Schleswig-Holsteinischer Geschichtskalender 1848-51 - Thomas F. Rohwer - E-Book

Schleswig-Holsteinischer Geschichtskalender 1848-51 E-Book

Thomas F. Rohwer

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Beschreibung

1857 veröffentlichte ein anonym gebliebener Offizier der 1851 aufgelösten Schleswig-Holsteinischen Armee auf der Grundlage seines Tagebuches eine minutiöse Darstellung vor allem der militärischen, aber auch der politischen Ereignisse während der »Schleswig-Holsteinischen Erhebung«, dem Kampf der Schleswig-Holsteiner gegen die dänische Vorherrschaft in den beiden Herzogtümern. Die MARITIMEN BIBLIOTHEK veröffentlicht eine editierte vollständige des 1857 im Verlag SCHWETSCHKE & SOHN (Braunschweig) erschienenen Originals mit ergänzenden Texten zur Schleswig-Holsteinischen Erhebung von 1848-51, Karten und einem Personenregister. (Neu gesetzte Ausgabe, kein Reprint einer Ausgabe in Frakturschrift!)

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Die Maritime Bibliothek

Selbstverlag T.Rohwer - Unterjörn 77 - D-24536 Neumünster

www.maritime-bibliothek.de

Vorwort des Herausgebers

Im Jahr 2023 wird sich der Beginn der »Schleswig-Holsteinischen Erhebung« zum einhundertfünfundsiebzigsten Mal jähren. Für die Geschichte des »Landes zwischen den Meeren« hat dieses historische Datum eine ebenso große Bedeutung wie der Deutsch-Dänische Krieg von 1864, der vollendete, was 1848 begonnen wurde, aber letztlich scheiterte.

Für das Verständnis der eigenen Existenz und der eigenen Situation ist es eine Voraussetzung, die eigene Geschichte und die eigene Herkunft zu kennen. Auch deshalb veröffentlicht die Maritime Bibliothek aus Anlaß des bevorstehenden 175. Jahrestages der Schleswig-Holsteinischen Erhebung und des Beginns des schleswig-holsteinischen Freiheitskampfes eine Reihe von zeitgenössischen Berichten als Neuausgabe. Zu diesen gehört auch der »Geschichts-Kalender«, den ein anonymer ehemaliger schleswig-holsteinischer Offizier 1857 als Buch veröffentlichte.

Zum 150.Jahrestag des Krieges von 1864 gab es 2014 etliche Zeitungsartikel und Fernsehsendungen, Bücher und andere Veröffentlichungen mehr. Diejenigen, die in Deutschland dazu veröffentlicht wurden, zielten allem anderen voran darauf, daß »so etwas« (ein Krieg mit dem Zweck der nationalen Einigung bzw. der Durchsetzung der Rechte eines deutschsprachigen Bevölkerungsteils) heute glücklicherweise dank der europäischen Einigung nicht nur völlig unnötig sei, sondern auch als vollkommen unmöglich anzusehen, da der Einsatz militärischer Mittel nicht akzeptabel sei.

Den Sturm der preußischen und österreichischen Truppen, die zum zweiten mal binnen 16 Jahren den von Dänemark bedrängten Schleswig-Holsteinern zur Hilfe kamen, auf die Düppeler Schanzen 1864 betrachtet man heute überwiegend als tragisches und grundsätzlich überflüssiges Kriegsereignis, das viele Menschenleben kostete. Daß es sich dabei durchaus um einen Befreiungskrieg gehandelt hat, wird heute fast vollständig ausgeblendet.

Der wichtigste Grund dafür dürfte sein, daß nach den Erfahrungen des Ersten und vor allem des Zweiten Weltkrieges die Vorstellung, preußisches Militär sei für die Bürgerrechte von Menschen ins Feld gezogen, abwegig erscheint. Im deutsch-dänischen Konflikt - der in Wahrheit in erster Linie immer ein schleswig-holsteinisch-dänischer Konflikt war - sind aus heutiger Sicht die »kleinen Dänen« das Opfer, während das »große Deutschland« als Aggressor gesehen wird. Das ist nach dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Dänemark 1940 auch nachvollziehbar, blendet aber nichtsdestotrotz wesentliche historische Tatsachen aus.

Das deutsche Kaiserreich, in dem Schleswig-Holstein nach 1866 als preußische Provinz im Jahr 1871 endgültig aufging, war keine Musterdemokratie nach heutiger Vorstellung, es war aber ein moderner mitteleuropäischer Rechtsstaat und musste sich hinter den Verhältnissen im Königreich Dänemark in keiner Hinsicht verstecken. Im Gegenteil: die Verhältnisse im deutschen Kaiserreich von 1871 waren toleranter als die in Dänemark noch bis zur Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. So gab es in Dänemark eine regelrechte protestantische Staatsreligion, die immensen Einfluss auf alle Bereiche des Staates und auf die Gesetzgebung hatte, während im Deutschen Reich traditionell die Religionsfreiheit hochgehalten wurde. Auf dem Gebiet des heutigen Schleswig-Holsteins und insbesondere im nördlichen Landesteil, dem Herzogtum Schleswig, trat Dänemark zwischen 1815 und 1864 als Kolonialmacht auf, die eine rücksichtlose »Danisierung« des Landes betrieb und die mehrheitlich deutsche Bevölkerung unterdrückte. Der Gebrauch der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit wurde in vielen Bereichen verboten, insbesondere auch in den Schulen, wo mit Einsatz der Prügelstrafe Kindern die dänische Sprache aufgezwungen wurde, obwohl sie aus deutschsprachigen Familien kamen, die in einem deutschsprachigen Gebiet lebten. Beamte, die sich zu ihrer deutschen Herkunft bekannten, wurden aus dem Staatsdienst entlassen, und sogar das Singen des Schleswig-Holstein-Liedes bei Strafe verboten.

Die Geschichte Schleswig-Holsteins ist insofern auch eine Geschichte vielfältiger dänischer Übergriffe gegen die einheimische Bevölkerung, wobei es bemerkenswerterweise viel weniger die dänische Monarchie war, die sich derartig imperialistisch verhielt, sondern die Kreise der »Nationalliberalen« in Dänemark. Bei genauerer Betrachtung verwundert das indessen nicht, denn die europäischen Königs- und Fürstenhäuser hatten jahrhundertelange Erfahrung damit, wahre Flickenteppiche von Sprach- und Kulturgebieten zu regieren, und taten dies meist mit einer beachtlichen faktischen Toleranz gegenüber den jeweiligen Einwohnern. Die Idee des »Nationalstaates« mit einem einheitlichen Staatsvolk und einer Staatssprache ist dagegen vor allem eine republikanische Idee.

In der dänischen Betrachtung der Ereignisse von 1864 und den Jahren davor, die anläßlich des Jubiliäumsjahres 2014 auch in Deutschland zu sehen waren, fehlt es in dieser Hinsicht durchaus an Selbstkritik, man findet viel Bedauern darüber, daß Dänemark im Krieg gegen Preußen und Österreich einen beträchtlichen Teil seines Staatsgebietes verloren hat, aber wenig über die berechtigten Wünsche des deutschen Bevölkerungsteils, die dänische Oberherrschaft abzuschütteln und sich in Richtung Deutschland zu orientieren. Nicht vergessen sollte man dabei schließlich, daß um 1848 gut ein Drittel der Bevölkerung Dänemarks deutschsprachig war und sich die allermeisten dieser Menschen als Deutsche empfanden, nicht als Dänen.

Die Geschichte der »Schleswig-Holsteinischen-Erhebung« ist die Geschichte eines gescheiterten Freiheitskampfes der Schleswig-Holsteiner, der nicht zufällig im Revolutionsjahr 1848 ausbrach. Preußen wurde damals noch nicht von einem Staatsmann wie Otto von Bismarck geführt, der als Realpolitiker die Einigung Deutschlands als wichtigste langfristige Aufgabe der preußischen Außenpolitik ansah. Preußen war eine kleine europäische Mittelmacht, nicht wirklich stärker als das Königreich Hannover oder das Königreich Sachsen. Das Sagen in der europäischen Sicherheitspolitik hatten andere: England, Rußland, Frankreich und Österreich. Und keinem von denen passte ein unabhängiges deutsches Schleswig-Holstein ins Konzept, geschweige denn eines, das Anschluss an Preußen und die anderen deutschen Mittel- und Kleinstaaten suchen würde.

1864 wurde der Krieg Preußens und Österreichs und anderer deutscher Staaten, völlig zu recht als »Deutsch-Dänischer Krieg« bezeichnet, zur Geburtsstunde eines vereinten deutschen Schleswig-Holsteins. Zankapfel blieben die »nord-schleswigschen Gebiete«, in denen ein starker dänischer Bevölkerungsanteil lebte, der sich plötzlich unter deutscher Herrschaft wiederfand, so wie die Menschen in den weiter südlichen Gebieten Schleswig-Holsteins jahrzehntelang unter dänischer Herrschaft leben mussten.

Nach dem vom Deutschen Kaiserreich verlorenen Ersten Weltkrieg kam es zu einer Grenzkorrektur im Schleswig’schen, die auf einer Volksabstimmung beruhte und längerfristig den Konflikt befriedete. Es mag im ersten Moment sehr zynisch klingen, aber die Besetzung Dänemarks durch das »3.Reich« 1940 bis 1945 dürfte selbst bei eingefleischten Nationalisten das unterschwellige Gefühl beendet haben, man habe noch »eine Rechnung mit Dänemark« offen. Nach 1945 und vor allem im Rahmen der Europäischen Union und mit umfangreichen Schutz der jeweiligen Minderheitenrechte ist heute eine gute und unaufgeregte Nachbarschaft zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark möglich

Alle paar Jahre einmal rauscht kurz eine extreme Meinung dazu durch den Blätterwald, mal in Dänemark, mal in Schleswig-Holstein. Das erzeugt dann auf beiden Seiten der Grenze zuverlässig eine flächendeckende Reaktion »Was soll denn das jetzt? Gibt es denn keine anderen Probleme?« Als ein arg nationalistisch verblendeter dänischer Politiker Ende der 1990er Jahre Anstoß daran nahm, daß der deutsche Rettungsdienst dänische Patienten aus dem dänischen Grenzgebiet nach Flensburg transportierte statt ein dänischer Rettungsdienst in viel weiter entfernte dänische Krankenhäuser, da waren es die dänischen »Grenzlandbewohner«, die ihrem Landsmann empört den Vogel zeigten. Auf dem Weg in die Notaufnahme ist Tempo dann doch klar wichtiger als Nationalstolz.

Zu einer guten Nachbarschaft gehört, niemand weiß das besser als die Schleswig-Holsteiner im Landesteil Schleswig und die Dänen im südlichen Jütland, eine klare Grenze mit einem niedrigen Gartenzaun, in dem es eine unverschlossene Pforte gibt. Bei Bedarf leiht man sich mal ein Werkzeug aus, man nimmt ein Paket für den Nachbarn an, und einmal im Jahr macht man eine unspektakuläre gemeinsame Grillparty. Ansonsten lebt man friedlich nebeneinander her, amüsiert sich über die jeweiligen schrulligen nationalen Eigenheiten, und rückt sich um Himmels Willen nicht zu dicht gegenseitig »auf die Pelle«. 

Daß die zum viel größeren Deutschland gehörenden Schleswig-Holsteiner generell nicht dazu neigen, aufdringlich gegenüber anderen Menschen zu sein, erleichert dieses angenehme »Nebeneinanderherleben« überdies erheblich. Wie sehr die jahrhundertelange Spaltung des Landes heute überwunden ist, lässt sich auch daran erkennen, daß die meisten Menschen im nördlichsten Bundesland heute auf Nachfrage erklären werden, daß sie sich erstens als Schleswig-Holsteiner, zweitens als Deutsche und drittens dann als irgendetwas sonst empfinden. Nur wenige Menschen würden sagen »Ich bin Schleswiger« (außer denen, die in der Stadt Schleswig leben), und wer sich als »Holsteiner« definiert, der verwendet den Begriff als Kurzform und nicht als Zeichen für einen besonderen holsteinischen Regionalpatriotismus.

Eine bodenständige Toleranz ist ohnehin ein Charaktermerkmal der »echten Norddeutschen« (also derer nördlich der Elbe). Daß ausgerechnet in einem Dorf in Dithmarschen das größte Heavy Metal-Festival der Welt stattfinden kann, wundert höchstens außerhalb von Schleswig-Holstein jemanden. Anders als zum Beispiel in Bayern wurden in Schleswig-Holstein auch vor 50 Jahren niemals »Hippie-Kommunen«, die sich in alten Bauernhöfen eingemietet hatten, von den alteingesessenen Bewohnern mit Mistforken und Dreschflegeln aus dem Dorf gejagt. Gelästert wird ja gerne, aber so dicht bedrängt man andere Leute einfach nicht, das gehört sich nicht. Und außerdem ist das »dem Hinnerk sien Hof« - was geht es andere an, an wen der vermietet... 

Der Weg zur Schleswig-Holsteinischen Erhebung - eine geschichtliche Einführung 

Eine umfassendere, tiefergehende Darstellung der schleswig-holsteinischen Geschichte und der Entwicklungen, die zur »Schleswig-Holsteinischen Erhebung« führten, würde den Umfang dieses Buches sprengen, wenn auch das gern zitierte Bonmot des englischen Premiers Palmerston, es gäbe nur drei Menschen, die jemals diese Geschichte verstanden hätten – Prinz Albert, der tot sei, einen deutschen Professor, der darüber den Verstand verloren habe, und ihn selbst, er habe aber alles wieder vergessen – deutlich übertrieben ist.

Der nachfolgende Abriss der schleswig-holsteinischen Geschichte von 1815 bis 1849 soll denjenigen Lesern, die sich bisher nicht besonders mit diesem Thema befasst haben, ermöglichen, die historischen Berichte aus den Jahren der »Erhebung« in einen größeren Gesamtzusammenhang einzuordnen und besser zu verstehen.

Das Jahr 1815, mit dem Ende der aus der Französischen Revolution entsprungenen Napoleonischen Kriegen und dem Wiener Kongress, ist ein geeignetes Datum, um die aus der Sicht von 1848 jüngeren Entwicklungen aufzuzeigen und zu erläutern. Die Revolution und die Kriege hatten das Machtgefüge und die Gesellschaftsstrukturen in Europa gründlich durcheinandergewürfelt, der Wiener Kongress, allen voran von dem Fürsten Metternich betrieben, sollte die alte Ordnung wieder herstellen, und er tat dies auch, vermeintlich jedenfalls, für die nächsten 33 Jahre.

In Wirklichkeit sorgte mehr die allgemeine Kriegsmüdigkeit nach über 23 Jahren eines weltumspannenden und Europa in weiten Teilen verwüstenden Weltkriegs für die nötige Apathie und Sehnsucht nach »Ruhe«, um die Metternich’sche Restauration und das »Biedermeier« zu ermöglichen. Die Konflikte, die die Französische Revolution ausgelöst und in der Folge ganz Europa in den Krieg gestürzt hatten, waren jedoch mitnichten gelöst, sie waren notdürftig verdeckt worden, und schwelten im Untergrund um so stärker weiter.

Der Deutsche Bund

Für Deutschland, das es als ein solches Konstrukt zuvor nie gegeben hatte und auch jetzt nicht gab, bedeutete das Jahr 1815 die Gründung des »Deutschen Bundes«, der nichts weniger war als tatsächlich ein solcher. Der »Deutsche Bund« darf keinesfalls als ein Nachfolger des 1806 untergegangenen »(Heiligen) Römischen Reiches deutscher Nation« interpretiert werden. Er war vielmehr der Versuch der europäischen Großmächte England, Rußland, Frankreich und Österreich, in der Mitte des Kontinents, auf dem Gebiet des späteren Deutschen Kaiserreichs ein Staatenkonstrukt zu errichten und aufrechtzuerhalten, das den Interessen der Großmächte an einem Kräftegleichgewicht entsprach, und das dadurch ein Widerspruch in sich selbst war.

Keine der Großmächte hatte ein Interesse daran, daß in der Mitte des Kontinents ein starker, einheitlicher deutscher Staat entstand, ein »Deutschland«. Und genausowenig bestand ein Interesse daran, dieses Gebiet so sehr zu fragmentieren, daß es zum Spielball der umgebenden Nachbarländer (allesamt europäische Großmächte) werden musste.

Führungsnation des »Deutschen Bundes« wurde nicht zufällig nicht das Königreich Preußen, sondern das Kaiserreich Österreich, dessen Territorien wiederum ganz bewußt zum größten Teil nicht zum »Deutschen Bund« gehören würden. Dasselbe gilt für die Nummer zwei, eben Preußen, das ebenfalls nicht als ganzes Teil des »Deutschen Bundes« werden durfte. Das Ergebnis dieser Konstruktion war verworren, politisch kaum brauchbar, militärisch zersplittert – und im Gegensatz zu den Intentionen seiner Schöpfer außerhalb Deutschlands provozierte es bei großen Teilen der Bevölkerungen der zugehörigen Staaten erst recht den Wunsch nach nationaler Einheit. Die Saat für die nationalen Revolutionsbestrebungen von 1848 wurde insofern im Jahr 1815 gelegt.

Zum »Deutschen Bund« gehörten ein Kaiserreich (Österreich), fünf Königreiche (Preußen, Hannover, Bayern, Sachsen, Würtemberg), ein Kurfürstentum, sieben Großherzogtümer, zehn Herzogtümer, elf Fürstentümer und vier freie Städte. Das Königreich Ungarn sowie die Lombardei, Venetien, Kroatien, Dalmatien und Galizien, wesentliche Bestandteile des Kaiserreichs Österreich gehörten nicht dazu, genauso wenig wie Westpreußen, Ostpreußen und Posen als ganz elementare Bestandteile des Königreichs Preußen.

Auch Dänemark, und dies sollte für die kommende politische Entwicklung von entscheidender Bedeutung sein, gehörte in Teilen zum »Deutschen Bund«, nämlich mit seinen Herzogtümern Schleswig und Holstein.

Der »Deutsche Bund« hatte rudimentäre bundesstaatliche Züge, als sich eine Rechtsordnung des Bundes entwickelte, die die Gliedstaaten in Grenzen band. Der »Deutsche Bund« besaß aber keine Staatsgewalt, sondern nur eine »völkerrechtsvertraglich vermittelte Vereinskompetenz«, wie es der Rechtswissenschaftler Michael Kotulla nennt.* Laut Präambel der Bundesakte hatten sich die Monarchen zu einem »beständigen Bund« vereint, sie sind allerdings als Repräsentanten ihrer Staaten anzusehen. Der Bund hatte die Aufgabe, die innere und äußere Sicherheit der Gliedstaaten zu gewährleisten, und dabei kollidierte er zwangsläufig sofort sowohl mit den sich widersprechenden sicherheits- und außenpolitischen Interessen der Mitgliedsstaaten als auch mit denen der benachbarten europäischen Großmächte.

Dänemark, während des vergangenen Krieges Verbündeter des napoleonischen Frankreichs, hatte den Krieg und den Wiener Kongress als eigenständiges Königreich überlebt, auch wenn die politische Notwendigkeit seiner Existenz durchaus in Frage gestellt worden war. »Warum sollte diese Macht [Dänemark] nicht aufhören zu existieren?« entgegnete der Graf Münster im Januar 1813 dem Freiherrn von Stein, als der darauf hinwies, daß die weitere staatliche Existenz Dänemarks nicht möglich sei, wenn das Land Norwegen verlieren würde, das damals in Personalunion zur dänischen Krone gehörte.

Die Wahrheit war, daß Dänemark als »mittlere europäische Großmacht« benötigt wurde. England, das nur zu den europäischen Großmächten zählte, weil es maritim die unbestrittene Weltmacht war, hatte ein existentielles Interesse daran, die größte (bevölkerungsstärkste und flächengrößte) europäische Großmacht Rußland maritim hinter zwei Meerengen eingesperrt zu wissen. 

Signifikante Besiedlung oder gar Häfen an der europäischen Eismeerküste (im Gebiet des heutigen Murmansk) gab es nicht und sollte es auch noch lange nicht geben. Dasselbe galt für die russische Pazifikküste (auch Wladiwostok gab es noch nicht, sowenig wie relevante Verkehrsverbindungen nach oder durch Sibirien). Rußlands Zugang zum Meer hing von zwei Randmeeren ab, die jeweils durch Meerengen vom Zugang zum offeneren (aber noch lange nicht offenen) Meer abgeschnitten waren. Die Ostsee war durch die dänischen Meerengen gleich mehrfach gestaffelt abgeriegelt, und das Schwarze Meer (das immerhin ganzjährig eisfrei, anders als die – und speziell die östliche – Ostsee) durch Bosporus und Dardanellen. Und dahinter kamen dann jeweils mittelgroße Gewässer, die Nordsee und das Mittelmeer, in denen England die absolute Seeherrschaft besaß.

Die Existenz Dänemark verhinderte, daß Rußland die Herrschaft über die Ostseezugänge erlangte, und als zusätzlichen Nutzen auch, daß Preußen, immerhin Ost- und Nordseeanrainer, die Herrschaft über diese Ostseezugänge erlangen konnte. Genau das führte dazu, daß England 1848 bis 1851 – sehr erfolgreich – alles dafür tat, eine preußische Dominanz auf dem verworrenen Schlachtfeld von Schleswig-Holstein zu verhindern. (Dasselbe trifft auf die Meerengen zwischen Schwarzem Meer und Mittelmeer zu; auch dort war es erklärte Politik Englands, weder Rußland noch Frankreich oder Österreich die Herrschaft über die Meerengen zu erlauben. Eine nicht zu starke, nicht zu schwache Türkei war genau wie eine entsprechende Mittelgroßmacht Dänemark, perfekt für die englischen Interessen.)

Dänemark hatte dabei schon 1801 schmerzhaft Erfahrungen mit der englischen Bereitschaft gemacht, mit der militärischen Macht seiner Marine seine lebenswichtigen Interessen zu sichern – als eine englische Flotte unter Admiral Nelson angesichts des drohenden Bündnisses von Frankreich mit Dänemark und gar einer englandfeindlichen Koalition aus Russland, Dänemark, Schweden und Preußen kurzerhand ohne Kriegserklärung die dänische Flotte im Hafen von Kopenhagen überfiel und zerstörte. (Den Feind zu »copenhagen« wurde ein geflügeltes Wort für solche Vorgehensweise, und in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg durchaus ernsthaft in England als mögliche Maßnahme gegen die Flottenrüstung des deutschen Kaisers Wilhelm II. diskutiert...)

Dänemark und die Herzogtümer

Dänemark umfasste zur Zeit der Schleswig-Holsteinischen Erhebung auf dem europäischen Kontinent das Königreich Dänemark (auf der kimbrischen Halbinsel in dessen nördlichem Teil Jütland kleiner als das heutige dänische Gebiet), das Herzogtum Schleswig (im Süden begrenzt durch die Eider und die Eiderkanal-Linie bis nördlich von Kiel, im Norden weit – fast bis Kolding – in das heutige jütländische Dänemark hineinreichend), sowie das Herzogtum Holstein und das Herzogtum Lauenburg (südlich von Lübeck und nordöstlich von Hamburg).

Das Herzogtum Holstein entsprach dem Gebiet des heutigen Landesteils Holstein, mit Ausnahme Lübecks, das Freie und Hansestadt und eigenständiges Mitglied des Deutschen Bundes war, und mit Ausnahme des aus zwei getrennten Teilen bestehenden Grozherzogtums Oldenburg und des Westen des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz, dem Gebiet um Ratzeburg südöstliche von Lübeck. Ebenfalls zum Herzogtum Holstein gehörten die Städte Altona und Wandsbek, die heute Stadtteile von Hamburg sind; Altona als zweitgrößte Stadt Holsteins nach Kiel. (Altona und Wandsbek wurden 1938 Hamburg zugeschlagen, wofür Schleswig-Holstein als »Ersatz« dann Lübeck erhielt.)

Außerdem zum Königreich Dänemark gehörten Island, Grönland, die Faröer-Inseln und einige Kolonien. An der Küste des heutigen Ghana in Westafrika besaß Dänemark noch vier Stützpunkte als Rest einer größeren Kolonialbesitzung, die ab 1658 errichtet worden war, die letzten vier Forts wurden 1850 an England verkauft. In Indien gab es Ny Danmark (die Nikobaren-Inseln, bis 1848/1868), Serampore (auch Frederiksnagore) in Bengalen (bis 1845) und Trankebar, einen Seehafen an der Koromandelküste (bis 1845). In der Karibik besaß Dänemark die Inseln  Saint Thomas, Saint John und Saint Croix, die alle 1917 an die USA verkauft wurden.

Gut ein Drittel der Bevölkerung des Königreichs Dänemark war deutschsprachig, überwiegend waren das die deutschsprachigen Einwohner der Herzogtümer Schleswig und Holstein. In Dänemark war ab etwa 1830 ein zunehmender dänischer Nationalismus zu verzeichnen, der unter anderem auch das Ziel verfolgte, das Herzogtum Schleswig vollständig zu »danisieren«, was unter anderem zur Folge hatte, daß die Verwendung der deutschen Sprache in den Schulen nicht nur im Unterricht, sondern generell für die Schüler (also auch auf den Schulhöfen) verboten wurde. Besonders prägend für die dänische Politik im 19.Jahrhundert war auch der starke Einfluss der protestantischen Kirche, die den Status der Staatsreligion hatte, und deren Spitzenvertreter große politische Macht besaßen. 

Auch Dänemark blieb von den liberalen, teilweise republikanischen Bestrebungen der Jahre bis 1848 nicht unberührt. Bemerkenswerterweise war es nicht die dänische Monarchie, die eine vollständige Eingliederung Schleswigs und am besten auch Holsteins in den dänischen Staat betrieb, sondern die fortschrittlichen nationalistischen Kreise.

Der Weg zur »Schleswig-Holsteinischen Erhebung«

Der dänische König Christian VIII. versuchte durch seinen offenen Brief vom 8.Juli 1846 die Erbfolgeordnung aufzuheben. Durch diese wäre nach dem zu erwartenden Aussterben der Manneslinie im Königreich die weibliche Linie, in Holstein dagegen die Manneslinie der so genannten jüngeren königlichen Linie (Augustenburger Linie) zur Herrschaft gekommen. Auf diese Weise wollte Christian VIII. das Auseinanderfallen des dänischen Gesamtstaates verhindern, das sorgte jedoch in den Herzogtümern für Empörung. Am 20.Januar 1848 starb der König; sein Sohn Friedrich VII. versuchte vergeblich, einen Kompromiss zwischen (eider)dänischen und schleswig-holsteinischen Interessen zu erreichen. Die zunehmende Eskalation erreichte schließlich nach den Ereignissen im Februar und März (der republikanischen »März-Revolution« in vielen Teilen Europas) einen Höhepunkt. In Dänemark führte die März-Revolution zu einem Übergang von der absolutistischen Monarchie zur konstitutionellen Monarchie, was gleichzeitig die nationalistischen Bestrebungen massiv verstärkte.

Die Bevölkerung in den Herzogtümern Holstein und Schleswig sahen sich durch Geldentwertung und zunehmend höhere Steuern (z.B. Grundsteuern) in der Folge des dänischen Staatsbankrotts von 1813 immer stärker belastet, außerdem waren nach dem Ende der napoleonischen Kriege die Bestrebungen nach einer Einheit Deutschlands (statt des Flickenteppichs aus Königreichen und Herzogtümern) keineswegs schwächer geworden. Große Teile der deutsch gesinnten Bevölkerung erhoben sich 1848 gegen das dänische Königshaus, da man befürchtete, die dänischen »Nationalliberalen« könnten über eine neue Verfassung das Herzogtum Schleswig endgültig vollständig dem Königreich Dänemark einverleiben.

Der militärischen Aufstand der Schleswig-Holsteiner gegen die dänische Herrschaft war nur möglich, weil sowohl das Herzogtum Schleswig als auch das Herzogtum Holstein seit 1815 nennenswerte Truppenverbände unterhielten, die einen beträchtlichen Teil der dänischen Armee ausmachten. Insofern musste man nicht »bei Null« anfangen, als man eine Schleswig-Holsteinische Armee aufstellte, man griff auf die vorhandenen Strukturen, Kräfte und Ausrüstung zurück. In gewisser Hinsicht kann die »Schleswig-Holsteinische Erhebung« insofern auch als Bürgerkrieg mit äußerer Intervention angesehen werden.

Die Staaten des Deutschen Bundes kamen den Schleswig-Holsteinern zunächst militärisch zur Hilfe, im Juli 1849 aber zog sich Preußen auf Druck der europäischen Großmächte England und Russland militärisch aus dem Konflikt zurück. Auch die übrigen Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes ließen die Schleswig-Holsteiner im Stich. 

Die Vereinigung der Landesteile Schleswig und Holstein musste noch 15 Jahre lang warten. Erst die Politik des preußischen Reichskanzlers Otto von Bismarck mit Unterstützung seines Königs Wilhelm I. führte schließlich 1864 zu einem kurzen, heftigen Krieg zwischen Preußen und den anderen deutschen Monarchien sowie Österreichs, das 1864 immer noch als größter und stärkster »deutscher Staat« angesehen wurde, gegen Dänemark.

Am Ende jenes Krieges stand eine vernichtende Niederlage Dänemarks und die Vereinigung Schleswigs und Holsteins als preußische Provinz Schleswig-Holstein. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs und dem Vertrag von Versailles gehörten in der Folge erhebliche Teile des nach 1921 wieder dänischen Jütlands ebenfalls zu Schleswig-Holstein. Es brauchte letztlich drei Kriege (1848-51, 1864, 1914-18) und eine Volksabstimmung, bis die deutschen und dänischen Gebiete Schleswigs endgültig »arrondiert« waren.

*) Michael Kotulla: Deutsche Verfassungsgeschichte. Vom Alten Reich bis Weimar (1495–1934). Berlin 2008.

Hinweise zur Editierung

Dieser Neuausgabe liegt das Original zugrunde, das 1857 im Verlag C.A.Schwetzschke & Sohn (Braunschweig) erschienen ist. Der Autor dieses Buches wird als »schleswig-holsteinischer Offizier a.D.« bezeichnet, es handelt es sich also um eine anonyme Veröffentlichung. Handschriftlich ist in einigen erhaltenen Exemplaren, darunter auch dem für diese Neuausgabe verwendeten aus der »Lokalsammling« des »Flensborg-Hus« der Vermerk auf der Seite vor dem Vorwort des Autors vermerkt: »v.Lübeck«. Mehr ließ sich bisher über den Autor, der zweifellos in einem höheren Stab gedient haben oder guten Zugang zu den Berichten der Schleswig-Holsteinischen Armee und Regierung gehabt haben muss, leider nicht feststellen.

Die Originalausgabe wurde ungekürzt mit größtmöglicher Sorgfalt für die Neuausgabe übertragen und vom Herausgeber editiert. Die altertümliche Schreibweise und Grammatik wurde konsequent beibehalten. Wollte man Texte dieser Art teilweise modernisieren, würde dies zwangsläufig schnell willkürlich werden. Also ist es sinnvoller, sie so zu lassen, wie sie sind – und die altmodische Sprache hat ja auch ihren ganz eigenen Reiz. Aus technischen Gründen wurden die tabellarischen Angaben zu den Verlusten in den einzelnen Gefechten im Layout etwas angepasst, selbstverständlich ohne sie inhaltlich zu verändern.

Der Leser wird übrigens recht bald amüsiert feststellen, daß heutige Debatten über »korrekte Rechtschreibung«, »moderne Rechtschreibung« und »Rechtschreibreform« nur noch begrenzt ernstgenommen werden können, wenn man erkennt, daß vieles, das in der letzten »Rechtschreibreform« als »Modernisierung« verkauft wurde, exakt den Gepflogenheiten der frühen wilhelmischen Kaiserzeit entspricht.

Erste Anregungen zu einer einheitlichen Rechtschreibung stammen aus den Jahren nach 1850; 1879 und 1880 erfolgte die Veröffentlichung der bayerischen und preußischen offiziellen Regelbücher, die dann mit geringen Veränderungen auch im übrigen Deutschland angenommen wurden. Auf der »II.Orthographischen Konferenz« von 1901 wurde die deutsche Schriftsprache erstmals einheitlich geregelt, dies manifestierte sich schließlich im »Duden«.

Vorher gab es eine bunte Vielfalt von Schreibweisen. Und das, was in der letzten Rechtschreibreform »wegreformiert« wurde, ist selbst das Ergebnis einer großen Reform, die 120 Jahre vor ihrer Nachfolge-Reform als altmodisch und unlogisch angesehene Schreibweisen modernisieren sollte. Und so möchten die »Rechtschreibreformer« in manchen Fällen, daß wir heute »ganz modern« wieder so schreiben, wie es zu Kaiser Wilhelms I. Zeiten als korrekt galt und von den damaligen »Rechtschreibreformern« als zu altmodisch verworfen wurde.

Auch der heute so gern verspottete »Deppen-Apostroph« des Genitivs (zB. in »Rendburg’s Befestigungswerke«) ist mitnichten eine »Anglizismen-Mode« aus der jüngsten Zeit – die Genitiv-Form mit »‘s« war schon einmal vor rund 170 Jahren üblich und galt damals als richtig...

Insofern wurde der Text einfach so belassen, wie der anonyme Autor ihn zu Papier gebracht hat. Nur dort, wo es sich um ganz offensichtliche Rechtschreib- bzw. Satzfehler handelt, wurden diese korrigiert. Im Interesse einer Verwendung der Neuausgabe auch für wissenschaftliche Zwecke sind ansonsten Korrekturen vermerkt, so daß sie nachvollziehbar bleiben. Das in der Frakturschrift verwendete eigene Kurzzeichen für die Abkürzung »etc.« wurde in der Neuausgabe durch »etc.« ersetzt. (Eine Entsprechung in der lateinischen Druckschrift gibt es nicht.) Vielen heutigen Lesern nicht geläufig dürften zwei im Text häufig verwendete Abkürzungen sein:

d.d. - steht für » de dato«, es bedeutet sowohl »vom heutigen Tag an« als auch »mit dem heutigen Tag«, »am heutigen Tag«.

c. - steht für »currentis«, eine Kurzform von »anni currentis«, also »im laufenden Jahr«, »laufenden Jahres«.

Einige kleine Korrekturen waren notwendig, da im Original keine vollständig konsistente Schreibweise z.B. von Personen- und Ortsnamen herrscht. Das kann aber schnell zur Verwirrung beim Leser führen. An zwei Stellen findet sich im Original offenkundig eine falsche Datumsangabe, dies wurde für die Neuausgabe korrigiert und durch Fußnoten dokumentiert.

Als ergänzende Information findet sich hinter diesem Kapitel ein Personenregister mit Kurzbiographien wichtiger, im Buch erwähnter Persönlichkeiten der »Schleswig-Holsteinischen Erhebung«.

Anstatt die im Original verwendeten Ortsnamen durch die heute üblichen zu ersetzen, findet sich im Anschluß an diese Hinweise eine Übersicht der alten Ortsnamen und ihrer heutigen Entsprechungen. Auf den beigefügten Landkarten werden der Einfachheit halber die heutigen Ortsnamen verwendet. 

Militärische Fachbegriffe und andere Begriffe, die im Text vorkommen und nicht unbedingt als jedem Leser bekannt vorausgesetzt werden können, sind durch Fußnoten erläutert, die sich jeweils am Ende der Jahres-Kapitel finden. Das Original-Buch enthält keine Fußnoten seines Verfassers. Am Schluss des Buches geben zwei Landkarten eine Übersicht über die örtlichen Gegebenheiten Schleswig-Holsteins, Südjütlands und der angrenzenden Inseln in der Zeit von 1848.

Personenregister

Baudissin, Otto Friedrich Magnus von Graf von (*1792; †1865)

Bruder von Wolf Heinrich Graf von Baudissin, gehörte zu dem ursprünglich aus der Oberlausitz stammenden, im Dreißigjährigen Krieg nach Schleswig-Holstein gekommenen Adelsgeschlecht Baudissin. Er trat in dänische Militärdienste und stieg bis 1848 bis zum Major auf. In der schleswig-holsteinischen Bewegung kämpfte er auf der Seite seiner Landsleute. Er setzte die Frage an die Soldaten durch, »ob jeder es darauf ankommen lassen wolle, nach Dänemark geschickt zu werden, um gegen seine Landsleute zu fechten, oder ob er mit diesen sein Vaterland gegen die Dänen zu verteidigen entschlossen sei«. Das trug zum Übertritt vieler Soldaten zur Schleswig-Holsteinischen Armee bei.

Als Oberst hielt er sich mit seiner Einheit im Gefecht bei Bau zwei Stunden lang gegen eine dreifache Überzahl und erleichterte dadurch den Rückzug der Hauptarmee. Im Sommer 1849 wurde er im Gefecht bei Kolding und 1850 in der Schlacht bei Idstedt schwer verwundet. Nach Wilhelm von Willisens Rücktritt wurde ihm der Oberbefehl über die schleswig-holsteinische Armee übertragen, er lehnte jedoch ab, da er unter den bestehenden Umständen einen Ausländer für geeigneter hielt. Im Februar 1851 erhielt er mit den übrigen Offizieren seinen Abschied und lebte seitdem, mit Kunststudien beschäftigt, in Hamburg und Dresden.

Beseler, Wilhelm Hartwig (*1806; †1884)

Deutscher Politiker, 1848 Präsident der Provisorischen Regierung von Schleswig-Holstein. Er studierte von 1823 bis 1827 Rechtswissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Nach den Examen machte er Karriere als Beamter im Herzogtum Schleswig.

Seit den 1840er Jahren engagierte sich Beseler in der deutschgesinnten schleswig-holsteinischen Bewegung, die einen Zusammenschluss der beiden Herzogtümer unter deutscher Oberhoheit forderte. 1844 bis 1846 Mitglied der Schleswigschen Ständeversammlung. 1846 Mitunterzeichnern eines offenen Briefes an Christian VIII., weshalb ihm die weitere Mitgliedschaft in der Ständeversammlung verweigert wurde. Daraufhin trat Beseler 1847 aus dem Staatsdienst aus und war als Publizist tätig.

Nach der Erhebung der Herzogtümer Schleswig und Holstein am 24.3. gegen Dänemark wurde Beseler Präsident der provisorischen Regierung für Schleswig-Holstein in Kiel. Im Namen der Frankfurter Nationalversammlung wurde er Statthalter der provisorischen Reichsregierung in Schleswig-Holstein. Vom 23.11.1848 bis zum 21.5.1849 war Beseler Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung als Abgeordneter für Itzehoe. Von Januar bis April 1849 fungierte er als Erster Vizepräsident des Parlaments. 1849 nahm er die Paulskirchenverfassung für Schleswig-Holstein an und führte das Land bis 1851.

1851 wurde er wegen »Teilnahme am antidänischen Widerstand« angeklagt und aus Schleswig-Holstein ausgewiesen. Bis 1858 lebte er als Publizist in Braunschweig, anschließend in Heidelberg. 1860 wurde er von der Universität Bonn zum Regierungsrat und Kurator bestellt. 

Blome, Baron Adolph (Adolf) von, (*1798; †1875)

Holsteinischer Gutsbesitzer, Jurist, dänischer Diplomat und Politiker. Er studierte Rechtswissenschaft an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Georg-August-Universität Göttingen. Nach den Examen trat er in den dänischen diplomatischen Dienst. Von 1832 bis 1841 war er dänischer Gesandter in London.

Nach dem Tod seines Onkels Otto von Blome übernahm er 1849 das Gut Heiligenstedten mit den Marschgütern Bahrenfleth, Bekmünde, Bekhof und Blomesche Wildnis. 1848 gehörte er der schleswig-holsteinischen Landesversammlung an und war von 1851 bis 1852 Vorsitzender der Obersten Zivilbehörde in den Herzogtümern. 1852 bis 1856 war er Verbitter (Rechtsvertreter) des Adeligen Klosters Itzehoe. 1856 wurde er Mitglied des dänischen Reichsrats. In den Auseinandersetzungen über die Schleswig-Holstein-Frage lehnte er die Erbansprüche von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg ab. Er befürwortete nach dem Krieg gegen Dänemark 1864 den Anschluss der beiden Herzogtümer an das Königreich Preußen, was zwei Jahre später auch erfolgte.

Bonin, Eduard Wilhelm Ludwig von, (*1793; †1865)

Preußischer General der Infanterie und Kriegsminister. Bonin nahm ab 1806 im Regiment des Herzogs von Braunschweig-Oels an den Napoleonischen Kriegen teil. 1809 Fähnrich im 1.Garde-Regiment zu Fuß, 1810 Sekondeleutnant. Bonin nahm als Adjutant bei der Gardebrigade während des Feldzuges 1813/14 an den Schlachten bei Großgörschen, Bautzen und Leipzig mit. Für seinen Einsatz in der Schlacht bei Paris erhielt Bonin das Eiserne Kreuz I.Klasse. 1817 Hauptmann, 1829 Major, 1842 Oberst. Ab 9. März 1848 befehligte Bonin die 16.Infanterie-Brigade.

Im Schleswig-Holsteinischen Feldzug übernahm er am 26.3.1848 das Kommando der preußischen Linienbrigade, wirkte an deren Spitze mit Auszeichnung in den Gefechten bei Schleswig und Düppel mit. Dafür wurde ihm der Orden Pour le Mérite verliehen. Nach Abschluss des Malmöer Waffenstillstands wurde Bonin zum Oberbefehlshaber des Schleswig-Holsteinischen Heeres ernannt, das er im Winter 1848/49 reorganisierte und deutlich verstärken konnte. An der Spitze des Heeres kämpfte er am 20. und 22.4.1849 siegreich bei Kolding, konnte aber Fredericia nicht einnehmen und wurde am 6.Juli zurückgeschlagen. Nach dem zweiten Waffenstillstand zwischen Preußen und Dänemark legte er im April 1850 sein Kommando nieder und ging in die Preußische Armee zurück.

1852 wurde er zum Generalleutnant und Kriegsminister ernannt. 1854 trat er zurück, weil er während des Krimkriegs die preußische Politik von russischem Einfluss zu befreien gesucht hatte. 1858 wurde er vom Prinzregenten erneut mit dem Kriegsministerium betraut, aber im Dezember 1859 wegen Meinungsverschiedenheiten bei der Reorganisation der Armee wieder entlassen und zum Kommandierenden General des VIII.Armee-Korps in Koblenz ernannt. Er starb im aktiven Dienst 1865 in Koblenz.

Christian VII., (*1749; †1808)

König von Dänemark und Norwegen von 1766 bis 1808 und Herzog von Schleswig und Holstein sowie von 1766 bis zum Vertrag von Zarskoje Selo 1774 Graf von Oldenburg und Delmenhorst. Er stammte aus dem Haus Oldenburg. Christian VII. galt als geistesgestört. Der Nachwelt bekannt ist er vor allem wegen der Affäre um seinen Leibarzt Johann Friedrich Struensee. 

Christian VIII., (*1786; †1848)

König von Dänemark und Herzog von Schleswig, Holstein und Lauenburg von 1840 bis 1848. 1814 kurzzeitig König von Norwegen. 

Nachdem Friedrich VI. am 3.12.1839 ohne männliche Nachkommen gestorben war, wurde Christian Friedrich am 28.6.1840 als Christian VIII. zum König von Dänemark gekrönt. Die liberalen Kräfte setzten große Hoffnungen auf ihn, die er jedoch nur teilweise erfüllte. So bekam Kopenhagen 1840 eine neue Verfassung, eine Kommunalreform wurde durchgeführt, die zur Grundlage für die lokale Selbstverwaltung wurde, und Dänisch zur Rechts- und Verwaltungssprache in Nordschleswig bestimmt. In Island wurde das Althing (Parlament) wiederbelebt und der freie Handel 1843 eingeführt.

Das größte Problem seiner Regierungszeit war, daß der dänische Gesamtstaat durch die Spannungen zwischen Dänen und Deutschen Gefahr lief, auseinanderzubrechen. Christian VIII. reagierte darauf planlos und unentschlossen. Sein wichtigster Berater war Johan Gunder Adler, seit 1814 sein Kabinettssekretär. Er behielt alle Minister seines Vorgängers. Als Statthalter der Herzogtümer setzte er traditionsgemäß seinen Schwager Friedrich von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, einen erklärten Gegner der dänischen Sprache, ein. Gegenüber Orla Lehmann und seinen Anhängern, die eine neue liberale Verfassung für Dänemark forderten, verwies er auf die alte Ständeverfassung, er fürchtete, daß jede Änderung zugunsten der nationalen Kräfte das Gleichgewicht des Gesamtstaats gefährden würde. 

Christian August, Herzog von Schleswig-Holstein-Glücksburg, (*1798; †1869)

Ab 1814 Chef der Augustenburger Linie des Hauses Oldenburg. Er trat für die Unabhängigkeit von Schleswig und Holstein von Dänemark ein. Nach dem Scheitern seiner Bestrebungen leistete er unter Zwang 1852 einen politischen Betätigungsverzicht, ohne jedoch seine Erbansprüche formell aufzugeben.

Im Jahr 1846 protestierte er gegen den »offenen Brief« des dänischen Königs Christian VIII. durch die Niederlegung seines Mandats in der Ständeversammlung. 1848 wurde er zum Abgeordneten der preußischen Nationalversammlung gewählt. 1848–49 unterstützte Christian August die schleswig-holsteinische Unabhängigkeitsbewegung und nahm während des Feldzuges gegen Dänemark als Generalleutnant an den Gefechten bei Schleswig, Düppel, Idstedt, Missunde und Friedrichstadt teil. Nach dem Ende des Krieges und der »Olmützer Punktation« wurde er verbannt. Im Jahr 1852 übertrug er seine Besitzungen in Schleswig-Holstein an Dänemark, verzichtete aber nicht auf seine Erbansprüche. Anschließend lebte er als Rittergutsbesitzer von Schloss Primkenau in Niederschlesien, wurde Ende Mai 1857 in der der Preußischen Armee aktiv und undMitte Oktober 1861 zum General der Kavallerie befördert. 1863 übertrug er seine herzoglichen Anrechte auf seinen ältesten Sohn Friedrich. 

Dahlmann, Friedrich Christoph, (*1785; †1860)

Deutscher Historiker und Staatsmann; bekannt als einer der »Göttinger Sieben«, gehörte  von 1848/1849 der Frankfurter Nationalversammlung an. Als Mitglied im Verfassungsausschuss war er auch Mitverfasser der Frankfurter Reichsverfassung von 1849. 

Dahlmann spielte eine wichtige Rolle in der liberal-nationalen Bewegung des Jahrs 1848. Der Verfassungsentwurf der 17 Vertrauensmänner, in welchem der Einheitsgedanke zu entschiedenem Ausdruck kam, ist hauptsächlich Dahlmanns Werk. Er war Referent des Verfassungsausschusses der Nationalversammlung und 1848 Mitglied und Vizepräsident des Vorparlaments. Er trat für die Einigung unter Preußens Führung mit Ausschluss Österreichs ein. Im September 1848 trug er in der Nationalversammlung zum Sturz des Gesamt-Reichsministeriums bei, da er den Malmöer Waffenstillstand ablehnte. Es gelang ihm aber nicht, eine neue Regierung zu bilden. 1849 trat er noch entschieden für die Kaiserkrone für den preußischen König ein. Zur Teilnahme am Gothaer »Nachparlament« und zur Unterstützung der preußischen Erfurter Union entschloss sich Dahlmann nur unter großem Zögern, doch ließ er sich in das Erfurter Unionsparlament wählen und trat auch im Sommer 1850 in die preußische Erste Kammer ein.

Eulenburg, Friedrich Albrecht Graf zu  (*1815; †1881)

Preußischer Jurist und Beamter, ab 1844 im preußischen Ministerium des Inneren, ab 1845 im Regierungskollegium in Merseburg. 1850 Regierungsrat, dann Vortragender Rat, bis 1852 im Ministerium des Inneren, danach im diplomatischen Dienst. 1850 vorübergehend nach Schleswig-Holstein entsandt.

Frederik (Friedrich) Karl Christian VII., (*1808; †1863)

Von 1848 als Nachfolger seines Vaters bis zu seinem Tod König von Dänemark. Als König folgte er bald dem Wunsch der Liberalen, eine Gesamtstaatsverfassung für die ganze Monarchie mit Einschluss der Herzogtümer Schleswig und Holstein ausarbeiten zu lassen. Die politische Unruhe wurde durch die Februarrevolution in Paris auch in Dänemark verstärkt. Da sich die nationalen Beziehungen zwischen den deutschen und den dänischen Einwohnern des Gesamtstaates verschärften und vor allem die Stellung des Herzogtums Schleswig zwischen den liberalen Gruppierungen beider Nationen umstritten war, eskalierte der Konflikt im März 1848 in der Märzrevolution, worauf die Schleswig-Holsteinische Erhebung begann.

---ENDE DER LESEPROBE---