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Der Mystiker und geistige Heiler Joel S. Goldsmith (1892-1964) führt den Leser in das Reich der Seele. Er ist der Begründer des "Infinite Way", einer Offenbarung spiritueller Prinzipien, die das Licht von Christus widerspiegeln und jenseits aller religiösen Konzepte liegen. Sie werden von einem weltweiten Kreis geistig Strebender praktiziert, die - wie auch die Veden lehren - nur die eine Wahrheit suchen. Goldsmith ist ein Praktiker; in einfacher, einprägsamer Sprache gibt er zahlreiche Methoden, die zur Erfahrung der Gottgegenwart im eigenen Innern führen. "Herz und Seele des mystischen Lebens ist die innere Erfahrung." Wir erreichen Gott, wenn wir unser Gemüt an einen Ort der Stille führen, wo wir über es hinausgelangen. Dieser Ort liegt in uns selbst, jenseits von Worten und Gedanken. Da wird unserer Seele die Erfahrung Gottes zuteil. Auf dieses innere Erleben kommt es an. Gott und Mensch sind eins. Es gibt allein diese eine Wirklichkeit. Sie ist Geist, Be-wusstsein, immateriell. Die materielle Welt ist nur die körperliche Vorstellung unseres Gemüts von Gottes unkörperlicher Schöpfung. Das ganze menschliche Erleben ist nichts anderes als ein Scheinerleben, eine Traumerfahrung, die verschwindet, sobald wir im eigenen Innern Gott entdecken. Da wir mit Gott eins sind und Gott Geist ist, sind auch unsere Bedürfnisse und un-sere Versorgung geistiger Art. Wenn wir uns nach innen wenden, bitten wir nur um Gnade. Es ist gleichgültig, ob wir Gesundheit, Wohlstand oder Ideen brauchen; wir bit-ten allein um Gnade und diese Gnade erscheint außen als die Form, die wir zum Leben brauchen. "Die Gnade Gottes ist die Gabe Seiner selbst." Über den Autor: Joel S. Goldsmith, dieser furchtlose Erforscher des Bewusstseins, der die innere Macht, das mystische Ich, zum Wohl seiner Mitmenschen entdeckte und einsetzte, hat einen tiefen Einfluss auf das Leben Tausender von Menschen ausgeübt. Er begann schon in jungen Jahren durch die Welt zu reisen. Nach dem Schulabschluss trat er in das Importgeschäft seines Vaters ein, das ihn auch nach Europa führte. Aber erst im Alter von 36 Jahren begab sich Goldsmith ernsthaft auf eine andere Reise - die Reise des Geistes. Durch ein Kindheitserlebnis mit der wunder-baren Heilung seines Vaters war sein Interesse für geistige Heilung geweckt worden. Gänzlich unerwartet und aus ihm damals unver-ständlichen Gründen baten ihn die Menschen plötzlich um seine Hilfe, um sein Gebet. Verwirrt und überrascht bemühte er sich um geistige Erkenntnis und langsam ließ sich eine Stimme vernehmen, die ihn in den nachfolgenden Jahren führen und zu immer höheren Erfahrungen leiten sollte. In einem authentischen Bericht schildert Lorraine Sinkler, seine engste Mitarbeiterin, die 22 Bücher von Goldsmith herausgegeben hat, auf lebendige Weise Leben und Werk des welt-bekannten Mystikers.
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Seitenzahl: 304
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Joel S. Goldsmith
Jenseits von Worten und Gedanken
HEINRICH SCHWAB VERLAG
ARGENBÜHL-EGLOFSTAL
„The Infinite Way Letters“ – 1965
Der Inhalt dieses Buchs erschien 1965 in Form von 12 Lehrbriefen, die in der Zeitschrift „Der Weg zur Verwirklichung“ im Heinrich Schwab Verlag herauskamen; ihnen liegen Kurse und Vorträge von Joel S. Goldsmith zugrunde.
Herausgegeben von Lorraine Sinkler
Deutsche Bearbeitung: Gisela Prym-v. Becherer
ISBN-10: 3-7964-0525-9
ISBN-13: 978-3-7964-0525-9
2., überarbeitete Auflage 2006
Umschlaggestaltung: Annette Wagner
E-Book-Umsetzung: Zeilenwert GmbH
Alle Rechte für die deutsche Ausgabe vorbehalten
© 1965 by Heinrich Schwab Verlag KG
D-88260 Argenbühl-Eglofstal
Tel. 0049-7566-941957
http://www.heinrichschwabverlag.de
„Wenn der Herr das Haus nicht baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen.“ Psalm 127
Erleuchtung löst alle materiellen Bande und verbindet die Menschen mit der goldenen Kette geistigen Einvernehmens; sie erkennt allein die Führung des Christus an; sie besitzt keine Regel und kein Ritual als nur die göttliche, überpersönliche, alles umfassende Liebe, keine andere Verehrung als die innere Flamme, die ewig im Schrein des Geistes leuchtet. Diese Vereinigung ist der freie Stand geistiger Bruderschaft. Die einzige Beschränkung ist die Disziplin der Seele; daher kennen wir eine Freiheit ohne Übertretungen. Wir sind ein geeintes Universum ohne räumliche Begrenzungen, ein heiliger Dienst für Gott ohne Zeremonie oder Dogma. Die Erleuchteten wandeln furchtlos – durch Gnade.
Der Unendliche Weg
Cover
Titel
Impressum
1. KAPITEL Der Weg zur Erfahrung
Die Bedeutung der Erfahrung
Das Motiv
Falsche Gottesbegriffe
Jenes Etwas
Den Geist nicht anstrengen
Gib dich Gott hin
Das allumfassende, unpersönliche Wirken Gottes
Der Irrtum, ein Gebilde des menschlichen Geistes
Demut
2. KAPITEL Das Bewusstsein der Gnade schaffen
Das Bewusstsein wird durch ein Wissen von der Wahrheit entwickelt
Gnade, ein Zustand ohne Macht
Das wiedergeborene Bewusstsein
Das Bewusstsein der Gnade lebt als Beobachter
Im Stand der Gnade ist keine Macht notwendig
Neues Licht auf die Vergebung
Die Gnade befreit vom Gesetz des Karma
Gefangener der eigenen Vorstellungen
Den menschlichen Geist in seiner normalen Funktion wieder herstellen
3. KAPITEL Du sollst dir kein Bildnis machen
Worte und Gedanken sind nicht Gott
In der dritten Dimension ist der menschliche Geist eine Macht
In der vierten Dimension werden Körper und Geist des Menschen zum Instrument des göttlichen Geistes
Religion ist eine Erfahrung
Sich nach innen wenden
Das Wunder
Deinen Geist Gott hingeben
Gottes Wirken ist unpersönlich
4. KAPITEL Enthüllte Wahrheit
Der mittlere Weg
Die Bedeutung der Himmelfahrt
Die Bedeutung von Jesu Erlebnis auf dem Berg der Verklärung
Nicht die Wahrheit kennen, sondern die Wahrheit sein
Der geistige Sabbat
„Meine Lehre ist nicht mein“
Die persönliche Einstellung kreuzigen
Wie die Wahrheit „verhüllt“ wird
5. KAPITEL Erhebung zum mystischen Bewusstsein in Gebet und Behandlung
Die Anziehungskraft eines geistig geführten Lebens
Die Offenbarung von Gottes heiligen Tempeln in der Meditation
„Mein“ Friede bringt Freiheit von allen Sorgen
Das wahre Wunder
Teile mit den Menschen der Welt auf der Ebene ihres Aufnahmevermögens
Unser Bewusstsein sei bereit, eine hungrige Welt zu ernähren
Den Sohn Gottes aufrichten
Das einzige Ziel muss in der Erlangung des Christus-Bewusstseins liegen
Von der Metaphysik zur Mystik
Die Verwirklichung von Christus
6. KAPITEL Den geistigen Fortschritt messen
Der Fortschritt kann nicht nach dem äußeren Anschein beurteilt werden
Zeichen geistigen Fortschritts
Allein eine Berührung des göttlichen Geistes kann uns auf den Weg bringen
Der letzte Feind auf dem Pfad
Gott ist
Was den Unendlichen Weg in die Welt entließ
Erkennen, was Gott geschaffen hat
Beobachte, wie der göttliche Geist dein Leben lebt
7. KAPITEL Weltweite Arbeit für alle auf dem Unendlichen Weg
Erforschen und Anwenden der Grundprinzipien erhebt das Bewusstsein
Zeichen der Bewusstseinsentwicklung
Intelligente weltweite Arbeit
„Zehn Gerechte“ können den „Geist des Fleisches“ zunichte machen
Was ist rassische Gleichheit?
Die irdische Gesinnung in den Beziehungen der Menschen untereinander
„Was ihr getan habt...“
8. KAPITEL Der Weg der Gnade
Aufnahmebereitschaft für die Gnade Gottes ist wesentlich
Möge sich die göttliche Bestimmung in uns offenbaren
Gott erscheint für uns in Form von menschlichen Notwendigkeiten
Die Gnade Gottes ist nicht das Vorrecht eines Geschlechts
Das Gebet, ein Öffnen des Bewusstseins
Hingabe lehren
Die Gnade Gottes ist die Gabe Seiner selbst
9. KAPITEL Über alle Gegensätze hinaus zum reinen Sein
Die Gnade erscheint als Form
Gut und schlecht, menschliche Bewertungen
Sowohl Gut als auch Böse müssen dem reinen Sein weichen
Versorgung als eine Wirksamkeit des Bewusstseins, nicht eine Belohnung für das Gutsein
Werde zu einem Instrument, als das Gott auf Erden lebt
Leben, nicht Lehren zieht an
Das Böse als geistige Unwissenheit
„ICH“ ist das Wort
10. KAPITEL Körperlosigkeit – Gott, Mensch und Weltall
Trachte nach dem Material, die Form stellt sich von selbst ein
Ein unkörperlicher Gott kann nur einen unkörperlichen Menschen schaffen
Stufenweise Entwicklung des Bewusstseins
Gott offenbart sich in einem Augenblick des Nichtwissens
Die Allgegenwart von Ich
Die Verkörperung des Ich in vielen Formen
Ich spricht und Ich hört
Die Unstofflichkeit ist der Grund, dass das Weiterschenken zur Vermehrung wird
Beim Heilen haben wir es mit dem unstofflichen Menschen zu tun
Nur geistige Erkenntnis kann die Unstofflichkeit offenbaren
Die Erkenntnis des immateriellen Menschen offenbart die wesensmäßige Gleichheit des Menschen
Mystik ist ein Aufsteigen ins Unstoffliche
11. KAPITEL „Sein Regen fällt“
Gott straft nicht und belohnt nicht
Wie man sät
Sich auf das Äußere verlassen heißt auf das Fleisch säen
In eine unerleuchtete Familie hineingeboren werden bedeutet in Begrenzung hineingeboren werden
Das Unsichtbare erkennen
Geistige Unwissenheit ist das Hemmnis
Das karmische Gesetz auf nationaler Ebene
12. KAPITEL Gott offenbart sich auf Erden als Christus
Richtige Identifizierung
Gott offenbart sich auf Erden
Die Unendlichkeit des Bewusstseins
Die unlösbare Vereinigung
Der Versucher
Das Ende des Suchens
Die Erfüllung des Unendlichen im Einzelwesen
Verschwiegenheit ist unerlässlich
Das ICH ruft nach Befreiung
Das Herz und die Seele des mystischen Lebens ist ein inneres Erleben, und dieses Ziel lässt sich erreichen, unabhängig von der Art oder Methode, die man anwendet, solange das Motiv die Entdeckung der Wahrheit ist. Aber solange man nur versucht, Gesundheit, Versorgung oder Freundschaft zu verwirklichen, besteht keine Hoffnung, zu einem Gotteserleben zu kommen. Mögen wir auch noch so reich an irdischen Errungenschaften sein – die geistige* Gewahrwerdung werden wir damit nie erlangen. Diese stellt sich nur ein, wenn wir der Sorge um das äußere Leben „abgestorben“ sind und willens, das Leben so zu nehmen, wie es ist, und von innen her auf das Ziel der Gottverwirklichung hinarbeiten.
Der Unendliche Weg1 wurde mir offenbar, als ich erkannte, dass es in der menschlichen Welt keinen Gott gibt. Wenn es einen Gott in der Welt des Menschen gäbe, dann wären Vergewaltigung, Brandstiftung, Mord, Kriege, Lasterhöhlen, Rauschgiftsucht und all die anderen Leiden der Menschheit unmöglich. Nicht ein einziges dieser Zeichen menschlicher Unmenschlichkeit könnte in der Gegenwart Gottes bestehen. Alles, was sich in unserer Welt abspielt, geschieht nur, weil es Gott auf diesem irdischen Schauplatz nicht gibt.
Das war die ursprüngliche Einsicht, die mir bald nach 1909 geschenkt wurde, worauf ich mich auf die Suche begab. Ich habe nie daran gezweifelt, dass es einen Gott gibt, aber nun weiß ich wenigstens, dass es keinen Gott in „dieser Welt“2 gibt, und ich weiß zudem, dass all das Beten und zur Kirche Gehen uns keinen Gott herabbringen kann. Die Menschen sind schon seit den Tagen der alten Hebräer und davor zur Kirche gegangen, um zu beten, und haben es bis heute fortgesetzt. Sie haben alle nur erdenklichen Gebete gesprochen und doch hält das die Welt nicht vor dem Untergang zurück.
So begann also die Suche: Wo ist Gott? Was ist Gott? Wie können wir Ihn erfahren? Schließlich hatte ich Ende 1928 ein Erlebnis, die erste Gotteserfahrung. Es enthielt keine Botschaft, keine Worte, keine Regeln und nicht einmal irgendwelche Grundsätze; es war nur eine Erfahrung, die nicht zu beschreiben ist. Während ich eben noch genau wie jeder andere Mensch war, so war im nächsten Augenblick meine Gesundheit völlig hergestellt und alle körperlichen Schwächen verschwunden. Ich merkte, dass sich eine Heilkraft eingestellt hatte und dass ich an der Schwelle eines ganz neuen Lebens stand. Das alte Leben war tot, ein neues hatte begonnen, jedoch ohne eine Lehre, ohne Prinzipien, ohne irgendwelche Gesetze – dies alles allein auf Grund eines Erlebnisses.
Wenn wir uns das Leben der Mystiker näher betrachten, werden wir feststellen, dass ihnen genau dieses widerfuhr. Keiner von ihnen strebte danach, ein Mystiker zu werden; jeder aber hatte eine Erfahrung und diese Erfahrung verwandelte sein Leben. Und wirklich vermochte auch jeder von ihnen seine Erfahrung denen zu vermitteln, die seine Schüler und Jünger wurden und in manchen Fällen die Lehre weiterreichen konnten. Aber mit jeder Generation wurde das Erlebnis schwächer, bis es schließlich fast ganz verblasste.
Die Bedeutung der Erfahrung
Das Kernstück des Lebens und Heilens auf dem Unendlichen Weg ist dieses Erlebnis. Wer schon mit Hilfe des Lichts, das ihm durch die Botschaft des Unendlichen Wegs geschenkt wurde, Heilungen ausgeführt hat, weiß, dass in der Lehre selbst nichts enthalten ist, was die Heilung herbeiführt. Gleichgültig was man aus den Schriften weiß und nachspricht, es wird weder dich noch irgendjemanden sonst genesen lassen. Es ist niemandem möglich zu heilen, der nicht ein Erlebnis hatte, welches sich bei jeder Heilung wieder einstellen muss bis zu der Zeit, wo man so in diesem Erleben steht, dass man es nur noch ein-, zwei- oder dreimal am Tag neu erfahren muss und die weiteren Heilungen sich alle inzwischen einstellen, weil man ganz in dieser Erfahrung lebt.
In der ersten Zeit wird man sich immer wieder klar machen müssen: „Ich wende mich nicht an Gott um irgendwelcher Gotteskraft willen. Ich werde bestimmt nicht den Menschen heilen, ‚in dessen Nase nur ein Hauch ist‘3. Ich möchte nur Christus erkennen und seine Gegenwart spüren. ‚Rede, Herr, denn dein Knecht hört‘4.“ Dann nehmen wir eine lauschende Haltung an, bis wir im Innern eine gewisse Erleichterung fühlen, zuweilen sogar eine Botschaft empfangen, womit unser Teil der Arbeit getan wäre. Auf irgendeine unbekannte Art und Weise löst sich der Zwiespalt, die Harmonie stellt sich ein und es äußert sich so, als würde ein Kranker gesund, ein schlechter Mensch gut und ein armer wohlhabend.
Aber das ist nicht alles! Was in Wirklichkeit geschieht, ist, dass der Geist Gottes in größerem Maß offenbar wird. Manchmal tritt die Heilung ganz unvermittelt ein, manchmal erst nach der zweiten oder dritten Gewahrwerdung. Und manchmal müssen wir zwei oder drei Jahre mit einem Menschen arbeiten. Das hängt ganz von seiner Aufnahmebereitschaft ab, von seiner Fähigkeit, sich zu ergeben, und außerdem von der Höhe, die wir selbst erreichen können.
Das Motiv
Mancher wird mit Recht fragen: „Wozu dient dann diese ganze Lehre und das jahrelange Forschen in Büchern?“ Dann antworte ich, dass das Erlebnis ohne all dieses nicht eintreten wird. Das Forschen, die Anwendung, das Horchen und das Lesen sind die Schritte, die die irdische Einstellung, in die wir hinein geboren sind, langsam zerbrechen lassen und die uns befähigen, dieser irdischen Haltung gegenüber „abzusterben“ und „neu geboren“ zu werden. Möglicherweise hätte ich ohne das ständige Lesen der Bibel und der Schriften der „Christian Science“ und ohne all die Jahre von 1909 bis 1928, in denen ich mir Herz und Kopf zerbrach, um Gott zu finden, die Erfahrung niemals gehabt. Mit anderen Worten, jede Anstrengung, die ich von 1909 an unternahm, um die Dunkelheit zu durchdringen und das Geheimnis zu entdecken, war ein Schritt vorwärts, der mir schließlich zu der Erfahrung verhalf.
Deshalb habe ich in meinen Schriften auch geäußert, dass es gar nicht darauf ankommt, was der Hintergrund unserer Ausbildung ist, wenn es das oberste Ziel ist, die Wahrheit zu suchen und zu entdecken. Es würde nichts ausmachen, ob wir bei den Hottentotten oder in irgendeiner anderen heidnischen Schule in die Lehre gingen, vorausgesetzt dass das Motiv unseres Forschens das Erleben, die Verwirklichung und das Erkennen Gottes wäre. Schlussendlich würden wir dieses Ziel erreichen, denn die verschiedensten Menschen sind aus allen möglichen Richtungen zu diesem Punkt gelangt – durch heidnische, christliche oder außerchristliche Lehren – und sie sind zur Vollendung geführt worden, ganz unabhängig von ihrem speziellen Weg.
Durch die Botschaft des Unendlichen Wegs sind mir in der Zeit nach meinem ersten Erlebnis gewisse Dinge offenbart worden, die jedem, der nur den ernsten Wunsch hat, das Ziel zu erlangen, die Sache erleichtern. In der Heiligen Schrift heißt es: „Darin besteht aber das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, erkennen“,5 und auf diesen Satz können wir uns verlassen, denn das ist die Wahrheit. Wenn man dazu gelangt, Gott zu erkennen, dann wird einem die Erfahrung zuteil, die Gotterfahrung, die Christuserfahrung, die geistige Erfahrung. Deshalb habe ich in meinen Schriften auch geäußert, dass es gar nicht darauf ankommt, was der Hintergrund unserer Ausbildung ist, wenn es das oberste Ziel ist, die Wahrheit zu suchen und zu entdecken.
Falsche Gottesbegriffe
Zunächst einmal glaubt die Welt, und die meisten Religionen lehren es, dass Gott eine große Macht sei und dass, wenn es dem Menschen nur gelänge, mit dieser Kraft in Berührung zu kommen, alle seine Sünden, Krankheiten, Nöte, Beschränkungen und sämtliche Schwierigkeiten überwunden wären. Solange man das glaubt, ist man so weit vom Eintreten des Erlebnisses entfernt, dass man hoffnungslos verloren ist. Die einzige Möglichkeit, dieses Hindernis zu überwinden, wäre dadurch gegeben, dass man schließlich auf Grund des eigenen grundlegenden Suchens nach Gott zu dem Erlebnis kommt, nicht mit Hilfe der Lehre, an die man sich hält, sondern trotz dieser Lehre. Je länger man versucht, einen solchen Gott zu erreichen, desto weiter rückt dieser Gott in die Ferne. Es gibt keinen Gott, der die Fehler dieser Welt überwindet. Wenn es Ihn gäbe, so wäre Er in all diesen Tausenden von Jahren entdeckt worden und die Leiden der Welt wären überstanden.
So müssen wir also mit der Erkenntnis beginnen, dass wir uns Gott nicht um einer Gotteskraft willen zuwenden; wir gehen zu Gott, um mit Ihm Gemeinschaft zu halten, bei Ihm zu weilen, Ihn zu erleben, zu spüren, mit Ihm zu sprechen und Ihm zu lauschen, aber nicht um einer Kraft willen, die etwas für uns tun soll. Ein jeder Gedanke an Kraft oder Macht, der in unser Bewusstsein kommt, trennt uns von Gott.
Alle Religionen verkünden die Lehre, dass Gott belohnt und straft; aber solange wir uns an diese Vorstellung halten, finden wir keine Harmonie. Denn dann versuchen wir gut zu sein, damit wir von Gott belohnt werden, und bemühen uns, alle Fehler zu unterlassen, damit Gott uns nicht strafe. Diese Bemühungen bezeugen alle nur die Tiefe der Finsternis, in der wir uns befinden, denn Gott hat kein Interesse daran, dass wir gut sind, und Er belohnt uns nicht dafür, wie Er sich auch nicht um unsere Sünden kümmert und sie nicht bestraft.
Gibt es irgendeine Belohnung für das Gutsein? Gibt es irgendeine Strafe für die Sünde? Selbstverständlich! Aber wir sind es selbst, die sowohl Belohnung als auch Bestrafung in Gang setzen, wenn auch nicht in der Art, wie es uns beigebracht worden ist. Was Lohn und Strafe in Bewegung bringt, liegt an dem, was wir säen. Wenn wir auf den Geist** säen, so setzen wir unsere Freiheit in Gang und unsere Erlösung von „dieser Welt“; wenn wir aber auf das Fleisch säen, werden wir Verderben ernten. Auf den Geist säen bedeutet, den Geist als Ursprung und Ursache von allem, was existiert, anzusehen, Ihn als das Wirken der göttlichen Gnade, als die Gegenwart, die Substanz und Kraft, das Gesetz und das Wirken des Seins anzuerkennen.
Jenes Etwas
„Denke an ihn auf allen deinen Wegen.“6 Denke an den Geist auf allen deinen Wegen. Erkenne, dass der Geist der Ursprung von allem ist. Dann werden wir entdecken, dass es nicht lange dauert, bis dieses Anerkennen unsere Sünden, Begierden, Ängste, Zweifel, Süchte, Habgier und den falschen Ehrgeiz auflöst. In dem Augenblick jedoch, in dem wir selbst versuchen, dies alles aufzulösen, befinden wir uns in der Psychologie; aber die Psychologie kann keinen Erfolg bringen, denn sie kann uns nicht wandeln.
So wie wir in unserem Leben sind, so bleiben wir auch, bis etwas in unser Bewusstsein eintritt, das eine Wandlung hervorruft. Es wird etwas in unserem Innern geschehen müssen, das unser kleines Selbst überschreitet und die Heilung herbeiführt; aber dieses Geschehen wird nicht stattfinden, wenn wir ausrufen: „Lieber Gott, bitte rette doch diesen Menschen.“ Nichts dergleichen wird es vollbringen.
Was sich an Ergebnissen einstellt, geschieht nicht auf Grund all jener Aussagen, die in den Büchern enthalten sind. Wenn das zuträfe, könnte ja jeder, der diese Aussagen lesen würde, losziehen und heilen. Die Ergebnisse stellen sich ein, weil die Grundprinzipien, die in jenen Büchern dargestellt werden, schließlich, wenn man sie erforscht, anwendet und befolgt, zum Gotteserlebnis führen, und wenn das Erlebnis eintritt, dann ist es diese Erfahrung, die das Vollbringen herbeiführt.
Den Geist nicht anstrengen
Man kann Gott nicht durch den menschlichen Geist*** erreichen. Das wurde in jeder religiösen, philosophischen und metaphysischen Lehre auf der ganzen Welt versucht. Wenn man erst einmal erkannt hat, dass man zu Gott nicht durch den menschlichen Geist gelangen kann, ist man schon ein gutes Stück vorangekommen. Wir müssen unseren Geist an einen Ort der Stille führen, wo wir über ihn hinausgelangen und unserer Seelenkraft die Erfahrung Gottes zuteil wird. Jeder Mensch auf der Welt besitzt eine Kraft der Seele, denn Gott stattete uns mit dem Wesen Seines eigenen Seins aus, so dass wir das in uns tragen, was uns Gott erkennen lässt.
Die Menschen, deren Erlebnisse in der Bibel beschrieben werden, kannten den Unterschied zwischen Seele und Geist des Menschen nicht; sie kannten auch den Unterschied zwischen dem göttlichen Geist und dem Intellekt nicht, außer einigen wenigen. Zu ihnen gehörte Paulus, der gesagt hat: „Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig.“7
Der Mystiker, der die Schrift „Die Wolke des Nichtwissens“8 verfasste, wusste, dass man Unterscheidungskraft braucht, nicht Kenntnisse. Er wusste, dass es niemandem gelingen würde, Gott durch Wissen zu erreichen. Gott kann nur erreicht werden, wenn jene Bewusstseinshöhe erlangt wird, die der Mystiker mit „Nichtwissen“ bezeichnet, wobei dieses „Nichtwissen“ nicht Unwissenheit bedeutet. Es bezeichnet einen Bewusstseinszustand, in dem der menschliche Geist zur Ruhe gekommen ist und die Kraft der Seele die göttlichen Dinge empfangen kann.
„Der natürliche Mensch aber nimmt nichts an, was vom Geist Gottes kommt.“9 Der „natürliche Mensch“, der „fleischlich gesinnt“ ist, „unterwirft sich ja dem Gesetz Gottes nicht“.10 Er wirkt durch seinen Geist. Nur durch den menschlichen Geist! Wie kann der „natürliche Mensch“ sonst wirken? Selbst das, was er mit seinem Körper tut, geschieht durch die Tätigkeit seines Geistes. Er kann ohne ihn nicht leben, er kann ohne ihn seinen Körper nicht bewegen und ist ohne ihn keiner Liebe fähig. Nichts kann der Mensch ohne seinen Geist in dieser Welt tun, aber mit seinem Geist kann er Gott nicht erreichen.
Wer einen Schimmer vom Wesen Gottes erfahren hat, weiß so viel, dass er sich nicht mehr darum bemüht, Gott zu erreichen. Er entspannt sich und lässt Gott ihn erreichen. „Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht vermutet“11 – in dem Augenblick, wenn wir nicht denken, wenn wir zur Ruhe gekommen sind; nicht dann, wenn unser Geist tot oder bewusstlos ist, sondern dann, wenn wir nicht denken und empfangsbereit und aufnahmefähig sind. Dann vereinigt sich die Kraft unserer Seele mit Gott. Das ist die Vereinigung, die als Hochzeit mit Gott bezeichnet wird. Es ist jener Moment, wenn wir so ruhig sind, dass unsere Seele, die ja eine Individualisierung Gottes ist, zum Erwachen kommt – nicht, dass sie erwacht; o nein! Sie erwacht nicht. Du erwachst zu ihr. Der Geist Gottes ist jederzeit in uns in voller Blüte! Es scheint, als ob Er erwachte, aber in Wirklichkeit sind wir es, die für Ihn wach werden – aber nicht durch unseren menschlichen Geist!
Gib dich Gott hin
Wenn wir zu Gott aufsehen und möchten, dass Er eingreifen und zu uns herab kommen soll, sind wir auf der falschen Spur, nämlich einfach nicht dort, wo Gott ist. Wir müssen davon überzeugt sein, dass Gott nicht das Gute belohnt und das Schlechte bestraft. Was als Belohnung oder Strafe erscheint, kommt aus uns selbst, was an allen guten Menschen, die in der Welt leiden müssen, und allen bösen, denen es gut geht, zu sehen ist.
Wir müssen einsehen, dass das Wesen Gottes nicht darin besteht, dass Er eine Macht ist, die alles in Ordnung bringen wird, was in der Welt verkehrt ist. Er ist eine Macht in dem Sinn, dass Er die Ordnung und das Gleichgewicht im Universum aufrechterhält, aber nicht eine Kraft oder Macht, die dem Bösen wehren würde.
Darüber hinaus ist Gott nicht etwas, von dem man Gebrauch machen könnte. Der Mensch hat zu allen Zeiten versucht, sich Gott zum Diener zu machen: „Lieber Gott, beschaffe mir das Geld für meine Miete im nächsten Monat“, „Lieber Gott, lass meine Verdauung funktionieren“, „Lieber Gott, beschütze mein Kind.“ Man stellt sich Gott als Diener vor, der den Willen des Menschen ausführt. Einen solchen Gott gibt es nicht! Man kann Gott nicht dazu bringen, dass er uns zu Willen ist. Man kann ihn nicht beeinflussen, weder durch Beten noch durch Fasten, weder durch Gutsein noch durch Gaben-Geben. Man kann Gott nicht beeinflussen, und ehe wir das nicht einsehen können, sind wir noch weit von der Erfahrung entfernt. Wer sich aber erst einmal vergegenwärtigen kann: „Ich vermag Gott nicht zu beeinflussen; ich kann Gott nicht dazu bewegen, dass Er meine Wünsche erfülle“, der kann sich still und ruhig hinsetzen und sagen: “Also, lieber Gott, vielleicht kannst Du mich beeinflussen.“ Das wäre eine Sache!
Dann verstehen wir auch, was die Mystiker meinen, wenn sie sagen, man solle sich Gott unterwerfen, sich Ihm hingeben, und warum Jesus sagen konnte: „Doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe!“12 Es ist töricht, einen eigenen Willen haben zu wollen, selbst wenn es darum ginge, dass unsere Freunde genesen sollen oder Friede auf Erden herrsche. Geben wir jeden eigenen Willen auf, aber ziehen wir uns so oft am Tag zurück, wie wir eine stille Minute finden können, und vergegenwärtigen wir uns: „Doch nicht mein Wille, sondern Dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden.“ Entspannen wir uns und werden wir ruhig und schauen zu, was Gottes Wille ist. Das mag natürlich auch Frieden auf Erden einschließen, wenn wir nur Gottes Willen hervortreten lassen, statt dass wir Ihn wie eine Art Diener behandeln, dem wir unsere Weisungen erteilen wollen.
Das allumfassende, unpersönliche Wirken Gottes
Sehen wir nun ein, warum das Gotteserlebnis nur eintreten kann, wenn wir mit unseren persönlichen Anstrengungen nachlassen, wenn wir unseren Geist zur Ruhe gebracht haben, wenn wir erkannt haben, dass das Wirken Gottes ganz unpersönlich ist in dem Sinn, dass Er nie mehr für mich tun würde, als Er für dich täte? Glauben wir nur niemals, dass Gott mehr für Jesus Christus getan hat, als Er für dich oder mich tun würde. Einen solchen Gott gibt es nicht!
Gott ist kein Übermensch, der umhergeht und zu dem einen sagt: „Ich werde dieses für dich tun“, zum anderen jedoch: „Für dich tue ich dieses nicht.“ Oder: „Ich werde das für meine lieben Israeliten tun, aber nicht für euch Christen.“ Ist das nicht Unsinn? Gott muss als universelles Sein verstanden werden. Bei Seinen Gesetzen gibt es keine Ausnahmen. Für Ihn kann es nichts ausmachen, ob jemand weiß oder schwarz, Jude oder Heide, Sklave oder Freier, Heiliger oder Sünder ist. Für Ihn bedeutet das keinerlei Unterschied! Der Sünder braucht nur sein Bewusstsein zu öffnen; dann wird Gott genauso schnell bei ihm sein wie bei einem Heiligen. Der Meister ging sogar so weit, dass er sagte, Gott habe mehr Freude an einem Sünder, der zurückgefunden habe, als an neunundneunzig,13 die glauben, sie seien schon gut. Nicht einmal das stimmt: Gott hat nicht mehr Zuwendung für einen Sünder oder mehr Freude an einem reuigen Sünder. Nein! Gott ist zu rein, als dass Er das Böse ansähe, und Er weiß nichts von Sünde oder Sündern.
Das Wirken Gottes ist wie das Licht, das die Dunkelheit berührt. Es tut der Dunkelheit nichts an; es heilt sie nicht, verbessert oder ändert sie nicht oder schafft sie auch nicht beiseite. Es offenbart nur, dass es keine gibt! Genauso ist auch das Wirken Gottes. Beim Heilen ist es so, dass es keine Krankheiten heilt; es zeigt nur, dass gar keine da sind. Es bekehrt keinen Sünder; es zeigt Gottes Menschen, der nie gesündigt hat.
Es gibt in uns einen Teil, der nie gesündigt hat, nie krank war, nie geboren wurde und niemals sterben wird; Gottes Wirken besteht darin, diesen Menschen zu offenbaren. Für unsere Sinne mag das bedeuten, dass Sünde sowie Krankheit und Mangel verschwinden. So erscheint es nur für unsere begrenzten Sinne. All dies geschieht nicht wirklich, genauso wenig wie das Licht die Dunkelheit beseitigt. Das Licht offenbart die Abwesenheit der Finsternis, ihre Wesenlosigkeit, ihre Nichtexistenz.
In gleicher Weise besitzt das, was wir das menschliche Wesen, den „natürlichen Menschen“ nennen, keine wirkliche Existenz. Eine Existenz besitzt er nur im universellen Geist,**** der getrennt und abseits von Gott ist. Das ganze menschliche Erleben ist ein Scheinerleben, eine Traumerfahrung, die sich im universellen Geist abspielt, der seinen Sitz nicht in Gott hat. Der Beweis dafür liegt darin, dass sobald man den menschlichen Geist zur Ruhe bringt und die Tür öffnet, damit der Geist Gottes eintreten kann, jener Mensch verschwunden ist. Jener Mensch der Sünde, der Krankheit und des Todes ist genauso verschwunden wie das Dunkel, wenn es vom Licht berührt wird. Wir sagen, der „alte Mensch“ ist „gestorben“, der neue „wiedergeboren“.14 Aber wo blieb der „alte Mensch“? Nirgendwo, da er real nie da gewesen war!
Der Irrtum, ein Gebilde des menschlichen Geistes
Du wirst sehen, dass in den Schriften des Unendlichen Wegs dem Wesen des Irrtums beinahe so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird wie dem Wesen Gottes. Die Welt glaubt, sie wüsste, was der Irrtum sei. Für die Welt bedeutet er eine schreckliche, große Macht, welche die Welt in ihren Klauen hält und Verbrechen von Jugendlichen, Glücksspiel, Rauschmittelsucht, Notzucht, Brandstiftung, Mord und Kriege hervorbringt. Jeder Mensch weiß, was das Böse ist. Wenn nur jemand Gott dazu bringen könnte, da einzugreifen! Aber in dieser Botschaft wird klar gezeigt, dass du Gott gar nicht dazu bringen musst, etwas dagegen zu tun, denn das Wesen des Bösen ist „der fleischliche Arm“15 oder das Nichts.
„Ihr sollt dem Bösen keinen Widerstand leisten“,16 ist des Meisters Lehre. Das ist das Geheimnis des Heilens. Wenn man sich beim Heilen mit ruhigem Gemüt hinsetzen kann und nicht gegen die Erscheinung angeht, sie nicht bekämpft, nicht versucht, jemanden von Bazillen zu befreien oder von Geschwülsten oder Fieber, sich nicht bemüht, einer Geisteskrankheit Herr zu werden, sondern in jenem inneren Frieden und in der Stille und Gewissheit ruht, dass es nur ein Gesetz gibt, ein geistiges Gesetz, und alles andere eine Vorstellung im menschlichen Geist ist, kann die Erfahrung Gottes die Sache übernehmen und die Heilung kommt zustande.
Hat es jemals ein schlagkräftigeres materielles Gesetz gegeben als jenes, dass man sich erkältet, wenn man im Durchzug sitzt oder kalte Füße bekommt? Jetzt hat die Medizin entdeckt, dass es sich da gar nicht um ein Gesetz handelt, sondern um einen Aberglauben, ein Ammenmärchen und dass man sich auf diese Weise nicht erkälten könne. – Schön und gut, aber so sind doch viele Erkältungen entstanden. – Ja, jedoch nicht durch die kalten Füße und den Durchzug, sondern weil der Betreffende den allgemein gültigen Glauben akzeptierte, dass er sich dadurch erkälten würde, und so geschah es. Wenn es jetzt aber bekannt wird, dass dies kein Gesetz ist, sondern ein Märchen, braucht man es nicht mehr zu fürchten.
Warum sollte die Medizin nicht schließlich auch zu der Erkenntnis kommen, dass Bazillen keine Krankheiten verursachen, sondern dass sie ganz natürliche und normale Dinge sind? Wenn Gott alles schuf, was erschaffen ist, hat er vielleicht auch die Bazillen erschaffen. Die metaphysischen Bewegungen haben in den letzten achtzig Jahren eindeutig bewiesen, dass bakterielle Krankheiten ohne Antibiotika geheilt werden können. Alle möglichen Arten von Grippe sind ohne irgendwelche Medizin geheilt worden.
Wenn Bazillen Mächte der Zerstörung wären, die Krankheit hervorrufen, so glauben wir doch wohl nicht, dass auch nur ein einziger Fall hätte geheilt werden können. Wenn jemals ein Fall von Tuberkulose auf geistige Weise geheilt wurde, dann sind nicht Bakterien die Ursache der Tuberkulose. Wenn je ein Fall von Lungenentzündung geistig geheilt wurde, dann ist die ganze Bazillenlehre falsch, weil gar keine Gegenbazillen bei der Heilung zur Anwendung kamen, noch irgendeine Macht über die Bazillen oder das Fieber ausgeübt wurde. Wenn Bazillen Fieber verursachen würden, dann hätten diese Fälle nicht zu Dutzenden in jeder der metaphysischen Bewegungen von Leuten geheilt werden können, die Gott wirklich erlebt hatten.
Die bloße Behauptung, dass der Irrtum keine Macht ist oder dass den Bazillen keine Macht innewohnt, kann nichts heilen. Wenn du aber mit diesem Prinzip arbeitest, bis die Erkenntnis kommt, dass Bazillen keine Macht haben, wenn der Geist existiert, wenn Gott ist, wirst du Heilungen hervorbringen. So manche Menschen, die sehr gute Schüler der Wahrheit sind, können nicht heilen. Denn solange sie nur die buchstäbliche Bedeutung der Wahrheit haben, glauben sie nur mit dem menschlichen Geist, mit dem Kopf; da es aber der Geist ist, der die Schwierigkeiten verursacht hat, wird der Geist sie auch nicht auflösen. Es sind Vorstellungen des menschlichen Geistes, die all die Irrtümer hervorgerufen haben, und darum wird keine weitere Vorstellung dieses Geistes sie beseitigen. Man muss über den Geist hinausgelangen; und wenn einem das gelingt, erweisen sich alle Dinge, die der menschliche Geist von sich gibt oder glaubt, als unwirklich.
Demut
Arbeiten wir also ernsthaft mit allem, was wir in den Schriften über das Wesen Gottes und das Wesen des Irrtums finden, da wir dann auch das Wesen des Gebets verstehen werden. Wenn wir erst einmal das Wesen Gottes verstanden haben, versuchen wir nicht länger, Gott mit unserem Geist zu erreichen. Das bewahrt uns davor, auf die herkömmliche Art zu beten und Gott anzubetteln oder anzuflehen; wir müssen dann über uns selbst lachen, dass wir angenommen hatten, Gott sei hier, um unsere Wünsche zu erfüllen oder sich von uns beeinflussen zu lassen und etwas zu tun, was Er nicht bereits täte. Dies alles ändert allmählich unsere Einstellung und wir können uns einer Atmosphäre der Empfänglichkeit öffnen.
Das Gebet besteht dann nicht mehr aus Worten oder Gedanken; es ist kein Bitten oder Erwarten mehr, dass Gott etwas tun möge. Beten hat jetzt eine ganz neue Bedeutung. Es ist ein Zustand der Stille, in welchem wir für das Wort Gottes aufnahmefähig werden. Der menschliche Geist ist still; die göttliche Kraft ist wirksam und in der Stille wird die Gnade Gottes empfangen. Das ist Beten.
Das Gebet hat nichts damit zu tun, dass man Gott veranlassen möchte, etwas zu tun, oder dass man die Macht Gottes herbeiwünscht, sie möchte irgendetwas vernichten. Durch das Gebet soll kein Einfluss auf Gott genommen werden. Der Himmel bewahre uns davor, dass das Gebet dazu benutzt werden sollte, Gott zu sagen, was Er zu tun hat, Ihn zu beeinflussen oder zu bestechen! Das Gebet ist ein Zustand der Stille, in dem wir mit Gott vereint sind und Seine Gnade empfangen, in dem jedes Wort, das aus dem Mund Gottes kommt, zur Kraft wird, die wir aufnehmen und durch uns strömen lassen.
Darum erkannte der Meister, dass er ein Diener sei, und in unserem Verhältnis zu Gott sind auch wir nichts anderes als eben das. Wir sind hier Diener, die die Gnade Gottes empfangen und Sie ausströmen lassen. Jeder, der sich dabei egoistisch verhält, wird seinen Kopf verlieren; denn je näher er daran ist, ein Meister zu werden, desto mehr wird er zum Diener und umso deutlicher wird er erkennen: „Ich bin es nicht selbst, der dieses tut. Nein, es ist der Strom, der durch mich hindurchgeht.“ Hier haben wir das wahre Gefühl der Demut.
Demut bedeutet nicht, dass du weniger bist als jemand anders; es heißt nicht, dass du geringer bist als irgendjemand auf der ganzen Erde. Es heißt, dass du als Mittel und Weg für Gott nichts anderes bist als eben dies. Wir werden niemals annehmen, wir hätten die Kraft zu heilen, wenn wir die Grundprinzipien des Unendlichen Wegs wirklich verstehen. Und niemals werden wir glauben, wir könnten irgendjemanden ändern oder ihm Erleuchtung schenken. Nein, wir werden uns als das Instrument für Gottes Gnade ansehen und der Segen, der wir für jemanden sein mögen, richtet sich nach dem Maß unserer Aufnahmefähigkeit, unserer Hingabe und unserer Selbstaufopferung.
Es ist unser Geist, der prahlt und sich großartig aufführt. Bringen wir ihn zum Schweigen, dann wird „zu einer Stunde, in der ihr es nicht vermutet“,17 das Erlebnis kommen.
* „geistig“ kursiv geschrieben (engl. spiritual) bezieht sich immer auf den göttlichen Geist, Spirit
** engl. Spirit, der Geist Gottes, im Gegensatz zum menschlichen Geist, engl. mind. Bezieht sich Geist auf Gott, wird er kursiv geschrieben, sofern es nicht aus dem Zusammenhang hervorgeht. Auch andere Begriffe, die sich auf Gott oder Christus beziehen, wie Gegenwart, Vater oder Meister, sind kursiv geschrieben, außer der Bezug geht eindeutig aus dem Text hervor.
*** engl. mind, Denken, Verstand, Fühlen, Unbewusstes etc.
**** engl. mind
Es ist dem menschlichen Geist nicht möglich, Gott zu erreichen oder die Wahrheit zu begreifen, obwohl die Wahrheit sich uns mitteilen kann. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die ganze Fülle der Wahrheit irgendjemandem von uns offenbart wird, da wir als menschliche Wesen nicht die Fähigkeit besitzen, die Wahrheit in ihrem gesamten Umfang aufzunehmen. Stattdessen empfangen wir gewisse Aspekte, Erkenntnisse und Grundprinzipien der Wahrheit, die uns ständig im Verhältnis zu unserer Aufnahmefähigkeit und Offenheit zuströmen.
Nichts was durch den menschlichen Geist erfasst werden kann, ist absolute Wahrheit und deshalb können wir uns auf keinerlei Wahrheitsaussage, die wir kennen, stützen. In jedem Erleben müssen wir unser Bewusstsein öffnen und empfänglich sein für alles, was uns auch immer zuteil werden mag.
Aus diesem Grund können wir niemals vom gestrigen Manna leben, noch uns auf irgendetwas verlassen, das wir gestern wussten. Mit anderen Worten, wenn wir meditieren, so geschieht das nicht, damit wir uns an etwas erinnern, das wir gestern in einem Buch lasen, sondern damit uns etwas vom Vater in unserem Innern zuteil werde. Dies mag in Form einer uns bekannten Bibelstelle oder eines Satzes aus dem geistigen Schrifttum auf uns zukommen. Wenn es aber in der Stille der Meditation geschieht, ist es eine Mitteilung durch den göttlichen Geist, nicht eine Tätigkeit unseres Gedächtnisses.
Das Bewusstsein wird durch ein Wissen von der Wahrheit entwickelt
Das Wirken des menschlichen Geistes ist keine Macht im Sinn geistiger* Macht, und alles Wissen, das der menschliche Geist fassen kann – selbst alles Wissen über die Wahrheit – ist nicht geistige Macht. Das Wissen über die Wahrheit dient dazu, unser Unwissen über das Wesen des göttlichen Geistes und Sein Schaffen und Wirken zu beseitigen.
Ein Beispiel dafür ist: Wenn wir anfangen, nach der Wahrheit zu forschen, glauben wir, Gott sei eine große Macht, und wenn wir Ihn nur erreichen könnten, dann stünde uns die Macht zur Verfügung, die allen Irrtum auf der Erde vernichtet. Wenn aber unser Verständnis für die Grundprinzipien wächst, fällt diese Unwissenheit von uns ab und wir schauen nicht mehr auf Gott in der Erwartung, dass Er die Übel „dieser Welt“ beseitigen wird. Ebenso ist es, wenn wir durch unser Lesen, Zuhören und Forschen lernen, dass es nur eine Macht gibt; dann suchen wir nicht mehr eine Macht gegen eine andere auszuspielen, welche die Namen Sünde, Krankheit, Tod oder Übel trägt. Mit diesem Wissen um die Wahrheit wird uns die Gnade zuteil, dass wir unser mentales Bemühen aufgeben, Gott zu veranlassen, Er möge unsere Feinde überwältigen. Und so werden wir in die Lage versetzt, uns innerlich zu entspannen und die Verwirklichung der Gnade zu erwarten, welche die Machtlosigkeit ist.
Diese Grundprinzipien, die wir erlernen, studieren und anwenden, entwickeln unser Bewusstsein bis zu dem Punkt, wo wir „dem Bösen keinen Widerstand leisten“, wo wir unser „Schwert“18 einstecken, wo wir uns in innerem Frieden auf uns selbst zurückziehen können und mit der Herabkunft dieses Friedens der Gnade gewahr werden. Jene Gnade ist keine Macht: Sie ist eine Gegenwart und in der Gegenwart der Gnade besteht keine Notwendigkeit für irgendeine Macht, denn dort existiert nichts irrtümlicher Art.
Die Aussage der Schrift: „Vor deinem Angesicht sind Freuden in Fülle“,19 ist eine klare Zusicherung, dass in der Gegenwart Gottes weder Sünde noch Krankheit, weder Tod, Mangel noch Beschränkung herrschen, denn sonst gäbe es ja keine „Freuden die Fülle“. Also kann sich „vor Dir“ keinerlei Übel auswirken, denn es hat keine Existenz. Die Untersuchung, die wir anstellen, führt uns zu einem Punkt des Bewusstseins, wo wir uns entspannen können und in einem Zustand der Empfänglichkeit schließlich etwas vernehmen oder fühlen, das uns wissen lässt: „Seid getrost, ich bin’s: fürchtet euch nicht.20