Inklusion im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung -  - E-Book

Inklusion im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung E-Book

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  • Herausgeber: Kohlhammer
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Kinder und Jugendliche mit geistigen und mehrfachen Behinderungen profitieren nicht im gewünschten Umfang von den Inklusionsentwicklungen und drohen davon abgehängt zu werden. Das Buch beschäftigt sich mit vorhandenen Barrieren und Unzulänglichkeiten im Hinblick auf eine angemessene und bedarfsgerechte Erziehung, Bildung und Förderung dieser Kinder und Jugendlichen. Es zeigt auf, wie inklusive Bildung durch besondere Maßnahmen, Organisationsformen, Modelle und didaktisch-methodische Modifikationen in Schule und Unterricht auch den Bedarfslagen von Schülerinnen und Schülern mit geistigen und mehrfachen Behinderungen gerecht werden kann. Empirische Befunde, Erfahrungsberichte aus der Praxis und Promising-Practice-Beispiele machen die inklusiven Lösungen für den Leser anschaulich.

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Seitenzahl: 495

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Inklusion in Schule und Gesellschaft

 

Herausgegeben von

Erhard Fischer, Ulrich Heimlich

Joachim Kahlert und Reinhard Lelgemann

 

Band 6

Erhard Fischer/Reinhard Markowetz (Hrsg.)

Inklusion im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Auflage 2016

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

 

Print:

ISBN 978-3-17-024247-0

 

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-024248-7

epub: ISBN 978-3-17-024249-4

mobi: ISBN 978-3-17-024250-0

 

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Vorwort der Reihenherausgeber

 

Vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit 2009 für Deutschland verbindlich gilt, entwickelt sich die Idee der Inklusion zu einem neuen Leitbild in der Behindertenhilfe. Sowohl in der Schule als auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen sollen Menschen mit Behinderung von vornherein in selbstbestimmter Weise teilhaben können. Inklusion in Schule und Gesellschaft erfordert einen gesamtgesellschaftlichen Reformprozess, der sowohl auf die Umgestaltung des Schulsystems als auch auf weitreichende Entwicklungen im Gemeinwesen abzielt. Der Ausgangspunkt dieser Entwicklung wird in Deutschland durch ein differenziertes Bildungssystem und eine stark ausgeprägte spezialisierte sonderpädagogische Fachlichkeit bezogen auf unterschiedliche Förderschwerpunkte bestimmt. Vor diesem Hintergrund soll die Buchreihe »Inklusion in Schule und Gesellschaft« Wege zur selbstbestimmten Teilhabe von Menschen mit Behinderung in den verschiedenen pädagogischen Arbeitsfeldern von der Schule über den Beruf bis hinein in das Gemeinwesen und bezogen auf die unterschiedlichen sonderpädagogischen Förderschwerpunkte aufzeigen. Der Schwerpunkt liegt dabei im schulischen Bereich. Jeder Band enthält sowohl historische und empirische als auch organisatorische und didaktisch-methodische sowie praxisbezogene Aspekte bezogen auf das jeweilige spezifische Aufgabenfeld der Inklusion. Ein übergreifender Band wird Ansätze einer interdisziplinären Grundlegung des neuen bildungs- und sozialpolitischen Leitbildes der Inklusion umfassen.

Die Reihe wird die folgenden Einzelbände umfassen:

Band 1:

Inklusion in der Primarstufe

Band 2:

Inklusion in der Sekundarstufe

Band 3:

Inklusion im Beruf

Band 4:

Inklusion im Gemeinwesen

Band 5:

Inklusion im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung

Band 6:

Inklusion im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung

Band 7:

Inklusion im Förderschwerpunkt Hören

Band 8:

Inklusion im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung

Band 9:

Inklusion im Förderschwerpunkt Lernen

Band 10:

Inklusion im Förderschwerpunkt Sehen

Band 11:

Inklusion im Förderschwerpunkt Sprache

Band 12:

Inklusive Bildung – interdisziplinäre Zugänge

Erhard Fischer

Ulrich Heimlich

Joachim Kahlert

Reinhard Lelgemann

Inhaltsverzeichnis

 

 

Vorwort und Danksagung

Schulische Inklusion: Paradiesmetapher und/oder langer Weg zu einer inklusiven Schule?

Erhard Fischer und Reinhard Markowetz

Zur endlosen Geschichte der Verweigerung uneingeschränkter Teilhabe an Bildung – durch die Geistigbehindert-Macher und Kolonisatoren

Georg Feuser

1   Narration

2   Soziale Exklusion durch Negation dessen, was als »Geist« benannt wird und Ausdruck der Vernunft ist

3   Irrungen – Wirrungen

4   Perspektiven: Gleichheit – Solidarität – Bildungsgerechtigkeit

(Wie) Kann dem Bildungs- und Erziehungsbedarf von Kindern und Jugendlichen mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung im gemeinsamen Unterricht ausreichend begegnet werden?

Erhard Fischer

1   Einführung und Fragestellungen

2   Personenkreis: Ausgangslagen und Lernverhalten

3   Konsequenzen: Mindeststandards einer bedarfsgerechten schulischen Bildung und Erziehung

4   Fazit und Ausblick

Soziale Inklusion von Schülern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in inklusiven Settings – Empirische Befunde

Holger Preiß

1   Theoretische Konzepte zur sozialen Dimension in der Inklusion

2   Empirische Befunde zu den Schlüsselthemen sozialer Inklusion

3   Fazit aus den empirischen Befunden zu den vier Schlüsselthemen

4   Folgerungen für die Inklusion von Schülern mit dem FgE

Schulleistungen von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in der Inklusion. Ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen?

Christoph Ratz

1   Einleitung

2   Forschungsstand via Metaanalysen

3   Einzelne Studien

4   Diskussion

5   Fazit

Organisationsformen und Modelle von Inklusion im Spiegel aktueller Schulentwicklungen. Folgen der UN-BRK und Fragen zu ihrer praktischen Umsetzung

Ingeborg Thümmel

1   Einleitung

2   Analyse der Auslastung von Förderschulen und des gemeinsamen Unterrichts auf der Basis der Schulstatistik des Schuljahres 2011–2012

3   Schulische Organisationsformen für Schüler mit einem Förderbedarf im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung – eine Bestandsaufnahme aktueller Organisationsformen und Modelle

4   Fazit

Taugt das Anforderungsprofil an Unterrichtende im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung auch für inklusiven Unterricht?

Hans-Jürgen Pitsch und Ingeborg Thümmel

1   Inklusion und Heterogenität

2   Der Unterrichtende

3   Erwartungen an Unterrichtende im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung

4   Unsere Ableitungen und Hatties Ergebnisse

Theoretische Aspekte und didaktische Dimensionen inklusiver Unterrichtspraxis

Reinhard Markowetz

1   Begrifflichkeiten, Wissensbestände und Zusammenhänge

2   Innere Differenzierung und Individualisierung

3   Zusammenfassung und Ausblick

Bildungssituation von Schülerinnen und Schülern mit geistiger Behinderung in deutschsprachigen Ländern

Wolfgang Dworschak, Andrea Kapfer, Heidrun Demo, Andreas Köpfer und Irene Moser

1   Ausgangspunkt und Fragestellung

2   Die Situation in Deutschland – im Bundesland Bayern

3   Die Situation in Italien – in der Provinz Südtirol

4   Die Situation in Österreich

5   Die Situation in der Schweiz – in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft

6   Zusammenfassung und Diskussion

»Meint Inklusion wirklich alle?«

Karin Terfloth

1   Problemaufriss »Meint Inklusion wirklich alle?«

2   Recht auf Inklusion für alle!?

3   Einstellungen zur Inklusion mit Blick auf SchülerInnen mit (schwerer) geistiger Behinderung

4   Biopsychosoziale Sichtweise auf schwere geistige und mehrfache Behinderung

5   Inklusion und Exklusion

6   Welcher gesellschaftliche Teilhabeanspruch wird im Bildungssystem für Menschen mit schwerer geistiger und mehrfacher Behinderung erhoben und realisiert?

7   Inwiefern zeigt sich der Einbezug in Unterrichtsinteraktion als zentrale Herausforderung für diesen Personenkreis?

8   Fazit

Autorinnen und Autoren

Vorwort und Danksagung

 

 

 

Das Recht auf schulische Inklusion, wie es der Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) seit der Ratifizierung 2009 zum Ausdruck bringt, hat für Menschen mit geistiger Behinderung eine besondere Bedeutung. Lange galten diese als schwer erziehbar und nicht bildbar. In Anstalten, Heimen und Komplexeinrichtungen wurden sie verwahrt, statt schulisch gefördert. Erst 1958 wurden die ersten Tagesförderstätten von Eltern geistig behinderter Kinder eröffnet. Aus ihnen gingen Schulen für praktisch Bildbare und die späteren Sonderschulen für Geistigbehinderte hervor.

Schüler1 mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich geistige Entwicklung werden nach wie vor an Förderschulen beschult und sind bis heute bei inklusiven Entwicklungen schlicht und sehr deutlich unterrepräsentiert. Immer wieder ist zu hören, dass die gemeinsame Unterrichtung von Kindern mit und ohne Behinderung Grenzen hat und die schulische Inklusion ab einem bestimmten Grad und Ausmaß einer Behinderung keinen Sinn mache. Die aktuelle und repräsentative Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach zur Teilhabesituation im Auftrag der Bundesvereinigung Lebenshilfe2 bestätigt, dass die Skepsis in der Bevölkerung gerade gegenüber Menschen mit geistiger Behinderung anhaltend hoch ist und mit 71% der überwiegende Teil der Befragten die Sonderschule als den besseren Ort ihrer Förderung sehen. Das Recht auf Bildung und das Recht auf Inklusion aber ist unteilbar, weil Menschenrechte schlicht Bürgerrechte sind, die für alle Bürger einer Gesellschaft gelten und durch den Tatbestand einer geistigen Behinderung nicht außer Kraft treten.

Den Herausgebern und geschätzten Kollegen der Buchreihe zur Inklusion und dem Kohlhammer Verlag ist deshalb ausdrücklich dafür zu danken, dass dieser Band zur schulischen Inklusion im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung erscheinen kann. Das Buch lebt von den Beiträgen aktiv tätiger und emeritierter Kollegen aus der universitären Fachrichtung der Pädagogik bei geistiger Behinderung, die sich ab der ersten Stunde der Erziehung, Bildung und Unterrichtung von Schülern mit geistiger Behinderung zwischen Aussonderung und Integration bis heute mit Fragen der Inklusion in unserem Bildungssystem kritisch auseinandersetzen, den Diskurs fachwissenschaftlich bereichern und Inklusion akademisch nach vorn bewegen. Ihnen gilt dafür unser großer Dank. Den Mitarbeitern an unseren Lehrstühlen sei für die kritische Durchsicht der Manuskripte und die damit verbundenen Korrekturarbeiten gedankt.

 

Univ.-Prof. Dr. Erhard Fischer

Univ.-Prof. Dr. Reinhard Markowetz

Universität Würzburg

Universität München

1     Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde grammatikalisch in den meisten Beiträgen die männliche Schreibweise verwendet. Deshalb weisen die Herausgeber an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass dabei sowohl die männliche wie weibliche Schreibweise für die entsprechenden Beiträge gemeint ist. Einige Autoren wollten in ihren Beiträgen auf die Benennung der weiblichen Form nicht verzichten und/oder haben die Bezeichnung dann spezifiziert, wenn das Genus für den Sinn des Gemeinten oder das Verständnis einer Passage von Bedeutung ist. Bei Zitaten aus historischen Werken wurde in der Regel die damit verbundene Schreibweise ohne weitere Hinweise auf das grammatische Geschlecht beibehalten.

2     Bundesvereinigung Lebenshilfe (2014): Gesellschaftliche Teilhabesituation von Menschen mit Behinderung. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V. Berlin.

Schulische Inklusion: Paradiesmetapher und/oder langer Weg zu einer inklusiven Schule?

Erhard Fischer und Reinhard Markowetz

Seit über 40 Jahren wird in der Pädagogik bei geistiger Behinderung als einer heilpädagogischen Disziplin in Theorie und Praxis die Diskussion um die Frage nach einem angemessenen Ort der schulischen Bildung, Erziehung, und Förderung für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung geführt.

Lange galten diese Menschen als bildungsunfähig und lebensunwert. Sie wurden geächtet, vernachlässigt, rassenhygienisch verfolgt, sterilisiert, psychiatrisiert, verwahrt und vernichtet. Bis heute sind die Einstellungen und sozialen Reaktionen gegenüber Menschen mit geistiger Behinderung von Vorurteilen bestimmt. Selbst innerhalb der Gruppe der Menschen, die wir global als die Behinderten bezeichnen, ist ihr sozialer Status gering. Viele Menschen wollen mit ihnen nichts zu tun haben und mit in Verbindung gebracht werden (vgl. Cloerkes 2007). Menschen mit geistiger Behinderung gehören zweifelsfrei zu den marginalisierten Gruppen unserer Gesellschaft. Noch immer führen sie ein Leben zwischen Aussonderung und Integration, das einem Mehr an Anerkennung, Wertschätzung, Teilhabe an Gesellschaft und der Aufwertung wie Perspektiven für ein sozialintegratives Leben in den Städten, Gemeinden, Kommunen und Landkreisen bedarf.

Im Anschluss an die Wirren des Dritten Reichs und die Vernichtung lebensunwerten Lebens in den Konzentrationslagern erfuhren Menschen mit Behinderungen nach 1945 mehr Aufmerksamkeit. Bringschuld und Wiedergutmachung führten zur Verbesserung der Versorgung und mehr Fürsorglichkeit. Spezielle Lern- und Trainingsmethoden und sozialtherapeutische Betreuung leiteten die Humanisierung und die Förderung dieser Menschen an den Orten ihrer Verwahrung ein und wurden fortan und zunächst dort lebenspraktisch gebildet. Das Recht auf Bildung wurde erst spät und im Zuge der Normalisierungsbewegung ab dem Jahr 1958 und vor allem auf Drängen und Initiative von Eltern fest im deutschen Schulsystem in Form von Sonderschulen institutionalisiert. Viele Schulen in vor allem konfessioneller und freier Trägerschaft haben sich etabliert und die hoheitliche Aufgabe des Staates der schulischen Förderung in den Parallelwelten und Refugien der Förder- und Sonderschulen übernommen.

Gut ausgebaute und ausgestattete Sondereinrichtungen bestimmen heute die Bildungslandschaft, neue Berufsgruppen wie Heilerziehungspfleger wurden geschaffen und auch die akademische Heilpädagogik, begründet von Heinrich Hanselmann, der selbst von 1912 bis 1916 die »Arbeitslehrkolonie und Beobachtungsanstalt für psychopathische und geistesschwache Jugendliche« in der Steinmühle bei Frankfurt am Main geleitet hatte und der 1931 den ersten Lehrstuhl als Professor für Heilpädagogik in Europa an der Universität Zürich übernahm, brachte eine Vielzahl professionell ausgebildeter Experten hervor. Als Heil- und Sonderpädagogen widmen sich diese lebenslaufbezogen speziell und bewusst der Arbeit mit den rund 450.000 geistig behinderten Menschen, also einem großen Anteil der über 10 Millionen Menschen mit einer amtlich anerkannten Behinderung in Deutschland. Im Schuljahr 2013–14 (vgl. KMK 2014, 2015) besuchten 73.883 Kinder und Jugendliche mit einer geistigen Behinderung Förder- bzw. Sonderschulen, während zugleich weitere 6.327 Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich ihrer geistigen Entwicklung als Integrationsschüler in allgemeinen Schulen, davon allein 3.121 Schüler an Grundschulen, gefördert wurden. Im Jahr 2013 unterrichteten von den insgesamt 904.500 Lehrpersonen in Deutschland insgesamt 63.814 Sonderschullehrern in 36.079 Klassen mit durchschnittlich 9,5 Schüler bei einer Lehrer-Schüler-Relation von 5,4. Von den rund 43.500 nicht in Klassen mit dem Förderschwerpunkt Lernen unterrichtenden Lehrpersonen dürften geschätzt bundesweit etwa 14.000 Lehrkräfte die rund 74.000 Schüler an Förderschulen für Menschen geistiger Behinderung schulisch fördern.

Die unendlich lange Geschichte der Hin- und Zuwendung von Menschen mit Behinderungen erweist sich von der Antike über das Mittelalter hin in die Neuzeit, über die Zeit des Nationalsozialismus hinweg in das Hier und Jetzt unserer postmodernen Gesellschaft als ein schwieriger Weg von der Extinktion, Exklusion und Segregation über die Normalisierungs- und Integrationsbewegung hin zur Inklusion. Für das Reformprogramm Integration war die Salamanca-Deklaration der UNESCO 1994 richtungweisend. Die Kultusministerkonferenz der Länder reagierte darauf ebenfalls noch im Jahr 1994 mit einer »Empfehlung zur sonderpädagogischen Förderung«, betonte die Pluralität schulischer Förderorte und rechtfertigte damit die Existenz von Sonderschulen. Dennoch sollte die Reformbewegung Integration, abermals von Eltern behinderter Kinder ausgelöst (vgl. Schnell 2003), das gemeinsame Spielen, Lernen und Arbeiten in den Kindergärten und Schulen des Allgemeinen Bildungswesens befördern und möglich machen. 1972 erreichte eine Elterninitiative in Berlin-Schöneberg, dass behinderte Kinder in das »Kinderhaus Friedenau« aufgenommen wurden (vgl. Kinderhaus Friedenau 1972). Gemeinsam wurden diese schulpflichtigen Kinder dann 1975 in der ersten Integrationsklasse einer staatlichen Schule, der »Fläming-Grundschule« als dem ›Mutterkloster der Integration‹ (Muth) unterrichtet (vgl. Projektgruppe Integrationsversuch 1988; Stoellger 1981). An der ebenfalls in Berlin-Schöneberg gelegenen Uckermark-Grundschule wurde dann das Konzept einer »Schule ohne Aussonderung« ab 1982 praktisch erprobt und wissenschaftlich evaluiert (vgl. Eberwein 1984; Heyer/Preuss-Lausitz/Zielke 1990). Es folgten integrative Bemühungen und eine intensive Phase von Modell- und Schulversuchen in allen Bundesländern, die eine Fülle an wissenschaftlichen Ergebnissen und Erkenntnissen hervorgebracht haben (vgl. Markowetz 2007). Dennoch bleiben die Erfolge der Integration bescheiden und werden für das Schuljahr 2009–10 mit einer Integrationsquote von 1,2% beziffert (vgl. Dietze 2011). Einmal mehr verdeutlicht diese Zahl, dass die Bilanzen von begrifflich gefassten und konzeptualisierten Leitideen wie (vgl. Nirje 1994) und (vgl. Jantzen 1998) nach 25 Jahren ihrer Umsetzung im Feld mit hoher Regelmäßigkeit nüchtern ausfallen und hinsichtlich ihrer erhofften Wirksamkeit keine Kraft entfalten können. Sie zeigen aber auf, wie schwer es ist, im System des stark gegliederten und kulturhoheitlich von den einzelnen Bundesländern verantworteten Bildungswesens mit System Schulreformen umzusetzen und innovative Schulentwicklungen nachhaltig in Gang zu setzen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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