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Von Geburt an reich; mächtig aus Tradition: Die Fortunes sind die ungekrönten Könige Dakotas. Nur in der Liebe stehen den Mitgliedern der erfolgsverwöhnten Familie echte Herausforderungen bevor! ALLES AUF LIEBE? von KATHIE DENOSKY Ein Trip im Privatjet, eine Luxussuite, Champagner und Kaviar für zwei. Casinobesitzer Blake lässt nichts aus, um die attraktive Sasha zu verführen. Allerdings nur, weil er sie für die Geliebte seines verhassten Halbbruders hält! Gefühle sind nicht im Spiel. Oder? DIE HEISSE NACHT IN SEINEN ARMEN von JAN COLLEY Skylar Fortune braucht keinen Mann. Sie ist reich und hat eine große Familie. Doch die leidenschaftliche Nacht in den Armen des sexy Neuseeländers Zack Manning ist nicht ohne Folgen geblieben – und plötzlich scheint Skylar doch einen Mann zu brauchen … SAG MIR LEISE, WAS DU WILLST … von HEIDI BETTS Lange war Maya für Creed Fortune nur die unscheinbare Tochter seiner Stiefmutter. Doch eine erhitzte Auseinandersetzung führt zu einem Kuss, der Creeds Verlangen weckt – das er sich verbieten muss! Nichts können die mächtigen Fortunes weniger gebrauchen als einen Skandal!
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Seitenzahl: 535
Kathie DeNosky, Jan Colley, Heidi Betts
JULIA COLLECTION BAND 176
IMPRESSUM
JULIA COLLECTION erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
Neuauflage in der Reihe JULIA COLLECTION, Band 176 09/2022
© 2007 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „Mistress of Fortune“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Angelika Arden Deutsche Erstausgabe 2014 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe COLLECTION BACCARA, Band 339
© 2007 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „Expecting a Fortune“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Silke Schuff Deutsche Erstausgabe 2014 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe COLLECTION BACCARA, Band 340
© 2007 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „Fortune‘s Forbidden Woman“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Silke Schuff Deutsche Erstausgabe 2014 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe COLLECTION BACCARA, Band 341
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 09/2022 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751511865
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
„Guten Morgen. Sasha Kilgore am Apparat, Assistentin für Public Relations.“
„Hi, Sasha. Hier ist Blake Fortune.“
Beim Klang seines sanften Baritons, der durch den Hörer an ihr Ohr drang, setzte Sashas Herzschlag für einen Moment aus. Sie musste sich daran erinnern, das Atmen nicht zu vergessen. „Hallo, Blake. Was kann ich für dich tun?“
„Ich möchte dich um einen Gefallen bitten, Sasha.“
Jedes Mal, wenn er ihren Namen aussprach, durchrieselte sie ein köstlicher kleiner Schauer. Als Schulmädchen war sie heftig in den jüngsten Sohn der Familie Fortune verliebt gewesen. Ihre Schwärmerei wurde allerdings nicht erwidert. So ganz war sie wohl noch nicht darüber hinweg. „Sehr gern, ich werde mein Bestes tun“, antwortete sie und hoffte, dass sie sich nicht allzu eifrig anhörte. „Was brauchst du denn?“
„Dich.“
„Mich?“ Ihr Pulsschlag beschleunigte sich, und sie hatte plötzlich das Gefühl, im luftleeren Raum zu schweben.
„Ich bin ziemlich spät dran, mit so einer Bitte zu kommen, das ist mir klar, doch ich bin in der Klemme. Ende dieses Monats eröffne ich hier in Deadwood hoffentlich ein neues Casino, und ich brauche deine Hilfe bei der Werbekampagne, damit die Sache richtig ins Rollen kommt. Mir liegt daran, auch die Sommerurlauber für das Casino zu gewinnen.“
Natürlich war es absolut lächerlich, aber sie verspürte eine seltsame Enttäuschung, weil es sich um einen geschäftlichen und nicht um einen persönlichen Gefallen handelte, den er von ihr wollte. „Mit Hotels und Spielcasinos habe ich nicht unbedingt Erfahrung.“
Warum hatte er nicht seinen eigenen Public-Relations-Manager damit beauftragt? Er hatte doch sicherlich einen. Immerhin war dies das dritte Casino, das er innerhalb der letzten vier Jahre eröffnete. Außerdem hatte sie Gerüchte gehört, dass Blake mittlerweile seine eigene Firma gegründet hatte.
„Komm schon, Süße. Wir wissen beide, dass du zu den Besten in deinem Job gehörst. Sonst würdest du ja wohl kaum für Dakota Fortunes arbeiten.“
Bei dem Kosewort lief ihr erneut ein Schauer über den Rücken. Sein Kompliment tat ihr gut, mehr, als es sollte. „Also setzt du jetzt Charme und Schmeicheleien ein, um dein Ziel zu erreichen?“
„Funktioniert es?“
Sie lachte. „Nein. Aber es ist schön, das zu hören.“
„Sag mir, dass du mir aus dieser Klemme hilfst, Sasha. Mein Public-Relations-Manager hat wegen einer dringenden Familienangelegenheit Urlaub genommen, seine Frau hat Zwillinge bekommen. Ich stehe also mit dem Rücken zur Wand. Das Fortune’s Gold öffnet in drei Wochen.“
„Ich war noch nie in einem Casino und im Gold schon gar nicht, daher wäre es ziemlich schwierig, Ideen für eine Kampagne zu entwickeln“, wandte sie ein.
„Kein Problem. Du bestimmst den Zeitpunkt, und ich schicke dir meinen Privatjet, damit er dich abholt.“
„Ich könnte vielleicht im Internet recherchieren und …“
„Du bekommst ganz sicher eine bessere Vorstellung, wenn du dir die Gegebenheiten vor Ort ansiehst“, beharrte er.
Sasha unterdrückte einen Seufzer. Die Männer der Fortunes akzeptierten kein Nein, das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Sie griff nach ihrem elektronischen Kalender und studierte die Einträge. „Der früheste freie Termin wäre übermorgen. Ist dir das recht? Oder passt es dir nächste Woche besser?“
„Freitag ist großartig. Ich freue mich schon auf unser Wiedersehen. Plan doch das Wochenende mit ein. Wir können dann am Montagmorgen zusammen nach Sioux Falls zurückfliegen.“
„Das wären drei Tage“, gab sie zu bedenken.
„Deine mathematischen Fähigkeiten sind beeindruckend.“
„Und deine Hartnäckigkeit ist ärgerlich.“
Sein dunkles Lachen war entwaffnend. Soweit sie sich erinnern konnte, hatte sie ihn seit Jahren nicht lachen gehört und war daher zu dem Schluss gekommen, dass seine Brüder Case und Creed recht hatten. Sie waren der felsenfesten Überzeugung, Blake hätte keinen Sinn für Humor. Offensichtlich lagen sie damit falsch.
„Komm schon, Sasha. Dir kommen bestimmt jede Menge Ideen dazu, was meine potenziellen Hotelgäste ansprechen könnte, wenn du erst mal hier bist. Die Umgebung und die Atmosphäre helfen dir garantiert dabei, eine wirkungsvolle Werbekampagne zu entwickeln. Und außerdem tut es dir gut, mal aus dem Alltagstrott herauszukommen.“
Oh, er war gut. Er wusste ganz genau, was er sagen musste, um sie davon zu überzeugen, wie wichtig es für ihn war, dass sie das Wochenende mit ihm verbrachte, um an dieser Werbekampagne zu arbeiten.
„Es wäre schön, mal wegzukommen“, sagte sie langsam. „Ich kann nur nicht abschätzen, wie viel Zeit es in Anspruch nimmt, einen vernünftigen Plan auszuarbeiten.“
„Ich dachte, wenn du schon hier bist, könntest du dir auch die anderen Casinos ansehen. Vielleicht hast du ja Vorschläge, wie man die Werbung dafür optimieren kann.“ Nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: „Aber falls das ein Problem ist …“
Er ließ den Satz unbeendet. Sasha schüttelte den Kopf. Blake verstand es wirklich hervorragend, seinen Willen durchzusetzen. „Nein, es ist kein Problem, meine Pläne für das Wochenende zu ändern.“ Genau genommen hatte sie eigentlich nichts anderes vorgehabt, als ihre Wohnung zu putzen und sich einen Marathon mit Julia-Roberts-Filmen zu gönnen.
„Dann ist es abgemacht. Ich sage meinem Piloten Bescheid, dass er dich am Freitag um acht Uhr morgens am Flughafen erwarten soll. Und, Sasha?“
„Ja?“
„Danke.“
Seine Stimme klang bei diesem Wort so weich und verführerisch, dass sie ein Kribbeln in der Magengegend verspürte. Bevor sie etwas erwidern konnte, hatte er aufgelegt.
„Wer war das?“
Beim Klang der vertrauten Männerstimme blickte sie auf. Creed Fortune stand in der Tür und musterte sie misstrauisch.
„Das war dein Bruder Blake“, antwortete sie vorsichtig.
„Halbbruder“, korrigierte er sie unwirsch. „Was wollte er?“
Es war eine bekannte Tatsache, dass Creed und Blake sich trotz ihrer engen Verwandtschaft nicht gerade nahestanden. Weit davon entfernt. Im besten Fall begegneten sie sich mit unterkühlter Höflichkeit, im schlimmsten mit offener Feindseligkeit.
„Blakes Public-Relations-Manager hat Urlaub. Er hat mich gebeten, ihm bei einer Werbekampagne für sein neues Casino zu helfen.“ Sie wich seinem Blick aus und beschäftigte sich damit, ihren Termin mit Blake in den Kalender einzutragen.
Wieso nur hatte sie das Gefühl, als wäre sie Creed gegenüber nicht loyal, nur weil sie seinem Bruder einen Gefallen tat? Sie waren nie etwas anderes als Freunde gewesen.
„Und? Wirst du es tun?“
Die Missbilligung in seinem Ton sagte ihr, dass sie Blake seiner Meinung nach zurückweisen sollte. Sie nickte. „Ich sehe keinen Grund, der dagegen spricht.“
„Ich kann dir einen verdammt guten Grund nennen“, erwiderte Creed, seine Miene war finster. „Diesem Mistkerl darf man nicht über den Weg trauen. Ich würde mein Vertrauen eher in eine Klapperschlange setzen als in Blake Fortune.“
„Es ist schrecklich, dass du so etwas von deinem Bruder sagst, Creed.“ Sie selbst war ein Einzelkind und hatte sich immer einen Bruder oder eine Schwester gewünscht. Sie konnte nicht begreifen, dass jemand so feindselige Gefühle gegenüber seinen Geschwistern hegte. „Es spielt keine Rolle, ob ihr euch versteht oder nicht. Blake ist nun einmal ein Teil deiner Familie.“
Creed brummte abfällig. „Ja, und zwar der schlimmste Teil.“
Sasha blickte ihn ernst an und wählte ihre Worte mit Bedacht: „Du bist einer meiner besten Freunde, Creed, und ich schätze unsere Freundschaft sehr, aber verlange nicht von mir, dass ich Partei ergreife. Was immer auch zwischen Blake und dir stehen mag, ich habe nichts damit zu tun.“
Er kniff die Lippen zusammen und nickte. „Ich will nur, dass du vorsichtig bist. Du solltest in seiner Nähe gut auf dich aufpassen, er könnte dich verletzten. Blake ist genau so wie seine Mutter. Und von ihr ist noch nie irgendwas Gutes gekommen. Sie ist ein sehr unangenehmer Mensch und daran wird sich garantiert nichts mehr ändern.“
Sasha schenkte ihm ein versöhnliches Lächeln. „Vermutlich wird er mir über dich etwas Ähnliches erzählen. Warum gehst du nicht zurück in dein Büro und tust was Produktives? Dann kann ich mich auch wieder an die Arbeit machen.“
Noch lange, nachdem Creed sie allein gelassen hatte, grübelte sie darüber nach, was wohl für die Zwistigkeiten der Geschwister verantwortlich sein mochte. Case und Creed, die beiden älteren Söhne der Familie, machten keinen Hehl daraus, dass sie nichts von ihrem jüngeren Bruder hielten. Soweit sie das beurteilen konnte, beruhte die Abneigung durchaus auf Gegenseitigkeit.
Blake war sogar so weit gegangen, Dakota Fortunes, die Firma der Familie, zu verlassen. Er arbeitete schon lange nicht mehr in dem millionenschweren Unternehmen, das sein Großvater gegründet hatte. Blake hatte sich in der Spielindustrie von South Dakota sein eigenes Imperium geschaffen. Er hielt zwar noch ein beachtliches Aktienpaket von Dakota Fortunes und war Mitglied des Aufsichtsrates, hatte aber nichts mehr mit dem Tagesgeschäft der Firma zu tun.
Sasha lehnte sich in ihrem lederbezogenen Bürosessel zurück und betrachtete nachdenklich den neuen Eintrag in ihrem Kalender. Wie es aussah, drohte die Feindseligkeit zwischen den Brüdern zu eskalieren. Jeder von ihnen erwartete offenbar, dass die Menschen in ihrer Umgebung sich in diesem Kampf auf die eine oder andere Seite schlugen. Sie hatte jedoch keineswegs die Absicht, das zu tun.
Leider war ihr nicht recht klar, wie sie es vermeiden sollte. Mit einem der Brüder verband sie eine enge Freundschaft und der andere schaffte es seit jeher, ihr mit einem einzigen Blick weiche Knie zu verursachen. Nicht gerade die besten Voraussetzungen, nicht zwischen die Fronten zu geraten.
Sie seufzte und schüttelte den Kopf, um diese bedrückenden Gedanken zu vertreiben. Leider vergeblich, sie kam mit ihrer Grübelei nicht los von den Fortune-Brüdern, daher öffnete sie den Browser auf ihrem Computer und machte sich daran, über die Spielcasinos in Deadwood zu recherchieren. Da kam eine Menge Arbeit auf sie zu.
Ansonsten nahm sie sich vor, aufmerksam zu verfolgen, was vor sich ging. Falls zwischen Blake und Creed ein offener Krieg ausbrechen sollte, konnte jeder, der ihnen dabei im Weg stand, nur allzu leicht zum Opfer werden. Das durfte sie auf keinen Fall vergessen. Sie würde auf der Hut sein und in Deckung gehen, falls sich die Lage zuspitzte.
Blake saß im Fond seiner Firmenlimousine und richtete den Blick auf die Rollbahn des kleinen privaten Flugplatzes in der Nähe von Deadwood. Sein Learjet war gelandet und kam langsam auf den Wagen zugerollt. Nach dem Telefonat mit Sasha hatte er einige Tage damit verbracht, die letzten Arbeiten an seinem neuesten und luxuriösesten Spielcasino mit angeschlossenem Hotel zu überwachen, und hatte diverse Gespräche mit Bauarbeitern und Inneneinrichtern geführt.
Er war fest entschlossen, das Fortune’s Gold zum ersten Haus am Platz in Deadwood zu machen. Das neue Casino war eine sinnvolle Ergänzung für seine kürzlich gegründete Firma, die Fortune Casino Corporation. Zusammen mit dem Belle of Fortune, das wie ein Schaufelraddampfer aus dem neunzehnten Jahrhundert eingerichtet war, und dem familienfreundlichen Hotelcasino Lucky Fortune, wo Eltern ihren Nachwuchs im hoteleigenen Kindergarten gut aufgehoben wussten, würde er so ziemlich alle Bedürfnisse und Wünsche abdecken, sobald sein neuestes Casino in Betrieb war.
Er ging erneut die Liste der zu erledigenden Dinge im Kopf durch und kam zu dem Schluss, dass er sich nur noch um ein paar letzte Details kümmern musste, danach konnte er sich die nächsten zwei Tage auf Sasha und seine Mission konzentrieren. Er hatte nicht gelogen, als er ihr sagte, sein Public-Relations-Manager sei im Urlaub, weil seine Frau Zwillinge zur Welt gebracht hatte. Er hatte ihr nur verschwiegen, dass er den armen Mann geradezu dazu zwingen musste, sich freizunehmen. Die Werbekampagne für das Fortune’s Gold war nicht der eigentliche Grund für seinen Anruf bei Sasha gewesen. Ebenso wenig wie für seine Bitte an sie, das Wochenende mit ihm in Deadwood zu verbringen.
Auf dem Hochzeitsempfang seines ältesten Bruders Case im Februar war Creed in Sashas Begleitung erschienen. Da hatte er sich daran erinnert, die beiden im vergangenen Jahr schon bei verschiedenen gesellschaftlichen Anlässen oder Familienfesten zusammen gesehen zu haben. Daraus schloss er, dass mehr als Freundschaft sie verband und dass Sasha für seinen Bruder etwas ganz Besonderes war. Das konnte gar nicht anders sein, denn Creed war für seinen Verschleiß an Frauen berüchtigt. Seine Affären dauerten immer nur wenige Tage, dann wandte er sich einer neuen Eroberung zu. Für Sasha indessen schien sein Bruder tiefere Gefühle zu hegen. Das fand er höchst interessant, außerdem war das sehr nützlich.
Sasha war in die erste Klasse der Highschool gegangen, als er seinen Abschluss gemacht hatte. Sie waren sich nie besonders nahegekommen, aber sie hatten gemeinsam einen Fotokurs besucht. Er hätte damals schwören können, dass das scheue Mädchen mit den kastanienbraunen Locken für ihn schwärmte. Soweit er sich erinnerte, hatten sie nie länger miteinander gesprochen.
Er hatte sie jedoch mehrere Male dabei ertappt, wie sie ihn mit ihren schönen grünen Augen musterte. Sie hatte dann immer schnell den Blick abgewandt und war rot geworden. Offenbar war sie in den letzten Jahren über ihre Schwärmerei hinweggekommen und schenkte ihre ungeteilte Aufmerksamkeit nun dem mittleren der Fortune-Brüder.
Blake musste lächeln. Es war höchste Zeit, dass er die Situation klärte und einforderte, was eigentlich ihm zustand. Ganz abgesehen davon, dass es ihm ein Vergnügen wäre, Creed eins auszuwischen.
Der Pilot brachte die Maschine nur wenige Meter von der Limousine entfernt zum Halten. Als die Tür des Jets sich öffnete, verließ Blake den Wagen, ging ihr entgegen und streckte Sasha einen Arm hin, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein. Während sie die ausgeklappte Treppe hinunterstieg, nahm sie seine Hand. Der Kontakt mit ihrer zarten Haut jagte ihm einen Schauer über den Rücken.
„Es ist schön, dich wiederzusehen, Sasha“, sagte er und ignorierte seine körperliche Reaktion auf die Berührung geflissentlich.
Als sie neben ihm stand, umarmte er sie zur Begrüßung. Er spürte, wie sie in seinen Armen leicht zitterte, und unterdrückte ein zufriedenes Lächeln. Es war noch viel zu früh, um seine wahren Absichten preiszugeben. Er wollte erst einmal sicher sein, dass er Erfolg haben würde.
„Wie war der Flug?“, fragte er und trat einen Schritt zurück.
Ihrem Gesichtsausdruck konnte er entnehmen, dass der innige Empfang sie verwirrte, genau, wie er beabsichtigt hatte. Er wollte sie aus der Deckung locken und sie in Sicherheit wiegen.
„Angenehm und ziemlich ruhig“, antwortete sie.
Er deutete die zarte Röte auf ihren Wangen als ermutigendes Zeichen und vertraute darauf, dass sein Plan reibungslos funktionieren würde. „Das freut mich. Um diese Jahreszeit kann es durchaus zu Turbulenzen kommen.“
Die Aprilsonne schimmerte nur schwach durch die dichte Wolkendecke. Eine kalte Böe zerzauste Sashas rotbraune Locken, die sich aus dem Haarknoten gestohlen hatten. Blake legte ihr einen Arm um die Schultern und führte sie zum Wagen. Dort gab er dem Fahrer ein Zeichen, sich um ihren kleinen Rollkoffer zu kümmern.
„Lass uns einsteigen, bevor du erfrierst“, sagte er und öffnete ihr die Tür zur Rückbank der Limousine.
Sie nickte dankbar und hielt sich den Mantelkragen zu. „Es ist ziemlich kalt.“
Als sie im Wagen saßen, bemerkte er, dass sie ganz ans andere Ende der Sitzbank gerückt war. Er machte sie nervös, daran bestand kein Zweifel. Blake konnte sich den Grund dafür lebhaft vorstellen. Creed, dieser Mistkerl, hatte ihr garantiert geraten, sich vor ihm in Acht zu nehmen.
„Wir fahren direkt von hier zum Fortune’s Gold“, erklärte er. Die Aussicht auf die anstehende Arbeit würde sie ablenken vom verbalen Gift, das sein älterer Bruder ihr ins Ohr geträufelt hatte. „Und nachdem du einen Eindruck davon bekommen hast, welche Art von Gästen ich für das neue Casino gewinnen will, essen wir im Lucky Fortune zu Mittag. Bei der Gelegenheit kannst du es dir gleich ansehen. Danach fahren wir zum Belle of Fortune.“ Er machte eine kleine Pause und lächelte sie an. „Dort wirst du an diesem Wochenende wohnen.“
„Das klingt gut.“
Zu seiner Erleichterung entspannte sie sich sichtlich. Bei ihrem strahlenden Lächeln zog sich sein Magen zusammen.
„Ich habe mir im Internet die Hotels und Casinos deiner Konkurrenten angesehen“, erklärte sie. „Heute Abend weiß ich vermutlich, ob die Ideen, die ich bisher hatte, brauchbar sind. Aber ich schätze, der grobe Plan, den ich im Kopf habe, wird deinen Bedürfnissen gerecht.“
„Großartig.“ Er nahm ihre Hand und drückte sie zärtlich. „Wir sprechen morgen früh darüber. Danach nehmen wir uns den Rest des Wochenendes frei, um ein bisschen Spaß zu haben.“
Sashas Lächeln erlosch und sie machte ein Gesicht, als wollte sie gleich aus dem Wagen springen.
„Spaß?“
Wäre Creed in diesem Moment in der Nähe gewesen, hätte Blake ihn mit Vergnügen Stück für Stück auseinandergenommen. Unmöglich zu sagen, welche Lügen und verdrehten Halbwahrheiten sein Bruder ihr über ihn aufgetischt hatte.
„Ich dachte, wenn du schon mal hier bist, möchtest du vielleicht dein Glück an den Spieltischen versuchen. Außerdem hat Deadwood einige gute Museen, die sich der Geschichte der Stadt und ihrer Rolle im Wilden Westen widmen. Ich habe eventuell vor, einen Museumsbesuch zum Bestandteil einiger Angebotspakete für meine Gäste zu machen. Deshalb solltest du dir eins oder zwei davon ansehen.“
Sasha dachte einen Moment nach und nickte schließlich. „Du hast recht. Ein Bummel durch die Museen in eins der Angebotspakete aufzunehmen ist eine hübsche Idee und fällt aus dem üblichen Rahmen.“
Als der Fahrer unter der überdachten Zufahrt zum Fortune’s Gold anhielt, stieg Blake aus und half Sasha zuvorkommend beim Aussteigen. „Dann ist es also abgemacht“, sagte er und bemühte sich, seine Stimme nicht allzu triumphierend klingen zu lassen. „Wir machen morgen eine Museumstour und entscheiden danach, welche für meine Angebote infrage kommen.“
Während er Sasha in das Hotelfoyer begleitete, beobachtete er aufmerksam ihre Reaktion auf das opulente Dekor. Er hatte keine Kosten und Mühen gescheut, um die Eleganz der Spitzenetablissements in Las Vegas zu erreichen. Dabei hatte er jedoch sorgfältig darauf geachtet, dass die lockere Atmosphäre, für die Deadwood berühmt war, nicht verloren ging. Dieses neue Casino war sein ganzer Stolz.
„Das ist wirklich schön, Blake“, bemerkte Sasha, wobei sie sich umsah. Sie trat an den Empfangstresen und strich über die kühle schwarze Marmorplatte. „Ich mag es, wie du die Farben Schwarz, Gold und Beige eingesetzt hast. Das passt hervorragend zu den Kristallleuchtern.“
Blake stellte überrascht fest, dass ihr Enthusiasmus ihn stolz und zufrieden machte. Damit hatte er nicht gerechnet. „Ich hoffe, das Fortune’s Gold wird Spieler aus den Städten im Mittleren Westen anziehen, bei denen es um hohe Einsätze geht. Leute, die keine Zeit haben, nach Las Vegas zu fliegen, die aber dennoch mal ein Wochenende in luxuriöser Umgebung verbringen wollen.“
„Dieses Hotelcasino wird unter Kurzurlaubern bestimmt schon bald sehr beliebt sein.“
Sie durchquerten die Lobby und stiegen die beiden Stufen hinab, die in den Casinobereich führten. Sasha deutete auf mehrere Reihen Spielautomaten und die unterschiedlichen, im Mittelbereich angeordneten Spieltische.
„Wie ich sehe, ist alles da, was das Spielerherz begehrt.“
Ein lautes Geräusch vom anderen Ende des Casinos ließ sie zusammenzucken. Es war von Arbeitern verursacht worden, die letzte Hand an die Wandverkleidung legten. Angesichts ihrer Reaktion wurde Blake klar, dass Sasha in seiner Gegenwart noch nicht völlig entspannt war. Vielleicht würde es helfen, wenn er sie eine Weile allein ließe, damit sie sich sammeln konnte. Es kam seinen Absichten entgegen, dass sie ein wenig irritiert war, aber ein nervöses Wrack konnte er überhaupt nicht gebrauchen.
„Bitte entschuldige mich einen Moment. Ich muss den Vorarbeiter ausfindig machen, um mich zu vergewissern, dass wir im Zeitplan liegen. Wir können uns keine Verzögerung leisten.“ Er lächelte ihr aufmunternd zu. „Es dauert nur ein paar Minuten.“
„Natürlich“, erwiderte sie und deutete auf die Spieltische in der Mitte des großen Saales. „Wenn du nichts dagegen hast, gehe ich ein wenig herum, um ein Gefühl für das Casino zu bekommen.“
„Fühl dich wie zu Hause“, sagte er und verließ sie.
Nach dem Gespräch mit dem Vorarbeiter holte Blake eine Schlüsselkarte aus seinem Büro, dann machte er sich auf die Suche nach Sasha. Er erblickte sie neben einem Spielautomaten und kam nicht umhin festzustellen, wie attraktiv sie war. Schon auf der Highschool war sie ein hübsches Mädchen gewesen. In ihren feinen Gesichtszügen und den schlanken Gliedmaßen zeichnete sich bereits damals das Versprechen künftiger Schönheit ab. Und tatsächlich war aus dem entzückenden Schulmädchen eine atemberaubend schöne Frau geworden. Eine Frau, deren Figur selbst einen Heiligen in Versuchung führen konnte.
„Ist alles im Zeitplan und bereit für die große Eröffnung?“, fragte sie, als sie ihn bemerkte.
„So weit ja“, antwortete er und trat näher. Er legte ihr behutsam eine Hand auf den Rücken und führte sie in Richtung der Fahrstühle. „Hast du Lust, dir einige der Zimmer anzuschauen?“
„Nicht unbedingt. Ist das wirklich nötig?“, erwiderte sie und beäugte ihn misstrauisch.
Er zuckte die Schultern. „Ich dachte, du bekämst vielleicht ein paar gute Ideen für die Werbekampagne, wenn du dir die Räume von innen ansiehst. Auch im Hinblick auf die Angebotspakete. Ich habe vor, drei verschiedene Kategorien anzubieten.“
Ein wenig unsicher legte sie den Kopf schief und lächelte dann. „Ich habe dir ja gesagt, dass Hotels und Spielcasinos nicht zu meinem Erfahrungsbereich gehören. Wahrscheinlich ist es wirklich eine gute Idee, mir ein paar der Zimmer anzusehen.“
„Werbung ist Werbung“, sagte er und drückte den Fahrstuhlknopf. „Ob für ein Spielcasino oder für ein Unternehmen wie Dakota Fortunes. Es ist nur ein anderer Markt.“
Während die Lifttür sich wispernd öffnete, lachte Sasha und schüttelte abwehrend den Kopf. „So einfach ist das nicht, Blake.“
Als sie mit sanfter Stimme seinen Namen sagte, traf ihn das bis ins tiefste Innere und löste eine Unmenge unerwünschter Emotionen aus, trotzdem weigerte er sich, dem Beachtung zu schenken. Er war ein Mann mit einer Mission. Erfolg oder Scheitern hingen davon ab, dass er einen kühlen Kopf bewahrte. Er konnte es sich nicht leisten, Gefühle zuzulassen. Auf diese Art betrieb er seine Geschäfte und es hatte sich in den vergangenen vier Jahren immer bewährt.
Die Lifttür öffnete sich in der obersten Etage, und Blake führte Sasha den Flur entlang zu den Luxusunterkünften. Er hatte sich schon vorher überlegt, welche Suite er ihr zeigen wollte, und dafür gesorgt, dass die Zimmermädchen sie gründlich putzten und für eine Inspektion vorbereiteten.
„Das ist eine von den Zimmerfluchten, die den Walen vorbehalten sind.“
„Den Walen?“, wiederholte sie verwundert.
Er zog die Schlüsselkarte durch den Schlitz und öffnete die Tür, als das grüne Licht in der Schließvorrichtung aufblinkte. „In der Spielindustrie ist das sozusagen ein Fachbegriff für Glücksspieler, die mit extrem hohen Beträgen spielen. Sie erwarten, dass sie Suiten und Mahlzeiten gratis erhalten, da ihre Einsätze nicht nur die Kosten decken, sondern für das Casino saftige Profite abwerfen.“
„Mit anderen Worten, es ist für ein Spielcasino sehr erstrebenswert, dass solche Spieler es aufsuchen“, sagte Sasha und blickte sich in dem aufwendig ausgestatteten, großzügig geschnittenen Raum um.
Er nickte. „Oh ja. Wir müssen solchen Leuten einiges bieten, um sie an das Casino zu binden.“
Bedächtig bewegte Sasha sich durch das weitläufige Wohnzimmer. „So etwas habe ich noch nie gesehen, außer in Fernsehsendungen über Las Vegas.“ Sie drehte sich zu ihm um und lächelte ihn an. „Ich könnte mir vorstellen, dass deine Wale sich bei dir sehr wohlfühlen. Mit dieser Art von Gratisleistungen sind sie bestimmt zufrieden.“
Er erwiderte ihr Lächeln und ging zu der Glastür, die ins Schlafzimmer führte. „Genau das habe ich beabsichtigt. Ich will, dass die wohlhabenden Gäste, die sich nach Deadwood aufmachen, sofort ans Fortune’s Gold denken und hier absteigen.“
„Ich habe die anderen Hotels in der Stadt noch nicht gesehen, aber ich schätze, du wirst dein Ziel erreichen. Das ist wirklich wunderschön“, sagte sie, während sie das große Bad betrat. Plötzlich hielt sie inne und blickte ihn überrascht an. „Lieber Himmel, Blake! In dieser Badewanne kann man ja schwimmen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich wusste nicht mal, dass es so riesige Wannen gibt.“
Er stellte sich hinter sie, legte eine Hand auf ihren Rücken und betrachtete wie sie den großzügigen Whirlpool aus schwarzem Marmor. „Für den Fall, dass ein Paar gemeinsam hineinsteigen möchte, bieten wir Champagner und Kaviar für zwei an.“
Sashas schmale Schultern versteiften sich unter seiner Berührung. Schnell machte sie einen Schritt beiseite, aber er hatte den Schauer verspürt, der sie leicht zittern ließ. Auf ihrem Gesicht erschien ein verträumter Ausdruck.
„Ich glaube, ich habe einen guten Eindruck davon gewonnen, was du deinen betuchten Gästen anbieten wirst“, erklärte sie und ging zielstrebig in Richtung Ausgang. „Wollen wir uns jetzt die Standardzimmer ansehen?“
Lächelnd folgte er ihr. Sasha war zweifellos nervös, aber auf eine Art, die seinen Absichten dienlich war. Er hätte einen Tagesumsatz eines seiner Casinos darauf verwettet, dass ihre Reaktion auf seine Berührung nichts mit Creeds Warnung seinetwegen zu tun gehabt hatte, sondern vielmehr damit, dass sie sich immer noch zu ihm hingezogen fühlte.
Während er die Tür der Luxussuite schloss, beobachtete er den sanften Hüftschwung, mit dem Sasha sich auf den Fahrstuhl zubewegte. Wieder musste er lächeln. Sein Plan schien nicht nur perfekt zu funktionieren, er versprach auch ein großes Vergnügen für sie beide zu werden.
Er würde Sasha verführen, und zwar sozusagen unter Creeds Nase. Es gab absolut nichts, was sein älterer Bruder dagegen unternehmen konnte.
Als der Fahrer sie beide an diesem Abend vor dem Eingang des Belle of Fortune absetzte, fragte Sasha sich, was sie sich eigentlich dabei gedacht hatte, Blakes Wunsch nachzukommen. Der Tag mit ihm hatte sie völlig aus dem Gleichgewicht gebracht.
Außerdem hatten die Stunden, die sie mit ihm verbracht hatte, aus ihrer anfänglichen Ahnung Gewissheit werden lassen. Sie fühlte sich nach wie vor zu ihm hingezogen. Zwar hegte sie keine so intensiven und schwärmerischen Gefühle mehr für ihn wie damals in der Schule, aber die Faszination, die er auf sie ausübte, war noch die gleiche. Das zu leugnen, wäre ebenso zwecklos wie gefährlich.
Blake hatte seinerseits rein gar nichts unternommen, um ihr aus dieser Zwickmühle herauszuhelfen. Ganz im Gegenteil. Seit sie aus dem Flugzeug gestiegen war, hatte er keine Gelegenheit versäumt, sie zu berühren. Immer, wenn sie miteinander sprachen, beugte er sich dicht zu ihr.
Dabei war es weniger das, was er sagte, was ihr eine Gänsehaut verursachte, es war die Art, wie er es sagte. Sein weicher sanfter Bariton, wenn er ihr seine Pläne für ein Imperium in der Branche des Glücksspiels erklärte, hüllte sie ein wie ein wärmender Kokon. Sie hatte keine Ahnung, wie er das machte, aber Blake schaffte es, dass sich selbst die banalsten Einzelheiten unglaublich intim und aufregend anhörten.
Während sie gemeinsam die mit kostbaren Antiquitäten ausgestattete Lobby durchschritten, grübelte Sasha darüber nach, was in sie gefahren sein mochte. Sie war schon lange nicht mehr das naive Schulmädchen, das sich in unglücklicher Liebe nach dem attraktivsten Jungen der Schule verzehrte. Sie war mittlerweile eine erwachsene Frau, die bei einem Mann auf sehr viel mehr Wert legte als nur auf gutes Aussehen.
Wie zu erwarten gewesen war, hatte Blake sich zu einem unerhört attraktiven Mann entwickelt. Jede Frau, die auch nur ein klein wenig an Männern interessiert war, musste zwangsläufig den Kopf nach ihm verdrehen. Mit seinem dichten dunkelblonden Haar, den strahlend blauen Augen, dem gut geschnittenen markanten Gesicht und dem muskulösen Körperbau wirkte er nicht wie ein Geschäftsmann, sondern eher wie ein Filmstar. Sie konnte dem ebenfalls nicht widerstehen.
Es war jedoch nicht in erster Linie sein Aussehen, das sie gefangen nahm, es war vielmehr seine bestimmende Präsenz, die den Respekt und die ungeteilte Aufmerksamkeit seines Gegenübers einforderte. Er wirkte dadurch noch größer, als er in Wirklichkeit war. Wenn er schlau war, würde er diese Eigenschaft für seine Werbekampagne nutzen.
„Blake, welchen Etat hast du eigentlich für die Kampagne festgesetzt?“, erkundigte sie sich, während sie auf den Fahrstuhl warteten.
„Es gibt kein Limit“, antwortete er und trat beiseite, damit sie die Kabine betreten konnte. „Ich werde so viel Geld ausgeben, wie nötig ist, um die Sache vernünftig auf den Weg zu bringen. Warum fragst du?“
„Findest du es nicht ziemlich riskant, kein festes Budget einzuplanen?“
Er drückte den Knopf für die oberste Etage. „Geld spielt dabei keine Rolle. Ich will sichergehen, dass das Casino in der Branche einschlägt wie eine Bombe.“
Sasha ärgerte sich darüber, dass sie so eine dumme Frage gestellt hatte. Natürlich spielte Geld keine Rolle. Blake war ein Fortune. Die Familie war vermögend und besaß das größte Unternehmen im westlichen Teil von South Dakota. Und damit nicht genug. Er selbst war ein erfolgreicher Geschäftsmann und Multimillionär aus eigener Kraft.
„Ich dachte nur …“
Blake legte einen Finger auf ihre Lippen, um sie am Sprechen zu hindern. „Es ist bereits nach fünf, Sasha. Nichts Geschäftliches mehr, wir haben Feierabend. Es ist Zeit, sich ein bisschen zu amüsieren. Ich möchte jetzt kein weiteres Wort über die Kampagne hören.“
„Aber …“
Sie wollte eigentlich einwenden, dass sie einzig und allein aus geschäftlichen Gründen nach Deadwood gekommen war und dass es noch viel zu tun gab, doch Blake legte die Arme um sie und zog sie an sich, daher erstarb jeglicher Protest auf ihren Lippen. Zudem war sie plötzlich nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn, sich mit der Werbekampagne zu befassen.
„Arbeit allein macht niemanden glücklich“, sagte er leise.
Alles schien in Zeitlupe abzulaufen, als er lächelnd den Kopf senkte, bis er seine Stirn an ihre legte. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie ihn zurückstoßen sollte, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht. Dafür hatte sie sich zu lange nach Blake gesehnt.
„Du bist nicht nur hier, um zu arbeiten, erinnerst du dich? Du musst auch einmal ein wenig ausspannen. Ich werde persönlich dafür sorgen, dass du dich erholst und möglichst viel Spaß hast.“
Der Blick aus seinen blauen Augen hielt sie gefangen, und sie hatte das Gefühl, ihre Knie wären aus Gummi. Gerade, als sie glaubte, er würde sie küssen, öffnete sich die Fahrstuhltür und Blake löste sich von ihr und trat beiseite, um ihr den Vortritt zu lassen.
Etwas wackelig auf den Beinen ging sie den Korridor entlang. Sie fand es ziemlich schwer, Luft zu holen. Lieber Himmel, dachte sie, er hat mich noch nicht einmal geküsst und trotzdem stehe ich völlig neben mir.
Konzentriert nahm sie einen tiefen Atemzug, dann einen zweiten. Sie musste auf andere Gedanken kommen und überlegte deshalb, ob sich ihr Koffer wohl schon in ihrem Zimmer befand. Vor ihrem Rundgang durch das Lucky Fortune hatte Blake seinen Fahrer angewiesen, das Gepäck in ihr Hotel zu bringen. Sobald sie wieder einigermaßen bei Verstand war, beschloss sie, würde sie sich ihren Koffer schnappen und ein Taxi nehmen, das sie zum Flughafen brachte. Falls an diesem Abend keine Flüge mehr gingen, könnte sie sich auch einen Mietwagen besorgen, um zurück nach Sioux Falls zu gelangen. Alles war besser, als darauf zu warten, was Blake als Nächstes tun würde.
„Welches ist denn mein Zimmer?“, erkundigte sie sich und hoffte, dass sie sich nicht so atemlos anhörte, wie ihr zumute war.
„Hier entlang.“ Blake deutete auf eine Tür, die optisch den altmodischen Kabinentüren der Schaufelraddampfer nachempfunden war.
Gespannt betrat Sasha ihre Suite und kam nicht umhin, der geschmackvollen antiken Einrichtung ihre Bewunderung zu zollen. Der Wohnbereich war wie ein gutbürgerlicher Salon aus dem neunzehnten Jahrhundert gestaltet. Jedes Detail stimmte. Auf dem hölzernen Dielenboden lagen orientalische Teppiche mit dezenten Blumenmustern. Die Wände zierten ebenfalls mit Blumenmustern geprägte Tapeten und teilweise auch dunkle Holzvertäfelung. Sasha hatte für einen kurzen Moment das Gefühl, eine Zeitreise zu unternehmen und sich tatsächlich in der Kabine eines Schaufelraddampfers zu befinden.
„Sind alle Zimmer so ausgestattet wie dieses?“, fragte sie, während sie sich neugierig umsah.
„Nein. Nur die Suiten“, antwortete Blake und öffnete die Tür zum Schlafzimmer. „Die Standardzimmer sehen so ähnlich aus wie in jedem anderen Hotel.“
Im Schlafraum stockte ihr der Atem angesichts des gigantischen Himmelbetts, dessen Baldachin und Tagesdecke mit zueinander passenden Spitzenborten verziert waren. „Das ist einfach wunderbar, Blake.“
Sein zufriedenes Lächeln zeigte ihr, dass er sich über ihren Kommentar freute.
„Als ich das Belle gekauft habe, hielten die Leute mich für verrückt, weil ich die Suiten mit echten Antiquitäten ausstatten ließ. Bisher hat der Erfolg mir jedoch recht gegeben. Den Gästen gefällt es, wenigstens für kurze Zeit in die Vergangenheit entführt zu werden.“
Sasha erspähte ihr Gepäck neben dem Bett. „Das kann ich gut verstehen. Hier muss man sich einfach wohlfühlen.“ Sie schnappte sich den Koffer und ging zielstrebig damit zur Tür. „Es ist wirklich bezaubernd.“
„Stimmt irgendwas nicht?“, fragte Blake irritiert. „Möchtest du vielleicht eine andere Suite?“
„Nein, mir gefällt diese hier sehr gut“, sagte sie verlegen. „Aber ich denke … es ist wohl besser, wenn …“ Sie brach ab und dachte angestrengt darüber nach, welche Worte sie wählen sollte, um den wahren Grund für ihre frühe Abreise zu verschleiern. Auf keinen Fall würde sie zugeben, dass ihr die sexuelle Spannung zwischen ihnen zu heftig war. Da ihr nichts einfiel, zog sie es vor, ihn nur schweigend anzublicken.
„Ich mache dich nervös, oder?“ Er musterte sie eindringlich.
„Das ist doch lächerlich“, brachte sie mühsam hervor und wunderte sich, was aus der redegewandten intelligenten Frau geworden war, für die sie sich immer gehalten hatte. In Blakes Nähe schien sie sich wieder in einen verträumten unsicheren Teenager zu verwandeln. Als er auf sie zukam, musste sie sich zwingen, nicht zurückzuweichen. Sie hatte nicht vor, seine Theorie, er verunsichere sie, zu bestätigen.
„Willst du wissen, was ich denke, Süße?“, fragte er, während er unaufhaltsam näher kam.
„Nicht wirklich“, erwiderte sie mit brüchiger Stimme und trat doch einen Schritt nach hinten, um die Distanz zwischen ihnen zu vergrößern.
„Ich denke, du empfindest das Gleiche wie ich“, erklärte er ihrer Antwort zum Trotz und lächelte wissend. „Und ich glaube, du willst davor weglaufen. Und vor mir.“
„Ich habe keine Ahnung, wovon du da redest, Blake.“
Sein Lächeln vertiefte sich. „Du lügst.“
Sie setzte den Koffer ab und wich Schritt für Schritt zurück. „Ich weiß nicht, was ich deiner Meinung nach angeblich empfinde, aber …“
„Stell dich nicht dumm, Sasha. Das kauft dir sowieso niemand ab. Wir wissen beide, dass es um deine Intelligenz bestens bestellt ist.“
„Also gut. Du hast recht.“ Sie blieb stehen, als ihre Beine die Bettkante berührten. Na großartig, dachte sie. Dieser Fluchtweg war ihr versperrt und Blake kam immer näher. „Aber in einer Sache irrst du dich gewaltig.“
„Und die wäre?“
„Ich laufe niemals vor irgendetwas weg.“ Jedenfalls war das normalerweise so. In diesem Fall war sie sich allerdings nicht sicher, ob es klug war, eine Konfrontation zu riskieren. Besonders deshalb, weil Creeds Warnung, man könne Blake nicht trauen, ihr noch in den Ohren klang.
„Wirklich? Und du bist meinetwegen nicht nervös?“
Sie brachte keinen Ton heraus und schüttelte den Kopf. Er stand so dicht bei ihr, dass ihre Körper sich berühren würden, sollte sie einen tiefen Atemzug machen. Das setzte jedoch voraus, dass sie überhaupt atmen konnte, und dazu war sie augenblicklich nicht in der Lage.
„Wenn das stimmt, warum willst du dann noch heute Abend zurück nach Sioux Falls? Warum bleibst du nicht hier und genießt das Wochenende?“ Er sah ihr tief in die Augen. „Mit mir“, fügte er lächelnd hinzu.
Sasha schluckte trocken. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. „Ich habe nicht gesagt, dass ich zurück will.“
„Und weshalb bist du mit deinem Koffer in der Hand zur Tür gegangen?“, fragte er und strich mit einem Daumen ihre Unterlippe entlang. „Du willst doch nicht zurück, um dich mit jemandem zu treffen, oder?“
Seine Berührung jagte ihr einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Es fiel ihr schwer, sich auf seine Worte zu konzentrieren. „Nein. Ich meine … ja. Das ist es. Ich möchte mich mit jemandem treffen.“
Sein amüsiertes Lachen zeigte ihr, dass er ihr das nicht abkaufte, aber zu ihrer Erleichterung trat er wenigstens einen Schritt zurück.
„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du eine miserable Lügnerin bist, Süße?“
Jetzt, da sie wieder Luft bekam, wurde sie allmählich wütend. „Wie du dich vielleicht erinnerst, bin ich hier, weil du mich um Hilfe bei einer Werbekampagne gebeten hast. Nichts weiter.“
Sie musterten einander wie zwei Preisboxer, die die Stärke ihres Gegners abschätzten. Das Klingeln des Telefons auf dem Nachttisch unterbrach ihren stummen Kampf. Sasha überlegte nicht lange, sondern nahm den Hörer ab. Sie hatte keine Ahnung, wer das sein konnte, aber sie war dieser Person zutiefst dankbar für die Unterbrechung.
„Hallo?“, meldete sie sich. Ihre Stimme wollte ihr kaum gehorchen.
„Hallo, Sasha. Geht es dir gut?“, drang Creeds tiefe Tonlage durch den Hörer zu ihr.
„Hi, Creed. Alles in Ordnung, warum fragst du?“ Sie beobachtete, wie Blakes Miene sich bei der Erwähnung des Namens seines Bruders verfinsterte.
„Du hast dich merkwürdig angehört, als du dich gemeldet hast“, sagte Creed und schnaubte frustriert. „Du weißt, wie sehr ich diesem Bastard misstraue. Vielleicht habe ich deinen Tonfall nur falsch interpretiert.“
„Das denke ich auch“, erklärte sie möglichst selbstsicher. Blake machte keine Anstalten, den Raum zu verlassen. „Kann ich irgendetwas für dich tun, Creed?“
„Eigentlich nicht.“ Er zögerte kurz. „Ich habe mir nur Sorgen um dich gemacht und wollte sichergehen, dass er dich gut behandelt.“
„Das tut er.“
„Gut“, erwiderte Creed erleichtert. „Falls es doch Probleme gibt, ruf mich bitte an. Es wäre mir ein ganz besonderes Vergnügen, nach Deadwood zu fliegen und diesem Trottel Nachhilfe in gutem Benehmen zu geben.“
Sasha musste lächeln. „Danke, Creed. Ich weiß deine Sorge zu schätzen, aber das wird nicht nötig sein. Wir sehen uns am Montag.“
Als sie den Hörer auflegte, hatten Blakes Gesichtszüge sich entspannt, doch seine Augen funkelten zornig.
„Dein Liebster möchte also wissen, was du so treibst?“
„Creed und ich sind nur gute Freunde. Mehr ist zwischen uns nicht“, erwiderte sie und wunderte sich darüber, dass sie sich verpflichtet fühlte, ihm ihre Beziehung zu seinem Bruder zu erklären.
Er sah sie für einen Moment nur schweigend an. „Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen“, sagte er schließlich. „Zieh dir etwas Bequemes an. Ich hole dich in einer Stunde zum Abendessen ab.“
„Ist das ein Befehl, Mr. Fortune?“, fragte sie ärgerlich. Es wäre ja immerhin möglich, dass sie eigene Pläne hatte.
Er schüttelte den Kopf und deutete auf ihr schwarzes Kostüm. „Ich dachte nur, du würdest dich in etwas lässigerer Kleidung vielleicht wohler fühlen.“
„Du musst mich nicht abholen. Wir treffen uns unten im Restaurant“, beschied sie ihm knapp. Besser, sie setzte ihm gleich Grenzen.
Blake nickte nur und verließ das Zimmer.
Als sie die Tür zur Suite zuschlagen hörte, gestattete Sasha sich einen tiefen Atemzug. Sie hatte das Gefühl, als hätte sie die Luft angehalten, seit sie mit Blake diesen Raum betreten hatte. Was hatte sie nur getan? Warum hatte sie sich ihm nicht deutlich widersetzt?
Noch vor wenigen Minuten hatte sie die feste Absicht gehabt abzureisen. Wenn sie seinem Druck standgehalten hätte, wäre sie jetzt auf dem Weg zum Flughafen, doch sie hatte es nicht über sich gebracht, den leichten Weg zu wählen. Blake schien sich seiner Sache so sicher zu sein, dass sie die Herausforderung einfach annehmen musste. Sie wollte ihm unbedingt beweisen, wie sehr er sich irrte. Leider hatte sie damit nur erreicht, dass er seinen Willen durchsetzte. Sie tat, was er wollte, und verbrachte das Wochenende gemeinsam mit ihm in Deadwood, ganz so, wie er es geplant hatte. Sie musste tatsächlich auf der Hut sein, allerdings aus anderen Gründen, als Creed glaubte.
Entnervt schüttelte sie über sich selbst den Kopf und fragte sich, wie sie aus dieser Situation wieder herauskommen sollte.
Als Sasha die Fahrstuhlkabine verließ und auf den Eingang des Hotelrestaurants im Golden Belle zuging, beobachtete Blake, wie sich mehrere Männer im Foyer nach ihr umdrehten. Das konnte er gut verstehen, denn sie sah hinreißend aus. Sie trug einen jadegrünen Hosenanzug aus Seide, der hervorragend zu ihren rotbraunen Locken passte. Ihre Schritte waren beschwingt und anmutig. Für einen Moment blieb er stehen und erfreute sich an ihrem Anblick.
Die Vorstellung, Sasha zu verführen, bekam plötzlich Dimensionen, die nichts mehr mit der Rivalität mit Creed zu tun hatten. Die sexuelle Anziehung zwischen ihnen war erstaunlich stark, er konnte kaum die Hände von Sasha lassen. Ihre Reaktion auf seine Berührungen sprach Bände, es gab keinen Zweifel, dass sie sich ebenso zu ihm hingezogen fühlte wie er sich zu ihr.
Du musst vorsichtig sein, ermahnte er sich. Er durfte nicht zu früh zu viel Druck auf sie ausüben. Sein Plan war, sich Zeit zu nehmen, sie auf romantische Weise zu umwerben und ihr so zu beweisen, dass die Behauptungen seines Bruders aus der Luft gegriffen waren.
Bei der Erinnerung an Creeds Anruf biss er die Zähne zusammen. Schließlich zwang er sich, ruhig zu bleiben und tief durchzuatmen. Er hatte angenommen, dass er bei Sasha leichtes Spiel hätte, wenn er sich so wie Creed verhielte, aber ganz offensichtlich hatte sie es satt, in Herzensdingen von Männern wie von einem Bulldozer überrollt zu werden. Deshalb musste er seine Taktik ändern.
Er würde seinen gesamten, nicht unbeträchtlichen Charme spielen lassen und Sasha so für sich gewinnen. Ihm blieb nichts weiter zu tun, als einfach er selbst zu sein. Der gute alte Creed würde mit seinen Unkenrufen für den Rest sorgen. So, wie er seinen Bruder kannte, würde der damit fortfahren, sie mit Anrufen zu traktieren und mit Warnungen einzudecken, die unbegründet waren. Damit würde er sie direkt in seine weit ausgebreiteten Arme treiben, in die Arme des verachteten kleinen Bruders, vor denen Creed sie eigentlich beschützen wollte.
Er lächelte, während er beobachtete, wie Sasha vor dem Eingang zum Restaurant stehen blieb, um auf ihn zu warten. Sie war eine hinreißende Frau, und er war nicht der Einzige, der so dachte. Die Männer, die sich in der Lobby den Kopf nach ihr verdreht hatten, waren offenbar derselben Meinung. Besonders derjenige, der gerade auf sie zutrat, um ein Gespräch mit ihr zu beginnen.
Aus Gründen, die er gar nicht so genau untersuchen wollte, verspürte Blake plötzlich einen heftigen Anflug von Eifersucht und den Drang, eilig sein Territorium abzustecken. Rasch ging er zu ihr und legte ihr einen Arm um die Schultern. „Ich habe mich ein wenig verspätet. Tut mir leid, Süße.“ Er lächelte den anderen Mann herausfordernd an. „Sie müssen uns jetzt entschuldigen. Wir sind auf dem Weg zum Abendessen“, sagte er und wies mit dem Kinn in Richtung des Casinos. „Bestimmt möchten Sie sich weiter dem Spiel widmen.“
Für ein paar Sekunden starrte der andere ihn schweigend an, dann hob er das Glas, das er in der Hand hielt, und nickte verständnissinnig.
„Da bleibt mir nur, guten Appetit zu wünschen.“
Sobald der Mann im Casinobereich verschwunden war, wandte Sasha sich an ihn: „Bist du immer so unhöflich zu deinen Gästen?“
Er umfasste ihren Ellenbogen und führte sie zu den Fahrstühlen. „Bist du immer so freundlich zu Kerlen, die dich anbaggern wollen?“
„Nicht, dass dich das etwas anginge, aber er wollte nur wissen, wie spät es ist.“
Blake brummte missvergnügt. „Ja, genau. Und ich bin Buffalo Bill Cody.“
Während die Fahrstuhltür sich öffnete, blieb Sasha unvermittelt stehen. „Warum fahren wir wieder nach oben? Ich dachte, wir wollen zu Abend essen.“
„Das tun wir auch“, antwortete er und zog sie behutsam mit sich in die Kabine, wo er den Knopf für die oberste Etage drückte. „Ich habe das Personal angewiesen, in meiner Suite zu servieren.“
„Warum?“, fragte sie.
Ihr Argwohn war nicht zu übersehen.
„Ich dachte, dort können wir ungestört über alte Zeiten plaudern.“
Sasha musterte ihn, als wäre er verrückt geworden.
„Über welche alten Zeiten und wieso jetzt auf einmal? Seit ich bei Dakota Fortunes arbeite, sind wir uns ein paar Mal im Büro oder bei gesellschaftlichen Anlässen begegnet, wenn ich Creed begleitet habe, und wir haben jedes Mal nur wenige Worte gewechselt.“
Blake unterdrückte den Fluch, der ihm wie üblich auf der Zunge lag, sobald jemand seinen Bruder erwähnte, und führte Sasha durch die sich öffnende Lifttür in den Korridor des obersten Stockwerks. „Du vergisst, dass wir eine Menge gemeinsame Erinnerungen haben. Wir waren auf derselben Highschool.“
Sie schüttelte ungläubig den Kopf. „Binde mir keinen Bären auf, Blake Fortune. Du hast doch damals gar nicht mitbekommen, dass ich existiere, geschweige denn, dass uns zu der Zeit irgendwas verbunden hätte.“
„Da irrst du dich gewaltig“, widersprach er, während er die Tür zu seiner Suite öffnete. Er trat beiseite und bedeutete ihr mit einer Geste einzutreten. „Ich hätte blind sein müssen, um das hübscheste Mädchen der Schule nicht zu bemerken. Und ich hatte schon immer einen sehr guten Blick.“
„Nun mach aber mal eine Pause.“ Sasha verdrehte die Augen. „Wir waren in einem Semester zusammen in einem Fotokurs und ich kann mich nicht erinnern, dass du auch nur ein einziges Mal das Wort an mich gerichtet hättest.“
Blake stellte sich vor sie und strich mit einem Finger ihre Wange entlang. „Glaub mir, Süße, schon nach dem ersten Tag habe ich versucht, alles über dich in Erfahrung zu bringen, aber du warst damals einfach zu jung für mich.“
„Wir sind doch nur drei Jahre auseinander.“
Zufrieden registrierte er, dass sie etwas atemlos wirkte. Das bestätigte seinen Verdacht, dass sie nach wie vor an ihm interessiert sein könnte. Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Ich war ein typischer Achtzehnjähriger, dem das Testosteron sozusagen aus den Ohren quoll. Ich wollte wesentlich mehr von einem Mädchen als nur ein paar schüchterne Küsse. Lass uns die Tatsachen beim Namen nennen, Sasha. Mit fünfzehn warst du noch längst nicht bereit dafür.“
„Warum erzählt du mir das alles ausgerechnet jetzt?“
Ihre Verwirrung zeigte sich deutlich in ihren strahlend grünen Augen, und auf ihren makellosen Wangen zeichnete sich eine feine Röte ab. Blake dachte, er hatte sie nie begehrenswerter gefunden als in diesem Moment. Er genoss es, Sasha Kilgore zu verführen, doch es war ratsam, sich etwas zurückzunehmen und sie zu Atem kommen zu lassen.
Also trat er einen Schritt beiseite, nahm sie bei der Hand und führte sie zum Esstisch am Fenster, den das Hauspersonal geschmackvoll eingedeckt hatte. Von dort aus hatten sie eine herrliche Aussicht auf das historische Stadtviertel von Deadwood.
„Wie ich schon sagte, wir plaudern über alte Zeiten“, beantwortete er ihre Frage. Zuvorkommend rückte er ihr einen Stuhl zurecht und setzte sich dann ihr gegenüber hin. „Du warst im Schulchor, nicht wahr?“
„Ja. Aber du nicht.“
Die Flamme der Kerze, die zwischen ihnen stand, verlieh ihrem rotbraunen Haar einen goldenen Schimmer, der ihn faszinierte. „Trotzdem erinnere ich mich daran, dass du bei der Abschlussfeier meines Jahrgangs gesungen hast.“
„Ach du meine Güte“, sagte sie im Flüsterton und strich sich verlegen eine Haarsträhne aus der Stirn. „Das weißt du noch?“
„Und ob. Für eine Schulanfängerin war es bestimmt eine große Ehre, ein Solo auf der Abschlussveranstaltung für eine andere Klasse zu singen.“
Als er sich überlegt hatte, wie er vorgehen wollte, war ihm klar geworden, dass sie fragen würde, woran er sich im Hinblick auf ihre gemeinsame Schulzeit erinnerte, daher hatte er seine Hausaufgaben gemacht. Er hatte seine alten Jahrbücher gewälzt und viel Zeit damit verbracht, sein letztes Jahr an der Highschool Revue passieren zu lassen.
„Stimmt. Es war ziemlich aufregend, vor all diesen Leuten zu singen. Ich hatte solches Lampenfieber, dass ich zuerst kaum einen Ton herausgebracht habe. Nach diesem Auftritt habe ich beschlossen, nur noch unter der Dusche zu trällern.“
Blake lachte. „Wie schade. Du hast eine schöne Stimme. Und damals hast du deine Sache sehr gut gemacht.“ Er streckte einen Arm aus und nahm ihre Hand. „Ich würde dich gern irgendwann wieder singen hören“, sagte er und grinste breit. „Meine Dusche hat eine hervorragende Akustik.“
Ihre Augen weiteten sich, dann zeigte sich Ärger in den grünen Tiefen.
„Ich glaube kaum, dass ich deine Dusche benutzen werde“, entgegnete sie reserviert.
„Man soll niemals nie sagen, Sasha.“
Sie entzog ihm ihre Hand, rückte den Stuhl nach hinten und sprang auf. „Ich weiß nicht, was du vorhast, Blake Fortune, aber es wird nicht funktionieren.“
Er erhob sich ebenfalls, trat zu ihr und zog sie in seine Arme, ohne darüber nachzudenken. „Ich habe nichts weiter vor als mit einer schönen Frau zu Abend zu essen, die ich schon seit Jahren näher kennenlernen möchte.“ Er spürte, wie sie zitterte und den Atem anhielt.
„Warum jetzt? Wieso willst du nach all diesen Jahren …“
„Pst, Sasha.“ Bevor sie die Chance zu einer weiteren Frage hatte, verschloss er ihren Mund mit einem Kuss. Beim ersten Kontakt kam es ihm vor, als würde ein Blitz ihn durchzucken. Auf diese Reaktion war er nicht vorbereitet gewesen und auch nicht auf die samtene Weichheit ihrer herrlich geschwungenen, sinnlichen Lippen.
Das war schon berauschend, aber was ihn wirklich umhaute, war die Tatsache, dass sie den Kuss erwiderte. Zögernd zuerst, dann voller Hingabe. Sie krallte ihre Hände in sein Hemd auf seiner Brust, als fürchtete sie, ohne diesen Halt zu straucheln. Für einen Moment vergaß er völlig, dass er sich vorgenommen hatte, die Sache langsam anzugehen, und als er ihre leisen Seufzer hörte, zog er Sasha fester an sich, intensivierte seine Bemühungen und erkundete ihren Mund mit seiner Zunge. Sie schmeckte süß und verführerisch.
Seine Hände glitten wie von selbst ihren schmalen Rücken hinunter, dann strich er bedächtig über ihre Seiten nach oben, hielt jedoch kurz unterhalb ihrer Brüste inne. Er ahnte, dass er zu forsch vorgegangen wäre, würde er jetzt schon diese sanften Rundungen streicheln. Er wollte Sasha auf keinen Fall verschrecken und den Zauber dieses Moments damit zerstören.
Widerstrebend löste er sich von ihren Lippen, hielt ihren schlanken Körper aber fest umschlungen. Sie sprachen kein Wort und sahen sich tief in die Augen. Blake war sich sicher, dass er zwei seiner Ziele erreicht hatte. Er hatte es geschafft, sie daran zu hindern, weiter mit ihm zu streiten, und er hatte ihr deutlich gemacht, welche Richtung sie mit ihrer Beziehung seiner Ansicht nach einschlagen sollten.
Sasha saß Blake am festlich gedeckten Tisch gegenüber und wusste überhaupt nicht, was sie da aß und wie es schmeckte. Nach dem atemberaubenden Kuss schätzte sie sich glücklich, dass sie sich noch an ihren Namen erinnern konnte. Das Gericht auf ihrem Teller war absolut nebensächlich.
Als Teenager hatte sie sich in endlosen Tagträumen vorgestellt, wie es wohl wäre, wenn Blake sie in den Armen halten und küssen würde, hatte aber nie zu hoffen gewagt, dieser Traum könnte einmal Wirklichkeit werden. Daher hatte sie auch nicht damit gerechnet, dass sein Kuss nach so vielen Jahren eine so heftige Reaktion bei ihr auslösen würde. Sie saß bereits geschlagene fünfzehn Minuten an diesem Tisch und noch immer schien jeder Nerv in ihrem Körper zu vibrieren.
„Wie ist dein Fleisch?“, erkundigte sich Blake und deutete auf ihren Teller.
Sie warf einen Blick auf ihr Filet Mignon, als sähe sie es zum ersten Mal, dabei hatte sie schon die Hälfte davon verzehrt. „Äh, sehr gut. Wirklich.“
Sein breites zufriedenes Lächeln verursachte ihr ein Flattern in der Magengegend.
„Der neue Chefkoch, den ich für das Fortune’s Gold engagiert habe, ist für unser Abendessen verantwortlich. Ich beabsichtige, ein Dinner bei Kerzenlicht für zwei Personen zu meinem teuersten Angebotspaket hinzuzufügen, und würde gern deine Meinung darüber hören. Was könnte man denn an diesem Arrangement verbessern?“
Sie zuckte die Schultern und deutete auf den perfekt gedeckten Tisch. „Hier gibt es nichts zu verbessern. Das Essen schmeckt hervorragend. Und es ist eine wunderbare Idee, feines Porzellan anstatt des normalen Restaurantgeschirrs zu verwenden. Der silberne Kerzenhalter verleiht dem Ganzen noch einen besonders eleganten Touch. Junge Leute auf Hochzeitsreise werden bestimmt entzückt sein.“
„Oder verliebte Paare, die sich ein romantisches Wochenende gönnen wollen“, fügte er hinzu und umfasste zärtlich ihre linke Hand, die auf dem weißen Tischtuch neben ihrem Teller ruhte.
Seine Berührung und sein vielsagender Blick jagten ihr einen Schauer über den Rücken. Alles, was sie sich mit fünfzehn erträumt hatte, schien Wirklichkeit zu werden. Blake Fortune nahm nicht nur von ihr Notiz, er flirtete auch noch heftig mit ihr.
Trotzdem konnte sie nicht so recht daran glauben, dass ihre Schulmädchenträume sich so einfach erfüllen sollten. „Was willst du tatsächlich von mir, Blake?“, fragte sie und platzierte ihre Gabel auf dem Tellerrand.
„Das habe ich dir doch gesagt. Ich brauche deine Hilfe bei meiner Werbekampagne.“
Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, von dem ihr ganz warm ums Herz wurde.
„Und ich habe das als Anlass genommen, um dich besser kennenzulernen. Das hätte ich schon längst tun sollen“, fügte er hinzu.
Er wirkte aufrichtig, dennoch wollte Creeds warnende Stimme in ihrem Kopf einfach nicht verstummen. Hatte ihr bester Freund vielleicht doch recht mit seinen Behauptungen über seinen Bruder? Verfolgte Blake mit seinem Verhalten insgeheim fragwürdige Absichten?
Eigentlich ergab das keinen Sinn. Welche Absichten sollten das sein? Sie war nicht in der Lage, ihm Informationen über Dakota Fortunes, das Unternehmen seiner Familie, zu liefern, an die er nicht selbst kommen könnte.
Als sie spürte, wie er sanft ihre Hand streichelte, löste das ein kleines Feuerwerk in ihrem Innern aus und sie beendete alle Spekulationen wegen möglicher Hintergedanken. „Ich glaube, ich sollte jetzt besser in mein Zimmer gehen“, erklärte sie und entzog ihm vorsichtig ihre Hand. In seiner Gegenwart fiel es ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie brauchte etwas Abstand und Zeit, um ihr Gleichgewicht wiederzufinden. „Ich bin ziemlich müde.“
Der skeptische Ausdruck auf seinem gut geschnittenen Gesicht besagte, dass er ihr diese Ausrede nicht abkaufte. Dennoch stand er auf und streckte ihr einladend eine Hand hin. „Ich bringe dich zu deiner Suite.“
„Das ist doch nicht nötig“, wandte sie ein. Als er sie berührte, hatte sie das Gefühl, als würde die Raumtemperatur plötzlich um mehrere Grad ansteigen. „Ich finde den Weg auch allein.“
Er legte ihr kopfschüttelnd einen Arm um die Schultern und begleitete sie zur Tür. „Nash Fortune hat seinen Söhnen unter anderem eines beigebracht, nämlich wie man sich bei einer Verabredung mit einer Frau richtig benimmt.“
„Verabredung?“, wiederholte sie irritiert.
Auf dem Weg in den Flur lachte er leise. „Ob es nun geschäftlich ist oder privat. Wenn ein Mann eine Frau, an der er interessiert ist, zum Abendessen einlädt, ist das ganz eindeutig eine Verabredung.“
„Du hast mich nicht eingeladen“, widersprach sie, während sie ihre Schlüsselkarte aus der Handtasche holte. „Es war mehr ein Befehl.“
Er nahm ihr die Karte ab und zog sie durch die Schließvorrichtung. Nachdem er die Tür geöffnet hatte, machte er einen Schritt zur Seite, um sie eintreten zu lassen. „In Anbetracht der Tatsache, dass du im Grunde schon wieder auf dem Heimweg warst, kaum dass du hier angekommen bist, blieb mir nichts anderes übrig.“
„Mit anderen Worten, als Mitglied des Aufsichtsrates von Dakota Fortunes hast du mir eine dienstliche Weisung erteilt?“, fragte sie herausfordernd, während sie ihre Suite betrat.
Er folgte ihr und schloss die Tür, dann zog er sie lächelnd in seine Arme. „So habe ich es nicht unbedingt gesehen. Aber es hat schließlich funktioniert, und das ist die Hauptsache.“
„Was glaubst du eigentlich, was du da tust?“ Seine unvermittelte Nähe und die Wärme seines Körpers hinderten sie am Atmen.
„Ich gebe dir einen Gutenachtkuss. Auf diese Art enden erste Dates für gewöhnlich.“
Bevor sie ihn daran erinnern konnte, dass sie ihr gemeinsames Abendessen nicht als Verabredung ansah, verschloss er ihr den Mund mit einem Kuss. Sasha gab das Denken auf und ließ sich auf seine verführerischen Lippen ein. Er küsste sie ebenso leidenschaftlich wie fordernd und raubte ihr nicht nur den Atem, sondern weckte auch ein solches Verlangen in ihr, dass sie keine andere Wahl hatte, als seine Liebkosungen rückhaltlos zu erwidern.
Blake schmeckte nach Wein und purer männlicher Begierde. Sie spürte seine Hände auf ihrem Rücken, den Hüften und unterhalb ihrer Brüste, und fragte sich, ob sie jemals wieder dieselbe sein würde wie zuvor. Ihre Haut schien zu prickeln, als er sich behutsam von ihr löste, um ihren Hals mit Küssen zu bedecken. „Das ist aber bei Weitem mehr als ein einfacher Gutenachtkuss“, flüsterte sie atemlos.
„Soll ich aufhören?“
Sein warmer Atem, der über ihre Haut strich, und seine sanfte Stimme entzündeten einen Funken in ihr. Als er die Hände auf ihre Brüste legte und damit begann, die harten Spitzen zu streicheln, erschauerte sie. Mit aller Gewalt musste sie sich seine Frage ins Gedächtnis rufen.
„Nein … ja.“ Wieso war sie nicht in der Lage, einen vernünftigen Gedanken zu fassen? Warum konnte sie ihn nicht einfach bitten aufzuhören?
„Willst du wissen, was ich denke, Sasha?“
„Eigentlich nicht“, erwiderte sie mit brüchiger Stimme. Als er ihre Brüste umfasste, jagte ihr die Berührung einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Und ob es ihr nun gefiel oder nicht, sie wollte nicht, dass er aufhörte.
Blake zog sie noch näher an sich und küsste sie auf die Schläfe. „Ich denke, du brauchst ein paar Stunden Schlaf. Wenn wir morgen einige Museen besuchen und ein wenig Zeit im Casino verbringen wollen, solltest du ausgeruht sein.“ Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, ließ sie los und wandte sich zum Gehen. „Gute Nacht, Sasha.“
Während sie darauf wartete, dass sich in ihrem Kopf alles zu drehen aufhörte, warf er ihr einen Blick über die Schulter zu und lächelte sie an. Sie dachte, er würde zurückkommen und sie wieder in die Arme nehmen, aber er setzte seinen Weg fort, trat auf den Flur hinaus und schloss leise die Tür hinter sich.
Sasha stieß den angehaltenen Atem aus und streifte wie in Zeitlupe die Pumps von den Füßen. Vorsichtig ging sie ins Schlafzimmer. Ihre Knie waren weich wie Butter und sie war sich nicht sicher, ob ihre Beine sie tragen würden. Da war es schon besser, sie versuchte es barfuß, anstatt auf den hochhackigen Schuhen zu balancieren.
Sie hätte abreisen sollen, wie sie es ursprünglich vorgehabt hatte. Mit zittrigen Händen zog sie den Hosenanzug aus und schlüpfte in ihren Babydoll-Pyjama. Sie spielte eindeutig nicht in Blakes Liga, weit davon entfernt. Er war ein Profi, während sie bestenfalls eine stümperhafte Amateurin abgab.
Sobald sie jedoch in dem opulenten Himmelbett lag, wurde ihr klar, dass sie sich noch nie zuvor in ihrem Leben so lebendig und begehrenswert gefühlt hatte.
Während Blake mit der einen Hand den Servierwagen durch den Flur in Richtung ihrer Suite schob, zog er mit der anderen sein Mobiltelefon vom Gürtel. Nachdem er Sasha in der vergangenen Nacht in ihr Zimmer gebracht hatte, hatte er einige schlaflose Stunden lang über ihre geplante Verführung nachgedacht. Dabei war er zu mehreren Resultaten gekommen.
Wegen der Warnung seines Bruders war sie ihm gegenüber ziemlich misstrauisch. Außerdem verwirrte sein plötzliches Interesse nach so vielen Jahren sie ganz offensichtlich. Deshalb war er gezwungen, die Sache sehr langsam anzugehen. Er würde mehr Zeit dafür brauchen, als er ursprünglich angenommen hatte. Das passte ihm eigentlich nicht, andererseits steigerte das ausgiebige Flirten am Ende womöglich den Genuss.
Er wählte ihren Zimmeranschluss an und wartete geduldig, bis sie sich meldete.
„Hallo?“
Ihre Stimme klang rauchig und verschlafen. Das verursachte ihm einen wohligen Schauer.
„Guten Morgen, Schlafmütze.“
„Blake?“
„Wer sonst?“
„Warum rufst du mich um …“
Sie verstummte, und er vernahm gedämpftes Knistern, als würde sie sich im Bett aufsetzen und auf die Uhr schauen.
„Lieber Himmel, es ist erst halb sieben!“
Er lachte. „Raus aus den Federn, Sasha. Bitte mach mir die Tür auf.“
„Warum?“
„Stellst du immer so viele Fragen?“
„Beantwortest du Fragen immer mit einer Gegenfrage?“
„Mach einfach die verdammte Tür auf.“
„Na schön. Aber ich hoffe, du hast einen guten Grund“, murmelte sie ärgerlich.