familie, sondern auch in ihrem gesamten Umfeld bekannt war und gern genutzt wurde.
Kristin und Thorsten kannten sich seit 25 Jahren, sie hatten gemeinsame Zeiten im Streifen- und Kriminaldauerdienst verbracht. Der Kontakt zwischen den beiden war nie abgebrochen. Als vor fünf Jahren der Anruf von Thorsten einging, stellte sie sich dem aufwendigen Auswahlverfahren erfolgreich und ergänzte seitdem die OFA.
Die zweite Frau im Team, Nina Bachmann, 37, war gerade Mutter einer süßen Tochter geworden.
Ihre Elternzeit hatte soeben begonnen, sodass das Team noch fast ein Jahr ohne Nina auskommen musste. Auch der Kontakt zwischen Nina und Thorsten hielt über Jahre an, nachdem sie sich in einer Mordkommission kennengelernt hatten.
Nina hatte ebenfalls mehrere Jahre Erfahrungen im Kriminaldauerdienst sammeln können und kannte die Tatortarbeit aus dem Effeff. Als Thorsten erfuhr, dass sie berufsbegleitend noch ein Studium der Sozialwissenschaften abgeschlossen und ihre Diplomarbeit über „Neonatizid – Warum töten Mütter ihre Säuglinge“ verfasst hatte, war sein Ehrgeiz geweckt, Nina ins Team zu holen.
Mit Christoph Förster, 38, konnte die OFA einen echten Experten in Sachen Ermittlungskompetenz gewinnen. Christoph war 12 Jahre Mordermittler in Hannover und seit drei Jahren im Team. Auch er war mit einer Kollegin verheiratet und Vater zweier Töchter im Kindergartenalter. Christoph galt in seiner alten Dienststelle als Exot. Er war ein Querdenker, der aneckte, der den Finger in die Wunde legte. Vokabeln wie Respekt, Zurückhaltung oder gar Harmonie waren ihm vollkommen fremd.
Im gleichen Auswahlverfahren konnte sich auch Maik Holzner, 37, durchsetzen. Maik und Thorsten hatten sich auf einem Lehrgang für Medienstrategien kennengelernt. Maik war seinerzeit Pressesprecher in Hannover und hatte im Anschluss einige Jahre im KDD verbracht.
Diese fachliche Mischung war ideal, sodass Thorsten auf Maik zuging und fragte, ob er sich vorstellen könne, in der OFA zu arbeiten. Seitdem hatte die OFA nicht nur in der Beratungskompetenz in Bezug auf die Erarbeitung von Medienstrategien einen riesigen Schritt nach vorn gemacht.
Maik war ledig und Herzblutmusiker in einer Rockband. Das erste Livekonzert, das neben der OFA samt Partnern eine riesen Fangemeinde besucht hatte, war der Hammer gewesen. Wer Maik auf der Bühne sah, hätte ihn niemals mit seiner fachlichen Profession bei der OFA in Verbindung gebracht. Seinen Kollegen war zudem deutlich geworden, dass er in seiner Bühnenrolle so weit von seiner alltäglichen Realität entfernt war und nicht im Ansatz über zerstückelte Leichen und übel zugerichtete Vergewaltigungsopfer nachdachte.
Auch wenn das eigentliche OFA-Team somit vollständig war, fehlte eine wesentliche Person, die eigentlich nur organisatorisch in einer anderen LKA-Abteilung angebunden war.
Carlotta Bayer-Westhold, 47 Jahre, war die Einsatzpsychologin des LKA und dem OFA-Team sowohl fachlich und auch menschlich ans Herz gewachsen. Da störte selbst der oft zitierte typische Psycho-Doppelname nicht. Carlotta war es in kurzer Zeit gelungen, sich im speziellen Haufen der Polizei methodisch und überlegt so aufzustellen, dass sie in einer verständlichen Sprache vermitteln konnte, wie Täter tickten, ohne abgehoben zu wirken.
Carlotta hatte noch drei Jahre zuvor als Anstaltspsychologin in einer Justizvollzugsanstalt für lebenslänglich verurteilte Täter gearbeitet, also genau mit der Klientel der OFA. In dieser Konstellation war das Team in der Lage, beide Perspektiven dieser Täter in ihren Analysen zusammenzuführen.
Carlotta lebte mit ihrem Mann auf dem Lande in einem riesigen Haus, hatte drei erwachsene Kinder und einen Jungen in der Pubertät.
Dieses OFA-Team beriet die Kollegen der Mord- und Sonderkommissionen sowie Ermittlungsgruppen bei der Bearbeitung schwerster Kapitaldelikte und erstellte unter anderem Tathergangsrekonstruktionen und Täterprofile.
Sie waren die Fallanalytiker des LKA Niedersachsen.
Nach der Einweisung durch den Moko-Leiter verließ Thorsten Büthe den Tatort. Dort war für die Kollegen noch so viel zu tun, da stand der Fallanalytiker nur im Weg. Also fuhr er ins Büro, um sein Team einzuweisen.
Gegen 18 Uhr war das OFA-Team nebst Psychologin vollzählig. Christoph konnte sich einen Spruch zu Thorstens Outfit nicht verkneifen. „Hättest du doch was gesagt, ich hätte mich auch noch in Schale geworfen.“
Büthe überhörte den Einwurf. Die ersten Informationen samt Tatortfotos waren von ihm auf dem großen Smartboard im Analyseraum vorbereitet worden. In diesem Raum führte das Team die Fallanalysen durch. Er hatte eine Größe von etwa 50 Quadratmetern, wobei die Hälfte der Wände mit raumhohen Einbauschränken bestückt war. In ihnen wurde das umfangreichste Aktenmaterial sowie Fotos der spektakulärsten Mord- und Serienvergewaltigungsfälle aus den letzten 20 Jahren in Niedersachsen aufbewahrt.
Um den großen Besprechungstisch für rund 10 Personen waren neben dem zwei mal drei Meter großen interaktiven Smartboard diverse Whiteboards und Flipcharts für Visualisierungen der Rekonstruktionen aufgestellt worden.
In einem offenen Sideboard befand sich der „OFA-Kiosk“ oder moderner gesagt: die „Candybar“, in der neben antialkoholischen Getränken eine so große Auswahl an Süßigkeiten eingelagert war, dass sie jeden Kiosk in Linden oder der List vor Neid erblassen ließ.
Doch obwohl diese Candybar während der Analysen stets dezimiert wurde, sah man das niemandem aus dem Team figürlich an. In der Analysephase mutierten fast alle zu Zuckerjunkies. Nur Maik war total abstinent oder diszipliniert, er rührte das Zeug einfach nicht an. Der Respekt aller anderen war ihm deswegen sicher.
In der kurzen Einweisung erwähnte Thorsten die Joggerin, die das Opfer gefunden und den Notruf abgesetzt hatte. Er ergänzte, dass ihr eine Person aus Richtung des Tatortes entgegengekommen war. Aus Objektivitätsgründen würde er nicht weiter darauf eingehen und diese Info auch nicht in der Tatrekonstruktion verwenden, erklärte er seinem Team.
Dieser OFA-Grundsatz war oft schwierig einzuhalten, jedoch hatte jedes Teammitglied schon häufig praktische Erfahrungen sammeln müssen, wie subjektive Angaben von Zeugen, oft auch Opfern, die in eine völlig falsche Richtung führten und schlichtweg falsch waren.
Thorsten gab folgendes Briefing vor: „Okay, so seid ihr erst mal im Film. Wir gehen wie folgt vor:
Maik, du gehst direkt in die Moko. Nimm alles mit, schaut, wie ihr mit den Infos in den Medien umgeht. Sprich mit den Zeugenschützern und setz dich bitte mit den Kollegen der OFA in Schwerin in Verbindung. Sie können uns dort oben helfen und die nötigen Kontakte herstellen.
Christoph, dein Part ist der Tatort an sich. Stimm dich mit der Moko um die Priorisierung der Untersuchungen ab und sprich mit den Gutachtern bezüglich der Fallvergleiche.
Carlotta, deine Rolle ist mal wieder das Opferbild. Schau, dass wir sämtliche Infos bekommen, sobald sie identifiziert ist. Die komplette Vita, Hobbys, Stressfaktoren, Beziehungen und so weiter. Lief sie regelmäßig? War es immer die gleiche Strecke? War das für einen Täter kalkulierbar? Was führte sie dabei grundsätzlich mit? Handy, MP3-Player, Haus- oder Wohnungsschlüssel? Was fehlt?
Kristin, du fährst bitte gleich mit zur Obduktion. Verletzungsmuster, Todesart, -zeit, Handlungsfähigkeit, Sperma-Schnelltest – und nimm bitte die Nikon mit.
Ich kümmere mich um die Unterstützung durch andere OFA-Kollegen und schaue, wen wir schnell ins Boot holen können. Ich spreche mit Kevin aus Schwerin, ob er uns hier unterstützen kann.
Bestellt euren Familien schöne Grüße und ein großes Sorry. Das Wochenende ist durch und die nächsten Nächte werden enorm kurz. Wir starten morgen früh um acht Uhr. Seht zu, dass ihr nach den ersten Infos noch ein wenig Schlaf bekommt.“
Das OFA-Team arbeitete parallel zu den eigentlichen Ermittlungen der Mordkommission. Man tauschte sich stets untereinander aus.
In akuten Fällen mussten sie auf den Luxus verzichten, erst in aller Ruhe die Ermittlungsakten zu lesen, zu interpretieren, zu rekonstruieren, um dann eine Präsentation mit den ersten Ergebnissen abzuhalten.
Hier war ein aktiver Serienmörder unterwegs, jetzt zählte jede Minute, da kamen sie als „Tageslichtermittler“, wie oft über LKA-Beamte gelästert wird, nicht weiter.
In einer aktuellen Begleitung musste jede neue Information umgehend aufgenommen, analysiert und bewertet werden.
Als wesentlicher Auftrag dieser Analyse war festzustellen, ob sie es wieder mit demselben Mörder und seiner dritten Tat zu tun hatten oder ob hier ein Trittbrettfahrer die Gelegenheit und den Medienhype ausgenutzt haben könnte.
Gab es ein eindeutiges Tatmuster? Musste es das überhaupt geben oder konnten andere Umstände zu einer Veränderung des sogenannten Modus Operandi geführt haben.
Die größte Herausforderung würde darüber hinaus die Beantwortung folgender Fragen sein: Wer wird wann sein nächstes Opfer sein? Und wo könnte er wieder zuschlagen?
Viel Zeit blieb nicht.
Celina und Emma hatten die Hochzeit gut gemeistert. Das Brautpaar und die Gäste waren zufrieden.
Celina fiel besonders ein einzelner Gast auf, der zu spät zur Zeremonie gekommen war. Er hatte selbst viele Fotos mit einer professionellen Canon-Kamera geschossen. Sie wurde zudem das Gefühl nicht los, dass dieser Gast ihr oder sogar beiden Schwestern recht viel Aufmerksamkeit schenkte. Vielleicht war es ein Kollege, der sich etwas abgucken wollte oder einfach nur ein Fotofreak. Er war elegant und modisch gekleidet, etwa Anfang dreißig, ein sportlicher Typ und nicht unsympathisch. Jedenfalls machte er einen netten und aufgeschlossenen Eindruck. Sie würde ihn im Laufe des Abends noch ansprechen. Schließlich waren sie bis zum Brautstraußwurf gebucht, der erst nach Mitternacht eingeplant war.
Kristin Bäumer trat kurz vor 22 Uhr in den Sektionssaal der MHH. Zunächst wurde sie nur vom Präparator, Michael Heidenreich, knapp begrüßt. Weder die Rechtsmediziner noch die Beamten der Moko und der Spurensicherung waren bereits vor Ort.
Die nach wie vor bekleidete Leiche einer Frau im Joggingoutfit lag auf dem Sektionstisch. Ihre Hände waren in Papiertüten fixiert.
Kristin versuchte ihr Alter zu schätzen, was ihr bei getöteten Menschen immer schwerfiel. Die ursprünglich hellblaue Nike-Jacke präsentierte sich im Frontbereich blutdurchtränkt und weit geöffnet. Ein darunter befindliches Laufshirt war, wie auch ein Sport-BH, in der Front komplett durchtrennt. EKG-Marken hatte man auf die Brust geklebt. Im Mund befand sich ein Tubus, der mittels einer Mullbinde um den Kopf befestigt war.
Die knappen Laufshorts saßen lagegerecht. Ein „polizeideutscher“ Ausdruck, der besagte, dass es augenscheinlich erst einmal keinen sichtbaren Hinweis gab, dass die Hose heruntergezogen oder deren normale Lage verändert worden war. Auch hierauf fanden sich – wie auch an beiden Beinen – massive Blut- und Abrinnspuren in Richtung der Füße, aber auch waagerecht in beide Richtungen.
Das Opfer trug rechts einen pinkfarbenen Asics-Joggingschuh, auf dem massive Blutstropfen ins Auge fielen. Die weißen Sportsocken des rechten Fußes waren im oberen Bereich beblutet. Hier endeten, wie auch am linken, die beschriebenen Abrinnspuren von den Beinen. Der linke Fuß war lediglich mit der Sportsocke bekleidet, ein Schuh fehlte. Kristin fiel sofort auf, dass auf dem Strumpf an der Ferse keinerlei Blut vorzufinden war.