Islamophobie in Österreich -  - E-Book

Islamophobie in Österreich E-Book

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Beschreibung

"Islamophobie" ist ein Begriff, der abseits der wissenschaftlichen Debatten mittlerweile auch in der Öffentlichkeit bekannt ist. Der vorliegende interdisziplinäre Sammelband stellt eine fundierte Basis zum Thema abseits aller emotionalen unreflektierten Debatten dar. Im Zentrum steht das Aufzeigen von verschiedenen Facetten der Repräsentation eines hauptsächlich negativ konstruierten Islambildes in Österreich. Das soll gleichzeitig nicht heißen, dass es keine positiven Bilder gibt. Jedoch überwiegt die negative Perzeption des Islam. Die Fallbeispiele reichen vom Kinder- sowie Schulbuch und dem islamophoben Verhalten österreichischer Parteien über die Spezifika der Rechtsprechung rund um Moscheebaukonflikte oder die Verschleierung im Gerichtssaal bis zur Islamophobie in der österreichischen Presse. Mit Beiträgen von: Chris Allen, Matti Bunzl, Farid Hafez, Gudrun Harrer, Susanne Heine/Marianne Pratl, Jana Kübel, Rüdiger Lohlker, Christa Markom/Heidi Weinhäupl, Richard Potz, Karim Saad, Brigitte Schinkele und Barbara Sonnleitner.

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John Bunzl/Farid Hafez (Hrsg.)

Islamophobie in Österreich

John Bunzl/Farid Hafez (Hrsg.)

Islamophobie

in Österreich

© 2009 by Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck

E-Mail: [email protected]

Internet: www.studienverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7065-5710-8

Buchgestaltung nach Entwürfen von Kurt HöretzederSatz: Studienverlag/Manuela WeißUmschlag: Fatih öztürkUmschlagbild: Ernst von Dombrowski, Anton Pustet Verlag

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.studienverlag.at

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Chris Allen

Das erste Jahrzehnt der Islamophobie

Matti Bunzl

Zwischen Antisemitismus und Islamophobie: Überlegungen zum neuen Europa

Gudrun Harrer

Morgenländer im Kopf

Susanne Heine/Marianne Pratl

Auf holprigen Wegen. Die Darstellung des Islams in österreichischen Schulbüchern, Fach Geschichte, 5.-8. Schulstufe

Christa Markom/Heidi Weinhäupl

„Der Islam“ im Schulbuch

Farid Hafez

Zwischen Islamophobie und Islamophilie: Die FPÖ und der Islam

Jana Kübel

„moschee.ade oder moschee.at“ Eine Konfliktanalyse auf der Suche nach Islamophobie in Österreich

Farid Hafez/Richard Potz

Moschee- und Minarettbauverbote in Kärnten und Vorarlberg

Brigitte Schinkele

Verschleierung einer Angeklagten im Gerichtssaal? Überlegungen aus grundrechtlicher Sicht

Farid Hafez

Islamophobe Diskursstrategien in Grün und Blau. Eine diskursanalytische Analyse eines Interviews des Grünen Bundesrat Efgani Dönmez

Rüdiger Lohlker

Karl Martell verteidigt Wien. Untersuchungen zu islamfeindlichen Blogs in Österreich

Barbara Sonnleitner

Der Karikaturenstreit in den österreichischen Printmedien am Beispiel des Nachrichtenmagazins profil

Karim Saad

Islamophobie in österreichischen Tageszeitungen

Rüdiger Lohlker

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Zur Kritik am politischen Islam in Österreich

AutorInnenverzeichnis

Ein interdisziplinärer Sammelband zum stereotypen Umgang mit dem Islam/den MuslimInnen in Österreich

Vorwort

In der Nacht vom 11. auf den 12. Februar 2009 beschmierten bis dato Unbekannte die Außenmauer der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Mauthausen mit einem verabscheuungswürdigen Spruch: 20 Meter breit und 70 Zentimeter hoch waren folgende Letter zu lesen: „Was unseren Vätern der Jud ist für uns die Moslembrut seid auf der Hut! 3. Weltkrieg – 8. Kreuzzug“. Diese Schmierereien deuten auf zwei Grauslichkeiten hin: Erstens auf eine unverschämt positive historische Bezugnahme und zweitens auf eine Vorgabe eines zukünftigen Programms basierend auf diesen historischen Taten der alten VorgängerInnen. All das geschah an einem Ort, der symbolträchtiger nicht sein konnte. Bedenklich war im Nachhinein aber noch ein weiterer Aspekt: Das Schweigen. Mit Ausnahme des Presse- und Informationsdienstes des Österreichischen Bundespräsidenten konnte weit und breit keine einzige Presseaussendung politischer VerantwortungsträgerInnen gesichtet werden. Weder Parteien noch Regierungsmitglieder äußerten sich zu diesem Vorfall. Und wo sich manche Körperschaften äußerten, wurde auf „Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“ verwiesen. Diese exemplarische Negierung des Vorhandenseins eines Hasses gegenüber MuslimInnen in der österreichischen Öffentlichkeit ist ein Grund für die Veröffentlichung dieses Buches. Es gilt aufzuzeigen, wo eine Ausgrenzung von MuslimInnen/Islam stattfindet. Es gilt, Bewusstsein für diese Problematik zu schaffen. Ein interdisziplinärer Sammelband zur Erforschung von stereotypen Umgängen mit „dem“ Islam/„den“ MuslimInnen in Österreich schien uns hierfür geeignet zu sein. So gibt es viele WissenschafterInnen, die sich am Rande mit dieser Frage auseinandergesetzt haben. Für uns galt es, diese Anstrengungen zu bündeln und in einem Werk zu sammeln.

„Islamophobie“ ist ein Begriff, der abseits der wissenschaftlichen Debatten mittlerweile auch in der Öffentlichkeit bekannt ist. Im anglo-amerikanischen Sprachraum wird der Begriff der Islamophobie zunehmend gebräuchlich. V.a. in Großbritannien, von wo aus der Begriff der Islamophobie durch eine Studie im Jahr 1997 (Runnymede Trust) weite Verbreitung fand, wird der Begriff der Islamophobie in einem weit definierten Rassismus-Begriff verortet (Miles 2000, Miles/Brown 2003, siehe den Beitrag von Chris Allen in diesem Band). Im deutschen Sprachraum gibt es einige Vorbehalte gegenüber dem Begriff. Halliday argumentiert mehr für den Begriff des Anti-Muslimismus (2002) und will dementsprechend die Feindschaft nicht gegen den Islam als Religion, sondern gegen die MuslimInnen als Subjekte anvisiert sehen. Der Begriff als solcher steht nicht direkt im Mittelpunkt dieses Sammelbandes. Jedoch wird ein jeder Artikel neue Erkenntnisse über das Phänomen des „Feindbildes Islam“, das nicht geleugnet werden kann, mit sich bringen. Sei es in seiner historischen Dimension im Falle Gudrun Harrers Abhandlung über das Kinderbuch „Hatschi Bratschis Luftballon“, Rüdiger Lohlkers Abhandlung zu den islamfeindlichen Blogs oder die rechtliche Komponente, die Richard Potz und Farid Hafez präsentieren.

Im Mittelpunkt des Interesses liegt bei der Zusammenstellung dieser Artikel die Absicht, verschiedene Facetten der Repräsentation eines hauptsächlich negativ konstruierten Islambildes in der österreichischen Öffentlichkeit aufzuzeigen. Das soll gleichzeitig nicht heißen, dass es keine positiven Bilder gibt. Jedoch überwiegt die negative Perzeption des Islam in der Öffentlichkeit. Dieser Band soll aufzeigen helfen, welche Ausgrenzung durch eine Konstruktion eines Feindbildes Islam/Muslim-Innen hier und heute geschieht. Es geht um Ausgrenzung von MuslimInnen auf diskursiver, politischer und politisch-rechtlicher, aber auch auf bildungstechnischer Ebene. Neben den beiden Artikeln von Matti Bunzl und Chris Allen zur Begrifflichkeit der Islamophobie sind alle Artikel österreich-spezifische Untersuchungen.

Islamophobie

Der erste Artikel von dem britischen Islamwissenschafter Chris Allen zeichnet die Entwicklung des Begriffs der Islamophobie im letzten Jahrzehnt nach. Der Begriff, der seine Ausbreitung von Großbritannien aus gefunden hat, wird auf seine unterschiedlichen Verwendungen hin untersucht, welche Probleme er mit sich gebracht hat und was seine Legitimität ist. Der US-amerikanische Anthropologe Matti Bunzl beleuchtet ebenso die Begrifflichkeit Islamophobie. Dieser Essay versucht die beiden Ausgrenzungsideologien Antisemitismus und Islamophobie historisch zu verorten und deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede aus historischer Perspektive zu konzeptionalisieren. Diesen einleitenden Artikeln, die der Begrifflichkeit von Islamophobie auf die Spuren gehen, folgt ein pädagogisches Kapitel: Gudrun Harrer analysiert das Islambild in einem Kinderbuch. Die beiden Artikel von Susanne Heine/Marianne Pratl und Christina Markom/Heidi Weinhäupl analysieren das Islambild in den österreichischen Schulbüchern.

Gedächtnis und Bildung

Die Islamwissenschafterin Gudrun Harrer geht in ihrem Artikel „Morgenländer im Kopf“ Orientbildern in Kinderbüchern nach. Kerngegenstand ihrer Analyse ist das Kinderbuch „Hatschi Bratschis Luftballon“. Über die Kategorie des Orientalismus arbeitet sie heraus, welche Orient-Bilder ihrer Generation als Kinder vermittelt wurden. Harrer geht der Genealogie des Kinderbuches nach und analysiert die schrittweisen Veränderungen, denen das Werk von 1904 (erstmals in Berlin erschienen) bis 1968 unterlag: Karikaturen, die dem Stürmer entnommen sein könnten, bis hin zu begrifflichen Abwandlung vom Türkenland zum Morgenland etc. Sie zeigt durch Verweise auf weitere Literatur, wo Hatschi Bratschis Bild des Orientalen Einfluss auf Orientbilder gehabt haben könnte, und zeigt mithilfe eines kurzen Einblicks in die Rezeption dieses Werks die oftmals emotionalisierten, aber sehr unterschiedlichen Reaktionen auf.

Susanne Heine und Marianne Pratl setzen ein 1995 veröffentlichtes Projekt zur Analyse der Darstellung des Islams in 1000 österreichischen Schulbüchern fort. Nach einer Lehrplanreform im Jahr 2000 ist die vorliegende Analyse eine Art Nachuntersuchung im kleinen Rahmen, begrenzt auf 28 Schulbücher des Geschichtsunterrichts der fünften bis achten Schulstufe. Pratl kritisiert v.a. den Vergleich von Anspruch und Realität (und nicht Realität vs. Realität bzw. Anspruch vs. Anspruch) bei einer vergleichenden Perspektive von Christentum und Islam. Neben der Stellung der Frau wird ein Augenmerk auf die Verwendung von Koranzitaten und deren Auslegung aus anachronistischer Perspektive gelegt.

Die beiden Kultur- und Sozialanthropologinnen Christa Markom und Heidi Weinhäupl nehmen ebenso eine Analyse des Islambilds eines exemplarisch gewählten Geschichtsbuches vor. Ihre Analyse basiert auf einer 2007 fertiggestellten Analyse zu Rassismen, Exotismen, Sexismen, Homophobie und Heteronormativität, Antisemitismus sowie Islamophobie. Den Autorinnen geht es dabei darum, auf Stereotypen und Vorurteile mit den Schwerpunkten der Topoi „Unterdrückung islamischer Frauen“ und „Zuschreibung von Aggression“ hinzuweisen. Die Überlegungen der Autorinnen basieren auf der Theorie des Orientalismus von Edward Said mit modifizierter Kritik von André Gingrich und seinem Begriff des Grenzorientalismus. Eine vergleichende Darstellung der christlichen Religion im Gegensatz zum Islam dient zur Herausarbeitung diskrimierender Darstellungen des Islam. Sie zeigen auf, wie in Schulbüchern die „Unterdrückung der Frau“ und „Aggression“ des Islam durch die Offenbarungsschrift begründet werden, und geben Empfehlungen für einen kritischen Umgang mit dem Islambild auf Seiten der Lehrkräfte und der SchülerInnen ab.

Politik und Recht

Dem folgt ein Teil zu Islamophobie in der Politik. Die beiden Artikel von Farid Hafez und der Artikel von Jana Kübel behandeln die Relevanz von Islamophobie bei politischen Parteien. Darüber hinaus erörtert Jana Kübel den Einfluss dieser am Beispiel eines Konflikts um einen „Moscheebau“ im 20. Wiener Bezirk. Der Artikel von Richard Potz behandelt islamophobe Rechtsprechungen. Der Politikwissenschafter Farid Hafez bearbeitet in seinem ersten Artikel „Die FPÖ und der Islam“ das bis dato einzige Positionspapier einer österreichischen Partei zum Thema Islam/MuslimInnen. „Wir und der Islam. Freiheitliche Positionen zur Religionsfreiheit, zur islamischen Welt und zur Problematisierung des Zuwanderungs-Islam in Europa“ wurde am 22. Jänner 2008, zwei Tage nach den Grazer Gemeinderatswahlen, vom Freiheitlichen Parlamentsklub herausgegeben. Im Rahmen dieses Wahlkampfes hatte die FP-Spitzenkandidatin Susanne Winter mit ihren Aussagen (Islamisierungs-Tsunami und Mohammed sei ein Kinderschänder) auf sich aufmerksam gemacht. Die FPÖ fühlte sich zu einer umfassenden Positionierung gezwungen und legte nach breiter Thematisierung von Islam/MuslimInnen seit den Wahlen zum Europäischen Parlament 2004 erstmals eine umfassendere Positionierung vor. Hafez versucht sich diesem Papier mithilfe der Methode der Kritischen Diskursanalyse der Wiener Schule anzunähern, um herauszuarbeiten, welche islamophoben Stereotypen die FPÖ vertritt und wie das Zusammenspiel von Islamophilie und Islamophobie zu erklären sind.

Auf die Suche nach Islamophobie begibt sich die Politikwissenschafterin Jana Kübel anlässlich des Moscheebaukonflikts in Wien Brigittenau. Kübel analysiert drei Ebenen des Konflikts: Die Ebene der infrastrukturellen Argumentation, die Ebene der xenophoben und schließlich die Ebene der islamfeindlichen Argumentation. Sie konstatiert eine Transformation in der Artikulation der Argumente im Verlauf der Debatte. Diese Transformation führt sie auf die Einschaltung „dritter Akteure“ zurück, die den bestehenden Konfliktfall instrumentalisierten. Kübel will dem Phänomen der Islamophobie nachgehen, um zu erforschen, ob tatsächlich Islamophobie der Ausgangs- und Mittelpunkt dieses Konflikts ist oder erst später dazu gemacht wurde. Ihren Schwerpunkt setzt sie auf die Analyse dieser dritten Akteure und die durch sie veränderten Argumentationsmuster innerhalb der Konfliktdynamik. Kübel geht der Frage nach, in welcher Relation der religiöse Faktor und damit die Islamophobie mit dem ethnischen (und damit der Xenophobie) in Relation steht. Die Autorin unternimmt schlussendlich den Versuch, mögliche Strategien zur Lösung des Konflikts aufzuzeigen.

Der Religionsrechtler Richard Potz und Farid Hafez setzen sich mit islamophober Rechtsprechung auseinander. In ihrer Analyse verorten sie das Vorarlberger und Kärntner Moschee- und Minarettbauverbot im Rahmen europäischer Rechtsprechung und des politischen Diskurses in Österreich, um es abschließend aus der Perspektive der Religionsfreiheit zu bewerten.

Der Politikwissenschafter Farid Hafez überprüft in seinem Artikel „Islamophobe Diskursstrategien in Grün und Blau“ mithilfe der kritisch-diskursanalytischen Forschungsmethode der Wiener Schule am Beispiel eines Interviews des Grünen Bundesrat Efgani Dönmez dieses auf seinen islamophoben Inhalt hin. Es soll erforscht werden, ob in den Aussagen von Dönmez „sachliche“ Argumente in der Auseinandersetzung mit MuslimInnen in Österreich hervorgebracht wurden oder ob auf islamophobe Stereotypen zurückgegriffen wird. Es geht ihm nicht darum, die Partei der „Grünen“ als Ganze oder Efgani Dönmez als Person als islamophob darzustellen. Im Gegenteil: Es soll lediglich die Einflussnahme islamophober Diskursstrategien der FPÖ auf andere Parteien, hier der Grünen, aufgezeigt werden. Der Annahme stehen zwei Thesen vor, die es zu prüfen gibt. Erstens, dass ein Grüner Bundesrat islamophobe Diskursstrategien – sei es bewusst oder unbewusst – reproduziert. Zweitens soll gezeigt werden, dass diese islamophoben Diskursstrategien dem traditionell freiheitlichen Lager zuzuordnen sind und diese so weit Einfluss genommen haben, dass auch andere Parteien der Mitte mühelos diese in der Öffentlichkeit vertreten. Schlussendlich sollen die Reaktionen der anderen Parteien auf diese Äußerungen herangezogen werden, um die Relevanz dieser Aussage für Islamophobie im österreichischen Parteienwettbewerb einzuschätzen.

Die Religionsrechtlerin Brigitte Schinkele geht dem Fall Mona S. und ihrer Verschleierung als Angeklagte im Gerichtssaal aus grundrechtlicher Sicht nach. Dieses juristische Neuland, mit dem sich wahrscheinlich der EGMR eingehender befassen müssen wird, analysiert Schinkele aus der Perspektive der Verfahrensgerechtigkeit und der Religionsfreiheit.

Medien

Der vorletzte Teil behandelt die Rolle von Islamophobie in der Kommunikationswelt. Der Islamwissenschafter Rüdiger Lohlker geht der Islamophobie im Web 2.0 nach. Karim Saad untersucht die Tageszeitung „Die Presse“ und Barbara Sonnleitner das Wochenmagazin „Profil“. Der Islamwissenschafter Rüdiger Lohlker analysiert ein Medium, das die engen Grenzen des Nationalstaats oftmals überschreitet: Die Blog-Kultur am Beispiel des Blogs „Mission Europa Netzwerk Karl Martell“. Dieser Artikel ist insofern bedeutsam, als er eines der wenigen österreichischen Blogs analysiert, der in einem umfangreichen Netzwerk deutschsprachiger, islamfeindlicher Blogs, agiert. Das Blog beschreibt Lohlker als Teil eines Diskursuniversums, das in ein Netzwerk unterschiedlicher islamfeindlicher Aktivitäten in Europa eingeordnet ist. Lohlker zeigt uns, mit welchen Partnerblogs das österreichische Blog verbunden ist. Seiner Aufarbeitung liegt der Begriff der „Islamfeindlichkeit“ zugrunde. Demnach setzt sich die Islamfeindlichkeit dieser Blogs aus folgenden Elementen zusammen: Die Blogs als Minderheit im Kampf gegen den Mainstream, der absolut pro-islamisch ist. „Islam“ ist nach den Blogs keine Religion, sondern eine totalitäre politische Ideologie. Politische Unkorrektheit sei notwendig, da die Mehrheit der öffentlichen Meinung von der politischen Korrektheit beherrscht wird, womit die Errichtung von „Eurabia“, eine Beherrschung Europas durch Araber bzw. Muslime, nicht mehr weit entfernt sei.

Karim Saad nimmt sich einer Analyse der bürgerlichen Tageszeitung „Die Presse“ an. Zuerst versucht Saad auf das Verhältnis von Islamophobie und Rassismus in der gegenwärtigen Literatur einzugehen. Er untersucht die Berichterstattung zu Islam und MuslimInnen im Zeitraum vom 01.09.2007 bis 30.09.2007. In seiner qualitativen Inhaltsanalyse präsentiert er seine Ergebnisse nach einhergehender Darstellung der Analysemethoden. Dabei geht es Saad nicht darum, eine definitive Antwort auf die Frage, ob „Die Presse“ islamophobe Berichterstattung fördere oder nicht, zu finden. Saad konstatiert eine Unausgewogenheit der Artikel, da beinahe die Hälfte aller analysierten Einheiten als mehr oder weniger nicht ausgewogen bewertet werden könnten. In „Die Presse“ ist weniger der Islam als Religion ein Thema. Die Berichterstattung von „Die Presse“ lege nahe, dass ein latentes Bedrohungsszenario in erster Linie von den MuslimInnen hierzulande ausgehen würde, während der Islam als Religion in diesem Zeitraum des Fastenmonats Ramadan kaum behandelt wird. Saad konstatiert bedingt islamophobe Tendenzen.

Die Politikwissenschafterin Barbara Sonnleitner untersucht die Berichterstattung des österreichischen Wochenmagazins „Profil“ hinsichtlich der Berichterstattung zum Karikaturenstreit im Frühjahr 2006. Dieses österreichische Magazin spricht eine Zielgruppe von überdurchschnittlich gut ausgebildeten Personen an und gilt anlehnend an Time Magazine und Der Spiegel als Qualitätsmagazin, das sich dem Aufklärungs- und Recherchejournalismus verschreiben hat. Sonnleitner hinterfragt diesen Anspruch der differenzierten und ausgewogenen Berichterstattung mithilfe der Kritischen Diskursanalyse des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS) und konstatiert dabei die Deutung der Auseinandersetzungen um die Karikaturen als einen absoluten Konflikt zwischen Meinungsfreiheit und Bilderverbot, der unverhandelbar sei. Sie vermisst eine Berichterstattung über innerislamische Debatten oder Beiträge von MuslimInnen über den Karikaturenstreit. Sie meint, dass im Falle der untersuchten Berichterstattung MuslimInnen kollektivsymbolisch oft als das „Außen“ oder das „subversive Element“ kodiert werden und will die LeserInnen anregen, Medien kritischer zu konsumieren.

Wissenschaft

Rüdiger Lohlkers „Zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ schließt das Buch ab. „Zur Kritik am politischen Islam in Österreich“ ist eine Rezension von Dunja Larises und Thomas Schmidingers „Zwischen Gottesstaat und Demokratie. Handbuch des politischen Islam“ (2008). Dieser Beitrag wurde deshalb hineingenommen, da das „Handbuch des politischen Islam“ das erste österreich-spezifische Werk ist, das versucht, die in Österreich agierenden muslimischen Verbände in ein dunkles Licht zu rücken. Lohlker zieht eine vernichtende Bilanz. Lohlker bescheidet dem Werk zweier Politikwissenschafter „eine gewollte Konstruktion einer politisch-islamischen Gefahr, die es zu entlarven gilt“, wodurch letztendlich islamfeindlichen Diskursen Munition geliefert wird. Lohlker verortet den Band innerhalb des „aktuellen Diskurses um die ‚europäischen Werte‘, die zur Ausgrenzung bestimmter Organisationen und Bevölkerungsgruppen konstruiert werden“. Das Buch sei entgegen der oftmals christlichen und rechten Diskurse der Islamfeindlichkeit ein Beispiel für eine linke Variante, so Lohlker.

Wir hoffen, mit dieser Zusammenstellung einen Beitrag zu einem gesellschaftlich brisanten Thema geleistet zu haben. Ein wissenschaftlich systematischer Zugang zu emotional geführten Debatten kann vielleicht Abhilfe schaffen, über Vorgänge zu reflektieren, die ansonsten im Trubel der Schnelligkeit unserer Zeit oft als „wahr“ hingenommen werden und keiner näheren Betrachtung gewürdigt werden.

John Bunzl und Farid Hafez

Wien, im Februar 2009

Chris Allen

Das erste Jahrzehnt der Islamophobie

Das „erste Jahrzehnt der Islamophobie“1 begann mit einer Publikation, die als Meilenstein zu bewerten ist und den weiteren Verlauf bestimmend beeinflusste: Islamophobia – a challenge for us all: Bericht of the Runnymede Trust Commission on British Muslims and Islamophobia, der gemeinhin unter dem Namen „Runnymede Bericht“ bekannt ist. Selbstverständlich stellte dieser Zeitpunkt nicht das erste Aufkommen der Islamophobie dar. Es handelte sich dabei lediglich um die erste maßgebliche Veröffentlichung. Seither erfährt die Islamophobie jedenfalls auf diskursiver wie auf konzeptioneller Ebene eine Vorherrschaft über diverseste Quellen und das sowohl im öffentlichen wie auch im politischen Raum unserer sich schnell verändernden Welt. Anschuldigungen und Gegenanschuldigungen der Islamophobie entstehen beiderseits der bipolaren Extreme. So gibt es auf der einen Seite jene, die jede Art der Kritik an MuslimInnen und den Islam als islamophob bezeichnen und auf der anderen Seite jene, die aktiv und unverschleiert aus unterschiedlichsten ideologischen Gründen und mit den verschiedensten Begründungen giftigen Hass schüren unterstützen. Dazwischen befindet sich eine Fülle weitaus diversifizierter issues und Vorkommnisse, die weniger offensichtlich und explizit sind. Das reicht von Spott und Hohn gegenüber AraberInnen, wie etwa die kaum verschleierten Angriffe auf MuslimInnen von Politikern wie Robert Kilroy-Silk2 über gewichtigere Kommentare eines Will Cummins3 (beide in Großbritannien) bis hin zu ähnlichen Dialogen und Hetzreden von Ayaan Hirsi Ali und Oriana Fallaci4. Auch Stimmen hoher PolitikerInnen bezeichnen MuslimInnen als die „jaulende Wahnsinnige“ wenn sie friedlich protestieren5. In Großbritannien, den Niederlanden und Frankreich gibt es Debatten, inwiefern das Tragen des niqab oder Gesichtsschleiers und anderer sichtbarer Aspekte der Religiosität Barrieren im Hinblick auf die Integration und den Zusammenhalt sind. An den extremeren Rändern des politischen Spektrums gibt es solche, die behaupten, dass die MuslimInnen bis zum Jahr 2025 eine islamische Republik in London errichten wollen und das christliche Europa stürzen6. Auch in Europa gibt es derlei. So sprach Berlusconi von der Höherwertigkeit der Westlichen Zivilisation über der Islamischen Zivilisation. Und auch der ermordete Pim Fortuyn konnte mit klar anti-islamischen und anti-muslimischen Kampagnen Stimmen gewinnen.

Gleichzeitig wird diesen Tendenzen – so zumindest die Annahme – durch einen reciprocal process entgegengewirkt: So wurde eine Bandbreite an verschiedenen legislativen Maßnahmen und Politiken implementiert, verschiedene politische Debatten wurden unternommen, eine Reihe europäischer Bereichte wurden erstellt (v.a. in Großbritannien) und der Wachstum eines aufkommenden kulturellen Bewusstseins – der sogenannten „Islam Awareness“ – Industrie war zu beobachten. All diese Prozesse versuchten herauszufordern and das zu stoppen, was in manchen Kreisen als wachsende Akzeptanz negativer Einstellungen und Vorstellungen über MuslimInnen betrachtet wird. With the latter venture being largely inspired and undertaken by Muslim organisations and institutions themselves – some clearly using this as an opportunity for more so than to improve or promote better cultural awareness – so too have other initiatives been established. Erwähnenswert ist hier der jährliche Preis zur Auzeichnung des „Islamophoben des Jahres“ und einer Organisation, die ausschließlich der Bekämpfung von Islamopobie gewidmet ist, dem britischen Forum Against Islamophobia and Racism (FAIR). Wie mensch auch über all die Outputs und Veranstaltungen im ersten Jahrzehnt der Islamophobie denken mag, niemand kann leugnen, dass die Sprache, der Diskurs, der Begriff und das Konzept der Islamophobie keine britische, europäische oder gar globale Relevanz haben. Mit diesem Eindringen in die öffentliche und politische Sphäre ist die Dringlichkeit einer genaueren Betrachtung der Bedeutung und der Manifestation von Islamophobie längst überfällig. Das zu betonen ist ebenso überflüssig: Lebenswichtig und völlig notwendig ist es all dies angesichts der ansteigenden Zahl wiederkehrender Geschehnisse und der globalisierten Bedeutung des Phänomens.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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