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Johann Heinrich Voß' Versepos »Luise. Ein ländliches Gedicht in drei Idyllen.« erschien zum ersten Mal in den Jahren 1783 und 1784. Voß (1751-1826), Dichter, Übersetzer und Hochschullehrer Hochschullehrer in Göttingen, Hamburg, Eutin, Jena und Heidelberg, verfasste das Werk in ungereimten Hexametern. Die erste Buchausgabe aller drei Teile erfolgte 1795. Die Ausgabe letzter Hand von 1807, die dieser Neuausgabe zugrunde liegt, beginnt mit einer Widmung an Peter Friedrich Ludwig, den Regenten des Herzogtums Oldenburg, der darin als »Vater Eutins« angesprochen wird, wo Voß lebte, als er »Luise« verfasste. Im ersten Teil wird der 18.Geburtstag von Luise, der Tochter des Dorfpfarrers von Grünau, beschrieben, auf dem sie den Theologiestudenten Walter kennen lernt. Im zweiten Teil ist Walter inzwischen Pfarrer in Seldorf und mit Luise verlobt. Im dritten Teil findet die Hochzeit derbeiden statt. »Luise« ist eine detailreiche Beschreibung des Lebens einer bürgerlichen Familie im Holsteinischen des späten 18.Jahrhunderts. Vollständige, editierte und neu gesetzte Neuausgabe.
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Seitenzahl: 163
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DIE MARITIME BIBLIOTHEK
Selbstverlag T.Rohwer
Unterjörn 77
D-24536 Neumünster
www.maritime-bibliothek.de
© 2024 T.Rohwer
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlaggestaltung unter Verwendung einer zeitgenössischen Illustration von
Arthur von Ramberg: T.Rohwer
Luise.
Ein ländliches Gedicht in drei Idyllen
von Johann Heinrich Voß.
Ausgabe letzter Hand.
Leipzig,
Verlag von Immanuel Müller. 1861
Editiert und mit einer Einführung neu herausgegeben von Thomas F.Rohwer
DIE MARITIME BIBLIOTHEK
Zugegeben: bei Johann Heinrich Voß’ »Luise« handelt es sich nicht um ein Werk, das sich in irgendeiner Weise mit der Seefahrt, der Marine, oder der Marine- oder Kriegsgeschichte befasst. Immerhin spielt die Geschichte aber in Holstein, im »Eutinischen« genauer gesagt, und damit im »Land zwischen den Meeren«, und der Erfolg der Neuausgaben der »Lübischen Geschichten und Sagen« und der »Hamburgischen Geschichten und Sagen« zeigt, daß es ein gewisses Interesse an allgemein »altmodischer Literatur« gibt.
Erstaunlicherweise gibt es bis heute keine echte Neuausgabe eines der wichtigsten lyrischen Werke von Voß. Lediglich Reprints uralter Frakturschrift-Ausgaben stehen zur Verfügung, mit all ihren Einschränkungen hinsichtlich Druckqualität und Lesegenuss für den heutigen Leser.
Die Maritime Bibliothek hat sich daher entschlossen, diesem Mangel abzuhelfen. Auch wer nicht ein expliziter Freund altertümlicher Lyrik ist, kann dabei mit einigem Vergnügen »Luise. Ein ländliches Gedicht in drei Idyllen« als detailreiche Schilderung des Lebens und Heiratens in einem kleinbürgerlichen Haushalt des späten 18.Jahrhunderts im Holsteinischen lesen.
Dabei soll nicht unangemerkt bleiben, daß Eutin bis zur Vereinigung der diversen Landesteile Schleswig-Holsteins nach dem siegreichen Krieg der Preußen und Österreicher gegen Dänemark im Jahre 1864 gar kein Teil des Herzogtums Holstein war, sondern zum Großherzogtum Oldenburg (in Oldenburg) gehörte.
Im späten 18. und frühen 19.Jahrhundert war Eutin so etwas wie ein »Weimar des Nordens«, neben Johann Heinrich Voß ist die Stadt mit Namen wie Herder, Mathias Claudius, Klopstock, Wilhelm von Humbold, Carl Maria von Weber oder Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (»Goethes Maler«) verbunden. Dieses kulturelle Erbe prägt die kleine Stadt (mit ihren heute ca. 17.000 Einwohnern) durchaus bis heute. »Klein« muss dabei als relative Einstufung gesehen werden - im Jahr 1801hatte Eutin gerade einmal 2.341 Einwohner, wie eine Volkszählung ergab.
T.F.R.
Dieser Neuausgabe liegt die »Ausgabe letzter Hand« in der vom Verlag Immanuel Müller, Leipzig, im Jahr 1861 veröffentlichten Ausgabe zugrunde. Es ist dies die letzte vom Autor selbst redigierte und autorisierte Fassung des Buches »Louise. Ein ländliches Gedicht in drei Idyllen.«
Erstmals erschienen sind die drei Idyllen in den Jahren 1783 und 1784, und zwar im »Göttinger Musenalmanach« (Die erste Idylle im Jahrgang 1783, die zweite Idylle im Jahrgang 1784) und in der Novemberausgabe 1784 des »Teutschen Merkur«.
Die erste Buchausgabe erschien 1795 im Verlag von Friedrich Nicolovius in Königsberg.
Johann Heinrich Voß hat danach das Werk nochmals überarbeitet, die »Ausgabe letzter Hand« erschien erstmals 1807 und ist unter anderem um eine Widmung für den Regenten des Herzogtums Oldenburg* (zu dem auch Eutin zu jener Zeit gehörte), Herzog Peter Friedrich Ludwig, ergänzt.
Das verwendete Original ist, wie in jener Zeit im deutschen Sprachgebiet üblich, in Fraktur-Schrift gesetzt. Für die Neuausgabe in der Maritimen Bibliothek wurde das Buch in moderne Druckschrift übertragen, da die Fraktur-Schrift den Lesegenuss für den heutigen Leser doch nicht unerheblich stören kann.
Die seinerzeitige Rechtschreibung wurde unverändert übernommen. Der Leser wird dabei recht bald amüsiert feststellen, daß heutige Debatten über »korrekte Rechtschreibung«, »moderne Rechtschreibung« und »Rechtschreibreform« nur noch begrenzt ernstgenommen werden können, wenn man erkennt, daß vieles, das in der letzten »Rechtschreibreform« als »Modernisierung« verkauft wurde, exakt den Gepflogenheiten aus der Mitte des 19.Jahrhunderts entspricht.
Erste Anregungen zu einer einheitlichen Rechtschreibung stammen aus den Jahren nach 1861; 1879 und 1880 erfolgte die Veröffentlichung der bayerischen und preußischen offiziellen Regelbücher, die dann mit geringen Veränderungen auch im übrigen Deutschland angenommen wurden. Auf der »II.Orthographischen Konferenz« von 1901 wurde die deutsche Schriftsprache erstmals einheitlich geregelt, dies manifestierte sich schließlich im »Duden«.
Vorher gab es eine bunte Vielfalt von Schreibweisen. Und das, was in der letzten Rechtschreibreform »wegreformiert« wurde, ist selbst das Ergebnis einer großen Reform, die 120 Jahre vor ihrer Nachfolge-Reform als altmodisch und unlogisch angesehene Schreibweisen modernisieren sollte. Und so möchten die »Rechtschreibreformer« in manchen Fällen, daß wir heute »ganz modern« wieder so schreiben, wie es zu Kaiser Wilhelms I. Zeiten als korrekt galt und von den damaligen »Rechtschreibreformern« als zu altmodisch verworfen wurde.
Auch der heute so gern verspottete »Deppen-Apostroph« des Genitivs ist mitnichten eine »Anglizismen-Mode« aus der jüngsten Zeit – die Genitiv-Form mit »‘s« war schon einmal , im 18. und 19.Jahrhundert, üblich und galt damals als richtig...
* Oldenburg in Oldenburg. Das »Herzogtum Oldenburg« umfasste die Gebiete um die Stadt Oldenburg herum, nordwestlich von Bremen, sowie zwei kleine Gebiete, die vom dänischen Herzogtum Holstein eingeschlossen waren; einmal das Gebiet von Eutin und Umgebung, zum anderen ein kleines Gebiet nördlich der Hansestadt Lübeck.
Johann Heinrich Voß wurde am 20.Februar 1751 im mecklenburgischen Sommersdorf, in der Nähe von Waren an der Müritz, als unehelicher Sohn des ehemaligen Kammerdieners, Zolleinnehmers, Gastwirts und Schulhalters Johann Heinrich Voß (1714-1778) geboren, der sich in Penzlin (Mecklenburg) niedergelassen hatte. Seine Mutter war die Organistentochter Katharina Dorothea Karsten (1718-1798); nach der Geburt des Sohnes heirateten die beiden.
Ein Großvater von Voß war ein aus der Leibeigenschaft entlassener Handwerker, was dazu geführt haben dürfte, daß Voß zeitlebens einen sehr kritischen Blick auf den Adel hatte und mit bürgerlich-revolutionären Bestrebungen wie in den Vereinigten Staaten von Amerika (in »Luise« wird am Rande Bezug auf das Wirken von George Washington und Benjamin Franklin genommen) und der Französischen Revolution sympathisierte.
Voß wuchs zusammen mit vier Geschwistern in Penzlin auf und ging dort von 1759 bis 1765 auf die Stadtschule. Die Familie verarmte durch den »Siebenjährigen Krieg« (1754-63), dank finanzieller Unterstützung konnte Voß aber von 1766 bis 1769 die »Gelehrtenschule« in Neubrandenburg besuchen. Danach war er in einer schlecht bezahlten Hauslehrerstelle in Ankershagen (Mecklenburg) tätig, da ihm das Geld für ein Studium fehlte.
Der Ortspastor Ernst Theodor Johann Brückner ermutigte ihn, 1771 zum ersten Mal selbstverfasste Gedichte an den »Göttinger Musenalmanach« einzusenden, eine 1770 von Heinrich Christian Boie und Friedrich Wilhelm Gotter gegründete Literaturzeitschrift. In der Folge begann ein Briefwechsel zwischen Voß und Boie. Ab 1772 besuchte Voß dann auf Einladung von Boie die »Georg-August-Universität« in Göttingen und studierte dort trotz bescheidenster finanzieller Mittel evangelische Theologie und Philologie (insbesondere Graezistik). Voß wurde einer der Gründer des ersten deutschen Dichterbundes, des »Göttinger Hainbundes«.
1774 wurde Voß Mitglied der Hamburger Freimaurerloge »Zu den drei Rosen« und ein Jahr später zum Meister erhoben. 1786 verließ er aber die Freimaurerei im Streit mit der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland. Er begründete das in zwei Briefen damit, daß die »Geheimbündelei« eine Täuschung sei; er glaube nicht an deren vorgebliche Ziele und die Freimaurer seien offensichtlich von Jesuiten beherrscht, was eine seinerzeit verbreitete Verschwörungstheorie war.
Im selben Jahr übernahm Voß von Boie die alleinige Redaktion des »Göttinger Musenalmanachs«, den er bis 1800 herausgab, von 1780 bis 1788 zusammen mit Leopold Friedrich Günther von Goeckingk. Das Studium brach er ohne Abschluss ab. Ebenfalls im Jahr 1774 trat Voß mit Boies jüngster Schwester Ernestine (1756–1834) zuerst brieflich in Kontakt und reiste dann im Frühling 1774 nach Hamburg und Flensburg, um sie zu besuchen und den Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock kennenzulernen und auch andere Kontakte zu knüpfen.
Voß zog nach Wandsbek (damals unabhängige Stadt im dänischen Herzogtum Holstein vor den Toren Hamburgs), in die Nachbarschaft von Klopstock und Matthias Claudius. 1777 heiratete er Ernestine. In dieser Zeit arbeitete Voß vor allem an der Übersetzung der »Odyssee« (Odysseus-Sage) ins Deutsche.
1778 erhielt Voß durch Vermittlung des Hamburger Pädagogen und Publizisten (und Freimaurers) Johann Georg Büsch die Stelle als Rektor der Lateinschule in Otterndorf im »Land Hadeln« an der Elbmündung, östlich von Cuxhaven. Er schätzte die für jene Zeit ungewöhnlich freie und liberale Region Hadeln, die weitgehend selbstverwaltet innerhalb Kurhannovers war, und wo es schon im Mittelalter eine Lateinschule für die Bürger der Stadt und Bauern der Umgebung gegeben hatten.
Im Spätsommer 1781 erkrankten Voß und die gesamte Familie heftig am sogenannten »Marschenfieber«, einer damals in Deutschland und besonders in den Marschen (Tiefland an den Nordseeküsten) verbreitete Malaria-Art. 1782 verließ er mit seiner Familie den Ort.
Durch Vermittlung seines Hainbund-Freundes Friedrich von Stolberg (dem zweiten Sohn des Grafen Christian Günther zu Stolberg-Stolberg) erhielt Voß 1782 die Stellung als Rektor des Gymnasiums in Eutin. Er wohnte dort seit Mai 1784 im sogenannten »Voß-Haus«. 1786 wurde er Hofrat. Voß unternahm während der Zeit in Eutin zahlreiche Reisen und knüpfte Kontakte mit Gleim, Goethe, Wieland und Herder. In seinem Haus in Eutin empfing er unter anderem Friedrich Klopstock, Matthias Claudius, Jens Baggesen, Wilhelm von Humboldt und Friedrich Heinrich Jacobi als Besucher. Die Jahre in Eutin sollten seine produktivste Zeit werden: beendet wurde sie durch das Zerwürfnis mit Friedrich von Stolberg. Um die beiden Freunde herum bildete sich der sogenannte »Eutiner Kreis«. 1802 ersuchte Voß um seine Versetzung in den Ruhestand.
Von 1802 bis 1805 lebte er als »Privatier« in Jena. Sein Sohn Heinrich war 1804-1806 Professor am dortigen »Wilhelminum Ernestinum« (Wilhelm-Ernst-Gymnasium). Obwohl Goethe ihn gern in Jena gehalten hätte, folgte er der Berufung durch die Regierung des neu entstandenen Großherzogtums Baden zur Übernahme einer hochdotierten Professur an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Diese »Sinekure« (eine gut bezahlte Stellung ohne jegliche Leistungsverpflichtung, also eine Art Ehrensold) erlaubte es ihm, sich bis zu seinem Tod 1826 völlig seinen literarischen Arbeiten, Übersetzungen und antiquarischen Forschungen zu widmen.
In dieser Zeit wirkte er auch bereits als Vertreter einer aufgeklärten, freiheitlichen Einstellung. Als Gäste konnte er unter anderem Goethe, Baggesen, Jean Paul und Barthold Georg Niebuhr begrüßen. Kontakte pflegte er auch auf ausgedehnten Reisen. 1808 wurde Voß als »auswärtiges Mitglied« in die Bayerische und 1814 in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen.
Johann Heinrich Voß starb am 29.März 1826 und wurde in Heidelberg beigesetzt. Aus seiner Ehe mit Ernestine stammten fünf Söhne, von denen jedoch der älteste, Fritz, bereits als Kind starb. Hans Voß wurde ein bekannter Architekt, Heinrich und Abraham wurden wie ihr Vater ebenfalls Philologen und führten sein Werk fort. Wilhelm wurde Arzt in Eutin.
Die berühmtesten Übersetzungen von Voß sind Homers Epen »Ilias« und »Odyssee«. 1793 erschien der ganze Homer, die »Ilias« und die »Odyssee« in überarbeiteter Form. Durch die Übersetzung der Ilias wurde Goethe zu dem unvollendeten Werk »Achilleis« inspiriert. Voß übersetzte auch Hesiod, Theokrit, Bion und Moschos, Vergil, Ovid, Horaz, Tibull, Properz und andere klassische Dichter.
Außerdem übersetzte er Antoine Gallands französische Übertragung der »Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht« (1782–1785); es war die erste deutsche Fassung überhaupt. 1818 bis 1829 veröffentlichte er in neun Bänden eine Übersetzung der Dramen William Shakespeares, die er mit Hilfe seiner Söhne Heinrich und Abraham angefertigt.
Voß schrieb neben Idyllen, Elegien, Oden und Lieder auch satirische Gedichte und Epigramme. In den Jahren 1785 bis 1795 veröffentlichte er in zwei Ausgaben eine Sammlung eigener Gedichte, die er später erweiterte. Zu den besten seiner Arbeiten gehört sein »idyllisches Gedicht« »Luise«, das in den drei einzelnen Teilen zum ersten Mal 1783 und 1784 veröffentlicht worden ist, und als Gesamtwerk in Buchform dann 1795.
T.F.R.
Vater Eutins, Dir baut’ ich der Pflanzungen eine für Menschheit,
Daß, aus dem Keime von Gott, menschlich gediehe der Mensch;
Und Du lobtest den Fleiß, ein Ermunteren, auch wenn der Pflanzmann,
Ähnlich der Arbeitsbien’, heitere Töne sich sang.
Nimm der Gesäng’ Auswahl. Gern sängen sie künftigem Anwachs
Heiterkeit, Sinn der Natur, tapferes Streben für Recht:
Tugenden, die Dein Leben geübt. O lebe noch lang’ hier,
Unbiegsam dem Geschick, froh des erfreuenden Thuns!
Endlich, den Deinen zu früh, Hochaltriger, geh’ zur Verjüngung,
Wo, was menschlich erwuchs, göttlicher blühet und reift.