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Der exorbitante Anstieg der Staatsverschuldung in vielen entwickelten Volkswirtschaften als Folge der Finanzkrise und die hyperexpansive Geldpolitik in diesen Ländern sind in ihrer Dimension historisch einmalig und in Wirkungen und Konsequenzen ungetestet. Die damit einhergehende fiskalische und monetäre Hyperexpansion geht bereits in ihr siebtes Jahr nach dem Lehman-Desaster und ist längst nicht mehr unumstritten. Die Anleger sollten in Zeiten von Staatsschuldenkrisen und einer zunehmenden Politisierung der Geldpolitik bzw. dem schleichenden Verlust der Unabhängigkeit der Zentralbanken in der entwickelten Welt die Anteile staatsferner Investments so weit erhöhen, wie es die Regularien und Risikobudgets zulassen.
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Seitenzahl: 48
Einführung
1. Staaten, nicht Unternehmen sind in der Krise
2. Staatsverschuldung entmystifiziert
3. Folgerungen aus dem Quasi-Staatsbankrott Griechenlands
4. Bail-Ins statt Bail-Outs: Risikokonvergenz von Fixed Income mit Equity
5. Das große Experiment der Geldpolitik
6. Nebenwirkungen hyperexpansiver Geldpolitik
ad 1: Politisierung der Geldpolitik
ad 2: Schwinden der Unabhängigkeit der Zentralbanken
ad 3: Fehlanreize und Verhinderung des Strukturwandels
ad 4: Unerwünschte Verteilungseffekte
ad 5: Vermögenspreisblasen
ad 6: Selbstgefälligkeit und Reformmüdigkeit der Politik
ad 7: Verstärkung des Kreditzyklus
7. Anlagestrategie: Ein deutscher Sonderweg – „Fixed Income Country“?
8. Anlagealternativen: Wohin mit der Liquidität?
9. Fazit
Der Default von Lehman-Brothers liegt nunmehr bereits fast 8 Jahre zurück. Die sich daran anschließende Finanzmarktkrise hat mehr verändert als nur ein paar Aktien- oder Anleihekurse. Diese Wirtschaftskrise, die sich im Laufe der Zeit von einem Subprime- und Immobilienmarktdebakel über eine Bankenkrise bis hin zu einer fulminanten Staatsschuldenkrise fortentwickelte, hat die Grundfesten des Denkens vieler Menschen erschüttert.
Im Verlauf der Krise haben wichtige Autoritäten, die bisher den Menschen eine gewisse Orientierung geben sollten, an Vertrauen eingebüsst. Die Politiker haben enorm an Ansehen verloren, weil immer weniger Bürger glauben, dass solche Krisen politisch verhindert oder auch nur beeinflusst werden können. Die Banken, deren Geschäft auf Vertrauen beruht, werden von vielen Menschen immer noch als der Kern der Krise angesehen und ringen um verlorene Reputation.
Den Experten aller Couleur traut man kaum noch hilfreiche Erkenntnisse oder gar Beratungsfähigkeit zu, weil sie im Umfeld der Finanzmarktkrise häufig zerstritten und wenig zielgerichtet agierten. Die Grundüberzeugung, dass der Markt knappe Ressourcen effizient in die produktivste Verwendung steuern könnte, erscheint den meisten Akteuren mittlerweile als wenig glaubhaft. Entsprechend hat die Krise den Glauben an die Demokratie und die Marktwirtschaft erschüttert, undifferenzierte Kritik am arbeitsteiligen und globalisierten Kapitalismus ist nach wie vor en vogue.
Analoges gilt für manche „Anlageberatung“. So wird mitunter von einigen Fondsgesellschaften das Ende des EUR und allgemein des Papiergeldes prognostiziert. Die EWU sei in die Fußstapfen der Lateinischen Münzunion getreten und werde nach langem wirtschaftlichen und finanziellem Siechtum zerfallen. Das Ende unserer Papierwährungen sei nur noch eine Finanzkrise weit entfernt, das finanz-und geldpolitische Armageddon könne nicht mehr vermieden werden. Letztlich haben mehr und mehr Anleger Angst um ihr Vermögen und ihren Wohlstand, weil sie zunehmend über Hyperinflation, Währungsschnitt und Staatsbankrott diskutieren. Hinzu kommen „Sachbücher“ und ausgewählte Finanzliteratur mit entsprechenden Titeln wie „Der Crash ist die Lösung“ oder „Die Billionen Schuldenbombe“. Spiegelbild dieser Diskussionen sind auch selektive Titelstories im „Spiegel“, siehe beiliegende Abbildungen 1 und 2.
Abbildung 1: Ausgewählte Titel des "Spiegels"
Quelle: Der Spiegel, diverse Ausgaben, 2010–2015
Abbildung 2: Ausgewählte Titel von „Sachbüchern“ und Journalen
Quellen:http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mayers-weltwirtschaft/abgerufen am 24.4.2015
http://www.welt.de/finanzen/geldanlage/article 127446587/Japan-droht-dramatische-Schulden-Apokalypse.htmlabgerufen am 24.4.2015
www.welt.de/wams_print/article3005789/Auf-Anleger-rollt-ein-Schulden-Tsunami-zu.htlmabgerufen am 24.4.2015
Sind diese Befürchtungen berechtigt? Was ist an diesen pessimistischen Weltbildern dran? Droht wirklich der Zusammenbruch unseres Papiergeldund internationalen Finanzsystems? Welches sind die Konsequenzen aus der exorbitanten Staatsverschuldung, gepaart mit einer ultraexpansiven Notenbankpolitik? Wird Fremdkapital zunehmend zum Eigenkapital bzw. konvergieren Bondholder unter Haftungsaspekten zu Aktieninvestoren?
Die vorliegende Analyse versucht, einige dieser Fragen zu beantworten und vor allem die jüngsten Entwicklungen in eine längerfristige Perspektive zu setzen sowie die zunehmend emotionalisierte Diskussion um Staatsverschuldung, Geldpolitik und die Zukunft unserer Währung zu rationalisieren und zu versachlichen. Dabei wird auf makroökonomische Aspekte, Kapitalmarktauswirkungen, Konsequenzen für Anleger und wahrscheinliche Gewinner & Verlierer dieser interdependenten und vielschichtigen Entwicklungen eingegangen.
In Bezug auf die Kapitalanlagen gilt es als erstes, einen wichtigen Punkt ganz deutlich festhalten; es befinden sich einige Staaten und Teile des Finanzsystems der OECD-Länder, insbesondere in Europa, in der Krise, nicht aber die Realwirtschaft und die nichtfinanziellen Unternehmen in diesen Volkswirtschaften. Im Kern ist die Finanzmarktkrise seit einiger Zeit eine Krise der Staatsfinanzen der entwickelten Welt und in einem logischen Zusammenhang eine Bankenkrise. Viele realwirtschaftliche Unternehmen befinden sich hingegen in besserer Verfassung als je zuvor, haben ihre Verschuldung abgebaut und sich fit gemacht für die Zukunft, was sich seit Jahren in Rekorddividenden, positiven Cashflows und stabilen Gewinnen widerspiegelt (vgl. Abbildung 3 und 4).
Abbildung 3: Nettoverschuldung europäischer Unternehmen in% des Eigenkapitals
Stand: Ende Mai 2015
Quelle: Eigene Darst.: Morgan Stanley Research (Equity Stragegy: Data Gallery)
Abbildung 4: Gewinnmargen globaler Unternehmen ausserhalb des Finanzsektors
Quelle: Eigene Darstellung Morgan Stanley Research (Data Gallery), Worldsoope
Die Überschuldung der öffentlichen Hand ist dabei ein Charakteristikum, das fast alle Länder der entwickelten Welt, insbesondere aber die USA, Japan, Großbritannien und die EWU betrifft. All diese Regionen haben Schuldenstände von 90–100% des BIP erreicht und überschritten, ein Niveau, das nach historischen Erfahrungen (wenn auch kontrovers diskutiert) zur Belastung der jeweiligen Volkswirtschaften werden kann (vgl. Abbildung 5). Ein Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Inflationsraten ist demgegenüber empirisch nicht eindeutig – im Gegensatz zur eingangs zitierten „Sachliteratur“.
Abbildung 5: Staatsverschuldung, Inflation und Wachstumsraten in Industrieländern
Quelle: Reinhart/Rogoff, Growth in a time of debt, 2010
Gleiche Evidenz für den Zusammenhang zwischen Wachstum und Staatsverschuldung gilt auch für die Schwellenländer (vgl. Abbildung 6). In diesen Ländern lagen bei hohen Verschuldungsgraden allerdings auch die Inflationsraten signifikant höher.
Abbildung 6: Staatsverschuldung, Wachstum und Inflation in Schwellenländern
Quelle: Reinhart/Rogoff, Growth in a time of debt, 2010
Allerdings sind die meisten Regionen der Emerging Markets viel geringer verschuldet (vgl. Abbildung 7).
Abbildung 7: Staatliche Bruttoverschuldung in Prozent des BIP