Innovation! - René Götzenbrugger - E-Book

Innovation! E-Book

René Götzenbrugger

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Beschreibung

Wer nicht innoviert stirbt!

Ein Unternehmen muss innovativ sein, will es langfristig überleben, das wissen wir nicht erst seit dem Aussterben der Schreibmaschine! Doch wie kann ein Unternehmen dauerhaft innovativ sein, sozusagen das Innovationsgen in der Unternehmens-DNA tief verankern, immer wieder Innovationen entwickeln und realisieren? Dieses überaus anschauliche Werk zeigt wie es funktioniert, und zwar konsequent praxis- sowie umsetzungsorientiert!

- Zeigt, wie Innovationen provoziert und realisiert werden
- Innovationskultur als festen Bestandteil im Unternehmen verankern
- Innovations-Mindset aufbauen und entwickeln
- Innovationsprozess implementieren
- Innovationsmethoden erfolgreich anwenden
- Hands-on-Vorschläge für schnelle Fortschritte
- Mit konkretem Umsetzungsleitfaden und „One Year Cockpit“

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René Götzenbrugger

Innovation!

Der Praxis-Guide für Unternehmen – Innovationen erfolgreich entwickeln und realisieren

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de/> abrufbar.

Print-ISBN 978-3-446-47341-6E-Book-ISBN 978-3-446-47454-3ePub-ISBN 978-3-446-47661-5

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.Alle in diesem Buch enthaltenen Verfahren bzw. Daten wurden nach bestem Wissen dargestellt. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen.Aus diesem Grund sind die in diesem Buch enthaltenen Darstellungen und Daten mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Darstellungen oder Daten oder Teilen davon entsteht.Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Einwilligung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder einem anderen Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – mit Ausnahme der in den §§ 53, 54 URG genannten Sonderfälle –, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2023 Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, Münchenwww.hanser-fachbuch.deLektorat: Lisa Hoffmann-BäumlHerstellung: Carolin BenedixCoverrealisation: Max KostopoulosTitelmotiv: © Agentur Graustich

Inhalt

Titelei

Impressum

Inhalt

Hauptsache, Sie gehen Ihren Weg

1 Was sind Innovationen?

2 Sind Innovationen nötig?

2.1 Unterschiedliche Ausgangslagen

2.1.1 Dem Unternehmen geht es schlecht

2.1.2 Dem Unternehmen geht es mittelmäßig

2.1.3 Dem Unternehmen geht es gut

2.2 Innovationshindernisse Effizienz- und Erfolgsstreben

3 Zurück in die Zukunft

3.1 Das Innovationsmodell

3.2 Das Business-Modell

3.3 Der Business Case

3.4 Der Business Standard

4 Von was hängen Innovationen ab?

4.1 Den richtigen Zeitpunkt finden

4.2 Erfolgsfaktoren und zeitlicher Verlauf

4.3 Der Innovationsprozess

5 Was kosten Innovationen?

5.1 Kosten Visionsfindung

5.2 Kosten Recherche

5.3 Kosten Entwicklung

5.4 Kosten Marktfähigkeit

5.5 Kosten Publikation, Platzierung und Marktbegleitung

5.6 Fazit

Working Paper

Sich systematisch zum „House of Innovation“ entwickeln

6 Ebene 1. Die Basis für alles: Die Identität. Ihre Unternehmenskultur

6.1 Was bedeutet DNA bzw. Unternehmenskultur?

6.2 „Create Meaning vs. Create Profit“

6.2.1 Was „Zahlen“ mit Ihrem Unternehmen machen

6.2.2 Geld stinkt nicht – Anerkennung auch nicht

6.3 Welchen Nutzen hat eine Identität?

6.3.1 Unterscheidungskraft

6.3.2 Mitarbeiterattraktivität

6.3.3 Steuerung des Unternehmens

6.3.4 Starkes Image – starkes „Wir-Gefühl“

6.3.5 Prägendes Verhalten

6.4 Der Identitätsprozess

6.4.1 Unternehmen

6.4.2 Zielgruppe

6.4.2.1 Das wertebasierte Zielgruppenmodell

6.4.2.2 Target-Persona, Buyer-Persona und Future-Persona.

6.4.3 Markenkern

6.4.4 Wertefindung

6.4.5 Vision, Mission und Versprechen

6.4.6 Emotionen

6.4.7 Claim

6.4.8 Handlung

6.5 Die Basis des House of Innovation

Working Paper

7 Ebene 2. Die Innovationsstruktur

7.1 Führung/i-Board

7.1.1 Der Head of Innovation

7.1.2 Top Level Management

7.1.3 Knowledge Manager

7.1.4 Mentorinnen und Mentoren

7.1.5 Pay for Innovation: Faktorisierung von Bonuszahlungen als Anreiz

7.2 Kultur, Wissen, Prozesse

7.2.1 Kultur

7.2.2 Wissen

7.2.3 Prozess

7.3 Manpower/Mitarbeiter und Externe

7.3.1 Die Mitarbeiter

7.3.2 Der Liefer-Externe

7.3.3 Die Bezahl-Externen

7.3.4 Die Belohn-Externen

7.3.5 Die Fan-Externen

7.3.6 Ein offenes Netzwerk forcieren

7.4 Das Nest der Innovation

7.4.1 Analoge Umgebungen und analoge Maßnahmen

7.4.1.1 Der Workshop-Raum

7.4.1.2 Die Kreativräume

7.4.2 Digitale Umgebungen und digitale Maßnahmen

7.4.2.1 Text-Chat

7.4.2.2 Livestream. Ton und Bild

7.4.2.3 Livestream. Screen Sharing

7.4.2.4 Livestream. Kollaboratives Screen Sharing

7.4.3 Die Konzeptsammlung

7.5 Kriterien/Entscheidungskriterien, Auswertung

7.6 Entscheidung/Antragstellung: Ja, Nein

7.7 i-Budget/Finanzpool

7.8 Prototyping

7.9 Target Group Gateway

Working Paper

8 Ebene 3. Menschen. Kompetenzen. Führung

8.1 Wie tickt ein Innovations-Pacemaker?

8.2 Was macht man mit innovativen Triebgeistern?

8.3 Unternehmen brauchen das Maker-Movement!

8.4 Der Mensch, das Team

8.4.1 Der Analytiker Sherlock Holmes

8.4.2 Der „Nothing to lose“-Hero: Rocky

8.4.3 Der High Skills Samurai

8.4.4 Der Entrepreneur Zuckerberg

8.4.5 Der High Pressure Performer: Hulk

8.4.6 Scrum Master Joe Justice

8.5 Agilität

Working Paper

9 Ebene 4. Der Innovationsprozess mit Design Thinking

9.1 Phase 1. Verstehen und Definieren

9.2 Phase 2. Problemerfassung, Untersuchung, Markt

9.2.1 Problemerfassung „passiv“

9.2.2 Problemerfassung „aktiv“

9.2.2.1 Wie kommt man zu einer aktiven Problemerfassung?

9.2.2.2 Problemerfassung durch Handlungsfelder

9.2.2.3 Problemerfassung durch Szenarien

9.2.2.4 Problemerfassung durch Visionen

9.2.2.5 Problemerfassung durch Trends

9.2.2.6 Problemerfassung durch Markt-Insights

9.2.2.7 Problemerfassung durch die Zielgruppe: Customer Insights

9.3 Phase 3. Konzeption, Vision, Idee, Strategie

9.4 Phase 4. Entwurf, Konkretisierung

9.4.1 Entwurf einer strukturellen Ausprägung

9.4.2 Entwurf von visuellen Ausprägungen

9.4.3 Entwurf von formalen Ausprägungen

9.4.4 Entwurf von funktionalen Ausprägungen

9.5 Phase 5. Ausarbeitung, Prototyping

9.6 Phase 6. Test, Akzeptanz, Produktion

9.7 Phase 7. Evaluation

Working Paper

10 Ebene 5. Die Innovationsziele

Working Paper

11 Wie lernt man Innovation?

11.1 Lernbezogenes Scheitern

11.2 Der Blick zurück

11.3 Ansätze zur Innovation

11.3.1 Innovations follow problems – Lösung sucht Unbekannte

11.3.2 Im Wettbewerb der Innovationen – Im Kampf um die Ideen

11.3.3 Vertraue der Iteration: Create something to learn

Working Paper

12 Eine Innovationsgeschichte: Optimierung. Innovation. Disruption

12.1 Optimierung

12.2 Innovation

12.3 Disruption

12.4 Was ist mein Innovationsvorhaben?

Working Paper

13 Handlungs- und Innovationsfelder

13.1 Was sind Handlungsfelder?

13.1.1 Globale Handlungsfelder

13.1.2 Marktspezifische Handlungsfelder

13.1.3 Kundenspezifische Handlungsfelder

13.1.4 Produktspezifische Handlungsfelder

13.1.5 Unternehmensspezifische Handlungsfelder

13.1.6 Kombinierte Handlungsfelder

13.2 Was sind Innovationsfelder?

13.3 Die Auswahl der Innovationsfelder

Working Paper

14 Provozieren von Innovationen. Auslösen einer Reaktion.

14.1 Innovativ durch Aktivität?

14.2 Innovativ durch Lean Management?

14.3 Innovativ durch Add-ons?

14.4 Innovativ durch Clowning?

14.5 Innovativ durch Dramaturgie?

14.6 Innovativ durch Überraschung?

14.7 Innovativ durch Markendehnung?

14.8 Innovativ durch Agilität?

14.9 Innovativ durch Rocket Science?

14.10 Innovativ durch Marktforschung?

14.11 Innovativ durch Kreativ-Workshops, Think Tanks, Design Thinking?

14.12 Innovativ durch Zielgruppenbestimmung?

14.13 Innovativ durch Tabubruch oder Moralisierung?

14.14 Innovativ durch Scouting von Trends?

14.15 Bionik: Innovativ durch die Beobachtung der Tierwelt?

14.16 Innovativ durch Disruption?

14.17 Innovation durch Retrofuturismus?

14.18 Innovation durch Vernetzung (Digitalisierung)?

14.19 Innovation durch Kombination?

14.20 Innovativ durch Katzen?

14.21 Innovativ durch Marketing?

Working Paper

15 Wie baue ich ein Innovationsprojekt auf?

15.1 Briefing

15.2 Zusammenstellung des Workshop-Teams

15.3 Vorbereitung für das Projekt und den Workshop

15.4 Der Workshop

15.5 Die Applikation

15.6 Drei Bewertungen für das Gate

15.7 Iteration

15.8 Marktvorbereitung

15.9 Produktion, Technologie

15.10 Prototyp

15.11 Markteinführung

Working Paper

16 Wie implementiere ich Innovationsprojekte in meinem Unternehmen?

16.1 Innovationsbriefing Kultur und Identität

16.2 Die weiteren Innovationsbriefings

Working Paper

17 Praxisleitfaden: Das „One Year Cockpit“

Ein Herz für Innovationen

Danke

Der Autor

Literatur

Glossar

Hauptsache, Sie gehen Ihren Weg

Innovation betrifft uns alle! Ein Unternehmen muss sich heute immer wieder und immer öfter neu erfinden und Bewährtes in Frage stellen. Nur so kann es langfristig überleben.

Mit alle ist jeder Einzelne angesprochen, der für ein Unternehmen aktiv ist und möchte, dass sein Arbeitsplatz langfristig zukunftsfähig ist.

Die Zukunft hat dabei nicht nur wirtschaftliche Aspekte, die gemeistert werden müssen, sondern vor allem auch Herausforderungen, die unsere Welt und die Produkte und Dienstleistungen besser machen sollen und auch müssen. Dieses Innovieren soll also nicht nur dazu führen, dass wir unseren wirtschaftlichen Standard halten sollen, sondern dass wir die Welt für unsere Nachfahren wertvoller und intelligenter übergeben, als wir sie selbst vorgefunden haben. Wenn nicht jeder Einzelne aktiv oder zumindest bereit ist, das Neue zu fördern und zu fordern, wird es zumindest unsere Kultur schwer haben, die Welt in einen besseren Status zu versetzen. Diesen Wettbewerb nicht anzunehmen oder sogar zu blockieren, kann verheerende Folgen für unsere Kultur haben.

Doch was ist eigentlich Innovation? Wie baut man ein „House of Innovation“ auf? Wie entwickelt man Innovation und wie kann man die Gesamtheit des Unternehmens auf Innovation trimmen? Welche konkreten Schritte ergeben sich daraus? Auf was muss bei der Realisierung geachtet werden? Diese und viele andere Fragen rund um das Thema Innovation versuche ich, möglichst umsetzungsorientiert zu beantworten. So wenig Theorie wie möglich und so viel Praxisunterstützung wie nötig! Ergänzt wird die Praxisorientierung durch Arbeitshilfen, die zum Download bereitstehen.

Dieses Buch ist eine Mischung aus Ansätzen aus der Startup-, Mittelstands- und Konzernpraxis für Unternehmen, die sich Innovation auf die Fahnen schreiben möchten. Ich werde Anstöße geben, Inspiration und Auseinandersetzung forcieren, Methoden anbieten, spielerisch werden und den Grad an faktischer Substanz Ihrem persönlichen Anspruch überlassen.

Ich bin sehr glücklich mit dem Ergebnis dieses Buches. Es wird Ihnen Einblicke geben, für die ich nun 20 Jahre gesammelt, gelauscht, nachgedacht und Methoden immer wieder korrigiert habe.

Zurückblickend war es enorm wichtig, gewisse Rollen einzunehmen, um Innovation wirklich zu verstehen: als Konsument! Als Teil der F&E! Als Innovationstreiber! Als Trend- und Szenarienbeobachter! Als Identitätsentwickler!

Meine erste Begegnung mit dem Thema Innovation hatte ich als Konsument, als ich mich Ende der 80er-Jahre maßlos über die Kassetten in meinem Walkman geärgert hatte. Immer gingen sie kaputt, man hatte nutzlosen Bandsalat und konnte die mühsam vom Radio aufgenommen Aufnahmen nicht mehr nachkonstruieren . . . Als Konsument war ich enttäuscht . . . von allen Marken, die so etwas stillschweigend erduldeten und sich mit solchen „Krücken“ zufriedengaben. Warum merkte das „da oben“ denn keiner?

Ich habe mit damaligen Mitteln so lange recherchiert, bis ich auf ein neues Format gestoßen bin: die Minidisk. Diesen Player habe ich 1992 für sehr teures Geld in USA bestellt. Ich war endlos glücklich über meinen Schritt in das digitale Zeitalter – und begeistert von der Marke, die dies realisierte.

Ich war, zumindest gefühlt, immer der Erste: mit einem Mountainbike, Computer, CD-Player, Internetzugang, digitalen Fotoapparat, Handy, Smartphone, Hybrid-Auto . . . und immer freute ich mich über Marken, die Probleme in meiner Produktwelt erkannten und mein Leben verbessern wollten. Marken, denen ich bis heute treu geblieben bin.

Mit dem Minidisk-Player habe ich mir bewusst in den Kopf gesetzt, in meiner Zukunft Produkte und das Leben von Menschen zu verbessern. Ich verstand damals für mich selbst: Man muss die Rolle des Konsumenten einnehmen, um Dinge zu verbessern, und man darf nie aufhören, aktiv in die Zukunft zu denken. Nur so kann man es schaffen, die Welt Stück für Stück zu verbessern. Die Stunde 0 ist jeden Tag!

Mein erstes Ziel war es, in einem Maschinenbauunternehmen im Bereich der Entwicklung zu arbeiten. Als technischer Zeichner sammelte ich hier erste Erfahrungen über sämtliche Abteilungen und über viele Prozesse. Der große, traditionelle Augsburger und Nürnberger Dieselmotorenerfinder und dessen Tochter, eine Getriebegröße, gaben mir die ersten Grundlagen, um zu verstehen, wie Unternehmen und Abteilung in dieser Größenordnung ticken. Ich war jedenfalls angefixt und wollte mehr Entwicklung – from scratch. Das versprach ich mir von einem Studium zum Industriedesigner.

Ich wollte dann für ein weltweit renommiertes Industrieunternehmen arbeiten, wo ich in München meine Einblicke bekommen konnte und mich stark mit Designprozessen auseinandersetzte.

Und dann sollte auch unbedingt ein Automobilhersteller in mein Portfolio. Natürlich der Erfinder im schönen Baden-Württemberg. Dort, in der Innovationsabteilung habe ich mein persönliches Schlaraffenland erlebt und das Verständnis für Szenarien und Produkte der Zukunft entwickelt.

Erst später kam dann durch die Selbständigkeit und die starke Auseinandersetzung mit der Identität von Unternehmen der zusätzliche große Fokus auf die Corporate Identity hinzu. Ich war erschüttert, dass Innovationen unweigerlich mit der Identität des Unternehmens verknüpft sind und ich dies bis dahin nicht stark genug wahrgenommen hatte.

Heute bin ich mit diesem „Paket“ ausgestattet und freue ich mich immer wieder, mit Menschen arbeiten zu dürfen, die die Zukunft gestalten wollen. Für genau diese Menschen ist dieses Buch.

Dieses Buch ist für alle, die vor der Verantwortung stehen, einen Innovationsprozess oder eine Innovationskultur im eigenen Unternehmen zu verankern. Das Thema Innovation ist komplex, es lässt sich nicht einfach mal im Vorbeigehen realisieren. Es betrifft alle Geschäftsbereiche: Innovation ist ein eigenes Business.

Jedes Unternehmen muss seine eigene Innovationskultur aufbauen! Sie müssen es so machen, wie Sie es für richtig empfinden. Hauptsache, Sie gehen Ihren Weg. Hauptsache, Sie machen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Bau des „House of Innovation“.

Heidenheim, Winter 2022/23

René Götzenbrugger

1Was sind Innovationen?

Wir alle möchten innovativ sein. Wir sind beeindruckt, wenn wir Innovatives wahrnehmen, und lassen uns vielleicht sogar deshalb zum Kauf verleiten. Dinge, die uns innovativ erscheinen, bekommen einen besonderen Stellenwert in unserer Wahrnehmung. Marken, Produkte und Ideen, die uns persönlich als innovativ erscheinen, speichern wir bewusster ab, wir erzählen anderen davon und sind stolz auf dieses vermeintlich neue Wissen. Wer selbst als innovativ erscheint, der suggeriert, mit der Zeit zu gehen, veraltet nicht, sondern ist aktiv. Innovative Menschen wissen scheinbar Bescheid und verstehen es oft, sich selbst Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

Etwas Neues ist oft auch nur eine Story, die wir weitergeben können. Ein Gesprächsthema, das uns hilft, andere zu beeindrucken oder zumindest in ein Gespräch zu verwickeln. Wer als erster ein innovatives Produkt kauft, erntet unterschiedliche Reaktionen: von einer Seite bestaunt, von einer anderen belächelt oder gar ausgelacht.

Warum erzeugen neue, scheinbar innovative Produkte so unterschiedliche Reaktionen? Gibt es überhaupt echte Innovationen? Und welche Merkmale definieren Innovationen?

Die Übersetzung von Innovation (lat. innovatio) bedeutet so viel wie „Neuerung“ oder auch „Veränderung“. Eine inhaltliche und hölzerne Erklärung könnte folgend formuliert werden:

„Innovation ist ein Erfindungsprozess, der durch eine neuartige Anwendung, die Kombination aus Ideen, Verbesserungen oder Entwicklungen ein Produkt oder eine Dienstleistung in einen anderen, neuen, womöglich besseren Kontext stellt.

Der Ideenvorgang wird dann zur Innovation, wenn Zielgruppen motiviert werden, die Erfindung anzunehmen und zu konsumieren. Je höher der Innovationsgrad, desto größer ist eine Begeisterung der Zielgruppe zu erwarten.“

Die Zehn Gesetze zur Erkennung einer Innovation

Diese kompliziert formulierte Beschreibung lässt sich in Form von Zehn Gesetzen, zum Nachweis oder Erkennung einer echten Innovation, besser formulieren (Bild 1.1).

Bild 1.1Die „Zehn Gesetze“ der Innovation

Nicht jeder wird diese Zehn Gesetze als richtig, vollständig oder nötig verstehen, weil jeder auch eine andere Ausgangssituation und auch einen anderen Wissensstand hat, mit dem er Innovationen betrachtet und reflektiert.

Der Innovationsgrad ist dabei ein weiterer unbestimmbarer und individueller Faktor: Was sich für den einen als disruptiv abzeichnet, kann für den anderen ein alter Hut sein. Was tatsächlich disruptiv ist, wird womöglich von vielen als nichtsnutzige Spinnerei abgetan und erst einmal nicht verstanden werden. Denn oftmals braucht es gar keine „echte Innovation“, damit eine bestimmte Zielgruppe das Produkt in ihrer eigenen „Bubble“ dennoch als Innovation wahrnimmt.

Deshalb muss eine Innovation für ihre Zielgruppe und deren Kontext als individuelle Innovation wahrgenommen und verstanden werden können. Für den Rest der Welt kann sie auch ein alter Hut sein.

Jegliche Innovation kann auch ein Auslöser für eine Bewegung sein, ein Katalysator für die eigene Entwicklung. Sowohl intern als auch extern: „Endlich haben wir auf SAP umgeschaltet.“ – 2022 keine wirkliche Innovation, und dennoch für manche Beteiligte ein disruptiver Sprung.

2Sind Innovationen nötig?

„Innovationen sind die zentralen Quellen für Wettbewerbsvorteile“ (Führung und Innovation, Benjamin Jäcklin, Springer). Von der Vision bis zur Marktreife: Ein effektives Innovationsmanagement sei entscheidend für die Überlebensfähigkeit von Unternehmen.

Laut etlichen Studien ist die Innovationsfähigkeit von Unternehmen sogar einer der wichtigsten Bausteine, um die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen zu gewährleisten.

„Doch nur wenige deutsche Unternehmen verfügen aktuell über die nötige Innovationskompetenz, Innovationsorganisation und Innovationskultur, um ihre Wettbewerbsposition auch langfristig zu sichern.“ (Innovative Milieus. Die Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen, Bertelsmann Stiftung 2019)

„Deutschland ist Weltmarktführer, Exportweltmeister, und unser Unternehmen ist ein German Hidden Champion. Warum sollen wir Innovationen entwickeln, wenn wir unser aktuelles operatives Geschäft kaum stemmen können? Uns geht es doch bestens!“ Das sind Aussagen unter Managern oder Geschäftsführern, die mir oft, sogar sehr oft, begegnen.

Die Frage des richtigen Zeitpunkts für Innovationen ist mit Sicherheit berechtigt – und zugleich nicht rational und faktisch zu beantworten. Der Zeitpunkt, wann ein Unternehmen und dessen Alleinstellungsmerkmal durch einen Wettbewerber ver- oder bedrängt wird, ist ebenfalls nicht auszurechnen . . . Die Glaskugel liefert hier eindeutigere Ergebnisse.

2.1Unterschiedliche Ausgangslagen

Dennoch . . . blickt man mit offenen Augen in die Welt, finden sich eindeutige und wiederkehrende Beispiele. Es ist auch eine Frage der Ausgangslage des eigenen Unternehmens. Stellen wir uns deshalb drei Unternehmen vor: Einem geht es schlecht, einem eher mittelmäßig und einem sehr gut (Bild 2.1). Welches der drei Unternehmen hätte jetzt eine Innovation nötig? Und wann wäre der richtige Zeitpunkt, in das Innovationsgeschäft einzusteigen?

Bild 2.1Wirtschaftlicher Zustand vs. Ressourcen

2.1.1Dem Unternehmen geht es schlecht . . .

. . . also ist der richtige Zeitpunkt für eine Innovation jetzt. Unmittelbar jetzt. Sofort. Denn wenn das Unternehmen bereits Schräglage hat, kann es nur noch durch eine Kombination von Einsparungen und neuen Umsätzen gerettet werden. Eine Innovation zu diesem Zeitpunkt durchzusetzen, um genau jetzt damit Umsatz zu machen, ist mehr als nur schwierig. Und ob die Innovation auch „einschlägt“ und die Schräglage revidieren kann, ist nicht garantiert. Einen drohenden Untergang mit steigendem Tempo innerhalb eines Jahres in ein aufstrebendes und frisches Unternehmen verwandeln zu wollen, klingt unglaubwürdig und eher nach Panik. Zu viel scheint dabei von Zufällen abzuhängen.

Doch es ist möglich. Das Beispiel des Bio-Limonadenherstellers „Bionade“ zeigt, dass es gelingen kann: 20 Jahre, nachdem die Idee geboren war, Limonade zu brauen, konnte der „Bionade“-Erfinder sein neu entwickeltes, alkoholfreies Getränk nur in Bierflaschen abfüllen. Die einstigen Brauer füllten das Getränk nur deshalb in handelsübliche, mit Kronkorken verschlossene Bierflaschen ab, weil ihre Abfüllanlage gar nichts anderes konnte. Bis Mitte der 1990er-Jahre hatte das Familienunternehmen dann drei Millionen Mark ausgegeben, und ihr Produkt war endlich fertig. Die Familie dachte an ein Franchise-Konzept, das nicht nur ihre eigene Brauerei, sondern viele mittelständische Betriebe sanieren sollte. Sie wandten sich mit ihrem Konzept an Brauereien, die ebenfalls unter Umsatzrückgängen litten. Alle winkten ab. Deshalb machten es die Kowalskys selbst – und der Rest ist Geschichte (Kai Müller, Kowalsky ist wieder flüssig, Tagesspiegel 11. 07. 2019).

Ein Zitat von Peter Kowalsky verrät:

„Bionade hat jetzt die riesige Chance, ähnlich wie das Red Bull, Coca Cola, Tempo oder Nivea gemacht haben, ein Original zu werden. Wir haben ja allein durch den Namen die Möglichkeit, für diese Gattung zu stehen, die wir da aufgemacht haben – die der fermentierten Produkte.“

Als ein Grund für diesen Erfolg gilt, dass es sich bei Bionade um ein nichtalkoholisches Getränk in einer klassischen Bierflasche handelte (Katja Michel: Des Sprudels Kern, Tagesspiegel 2. Juli 2006). Ein großer Getränkehändler in Hamburg begeisterte sich für das Getränk, und so wurden Kneipen und Hamburger Szeneläden auf das Bio-Braugetränk aufmerksam. Ein Kult war geboren.

Das Produkt (antialkoholisches, gebrautes Biogetränk), die Verpackung (bestens vertraute Bierflasche), die Zeit (Bio war enorm im Kommen) und der Ort (Hamburgs Szeneläden) waren in diesem Innovationsmosaik die relevanten Komponenten, um den Erfolg zu erreichen. Auch wenn dieser keiner 100 %-igen Innovation nach den Zehn Gesetzen entspricht, so sind Probleme auf neue Weise gelöst worden: Eine Zielgruppe hatte Bedarf, Bionade war eventuell sogar der Erste, der in Bierflaschen abfüllte, Bio war extrem im Kommen – als gebraute Biolimonade ein Novum, das Getränk war auslieferungsfertig und kaufbar, die Szeneläden in Hamburg waren stolz, etwas Einzigartiges, nicht Alkoholisches anzubieten. Schnell wurde über Hamburg hinaus verkauft und kommuniziert, und die Zielgruppe war begeistert . . .

In dieser Situation heißt es oft, Zielgruppen durch besondere Kreativität und Aktivität zu potenzieren. Meistens wird versucht, durch Rabatte eine höhere Aufmerksamkeit zu erzielen. Doch diese sind in dieser Situation oft falsch, da sie die Wertschöpfungskette zwar aktivieren, aber eher belasten als entlasten. Eine Kombination aus Anreiz durch erweiterten Kundennutzen und Attraktivität in der Wirkung können hier helfen, aber auch ein Angebot, wie der Kunde sparen kann (Bild 2.2).

Bild 2.2Der „Sparen – Aufmerksamkeit – Service – Features“-Workshop: So könnten Ihre Whiteboards aussehen.

Geben Sie dem Kunden etwas, was ihm zusätzlich hilft. Benötigt der Kunde selbst Aufmerksamkeit, so gestalten Sie das Produkt oder die Vermarktungsmöglichkeit dementsprechend spannend – Stichwort Verpackung. Benötigt der Kunde Serviceleistungen, geben Sie ihm diese: eine Garantie, dass das Produkt zehn Jahre lang läuft, mit Ausfallgarantie oder einem direkten High-Level-Support-Telefonservice. Benötigt der Kunde neue technische Features, versuchen Sie ein Crowdfunding, an dem der Kunde bei der Entwicklung beteiligt ist. Teilen Sie diese Entwicklung in kurzfristige Milestones mit kleinen Entwicklungsschritten auf, die sich zunächst schnell umsetzen lassen.

Thinkbox

Gehen Sie in ein Brainstorming entsprechend Bild 2.2. Bringen Sie die Punkte Sparen, Aufmerksamkeit, Service, Features auf die Whiteboards und starten Sie Kreativrunden für spannende Ergebnisse. Mischen Sie alle Punkte durcheinander und entwickeln Sie ein „Sparen – Aufmerksamkeit – Service – Features“-Paket. Der Nutzen muss klar in den Vordergrund gestellt werden und für den Kunden sehr hoch sein, damit Sie schnell verkaufen, da Sie wenig Zeit haben.

2.1.2Dem Unternehmen geht es mittelmäßig . . .

. . . so sollte der Innovationszeitpunkt hoch priorisiert werden. Eine Innovation kann jetzt der rettende Anker sein. Im besten Fall hat das Unternehmen die Zeit und das Budget, mit einer oder mehreren Innovationen das Standbein zu stabilisieren bzw. die Produktrange zu verbessern, zu optimieren oder zu erweitern. So lange das Unternehmen noch etwa drei bis fünf Jahre gut überleben kann, ist nun der richtige Zeitpunkt, die Abteilung F&E (Forschung und Entwicklung) anzuspornen und das Marketing anzuheizen.

Das Problem in dieser Situation ist oft, dass weder Geld noch Zeit für einen Innovations-Turnaround des Unternehmens offensichtlich übrig sind. Die Abteilungen kämpfen mit eigenen Alltagsproblemen, den Kundenwünschen und dem regelmäßigen Einkommen. Die Aussicht, sich jetzt mit etwas Neuem und Positivem zu beschäftigen, lässt viele Finanzprofis die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen: „Wie kann man denn jetzt die Probleme des Unternehmens aus den Augen verlieren und sich mit ‚Spinnereien‘ beschäftigen? Wir müssen die Kosten zurückfahren, Leute entlassen, die Profitkurve skalieren.“

Psychologisch gesehen sind das gefühlte Rückschritte. Das Unternehmen wird heruntergefahren, um es eventuell später wieder hochzufahren. Doch mit weniger Personal und weniger Aufwand wird es nicht einfacher, den Innovationsprozess anzustoßen. Wenn es dem Unternehmen mittelmäßig geht, sollten die Verantwortlichen schnellstmöglich mit Innovationsprozessen starten, Strukturen aufbauen und einen Fahrplan entwickeln, die finanziellen Mittel vorbereiten und die ersten Schritte in Richtung Innovation gehen. Somit gelangt das Unternehmen in eine aktive Rolle, aus der heraus mögliche Optionen entstehen.

So konnte zum Beispiel ein einst unbekannter Seifenhersteller seinen Verkauf dadurch optimieren, dass er seinem Produkt Backpulver beilegte. Er stieg also in das Backpulvergeschäft ein und machte dies zu seinem Kerngeschäft. Doch schon wenig später musste er auch dem Backpulver eine Beilage mitgeben. Man entschied sich für ein Trend gewordenes Produkt und legte ein paar Streifen Kaugummi bei. Weder Backpulver noch Seife waren bald noch Teil der Produktpalette: Wrigley wurde zum größten Kaugummihersteller der Welt.

Ein Zitat von William Wrigley, Jr. verrät:

„Anyone can make gum. Selling is the problem . . . We have spent more than $20 000 000 to tell the world about our product.“

Wrigley erreichte mit einem Mailing jeden US-Amerikaner, der zur damaligen Zeit im Telefonbuch stand, und versorgte ihn mit einigen Kaugummistreifen. Wichtig war hier das Produkt (neuer, geschmacksintensiver Kaugummi), das Marketing (Beilage, Mailing), die Zeit (Kaugummis mit Geschmack waren im Kommen) und der Ort (die USA waren bereits sensibilisiert für das Thema Kaugummi). Die Innovation: Das Unternehmen hatte die Fähigkeit, sich aus einer passiven und unter Druck geratenen Situation die Optionen zu verschaffen, das Unternehmen beweglicher zu machen. Dabei hat Wrigley durch ein Add-on das Produkt erweitert und ihm dadurch einen Mehrwert verschafft – ohne dass es einen Bezug zum eigentlichen Produkt (Seife, Backpulver) hatte.

Was tun?

Bilden Sie eine Taskforce aus den Menschen, von denen Sie glauben, dass diese in Kreativrunden gute Ergebnisse bringen können. Diese Taskforce wird nun mit diesem Aufgabengebiet „Innovation“ vertraut. Starten Sie Innovationsworkshops und entwickeln Sie naheliegende Innovationen für Ihr Produkt und Leistungsportfolio in den Bereichen Verbesserung Vermarktung, Neu-Vermarktung, Verbesserung Service, Neuer Service, Verbesserung Features, Neue Features, Verbesserung der Produkte, neue Produkte (Bild 2.3).

Thinkbox

Gehen Sie in ein Brainstorming nach Bild 2.3. Bringen Sie die Punkte, wie dort aufgezeigt, in die Whiteboards, und starten Sie ergebnisorientierte Kreativrunden. Kombinieren Sie die Punkte und entwickeln Sie auch Pakete. Gerade hier sind eventuell auch vor allem Serviceleistungen relevant, um den Kontakt zum Kunden zu halten. Die Entwicklung von neuen Features und Produkten ist unabdingbar, um mittelfristig in die Zukunft zu investieren.

Bild 2.3Aktion: Der „Vermarktung – Service – Features – Produkte“-Workshop: So könnten Ihre Whiteboards aussehen.

2.1.3Dem Unternehmen geht es gut . . .

Der perfekte Innovationszeitpunkt ist, wenn es dem Unternehmen gut geht. Jetzt sollten Budgets, Zeit und auch die gedankliche Bereitschaft vorhanden sein, die Marktposition auszubauen und zu stärken. Ein Unternehmen, das jetzt Innovationen für unnötig hält – „wir müssen uns nicht um unsere Marke kümmern, Mitarbeiter-Branding brauchen wir nicht, weil sich alle freiwillig bei uns bewerben“ –, verliert wertvolle Zeit für den Ausbau und die Sicherung der eigenen Position. Gerade in der Zeit des wirtschaftlichen Erfolgs ist es am wichtigsten, umfassende Identitäts- und Innovationsprozesse zu etablieren und zu integrieren, die die Marktstärke sichern und vorantreiben: Man wirft quasi etwas in ein gut gefülltes Sparschwein, um es noch voller zu machen. Noch nie hat jemand von einem Sparschwein gehört, das geplatzt ist, oder? Im Gegenteil: Kommt die nächste Flaute, liegen funktionierende und erprobte Werkzeuge und Verfahrensschritte schon bereit.

Beispiel Kodak:

Auf dem Höhepunkt seiner Weltmarktführerschaft verpasste es der Kamerahersteller, disruptiv über die eigenen Grenzen hinaus zu denken und zu lenken. Und dabei gilt Kodak als Begründer der Digitalfotografie. „1974 baute der junge Kodak-Ingenieur Steve Sasson die erste digitale Kamera der Welt. Der Konzern unterschätzte die Idee lange – und verpasste die Zukunft“, schrieb „Spiegel Online“ am 27. Oktober 2015 im Beitrag „Der Mann, der die Zukunft erfand“. Und weiter: „2012 meldete Kodak Insolvenz an und ist seither nur noch ein Schatten seiner selbst – obwohl jede moderne Digitalkamera auf Sassons Ur-Patent zurückgeht.“ Kodak hatte noch einiges für die Entwicklung der Kamera gemacht, aber immer mit angezogener Handbremse. Zu groß und lukrativ war das laufende Papiergeschäft. Hätte Kodak damals richtig reagiert, sein Papierprodukt mit dem Digitalprodukt gleichwertig ergänzt, so hätte das Unternehmen die Chance gehabt, eines der mächtigsten Unternehmen der Welt zu werden.

Ein Zitat von M. C. Fisher (CEO, Kodak). Er war sich 1997 sicher:

„Digitalfotografie wird den Film nicht verdrängen.“

Was tun?

Unternehmen, denen es gut oder sogar sehr gut geht, sollten sich in sämtlichen Abteilungen auf die Zukunft konzentrieren. Hier gilt es, zunächst die Basis dafür im Unternehmen zu schaffen: die Kultur. Daraufhin sollte man eine definierte Innovationsstruktur im Unternehmen aufbauen, die Kompetenzen suchen und verteilen, die Prozesse dafür entwickeln und integrieren, und natürlich sind die Vision und die Ziele der krönende Abschluss für das Vorhaben. Das Ziel ist, ein „House of Innovation“ zu bilden (Bild 2.4).

Thinkbox

Gehen Sie in ein Brainstorming zum Bild 2.4. Setzen Sie sich mit Ihrem Team zusammen und stellen Sie sich vor, Sie wären ein „House of Innovation“. Welche Schlagzeilen wird man in 20 Jahren über jede der Ebenen aus Ihrem Hause lesen? Führen Sie Interviews mit Ihren Abteilungsleitern. Erfassen Sie die Bedenken und die Wünsche Ihres Teams. Diskutieren Sie und verankern Sie das Fazit als Leitplanken für Ihren Zukunftsprozess.

Bild 2.4House of Innovation

2.2Innovationshindernisse Effizienz- und Erfolgsstreben

Unternehmen, die bereits am Markt etabliert sind, tun sich oft besonders schwer bei der Realisierung von Innovationen. Die Konsequenz ist, dass Unternehmen dann oft nur im Alltagsgeschäft operieren und es verpassen, sich aktiv und bewusst bezüglich ihrer Leistungsangebote weiterzuentwickeln. Sie bleiben mit ihrer Leistung in ihrem Gründungsjahr, ihrem Jahrzehnt stehen und schaffen keine Transformation in neue Denkansätze. Prozesse werden stetig optimiert, aber immer in Bezug auf eine alte Idee. Das führt früher oder später zu einem Ungleichgewicht. Die unternehmerische Struktur ist zwar ideal, aber das Leistungsangebot dient nicht mehr dem Fortschritt der Zielgruppe.

Obwohl nahezu jedes Unternehmen auf seiner eigenen kleinen oder großen Innovation fußt, verliert es mit der Zeit den Drang, sich neu zu erfinden. Es scheint, dass Unternehmen vor allem in ihrer eigenen Start-up- bzw. Gründungsphase sehr beweglich und kreativ sind. Je erfolgreicher oder auch größer Unternehmen werden, desto mehr werden unstrukturierte und „kreative“ Geschäftsbewegungen in solide und strukturierte Prozesse überführt. Weg von einer progressiven Führung hin zu einer konservativen und schulisch prozesshaften Struktur, die Effizienz bringen soll und dem Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg sichert. Sicherheit und Mut stehen sich hier gegenüber. Progressive Handlungen versus konservative Effizienz.

Ein Unternehmen benötigt oft, wenn es wächst, Abteilungen mit Abteilungsleitern. Diese stehen mit ihren Aktivitäten in der Verantwortung und verfolgen meist nach vereinbarten Jahreszielen ein sicheres Wachstum. Zumindest klare Erfolge.

In den Zielvereinbarungen stehen selten Projekte, die man eben auch an die Wand fahren darf, oder noch besser, dass der Jahresbonus damit verbunden ist, dass die Abteilung, der Abteilungsleiter oder der Manager Innovationen fördert oder sogar durchführen muss.

„Nahezu alle Projekte sind erfolgsverpflichtend. Und das Leben der jeweiligen Mitarbeiter fußt meistens eben auch auf Erfolgskriterien.“

Damit der Urlaub sicher ist, die Rate für das Haus, das neue Motorrad oder das Studium der Kinder. Somit agieren oft alle in einem Unternehmen für eine möglichst sichere finanzielle Lage.

Verständlich, dass Kodak nicht das Risiko eingehen wollte, ein Elektrogerät mit vielen Komponenten am Markt zu forcieren, wenn ihr Fotopapier einfach und billig herzustellen war und auch keine oder kaum Reklamationen hervorgerufen wurden. Eine Digitalkamera war ein viel zu großer technischer Aufwand. Materialien, Produktionslinien, Assembling, Logistik, Lager, Vertrieb . . . Viel zu viele unbekannte Variablen. Und da es nicht der „Hometurf“ des Unternehmens ist, das Businessmodell im Vergleich zu den bestehenden Filmen ein zu großes Risiko darstellte und der Business Case auch bei Weitem nicht so attraktiv war, so war für die Manager klar: Geld in ein Geschäft zu investieren, in dem weniger Gewinn als in dem aktuellen herrscht, ist eine schlechte Rechnung. Die Gewinne im nächsten Quartal sollten wachsen und nicht aufs Spiel gesetzt werden. Und wer möchte für einen Flop die Verantwortung übernehmen? Und seinen Bonus aufs Spiel setzen, mit dem die gesamte Familie schon längst rechnet?

Unternehmen sollten sich klar darüber sein, warum Innovationen scheitern. Sie sollten mit Scheitern aktiv rechnen, aber auch Lösungen parat haben. Scheitern sollte in kurzen Sequenzen provoziert werden, um in kurzfristigen Learnings wenig Zeit und Energie zu verschwenden und um Know-how zu gewinnen.

Deutsche Unternehmen wollen nicht scheitern. Wir wollen in Dauerschleife perfekt sein. Unternehmen in anderen Ländern agieren hier pro Scheitern und verfolgen einen konträren Ansatz, der mehr Mut fordert.

Wolf Hirschmann erklärt in seinem Buch „Gebrauchsanweisung für die Zukunft“ zum Beispiel, dass der indische Tata-Konzern jedes Jahr im Rahmen eines Wettbewerbes einen Preis für eine gescheiterte Innovation vergibt. Durch den jährlichen Contest „Innovista“ wird nicht nur eine Innovation ausgezeichnet, die scheiterte, sondern auch der Mut geschürt, dass das Scheitern willkommen ist. Weiter erklärt er, dass es in anderen Unternehmen wie zum Beispiel bei „Research in Motion“ (Blackberry) die 9-von-10-Regel gibt. Hier soll neunmal etwas schief gehen, damit es beim zehnten Mal funktioniert. Und zu guter Letzt erwähnt er die Virgin Group. Sie schreibt sich das noch offensichtlicher auf die Fahnen: „Pionier sein. Nicht dem Pionier folgen“.

Unternehmen werden oft davon abgehalten, innovativ zu sein, da sie versucht sind, ihre Erfolge oder ihr gut gehendes Konzept in einer Dauerschleife erfolgreich zu halten. Gleiches in einem immer fortschreitenden Verbesserungsprozess zu optimieren. Um wirtschaftlicher als auch vertrieblich noch erfolgreicher zu agieren. Ein besserer Weg wäre, wenn das Unternehmen immer wieder auf „Restart“ gehen würde bzw. Prozesse einführt, um gewisse Entwicklungen ganz frei denken zu können oder im Rahmen eines Gründers durchzuführen.

Thinkbox

Planen Sie Ihren Restart. Immer und immer wieder. Rufen Sie sich in Erinnerung, wie das bei der Gründung war. Starten Sie Fuck-up-Veranstaltungen und überlegen Sie mit Ihrem Führungskreis, wie Sie die Zukunft in einer iterativen Schleife gestalten. Und in welchen Zeiträumen!

3Zurück in die Zukunft

Der geradlinige Weg von einem gegründeten zu einem etablierten Unternehmen, in möglichst kurzer Zeit: Genau das ist, was viele Unternehmen anvisieren. Beraten wird man dabei von Wirtschaftsexperten oder sogenannten Business Angels, die vor allem im Zählen von Zahlen und kurzzeitigem Erreichen von kurzfristigen Erfolgen sehr gut sind. Sie wissen, was Banken und Investoren lesen wollen: Wie hoch wird der EBIT sein?

Will ein Unternehmen langfristig überleben, muss es sich immer wieder infrage stellen und Strukturen schaffen, in denen erfolgreich Innovationsprozesse umgesetzt werden.

Jeder Erfolg hat seinen Höhepunkt und flacht nach einer Zeit wieder ab. Nur wenige Unternehmen bleiben auf Dauer im Wettbewerb bzw. im Wachstum, vor allem mit dem ein und demselben Produkt. Der McKinsey-Partner Claudio Feser behauptet, dass „die Hälfte aller börsennotierten Unternehmen innerhalb eines Jahrzehnts verschwindet. Nur jedes siebte erreicht das 30. Lebensjahr, und nur jedes zwanzigste schafft es bis zum 50-Jahr-Jubiläum“.

Noch schlimmer sieht es aus, wenn man deutsche Unternehmen im Durchschnitt betrachtet. Diese werden laut dem Lehrstuhl für Statistik und Ökonometrie der Universität Rostock nur 8 – 10 Jahre alt. Die Agentur Innosight fand heraus, das US-Konzerne im Jahr 1965 noch rund 33 Jahre, 1990 nur noch 20 Jahre im Index verweilten. Und dieser Trend geht laut der Analysten noch weiter: Für das Jahr 2026 prognostizieren sie, dass Unternehmen im Schnitt nur noch rund 14 Jahre im S&P (Aktienindex) bleiben.

Ein Unternehmen, das sein Businessmodell nach einer gewissen abgelaufenen Zeit infrage stellt und einen Neustart provoziert, könnte dabei viel gewinnen und über sich selbst und seine Zukunft lernen. Dabei muss oft nicht das gesamte Geschäftsmodell überdacht werden, es kann auch zu den einzelnen Units, Abteilungen oder auch nur über seine Projekte in jeglicher Form Orientierungsrunden für die Zukunft geben.

Ob 7, 14 oder 20 Jahre – ob kürzer oder länger: Man sollte dabei in Generationen denken. Es macht Sinn, diesen Generationsgedanken in der Form einer ablaufenden Zeitspanne ernst zu nehmen und zu versuchen, sich regelmäßig in Dauerschleife zu wiederholen. Immer wieder von vorne starten. Ähnlich wie eine ablaufende Sanduhr, die auf Null gedreht werden muss, wenn ihre Zeit abgelaufen ist.

„The Hourglass Business Model“ ist ein Modell, das den Lebenszyklus eines Unternehmens visualisiert und Orientierung für die Zukunft liefert. Mithilfe dieses Modells kann dieser Zyklus innerhalb von 20 Minuten durchgespielt werden.

Der verschärfte Wettbewerb, der technologische Fortschritt, veränderte Kundenbedürfnisse und ein verändertes Geschäftsumfeld sind die Treiber, die Erneuerung in Unternehmen fordern – insbesondere deren permanente flexible Anpassung an neue Herausforderungen. Gerade deshalb müssen Unternehmen beweglich bleiben und sich selbst immer wieder auf Anfang drehen.

Ein Zitat von Elon Musk verrät:

„Die Leute liegen falsch, wenn sie denken, dass die Technologie sich automatisch weiterentwickelt. Sie entwickelt sich nur, wenn viele Leute sehr hart arbeiten, um sie zu verbessern. Von alleine würde sie sich tatsächlich verschlechtern. Wenn man sich die großen Zivilisationen wie das alte Ägypten ansieht: Die konnten Pyramiden bauen und haben vergessen, wie man das macht. Die Römer bauten diese unglaublichen Aquädukte – sie haben vergessen, wie es geht.“

Das „Hourglass of Business“ soll durch seine Darstellung den Lifecycle eines Unternehmens veranschaulichen (Bild 3.1). Als Gedankenanstoß, Erzählleitfaden oder auch als Motivationstool, wenn Teams beieinandersitzen und über die Zukunft des Unternehmens nachdenken.

Im oberen Bereich der Matrix befindet sich der Kreativbereich, im unteren der Effizienzbereich. Rechts werden Sicherheiten gesucht, links die progressive Ausrichtung. Oben links startet das Hourglass mit dem Gründungsgedanken bzw. dem Auslösen einer Innovation. Um diese gängig und marktfähig zu machen, muss man im Kreativmodus bleiben, aber sämtliche Sicherheiten aufzeigen, um den Proof of Concept unter 2., dem Use Case, zu demonstrieren. Progressiv, aber effizient und keineswegs kreativ ist dann der Business Case auszuformulieren und zu betreiben. Dann muss man effizient bleiben und gleitet Stück für Stück aus einer progressiven Umgebung in die Zone der Sicherheit hin zu einem Business-Standard-Unternehmen.

Bild 3.1„Hourglass of Business“-Modell

Orientierung finden mit „The Hourglass Business Model“

Das folgende Zukunfts-Meeting soll ein periodischer Scope sein, den man im Rahmen der langfristigen Unternehmensentwicklung alle fünf bis sieben Jahre abhält. Ein Zukunfts-Meeting, um darüber nachzudenken, in welcher Entwicklungsstufe man als Unternehmen angekommen ist und ob man seinen Standpunkt und seine Sichtweise ändern sollte. Neue Mitarbeiter, neue Technologien, neue Methoden und nicht zuletzt neue Zielgruppen verändern den Markt: Unternehmen müssen sich demnach ebenfalls verändern.

Kern des Meetings ist es, allen Beteiligten klar zu machen, dass man nicht stillstehen darf. Mit der Visualisierung des Hourglass und der Diskussion über den eigenen Standpunkt des Unternehmens sollen festgebackene Strukturen aufgebrochen werden. Deshalb sollte man eine Zeitreise veranstalten und jede der vier Stufen beleuchten. Im besten Fall sind hier Unternehmensführung, Vertrieb, F&E, Marketing und Personalmanagement (HRM) vertreten.

Der Weg zum Business besteht aus den vier Mindset-Quadranten mit vier Milestones, die in ihrer Denkens- und Handlungsweise konträr zueinander sind. Konträr bedeutet, dass das Mindset innerhalb der jeweiligen Quadranten zueinander fremd ist.

Ein Grund, dies in einer Organisation klar zu trennen. Im besten Fall also mehrere Menschen: die, die innovieren, die, die strukturieren, die, die organisieren und die, die optimieren und kontrollieren. Wenn die einen am Optimieren sind, sollten die anderen bereits an der nächsten Idee sitzen.

Nehmen Sie sich eine 5-Minuten-Sanduhr oder jede andere Stoppuhr und erzählen Sie! Aber nie länger, als der Zeitmesser läuft.

3.1Das Innovationsmodell

Alles startet mit den ersten Sandkörnern in der Gründungsphase mit dem 1. Innovationsmodell. Hier begeben sich Unternehmen meistens in eine absolut progressiv-kreative Haltung: in die Gründungsphase. Einer mutigen und risikobehafteten Zeit. Man hat eine Idee und vergisst Raum und Zeit. In Nachtschichten wird daran gebastelt, in Garagen wird entwickelt. Später wird man erzählen, man habe alles investiert, alles riskiert. Man war mutig, und man hat seine gesamte Energie in dieser Zeit investiert. Ist über sich hinausgewachsen und ist die Extrameile gelaufen.

Aktion

Können Sie sich an Ihre Gründungsphase erinnern? Wann war das? Was hat das Unternehmen oder die Menschen darin in dieser Zeit geschaffen?

Erzählen Sie in einem Zukunfts-Meeting diese Geschichte.

5 Minuten haben Sie Zeit.

3.2Das Business-Modell

Nun verlässt das Unternehmen die Progressivität. Es müssen Korrelationen geschaffen werden. Auf dieser Flugebene ist alles noch sehr unscharf. Aber im Rahmen eines Business Canvas macht man sich Gedanken, für welchen Markt man diese Idee entwickelt hat. Für welche Zielgruppen. Oft wird bereits mithilfe von Experten das 2. Business-Modell geformt: der Unternehmensplan, die Ziele des Unternehmens und womit und wie genau ein Unternehmen auch Geld verdienen möchte. Wie schaffen wir das? Wie schaffen wir das sicher? Hier ist oft noch sehr viel Kreativität gefragt, um sich durch den Nebel der eigenen Geschäftsidee zu stochern.

Aktion

Wie lief diese Phase bei Ihnen persönlich ab? Wer oder was hat Ihnen in dieser Phase am meisten geholfen? Wer oder was nicht? Wie oft sind Sie gescheitert? Was war das größte Learning?

Erzählen Sie in dem Zukunfts-Meeting Ihre Geschichte. Auch hier gibt es weitere 5 Minuten, um von Ihren Erfahrungen zu hören.

3.3Der Business Case

Jetzt ist die Phase der Kreativität endgültig vorbei. Nun muss progressiv und effizient darüber nachgedacht werden, wie das Unternehmen im Detail fungiert und agiert. Der 3. Business Case wird im Detail verfolgt und ausgearbeitet. Abteilungen, Teilprojekte, Zielprojekte – alles dient dem Ziel, das Unternehmen auf Erfolgskurs zu bringen. Aus Businessplänen werden Projekte mit Zielen und Konsequenzen. Oft auch mit Rückschlägen oder es sind Anpassungen nötig, um das Modell zu schärfen oder zugunsten der Effektivität zu ändern.

Aktion

Woraus haben Sie am meisten gelernt? Was war der größte Rückschlag? Was würden Sie nie wieder machen? Erzählen Sie auch einmal in einem Meeting 5 Minuten von den „Fuck up“-Momenten. Rückschläge, die Sie stark gemacht haben. Warum muss jeder diese Rückschläge erleben?

3.4Der Business Standard

So entwickelt man sich dann Schritt für Schritt zu einem 4. Business Standard-Unternehmen. Die Forcierung auf die Umsetzung des Business-Modells ist Alltag und wiederholt sich in ähnlicher Weise Jahr für Jahr. Ist dieser Prozess absolviert, werden meist nur höhere Verkaufszahlen und schlankere Strukturen verfolgt, um die Gewinne nach oben zu skalieren. Man befindet sich im Zeitalter der Sicherheit und Effizienz: wenig progressive Aktivitäten, noch weniger kreative Haltung.

Die Zeit des Vertriebes und des Lean-Managements ist angebrochen, vieles dreht sich nur noch darum. Ein weiteres Zeitkontingent der Sanduhr darf auch hier für die eigene Erfahrung verwendet werden.

Aktion

Was ist Ihrer Meinung nach wichtig, was ein Unternehmen auf diesem Weg nie vergessen darf? 5 Minuten für Sie.

Nach diesen 20 Minuten ist auch inhaltlich die Zeit Ihrer Innovation abgelaufen. Vor allem, wenn die Gründer der Idee oder die leitenden Manager des Unternehmens damit beschäftigt sind, das Unternehmen immer weiter zu verschlanken, um zu überleben. Nicht dass Lean schlecht sei, denn es führt auch zu einem bewussten Umgang mit Ressourcen. Wird es aber aus reiner Absicht gemacht, nur um das Unternehmen bei schrumpfenden Gewinnen immer weiter zu verschlanken, ist es Zeit, das „Hourglass“ gedanklich auf „Neustart“ zu drehen! Zurück auf Start! Zurück zum Innovationsmodell!

Folgeaktion

Geben Sie jetzt die Sanduhr an die „neue Generation“ weiter. Wer ist der Hauptverantwortliche oder wer sind die Hauptverantwortlichen? Bzw. wer sind die Teilnehmer dieser Taskforce? Schenken Sie jedem Teilnehmer eine Sanduhr, damit er dieses Bild für immer im Kopf behält und diesen Prozess nie vergisst. Wie würde nun diese Person bzw. diese Personen die Zukunft anpacken? 5 Minuten hat jeder Redezeit. Notieren Sie diese Ideen. Der Start für eine Zukunft ist geboren.

Thinkbox

Wann muss ein Unternehmen aktiv werden? Die Frage lässt sich in drei Wörtern beantworten: sofort und ständig.

Beginnen Sie sofort mit einem Meeting und etablieren Sie sofort die notwendigen Prozesse. Erarbeiten Sie sich Luft und Freiraum für die Zukunft. Nicht erst morgen, sondern heute! Sehen Sie sich permanent als Start-up und hinterfragen Sie Ihren Markt.

4Von was hängen Innovationen ab?
4.1Den richtigen Zeitpunkt finden

In seinem Buch „The Tipping Point“ beschreibt der Autor und Unternehmensberater Malcolm Gladwell im Kapitel „The Power of Context“ eine Reihe von (teils kleinen) Faktoren, die eine Innovation scheitern lassen oder zum „Big Thing“ machen. Der richtige Zeitpunkt ist ein wichtiger Faktor, aber auch der Ort und das Team sind entscheidend. Erst das Zusammenspiel aller Einflüsse führt zu einem Prozess, der es möglich macht, eine Idee erfolgreich zu einer Innovation zu skalieren. Laut Gladwell folgt alles dem Prinzip einer Epidemie: Ob die Seuche ausbricht oder kippt oder im Sand verläuft, entscheidet sich am „Tipping Point“.

Um diesen Punkt überhaupt zu erreichen, muss laut Gladwell einer dieser drei Umstände greifen: „Das Gesetz der Wenigen“, „Die Verankerung“ oder „Die Macht der Umstände“.

Gerade weil eine Innovation in den allermeisten Fällen ein passendes Umfeld benötigt und weil bereits etablierte Technologien und Innovationen miteinander konkurrieren, steht man als Innovator mit den umliegenden Milieus ständig im Wettbewerb. Dies ist ein wichtiger Punkt, da sonst „Death by Creativity“ droht.

Es gibt nicht den einen, richtigen Zeitpunkt, auf den man warten kann. Man ist indirekt und direkt darauf angewiesen, diesen Zeitpunkt mit zu entwickeln und die Umgebung darauf vorzubereiten. Nur so kann man dann auch einen Wettbewerbsvorsprung in den Milieus erzeugen. Dennoch gilt es, den Faktor Zeit im Auge zu behalten. Es gibt den falschen Zeitpunkt nur dann, wenn die Umgebung nicht darauf vorbereitet ist oder man die Umgebung nicht darauf vorbereitet hat. Der falsche Zeitpunkt ist dann, wenn man keine Multiplikatoren findet, die bereit sind, die Idee zu einer Innovation zu vervielfachen.

4.2Erfolgsfaktoren und zeitlicher Verlauf

Aus dem erwähnten Buch „The Tipping Point“ sind nachstehend Erfolgsfaktoren abgeleitet, ergänzt und zu einer Innovations-Bubble zusammengefasst. Sie steht in der Abhängigkeit zu einem Durchbruch von Innovationen. Was benötige ich außer der Idee selbst, um eine Innovation zu realisieren? Von wem hängt es ab? Wer könnte der Showstopper (der, der alles verdirbt) sein? (Bild 4.1)

Bild 4.1Die Innovations-Bubble

Vier zentrale Erfolgsfaktoren

       Innovations-Bubble Menschen

Man benötigt Menschen, sowohl Multiplikatoren als auch Experten, die eine Innovation frühzeitig für gut befinden!

       Innovations-Bubble Bedarf

Der Bedarf für die Innovation muss entwickelbar und verständlich sein.

       Innovations-Bubble Milieu

Die Innovation muss zu einem Milieu passen und in die zugehörige Kultur des Milieus integriert werden können.

       Innovations-Bubble Umgebung

Die Umgebung, das Szenario bzw. die Konsistenz einer Aktivität, in der der Innovationsvorgang stattfindet, muss zur Innovation stimmig sein!

Der Unterschied zwischen einer Erfindung, einer Innovation und einem Hype ist nur die Lage auf der Zeitschiene des Erfolges. Die Zeitschiene ist laut den Gartner-Trendbeobachtungen der sogenannte „Hype Cycle“ (Bild 4.2). Eine Kurve, die visuell als Parabel erscheint und den steinigen Weg von Ideen zu Hype-Produkten mit seinen Höhen und Tiefen bis hin zum Erfolg darstellt.

Bild 4.2Veranschaulichung und Definition der Milestones des jährlich veröffentlichten Gartner Hype Cycles

4.3Der Innovationsprozess

Kombiniert man die Kerninhalte des Hype Cycles mit der Innovation Bubble zu einer Roadmap, wird daraus ein anschaulicher Prozess. Ich nenne es „The Rise of Innovation“ (Bild 4.3).

Bild 4.3The Rise of Innovation: Der Ablauf des Gartner-Hype Cycle, gepaart mit der Innovation-Bubble

Die meisten Produkte liegen im „Run“ (Bild 4.3). Das ist die Phase, in der mit Produkten Geld gemacht wird. Das ist zunächst gut. Doch diese Kurve zeigt normalerweise nach einer gewissen Zeit stetig nach unten. Auch die erfolgreichsten Produkte werden irgendwann nicht mehr relevant sein. Heute, auf dem Höhepunkt seiner Umsätze, spricht Jeff Bezos (Gründer von Amazon) bereits seit Jahren vom Untergang seines Unternehmens.

2013 sprach Bezos zum ersten Mal von ein paar Dekaden, die sein Unternehmen überleben wird. In einer der größten US-amerikanischen Shows der CBS, „60 Minutes“, erwähnte er, dass „Firmen eine kurze Lebensdauer haben . . . und auch Amazon wird es eines Tages nicht mehr geben“. Erstaunlich seine Antwort auf die Frage, ob ihn das beunruhige: „Es bereitet mir keine Sorge, weil ich nichts dagegen tun kann. Unternehmen kommen und gehen. Das gilt selbst für die schillerndsten und allerwichtigsten jeder Zeit – nach ein paar Dekaden sind sie sind weg.“

Jeff Bezos im Original:

„I don’t worry about it ’cause I know it’s inevitable. Companies come and go. And the companies that are, you know, the shiniest and most important of any era, you wait a few decades and they’re gone.“

Und schon 2017 sprach der Unternehmer in einem Brief an seine Shareholder von einem quälenden und schmerzlichen Niedergang des Unternehmens. Im Rahmen seiner „Day One“-Philosophie, in der es heißt, dass man jeden Tag als Neuanfang betrachten soll, erzählte er, dass er in einem Meeting gefragt wurde, wie denn Day Two aussehe. Jeff Bezos soll geantwortet haben: „Day Two ist Stagnation. Gefolgt von Irrelevanz. Gefolgt von einem quälend schmerzvollen Niedergang. Und deswegen ist immer ‚Day One‘“.

Weiter betonte er: „Ein etabliertes Unternehmen kann auch an ‚Day Two‘ noch Erträge erzielen, aber das endgültige Resultat würde trotzdem kommen.“

Jeff Bezos:

„Amazon is not too big to fail.“