Commodore Stephen Decatur - Thomas F. Rohwer - E-Book

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Thomas F. Rohwer

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Beschreibung

Zusammen mit vielleicht einem Dutzend anderer Männer gehört der Marineoffizier Stephen Decatur, geboren 1779 in Sinepuxent, einem kleinen Dorf nahe der Küste in Maryland, gestorben 1820 im Duell auf den »Bladensburg Duelling Grounds« nahe Washington, D.C., zu den Gründervätern der UNITED STATES NAVY, der Kriegsmarine der Vereinigten Staaten von Amerika, und zu den Begründern ihrer stolzen Tradition. Decatur, der nach dem Wunsch seiner Mutter eigentlich Geistlicher werden sollte, begann seine Laufbahn als Marineoffizier 1798 als »Midshipman« (Offiziersanwärter) auf der gerade gebauten Fregatte USS UNITED STATES, dem ersten Schiff der 1797, vierzehn Jahre nach dem Ende des Unabhängigkeitskrieges, neu gegründeten US NAVY. Berühmt wurde Stephen Decatur zum ersten Mal, als er als junger Lieutenant mit 84 Freiwilligen auf der Ketch USS INTREPID einen kühnen Handstreich auf den schwerbefestigten Hafen von Tripolis durchführte, um die von den tripolitanischen »Barbaresken« eroberte amerikanische Fregatte USS PHILADELPHIA zu zerstören. Mit 25 Jahren zum Captain befördert, setzte er seine Karriere in den Fregatten-Kämpfen im Krieg gegen England 1812-14 fort, und kommandierte schließlich das amerikanische Flottengeschwader im siegreichen Krieg gegen den Bey von Algier 1815. 1820 starb der in den USA schon zu Lebzeiten legendäre Seeoffizier in einem Duell mit seinem Offizierskameraden Commodore James Barron, das zum traurigen Endpunkt einer höchst überflüssig erscheinenden, jahrelangen persönlichen Fehde wurde.

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Commodore Stephen Decatur

(1779-1820) 

Eine Biographie.

Thomas F.Rohwer

Die Maritime Bibliothek

Selbstverlag T.Rohwer – Unterjörn 77 – D-24536 Neumünster

www.maritime-bibliothek.de

© 2022 T.Rohwer – Alle Rechte vorbehalten.

Vorweg

Zusammen mit vielleicht einem Dutzend anderer Männer gehört der Marineoffizier Stephen Decatur, geboren 1779 in Sinepuxent, einem kleinen Dorf nahe der Küste in Maryland, gestorben 1820 im Duell auf den »Bladensburg Duelling Grounds« nahe Washington, D.C., zu den Gründervätern der United States Navy, der Kriegsmarine der Vereinigten Staaten von Amerika und vor allem ihrer Tradition.

Sinepuxent existiert seit 1818 nicht mehr, als es in einem Hurrikan zerstört und niemals wieder aufgebaut wurde. Vermutlich hätte sich der Ort ansonsten irgendwann im Laufe des 19.Jahrhunderts nach seinem größten Sohn umbenannt. Und sich damit in die fast endlose Liste der Örtlichkeiten, Festungen, Schulen und Schiffe eingereiht, die den Namen eines der größten Seeoffiziere der Vereinigten Staaten von Amerika trugen beziehungsweise bis heute tragen. 

Das sind immerhin mindestens sieben Counties (Landkreise), siebzehn Städte und Dörfer, acht Bezirke, ein See, eine Festung, neun High-Schools, eine Insel, mehrere Highways und ein Casino-Hotel. Die Liste dürfte nicht vollständig sein. Außerdem wurden seit 1839 bis heute insgesamt fünf Schiffe der US Navy auf den Namen USS Decatur getauft: eine Korvette (16 Kanonen), die von 1840 bis 1859 in Dienst war, ein Zerstörer der Bainbridge-Klasse (600ts), in Dienst von 1902 bis 1919 und vorwiegend in der US Asiatic Fleet in Ostasien eingesetzt, ein Zerstörer der Clemson-Klasse (ein »Vierschornsteiner« mit 1.300ts, in Dienst von 1922 bis 1945),  ein Zerstörer der Forrest Sherman-Klasse (4.050ts, 1956 in Dienst gestellt, 1966 als einer von vier Schiffen der Klasse zum Lenkraketen-Zerstörer mit einem »Tartar«-Starter umgebaut, 1983 außer Dienst gestellt (und anschließend noch lange als Versuchsschiff genutzt) und als bisher letztes Schiff ein Zerstörer der Arleigh Burke-Klasse (8.800ts, 1998 in Dienst gestellt und seitdem im aktiven Flottendienst). Dieses Schiff war in den bisherigen 23 Jahren seiner Dienstzeit an verschiedensten Einsätzen gegen islamische Terroristen und Regime im Nahen Osten beteiligt, was angesichts seines Namenspatrons nicht gerade unpassend erscheint.

Decaturs Leben war so außergewöhnlich und dramatisch wie sein Tod, den er im Duell mit einem anderen berühmten Marineoffizier fand. Es war das letzte in einer ganzen Reihe von Duellen, an denen Decatur im Laufe seines Lebens beteiligt war.

Auf der Grundlage mehrerer historischer Biographien und diverser anderer Veröffentlichungen und Berichte über Stephen Decatur zeichnet dieses Buch sein Leben nach. Wenn Decatur in Europa nie so bekannt geworden ist wie sein englischer Zeitgenosse Vizeadmiral Horatio Lord Nelson, so liegt das natürlich daran, daß Decaturs militärische Taten nicht vergleichbar die Weltgeschichte beeinflussende Folgen hatten wie die Schlachten von Nelson vor Aboukir und Copenhagen oder bei Kap Trafalgar. Oder wie die Siege und Niederlagen einiger anderer berühmter Admirale des 18. und 19.Jahrhunderts, die zumindest europäischen Historikern und Geschichtsinteressierten viel geläufiger sind.

Trotzdem kann die längerfristige historische Bedeutung von Stephen Decatur kaum überschätzt werden. Er gehört zusammen mit Männern wie Edward Preble, William Bainbridge, Isaac Hull, David Porter oder Oliver Hazard Perry zu den Begründern der US-amerikanischen Seemacht, die im amerikanischen Bürgerkrieg 1861-65 eine oft völlig unterschätzte entscheidende Bedeutung für den Sieg der »Nordstaaten« hatte, und einige Jahrzehnte später im Krieg gegen Spanien 1898 und dann im Ersten und Zweiten Weltkrieg die Weltgeschichte entscheidend beeinflussen sollte und bis heute entscheidend beeinflusst. Ein Historiker merkte einmal an, daß die entscheidende Wende des Zweiten Weltkriegs, die zum Sieg der Allierten führte, nicht in Stalingrad stattfand, sondern bereits ein halbes Jahr zuvor, vom 4. bis zum 6.Juni 1942, in der Seeschlacht um die Midway-Inseln, in der die US Navy mit deutlich unterlegenen Kräften einen vernichtenden Sieg über den Kern der siegesgewissen kaiserlichen japanischen Flugzeugträger-Flotte errang.

Fachbegriffe und Erklärungen

Schiffstypen

Linienschiff – das Hauptkampfschiff der Segelschiffszeit des späten 17., 18. und frühen 19.Jahrhunderts, mit zwei, drei und in seltenen Fällen sogar vier durchgehenden Batteriedecks, mit 60 bis ca. 130 Kanonen bewaffnet; dreimastige Vollschiffs-Takelung. Linienschiffe bildeten die »Schlachtlinie« der Flotte. Das erste Linienschiff unter amerikanischer Flagge war die America, ein 74-Kanonen-Schiff der Continental Navy, das gleich nach der Fertigstellung 1782 an Frankreich weitergegeben wurde. Das erste Linienschiff der US Navy war die 1815 in Dienst gestellt USS Independence (74).

Fregatte – kleineres Schiff mit dreimastiger Vollschiffstakelung, mit einem Batteriedeck und weiterer Artillerie auf Vor- und Achterdeck, seit etwa 1797 auch mit zwei durchgehenden Geschützdecks. Benutzt vor allem zu Aufklärungs- und Kaperkriegs-Zwecken sowie als Stationsschiffe in Übersee. Nominalbewaffnung von 24 bis 52 Kanonen.

Korvette – im angelsächsichen Sprachraum auch als »Sloop« (meist »Sloop-of-War«) bezeichnet; kleinere Ausgabe der Fregatte; mit dreimastiger Vollschiffstakelung und einem durchgehenden Geschützdeck, selten auch noch mit Artillerie auf dem Achterdeck. Nominalbewaffnung von 16 bis 24 Kanonen.

Brigg – zweimastiges Kriegsschiff mit Rahbesegelung an beiden Masten und Gaffelsegel am hinteren Mast, Nominalbewaffnung üblicherweise bis maximal ca. 18 Kanonen.

Schoner – meist zwei- oder dreimastiges Schiff mit Gaffelsegeln an allen Masten; Nominalbewaffnung maximal bis zu ca. 16 Kanonen.

Nominalbewaffnung: die zur Bezeichnung der Kampfstärke angegebene Zahl der Kanonen, die aber praktisch immer geringer war als die Zahl der tatsächlich mitgeführten Geschütze. Die Nominalbewaffnung wird klassischerweise als Angabe in Klammern hinter dem Schiffsnamen angegeben, z.B. USS Constitution (44). 

Dienstgrade der Seeoffiziere

Die US Navy kannte nach ihrer Gründung bis in die Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs (1861-65) nur vier Offiziers-Dienstgrade: Captain (Kapitän), Master Commandant (der dienstälteste Lieutenant an Bord eines größeren Kriegsschiffs), heute oft auch als Commander bezeichnet (dieser Rang wurde offiziell aber erst später eingeführt), Lieutenant (Leutnant, an Bord in der Rangfolge nach Dienstalter), Midshipman (Fähnrich, also Offiziersanwärter). Der Commodore war kein eigentlicher Dienstrang, sondern eine Ehrenbezeichnung für verdiente Captains, die aber de facto jeder Captain im oberen Teil der Offiziersliste führte. Captain Isaac Hull schlug schon kurz nach dem Krieg von 1812-14 sarkastisch vor, die US Navy solle endlich Admirals-Ränge einführen, weil sonst über kurz oder lang jeder Midshipman, der ein Ruderkanonenboot kommandiere, den Titel eines »Commodore« erhalten würde.

Karten 

6.2.1804: Handstreich gegen Tripolis
7./24.8.1804: Angriffe gegen den Hafen von Tripolis
28.8.1804: Angriff auf den Hafen und die Festungsanlagen von Tripolis
27.4-13.5..1804: Feldzug durch die Wüste gegen Derna
17.6.1815: Eroberung der algerischen Fregatte Meshouda
19.6.1815: Eroberung der algerischen Brigg Estedio
Gefecht der USS United States mit der HMS Macedonian südlich der Azoren am 25.10.1812.
Gefecht der USS President mit dem britischen Blockadegeschwader vor der Hafeneinfahrt von New York am 15.1.1815.
(Karten: © 2022 T.Rohwer)

 

Zeitgenössischer Stich von Stephen Decatur als Commodore.

Lebenslauf von Stephen Decatur 

(* 5.Januar 1779 – † 22. Mai1820)

 1779

Stephen Decatur wird am 5.Januar in Sinepuxent, Worcester County, Maryland, geboren.

1787

Decatur unternimmt als Achtjähriger mit seinem Vater eine Seereise nach Bordeaux (Frankreich), an Bord eines Schiffes, das seinem Vater gehört und auch von ihm kommandiert wird. Die Familie erhofft sich die Heilung des Keuchhustens, an dem der junge Stephen erkrankt ist, durch die Seeluft.

1796

Decatur tritt mit siebzehn Jahren in das Kontor von Gurney & Smith of Philadelphia, Händler und Schiffsreeder, ein, mit dem sein Vater geschäftlich verbunden ist.

1797

Da Gurney & Smith den Bau der Fregatte USS United States, des ersten Schiffes der neugegründeten US Navy, betreuten, wird Decatur bereits in der Bauphase auf der Werft von Joshua Humphreys Midshipman, d.h. Kadett auf dem Schiff.

1798

Am 30.April wird Decatur offiziell von Präsident John Adams zum Midshipman, also zum Offiziersanwärter, in der US Navy, ernannt. Er wird zur Besatzung der am 10.Mai 1797 vom Stapel gelaufenen USS United States (44) unter Commodore John Barry kommandiert.

Im Juli 1798 unternimmt die USS United States ihre erste Reise, die nach Westindien führt.

1799

Im Januar (oder Februar, das genaue Datum ist nicht überliefert), wird Decatur von Commodore James Barry vorläufig (»provisionally«) zum Lieutenant (Leutnant) befördert.

Im Frühjahr 1799 rettet er ein Besatzungsmitglied, das über Bord gegangen war, vor dem Ertrinken.

Am 3.Juni wird Decatur durch Order von Präsident Adams dauerthaft zum Lieutenant befördert. Im selben Monat ficht er ein Duell mit dem Maat eines Handelsschiffes aus.

Im Juli unternimmt er als »vierter Leutnant« eine Reise entlang der nordamerikanischen Küste auf der USS United States unter dem Kommando von Captain James Barry.

Im Dezember macht er eine Reise unter dem Kommando von Barry, bei der die USS United States amerikanische Gesandte nach Frankreich bringt.

1800

Am 15.April kehrt er auf der USS United States nach Amerika zurück.

Im Mai wird er auf die Brigg USS Norfolk (18) unter dem Kommando von Captain James Calvert kommandiert und macht mit ihr eine Reise zum spanischen Festland.

Im Dezember geht er erneut an Bord der USS United States und unternimmt eine Reise nach Westindien.

1801

Februar. Decatur kehrt mit der USS United States in die USA zurück.

Im Mai wird er als »First Lieutenant« (Erster Offizier) auf die Fregatte USS Essex (32) unter dem Kommando von Captain William Bainbridge kommandiert, die zum Geschwader von Commodore Dale gehört. Decatur segelt auf der USS Essex mit Dales Geschwader ins Mittelmeer. In Barcelona fordert er einen spanischen Marineoffizier zum Duell.

1802

Am 22.Juli kehrt er mit der USS Essex nach Amerika zurück.

Am 15.August wird Decatur Erster Offizier auf der Fregatte USS New York (36), unter dem Kommando von Captain James Barron.

Die USS Essex segelt ins Mittelmeer, wo sie im April 1803 zum Geschwaders von Commodore E.V.Morris stößt.

1803

Im Februar sekundiert Decatur dem Midshipman Joseph Bainbridge bei dessen Duell mit dem Sekretär des Gouverneurs von Malta.

Im März kehrt er auf der Fregatte USS Chesapeake (36) unter dem Kommando von Captain James Barron in die USA zurück.

Im Sommer dieses Jahres wird er zum Kommandanten der Brigg USS Argus (18) ernannt.

Im September segelt er mit der USS Argus ins Mittelmeer ab. Am 12.November stößt er zum Geschwader von Commodore Preble. Er wird als Kommandant auf den Schoner USS Enterprise (12) abkommandiert.

Am 23.Dezember kommt es zum Gefecht mit der Barbaresken-Ketsch Mastico (4), die von der USS Enterprise erobert wird. Die Mastico wird in die US Navy übernommen und in USS Intrepid umbenannt.

1804

Am 16.Februar kommandiert Decatur die USS Intrepid beim Handstreich auf Tripolis, wo die von den Tripolitanern eroberte Fregatte USS Philadelphia (36) zerstört wird.

Am 3.August kommandiert Decatur eine Division von Kanonenbooten bei einem Angriff vor Tripolis, bei dem zwei feindliche Kanonenboote im Enterkampf erobert werden.

Am 7.August kommt es, erneut unter Decaturs Kommondo, zu einem zweiten Angriff mit US-Kanonenbooten auf die Batterien von Tripolis. Er wird, datiert mit dem 22.Mai,  zum Captain befördert, wobei die Beförderung aber bereits rückwirkend mit dem Datum des 16.Februar in Kraft tritt.

Am 24. und 28.August und am 3.September kommandiert er erneut die Kanonenboote bei Angriffen auf Tripoli.

Am 28.Oktober übernimmt er von Commodore Preble das Kommando über die Fregatte USS Constitution.

1805

Im Sommer dieses Jahres übernimmt Decatur das Kommando über die Fregatte USS Congress (36).

Im September segelt er mit der Fregatte zurück in die USA.

1806

Im Frühjahr und Sommer kommandiert er ein Geschwader von Kanonenbooten in der Chesapeake Bay, wobei er den Bau zahlreicher dieser kleinen Kanonenboote von Präsident Jeffersons »gun boat navy« überwacht und leitet.

Am 8.März heiratet Stephen Decatur Susan Wheeler aus Norfolk, Virginia.

Im Winter übernimmt er die Leitung der Norfolk Navy Yard (Marinewerft).

1808

Decatur wird zum Commodore ernannt und erhält das Kommando über die Fregatte USS Cheasapeake (36) und die Marinestreitkräfte an der südlichen Küste der USA.

1810

Decatur hisst erneut seine Flagge auf der Fregatte USS United States, diesmal als Commodore.

1812

Nach Beginn des amerikanisch-englischen Krieges (1812-14) läuft Decatur am 21.Juni mit der USS United States als Teil des Geschwaders von Commodore Rodgers aus.

Eine zweite Reise auf der USS United States mit Rodgers Geschwader folgt am 8.Oktober.

Am 12.Oktober verlässt Decatur mit der USS United States Rodgers Geschwader.

Am 25.Oktober erobert die USS Unites States nahe der Insel Madeira im Ostatlantik nach einem erbitterten Gefecht die englische Fregatte Macedonian (38) unter dem Kommando von Captain John Surman Carden.

1813

In diesem Jahr wird Rodgers Geschwader einschließlich der USS United States von überlegenen britischen Flottenverbänden in den Häfen von New York und New London (Connecticut) blockiert.

1814

Im April übernimmt Decatur das Kommando über die Fregatte USS President (44).

1815

Am 14.Januar durchbricht die USS President die englische Blockade.

Am 15.Januar führt die USS President, die nach einer vorübergehenden Strandung durch erhebliche Schäden an Masten und Rumpf in ihrer Manövrierfähigkeit und Geschwindigkeit beeinrächtigt ist, zunächst ein Seegefecht gegen die englische Fregatte Endymion (44), bei dem sie schwer beschädigt wird, und wird dann endgültig von einem überlegenen englischen Geschwader gestellt. Decatur streicht nach längerem Gefecht in aussichtsloser Situation schließlich die Flagge, um unnötige Verluste seiner Besatzung zu verhindern. Zu diesem Zeitpunkt ist bereits der am 24.Dezember geschlossene Friedensvertrag von Gent zwischen den USA und England in Kraft, allerdings hat die Nachricht davon noch nicht den amerikanischen Kontinent erreicht.

Am 20.Mai übernimmt Decatur als Commodore das Kommando über die neue Fregatte USS Guerriere (44) und ein angeliedertes Flottengeschwader. Das Geschwader segelt ins Mittelmeer ab, da die USA sich inzwischen aufgrund der andauernden Piratenüberfälle im Kriegszustand mit dem Bey von Algier befinden.

Am 17.Juni erobert das Geschwader Decaturs die algerische Fregatte Meshouda (44). Zwei Tage später, am 19.Juni, wird die algerische Brigg Estedio (22) aufgebracht.

Am 30.Juni erzwingt Decatur die Kapitulation Algiers und einen Friedensvertrag. Einen Monat später, am 26.Juli, wird gleichermaßen ein Vertrag mit dem Bey von Tunis erzwungen, der ebenfalls zukünftig auf alle Piratenaktivitäten gegen US-amerikanische Schiffe im Mittelmeer verzichtet.

Am 7.August schließlich wird die Mission mit einem Vertrag mit dem Pascha von Tripolis vollendet; auch Tripolis sichert zu, künftig keine Angriffe mehr aus US-amerikanische Schiffe zu unternehmen.

Am 12.November kehrt das Geschwader nach New York zurück.

1816

Stephen Decatur wird zum »Navy Commissioner« ernannt und damit Mitglied des »Board of Naval Commissioners«, das zuständig für die Ausrüstung einschließlich des Schiffbaus für die US Navy und die Personalführung ist.

1818

Decatur sekundiert Commodore Perry bei dessen Duell mit Captain Heath. Er verhindert die Fortsetzung des Duells nach dem ersten Schusswechsel.

1820 

Am 22.März stirbt Stephen Decatur im Duell mit Commodore James Barron, welcher bei dem Duell schwer verletzt wird.

Die Entstehung der US-Amerikanischen Marine

Die Frage der Seemacht hat bereits für die nordamerikanischen Kolonien vor 1775 immer eine entscheidende Bedeutung gehabt. Die aus England und Irland kommenden Siedler in »Neuengland« und Virginia, die »Pilgerväter« 1620 genau wie die ihnen nachfolgenden Händler, Handwerker und Bauern, konnten nur über den Nordatlantik in ihre neue Heimat gelangen, so wie auch wie ihre französischen »Konkurrenten« in Kanada vor 1763. Die Frage, wer die Seeverbindung in die Heimatländer in Europa beherrschte, war entscheidend für das Schicksal der Kolonien. Mit dem Sieg Englands über Frankreich im »Siebenjährigen Krieg« 1756 bis 1763 war die englische Seeherrschaft gefestigt, und die französischen Kolonien in Nordamerika waren an England gefallen.

Die dreizehn ursprünglichen Kolonien, Massachusetts, Rhode Island, New Hampshire, Connecticut, New York, Pennsylvania, New Jersey, Delaware, Maryland, Virginia, North Carolina, South Carolina und Georgia unterhielten starke Miliztruppen, die entscheidend am englischen Sieg über Frankreich in Nordamerika im »Siebenjährigen Krieg« beteiligt waren. Eigene Seestreitkräfte gab es praktisch nicht. Die amerikanischen Kolonien hatten zwar eine große Bedeutung für die Versorgung mit Holz für den Schiffbau, und auch der Schiffbau selbst war bedeutend (er machte zeitweise mehr als ein Drittel des gesamten englischen Schiffbaus aus), der Schiffbau in den Kolonien beschränkte sich aber fast völlig auf den Bau von Schiffen für Handel, Transport, Fischfang und Walfang (dieser wurde sogar von den Kolonien dominiert). Für das Jahr 1748 ist der Bau einer Korvette mit 24 Geschützen namens Boston in der gleichnamigen Hafenstadt in der Kolonie Massachusetts vermerkt. Von besonders guter Qualität scheint das Schiff aber nicht gewesen zu sein, denn bereits vier Jahre später, 1752, wurde es wieder abgewrackt.

Nach dem Beginn des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges in der Folge der Zusammenstöße von Lexington und Concord am 19.April 1775 und der Schlacht von Bunker Hill am 17.Juni 1775 formierten sich die Milizen der englischen Kolonien zur »Continental Army« - der Name vom »Continental Congress« abgeleitet, einer Versammlung von Parlamentariern der dreizehn Kolonien, die am 5.Oktober 1774 zum ersten Mal zusammengetreten war und bis nach dem Ende des Unabhängigkeitskrieges die maßgebliche politische Institution der am 4.Juli 1776 offiziell gegründeten »Vereinigten Staaten von Amerika« war.

Parallel zur »Continental Army« entstand auch eine »Continental Navy«, offiziell am 13.Oktober 1775. (Dieses Datum sieht die US Navy bis heute als ihren offiziellen Gründungstag an.) Wesentlicher Bestandteil dieser Marine waren dreizehn Fregatten, die im Laufe des Krieges gebaut bzw. ausgerüstet wurden. Sie dienten für einige kleinere Küstenoperationen und vor allem für den Kaperkrieg.

Während die Armee der Kolonisten zu Lande die britische Armee in erhebliche Schwierigkeiten bringen konnte und England unter anderem dazu nötigte, 30.000 Soldaten in Hessen und einigen anderen deutschen Fürstentümern anzuwerben, war klar, daß es den Aufständischen nicht möglich war, auch nur ansatzweise die englische Seeherrschaft vor der nordamerikanischen Küste und im Nordatlantik in Frage zu stellen. Dies gelang erst, als nach der siegreichen Schlacht von Saratoga am 19.September 1777 und der Kapitulation des britischen Generals John Burgoyne mit seinem 6.200 Mann starken Heer am 7.Oktober 1777 Frankreich an der Seite der Amerikaner in den Krieg eintrat, und später dann auch Spanien.

Vier Jahre danach trug die französische Flotte entscheidend zum Sieg der Amerikaner im Unabhängigkeitskrieg bei. Bei Yorktown auf einer Halbinsel in Virgina hatten die verbündeten Amerikaner unter George Washington (ca. 9.000 Mann) und Franzosen unter dem Marquis de Lafayette (ca. 8.000 Mann) ein britisches Heer mit etwa 10.000 Mann unter General Cornwallis eingekesselt.

Die Fähigkeit der britischen Truppen, ihre Stellung zu behaupten, hing von der Herrschaft über die Seeverbindung und damit die Versorgung über See ab. Eine französische Flotte mit 24 Linienschiffen unter Admiral François de Grasse erreichte Ende August 1781 die Chesapeake Bay, an der die Halbinsel Yorktown liegt, und landete zusätzliche Truppen. Am 5.September griff eine englische Flotte mit 20 Linienschiffen unter Admiral Thomas Graves die Franzosen an. Die englische Schlachtlinie traf aber so unglücklich auf die französische, daß Graves die Schlacht abbrechen musste, um nicht den Verlust größerer Teile seiner Flotte zu riskieren. Die Folge war, daß die britischen Truppen von General Cornwallis nun auch von See aus eingeschlossen worden waren. Nach einer etwa 20 Tage dauernden, nach allen Regeln der Kriegskunst durchgeführten Belagerungsschlacht (was vor allem den französischen Berufssoldaten zu verdanken war) musste General Cornwallis schließlich mit seiner Armee kapitulieren.

Der Sieg von Yorktown bedeutete im wesentlichen das Ende der militärischen Auseinandersetzungen, da England nun auch an anderen Orten auf der Welt sein Kolonialreich durch Frankreich und Spanien gefährdet sah. Nach zweijährigen Friedensverhandlungen erkannte England schließlich im Vertrag von Versailles am 3.September 1783 die Unabhängigkeit der »United States of America« an.

Es dauerte bis 1787, bis der verfassunggebende Konvent in den USA einen Verfassungsentwurf verabschiedet hatte. Dieser wurde dann bis zum 21.Juni 1788 von neun der dreizehn Gründungsstaaten ratifiziert. Das war das Minimum, das für die Gültigkeit der Verfassung zwingend vorgegeben worden war. Die übrigen vier Staaten folgten, zuletzt North Carolina am 21.November 1789 und Rhode Island sogar erst am 29.Mai 1790.

Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits die ersten Wahlen auf Grundlage der neuen Verfassung stattgefunden – der erste von den Bürgern gewählte Kongress trat am 4.März 1789 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen, die ersten Präsidentschaftswahlen fanden 1788 bis 1789 statt und George Washington trat als erster US-Präsident am 16.April 1789 sein Amt an.

Die amerikanische Verfassung beruhte sowohl auf der Philosophie der »bürgerlichen Revolutionäre« der 1770er Jahre als auch auf den Erfahrungen mit der britischen Kolonialherrschaft. Überraschenderweise regelte sie in gerade einmal sieben Artikeln nicht mehr als den Aufbau der Union und die Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Union und Bundesstaaten. Erst 1790 wurden mit den »10 Amendments« zehn Zusatzartikel verabschiedet, die dem Schutz der Bürgerrechte dienten.

Aus diesen Erfahrungen heraus bestanden große Vorbehalte gegen ein stehendes Heer. Die Verfassung gab somit dem Kongress das Recht, Armeen aufzustellen (»to raise and support armies«), deren oberster Befehlshaber der Präsident war.  In Friedenszeiten beschränkte man sich aber weitestgehend auf die im Unabhängigkeitskrieg erprobten Bürgermilizen. So hat die US Army als stehendes Heer noch im Jahr 1890 eine Mannschaftsstärke von gerade einmal 15.000 Mann gehabt – bei einer Bevölkerungszahl von etwa 63 Millionen Menschen. (Das deutsche Kaiserreich hatte, zum Vergleich, 1890 eine Bevölkerung von etwa 50 Millionen, aber eine Friedensstärke des Heeres von 490.000 aktiven Soldaten und ein Reserveheer von rund zwei Millionen Soldaten. Dazu trug eine zwei- bzw. dreijährige Wehrpflicht bei, etwas, das es in den USA nicht gab, dort wurde die Armee aus Freiwilligen gebildet und im Bedarfsfall durch Miliztruppen verstärkt, die auf der Ebene der Bundesstaaten organisiert waren. Nur zweimal vor 1941 war vorübergehend eine allgemeine Wehrpflicht eingeführt worden, 1863 im Bürgerkrieg, als die Truppenstellung durch die Bundesstaaten nicht mehr für die Bedürfnisse der Kriegsführung ausreichte, genauso im Mai 1917 für den Einsatz einer Armee im Ersten Weltkrieg. Am Vorabend des amerikanischen Eintritts in den Zweiten Weltkrieg wurde dann im September 1940 wieder die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. 1947 lief sie aus, wurde 1948 vor dem Hintergrund des »Kalten Krieges« aber gleich wieder eingeführt, und 1973 endgültig wieder abgeschafft.)

Etwas anders sah es mit der Marine aus. Die Kolonisten der dreizehn Gründungsstaaten hatten genügend Verständnis für die Seefahrt und Marineangelegenheiten, daß ihnen klar war, daß eine »Milizmarine« nicht nur wegen der nötigen Bauzeit größerer Kriegsschiffe nicht praktikabel war, sondern auch wegen der höheren Anforderungen an die Ausbildung der Besatzungen und der Marineoffiziere.

In kluger Voraussicht bestimmte die neue Verfassung daher, daß der Kongress nicht nur das Recht habe, eine Armee aufzustellen, sondern auch das Recht, »to provide and maintain a navy« - also eine Marine bereitzustellen und zu unterhalten.

Allerdings standen zwischen 1789 und etwa 1794 andere Dinge im Vordergrund der amerikanischen Politik. Das Problem der Überschuldung der Einzelstaaten als Folge des Unabhängigkeitskrieges musste gelöst werden, die Erschließung und Besiedlung der zu der neuen Nation gehörenden Gebiete jenseits der alten Westgrenzen der Kolonien bis zum Mississippi (soweit reichte zunächst das Staatsgebiet) stand an.

Die neue, junge Nation war ohne Zweifel in jeder Hinsicht »westwärts orientiert«. Immerhin lebten gerade einmal etwa drei Millionen Menschen, deren Zahl durch Einwanderung rasant zunahm (1790 ca. 4 Millionen, 1800 ca. 5,3 Millionen), auf einer Fläche von etwa 2,07 Millionen km². (Das ist mehr als dreimal so groß wie z.B. das heutige Frankreich.)

Trotzdem gab es eine nicht unbeträchtliche amerikanische Schiffahrt. Schiffe unter amerikanischer Flagge waren in europäischen Gewässern und auch im Mittelmeer ein ganz normaler Anblick. Und so wurden die unternehmungslustigen amerikanischen Seeleute sehr schnell Opfer der sogenannten »Barbaresken« - so wie es ihre europäischen Kollegen bereits seit mehr als zwei Jahrhunderten waren.

Unter den »Barbaresken-Staaten« wurden die Staaten an der Küste Nordafrikas verstanden, zum einen das unabhängige Marokko, zum anderen Algier, Tunis und Tripolis, die formal zum Osmanischen Reich gehörten, das aber weniger tatsächliche Kontrolle über die weiter entfernt von der Hauptstadt liegenden Gebiete ausübte als sie 1800 Jahre zuvor das Römische Reich über seine entlegenen Außenprovinzen gehabt hatte.

Eine wichtige Einnahmequelle für diese »Barbaresken-Staaten« war die Piraterie, ein Geschäft, das sie seit Jahrhunderten schon sehr erfolgreich betrieben. Für die europäische und nun auch die amerikanische Schiffahrt waren sie eine Plage und Geißel, die den Piraten Westindiens im 17. und 18.Jahrhunderten nicht nachstand. Alle waren betroffen, selbst in nordfriesischen Kirchen fanden sich Opferstöcke, in denen Geld für den Freikauf christlicher Sklaven gesammelt wurde, die Opfer der nordafrikanischen Piraten geworden waren.

Gegenmaßnahmen der europäischen Mächte scheiterten an der fehlenden Bereitschaft, zu diesem Zweck zusammenzuarbeiten – die Situation erinnert unweigerlich an heutige Probleme bei der Bekämpfung des islamischen Terrorismus. Daß man selbst betroffen war, nahm man oft hin, solange die eigenen Feinde oder Konkurrenten noch stärker betroffen waren. Verschiedentlich erschienen europäische Flottengeschwader vor den Küsten von Algier, Tunis oder Tripolis, sogar einmal ein dänisches, Abhilfe schaffen konnte dies alles nicht. Lediglich England blieb zu dieser Zeit verschont, das Königreich zahlte einerseits beträchtliche Tribute für den Schutz seiner Schiffe, andererseits sorgte die englische Seeherrschaft auch dafür, daß die mit London abgeschlossenen Verträge mit den »Barbaresken« tatsächlich eingehalten wurden. Das war sonst nämlich keineswegs selbstverständlich. Die Engländer aber hatten sich auf der ganzen Welt den Ruf erkämpft, daß mit ihnen auf See nicht zu spaßen sei. Hinzu kam, daß England, obwohl damals im Mittelmeer territorial kaum vertreten (Gibraltar war seit 1704 britisch, Menorca von 1708 bis 1783, Malta seit 1800; Ägypten kam erst 1882 unter britische Herrschaft), aus strategischen Gründen immer mehr oder weniger starke Seestreitkräfte im Mittelmeer unterhielt, als seestrategische Position gegen Frankreich und Spanien.

Die meisten anderen Länder zahlten seit langer Zeit schon Lösegelder und Tribute an die Piratenfürsten, als die neue amerikanische Flagge zum ersten Mal im Mittelmeer auftauchte. England fühlte verständlicherweise keine Neigung, für die abtrünnigen Kolonisten die Kastanien aus dem Feuer zu holen, und so schmachteten alsbald auch amerikanische Geiseln in den Verliesen der »Barbaresken«. Eine kurze Zeit lang folgte man dem schlechten Beispiel der europäischen Königreiche und Fürstentümer, dann platzte der amerikanischen Öffentlichkeit und den amerikanischen Politikern der Kragen.

Die einzige bewaffnete amerikanische Macht auf See waren die Zollkutter der »U.S.Revenue-Marine«, dem Vorgänger der US Coast Guard, und die waren für den Schutz der Schiffahrt unter amerikanischer Flagge im Mittelmeer nicht geeignet, sie waren nicht mal für die Bekämpfung der Piraterie in der Karibik brauchbar, allerdings befand sich die zu dieser Zeit stark im Rückgang, auch hier vor allem Dank der Royal Navy.

Also beschloss der Kongress in Washington mit dem »Naval Act« von 1794 den Aufbau einer kleinen, aber schlagkräftigen Flotte, die auch zu Einsätzen fernab der Heimat fähig sein sollte. Der Bau von sechs Fregatten wurde geplant und bewilligt. Im Blick hatte man ganz klar und vorrangig den Einsatz gegen die Piraten der »Barbaresken«-Küste. 

Drei dieser Schiffe waren offiziell als »44 gun frigates« klassifiziert, obwohl sie tatsächlich von Anfang an mit 52 Geschützen bewaffnet waren. Die Schiffe stellten eine wegweisende Fortentwicklung der bisherigen typischen Fregatten dar. Anders als diese hatten sie zwei durchgehende Batteriedecks und führten auf dem unteren Batteriedeck ausschließlich lange 24-Pfünder-Kanonen. Das war zu jener Zeit die Standard-Artillerie der Linienschiffe, jedenfalls der Zweidecker. Auch die Rümpfe entsprachen in der Dicke und Widerstandfähigkeit den Linienschiffen jener Zeit, ausgenommen vielleicht die wenigen großen Drei- und Vierdecker. Die übrigen Bewaffnung bestand aus 32-Pfünder- bzw. sogar 42-Pfünder-Karronaden. Karronaden, benannt nach der Waffenfabrik Carron in Schottland, hatten relativ kurze Läufe aus Gusseisen (statt Bronze) und waren daher bei größerem Kaliber leichter als die langläufigen Kanonen. Ihr Nachteil war die geringere Reichweite, sehr gut geeignet waren sie auch zum Verfeuern von Kartätschen (Munition aus gehacktem Blei, Flintenkugeln oder Eisenbruchstücken, die verheerende Wirkung gegen »weiche Ziele«, im Seekrieg also vor allem gegen die Schiffsbesatzungen, aber auch die Takelage, hatten.)

Die erste Fregatte erhielt den Namen USS United States, wobei sich der Prefix USS (United States Ship) unübersehbar an das stolze englische HMS (His/Her Majesty’s Ship) anlehnte. Sie lief 1797 vom Stapel und unternahm 1798 ihre erste Reise, allerdings erst einmal noch nicht ins Mittelmeer, sondern nach Westindien.

Die beiden anderen Schiffen hießen USS Constitution und USS President. Ihr Konstruktionsprinzip, das von dem berühmten Schiffsbauer Joshua Humphreys aus Philadelphia stammte, erinnert verblüffend an die sogenannten »Westentaschen-Schlachtschiffe«, die die deutsche Marine ab 1931 in Dienst stellte. Die Schiffe sollten schneller sein als jedes stärkere feindliche Schiff, und stärker als jedes schnellere Schiff. Das gab den Kommandanten die Möglichkeit, ein Gefecht gegen einen deutlich stärkeren Gegner, also ein feindliches Linienschiff, zu vermeiden, aber jeden schnelleren Gegner, der sich nicht rechtzeitig durch Flucht entzog, aufgrund der überlegenen Bewaffnung und Standfestigkeit niederkämpfen zu können.

Wie gut dieses Konzept funktionierte, zeigte sich im amerikanisch-britischen Krieg 1812-14, als nur die USS President von den Engländern erobert werden konnte, nachdem sie von einem ganzen feindlichen Geschwader gestellt worden war, dem sie aufgrund der ungünstigen Windverhältnisse und vorangegangener Beschädigungen nicht davonsegeln konnte.

Die anderen drei Fregatten, die USS Chesapeake, USS Congress und USS Constellation, waren konventionellere Konstruktionen. Kleiner als die Schiffe der United States-Klasse waren sie offiziell »38 gun frigates«, trugen aber ebenfalls deutlich mehr Geschütze. USS Chesapeake und USS Constellation waren mit 28 langen 18-Pfünder-Kanonen und 18 32-Pfünder-Karronaden bewaffnet, die USS Congress trug zunächst ebenfalls 28 lange 18-Pfünder, aber auf dem Oberdeck nur zwölf 9-Pfünder. Erst 1812, am Beginn des Krieges gegen England, erhielt sie stattdessen ebenfalls 20 32-Pfünder-Karronaden. Diese Schiffe entsprachen in Größe, Bewaffnung und Kampfstärke den großen Fregatten der europäischen Seemächte.

Zur selben Zeit gab es Konflikte mit Frankreich, die zum sogenannten »Quasi War«, dem »Fast Krieg« zwischen den USA und dem revolutionären Frankreich führten, der ausschließlich auf See ausgefochten wurde. Ursache für diesen Krieg waren Streitigkeiten mit den französischen Revolutionsregierungen über die Rückzahlung von Anleihen aus der Zeit des Unabhängigkeitskrieges, die die USA von der Regierung des französischen Königs Louis  XVI. erhalten hatten, und Angriffe französischer Kriegsschiffe und Freibeuter auf amerikanische Handelsschiffe. Zwischen 1798 und 1800 kam es zu mehreren Gefechten zwischen amerikanischen und französischen Kriegsschiffen, die allesamt siegreich für die Amerikaner endeten. Das bekannteste Gefecht wurde die Eroberung der französischen Fregatte L’Insurgente (40) durch die USS Constellation.

Bei den Verhandlungen in Paris zur Beendigung der Kriegshandlungen wurden von französischer Seite praktisch Tributzahlungen und auch Bestechungsgelder gefordert, was den amerikanischen Unterhändler C.C.Pickney zu dem Ausspruch veranlasste: »No, no and no again! Not a sixpence!« In der Öffentlichkeit bekannt wurde aber eine dramatisierte Variante des Ausrufs, die amerikanische Schulkinder bis heute im Geschichtsunterricht lernen: »Millions for defence, but not a penny for tribute!« Millionen für die Verteidigung, aber nicht einen Penny für Tributzahlungen. Durch Protokolle verbürgt ist indessen die erste, weniger pathetisch formulierte Fassung.

Die gegen Frankreich gezeigte Haltung wurde aber bald auch zur Leitschnur des Vorgehens gegen die Piratenstaaten der »Barbaresken-Küste«. Nach anfänglichen Versuchen, die Konflikte mit Geldzahlungen und Verhandlungen zu lösen, kam es Anfang 1801 zum Krieg zwischen den USA und dem Bey von Tripolis. Der Krieg wurde dabei von Tripolis erklärt, nachdem die Regierung des neuen Präsidenten Thomas Jefferson, der 1801 sein Amt übernommen hatte, sich weigerte, die »üblichen Geldgeschenke aus Anlass der Amtsübernahme eines neuen Herrschers« an den Bey zu leisten.

Noch bevor Tripolis den USA den Krieg erklärte, entsandte Präsident Jefferson ein Geschwader der US Navy unter dem Kommando von Commodore Richard Dale ins Mittelmeer, das aus den Fregatten USS President (44), USS Philadelphia (36), USS Essex (32), USS Boston (28), der Korvette USS George Washington (24) und dem Schoner USS Enterprise (12) bestand. Die Liste der Schiffe zeigt gut, daß seit dem Bau der »six frigates« aus dem »Naval Act« von 1794 der Bau von Kriegsschiffen weiter vorangetrieben worden war.

Der Einsatz von Dales Geschwader wurde durch zwei Umstände behindert. Zum einen waren die Besatzungen nur mit einem Zwei-Jahresvertrag angeheuert worden, so daß die Zeit des Einsatzes schon dadurch limitiert wurde. Zum anderen hatte Dale sehr einschränkende Einsatzbefehle, oder wie man heute sagen würde: »Rules of Engagement«. Dales Geschwader eskortierte Handelsschiffe durch die piraterie-gefährdeten Gewässer, er durfte aber nicht aktiv Piratenschiffe bekämpfen, sondern erst eingreifen, wenn seine Schiffe oder ein Handelsschiff angegriffen wurden.

Am 1.August 1801 kam es zum ersten Gefecht im »First Barbary War«, dem ersten »Barbaresken-Krieg«. Die USS Enterprise, unter dem Kommando von Lieutenant Andrew Sterett, eroberte nach einem langen, heftigen Gefecht die tripolitanische Polacca [1] Tripoli. Aber da das amerikanische Geschwader nicht befugt war, offiziell Prisen zu nehmen, wurde die Tripoli entwaffnet und dann wieder freigegeben. Schließlich kehrte Dales Geschwader in die USA zurück.

Da die Angriffe auf amerikanische Handelsschiffe nicht aufhörten, entsandte die US-Regierung ein neues Geschwader, diesmal mit länger laufenden Heuerverträgen und zielführenderen Befehlen. Das Geschwader bestand aus den Fregatten USS Constellation (38), USS Chesapeake (38), USS New York (36) USS Adams (28), USS Boston (28), USS John Adams (28), der Korvette USS George Washington (24) und dem Schoner USS Enterprise (12).

Das Kommando hatte Captain Richard Valentine Morris, der das Geschwader als Kommandant der USS Chesapeake führte und sich als vollkommene Fehlbesetzung erwies. Er blieb mit seinem Schiff überwiegend in Gibraltar oder in Malta, statt auf See Tripolis zu blockieren. Zu allem Überfluss schaffte er es sogar, sich vom Bey von Tunis als Geisel nehmen zu lassen, der der Ansicht war, Morris habe sich nicht respektvoll genug von ihm verabschiedet. Der amerikanische und der dänische Konsul in Tunis mussten ihn mit einer gemeinsamen Lösegeld-Zahlung wieder befreien. Als er danach in Tripolis ankam, versuchte er sich mit eigenmächtigen diplomatischen Friedensverhandlungen, die aber nur die amerikanische Position in dem Konflikt unterminierten.

Hatte Dale trotz der ihm auferlegten Beschränkungen immerhin noch gewisse Erfolge mit seiner Blockade, so musste sich Morris von einem Kriegsgericht bescheinigen lassen, er habe weder die nötige Sorgfalt noch die nötige Aktivität beim Kampf gegen den Feind erkennen lassen. Morris verlor schließlich auf Anordnung von Präsident Jefferson sein Offizierspatent und wurde aus der US Navy entlassen.

Noch während Morris das Kommando führte (und sich meist mit der USS Chesapeake in Gibraltar oder Malta herumtrieb), unterstützte die USS Boston unter Captain Daniel McNeill im Mai 1802 zwei schwedische Fregatten in einem Gefecht während einer Blockade von Tripolis. Während des Gefechts liefen etliche Schiffe der Tripolitaner aus, konnten aber von den Amerikanern und Schweden zurückgeschlagen werden. Im Juni 1803 schlugen die USS John Adams und die USS Enterprise ein feindliches Geschwader aus einer Polacca und neun Kanonenbooten. Die Polacca wurde versenkt und die Kanonenboote in die Flucht geschlagen, ohne daß die Amerikaner Verluste erlitten.

Präsident Jefferson entsandte 1803 nun den Commodore Edward Preble als neuen Befehlshaber des Mittelmeergeschwaders, der gleichzeitig auch als Kommandant die USS Constitution befehligte. Von seinen Zeitgenossen wurde Preble als ein ebenso strenger wie aufbrausender Offizier beschrieben, der unter Magengeschwüren litt, was wohl zu seinem Verhalten beigetragen haben mag. Unbestritten war er ein erstklassiger Seemann und ein fähiger Offizier. Preble hatte eigentlich schon, aus gesundheitlichen Gründen, seinen Abschied aus der US Navy nehmen wollen, aber der Marineminister hatte ihm klugerweise bezahlten Urlaub aus gesundheitlichen Gründen gewährt, um ihn in der Marine zu halten.

Legendär wurde er, als er nach der Übernahme seines Kommandos die Schiffe und ihre Mannschaften inspizierte, und nachdem er feststellen musste, wie jung die ihm unterstellten Seeoffiziere allesamt waren, schimpfte, der Marineminister  Robert Smith habe ihm »just a pack of schoolboys«, nur eine Bande von Schuljungen, zugeteilt. Im Kampf gegen die »Barbaresken«-Staaten und im Krieg gegen England 1812-14 machten diese »Schuljungen« allerdings allesamt Furore, und es wurde zu einem Ehrentitel in der US Navy, einer von »Preble’s boys« zu sein.

Während der Fahrt ins Mittelmeer kam es zu einem Zwischenfall zwischen Prebles USS Constitution und einem englischen Kriegsschiff. In der Nacht des 10.September 1803 nähert sich die USS Constitution dem spanischen Hafen Cadiz. Plötzlich tauchte in der mondlosen Nacht die kaum wahrnehmbare Silhouette eines Kriegsschiffs nahe der amerikanischen Fregatte auf. Preble befahl sofort, die USS Constitution gefechtsbereit zu machen. Er rief das andere Schiff an, es kam kein Ruf zurück. Preble rief das Schiff erneut an und identifizierte sich als »Fregatte USS Constitution, 44 Geschütze, Commodore Edward Preble«. Die Antwort des Engländers war ausweichend. Daraufhin rief Preble: »Ich frage jetzt zum letzten Mal. Wenn ich keine korrekte Antwort bekomme, werde ich einen Schuss auf Sie abfeuern!« Vom  englischen Schiff wurde geantwortet: »Wenn Sie einen Schuss abgeben, werde ich mit einer Breitseite antworten!«

Preble verlangte erneut, daß das andere Schiff sich identifizieren solle, und diesmal erhielt er zur Antwort: »Dies ist Seiner Britischen Majestät Schiff Donegal, 84 Kanonen, Sir Richard Strachan, englischer Commodore!« Dann befahl der englische Kommandant: »Schicken Sie ein Boot!«

Preble hatte genug von dem hin und her und rief zu dem Engländer den berühmt gewordenen Satz hinüber: »Dies ist das United States Ship Constitution, 44 Kanonen, Edward Preble, amerikanischer Commodore, der verdammt sein will, bevor er sein Boot an Bord irgendeines Schiffes schickt!« Anschließend gab er laut und unüberhörbar den Befehl an seine Geschützbesatzungen »Blow your matches, boys!«, was soviel bedeutet wie »Entzündet Eure Lunten, Männer!«

Bevor das Zusammentreffen weiter eskalieren konnte, erreichte ein Boot des englischen Schiffes die USS Constitution, und ein britischer Lieutenant übermittelte die Entschuldigung seines Kommandanten. Tatsächlich war die USS Constitution nicht auf die HMS Donegal getroffen, sondern auf die Fregatte HMS Maidstone (32). Die USS Constitution hatte sich dem Engländer so leise genähert, daß der nicht dazu gekommen war, eine korrekte Antwort zu geben, während er damit beschäftigt war, seine Geschütze gefechtsklar zu machen.

Der Vorfall machte Preble nicht nur bei seiner Besatzung, sondern überhaupt in der US Navy und auch bei den britischen Kriegsschiffen im Mittelmeer berühmt, weil der Commodore offensichtlich bereit bewesen war, die USS Constitution in ein Gefecht mit einem doppelt so starken britischen Linienschiff zu führen.

---ENDE DER LESEPROBE---