Im Wechsel der Wellen - Eine Biografie in Sinustönen - Jan Heimerdinger - E-Book

Im Wechsel der Wellen - Eine Biografie in Sinustönen E-Book

Jan Heimerdinger

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Beschreibung

Mein Weg war ein steiniger Pfad, geprägt von Fehlern, Rückschlägen und triumphalen Momenten. Als Jan Heimerdinger, in Frankfurt am Main geboren und nun in Berlin lebend, teile ich in diesem Buch meine Reise durch die ersten dreißig Jahre meines Lebens. Von Perspektivlosigkeit zu Hoffnung, von Selbstzweifeln zu Selbstvertrauen - ich erzähle von den Herausforderungen, die ich überwand, und den Erkenntnissen, die ich gewann. In meinen Erzählungen spiegelt sich eine einfache, aber kraftvolle Botschaft wider: Sei authentisch, sei ehrlich zu dir selbst. Denn erst durch das Akzeptieren unserer eigenen Ecken und Kanten können wir zu unserem wahren Selbst finden. Durch Höhen und Tiefen hindurch habe ich gelernt, dass Misserfolge genauso wertvoll sind wie Erfolge, denn sie formen uns und lehren uns, wer wir wirklich sind. Ich erzähle von der Bedeutung von Familie und Freundschaft, von der Liebe und den Träumen, die uns antreiben. Und ich teile meinen größten Traum: eine eigene Familie zu gründen und ein erfülltes Leben zu führen. Dieses Buch ist nicht nur meine Geschichte, es ist eine Einladung zum Nachdenken über das eigene Leben, zu Mut und Selbstakzeptanz. Möge es jene inspirieren, die sich auf der Suche nach ihrem eigenen Glück befinden und den Glauben an sich selbst stärken.

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Ich widme dieses Buch meiner Mutter und meinem Vater.

Vorwort

Mein Name ist Jan Heimerdinger. Ich bin 29 Jahre alt und wurde in Frankfurt am Main geboren. Inzwischen wohne ich in Berlin.

In diesem Buch geht es um mich, einen knapp dreißigjährigen, der Anfang seiner Zwanzigerjahre Perspektivlosigkeit erfahren hat und sich durch Hoffnung, Motivation und Ehrgeiz zu seinem Glück brachte.

Ich hatte nie den Plan, ein Buch über mein Leben zu schreiben. Warum sollte ich ein Buch schreiben? War mein Leben spannend? Was hatte ich schon zu sagen?

Ich wusste, dass ich in den vergangenen Jahren eine sehr positive Entwicklung durchgemacht hatte. Vor 10 Jahren fühlte ich mich vollkommen perspektivlos. Nun arbeitete ich seit vielen Jahren in einem Unternehmen, in das ich mein Herzblut steckte. Im Gegenzug förderten sie mich, sodass ich im Jahr 2023 meinen Abschluss zum geprüften Handelsfachwirt machen konnte. Mein Leben hatte sich um 180 Grad gedreht. Nicht nur beruflich, sondern auch privat.

Könnte ich Leuten, die vielleicht in einer ähnlichen Lage sind, Wege zur Veränderung und Besserung aufzeigen? Vielleicht. Als eine wichtige Familienangehörige verstarb, machte ich mir aus irgendeinem Grund sehr viele Notizen über prägende Momente meines Lebens. Mir fiel immer mehr ein. Ich schrieb immer weiter – tagelang. Die Notiz in meinem Smartphone wurde so lang, dass ich ein Word-Dokument öffnete, die Notiz hineinkopierte und die Passagen zeitlich einordnete.

Und dann hatte ich ein neues Ziel. Ich wollte die ersten 30 Jahre meines Lebens auf Papier bringen.

Das Buch spiegelt mein Leben aus meiner Wahrnehmung und meinen Erinnerungen wider.

Kapitel

Ouvertüre

Die Wurzeln: Meine Mutter und mein Vater

Die farbenfrohe Welt meiner Kindheit

Ein Tag, der die Welt veränderte: 11. September 2001 & meine kindliche Unschuld

Freundschaften & Grundschulmelodie

Das chaotische Bild meiner Pubertät

Schwabenland-Symphonie: Zwischen Spätzle und Kehrwoche

Berlin Beats

Franci und der angehende Zimmermann

Sturmwarnung für 2014: Mein schlimmstes Jahr

Blick ins Nichts

Die Geburt eines neuen Lebensabschnitts & wilde Rhythmen in der WG

Erweiterte Hobbys und Covid

Abenteuer im Baumarktuniversum

Sport, Sucht und nächtliche Schatten

Neuanfang & Tod

Der verlorene Pfad eines Bruders

Jahre der Wunder: die Melodie der Glücksmomente

Die aktuelle Situation und all das, was ich nochmal loswerden möchte

Rushhour des Lebens: Glück & Hoffnung

Ouvertüre

Wer mit mir zum ersten Mal spricht, merkt, dass ich sehr unvoreingenommen bin. Ihr könnt aussehen, wie ihr möchtet. Ihr könnt euch kleiden, wie ihr möchtet. Wir müssen nicht zwingend dieselbe Sprache sprechen. Ihr seid Menschen, wie ich es bin. Ihr habt eure Stärken und Schwächen sowie ich meine habe. Mein Wunsch ist, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen.

Solange ihr keinem Leid zufügt, könnt ihr leben wie ihr möchtet und das machen, was euch Freude bereitet und glücklich macht. Ich tue das. Und ich hoffe für euch, dass ihr das auch tut. Das ist nämlich einer der wichtigsten Bestandteile unseres Lebens. Und genau diese Einstellung erwarte ich auch von meinem Gegenüber – von euch.

Ich habe ein gesundes Selbstbewusstsein. Doch ich habe auch einen weichen Kern. Aber dieser wird nicht in der ersten Begegnung mit mir offenbart. Ansonsten mache ich mich potenziell angreifbar. Das weiß ich aus Erfahrung.

Einige Menschen dachten, dass sie mit mir alles machen könnten, was sie wollten. Meine Nettigkeit wurde nicht selten mit Schwäche verwechselt. Mit der Zeit habe ich deshalb eine selbstbewusste Außenwahrnehmung angenommen. Das habe ich getan, um eine harte Kruste um meinen weichen Kern aufzubauen. Weshalb ich so bin, erkläre ich euch an meinem Eisberg-Beispiel.

Wir Menschen sind dazu veranlagt, andere Menschen oberflächlich zu bewerten. Nicht selten führt das zu Falscheinschätzungen. Wenn wir eine Person das erste Mal für ein paar Sekunden sehen, erkennen wir nur eine kleine Spitze des Eisbergs. Wir müssten erst abtauchen, um zu sehen, was sich darunter befindet. Erst dann können wir erkennen, wie groß der Eisberg tatsächlich ist. Wenn wir uns Zeit nehmen, könnten wir sogar erkennen, wie viele Ecken und Kanten er besitzt. Und manchmal fragen wir uns auch, wie er zu dem geworden ist, was er heute ist.

Der Eisberg steht in meinem Beispiel für den Charakter eines Menschen. Durch äußere Einflüsse wird er geformt und kann größer und stärker werden. Allerdings kann die ein oder andere Ecke des Eisbergs wegbrechen, wenn äußere Einflüsse auf ihn einwirken. Wann wir tatsächlich alles von ihm kennen, hängt von der Mühe und der Zeit ab, die wir investieren, um ihn kennenzulernen. Meistens lohnt es sich, abzutauchen.

Ich habe viel Zeit und Kraft investiert, um das nötige Vertrauen in mich selbst zu entwickeln. Mein Umfeld und meine Erfahrungen haben mich zu dem Eisberg gemacht, der ich heute bin.

Ich habe Selbstvertrauen – ich weiß, was ich kann und was nicht. Ich bin mir zudem auch selbst bewusst geworden. Ich weiß, wer ich bin und wer nicht. Und das strahle ich aus.

Menschen, die mich zum ersten Mal kennenlernen, bemerken deshalb möglicherweise einen leichten Schwall an Arroganz, gepaart mit einer Prise Überheblichkeit. Das ist die angesprochene Falscheinschätzung eines Charakters – meines Charakters. Überheblichkeit und Arroganz werden nämlich nicht selten mit Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen verwechselt. Das nötige Selbstvertrauen habe ich nicht in die Wiege gelegt bekommen. Deshalb bin ich heute stolz darauf, es zu haben.

Ich danke an der Stelle mir selbst, denn nur ich allein konnte die größten Hürden in meinem Leben meistern, wie ich sie gemeistert habe. Ich war bei jedem Schritt, den ich erfolgreich absolviert hatte, stolz auf mich. Das gab mir die Kraft, den nächsten Schritt zu machen.

Früher ging ich die Dinge noch anders an. Ich war unerfahren und wenig überzeugt von mir. Damit hatte ich in vielen Situationen schon verloren, bevor es überhaupt angefangen hatte. Sobald euer Gegenüber erkennt, dass ihr nicht von euch selbst und von dem, was ihr erzählt, überzeugt seid – wie solltet ihr ihn dann von euch überzeugen können?

Mittlerweile habe ich knapp 30 Lebensjahre auf dem Buckel. Ich habe viele Höhen und Tiefen erlebt. Sehen wir das Leben als eine Sinuskurve, erlebt man Zeiten, in denen man glücklich und zufrieden ist. Man befindet sich auf einem Hoch. Und dann gibt es Zeiten, in denen man unglücklich oder verzweifelt ist und nicht mehr weiterweiß. Man erlebt ein Tief. Diese Abschnitte wiederholen sich nun unser gesamtes Leben. Das ist unausweichlich. Aber das ist nicht unbedingt schlecht. Im Gegenteil. Wenn euch das bewusst wird, lernt ihr die Höhen zu schätzen und könnt sie genießen. Genauso wisst ihr in den Phasen des Tiefs, dass danach wieder ein Hoch kommt, könnt darauf hinarbeiten und euch darauf freuen.

Ich mag die Bezeichnung der Sinuskurve für die visuelle Beschreibung der Gefühlslage im Leben. Ich glaube, ich hätte als Erwachsener ernste Probleme bekommen, wenn mein Leben ausschließlich positiv verlaufen wäre. Es wäre nicht lehrreich und zudem auch langweilig gewesen. Das Positive wäre die Normalität gewesen. Man hätte die positiven Dinge im Leben nie zu schätzen gewusst. Es wäre alles normal gewesen. Wer möchte schon normal? Ich nicht.

Hätte ich eine zweite Chance mein Leben zu leben, würde ich es genauso machen. Ob ich etwas in meinem Leben bereue? Nein. All das hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin. Und ich bin endlich zufrieden mit mir. Endlich, nach all den Jahren.

Bestimmt hätte ich mit dem Wissen, welches ich heute besitze, Dinge anders angehen können. Daran besteht kein Zweifel. Aber jede Entscheidung oder Tat, hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Und es gefällt mir, wie ich bin. Wie ich so geworden bin? Ich erzähle es euch.

"...doch es wär' heut' nicht wie es ist -

wär' es damals nicht gewesen, wie es war.

Und ich bereue nichts -

Ich bin im Reinen mit mir selbst,

komisch, das Gefühl ist neu für mich.

Es liegt in deiner Hand, sofern du es zu fassen kriegst -

Deine Taten machen dich."

- Sido (“Ich bereue nichts”)

Die Wurzeln: Meine Mutter und mein Vater

Meine Mutter Heike und mein Vater Mathias sind beide mit jeweils zwei Geschwistern in einer Stadt bei Frankfurt am Main groß geworden – in Eschborn. Nach Erzählungen sind beide in normalen Verhältnissen aufgewachsen.

Ihre Eltern (meine Großeltern) waren allesamt verheiratet und fleißig darin, Kinder zu zeugen.

Meine Mutter war die zweitjüngste aus dem Geschwister-Trio und wurde 1968 geboren. Mein Vater war der jüngste Bruder in seinem Geschwister-Trio und wurde ebenfalls 1968 geboren. Glücklicherweise musste ich deshalb 50 Jahre später nur eine Jahreszahl auf meine linke Brust tätowieren lassen (röm. MCMLXVIII).

Meine Eltern kamen aus Familien, die nicht reich, aber auch nicht arm waren. Die Mütter waren Hausfrauen, was in dieser Zeit noch absolute Normalität war. Mein Opa väterlicherseits war Feuerwehrmann bei der Stadt und mein Opa mütterlicherseits war Bademeister im Schwimmbad der Stadt. Leider hatte ich meinen Bademeister-Opa nie kennenlernen dürfen. Er ist gestorben, als meine Mutter mit mir schwanger war. Meine Mutter hatte es sich so sehr gewünscht, dass ihr Vater ihren Sohn kennenlernt. Und auch ich hätte mich gefreut, ihn kennenzulernen. Meine Mutter hatte eine starke Bindung zu ihm und erzählte mir öfter etwas über ihn. Er muss ein interessanter und liebevoller Mann gewesen sein. Ich bin sicher, dass ich ihn gemocht hätte.

Meine Eltern besuchten dieselbe Gesamtschule, auf die ich auch irgendwann gehen würde. Als Jugendliche lernten sie sich kennen und lieben. Sie heirateten und bekamen nach kurzer Zeit mich - den kleinen Jan Patrick.

Meine Mutter wollte, dass ich Jan heiße. Mein Vater wollte mir den Namen Patrick geben. Schließlich wurde es dann beides. Allerdings ist mein Rufname Jan. Niemand hat mich jemals mit meinem Zweitnamen angesprochen. Zudem kann ich mich wenig mit dem Namen Patrick identifizieren. Ich bin schon mein ganzes Leben froh, dass kein Bindestrich zwischen den Namen steht. Ich kann deutsche Namen mit Bindestrich, speziell die aus den 50er- oder 60er-Jahren, nämlich nicht ganz ernst nehmen. Die meisten der Namen haben nämlich etwas Lustiges an sich. Vermutlich ist das solch ein Generations-Ding. Oder was würde ein sieben Jahre altes Kind dazu sagen, wenn es sich am ersten Schultag mit Kai-Uwe oder Heinz-Rüdiger vorstellt? Wahrscheinlich wäre es direkt das beliebteste Kind der Klasse.

Meine Eltern bekamen mich, als sie noch jung waren. Beide waren Mitte ihrer Zwanziger. Jung sage ich deshalb, da ich nun knapp 30 Jahre alt bin und noch keinen laufenden Meter neben mir herumflitzen sehe. Doch das wünsche ich mir irgendwann. Das Alter sollte aber beim Kinderwunsch keine große Rolle spielen. Wichtiger ist, bereit zu sein, dem Kind etwas zu geben und bieten zu können.

Ich wurde in einem Krankenhaus in Frankfurt am Main geboren. Meine Eltern wurden fantastische Eltern und sind es bis heute. Sie haben mir mein Leben geschenkt und mich nach bestem Wissen und Gewissen erzogen. Sie haben mir alles gegeben, was ich benötigte, um glücklich aufzuwachsen. Und das war größtenteils ihre Zeit, ihre Kraft und ihre Liebe. Sie waren immer für mich da. Sie haben sich für mich zurückgestellt. Sie erwarteten nicht, dass ich ihnen ab Tag eins etwas zurückgebe. Sie waren es, die bereit waren, alles zu geben. Und das taten sie. Tatsächlich fühlt sich das auch heute noch so an. Und darüber bin ich als Sohn mehr als glücklich. Ich bin unendlich dankbar dafür.

Natürlich gab es für meine Eltern den ein oder anderen Grund, böse auf mich zu sein. Beispielsweise habe ich als Kind die wertvolle Michael Jackson CD von meinem Vater auf dem Boden zerkratzt. Ich hielt es für großartig, die CD über den Boden zu schleifen. Überraschenderweise hatte sie sich danach nicht mehr abspielen lassen. Trotzdem war er nicht böse mit mir. Wenn er mir darüber erzählte, hatte er immer ein Lächeln in seinem Gesicht. Er wusste, dass ich sie nicht mit Absicht beschädigte. Oder doch? Kleiner Spaß, Papa.

Meiner Mutter pinkelte ich auf den Bauch, als ich nach der Geburt in ihre Arme gelegt wurde. Ich fiel direkt mit der Tür ins Haus. Ich wollte meinem Vater wahrscheinlich schnellstmöglich signalisieren, wem die Mama nun gehörte. Sie erzählte immer lachend, dass sie spätestens in diesem Augenblick sicher war, dass ich ein Junge sei.

Heutzutage versuche ich meinen Eltern so viel zurückzugeben, wie ich kann. Sei es mit regelmäßigen Besuchen oder gemeinsamen Urlauben. Hauptsache Zeit mit ihnen verbringen. Denn sie werden nicht für immer da sein. Das ist mir bewusst. Und Zeit ist eines der besten Geschenke, die ihr euren Mitmenschen machen könnt. Erinnert euch das nächste Mal daran, wenn ihr euch wieder den Kopf über ein Geschenk zerbrecht.

Inzwischen telefoniere ich öfter mit meinen Eltern, da wir mittlerweile in ganz Deutschland verstreut sind. Meine Mutter wohnt mittlerweile im Allgäu in Bayern. Mein Vater wohnt in meiner Heimatstadt Eschborn und ich wohne nun schon mein halbes Leben lang in Berlin.

Als ich zwei Jahre alt war, ließen sich meine Eltern scheiden. Davon bekam ich aber nichts mit. Für mich war das also keine große Sache. Bis heute nicht. Welche Gründe es für die Scheidung gab, wurde mir nie wirklich im Detail erzählt. Ich hatte auch noch nie ausdrücklich danach gefragt. Ich denke, es ist besser so. Wie bei jeder Trennung wird es seine Gründe gegeben haben.

Nach der Trennung war für meine Eltern das Allerwichtigste, dass es mir trotzdem gut gehen würde. Meistens gibt es nach einer Trennung zwischen zwei Menschen, die sich einst liebten, kleinere Differenzen. Mich haben sie nie daran teilhaben lassen. Sowieso wäre ich viel zu klein gewesen, um davon etwas zu verstehen. Ich hatte das Gefühl gänzlich normal aufzuwachsen. Meine Eltern waren eben nicht, wie andere Eltern, zusammen. Wenn man so aufwächst, ist das reine Normalität. Es hatte nichts Negatives. Es gab noch nie einen Grund, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn meine Eltern noch zusammen wären. Sie waren in jedem Augenblick, in dem ich sie gebraucht habe, für mich da. Auf meine Mutter und meinen Vater war immer Verlass. Immer! Ich denke, das ist ein Beweis dafür, dass meine Eltern von Anfang an alles richtig gemacht haben.

Ich liebe euch. Ich werde euch für immer lieben. Danke, dass es euch gibt. Und danke, dass es mich euretwegen gibt. Ohne euch wäre ich nichts. Und ohne euch wird die Welt irgendwann grauer sein als die Welt mit euch.

Die farbenfrohe Welt meiner Kindheit

Nach der Trennung meiner Eltern lebte ich größtenteils bei meiner Mutter.

Bevor ich in den Kindergarten kam, gab meine Mutter mich tagsüber für ein Jahr bei Oma & Opa ab. Mein Vater und meine Mutter waren nämlich berufstätig. Bei meinen Großeltern hatte ich eine Menge Spaß. Sie hatten einen Hund namens Blacky, den ich über alles liebte. Wie der Name schon verrät, war es ein schwarzer Labrador Retriever. Außerdem besaßen meine Großeltern einen Kleingarten. Im Garten befand sich ein kleines Gartenhaus, ein Gewächshaus und viel Fläche zum Anbau von Obst und Gemüse.

In der Frühlings-, Sommer- und Herbstzeit waren wir viel im Garten. Ich glaube, ich habe nicht wirklich im Garten helfen können. Dafür war ich zu klein. Meine Oma erzählte mir einmal, dass ich gerne mit Opa die Kartoffeln legte. Allerdings hatte ich, als die Zeit reif war, die Kartoffeln zu ernten, keine Lust mehr. Ich kann nicht genau sagen, warum das so war. Heutzutage arbeite ich nämlich sehr gerne, wenn mir die Arbeit Spaß macht. Allerdings muss ich nicht unbedingt die Früchte einer gelungenen Tätigkeit ernten. Das war mir noch nie wichtig. Hauptsache es funktionierte mit meiner geleisteten Vorarbeit. Opa brachte mir trotzdem einige Kartoffeln der Ernte vorbei, um mir zu zeigen, was wir zusammen geschaffen hatten. Die meiste Zeit war ich von allem fasziniert, was in einem Garten so passierte. Und die restliche Zeit war ich sehr mit Blacky beschäftigt. Wir spielten meistens sein Lieblingsspiel Ich-bringe-dir-ein-Seil-dass-du-versuchst-zu-greifen-damit-ichversuche-es-dir-wieder-abzunehmen-und-knurre-dabei.

*

Meine Mutter hatte damals einen neuen Lebensgefährten gefunden – Jürgen. Vertraute nannten ihn Juzi – ich auch. Für mich war er immer wie ein zweiter Papa. Er hat mich in der achtjährigen Beziehung zusammen mit meiner Mutter großgezogen. Für ihn war ich immer wie ein Sohn. Und das spürte ich auch. So hatte ich schon zwei Vaterfiguren. Das hatte mehr Vorteile als Nachteile.

Juzi war sich für nichts zu schade. Er hat bis heute einen Humor, der meinem Humor in vielen Dingen sehr ähnlich ist. Wir nehmen uns beide nicht zu ernst, nehmen uns selbst auf die Schippe und sticheln gerne mal.

An die Zeit mit Juzi habe ich viele schöne Erinnerungen. Einmal haben wir Hockey auf Inline-Skates gespielt und sind gegeneinander gefahren. Irgendetwas daran war so lustig, dass wir uns vor Lachen auf dem Boden krümmten. Im nächsten Moment machten wir uns beide ein wenig in die Hose. Als wir uns das Malheur gegenseitig mitteilten, erreichte das Gelächter eine ganz neue Stufe. So einen Lachanfall hatte ich bis dato noch nie zuvor erlebt. Wir konnten uns nicht mehr zusammenreißen. Eine Situation, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde.

Mit Juzi lebten wir im Erdgeschoss seines Elternhauses. Seine Eltern wohnten im Obergeschoss eine Etage über uns. Es gab eine große Einfahrt zum Haus und einen mittelgroßen Garten mit Rasenfläche. Die Rasenfläche war wie gemacht für einen kleinen selbst gemachten Bolzplatz. Also kaufte Juzi irgendwann ein Fußballtor und wir stellten es anschließend auf. Wir verbrachten sehr viele Stunden, damit einander ein Tor reinzukicken.

Juzi war ein leidenschaftlicher Rot-Weiß-Essen-Fan. Schon seit seiner Kindheit war das sein Lieblingsverein. Ich konnte das nie wirklich verstehen, da die Mannschaft eigentlich nie große Erfolge feierte. Außerdem hatte er auch nie in der Nähe der Stadt gewohnt. Er sagte immer, dass ihm die Farben der Trikots damals so gut gefallen haben und dass der Grund für die Wahl seiner Lieblingsmannschaft war.

Zu meinem ersten Fußballspiel als Zuschauer sind wir dann mal nach Essen gefahren, um uns vor Ort ein Spiel anzuschauen. Ich war zwar schon davor mehrere Male als Zuschauer bei einem Fußballspiel auf unserem Sportplatz der Stadt, aber noch nie in einem größeren Stadion.

Im Stadion herrschte eine atemberaubende Stimmung. Ganz anders als in unserem Stadtstation. Ich kann nicht sagen, ob Essen damals gewonnen hatte. Aber das war damals sowie heute nicht ausschlaggebend. Das Erlebnis bedeutete mir viel mehr.

Im Sommer grillten wir oft. Zudem stellten wir einen kleinen Pool auf, in dem man sich abkühlen und eine Weile planschen konnte. Im Winter rollten wir uns große Schneebälle und bauten Jahr für Jahr einen Schneemann. Einmal bauten wir uns sogar ein kleines Iglu. Damals hatte es im Winter noch regelmäßig geschneit. Und der Schnee blieb auch meistens liegen und schmolz nicht gleich weg. Kennt man in Berlin heutzutage gar nicht mehr so richtig. Einfach eine schöne langfristige Schneelandschaft.

Das Iglu, das wir bauten, wurde nur etwas kleiner und auch nur ich passte hinein. Bis heute weiß ich aber, dass ein solch kleines Eis-Haus von innen überaus warm sein kann. Und die Stille darin – herrlich.

*

Mit acht oder neun Jahren trat ich in den 1. FC Eschborn ein. Das war der Fußballverein meiner Heimatstadt. Dort spielte ich Vereinsfußball. Wir traten öfter bei Turnieren an. Ich spielte meistens auf der 6er-Position oder als Außenverteidiger auf der rechten Seite. Tore habe ich daher eher selten geschossen. Vor einem Turnier bereitete ich dennoch ein Shirt vor, welches ich unter meinem Trikot anzog. Juzi war als Zuschauer vor Ort und feuerte meine Mannschaft und mich an. Das tat er oft. An diesem Tag war es das letzte Turnierspiel. Es stand unentschieden – 2:2.

Wir bekamen einen Eckball und ich stand vor dem Strafraum. Sollte ein Abpraller kommen, stand ich bereit, um den möglichen Angriff des Gegners zu verteidigen.

Der Ball wurde hoch in die Mitte des Strafraums geflankt. Er landete am Fuß eines gegnerischen Spielers. Dieser spielte den Ball flach aus dem Strafraum heraus.

Der Ball landete direkt vor meinen Füßen. Nun hatte ich den Ball. Jetzt oder nie. Ich schoss instinktiv und entschlossen mit voller Wucht auf das Tor und versenkte den Ball unter der Latte – Tor! Der Torwart hatte keinerlei Chance. Das war mein Moment. Es hatte tatsächlich funktioniert. Der Fußballgott schenkte mir mein Tor, auf das ich gehofft hatte.

Ich drehte mich um und rannte jubelnd in Juzis Richtung. Meine Mitspieler kamen gar nicht so schnell hinterher, um das Siegtor zu feiern. Beim Rennen zog ich mir mein Trikot hoch und präsentierte das beschriftete Shirt. Juzi schaute mich an und entdeckte das Shirt mit einem Herzen und den drei Buchstaben HDL (hab dich lieb) darauf. Ihm schossen die Tränen in die Augen und er rief: »Das ist mein Bub!«

Das war ein unvergesslicher Moment für uns. So emotional. Einer der Gründe, warum ich diesen Sport so liebe – die Emotionalität.

Mehr als den Fußball liebte ich nur die Musik – Musik hören und Musik machen. Denn Musik begeisterte mich schon in jungen Jahren. Sie ist einer meiner größten Leidenschaften.

Wenn eins meiner Lieblingslieder läuft, singe oder rappe ich oft mit und kann nicht anders als mich dazu zu bewegen.

Ich erinnere mich an meinen ersten Auftritt, den ich vor meiner Mutter und Juzi hatte. Ich legte ein Album von Bon Jovi in den CD-Spieler und ließ das Lied It's my life abspielen. Natürlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch keine Englischkenntnisse. Das war aber egal.

Vor meinem Auftritt erhöhte sich meine Nervosität. Doch die Nervosität verschwand in dem Augenblick, als ich in meinem Element war, und anfing meine vorher einstudierte Choreografie zu präsentieren. Ich versuchte den Text so gut wie möglich mitzusingen und spielte gleichzeitig Luftgitarre. Mir machte das einen Riesenspaß.

Nach meinem Auftritt klatschten Mama und Juzi. Sie hatten sich sehr über meinen Auftritt gefreut. Es war nicht das letzte Mal, dass ich meine Liebe zur Musik anderen Menschen vortragen würde.

*

Mindestens alle zwei Wochen besuchte ich an den Wochenenden meinen Vater. Er hatte nach der Ehe mit meiner Mutter auch eine neue Lebensgefährtin gefunden – Karola. Karola war zusammen mit meiner Mutter in einem Tanzverein. Daher kannten sie sich. Karola hatte einen Sohn im selben Alter wie ich – Marko. Marko lebte wie ich größtenteils bei seiner Mutter. Also im Dreiergespann mit meinem Vater.

Karola ist im Laufe der Jahre wie eine zweite Mutter für mich geworden und Marko wie ein Bruder. Wir waren also schon zwei Patchwork-Familys.

Karola und mein Vater hatten von dort an 25 Jahre glücklich zusammengelebt. Bis eines Tages eine schreckliche Diagnose kam und in dem darauffolgenden halben Jahr alles verändern sollte. Doch das lag noch über zwanzig Jahre in der Zukunft.

Als wir zwei Jahre alt waren, lernten Marko und ich uns kennen. Vorher wurden wir zufälligerweise zusammen getauft.

Marko ist knapp vier Monate älter als ich. An mein erstes und zweites Lebensjahr habe ich keinerlei Erinnerungen. Wir kennen uns also so gesehen schon unser ganzes Leben. Seit ich denken kann, war Marko da. Meistens nannten wir uns Halbbrüder.

Als wir klein waren, gingen unsere Eltern oft mit uns gemeinsam zum Spielplatz. Wir fuhren zusammen Dreirad oder spielten zu Hause mit unseren Katzengeschwistern. Wir besaßen zwei Katzen – Micky & Lisa. Als meine Mutter und mein Vater noch verheiratet waren, hatten sie sich die beiden Katzen angeschafft. Als es mit meinen Eltern nicht mehr funktionierte, blieben die Katzen bei meinem Vater. Sie haben uns einen großen Teil unserer Kindheit begleitet. Micky schlief sogar fast ausschließlich unter meinem Bett. Da fühlte er sich sehr wohl. Eines Morgens wachte ich auf und Micky war verschwunden. Es war ungewöhnlich, da die Katzen meistens am ehesten wach waren und schon in der Wohnung herumliefen oder vorsichtig auf uns herumliefen, um gestreichelt zu werden.

Wir begannen Micky sofort zu suchen. Nach kurzer Zeit fanden wir Micky unter meinem Bett – klar, wo auch sonst. Aber leider lag er dort nicht, um sich kurz Ruhe zu verschaffen. Er würde fortan für immer ruhen. In dieser Nacht war er verstorben. Er hatte sich zum Sterben an den Platz gelegt, wo er sich am wohlsten und sichersten fühlte.

Nach dem Tod merkte man Lisa an, dass sie nicht mehr dieselbe war. Sie verhielt sich anders als all die Jahre zuvor mit ihrem Bruder Micky. In ihrer Trauer und dem Liebeskummer zu ihrem geliebten Bruder verstarb Lisa bedauerlicherweise auch ein paar Tage später. Sie konnte oder wollte anscheinend nicht ohne ihren Bruder leben. Für uns war das ein harter Schicksalsschlag. In kürzester Zeit verstarben unsere beiden Katzen. Ruht in Frieden. Ich werde euch nie vergessen.

Eine ganze Weile lebten wir in dieser Wohnung. Sie befand sich in der Nähe von Markos Grundschule. Wir erlebten dort viele schöne Dinge zusammen.

Marko und ich teilten uns ein Hochbett. Er schlief oben und ich unten. Gerne spielten wir intensiv und lange mit unserer Carrera-Bahn, die wir mal zu Weihnachten geschenkt bekommen hatten.

Besonders kann ich mich an einen bestimmten Weihnachtsfeiertag erinnern.

Wir kamen von der Kirche zurück und die Balkontür war einen kleinen Spalt geöffnet. Karola ging in die Wohnung und sagte aufgeregt, dass sie das Christkind hinausfliegen sah. Es war wohl durch unsere Balkontür in die Wohnung gelangt. Wir Kinder liefen direkt auf den Balkon und schauten in den Himmel. Tatsächlich hatte ich einen weißen Schleier erkannt, der aber schnell am Himmel verschwand. Ich ging fest davon aus, das Christkind gesehen zu haben. Heute weiß ich, dass da nichts war.

Noch einige Jahre später glaubte ich die Geschichte von Karola. Die Wahrheit war jedoch, dass sie vor unserem Gang zur Kirche die Balkontür offengelassen hatte oder sie kurz vor unserem Eintreffen in der Wohnung leicht öffnete. Als wir zu Hause eintrafen, musste sie uns die ausgedachte Geschichte nur noch glaubhaft verkaufen. Und das tat sie gut.

Sollte ich einmal Kinder haben, werde ich versuchen, diese Situation nachzuahmen, um sie zu ehren.

Später ließen sich Karola und Papa nach ihren Wünschen ein Reihenhaus in der Nähe unserer alten Wohnung bauen. Es war riesig. Ein großer Keller mit mehreren Räumen. Im Erdgeschoss das Wohnzimmer mit Kamin und separater Küche. Im Eingangsbereich eine Gäste-Toilette und ein kleines Kleiderzimmer. Außen eine Terrasse mit Garten und Teich. Im ersten Stock ein Kinderzimmer für mich und eins für Marko sowie ein großes Badezimmer. Im zweiten Stock das Schlafzimmer für Papa und Karola, ein Arbeitszimmer und der Heizungsraum.

In all den Jahren wurde das Haus gefühlt immer schöner. Karola hatte einen guten Blick dafür, welche Möbel und Dekorationen in das Haus passten. Und mit den Jahren wurde es perfekt.

Im Garten konnten wir, bis wir größer wurden, Fußball spielen. Die Tore machten wir uns von Zaun zu Zaun an den Pfosten der Zäune aus.

Einmal rollten wir uns auf dem Rasen hin und her. Marko rollte sich dann aus Versehen direkt in den Teich hinein. Ich fand das überaus lustig. Wie Marko dort unbeholfen im Teich mit seinem Leben kämpfte, werde ich niemals vergessen. Natürlich hatte er nicht um sein Leben gekämpft. Selbstverständlich konnte Marko schwimmen. Er war nur sehr geschockt, plötzlich im Teich zu schwimmen. Das sah man ihm definitiv an.

Gerne fuhren wir mit angeklebter Pokémon-Karte in den Speichen unserer Fahrräder in der Gegend herum, um uns wie bei den wilden Kerlen zu fühlen. Wir hatten über all die Jahre jeden Teil davon im Kino geschaut. Die Pokémon-Karte zwischen den Speichen imitierte ein Motorgeräusch ziemlich gut. Zumindest empfanden wir das so. Und so fuhren wir mit knatternden Fahrrädern in unserem Block herum und amüsierten uns über das laute Geräusch, das unser Fahrrad machte.

Mit Karola und Papa machten wir sehr viel Unternehmungen. Öfter fuhren wir nach Frankfurt auf die Kartbahn, um Kart zu fahren oder in die Eissporthalle, um Schlittschuh zu laufen.

Außerdem klapperten wir in all den Jahren gefühlt jeden Freizeitpark ab, den es in Deutschland gab. Auch im Disneyland waren wir mal.

Mein persönlicher Höhepunkt war zwei Tage im Heide-Park Soltau zu verbringen. Wir übernachteten dort im Parkhotel.

Deshalb durften wir einen Tag zuvor eine Stunde länger im Park bleiben und am nächsten Morgen eine Stunde früher den Park betreten. Wir hatten also ungefähr zwei Stunden den Park für uns allein. Der Vorteil war, nicht in der Schlange warten zu müssen. Wir fuhren insbesondere den höchsten Free-Fall-Tower Europas mindestens siebenmal hintereinander. Das hatten wir uns davor nur erträumen können, da es zeitlich unmöglich gewesen wäre.

Stellenweise tobte auch ein Konkurrenzkampf zwischen Marko und mir. Jeder wollte oftmals der Bessere sein – ob es bei der schnellsten Runde beim Kartfahren war, die schnellere Runde beim Eislaufen oder die meisten Punkte beim Bowling spielen. Im Nachhinein hätte uns das alles egal sein können. Aber vielleicht sind wir deshalb beide ehrgeizige Menschen geworden. Wir hatten nun mal immer mindestens einen Konkurrenten in unserem Leben.

Zum Glück hatten wir uns in unserer Jugendzeit nie in dasselbe Mädchen verliebt. Das hätte unsere Freundschaft bestimmt auf die Probe gestellt. Aber auch das sollte im weiteren Lebensverlauf noch passieren.

Über die Jahre hinweg verbrachten Marko und ich eine Menge Zeit miteinander – sei es zusammen im Fußballverein, an allen zwei Wochenenden bei unseren Eltern und natürlich über die Ferien in Sommer- und Skiurlauben.

In den Sommerurlauben, die jedes Jahr stattfanden, waren wir oft tagsüber im Kids-Klub. Oft waren wir mit unseren Eltern in der Türkei. Später auch mehrmals in Ägypten, Kroatien und auf verschiedenen Kreuzfahrtschiffen.

Speziell in Ägypten hatte vorab jeder von uns eine Unterwasserkamera geschenkt bekommen. Die Unterwasserwelt war atemberaubend schön. An den Korallenriffen entdeckten wir die vielen bunten Fische und knipsten sie mit unseren Kameras. Daraus entstanden wunderschöne Bilder. Nach jedem Bild mussten wir an einem Rädchen drehen, um ein Neues aufzunehmen. Irgendwann ließ sich das Rädchen nicht mehr drehen. Dann waren leider alle Bilder aufgebraucht. Deswegen überlegten wir uns genau, wann wir auf den Auslöser drückten, um die schönsten Erinnerungen einzufangen, die uns das Meer bescherte.

Der Kids-Klub des jeweiligen Hotels bot eine Menge Aktivitäten an, die über den Tag verteilt wahrgenommen werden konnten. Es gab zahlreiche Turniere und Spiele auf Sportbasis. Auch die Planung und das gemeinsame Trainieren für die Mini-Playback-Show, in der wir sporadisch zusammen auftraten, war uns ein großes Bedürfnis. In einer Mini-Playback-Show tanzte man meistens auf der Bühne und imitierte einen Song eines Interpreten.

Manchmal spielten wir mit meinem Vater Wasserball im Pool oder tanzten zusammen mit Karola und den anderen Hotelgästen am Beckenrand des Hotelpools die vorgeführten Tänze im Rhythmus zu klassischer Pool-Party-Musik. Mein Vater ist fest davon überzeugt, dass er sich damals im Pool beim Stemmen seines Sohnes über den Kopf seine Schultern ruinierte. Da ich nicht der leichteste unter den Kindern war und es zudem auch ein Beweisbild davon gibt, ist das nicht ausgeschlossen. Sorry, Papa. Aber vielleicht war es der Spaß wert.

In all diesen Urlauben lernten wir viele Sportarten kennen. Von Dart- und Tennisspielen über Beachvolleyball und

Bogenschießen bis zu Jetski-, Banana-Boot- und Wasserskifahren. Letzteres waren eher teure Freizeitaktivitäten, die man meist nur in noch kostenintensiveren Urlauben erlebte. All diese Sachen haben unglaublich viel Spaß gemacht.

Über all die Jahre fuhren wir auch öfter mit dem Taxi auf den türkischen Basar unserer Wahl, um uns schöne qualitative gefälschte Markenklamotten zu kaufen. Die meisten Klamotten ließen nichts zu wünschen übrig, da speziell der türkische Stoff eine Spitzenqualität ablieferte. Nicht umsonst produzieren bis heute namhafte Marken ihre Kleidung in der Türkei.

In Skiurlauben waren wir gerne in unserem schönen Nachbarland Österreich in unterschiedlichsten Skigebieten. Angefangen hatte es immer mit dem frühen Wecken und der langen Fahrt nach Österreich.

Marko und ich schauten uns während der Fahrt gerne Filme an. Damals hatten wir Bildschirme, die an die Kopfstützen unserer Eltern festgeschnallt wurden. Das funktionierte nicht immer reibungslos, da damals noch eine CD abgespielt werden musste. Bei holprigen Straßen ruckelten die Filme manchmal, da die CD nicht mehr fehlerfrei ausgelesen werden konnte. Das war aber halb so schlimm.

Da unsere damaligen Lieblingsfilme Kevin – Allein zu Haus & Kevin – allein in New York waren, schauten wir uns natürlich auch den dritten Teil an. Den dritten Teil kannte gefühlt niemand außer uns. Er spielte mit anderen Schauspielern, war aber von denselben Machern wie bei Kevin. Der Filmtitel lautete Wieder allein zu Haus. Ich glaube, den Film haben wir über all die Jahre circa zwanzigmal gesehen. Manchmal sogar dreimal auf einer Fahrt. Er wurde gefühlt immer besser. Wir konnten damals schon mitsprechen. Vielleicht war das der Zauber daran. Angekommen im Skigebiet, konnten wir üblicherweise ein schönes Hotel beziehen. Mein Vater hatte seine Skiausrüstung immer schon parat. Karola meistens auch. Marko und ich mussten uns noch jegliche Ausrüstung leihen. Wir wären ohnehin zu schnell aus den Skischuhen und Skiern hinausgewachsen, um uns welche zu kaufen. Das hätte nur unnötige Kosten verursacht. Also war unsere erste Anlaufstelle der Skiverleih, um uns passende Ski, Skischuhe und Skistöcke auszuleihen.

Anschließend gingen wir für alle Beteiligten Skipässe kaufen. Oftmals hatten wir dann noch ein paar Stunden Zeit, um in den Lift zu steigen und die erste Abfahrt zu nehmen.

Angekommen beim Lift, hielten wir unseren Skipass an das Drehkreuz. Es ertönte ein gut hörbarer Piep und anschließend konnten wir das Drehkreuz passieren.

Mit unseren schweren und unflexiblen Skischuhen stapften wir nun auf Ringgummimatten den Weg bis zur Gondel. Dann musste man seine Skier schnellstmöglich in eins der vorgesehenen Außenfächer der Gondel stecken, um sich anschließend schnellstmöglich hineinzubegeben. Dann hatten nämlich noch andere Personen die Chance, dasselbe Prinzip durchzuführen, um in die Gondel zu steigen. Vom Aufgehen der Türen, bis Schließung der Türen hatte man schließlich nur circa eine halbe Minute Zeit.

Oftmals ließen sich Marko und ich beim Einsteigen sehr viel Zeit. Wir taten so, als wären wir zu blöd unsere Skier in die Fächer zu stecken und rutschten absichtlich an den Fächern ab. Wir wollten nicht, dass noch jemand Fremdes dazu steigt. Wir wollten für uns allein sein und in der Gondel etwas Rambazamba veranstalten. Außerdem hatten wir so mehr Platz für uns und unsere Gondel-Aktivitäten – etwa das Einschmieren mit der gefühlt fettigsten Creme, die es für das Gesicht gab.

Damit spürte man den kalten Wind nicht mehr so intensiv auf unsere Wangen prallen. Auch das laute Klopfen mit den Skistöcken auf den Gondel-Boden aus Blech war eine Spezialität von uns, die unseren Eltern nicht sehr gefiel. Kurz vor dem Eintreffen in der Bergstation kam es zum Richten von Jacke, Schal und Maske. Das führte immer zu Hektik, hatte aber den Vorteil, dass einem nicht schon die Gondelfahrt wie eine Sauna vorkam. Sauna gab es nämlich erst nach dem Skifahren im Hotel.

Angekommen in der Bergstation griffen wir uns die Skier und stapften hinaus auf die Fläche, auf der man seine Skier auf den Schnee schmiss. Rechter Schuh in den rechten Ski – klack. Linker Schuh in den linken Ski – klack. Endlich waren wir bereit für die Abfahrt.

Wir nahmen den ganzen Weg und alle Maßnahmen auf uns, um auf der Bergspitze den wunderschönen Ausblick zu genießen und anschließend die Piste hinunterzufahren. Vorher musste nur noch gemeinsam das erste Ziel besprochen werden. Kurz darauf stießen wir uns ein paar Mal mit unseren Skistöcken ab und fuhren die ersten Meter den Berg hinunter.

Im Schwung kanteten wir uns die ersten paar hundert Meter die Piste entlang. Bei keiner anderen Aktivität hatte ich jemals das Gefühl, so frei zu sein. Man brettert mit seinen Skiern über den zugeschneiten Berg, über aufbereitete Pisten, lässt rechts und links alles hinter sich und fokussiert sich nur auf seine Linie. Marko und ich waren immer die schnellsten auf der Piste. Niemand war schneller als wir. Das war immer so.

Auf der Hälfte der Piste bremste der Erste ab, um auf die anderen zu warten. Einer von uns fuhr dann auf den anderen zu und bremste kurz davor ab, um den anderen mit einer größtmöglichen Schneewolke zu treffen. Wir freuten uns jedes Mal darüber, wenn wir den anderen so richtig mit Schnee einstauben konnten.

Mittags kehrten wir auf einer urigen Skihütte ein, in der es unter anderem Speisen wie Kaiserschmarrn, Germknödel oder Käsespätzle gab. Auf das Mittagessen hatte man sich schon nach dem Frühstück gefreut. Wir überlegten uns schon am Frühstückstisch, in welche Hütte wir zur Mittagszeit einkehren würden. Danach wurde dann meistens die Tour geplant.

Nach dem Mittagessen auf der Skihütte wurden noch ein paar Pisten gefahren, bis man sich schlussendlich zur Talabfahrt begab.

Angekommen im Hotel, begaben wir uns in den Skikeller, um die Skischuhe auszuziehen und diese an die Heizstangen zu hängen. So konnten sie bis zum nächsten Morgen trocknen. Es war ein wunderbares Gefühl aus Skischuhen zu steigen. Wer es kennt, wird es nachempfinden können.

Danach ging man ins Hotelzimmer, um seine Skiklamotten auszuziehen und sich seinen Bademantel überzustreifen. Von dort aus ging es, mit Bademantel und Handtüchern ausgerüstet, in den Wellness-Bereich. Dort hatten wir die Wahl zwischen mehreren Saunen. Der Wechsel zwischen Sport in kalter Winterumgebung und der kompletten Entspannung in einer heißen Sauna, rundete den Tag bis zum Abendessen perfekt ab. Man war danach fix und fertig. Ich ließ mich nach dem Abendessen und ein paar Runden Kartenspielen mit Familie und Freunden einfach nur noch ins Bett fallen. Und das wiederholte man dann täglich für mindestens eine Woche. Nur die Routen und die Skihütten wechselten. Ansonsten blieb fast alles gleich. Als wir älter wurden, gab es dann beim Après-Ski auch mal ein oder zwei Gläschen Alkohol. Wenn man sich richtig einen einlöten wollte, musste man Jagertee trinken. Ich habe bis heute keine Ahnung, welche Inhaltsstoffe dieses Getränk hat. Es schmeckt nach einer Menge Alkohol mit einem kleinen Schuss Tee. Nach zwei Jagertee hatte man beim anschließenden Saunagang eine Menge Spaß. Und wenn man dem Jagertee gewachsen war, blieb er auch drin. Anders als bei einer Rückfahrt von einem unserer gemeinsamen Skiurlaube, als ich mich direkt nach unserer Abfahrt volle Kanne ins Auto übergeben hatte. Zu der Zeit war ich noch ein Kind. Schuld daran war damals kein Jagertee, sondern die ständigen Kurven in Verbindung mit meinem PSP-Spiel, welches meine Aufmerksamkeit bekam. Es war widerlich.

Auch nach einer sorgfältigen Reinigung bei der nächstgelegenen Raststätte mussten wir noch über acht Stunden mit dem Geruch nach Hause fahren. Was ich daraus gelernt hatte? Bei kurvigen Straßen sollte ich zunächst die Augen nach vorn richten.

Das mit der Fahrtübelkeit hatte sich aber mit dem Älterwerden verflüchtigt.

In den Sommerferien schickten uns unsere Eltern abseits ihres Urlaubes immer in die städtischen Ferienspiele, damit wir dort unser Unwesen treiben konnten. Austragungsort der Ferienspiele war Markos Grundschule.

Da viele Eltern den größten Teil der Sommerferien keinen Urlaub hatten, waren die Ferienspiele ein beliebter Abgabeort für ihre Kinder. Dort wurden die Kinder tagsüber betreut und abends von ihren Eltern wieder abgeholt.

Die Ferienspiele spielten sich meistens in einem Zeitraum von drei Wochen ab. Man unternahm mit Betreuern und anderen Kindern alles Mögliche, was man in einer Stadt so machen konnte – von Schnitzeljagden, Museums- und Schwimmbadbesuchen hin zu jeglichen Sportarten, die man sich vorstellen konnte. In dieser Zeit lernten Marko und ich abseits von unseren Sportarten, die wir auch in den Sommerurlauben erlernten, noch viele weitere – von Badminton und Basketball über Tischtennis hin zu Diabolo spielen. Irgendwie war alles dabei. Außerdem gab es zum Ende der Ferienspiele immer eine Aufführung vor allen Kindern, Betreuern und Eltern. An diesem Tag waren immer viele Zuschauer anwesend.

Marko und ich tanzten gerne zu einem Lied von Usher. Die meisten aus unserer Generation werden diesen Song zu einhundert Prozent kennen. Er nennt sich Yeah!

Den Tanz, den wir aufführten, war fast vollständig improvisiert. Insgesamt waren wir vier Leute, die zusammen tanzten. Jeder von uns stand abwechselnd im Vordergrund. Eine Stelle war uns aber besonders wichtig. Und diese Stelle war stundenlang einstudiert.

Und dann war es so weit. Unser Auftritt stand bevor.

Zum Ende des Lieds, als Marko und ich im Vordergrund waren, schauten wir uns an. Wir wussten beide, was zu tun war.

Wir liefen aufeinander zu. Jeder hob beim Laufen seine rechte Hand. Wir klatschten uns im Vorbeigehen mit einem der coolsten Klatscher, die es jemals auf dieser Welt gegeben hatte ab – klatsch. Dagegen war der Urknall nichts. Die Menge tobte.

So etwas hatten sie bisher nicht erlebt. Wir waren in diesem Moment die coolsten Kids auf dem gesamten Schulhof. Keiner konnte uns das Wasser reichen. So fühlte es sich zumindest für uns an. Und da es uns solch ein Spaß machte, wiederholten wir das Ganze im kommenden Jahr.

Ob wir uns und das Gefühl übertreffen konnten? Na ja, in den meisten Fällen kommt der zweite Teil eines Films nicht an den ersten heran. Ob es bei uns so war? Das lasse ich offen.

Wie wir Kinder halt waren, gab es auch stellenweise Gezanke zwischen uns. Rückblickend waren wir unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Werten. Schon als Kind fiel mir das auf. Unsere Eigenarten hatten damals für viel Reibung und Provokation gesorgt. Trotzdem liebten wir uns immer wie Brüder.

Als wir älter wurden, merkten wir, dass wir uns seit Längerem nicht mehr stritten. Wir sind mit der Zeit erwachsener geworden. Zugegeben – der eine mehr und der andere weniger. Zumindest sehe ich das so. Wir hatten nun mal unterschiedliche Lebenswege. Dabei war Karola ein ausschlaggebender Punkt. Sie hatte ihm metaphorisch gesprochen jeden Stein aus dem Weg geräumt, der auf seinem Lebensweg lag. Dabei muss man meiner Meinung nach seine Steine selbst aus dem Weg räumen, um Erfahrungen zu sammeln und aus seinen Fehlern lernen zu können.

Mein Vater hatte Marko natürlich versucht zu erziehen. Das ist ihm in vielen Stellen leider nicht gelungen, da sich Karola immer vor ihren Sohn stellte. Meiner Meinung nach zu oft. Später konnte man sein Verhalten gar nicht mehr ändern, da ihm gefühlt alles durchgelassen wurde und er somit gewohnt war alles zu tun, was er wollte. Mir fielen seine negativen Verhaltensweisen schon als Kind auf. Anderen auch – speziell in Urlauben, die wir mit Freunden unserer Eltern verbrachten. Man konnte ihm ein und dasselbe hundertmal sagen – er änderte es nicht. Mein Vater hatte damit täglich zu kämpfen. Bei mir war das nicht der Fall. Zumindest nicht in dieser Häufigkeit. Ich lebte dort nicht.

Als Kind hatte mich schon einiges an Markos Benehmen gestört. Ich hatte mich aber selten in die Diskussionen zwischen ihm und meinem Vater eingemischt. Gebracht hätte es ohnehin nichts. Ich war zu jung, um wirklich ernst genommen zu werden. Außerdem war ich immer für Frieden und Harmonie in der Familie.

Mir war klar, dass mein Vater es niemals böse meinte, sondern Marko nur entscheidende Tipps für den Umgang mit anderen Menschen und das Zusammenleben lehren wollte. Besonders durch sein egoistisches Verhalten war Marko schon als Kind ein schwieriger Mensch. Meistens handelte er, ohne auf andere Rücksicht zu nehmen. Er sah immer nur sein eigenes Wohl. Eingesehen hatte er das nicht, da sich Karola bei Konflikten immer so gut es geht vor ihn stellte. Ihr war das Wohl ihres Sohnes und seine Bedürfnisse immer wichtiger als das Lehren von anständigem Verhalten.

In vielen Situationen war sein Verhalten unbestritten fehlerhaft. Die ganze Welt hätte sagen können, dass es falsch war. Karola wäre trotzdem auf der Seite ihres Sohnes gewesen. Sie war einfach zu lieb zu ihm. Oder zu naiv. Denn man hätte sich denken können, dass sich Markos Verhalten im Alter nicht bessern würde. Und dann würde es ernsthafte Probleme damit geben.

In der Kind- und Jugendzeit waren die Leidtragenden meist mein Vater und speziell Karola, die immer zwischen den beiden schlichten musste. In der Zukunft würde es noch mehrere Leidtragende geben. Und irgendwann würde es auch ernsthafte Folgen für unsere Beziehung geben. Und leider nicht nur für unsere Beziehung. Die Beziehung zu meiner besten Freundin würde sich schlagartig zum Negativen verändern. Doch das thematisiere ich in einem zukünftigen Kapitel meines Lebens.

Ein Tag, der die Welt veränderte: 11. September und meine kindliche Unschuld

Ich kann mich nicht an meinen ersten Gedanken erinnern. Geschweige denn an das erste Bild, welches ich in meinem Leben vor Augen hatte. Außerdem habe ich nur verschwommene Erinnerungen an meine Kindergartenzeit und meine Zeit im Hort. Ich weiß, dass ich dort die richtige Technik zum Zähneputzen erlernte. Zudem zog ich immer eine Schnute, wenn meine Mutter mich dort absetzte und wieder ging. Dafür kann ich mich sehr genau an zwei bestimmte Tage erinnern, die mich bis heute geprägt haben.

Ich war gerade mal sechs Jahre alt. Die meiste Zeit verbrachte ich im Kindergarten. Den Rest der Zeit verbrachte ich zu Hause mit meiner Familie oder deren Freunden und Kindern.

Am besagten Tag hatte ich mir mit Juzi die Zeit totgeschlagen. Was wir genau gemacht haben, weiß ich heute nicht mehr.

Meine Mutter arbeitete auf der Messe in Frankfurt. Sie war für den VDA in der Organisation rund um die Aussteller der IAA verantwortlich. Um circa 15:30 Uhr rief meine Mutter zu Hause an. Juzi nahm den Hörer ab. Meine Mutter fing an zu reden.

Sie klang anscheinend sehr aufgeregt, da Juzi sofort einen Gesichtsausdruck machte, der mir Sorgen bereitete. Meine Mutter sagte, dass wir den Fernseher einschalten müssten. Es wäre etwas sehr Schlimmes passiert. Wir ahnten nichts Gutes. Meine Mutter sagte, dass sie und ihre Kolleginnen und Kollegen gerade aus dem Bürogebäude der Messe evakuiert werden. Die Tragödie, von der sie anfangs sprach, würde in fast allen Sendern im Fernsehen ausgestrahlt werden.

Juzi schaltete den Fernseher ein und wechselte zügig auf einen Nachrichtensender. Sofort war ein Bild von einem Turm zu sehen, der anscheinend Feuer gefangen hatte und sehr stark qualmte. Ich konnte auf die Schnelle nicht viel erkennen und dachte für ein paar Sekunden es sei der Messeturm auf dem Messegelände. Damals ging ich bisher nicht zur Schule. Ich konnte demnach nicht lesen, welche Meldung am unteren Bildschirmrand über das Bild lief.

Juzi hatte das Wort Anschlag immer wiederholt. Ich konnte mit diesem Begriff nicht viel anfangen, da ich nicht wusste, was dieses Wort bedeutete. Im nächsten Augenblick stürzte das Gebäude ein. Ich hatte in diesem Moment große Angst, dass meiner Mutter etwas zugestoßen sei.

Als ich anfing zu weinen, wurde Juzi klar, dass er mir erklären musste, was wir im Fernsehen sahen. Er sagte, dass es Mama gut gehen würde und diese Bilder aus Amerika stammten. Es sei nicht der Messeturm, sondern zwei Türme aus New York in Amerika. Mama musste wegen Verdacht, dass so etwas auch in Frankfurt passieren könnte, aus dem Gebäude gehen, um sich und ihre Kolleginnen und Kollegen präventiv zu schützen.

Meine Angst um meine Mutter legte sich mit jeder verstrichenen Sekunde. Dafür rückten Fassungslosigkeit und das Entsetzen über das, was sich da auf dem Fernseher abspielte, immer mehr in den Vordergrund.

Juzi schaltete den Fernseher aus, da er meinte, ich müsse solche Bilder nicht weitersehen. Ich konnte nicht begreifen, was ich gerade gesehen hatte.

12. September 2001

Schon als Kind war ich ein Frühaufsteher. Als ich aufwachte, schliefen meine Mutter und Juzi meistens noch. Ich ging dann einfach ins Wohnzimmer, um beispielsweise mit meiner elektrischen Eisenbahn zu spielen. Ich überbrückte mir die Zeit, bis die beiden aufstehen würden.

Ich schloss die Tür des Wohnzimmers hinter mir, da ich niemandem mit meinem Spielen stören, genauer gesagt aufwecken wollte. Eine Eigenschaft, die ich bis heute besitze und warum keiner meiner Nachbarn sich je über mich beschweren musste. Rücksichtsvoll war ich schon immer. Meine Freunde kann das heutzutage schon mal nerven, wenn ich auf einer Hausparty frage, ob wir den Nachbarn zuliebe die Musik vielleicht etwas leiser drehen können.

Im Wohnzimmer setzte ich mich auf den Teppichboden und fing an meine Züge aufzustellen. Ich schaltete den Fernseher ein, um irgendeine Kindersendung im Hintergrund laufen zu lassen. Die Animation vom Einschalten des Fernsehers hatte damals noch ein Kinosaal-Effekt. Der schwarze Vorhang öffnete sich. Das Bild deckte sich von der Mitte aus beidseitig auf.

Der Fernsehsender vom vorangegangenen Tag war noch als Programm festgelegt. Ich vermutete, dass seit gestern niemand mehr den Fernseher angeschaltet hatte – oder Juzi und Mama hatten abends ausschließlich Nachrichten geschaut. Verstehen könnte ich beides.

Die Bilder, die ich am Vortag mit Juzi sah, wurden wiederholt. Ich schaltete instinktiv ein paar Mal um, doch bei fast allen Sendern sprachen Moderatorinnen und Moderatoren mit Reportern in New York. Sie waren entweder auf der linken oder rechten Seite des Bildschirms zu sehen. Die tragischen Bilder in Dauerschleife immer auf der gegenüberliegenden Seite.

Plötzlich wurde ein Zusammenschnitt von traurigen Szenen gezeigt – viele Krankenwagen, die in Richtung der Türme unterwegs waren, Polizisten, die versuchten Menschen von den Gebäuden wegzuhalten, Türme, die brannten, qualmten und in Zeitlupe zusammenfielen und Feuerwehrleute, die vor Staub im Gesicht kaum atmen und nicht viel sehen konnten.

Es war schlimm. So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen. Als musikalische Untermalung lief Only Time von Enya. Ein trauriges Lied, das oftmals bei Beiträgen zu diesem Thema als musikalische Begleitung verwendet wurde.

Zu diesen Bildern konnte ich meine Trauer und meine Tränen nicht zurückhalten. Ich weinte ein paar Minuten.

In diesem Moment erkannte ich, dass böse Menschen eine gewaltige Auswirkung auf den Frieden der Welt haben können. Außerdem wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass die Welt ziemlich grausam sein konnte. Das musste ich einige Zeit verarbeiten.

Freundschaften & Grundschulmelodie

Mit sieben Jahren wurde ich eingeschult. Ich besuchte die Süd-West-Grundschule, da sich die Schule in der Nähe unseres Wohnortes befand. Die Schule lag im oberen Teil von Eschborn. Markos Grundschule lag im unteren Teil von Eschborn. Beide Teile der Stadt trennte ein Bahnübergang. Wir gingen also nicht auf dieselbe Grundschule, da Marko mit Karola und Papa unterhalb des Bahnübergangs im anderen Teil der Stadt wohnte. Früher kam mir dieser Weg zwischen unseren Häusern immer sehr weit vor – klar, ich hatte auch noch kein Auto. Heutzutage fahre ich meine Oma einmal quer durch die Stadt und der zuvor gestartete Song ist nicht einmal zu Ende. Es ist nun mal eine Kleinstadt mit etwas mehr als 20.000 Einwohnern.

An meine Grundschulzeit habe ich mehr Erinnerungen als an meine Kindergartenzeit. Also erzähle ich euch ein bisschen davon.

In der ersten Klasse wurden wir mit unserem zukünftigen Klassenlehrer vertraut gemacht – Herr Müller. Wir waren seine allererste Klasse. Herr Müller war ein junger und lebensfroher Mensch. Er hatte eine musikalische Ader und unterrichtete uns in mehreren Fächern – selbstverständlich, auch in Musik.

Er spielte unheimlich gerne Gitarre. Zu unserer ersten Klassenfahrt komponierte er einen Song, den wir spätestens nach der Klassenfahrt alle auswendig konnten. Dieser Song wurde auf allen darauffolgenden Klassenfahrten von uns gesungen. Er änderte sich in den Strophen nur geringfügig, wenn ein neuer Mitschüler unserer Klasse zugestoßen oder wenn ein besonderes Ereignis passiert war, dass er in das Lied einbaute. Jeder in unserer Klasse hatte seine eigene Passage. Manchmal gingen wir morgens in einen Raum ohne Tische und Stühle. Herr Müller nahm ein Radio mit CD-Abspielfunktion mit. Wir legten uns alle auf den Boden und stellten uns schlafend. Dann drückte Herr Müller auf Play.

Die ersten Töne waren zu hören. Jeder kennt diesen Klassiker. Es war klassische Musik von Peer Gynt. Das Lied heißt Morgenstimmung (im engl. Morning mood). Diese Symphonie wurde bis heute unzählige Male in Fernsehwerbung eingebaut. Die Melodie schildert stimmungsvoll den Tagesanbruch und den Sonnenaufgang in einem Hochgebirge.

Als die Musik anregender wurde, standen wir alle nacheinander auf und streckten unsere Arme und Beine. Ich weiß bis heute nicht, was das eigentliche Ziel dabei war. Es führte jedenfalls zu einer aufgelockerten und harmonischen Atmosphäre zwischen allen Beteiligten. Gut gemacht, Herr Müller.

Ich stand jeden Morgen vor der Schule auf, um mir meine Cornflakes mit Milch zu machen. Ich war süchtig nach Cornflakes. Das hatte sich bis zur weiterführenden Schule nicht geändert. Jeden Morgen las ich mein Micky Maus-Magazin, was mir Juzi entweder von seiner Arbeit vom Flughafen mitbrachte oder wir kurz vorher im Kiosk kauften. Ich hatte jede Ausgabe der Micky-Maus. Ich hatte jedes komische Spielzeug, was es dazu gab, jahrelang.

Jeden Morgen machte mir meine Mutter einen Liter Tee und ein paar belegte Brote für die Schule fertig. Ich war immer pünktlich und meistens vor allen anderen Mitschülern auf dem Schulhof. Mein Schulweg war kurz. Ich musste nur die Straße herunterlaufen, an dem Haus meiner Oma vorbei und Richtung Sportplatz abbiegen. Dann ging ich durch das obere Tor des Schulhofs, um auf das Schulgelände zu gelangen. Die Schule befand sich direkt neben dem Sportplatz, auf dem ich später in der zweiten Klasse angefangen hatte, Vereinsfußball zu spielen.

Am meisten freute ich mich, wenn mich Sandra frühmorgens anlächelte. Sandra war mein Grundschulschwarm. In der zweiten Klasse hatten wir uns das erste Mal auf Klassenfahrt geküsst. Danach schrieben wir uns Unmengen an Liebesbriefen – einer süßer als der andere. Sie schrieb mir meistens auf parfümiertem Diddl-Papier. Diese Blätter tauschte man damals sogar noch untereinander. Es war wie eine Pokémon-Kartensammlung, nur mit parfümierten Diddl-Blättern in einem Ordner voller Klarsichtfolien.

Mit Sandra hatte ich zudem auch mein erstes Date. Hatte ich vorher noch geschrieben, ich wäre immer pünktlich? An diesem Tag nicht. Ausgerechnet an diesem Tag. Ich könnte mich heute noch darüber ärgern.

In der Schule verabredeten wir uns für nachmittags. Treffpunkt war die Eisdiele in der Nähe unserer Schule. Ich weiß nicht mehr, warum ich den Zeitpunkt des Losgehens verpasste. Ich weiß nur noch, wie ich von zu Hause im Sprint quer durch die Stadt in Richtung Eisdiele rannte. Ich wollte verhindern, dass sie geht, weil sie vielleicht denken würde, ich würde nicht kommen. Damals hatte ich noch kein Handy, um Bescheid zu sagen, dass ich mich verspätete.

An der Eisdiele angekommen, war sie nicht aufzufinden. Mein Herz pochte vor Aufregung und dem Sprint, den ich zuvor aus dem Nichts hingelegt hatte. Ich überlegte nicht lange und lief in die Richtung, wo Sandra wohnte. Ich dachte, dass ich sie vielleicht noch auf dem Weg sehen würde. Und nach ein paar hundert Metern, traf genau dieser Fall ein – zum Glück.

Um die Ecke konnte ich Sandra und ihre Mutter Händchen haltend entdecken. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich rief ihr zu und beide drehten sich um. Sandra sah ich die Freude in ihrem Gesicht direkt an. Ich tauchte doch noch auf – welch ein Glück. Man, ich hätte es damals fast vermasselt.

Nach dieser Aktion bin ich gefühlt niemals mehr zu spät zu einer wichtigen Sache erschienen. Das war mir eine große Lehre und hatte sich unterbewusst eingeprägt.

Sandra und ich gingen anschließend ein Eis essen und waren beide ziemlich glücklich über unser erstes Date. Ich durfte sogar mit zu ihr nach Hause. Ich weiß zwar nicht mehr, was wir dort taten, aber es war nicht das, was man tut, wenn man älter ist. In den nachfolgenden Jahren waren Sandra und ich bei jeder Klassenfahrt ein Pärchen – bis einschließlich in die fünfte Klasse. Danach war Schluss mit der Kinder-Romanze. Trotzdem folgen wir uns bis heute auf Instagram, um zu sehen, wie unser Leben verläuft. Sie ist mittlerweile glücklich verheiratet und wir sind froh miteinander solche Erinnerungen zu teilen.

Vor ein paar Jahren trafen wir uns zufällig auf einem Straßenfest in unserer Heimatstadt. Sie lief mit ihrem zukünftigen Mann auf mich zu und erkannte mich. Wir hatten beide einen wunderbaren Moment, da wir uns lange Zeit nicht mehr gesehen hatten. Sie erklärte ihrem Freund, wer ich bin. Und zugegeben – ich war stolz, als sie ihm sagte, dass ich der Jan sei, von dem sie schon öfter erzählt hatte. Wir hatten also beide einen positiven und nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

Damals gab es mehrere Mädchen in meiner Klasse, die ziemlich süß waren. Und manchmal empfanden sie mich als auch süß. Da gab es beispielsweise Nicole. Sie und ich hatten unseren ersten Zungenkuss. Na ja, mein erster richtiger Zungenkuss fand viel später statt. Aber in unserem Hort, in einem Kissenraum des Hochgerüstes, ist es passiert. Unsere Zungenspitzen haben sich für einen Bruchteil einer Sekunde berührt. Atemberaubend, weil keiner von uns in diesem Moment atmete. Wir fokussierten uns stattdessen nur auf das Treffen unserer Zungenspitzen. Und das taten sie auch für einen Bruchteil einer Sekunde. Wir hatten das Gefühl, etwas Verbotenes getan zu haben. Und irgendwie fühlte sich das gut an.

Meistens drehte sich meine Zeit im Alter zwischen sieben und elf Jahren aber gar nicht um Mädchen. Ich war mehr am Fußball interessiert. Also trat ich dem 1. FC Eschborn bei. Begonnen hatte ich in der E-Jugend.

In der Mannschaft kannten wir uns fast alle aus unserer Schule. Wir waren ein bunt gemischtes Team und hätten mit all unseren Nationalitäten oder den Herkunftsländern der Familie eine komplette Weltmeisterschaft ausfüllen können. Zum Glück war das so. Für uns war es normal, dass einige von uns Eltern hatten, die ursprünglich aus einem anderen Land kamen. Wir hatten kein Problem damit, dass wir ein bunt gemischter Haufen waren. Im Gegenteil. Wir haben uns verteidigt, wenn nur einer etwas Komisches sagte.

Einmal hatten wir, wie jeden Samstag, ein Spiel gegen einen Gegner aus einer anderen Stadt. Der Gegner war im Tabellenplatz höher angesiedelt als wir. Marko und ich kauften uns kurz vorher neue Fußballschuhe - die neusten Adidas Predator. Demnach war ich in diesem Spiel sehr auf Schuhe fokussiert.

Als wir kurz vor dem Einlaufen am Seitenrand des Platzes standen, sagte einer der gegnerischen Jungs einen blöden Spruch. Den Spruch möchte ich nicht zitieren. Der Spruch war absolut unsportlich und diskriminierte einen unserer Mitspieler in seiner Nationalität. Er ging weit unter die Gürtellinie. Der pöbelnde Junge hatte altmodische Fußballschuhe an. Bevor irgendjemand von unseren Jungs ihm eine verpasst hätte, sagte ich als Antwort einfach nur Folgendes zu ihm: »Was willst du eigentlich mit deinen komischen Franz Beckenbauer-Schuhen?« Meine gesamte Mannschaft lachte und die Spannung zwischen den Teams schrumpfte auf ein Minimum.

Mein Spruch war rein oberflächlich und traf den Jungen nicht unter der Gürtellinie. Ich dachte mir, dass er den Spruch eher verkraften würde als eine Faust von demjenigen, der beleidigt worden war.

Später besiegten wir die gegnerische Mannschaft, da wir deutlich das bessere Team waren. Und mit besser meine ich unseren Zusammenhalt. Hochmut kommt halt vor dem Fall. Wir verbrachten fast jeden Geburtstag von unseren Mannschaftsmitgliedern auf der Bowlingbahn oder im Vereinsheim mit anschließendem Pizza essen. Uns konnte niemand trennen. Jeder war für jeden da. Wir spielten dreimal die Woche zusammen Fußball. Davon war an zwei Tagen unter der Woche Training. Bei jedem Wetter trafen wir uns auf dem roten Aschenplatz und schürften uns die Knie auf. Wir lachten und weinten zusammen. Das war Fußball, wie wir ihn liebten.

Als ich ungefähr acht Jahre alt war, fing ich zusätzlich mit Judo-Training an. Das Training fand zweimal in der Woche statt. Ich machte nach kurzer Zeit meinen weiß-gelben Gürtel und anschließend den Gelben. Nach dem Judo-Training schauten meine Mutter und ich immer die neue Folge der Serie Emergency Room. Zu der Zeit war das einer meiner Lieblingsserien. Krankenhaus, Drama und Action in der Notaufnahme – großartig. Das hatte ich mir nach dem Fußballtraining verdient.

Zwischenzeitlich hatte ich an ein paar Wettkämpfen teilgenommen. Das war es dann aber auch. Vom Judo meldete ich mich nach kurzer Zeit ab. Ich fand es nicht interessant genug. Sich mit anderen Menschen auf dem Boden zu wälzen und sich in den Schwitzkasten zu nehmen, war einfach nichts für mich.

Interessanter war die Tanzgruppe, die nach unserem Judo-Training in derselben Sporthalle trainierte. Die bestand neben unzähligen Freundinnen und Bekannten meiner Mutter unter anderem aus Karola (Markos Mutter), Heike (meiner Mutter), Claudia (Monas & Philips Mutter) und Silke (Anas Mutter). Claudia hatte einen Spitznamen. Jeder nannte sie Gotti. Auch der Name Silke kam in unserem Sprachgebrauch praktisch nie vor. Ihr Spitzname lautete Siggi.

Manchmal durfte ich der Tanzgruppe zuschauen. Tanzen hatte mich schon immer fasziniert. Außerdem hatte es bei den Eschborner Käwwern meistens etwas mit Karneval und Fasching zu tun. Und das hatte auch immer Spaß gemacht. Als ich klein war, hatte mich meine Mutter noch in einem Bollerwagen zum jährlichen Faschingsumzug mitgenommen. Später lief ich selbst mit. Ich wurde bemalt und durfte mich verkleiden. Zudem durften wir ab einem bestimmten Alter mit Karnevalspistolen herumlaufen und die rote Ringmunition oder die langen Papiermunitionsrollen verschießen. Die hatten wir uns vorher mit unseren Eltern gekauft. Dann hatte Cowboy-Spielen erst richtig Spaß gemacht.

Auf den Umzügen von Stadt zu Stadt hatte man meistens eine ganze Kiste voll Süßigkeiten, die man einzeln in die Menschenansammlung am Straßenrand warf – Helau!

Die Kinder der Vereinsmitglieder durften immer mitlaufen. Leider fanden die Umzüge immer in einer kalten Jahreszeit statt, sodass wir unter unseren Kostümen immer dicke Winterjacken tragen mussten. Ich war also immer ein etwas kräftiger Cowboy, Batman oder Ähnliches.

Man positionierte sich morgens auf die im Karnevalsumzug festgelegte Stelle und wartete vorerst eine ganze Zeit lang ab. Wir standen zwischen geschätzten 200 anderen Klubs und Vereinen. So ein Gaudiwurm, wie die Bayern gerne mal sagen, hatte meistens über einen Kilometer an reiner Standlänge.