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GELIEHENES GLÜCK von GRAHAM, LYNNE Um sein geliebtes Castello Sabatino behalten zu können, muss Roel dringend heiraten. Hillary willigt ein, seine Ehefrau auf Zeit zu werden. Doch kurz vor der Scheidung verliert Roel bei einem Autounfall sein Gedächtnis. Wie könnte Hillary ihn jetzt allein lassen? SCHÖNER ALS JEDER TRAUM von GRAHAM, LYNNE Pippa ist zutiefst enttäuscht, als sie bei der Beförderung übergangen wird. Sie will es ihrem Chef heimzahlen … und erliegt stattdessen seinem Charme. Als sie denkt, dass er sie betrügt, flieht sie zu ihrer besten Freundin Tabby nach Frankreich … LIEBESSOMMER IN FRANKREICH von GRAHAM, LYNNE Tabithas Vater ist schuld daran, dass ihre große Liebe Christien seinen Vater verlor. Verzweifelt kehrt sie nach England zurück - und stellt dort fest, dass sie schwanger ist. Doch Christien will nichts mehr mit ihr zu tun haben …
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Lynne Graham
Liebessommer in Frankreich
1. KAPITEL
Stirnrunzelnd betrachtete Christien Laroche das Porträt seiner verstorbenen Großtante Solange. Sie war ihr Leben lang eine sehr stille Frau gewesen, die nie aufgefallen war, doch nun hatte sie mit ihrem Testament die gesamte Familie in hellen Aufruhr versetzt.
„Außergewöhnlich“, bemerkte ein Cousin missbilligend. „Was mag Solange sich nur gedacht haben?“
„Es bekümmert mich zutiefst, dies sagen zu müssen, aber der Verstand meiner armen Schwester hat offenbar am Ende stark gelitten“, lamentierte der schockierte Bruder der Verblichenen.
„Vraiment! Ein Stück des Duvernay-Anwesens der Familie vorzuenthalten und stattdessen einer Ausländerin zu vermachen … es ist unglaublich“, rief ein anderer empört.
Unter anderen Umständen hätte Christien kaum ein Lächeln über das schiere Entsetzen unterdrücken können, das seine Verwandten an den Tag legten. Der Reichtum hatte ihr leidenschaftliches Interesse am Familienbesitz keineswegs geschmälert, denn wie bei allen Franzosen war die Bindung an Grund und Boden tief in ihnen verwurzelt. Trotzdem reagierten alle übertrieben, denn die Hinterlassenschaft war winzig, gemessen am finanziellen Wert. Der Duvernay-Besitz umfasste Tausende von Hektar, und das fragliche Grundstück betraf ein Cottage auf einer Wiese. Allerdings war auch Christien über das Legat verärgert, das er als bedauerlich und höchst unpassend ansah. Warum hatte seine Großtante einer jungen Frau, die sie vor mehreren Jahren ein paar Mal getroffen hatte, überhaupt etwas vermacht? Es war ihm ein Rätsel, und er hätte viel darum gegeben, es zu lösen.
„Solange muss in der Tat sehr krank gewesen sein, denn ihr Testament ist eine schreckliche Beleidigung für meine Gefühle“, klagte seine verwitwete Mutter Matilde unter Tränen. „Der Vater des Mädchens hat meinen Mann ermordet, und dennoch hat meine Tante es belohnt.“
Voller Unbehagen über die Leichtigkeit, mit der sie die Verbindung hergestellt hatte, blieb Christien am hohen Fenster stehen, das einen herrlichen Blick auf Duvernays Gartenanlagen bot, während die Gesellschafterin seiner Mutter sich bemühte, die schluchzende ältere Frau zu trösten. Obwohl seit dem Tod seines Vaters fast vier Jahre verstrichen waren, lebte Matilde Laroche in ihrem weitläufigen Pariser Apartment noch immer hinter heruntergelassenen Jalousien, trug dunkle Trauerkleidung und ging nur selten aus oder empfing Gäste. Früher war sie eine unternehmungslustige Persönlichkeit mit einem ausgeprägten Sinn für Humor gewesen. Im Dunstkreis ihres grenzenlosen Kummers fühlte Christien sich hilflos, zumal weder gute Ratschläge noch Medikamente es geschafft hatten, ihr Leiden auf ein halbwegs erträgliches Maß zu lindern.
Andererseits musste er zugeben, dass Matilde Laroche einen niederschmetternden Verlust erlitten hatte. Seine Eltern waren Jugendlieben und lebenslang die besten Freunde gewesen, ihre Ehe war von ungewöhnlicher Innigkeit geprägt gewesen. Außerdem war sein Vater erst vierundfünfzig gewesen, als er starb. Als bekannter Bankier hatte Henri Laroche sich der Energie und Gesundheit eines Mannes in den besten Jahren erfreut. Doch dies hatte Christiens Vater nicht vor einem grausamen, vorzeitigen und sinnlosen Tod durch die Schuld eines betrunkenen Autofahrers bewahrt.
Dieser betrunkene Fahrer war Tabitha Burnsides Vater Gerry gewesen. Alles in allem waren fünf Familien in jener verhängnisvollen Nacht durch einen einzigen Autounfall zerstört worden, und Henri Laroche war nicht das einzige Todesopfer gewesen. Gerry Burnside hatte es geschafft, sich selbst sowie vier seiner Passagiere zu töten und einen fünften schwer zu verletzen, der später starb.
In jenem schicksalhaften Sommer hatten vier englische Familien sich das lang gestreckte Bauernhaus am Fuß des Hügels geteilt, auf dem die Laroches ihr imposantes Feriendomizil in der Dordogne hatten. Sein verstorbener Vater hatte einmal bedauernd gemeint, er hätte das Anwesen selbst kaufen sollen, damit es während der Saison nicht von einer Horde lärmender Urlauber bevölkert würde. Natürlich hätte sich kein Laroche auch nur im Traum einfallen lassen, sich unter die Touristen zu mischen, deren einzige Vorstellung von Erholung darin zu bestehen schien, sich einen Sonnenbrand zu holen und zu viel zu trinken und zu essen. Seine Eltern hatten in jenem Sommer nur gelegentlich ein paar Tage in der Villa verbracht, und die meiste Zeit – abgesehen von Besuchen seiner Freunde und anfänglich von seiner damaligen Geliebten – hatte Christien in Ruhe arbeiten können.
Unter den Mietern des Bauernhauses waren drei Burnsides gewesen: Gerry Burnside, seine wesentlich jüngere zweite Frau Lisa und Tabby, seine Tochter aus erster Ehe. Bevor Christien Tabby begegnete, hatte er die beiden jungen Frauen lediglich aus der Ferne gesehen und eine nicht von der anderen unterscheiden können. Sowohl Lisa als auch Tabby waren wohlgeformte Blondinen, und er hatte zunächst angenommen, sie wären Schwestern und ungefähr gleichaltrig. Er hatte nicht geahnt, dass eine von beiden noch ein Schulmädchen war …
Aber selbst aus der Entfernung hat sie wie ein leichtfertiges Flittchen gewirkt, dachte er mit einem verächtlichen Lächeln. Wie die meisten jungen Männer in den Klauen der Lust hatte er sich jedoch begeistert an allem erfreut, das ihm geboten wurde. Tabbys nächtliches Nacktbaden im beleuchteten Pool des Anwesens war zweifellos nichts als eine Show gewesen, die sie für ihn inszeniert hatte. Er wäre zwar nicht unbedingt zu Hause geblieben, um sie zu beobachten, aber an den Abenden, an denen er auf der Terrasse ein Glas Wein getrunken hatte, waren ihm die provozierende Darbietung ihrer vollen Brüste und ihres entzückenden Pos eine willkommene Abwechslung gewesen.
Er schämte sich keineswegs, diesen Anblick genossen zu haben. Jeder Mann wäre angesichts ihrer Reize von Verlangen gepackt worden. Jeder Mann hätte beschlossen, dieser unverblümten Einladung bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu folgen. Es war Christien natürlich nie in den Sinn gekommen, sich zu fragen, warum Tabby so oft zu Hause blieb, während der Rest der Gruppe jeden Abend essen ging. Erst im Nachhinein war ihm klar geworden, dass sie ihn wohl von Anfang an als Ziel auserkoren hatte. Kein Wunder, sie hatte ihn im Dorf zum ersten Mal gesehen und sicher bald herausgefunden, wer er war und – was womöglich noch wichtiger war – was er wert war. Da die Laroche-Villa oberhalb des Bauernhauses lag, hatte Tabby sich ausrechnen können, dass er sie früher oder später unweigerlich beim Nacktbaden ertappen musste.
Dass sie es vom ersten Tag an darauf angelegt hatte, ihn einzufangen, erstaunte Christien nicht im Mindesten. Schon als Teenager hatte er gemerkt, dass Frauen sein attraktives Äußeres unwiderstehlich fanden und sich jede erdenkliche Mühe gaben, sein Interesse zu erregen. Trotzdem hatte ihn sein außergewöhnlicher Erfolg bei Frauen nicht eitel gemacht. Er wusste, dass Sex und Geld eine ungeheure Faszination ausübten. Er war sehr, sehr reich geboren – als einziges Kind zweier vermögender Einzelkinder – und war als Erwachsener noch wohlhabender geworden.
Ausgestattet mit dem Laroche-Talent fürs Geldverdienen und geradezu sensationellen unternehmerischen Fähigkeiten, hatte Christien mit zwanzig die Universität verlassen. Innerhalb von neun Monaten hatte er seine erste Million gemacht. Fünf Jahre danach war er Alleininhaber einer international erfolgreichen Fluglinie und vom Stress der endlosen Siebentagewochen ausgebrannt gewesen. Er hatte sich gelangweilt. In jenem Sommer war er reif gewesen für ein bisschen Abwechslung, und Tabby hatte ihn in diesem Punkt mehr als zufrieden gestellt.
Sie hatte keine Spielchen getrieben und sich seinen Bedingungen unterworfen. Er hatte sie schon bei ihrer ersten Verabredung bekommen. Dem waren sechs Wochen mit dem wildesten Sex gefolgt, den er je erlebt hatte. Er war besessen von ihr gewesen. Ihre standhafte Weigerung, die Nacht nicht in seinem Bett zu verbringen und ihre Affäre vor ihrer Familie und ihren Freunden geheim zu halten, hatte jedem Zusammensein einen zusätzlichen Kick verschafft. Und nach nur sechs Wochen leidenschaftlicher sexueller Erfüllung war er bereit gewesen, ihr einen Heiratsantrag zu machen, um sich jederzeit an ihrem verführerischen Körper erfreuen zu können.
Einen Heiratsantrag! Christien schauderte noch immer bei dem demütigenden Gedanken. Sein astronomischer IQ hatte ihm wenig geholfen, die aufgepeitschten Hormone zu bändigen. Die Entdeckung, dass er mit einem Schulmädchen geschlafen hatte, hatte ihn zutiefst erschüttert. Ein Schulmädchen von siebzehn Jahren, das zudem eine zwanghafte Lügnerin war!
Während Veronique sich den Kopf zerbrochen hatte, wie er sich am besten vor dem drohenden Skandal schützen könnte, war Christien so verrückt vor Lust gewesen, dass er zu dem Schluss gelangt war, er könnte mit einer minderjährigen Ehefrau fertig werden, ihr beibringen, stets die Wahrheit zu sagen, und sie außerdem die meiste Zeit ohnehin im Bett halten. Am nächsten Tag hatte er jedoch seine insgeheim Auserwählte dabei beobachtet, wie sie sich wie ein Flittchen mit einem pickeligen Jüngling auf einem Motorrad herumtrieb. Außer sich vor Zorn, Fassungslosigkeit und Ekel hatte Christien sich unverzüglich von seiner Besessenheit befreit …
„Falls dieses Burnside-Mädchen auch nur einen Fuß auf Laroche-Land setzt, wird das Andenken deines Vaters beschmutzt“, jammerte Matilde Laroche.
Jäh aus seinen düsteren Erinnerungen gerissen, zuckte Christien beim weinerlichen Tonfall seiner Mutter zusammen. „Das wird auf keinen Fall passieren“, beschwichtigte er sie. „Wir werden ihr anbieten, uns das Anwesen wieder zu verkaufen, und sie wird natürlich das Geld akzeptieren.“
„Die Angelegenheit ist für dich sicher schrecklich lästig“, raunte Veronique ihm mitfühlend zu. „Wenn du gestattest, kümmere ich mich darum.“
„Du bist wie immer überaus großzügig, aber in diesem Fall ist das nicht nötig.“ Christien betrachtete bewundernd die schöne elegante Brünette, die er zu ehelichen gedachte.
Veronique Giraud war die ideale Laroche-Gattin. Er kannte sie sein Leben lang, und sie stammten aus den gleichen Kreisen. Sie war Firmenanwältin und überdies eine ausgezeichnete Gastgeberin sowie sehr nachsichtig, was die seelische Verfassung ihrer künftigen Schwiegermutter betraf. Allerdings wurde die Beziehung der Verlobten weder durch Liebe noch durch Lust geprägt. Beide maßen gegenseitigem Respekt und Ehrlichkeit größere Bedeutung bei. Obwohl Veronique natürlich bereit war, ihm Kinder zu schenken, zeigte sie wenig Begeisterung für körperliche Intimitäten und hatte schon klargestellt, dass es ihr lieber wäre, wenn er seine Bedürfnisse bei einer Geliebten befriedigen würde.
Christien war mit diesem Arrangement durchaus einverstanden. Die Gewissheit, dass selbst eine Hochzeit ihn nicht der kostbaren männlichen Freiheit berauben würde, das zu tun, was er wollte, hatte seine Bereitschaft, sich unters Ehejoch zu begeben, erheblich gesteigert.
In einem Monat würde er geschäftlich in London weilen. Dann würde er Tabby Burnside einen Besuch abstatten und ihr anbieten, das Cottage zurückzukaufen. Sein persönliches Erscheinen würde ihr zweifellos schmeicheln. Er fragte sich, wie sie jetzt wohl aussehen mochte – verlebt? Mit nur einundzwanzig Jahren?
Wen interessiert’s? Er lächelte.
Ein Haus in Frankreich, überlegte Tabby verträumt, ein eigenes Heim in der Sonne …
„Du wirst natürlich das Cottage der alten Dame für den bestmöglichen Preis verkaufen“, entschied Alison Davies für ihre Nichte. „Es dürfte eine hübsche Summe bringen.“
Frische, saubere Landluft statt Abgasschwaden, die den Kleinen anfällig für Asthma machen, dachte Tabby glücklich.
„Jake und du braucht Rücklagen für schlechte Zeiten“, erklärte ihre Tante, eine schlanke grauäugige Brünette.
In Gedanken versunken, staunte Tabby noch immer über die Tatsache, dass Solange Roussel ihr ein Anwesen in Frankreich vermacht hatte. Es war Schicksal. Es konnte nur Schicksal sein, davon war Tabby überzeugt. Ihr Sohn hatte französisches Blut in den Adern, und nun, durch einen ebenso ungeheuren wie unerwarteten Glücksfall, hatte sie ein Heim für sie beide auf französischem Boden geerbt. Das musste natürlich ein Omen sein, wer könnte daran zweifeln?
Sie blickte hinaus in den kleinen Garten, wo Jake spielte. Er war ein bezauberndes Kind mit funkelnden braunen Augen, leicht getöntem Teint und widerspenstigen dunklen Locken. Sein Asthma äußerte sich momentan nur in leichten Anfällen, aber niemand konnte vorhersagen, ob es sich verschlimmern würde, wenn sie in London blieben.
Gleich nachdem der Brief von dem französischen Notar eingetroffen war, in dem er sie über die Erbschaft informierte, hatte Tabby begonnen, ein neues Leben in Frankreich für sich und ihr Kind zu planen. Der Zeitpunkt war ideal. Sie hatte verzweifelt nach einer plausiblen Ausrede gesucht, das behagliche Stadthaus ihrer Tante zu verlassen. Alison Davies war nur zehn Jahre älter als ihre Nichte. Als Tabby nach dem Tod ihres Vaters mittellos und schwanger nach England zurückgekehrt war, hatte Alison ihrer Nichte ein Heim geboten. Tabby war klar, wie viel sie der anderen Frau schuldete.
Aber erst vor einer Woche hatte sie zufällig einen hitzigen Streit zwischen Alison und deren Freund Edward mit angehört, der heftige Schuldgefühle in ihr geweckt hatte. Edward hatte sich für ein Jahr von seinem Job beurlauben lassen, um auf Reisen zu gehen. Tabby hatte das bereits gewusst und auch, dass ihre Tante beschlossen hatte, ihn nicht zu begleiten. Allerdings war ihr, bis sie den Streit des Paares gehört hatte, nicht klar gewesen, dass Alison lieber auf die Erfüllung eines Herzenswunsches verzichtete, als ihre Nichte zu bitten, sich eine andere Unterkunft zu suchen.
„Du brauchst deine Ersparnisse nicht einmal anzugreifen! Dank deiner Eltern gehört dir das Haus, und du könntest es für ein kleines Vermögen vermieten, während wir im Ausland sind. Damit wären all deine Ausgaben gedeckt“, hatte Edward argumentiert, als Tabby nach der Heimkehr von ihrem Abendjob draußen nach dem Schlüssel gekramt hatte.
„Das Thema haben wir doch durch“, hatte Alison genervt protestiert. „Ich kann Tabby nicht einfach bitten auszuziehen, nur damit ich an Fremde vermieten kann. Sie kann sich keine vernünftige Wohnung leisten.“
„Und wessen Schuld ist das? Sie ist mit siebzehn schwanger geworden, und nun muss sie für ihren Fehltritt bezahlen!“, hatte Edward wütend gekontert. „Sollen wir etwa auch dafür büßen? Es ist schlimm genug, dass wir kaum allein miteinander sind – und selbst dann musst du immer auf ihr Kind aufpassen.“
Die Erinnerung an das vernichtende Urteil schmerzte noch immer, doch sie betrachtete es als gerechtfertigte Kritik. Sie hätte schon viel früher für sich selber sorgen müssen und hatte die Gastfreundschaft ihrer Tante über Gebühr strapaziert. Es erschreckte sie, dass ihre Tante ihr zuliebe zu einem solchen Opfer bereit war. Für Tabby stand fest, dass sie so schnell wie möglich fortmusste. Erst dann würde ihre Tante wieder frei über ihr Leben und ihr Heim verfügen können.
„Ich begreife noch immer nicht, warum eine alte Französin dich in ihrem Testament bedacht hat“, meinte Alison kopfschüttelnd.
Tabby kehrte jäh in die Gegenwart zurück. Versonnen schob sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Manche Dinge waren zu persönlich, als dass sie sie sogar mit ihrer Tante hätte teilen können. „Solange und ich haben uns gut verstanden.“
„Aber ihr seid euch doch nur ein paar Mal begegnet …“
„Was sie mir vermacht hat, ist bloß ein winziger Teil ihres Besitzes. Sie war sehr reich“, erwiderte Tabby ausweichend. „Ich bin außer mir vor Freude über das Cottage, aber in ihren Augen war es wohl eher eine kleine Aufmerksamkeit.“
Insgeheim musste sie zugeben, dass sie bei jedem Treffen mit Solange Roussel emotional sehr aufgewühlt gewesen war. Beim ersten Mal hatte sie vor Glück gestrahlt und freimütig eingeräumt, dass sie Christien anbetete. Beim zweiten Mal war sie sich seiner nicht mehr ganz so sicher gewesen und hatte gefürchtet, er könnte das Interesse an ihr verlieren. Und beim dritten und letzten Mal?
Monate, nachdem der unselige Frankreichurlaub so viele Leben zerstört hatte, war Tabby allein nach Frankreich gereist, um der Unfalluntersuchung beizuwohnen. Sie hatte darauf gebrannt, Christien wiederzusehen. Sie hatte gehofft, seine Verbitterung möge sich inzwischen gelegt haben und er wäre zu der Erkenntnis gelangt, dass sie beide ihre geliebten Väter bei dem schrecklichen Zusammenstoß verloren hatten. Allerdings hatte sie ihren Fehler schnell einsehen müssen, denn die Monate hatten Christien eher noch kälter und verächtlicher gemacht. Selbst Veronique, die ihr gegenüber einst so freundlich gewesen war, zeigte sich nun abweisend und feindselig. Als Gerry Burnsides Tochter war sie für jeden eine Aussätzige, der einen Verwandten verloren hatte oder irgendwie bei dem Unglück verletzt worden war.
Am Tag der Untersuchung war Tabby endlich erwachsen geworden, und diese Erfahrung war fast genauso grausam und umwälzend wie der Schock nach dem Unfall. Obwohl die vorangegangenen Monate einen albtraumhaften Kampf für Tabby bedeutet hatten und sie sich sogar von ihrer Tante hatte Geld leihen müssen, um nach Frankreich zurückzukehren, hatte sie in ihrer Naivität davon geträumt, wie Christien auf die Nachricht reagieren würde, dass er Vater eines kleinen Sohnes war.
Am Tag der Anhörung waren jedoch ihre Träume zerbrochen. Am Ende hatte sie Christien nicht einmal sagen können, dass sie ihm einen Sohn geschenkt hatte. Er hatte sich schlichtweg geweigert, mit ihr unter vier Augen zu sprechen, und sie hatte es ihm nicht vor großem Publikum gestehen wollen. Zutiefst erschüttert über die schroffe Zurückweisung, war sie nach draußen geflohen, um nicht vor ihm, seinen Verwandten und Freunden in Tränen auszubrechen. Auf der Straße hatte sich eine Hand tröstend auf ihre gelegt, und Tabby war dem mitfühlenden Blick von Solange Roussel begegnet.
„Es tut mir leid, dass die Familie zwischen Sie und Christien getreten ist.“ Die ältere Frau seufzte bedauernd. „Das hätte nicht passieren dürfen.“
Bevor Tabby etwas erwidern konnte, war Solange im Gerichtsgebäude verschwunden. Christiens Großtante hatte offenbar befürchtet, bei Sympathiebekundungen für die Tochter des betrunkenen Fahrers ertappt zu werden.
„Du beabsichtigst doch, das Grundstück zu verkaufen, oder?“, fragte Alison drängend.
Tabby atmete tief durch. „Nein. Ich möchte es gern behalten …“
„Aber das Cottage befindet sich doch auf Christien Laroches bretonischem Besitz“, wandte ihre Tante stirnrunzelnd ein.
„Solange sagte, dass Christien nur selten nach Duvernay komme, weil er lieber in der Stadt als auf dem Land lebt. Sie hat mir außerdem erzählt, dass das Anwesen riesig sei und ihr kleines Haus direkt am Rand liege. Wenn ich es wie geplant behalte, wird er nicht einmal merken, dass ich dort bin.“
„Bist du sicher, dass du nicht insgeheim hoffst, ihn wiederzusehen?“
„Natürlich! Warum sollte ich ihn wiedersehen wollen?“
„Um ihm von Jake zu berichten?“, schlug Alison vor.
„Nein, jetzt nicht mehr. Die Zeit ist ein für alle Mal vorbei.“ Da Christien und seine versnobte Familie bei der Anhörung durch ihre bloße Anwesenheit beleidigt gewesen waren, würde das Wissen um die Existenz des Kleinen nur weiteren Ärger verursachen. „Jake gehört zu mir, und wir kommen gut zurecht.“
Alison war keineswegs überzeugt, denn sie wusste, wie verwundbar Tabby durch ihr vertrauensvolles Wesen war. Sie hatte stets versucht, das einzige Kind ihrer verstorbenen Schwester zu beschützen, das eine gefährliche Wirkung auf Männer auszuüben schien. Tabby hatte honigblondes Haar, grüne Augen, Grübchen und eine verführerische Figur – kurz, sie besaß einen angeborenen Sex-Appeal, der überall für Aufruhr sorgte.
„Ich zerstöre nur ungern deine Träume, aber du hast offenbar nicht bedacht, wie teuer es ist, ein Ferienhaus im Ausland zu unterhalten“, wandte Alison ein.
„Ich will es nicht nur im Urlaub nutzen!“ Die bloße Vorstellung brachte Tabby zum Lachen. „Ich rede von einem festen Wohnsitz … von einem neuen Leben, das Jake und ich in Frankreich beginnen können.“
Ihre Tante war fassungslos. „Das kannst du nicht …“
„Warum nicht? Ich kann überall meine Miniaturen malen und meine Werke übers Internet verkaufen. Ich baue mir gerade einen Kundenstamm auf, und die französische Landschaft wird mich inspirieren. Zugegeben, anfangs dürfte es finanziell ein bisschen eng werden, aber da mir das Haus gehört, brauche ich keine Miete zu zahlen. Außerdem ist Jake jetzt in dem richtigen Alter, um ins Ausland überzusiedeln und eine zweite Sprache zu lernen.“
„Du schmiedest Pläne, ohne das Cottage überhaupt gesehen zu haben“, rief Alison missbilligend.
„Stimmt.“ Tabby lächelte. „Ich habe allerdings vor, nächste Woche hinzufahren und es zu besichtigen.“
„Und wenn es unbewohnbar ist?“
Tabby straffte die Schultern. „Sollte das der Fall sein, werde ich mich darum kümmern, wenn ich dort bin.“
„Ich finde das nicht sehr praktisch. Für dich mag es verlockend sein, im Ausland zu leben, aber du musst auch Jake berücksichtigen. In Frankreich hast du keine Unterstützung, keine Aushilfe, wenn du arbeiten musst oder krank bist.“
„Aber ich freue mich darauf, unabhängig zu sein.“ Angesichts der betroffenen Miene ihrer Tante schluckte Tabby trocken. „Ich muss endlich auf eigenen Füßen stehen, Alison – ich bin jetzt einundzwanzig.“
Mit geröteten Wangen erhob sich ihre Tante und begann, den Tisch abzuräumen. „Das verstehe ich ja, aber ich möchte nicht, dass du hier alle Brücken hinter dir abbrichst und zu spät erkennst, dass du einen schrecklichen Fehler gemacht hast.“
Tabby dachte an all die Fehler, die sie in ihrem Leben bereits begangen hatte. Jake kam durch die Hintertür hereingestürmt und warf sich ihr in die Arme. „Ich hab dich lieb, Mummy“, verkündete er strahlend.
Sie presste ihn fest an sich. Die meisten Leute waren zu höflich, um es zu erwähnen, aber sie wusste, dass sie Jake für ihren bislang größten Fehler hielten. Und trotzdem hatte ihr in Zeiten, als ihr Leben aus den Fugen geraten war, gerade der Gedanke an das ungeborene Baby Kraft und Vertrauen auf die Zukunft gegeben. Christien hatte Licht in ihr Dasein gebracht, und die Welt war für sie in ewige Dunkelheit gesunken, als er daraus wieder verschwunden war.
Seufzend wandte Alison sich zu ihr um. „Bevor du hier eingezogen bist, habe ich mit einem Mann namens Sean Wendell zusammengearbeitet“, erklärte sie. „Er war ganz verrückt nach Frankreich und ist in die Bretagne übergesiedelt, um eine Hausverwaltung zu leiten. Er meldet sich regelmäßig zu Weihnachten bei mir. Ich könnte ihn anrufen und bitten, dir zu helfen.“
Erstaunt sah Tabby ihre Tante an.
Die ältere Frau hob beschwichtigend die Hände. „Ich weiß, ich sollte mich nicht einmischen, aber wenn du dir nicht von Sean helfen lässt, sterbe ich vor Sorge um dich. Du musst dich zuerst beim Notar vorstellen, und es sind bestimmt etliche Formalitäten zu erledigen. Dein Französisch ist ziemlich begrenzt und reicht dafür vielleicht nicht aus.“
Tabby war klar, dass ihre Sprachkenntnisse eingerostet waren, dennoch ärgerte es sie, sich mit einem Fremden belasten zu müssen. Außerdem kreisten ihre Gedanken momentan um die Vergangenheit. Während sie Jake fürs Bett zurechtmachte, wanderten ihre Erinnerungen vier Jahre zurück, zu jenem Sommer, der eine Ewigkeit her zu sein schien …
Solange sie sich zurückerinnern konnte, hatten die Burnsides alljährlich den Urlaub mit ihren engsten Freunden, den Stevensons, Ross’ und Tarberts, in der Dordogne verbracht. Entweder hatten sie benachbarte Ferienhäuser gemietet oder ein Anwesen gefunden, dass genug Räume für sie alle geboten hatte. Die Stevenson-Tochter Pippa war Tabbys beste Freundin. Die Ross’ hatten zwei Töchter, Hillary, die sechs Monate jünger war als die beiden Freundinnen, und ihre kleine Schwester Emma. Die Tarberts hatten eine Tochter namens Jen. Als Tabby, Pippa, Hillary und Jen noch Kleinkinder gewesen waren, hatten sie die gleiche Spielgruppe besucht, und ihre Mütter hatten sich angefreundet. Obwohl die Familien umgezogen waren und sich vieles in ihrem Leben verändert hatte, hatten die Freundschaften überdauert, und die Frankreichurlaube waren Tradition geworden.
Im Herbst nach Tabbys sechzehntem Geburtstag hatte das geruhsame Familienleben ein jähes Ende gefunden. Ihre Mutter war an Grippe erkrankt und an plötzlich auftretenden Komplikationen gestorben. Gerry Burnside war über den unerwarteten Tod seiner Frau am Boden zerstört gewesen, hatte aber sechs Monate danach wieder geheiratet, ohne zuvor über seine Pläne zu sprechen. Seine zweite Frau Lisa war eine zweiundzwanzigjährige Blondine, die in seinem Autohaus als Empfangsdame arbeitete. Tabby war über diese Wendung ebenso erschüttert gewesen wie alle anderen.
Fast über Nacht hatte sich ihr Vater in einen Fremden verwandelt, der sich wie ein wesentlich jüngerer Mann kleidete und nichts als Partys im Kopf hatte. Er hatte keine Zeit mehr für seine Tochter, denn seine junge Frau war nicht nur maßlos eifersüchtig, sondern neigte außerdem zu lautstarken Wutausbrüchen, wenn ihr nicht seine ungeteilte Aufmerksamkeit galt. Lisa zuliebe kaufte er ein anderes Haus und gab ein Vermögen dafür aus, um es nach ihren Wünschen renovieren zu lassen. Von Anfang an hatte Lisa Tabby abgelehnt und sie spüren lassen, dass sie sie als fünftes Rad am Wagen empfand.
Lisa hatte sich in diesem Sommer gegen den Urlaub mit den Freunden ihres Mannes gesträubt, aber Gerry Burnside hatte sich ausnahmsweise durchgesetzt. Sie versuchte gar nicht erst, sich anzupassen, sondern genoss es, die Mitreisenden durch ihr Benehmen zu schockieren. Tabby wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken und mied so oft wie möglich die Gesellschaft der Erwachsenen.
Leider fühlte sie sich mit Pippa, Hillary und Jen genauso unwohl. Ihre Freundinnen mit ihren liebevollen Elternhäusern schienen ihr Lichtjahre entfernt. Tabbys Loyalität ihrem Vater gegenüber war zu ausgeprägt, als dass sie jemandem anvertraut hätte, wie unglücklich und einsam sie war. Und dann war ihr Christien begegnet, und ihre eigenen Ängste, der Rest der Welt und alle Menschen um sie her hörten schlagartig auf zu existieren.
Es passierte schon am zweiten Tag ihres Aufenthaltes. Tabby saß auf einer kleinen Mauer im verschlafenen Dorf unterhalb des Bauernhauses und grübelte über die demütigende Szene nach, als Lisa sie beim Frühstück vor Pippas entsetzten Eltern als „widerwärtiges Balg“ beschimpft hatte. Ein eleganter gelber Sportwagen raste den Hügel herunter, bog schwungvoll um die Ecke und hielt ein Stück entfernt von Tabbys Platz an.
Ein großer, stattlicher Mann mit Sonnenbrille stieg aus und schlenderte in das kleine Straßencafé. Er trug ein weißes Hemd mit lässig aufgekrempelten Ärmeln und eine beigefarbene Leinenhose. Nachdem er sich an einem der Tische niedergelassen hatte, warf er dem Sohn des Besitzers einen Geldschein zu, damit dieser ihm nebenan eine Zeitung besorgte. Dann nahm er die Sonnenbrille ab und schob sie in die Brusttasche seines Hemdes. Er war dabei so cool, dass Tabby fasziniert jede seiner Bewegungen verfolgte.
Der Wirt begrüßte ihn respektvoll und servierte Kaffee und Croissants. Gleich darauf wurde die Zeitung gebracht. Eine typisch französische Szene. Hingerissen betrachtete Tabby Christiens sonnengebräuntes Gesicht, sein schwarzes Haar und die dunklen Augen. Ihr Herz klopfte so heftig, als wollte es zerspringen.
Für den Bruchteil einer Sekunde begegneten sich ihre Blicke, und Tabby war verloren. Un coup de foudre – die Liebe hatte sie wie ein Blitzschlag getroffen. Er wandte seine Aufmerksamkeit der Zeitung zu. Tabby konnte sich an ihm nicht sattsehen. Irgendwann stieg er wieder in seinen eleganten Wagen und fuhr los, und zwar langsam genug, dass er sie durch die getönten Scheiben in Augenschein nehmen konnte.
„Wer ist er?“, fragte Tabby den mürrischen Jugendlichen, der den Pool am Haus reinigte.
„Christien Laroche. Seine Familie hat eine Villa auf dem Hügel. Er ist schwerreich.“
„Ist er verheiratet?“
„Du machst wohl Witze! Er kann sich vor Verehrerinnen kaum retten. Warum? Rechnest du dir Chancen aus? Für einen Geschäftsmann wie ihn bist du noch ein Baby“, spottete er.
Tabby kehrte in die Gegenwart zurück, verärgert, dass sie überhaupt noch an Christien dachte. Solanges Vermächtnis hatte sie dazu verführt, sich auf Ereignisse zu besinnen, die keinerlei Bedeutung hatten – außer dass sie daraus ein paar wertvolle Lehren gezogen hatte. Sie brachte Christiens Sohn ins Bett. Ob es ihr gefiel oder nicht, der dreijährige Jake war eine Miniaturausgabe seines Vaters. Dem Aussehen und der Statur nach war er eindeutig ein Laroche, und außerdem war er viel zu clever für sein Alter. Eines hatte sie sich jedoch vorgenommen: Sie würde dafür sorgen, dass Jake Frauen niemals als Beute betrachtete, die es zu erlegen galt.
In der folgenden Woche verkaufte Tabby den einzigen Wertgegenstand, den sie noch besaß: eine mit Diamanten besetzte Haarspange. Es fiel ihr nicht schwer, sich davon zu trennen, denn in ihrem Leben hatte sie keine Verwendung für eine Diamantspange. Das Schmuckstück war wesentlich mehr wert, als sie erwartet hatte, und ermöglichte es ihr, einen alten Lieferwagen für den Transport ihrer Sachen zu erwerben und sämtliche anderen Ausgaben zu decken. Alison hatte sie überredet, die erste Reise allein zu machen, und versprochen, auf Jake aufzupassen. Das Cottage bedurfte sicher einer gründlichen Reinigung, und der Staub würde bei dem Kleinen nur einen Asthmaanfall hervorrufen.
Eine Woche vor ihrer Abreise hatte Tabby Jake wie üblich zum Kindergarten gebracht und saß gerade beim Frühstück, als es an der Tür klingelte. Mit einem Stück Toast in der Hand ging sie nach vorn, um zu öffnen. Als sie den stattlichen dunkelhaarigen Mann auf der Schwelle erblickte, entglitt das Brot ihren plötzlich kraftlosen Fingern.
„Ich wollte dich anrufen, um dich über meinen Besuch zu informieren, aber die Nummer deiner Tante ist nicht verzeichnet“, erklärte Christien ruhig.
Tabby konnte kaum atmen. Sein sinnlicher Akzent jagte ihr einen wohligen Schauer über den Rücken. Wie in Trance wich sie zurück. Der Instinkt sagte ihr, dass sie in Gefahr schwebte – einer erregenden, köstlichen Gefahr, die ihr Verlangen weckte. Christien war noch unwiderstehlicher, als sie ihn in Erinnerung gehabt hatte, und sosehr sie sich auch dafür schämte, sie hätte sich am liebsten in seine Arme geschmiegt.
Trotzdem konnte sie es nicht recht fassen, dass er tatsächlich vor ihr stand, er gleich Alisons Haus betreten würde und sich dazu herabließ, mit ihr, Tabby, zu reden. Träumte sie?
Bei ihrem letzten Zusammentreffen hatte sie seine unverhohlene Ablehnung zutiefst verletzt. Der Schmerz war schier unerträglich gewesen. Sie hatte sich gehasst, weil sie ihn liebte, hatte sich für das Verlangen verachtet, das sie nicht unterdrücken konnte, und sich insgeheim gescholten, weil sie in dem unschuldigen Babygesicht ihres Sohnes nach Ähnlichkeiten mit Christien gesucht hatte.
„Was willst du hier?“, fragte sie.
Lächelnd kam er herein und schloss die Tür hinter sich. Seine breitschultrige Gestalt ließ die Halle winzig wirken. Er war umwerfend attraktiv und sich dessen genau bewusst. Christien Laroche war ein Mann, vor dem sie sich hätte hüten müssen. Leider war sie damals zu naiv gewesen und wenige Stunden nach ihrer ersten Begegnung in seinem Bett gelandet.
„Ich bin gekommen, um dir ein Angebot zu unterbreiten, das du nicht ablehnen kannst.“
„Und ob ich das kann! Du kannst mir nichts bieten, was ich ablehnen würde“, konterte sie nachdrücklich.
Unbeeindruckt von ihrem Ausbruch, betrachtete er ihr honigblondes Haar, die funkelnden Augen und die Sommersprossen auf ihrer Nase. Am längsten jedoch verweilte sein Blick auf ihren weichen Lippen. Er erinnerte sich noch genau, wie ihr Mund sich einst auf seiner Haut angefühlt hatte – keine andere Frau hatte ihm seither solche Wonnen bereitet. Sein verräterischer Körper reagierte prompt. Energisch rief er sich ins Gedächtnis, dass sie sich hinter seinem Rücken mit einem Taugenichts auf einer Harley-Davidson herumgetrieben hatte. Sofort flammte sein Zorn wieder auf.
„Würdest du darauf wetten, chérie?“, erkundigte er sich trügerisch sanft.
2. KAPITEL
„Ich wette nicht auf Tatsachen, und ich habe dich nicht hereingebeten.“ Tabby spürte, wie sie unter Christiens anmaßendem Blick errötete.
Niemand, absolut niemand konnte so herablassend sein wie Christien Laroche. Den Kopf stolz erhoben, genügte ihm ein spöttisches Heben der Braue, um seinem Gegenüber das Gefühl zu vermitteln, auf Daumengröße zu schrumpfen. Er war der jüngste Spross einer langen Reihe von Vorfahren, die sich allesamt über die Jahrhunderte hinweg als außergewöhnliche Wesen betrachtet und ihm eine geradezu erschreckende Selbstsicherheit vererbt hatten. Christien wusste, dass er den meisten seiner Mitmenschen intellektuell überlegen war, und man konnte nicht behaupten, dass dieses Wissen ihn Bescheidenheit gelehrt hätte.
„Du hast mir doch noch nie etwas abschlagen können, ma belle“, erwiderte er lächelnd.
Sie ballte die Hände zu Fäusten. Ungeniert ließ er den Blick zu ihren festen Brüsten unter dem roten T-Shirt schweifen. Als sich die festen Knospen aufrichteten, machte Tabby kehrt und eilte ins Wohnzimmer.
Sie konnte kaum noch klar denken. Christien hatte schon immer diese Wirkung auf sie gehabt. Wie sollte sie sich ihm widersetzen? Sie hatte es nie geschafft, Nein zu ihm zu sagen – hatte es auch nie gewollt. Sie war ihm verfallen gewesen. Er war der einzige Mann auf Erden, dem sie nie hätte begegnen dürfen, denn bei ihm war sie wehrlos.
Widerstrebend riss er sich vom Anblick ihrer wohlgeformten Brüste unter dem dünnen Stoff los und fragte sich, wie Tabby wohl reagieren mochte, wenn er sie einfach an sich ziehen würde, so wie er es früher unzählige Male getan hatte, ohne darüber nachzudenken … um nicht von der Versuchung überwältigt zu werden, ging er vorsichtshalber auf Abstand zu Tabby.
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