Immer auf Empfang - Hans-Georg Trapp - E-Book

Immer auf Empfang E-Book

Hans-Georg Trapp

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Beschreibung

In der einst verschlafenen, später politisch bedeutsamen Universitätsstadt Bonn wächst Hans-Georg Trapp auf, wo auch die Grundsteine für seine spätere Karriere gelegt werden. In seinem Buch berichtet der umtriebige Autor von den Stationen seines vielschichtigen Dienstes im Auswärtigen Amt. Mit einer Vertretung in Porto fängt es an, mit geheimen Kurierdiensten rund um die Welt geht es weiter, bevor Trapp dann viele Jahre zum Fernmeldestab von Außenminister Hans-Dietrich Genscher gehört, der das Vorwort zum Buch geschrieben hat. Nach der deutschen Wiedervereinigung kommen neue Herausforderungen auf den Autor zu. So begleitet er wichtige Reisen von Bundeskanzler und Bundespräsident. Die politischen Entwicklungen zwischen Ost und West werden nur kurz angerissen, dafür erfahren die Leser Persönliches aus dem Alltagsleben von Politikern und Beamten.

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Inhalt

Vorwort von Hans-Dietrich Genscher Bundesminister a. D.

Kindheit und Jugend

Rosi und Hermann Göring – kurzer Rückblick

Bundeswehr und Ausbildung

Porto – Portugal

Eine stattliche Erscheinung

Kurztrip Madrid

In Bonn im Pressereferat

Prag

Eine neue Aufgabe

Erste Kurierdienste

Außenminister Hans-Dietrich Genscher

Spionin im Kanzleramt

Kurierreisen

Andrea – London

Schwimmverein

Bonner Nachtleben

Fernmeldezentrum

Mit dem Minister im Urlaub – Berchtesgaden

Wiedervereinigung

Kochclub

Erste Ost-West-Begegnung

Begegnung in Venedig

Flug in einen beginnenden Bürgerkrieg

Südfrankreich – Camargue – Provence

Rom – Peter hat überlebt

Maastricht

Stammtisch

Besuch bei Schewardnadse

Rücktritt

Wiedersehen mit Lissabon

Gipfel-Tour

Irland und Island

Frau Dr. Carstens

Genscherlose Zeit

Asienreise

Jugendstilwohnung

Chinareise

Versetzung nach Tokio nächstes Jahr

UN-Generalversammlung New York

Letzte Vorbereitungen für Tokio

Vorwort von Hans-Dietrich Genscher Bundesminister a. D.

Hans-Georg Trapp, früher Mitglied meines Fernmeldestabes, schildert mit unbefangener Fabulierlust Episoden aus seinem Bonner Leben und seinem beruflichen Alltag. Er beschreibt die Arbeit im Auswärtigen Amt aus einer Perspektive, die vielen verborgen bleibt. Die sehr persönlichen und lebendigen Eindrücke der Bonner Jahre, vor allem in der Zeit der politischen Wende 1989/1990, wecken viele Erinnerungen. Diese bedeutende politische Phase forderte von uns allen den äußersten Einsatz. Wohl dem Minister, der in solchen Zeiten – vor allem auf den zahlreichen Dienstreisen – ein gutes Team von zuverlässigen Mitarbeitern zur Seite hat, das ihn in allen Wechselfällen unerschütterlich unterstützt.

Zu ihnen gehörte auch Hans-Georg Trapp, der wie viele andere seiner Kollegen seine Arbeit gewissenhaft, hoch motiviert und ohne Rücksicht auf geregelte Dienstzeiten versah. Auf den Dienstflügen, bei denen er mich als Mitglied des Fernmeldestabes begleitete, war er für seine nie nachlassende Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit bekannt. Auch unter Stress konnte er den lebenslustigen Rheinländer nicht verleugnen, und sein Lachen steckte an. Er ist ein guter Vertreter des rheinischen erdverbundenen Humors unserer „Bönnschen“ Mitarbeiter in den Ministerien, der auch politische Größen freundlich aufs Korn nahm, aber nie respektlos wurde. Diese rheinische Lebensart hat der Politik in den vierzig Bonner Jahren gutgetan. Sie spürt man zwischen den Zeilen dieses Buches.

Der Autor hat die Gabe, fast jeder Situation eine heitere Seite abzugewinnen, ohne den auswärtigen Dienst zu verklären. Ihm und seinen Kollegen bin ich dankbar für ihren Beistand in den anstrengenden Phasen einer großen politischen Epoche. Ich freue mich, dass Hans-Georg Trapp so liebenswürdig und anschaulich seine Eindrücke aus diesen bewegten Zeiten festgehalten hat.

Kindheit und Jugend

Schon im Alter von sieben Jahren wurde es für mich zum ersten Mal ein wenig turbulent. Gerade ein Jahr in der Schule, zogen wir um, und von den neuen Schulfreunden hieß es schon wieder Abschied nehmen. Was erwartete mich in der anderen Schule, und wie waren dort die neuen Kameraden?

Meine Mutter hatte eine Bundeswohnung bekommen, und nun besaßen meine sechs Jahre ältere Schwester und ich ein eigenes Zimmer, purer Luxus. Nach dem Kriege, als Bonn Bundeshauptstadt wurde, mußte für die vielen Tausend Bediensteten Schritt für Schritt Wohnraum errichtet werden. So war auch unsere neue Bleibe gerade fertig geworden.

Meine Mutter verdiente als Alleinerziehende im Ernährungsministerium ihr Geld. So waren wir Kinder zumindest tagsüber schon sehr früh auf uns allein gestellt, ein Umstand, der allerdings auch Vorteile mit sich brachte. Schon in frühester Jugend gab es praktisch fast kein Betätigungsfeld mehr, das mir fremd war. Von wohlbehüteter Kindheit konnte natürlich keine Rede sein.

Natürlich freute ich mich, wenn Mutter am Abend nach Hause kam, und manchmal holte ich sie auch am Büro ab. Das Ministerium war nicht sehr weit von unserer Wohnung entfernt. Mit meinem kleinen Holztretroller machte ich mich auf den Weg. Einmal wurde die Routine durch ein für mich großes Ereignis aufregend. Vor dem großen Büroblock begegnete ich dem Herrn Minister, der gerade wegfahren wollte. Fahrer und Mercedes standen bereit. Ich war in einem jämmerlichen Zustand. Da ich erkältet war, lief meine Nase enorm, mir war von der Rollerfahrt kalt, und die Bommelmütze war so tief gerutscht, daß ich kaum noch etwas sehen konnte. Das muß Herrn Lübke, damals Landwirtschaftsminister und später Bundespräsident, beeindruckt haben. In aller Ruhe und sehr freundlich gab er mir die Hand und erkundigte sich danach, was ich denn bei diesem Wetter hier mache. Nach einem perfekten Diener sagte ich, meine Mutter säße da oben unter dem Dach, und die holte ich ab. Es muß alles ganz lustig gewesen sein, denn die zahlreichen umstehenden Personen amüsierten sich köstlich. Meine erste Begegnung mit einer unserer politischen „Größen“, durchaus positiv.

Wie so oft im Leben spielen Zufälle und das Schicksal eine große Rolle und sind sogar lebensentscheidend. So auch bei mir, obwohl ich damals noch keinen Durchblick hatte.

Nach relativ kurzer Zeit zogen wir bereits wieder um. Uns wurde ein Reihenhäuschen angeboten, ein Traum für die damalige Zeit. Es besaß zwar auch nicht mehr Zimmer als die Wohnung, aber einen schönen Garten. Die Entfernung zum Ministerium und zur Schule war zwar weiter, aber ein Bus fuhr praktisch von Tür zu Tür.

Mutter verließ lange vor mir das Haus und war immer sehr früh im Büro. Ich nahm den Bus um 7.42 Uhr und war dann fünf Minuten vor acht auf dem Schulhof, perfekt.

An einen Morgen erinnere ich mich noch wie gestern. Mutter war etwas spät, was ihr sonst nie passierte, sie mußte zum Bus laufen, und das mit hohen Absätzen. Die Wiese, welche sie überqueren mußte, erwies sich als Falle. Irgendwie blieb sie im feuchten Lehm stecken und fiel der Länge lang hin. Die Handtasche flog nach rechts, der Hut nach links, und auch die Schuhe waren verteilt. Sie hatte sich zum Glück nicht verletzt, und sofort waren Helfer zur Stelle, um sie aufzuheben. Es war aber direkt nicht möglich, Mutter mußte zu sehr über ihr Mißgeschick lachen und kam einfach nicht auf die Beine. Die Wiese war durch Regen sehr matschig und feucht, und dementsprechend sah ihre helle Kleidung nun aus. Eine Mischung zwischen Grün und Braun, ihr dicker und kunstvoll gebundener Haarknoten war aufgegangen, nun konnten bei dem Anblick alle lachen. An Bus und Büro war natürlich zunächst nicht mehr zu denken. Eine Dame brachte den Hut, ein Herr die Tasche ins Haus und ich die Schuhe. Mutter wurde von zwei Herren weiter „eskortiert“, weil sie immer noch vor Lachen fast nicht laufen konnte.

Ich mußte los zu meinem Bus, und wie sie mir am Abend erzählte, dauerte die „Neueinkleidung“ länger als erwartet. Im Büro erzählte sie dann alles so anschaulich, die Lacherei ging wieder los. Seit diesem Ereignis war sie vorläufig vorsichtiger, aber später legte sie sich mitten auf dem Marktplatz mit ihrem schönsten Kostüm doch noch einmal hin.

Es war einer dieser wunderschönen Sommertage 1957, nicht zu warm und mit herrlicher Luft. Rosi aus den gegenüberliegenden Reihenhäusern und ihr Onkel spielten Federball. Ich kam vorbei, und mit meinen elf Jahren setzte ich mich einfach auf die Wiese. Ich brannte darauf mitzuspielen, schaffte es aber, mich zu beherrschen und brav zuzusehen. Welch ein Glück, der Onkel, Walther von Keudell, ehemaliger Reichsminister des Innern in der Weimarer Republik und nun sehr stark für die Flüchtlinge engagiert, hatte wichtige Dinge zu erledigen. So „opferte“ ich mich und spielte mit Rosi weiter.

Es klappte prima, aber irgendwann mußte ich nach Hause. Als ich sie fragte: „Sind deine Eltern auch verreist?“, so nach dem Motto, dann haben wir ja beide sturmfreie Bude, war der Bann gebrochen. Schließlich war sie mit 30 Jahren im Gegensatz zu mir ziemlich unabhängig.

In den kommenden Jahren ging ich dort aus und ein, ich wurde zum Schwimmen und in Urlaub mitgenommen, zu Familienfesten und Treffen in ganz Deutschland. Der positive Einfluß war enorm. Aus den beschriebenen Verhältnissen stammend, bekam ich nun all die starken Tugenden des Adels mit wie Heimat, Tradition, Familie und Natur beispielsweise.

Die Natur wurde mir besonders nahegebracht und somit auch das Interesse geweckt. Als Stadtkind wußte ich sehr bald Baumarten, Getreidearten und die verschiedensten Vogelarten zu unterscheiden. In der Schule konnte ich damit sehr beeindrucken. Vor den Toren Bonns liegt ein großes Waldgebiet, der Kottenforst. Schon früh half ich hier als Jugendlicher bei der Beringung von Jungvögeln. Rosi war sehr umweltbewußt. Damals fuhren wir mit ihrem Käfer in die Nähe Remagens zu einem Biobauern. In Deutschland sprach noch so gut wie niemand über diese Problematik. Herr Erven war ein studierter Mann und sehr gebildet. Mich beeindruckte immer, wenn wir dort zum Einkaufen weilten, seine Wortgewandtheit und die Gabe, sich druckreif zu artikulieren. Er gehörte zu den Pionieren.

Den Käfer als erstes Auto hatte Rosi von einer Freundin gekauft, die in Paris arbeitete. In den Augen der modebewußten Frauen hatte er ein sehr gewöhnungsbedürftiges Braun, genaugenommen waren es zweierlei Braun. Die eine Seite war heller als das übrige Auto. Des Rätsels Lösung stellte sich folgendermaßen dar: Um in Frankreich auf den berühmten dreispurigen Routes Nationales einen Frontalzusammenstoß zu verhindern, mußte Cläre in letzter Sekunde in den Graben fahren. Die gesamte Seite war hin, aber ihr war nichts passiert. Ich fand die Farbe wunderbar und freute mich als Junge auf jede Fahrt. Rosi aber meinte immer wieder, sie habe den Eindruck, in „Bratensoße“ zu sitzen, die Farbe war nicht ihr Fall.

Rosi und Hermann Göring – kurzer Rückblick

Rosis Onkel wurde in Castellamare (Italien) geboren als Sohn des damaligen deutschen Botschafters in Rom. Schon im Alter von 18 Jahren überschrieb der Vater den Besitz in Hohenlübbichow bei Schwedt, Kreis Königsberg in der Neumark an der Oder, auf seinen Sohn, weil er merkte, was in ihm steckt. Er studierte Jura und beschäftigte sich waldbaulich forschend mit der Forstwirtschaft unermüdlich im eigenen Revier wie in Verbindung mit der Forstlichen Hochschule Eberswalde und im märkischen, preußischen und deutschen Forstverein. Sein Name als Mitbegründer des Nadel- und Laubholzmischwaldes und der Dauerwaldbestrebungen in der Folgezeit nach dem Ersten Weltkrieg hatte mit den Namen Prof. Schilling-Eberswalde, von Kalitsch-Bärenhoren und Dobritz, Senator Geist-Waren (Müritz), Prof. Wiebecke-Eberswalde, Prof. Bier-Sauen (Mark) und von Klitzing-Charlottenhof, Kreis Landsberg (Warthe) bis zum Russeneinbruch 1945 im In- und Ausland einen hervorragenden und anerkannten Ruf.

1927/28 war er Reichsminister des Innern. Sein Reichsschulgesetzentwurf, der die Gleichberechtigung der konfessionellen Schule mit der Simultanschule festlegen sollte, scheiterte. In den dreißiger Jahren wurde er als Generalforstmeister in das Reichsforstamt berufen, schied aber infolge von Meinungsverschiedenheiten mit der Reichsführung vor Beginn des Zweiten Weltkrieges aus.

In Hohenlübbichow stand man den Nazis sehr kritisch gegenüber, und dementsprechend fanden die Unterhaltungen statt.

Unser damals kleines „blondes Röschen“ bekam natürlich alles mit. Eines Tages hatte sich Hermann Göring zu Besuch angesagt, er war bekannt dafür, eine Schwäche für Wald und Wild zu haben. Es herrschte natürlich große Aufregung, und alles wurde „aufpoliert“. Schließlich saß man in gemütlicher Runde zusammen, und Rosi setzte sich Göring doch tatsächlich einfach auf den Schoß. Dieser war natürlich amüsiert, aber er ahnte noch nicht, was kam. Plötzlich sagte Rosi zu ihm: „Du bist aber kein Nazi.“ Alle hielten die Luft an, hoffentlich verplappert sie sich nicht doch noch. Göring, sichtlich aufgelockert, aber auch sehr erstaunt, sagte: „Das hat aber noch keine zu mir gesagt.“ Rosi sah ihn strahlend an und meinte: „Du hast ja gar nichts Braunes an.“

Riesengelächter überall, Göring war in Jägerkluft gekommen.

Die kleine Rosi konnte auch nicht wissen, daß dieser Mann bald als Stellvertreter des Diktators Adolf Hitler seine Macht spielen lassen würde. Auch konnte sich kaum jemand vorstellen, daß er bei seiner enormen Leibesfülle im Ersten Weltkrieg als Pilot in einem Kampfflugzeug gesessen hatte. Im Jahr 1946 saß er mit vielen seiner Gesinnungsgenossen in Nürnberg auf der Anklagebank für Kriegsverbrecher. Der Strick um seinen Hals zog sich immer enger zusammen, und in der Nacht vor der Vollstreckung des Urteils schluckte er eine Giftkapsel, die er schon länger in seinem Bauchnabel mitgeführt hatte.

Nun wohnten wir in der Reutersiedlung, eine der ersten Bundessiedlungen nach dem Krieg. Sie bestand aus kleinen Reihenhäuschen mit Gartenstreifen und Wohnungen. Eine ganze Reihe von politischen „Größen“ wie z. B. Carlo Schmidt wohnten hier. Es war nur fünf Minuten zum Bundestag, und anderer Wohnraum war noch sehr knapp. Heute steht die Reutersiedlung unter Denkmalschutz.

Entlang der Häuschen, ca. 65 m2, verlief über den Terrassen eine stabile Holzkonstruktion, um Rosen oder Kletterpflanzen Halt zu geben. Meist wurde sie aber am Tag von Amseln und in der Nacht von Spannern und Einbrechern genutzt, um in die Schlafzimmer zu blicken oder von dort einzusteigen. Die Lebensweise war allerorten noch bescheiden. Es war immer eine ungeheure Polterei, wenn die Flucht ergriffen werden mußte – die Spitzbuben …

Am Tag klärte mich der Onkel über die „Familienverhältnisse“ der Amseln auf. Dort sei der Gatte von der Amsel im Nachbargarten, und im Revier im anderen Nachbargarten, das sei die Cousine. Nun lassen die wunderbaren Sänger ab und zu auch von oben etwas fallen. An einem Frühlingswochenende hatte Rosi mit viel Mühe einen großen Kaffeetisch mit Kuchen gedeckt. Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen, und von oben sieht sich ein Amselmännchen alles in Seelenruhe an. Schöne grüne Tischdecke und farblich alles aufeinander abgestimmt.

Man ahnt schon, was kommt, wie bei Heinz Erhard: „Es stand an seines Burges Brüstung der Ritter Fips in voller Rüstung und sagte plötzlich, ach, ich seh mal nach, und beugte sich in voller Rüstung weit über die besagte Brüstung.“

In dem Moment kommt Rosi mit Kaffee und Tee heraus, unser Sänger erschreckt sich und läßt eine Riesenladung mitten auf den Tisch fallen. Wohlgemerkt, der Kuchen stand auch schon auf dem Tisch. Nun ist Rosi außer sich, läßt die ganze Vornehmheit fallen und wird deutlich: „Also, die kacken ja hier mit einer Ungeniertheit, so eine Frechheit.“ Da noch keine Gäste anwesend sind, beginnt der Streß. Wie bei einer Premiere, wo die Generalprobe danebengeht. Der Kaffeeklatsch anschließend war sehr gelungen, zumal die Erzählung der Vorgeschichte für große Heiterkeit sorgte. Wie schön, sich an solche Gegebenheiten zu erinnern.

Bundeswehr und Ausbildung

Nach drei Semestern Ingenieurstudium unterbreche ich und gehe zur Bundeswehr, um meinen Grundwehrdienst von 18 Monaten abzuleisten. Im Grunde will ich zur Marine, aber da muß man sich für drei Jahre verpflichten, und das will ich nicht. Das Studium liegt mir nicht, zu schwer fällt mir alles, was mit Mathe zu tun hat, wie Statik. Was soll ich danach machen, in eine Bank gehen?

Die Beziehungen von Rosi und dem Onkel zum Auswärtigen Diplomatischen Dienst sind sehr stark. Wie erwähnt, war der Vater schon Botschafter in Rom, ein Vetter arbeitet an der Botschaft in Paris (später Generalkonsul in Mosambik, wo er sich erschießt) und eine sehr gute Freundin, Gisela, an der Botschaft in Madrid. In vielen Gesprächen wächst mein Interesse. Immer wieder denke ich darüber nach, ja sogar bei der Geländeausbildung im Schneematsch. Irgendwann steht mein Entschluß fest, ich versuche es. Die Trauben hängen hoch, es bewerben sich immer um die 1000, und genommen werden 25 bis 30. Ich lasse mir die Unterlagen kommen und bewerbe mich. Es müssen drei Bürgen benannt werden, Gisela aus Madrid, der Vetter und der Onkel stellen sich zur Verfügung. Da auch meine Zeugnisse nicht schlecht sind, denke ich, im Grunde ist es ein gutes „Paket“, aber meine Zweifel sind größer.

Nach der Grundausbildung folgt die Vollausbildung, fachbezogen auf den Fernmeldebereich. Wir sind sehr viel im Gelände, üben die Montage von Fernmeldeverbindungen, und Sport macht mir sehr viel Spaß. Ich bin ganz schön fit und laufe die 5000 m in 18:55 Minuten. Für einen Lauflaien sehr gut. Bei einem Nachtmarsch, zur Orientierung nur mit Kompaß ausgerüstet, kennt unsere Gruppe (fünf Personen) ledig