Romana Exklusiv Band 176 - Lynne Graham - E-Book

Romana Exklusiv Band 176 E-Book

Lynne Graham

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Beschreibung

DAS SCHLOSS AUF SIZILIEN von GRAHAM, LYNNE Als Mina ihrem Exchef Cesare wieder begegnet, ahnt sie, dass er ihr Leben erneut auf den Kopf stellen wird. Vor Jahren endete ihre heiße Affäre, weil er sie der Firmenspionage verdächtigte. Dass sie eine gemeinsame Tochter haben, weiß er bis heute nicht ... LIEBESGESCHICHTE IN ATHEN von MORTIMER, CAROLE Die bildhübsche Merry ahnt nicht, worauf sie sich mit dieser Einladung zu einer Kreuzfahrt über das Mittelmeer einlässt: An Bord der Jacht soll sie ihre Mutter kennenlernen, die sie noch nie gesehen hat - unter den faszinierend blauen Augen ihres Stiefbruders Gideon. Mit ihm geht ihr Herz auf Reisen … AMORE, AMORE! von WINTERS, REBECCA In der adeligen Provere-Familie glauben alle, dass Gaby demnächst Giovanni heiraten wird. Doch vorher lernt sie dessen charmanten Bruder Luca kennen - und plötzlich weiß sie, was Liebe wirklich ist. Aber Luca scheint für sie unerreichbar zu sein: Er will Priester werden.

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Rebecca Winters, Caroline Mortimer, Lynne Graham

Mittelmeerträume, Band 176

IMPRESSUM

ROMANA EXKLUSIV erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Redaktion und Verlag: Brieffach 8500, 20350 Hamburg Telefon: 040/347-25852 Fax: 040/347-25991
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Cheflektorat:Ilse BröhlProduktion:Christel Borges, Bettina SchultGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)Vertrieb:asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Telefon 040/347-27013

© by Rebecca Winters Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Deutsche Erstausgabe 2002 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

© by Carole Mortimer Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Deutsche Erstausgabe 1984 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

© by lynne Graham Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Deutsche Erstausgabe 2002 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Fotos: gettyimages / RJB Photo library

© by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg, in der Reihe ROMANA EXKLUSIV, Band 176 - 2008

Veröffentlicht im ePub Format im 04/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86349-561-9

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

REBECCA WINTERS

AMORE, AMORE!

Wie hätte die hübsche Gaby ahnen sollen, dass der charmante Giovanni, den sie im Museum des Provere-Palastes in Italien kennenlernt, selbst ein Provere ist? Und dann stellt der zukünftige Fürst sie seiner Familie auch gleich noch als Braut vor. Gaby fühlt sich überrumpelt – doch als sie Giovannis umwerfendem Bruder Luca begegnet, ist das Gefühlschaos perfekt …

CAROLINE MORTIMER

LIEBESGESCHICHTE IN ATHEN

Merrys Welt ist das Theater! Doch der berühmte Filmregisseur Gideon Steele eröffnet ihr unverhofft eine andere: ihre Familie. Er gibt sich als ihr Stiefbruder zu erkennen und führt sie auf einer Jacht im Mittelmehr mit ihrer Mutter zusammen. Unter blauem Himmel beginnt eine Reise in die Vergangenheit – und mit Gideon in eine strahlende Zukunft?

LYNNE GRAHAM

DAS SCHLOSS AUF SIZILIEN

Für Mina brach eine Welt zusammen, als man sie der Firmenspionage bezichtigte. Ihr Chef und Geliebter Cesare Falcone entließ sie damald fristlos – und weiß bis heute nicht, dass sie ein Kind von ihm erwartete. Vier Jahre sind seither vergangen, aber Minas Gefühle für Cesare sind unverändert: So tief er sie auch verletzt hat, sie liebt ihn weiterhin.

Rebecca Winters

AMORE, AMORE!

1. KAPITEL

„Einen Augenblick noch, Giovanni, ich komme gleich.“

Das kurze Klopfen an Gaby Holts Tür in der kleinen Pension war ein Erkennungszeichen, das sie mit dem höflichen, zweiundzwanzigjährigen Studenten abgemacht hatte, den sie während ihres Studiums an der Universität von Urbino kennengelernt hatte. Er arbeitete in dem Museum eines ehrwürdigen Palastes und sprach mehrere Fremdsprachen. Sie waren gute Freunde geworden und gingen abends oft spazieren, um sich über italienische Kunstgeschichte zu unterhalten und noch ein Eis in der warmen Nacht zu genießen.

Gaby hatte einfach eine Schwäche für italienische Eiscreme. Seit sie in Italien angekommen war, hatte sie einige Pfund zugenommen. Aber weil sie schon in wenigen Wochen wieder nach Las Vegas zurückkehren würde, machte sie sich deswegen keine großen Sorgen. Dort gab es schließlich weder italienische Pasta noch dieses köstliche Eis.

Giovanni aber betonte immer wieder lächelnd, dass sie hinreißend aussehe. Ein paar Kilo mehr oder weniger schienen für ihn keine Rolle zu spielen. Gaby musste unwillkürlich lachen. Sie hatte rasch erkannt, dass italienische Männer alle Frauen liebten, ob diese nun dick oder dünn, jünger oder älter waren. Giovanni aber verhielt sich nicht wie ein typischer Macho. Er hatte gute Manieren und lachte offen und herzlich. Er und Gaby waren einfach nur gute Freunde, doch gab es keinerlei erotische Anziehung zwischen ihnen.

Die einzige Sache, die sie trotzdem störte, war, dass Gaby genauso groß war wie er. Deshalb trug sie oft Schuhe mit flachen Absätzen und ließ das rote Haar offen bis auf die Hüften fallen.

Bevor sie Giovanni die Tür aufmachte, warf Gaby noch einen raschen Blick in den Spiegel. Dann zog sie sich eine leichte Sommerjacke über, die ihre weiblichen Formen verhüllte.

Giovanni begrüßte sie fröhlich: „Ciao, Gaby.“

„Buona sera.“ Obwohl sie die italienische Sprache sehr gern mochte, beherrschte sie nur wenige Brocken. Schade, dass ich nicht genug Geld habe, um ein Jahr länger zu bleiben und die Sprache von Grund auf zu lernen, sagte Gaby sich bedauernd. Doch schon steckte Giovanni sie mit dem herzlichen Lachen an. Als sie nach unten gingen, schaute Gaby ihn nachdenklich an. Er war bestens gekleidet und trug zu dem eleganten, hellen Anzug teure Schuhe. Dabei hatte sie immer gedacht, dass er so wie sie aus einfachen Verhältnissen stammte.

„Woher hast du die schicken Sachen?“, fragte Gaby erstaunt. Giovanni warf ihr einen Seitenblick aus den braunen, warmen Augen zu.

„Du kennst Urbino schon so gut, da habe ich gedacht, wir gehen zur Abwechslung mal woanders aus. Du wirst sehen, in dem Restaurant, das ich ausgesucht habe, gibt es das beste Essen von ganz Italien.“

Irgendwie fühlte sie sich unwohl dabei. Es war nicht richtig, dass er sie in ein teures Restaurant einlud, schließlich musste er hart für seinen Lohn arbeiten. Rasch erwiderte sie: „Das ist doch nicht nötig, Giovanni. Außerdem bin ich gar nicht richtig dafür angezogen.“

„Du siehst einfach blendend aus. Komm schon, Gaby, tu mir den Gefallen, es soll eine Überraschung sein. Mein Wagen ist gleich dort drüben geparkt.“

„Ich wusste gar nicht, dass du ein Auto hast“, bemerkte sie verblüfft.

„Das habe ich auch nur bei besonderen Gelegenheiten. Und ich denke, wir sollten woandershin fahren, hier in der Stadt ist ja unglaublich viel los.“

Und da hatte er recht. Zu dieser Jahreszeit kamen Touristen aus Europa und der ganzen Welt, um an einer Ausstellung über die Renaissance teilzunehmen. In den letzten Jahren war die kleine Stadt, die etwa zwei Autostunden nördlich von Rom lag, zu einem Mekka für Kunstfreunde aus aller Herren Länder geworden.

Gaby war hierher gekommen, um das Studium fortzusetzen, das sie in den Vereinigten Staaten begonnen hatte, doch war sie von Anfang an auch von der Landschaft begeistert gewesen. Die Vorstellung, bald wieder nach Hause zurückzukehren, wo sie nichts anderes erwartete als die eintönige Wüstenlandschaft um Las Vegas, ließ sie erschauern, doch hatte sie einfach keine andere Wahl. Bald würden ihre finanziellen Rücklagen aufgebraucht sein, und sie konnte unmöglich ihre Eltern darum bitten, ihr Geld zu leihen. Schließlich hatten die für die Erziehung von sechs Kindern zu sorgen, da musste jede Münze zwei Mal umgedreht werden.

Diesen Aufenthalt in Italien hatte Gaby sich selbst verdient. Sie hatte hart dafür gearbeitet und das nötige Geld beiseitegelegt. Dass sie Giovanni kennengelernt hatte, gab dem Ganzen noch eine besondere Note, doch änderte das alles nichts daran, dass sie bald in die USA zurückkehren würde. Das Studium war beendet, und sie konnte die restliche Zeit, die ihr in diesem traumhaften Land noch blieb, in vollen Zügen genießen.

Gaby war so tief in Gedanken versunken, dass sie erst gar nicht bemerkte, dass sie bei Giovannis Wagen angekommen waren. Dann aber wurde die Überraschung immer größer. Das Auto stellte sich nicht nur als elegante Limousine heraus, sondern hinter dem Lenkrad saß auch noch ein Chauffeur, der rasch ausstieg, um die Beifahrertür aufzuhalten.

Giovanni lachte fröhlich auf und wandte sich an Gaby: „Darf ich dir meinen Bruder vorstellen? Luca Francesco della Provere. Er ist extra aus Rom gekommen, um sich die Ausstellung anzuschauen.“

Gaby wusste natürlich, dass Giovannis Familie in Urbino und in Rom lebte, doch hatten sie niemals weiter darüber gesprochen, da ihre Unterhaltungen sich meistens um Kunst drehten. Als sie näher zu dem Wagen trat, erkannte sie, dass die beiden Brüder sich nicht unähnlich waren. Doch ging eine ganz andere Ausstrahlung von Giovannis Bruder aus. In seinen Augen lag ein seltsamer Ausdruck, der Gaby heiße Schauer über den Rücken jagte. So etwas hatte sie bei Giovanni niemals erlebt.

Auf einmal erschauerte Gaby, da sie genau spürte, wie Luca sie von Kopf bis Fuß musterte, ohne dass dabei auch nur zu erahnen war, was er wohl denken mochte. „Freut mich, Sie kennenzulernen, Signorina“, sagte er höflich und streckte ihr die Hand zur Begrüßung entgegen.

Rasch schüttelte Gaby ihm die Hand und zuckte dann zurück. Immer wieder hatten Freunde sie davor gewarnt, dass alle Italiener nur an das eine dachten. Bis jetzt hatte sie keine schlechten Erfahrungen gemacht, und sie fragte sich schon, ob es sich nicht einfach nur um ein Vorurteil handelte. Doch bei Luca war sie sich da keinesfalls sicher.

Gina, eine gute Freundin von Gaby, die sich angeblich mit Italienern auskannte, hatte ihr einige Regeln mit auf den Weg gegeben. Vor allem sollte sie niemals einem Mann tief in die Augen schauen. Und keinen Pfifferling auf die Geschichten geben, die die Italiener erzählten, da es nur darum ging, Frauen um den kleinen Finger zu wickeln. Einmal war Gaby in Rom gewesen und hatte beobachtet, wie die Männer neben einem Springbrunnen auf die weiblichen Touristen warteten, die dort Fotos machten. Es war eigentlich nur ein harmloses Spiel, doch war es Gaby tatsächlich gelungen, sich die Männer vom Hals zu halten, indem sie Ginas Regeln befolgt hatte.

Doch die Provere-Brüder schienen ganz und gar nicht so wie die anderen Männer hier zu sein. Zumindest Giovanni nicht. Was Luca anging, war Gaby sich da wesentlich weniger sicher, da sie genau spürte, wie eine erotische Ausstrahlung von ihm ausging. Luca war ungefähr dreißig Jahre alt. Er hatte dunkle Haare und schwarze Augen und machte einen temperamentvollen Eindruck. Andererseits schien er sehr sensibel zu sein. Gaby war höchst verwirrt. Je länger sie diesen Mann anschaute, desto weniger verstand sie, was eigentlich vor sich ging.

Dazu kam noch, dass Luca sich mit kühler Distanz verhielt. Das gab ihm noch zusätzlich ein vornehm elegantes Aussehen. Männer von dieser Sorte hatte Gaby noch niemals kennengelernt. Zuweilen hatte sie sie natürlich in ihren schicken Wagen gesehen und sich gefragt, in welchem Palast sie wohl wohnen würden, doch hatte sie sich niemals auch nur im Traum eingebildet, einem dieser vornehmen Reichen zu begegnen.

Giovanni war Gaby beim Einsteigen behilflich. Die weich gepolsterte Rückbank, die Holzverkleidung, die dunklen Polster und die getönten Scheiben, alles strahlte eine stilvolle Eleganz aus. Gaby fragte sich, was das wohl alles zu bedeuten hatte, doch brachte es einfach nicht fertig, Giovanni danach zu fragen. Schon hatte sein Bruder den Motor angelassen und lenkte den Wagen durch die engen Straßen.

Jetzt gab es keine Gelegenheit mehr, sich mit Giovanni zu unterhalten, ohne dass sein Bruder das bemerkt hätte. Gaby schaute aus dem Seitenfenster. Die Häuser in diesem Teil der Stadt waren uralt. Immer wieder musste Luca hupen, da ihm Fußgänger den Weg versperrten, so schmal waren die Bürgersteige.

Giovanni und sein Bruder unterhielten sich angeregt, doch sie verstand nicht gut genug Italienisch, um dem raschen Wortwechsel folgen zu können. Zuweilen schnappte sie zwar ein Wort auf, doch begriff nicht den Sinn der Unterhaltung. Dabei aber fiel ihr auf, dass Giovanni einen höchst zufriedenen Eindruck machte. Nach einer ganzen Weile fragte Gaby: „Wohin fahren wir eigentlich?“

Sie kannte Giovanni seit sechs Wochen, und es war das erste Mal, dass sie sich in seiner Begleitung nicht wohl fühlte. Doch lag das wirklich an Giovanni oder kam das nicht viel mehr von seinem Bruder? Als sie bemerkte, wie Luca sie im Rückspiegel musterte, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Wie sollte sie damit nur umgehen?

„Wir fahren zu mir nach Hause“, antwortete Giovanni. „Ich hatte schon lange vor, dich meiner Familie vorzustellen.“

„Es freut mich, deine Angehörigen endlich kennenzulernen“, antwortete Gaby mechanisch, doch es gelang ihr dabei kaum, den Blick von Luca abzuwenden. Gina hatte sie immer wieder gewarnt, nicht auf das gute Aussehen der Italiener hereinzufallen, doch jetzt war sie offenbar dabei, alle Vorsichtsmaßnahmen über Bord zu werfen. Wohin sollte das noch führen?

Gaby drückte sich in eine Ecke der Rückbank, sodass Luca sie nicht mehr im Spiegel sehen konnte. Dann fragte sie leise: „Wo wohnt denn deine Familie?“

„Du weißt doch, wo ich arbeite“, erwiderte Giovanni rätselhaft.

„Ja, sicher. Und?“

„Dort ist auch mein Zuhause.“ Bei diesen Worten lehnte Giovanni sich leicht zu Gaby hinüber und hauchte ihr einen leichten Kuss auf die Wange. Dann zog er sich wieder zurück.

„Das soll wohl ein Witz sein, Giovanni“, rief Gaby aus und runzelte die Stirn. Es war doch unmöglich, dass Giovannis Familie in dem großartigen Palast wohnte, in dem das Museum lag, wo sie ihn das erste Mal gesehen hatte.

„Das ist mein Ernst“, erklärte Giovanni, und das Lachen war aus seinen Augen gewichen. Er klopfte seinem Bruder auf die Schulter und sagte zu ihm: „Vielleicht glaubt sie dir eher als mir.“

Luca drehte sich kurz um und erklärte distanziert: „Mein Bruder hat recht, Signorina, unsere Familie wohnt wirklich in dem Palast.“

Gaby starrte Giovanni ungläubig an. Die ganze Geschichte kam ihr nicht geheuer vor. „Ich glaube dir kein Wort, Giovanni. Es ist doch einfach unmöglich, dass deine Familie in einem großartigen Palast aus der Renaissancezeit wohnt. Sicher machst du dich wieder nur über mich lustig.“

„Das würde ich nie wagen, Gaby. Außerdem macht mein Bruder niemals Witze, nicht wahr, fratello?“

Gaby spürte, dass es ein tiefes Verständnis zwischen den beiden Brüdern gab, aber dahinter schien sich noch etwas anderes zu verbergen, was sie nicht recht erfassen konnte. Es blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als in der Komödie weiter mitzuspielen.

Ihre Pension lag ein wenig außerhalb der Stadt. Normalerweise brauchte man eine Viertelstunde mit dem Wagen bis zum mittelalterlichen Zentrum, doch es herrschte so viel Verkehr, dass sie nur langsam vorankamen. Das gab Gaby die Gelegenheit, sich in Ruhe umzuschauen. Vom ersten Augenblick an hatte die kleine Stadt mit den vielen Palästen und winkeligen Häusern Gaby gefallen. Sie konnte sich immer noch nicht sattsehen an den vielen Türmchen und Erkern. Gerade um diese Uhrzeit, wenn die Sonne langsam am Horizont unterging und die alten Sandsteine in sanftes Licht tauchte, war es am schönsten.

Wenig später kamen sie bei dem Palast an, dessen Erdgeschoss als Museum diente. Hier hatte sie Giovanni kennengelernt. Als sie nicht bei dem Seiteneingang hielten, vor dem die Busse der Touristen parkten, atmete Gaby erleichtert durch. Offenbar hatten die beiden Brüder sich doch nur lustig über sie gemacht.

Sie wollte Giovanni gerade einen Stoß in die Seite versetzen, um ihm zu zeigen, dass sie die Schwindelei durchschaut hatte, als Luca den schweren Wagen in eine kleine Seitengasse steuerte. Es ging über Kopfsteinpflaster, bis sich ein Tor weit vor ihnen öffnete. Dann kamen sie in den Innenhof des Palastes, der aus dem fünfzehnten Jahrhundert stammte.

„Ist Ihnen kalt?“, fragte Luca, als er sich zu Gaby umdrehte, da ihm offenbar aufgefallen war, wie sie von Kopf bis Fuß erzitterte.

Giovanni aber zog sie lachend in die Arme und erklärte: „Wenn ihr kalt ist, wärme ich sie sofort.“ Schon war er aus dem Wagen gesprungen und hielt Gaby die Tür auf. Staunend stieg sie aus. Neben dem Haupteingang standen zwei Uniformierte Wache. Gaby aber fühlte sich höchst unwohl in ihrer Haut. Was nur hatte Giovanni auf einmal vor? Es hatte doch niemals auch nur den Hauch einer erotischen Beziehung zwischen ihnen gegeben. Warum benahm er sich dann auf einmal so seltsam?

Ob das alles nur ein Spiel war? Gaby wusste doch genau, was für ein lustiger Kerl Giovanni sein konnte. Oft hatte er sie von der Universität abgeholt, um ein Museum zu besichtigen. Obwohl mittelalterliche Kunst etwas Ernstes an sich hatte, hatte er immer wieder Witze erzählt und Gaby damit zum Lachen gebracht.

„Sag mir endlich die Wahrheit, Giovanni“, erklärte Gaby entschieden. „Seid ihr beide vielleicht die Söhne der Wächter hier oder des Chauffeurs? Und seid ihr so zu dem teuren Wagen gekommen?“

Giovanni lachte laut auf, dann wandte er sich an seinen Bruder: „Hast du das gehört, Luca, sie möchte unbedingt die Wahrheit erfahren. Da schlage ich vor, dass ich unserer Mutter gleich einmal Bescheid sage. Kümmere du dich doch so lange um unsere charmante Besucherin.“

„Giovanni …“, rief Gaby ihm nach, doch er war bereits im Inneren des hochherrschaftlichen Palastes verschwunden. Zu ihrem Bedauern blieb Gaby allein mit Luca zurück. Am liebsten hätte sie sich sofort aus dem Staub gemacht, doch wäre das natürlich sehr unhöflich gewesen. Und da gab es noch etwas anderes. Es gelang ihr einfach nicht, den Blick von diesem Mann abzuwenden. Er war sehr elegant gekleidet, trug feinste Schuhe, einen leichten Anzug und ein Hemd, dessen oberste Knöpfe offen standen. Wenn er tief durchatmete, konnte Gaby die breiten Schultern und den muskulösen Oberkörper erahnen.

Im Gegensatz zu den anderen Männern, die sie bisher kennengelernt hatte, schien Luca sich jedoch nicht viel aus ihr zu machen. Beinah hatte sie sogar den Eindruck, dass er ihr alles andere als Sympathie entgegenbrachte. Dabei fanden die meisten Männer Gaby sehr attraktiv und machten ihr ständig den Hof. Das war Gaby manchmal zu viel geworden, da sie eher ein Faible für etwas ältere Männer hatte. Auf der Universität war sie manchmal mit Jungen ihres Alters ausgegangen, doch fühlte sie sich eher zu deren Vätern hingezogen. Luca aber bildete da eine Ausnahme.

Rasch wandte Gaby den Blick ab, da sie das Gefühl hatte, dass er sie ein wenig zu neugierig fand.

„Warum meinen Sie, dass das hier nicht Giovannis Zuhause sein kann, Signorina?“, fragte er kühl.

Gaby zuckte zusammen. Sollte das etwa ein Vorwurf sein? „Glauben Sie, ich spiele Ihnen nur was vor?“, gab sie ein wenig zu scharf zurück, doch Luca zeigte sich unbeeindruckt.

„Mein Bruder hat mir erzählt, dass sie sich hier in dem Museum kennengelernt haben.“

„Ja. Er hat unsere Gruppe durch die Säle geführt und …“

„Und er hat Ihnen auch die Juwelen gezeigt, oder?“

„Ja, aber …“

„Sie haben also auch erfahren, dass der Palast der Provere bereits über fünfhundert Jahre alt ist.“ Bei dieser Bemerkung zog er leicht die Augenbrauen zusammen und betrachtete Gaby, die rasch ihr Wissen über die Stadt zusammensuchte. Urbino war in der Renaissance eine wahre Konkurrenz für Rom und Florenz gewesen. Zu der Zeit hatte es auch einen sehr berühmten Geistlichen in der Stadt gegeben, der der Provere-Familie angehört hatte. Auf einmal fuhr Gaby ein unglaublicher Schrecken in die Glieder.

„Wollen Sie etwa behaupten, dass Sie und Giovanni direkte Nachfahren der Provere sind?“, stieß sie ungläubig hervor.

„Ihre Reaktion zeigt mir, dass Ihnen mein Bruder nichts davon erzählt hat. Sie wissen wohl auch nicht, dass er einer der einflussreichsten Männer von Urbino ist, oder?“

„Wer? Giovanni?“ Gaby dachte an den jungen, stets fröhlichen Mann, mit dem sie so viel Zeit verbracht hatte. Sie war davon ausgegangen, dass er genauso arm wie sie war. Schließlich ging er immer zu Fuß und gab niemals viel Geld aus. Jetzt aber betrachtete Gaby den Palast mit ganz anderen Augen. War Giovanni wirklich der Herr all dieser Zimmer, Erker und Türme?

Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er das Oberhaupt einer großen Familie war und über die Geschicke der Provere entschied. Das passte eigentlich nur zu einem Mann, und der stand jetzt vor ihr: Luca.

Sie schauten sich lange schweigend an, dann erklärte er: „Als Vater gestorben ist, hat Giovanni den Fürstentitel geerbt. Obwohl solche Titel heute nicht mehr getragen werden, ist unsere Mutter doch die letzte Fürstin aus der Provere-Familie.“

Gaby schüttelte den Kopf. „Ich hatte ja nicht die geringste Ahnung davon. Ihr Bruder hat niemals auch nur die kleinste Andeutung gemacht.“ Dabei sah sie, wie ein Muskel auf Lucas Wange zuckte. Genauso wie bei ihrem älteren Bruder Wayne. Das zeigte meistens an, dass er sehr nervös war. Ob das auch für den stolzen Italiener galt?

„Was Giovanni anordnet, hat hier immer noch den Charakter eines Gesetzes. So ist das auf dem Land. Das war hier immer schon so. Und die gleiche Macht geht auch auf seine Frau über.“

„Was glauben Sie, warum hat Giovanni so lange die Wahrheit verheimlicht?“

Die Antwort ließ lange auf sich warten, dann sagte Luca leise: „Nun, ich nehme an, dass jeder Mann von seiner Braut für das geschätzt werden möchte, was er ist, und nicht, was er besitzt oder welchen Titel er trägt.“

„Von seiner Braut?“

Luca schien alle Muskeln anzuspannen, bevor er erklärte: „Ich nehme an, Sie haben doch sicherlich geahnt, dass Giovanni Sie der Familie vorstellen möchte, da er hofft, dass Sie die zukünftige Fürstin von Provere werden.“

Gaby glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen. „Das kann doch nicht wahr sein“, hauchte sie.

„Ich kann Ihnen versichern, ich würde niemals schwindeln, wenn es um so etwas Wichtiges geht wie die Zukunft meines Bruders.“

„Aber ich liebe Giovanni nicht“, erwiderte Gaby offen und ehrlich, bevor sie das Gesicht in den Händen verbarg, da ihr die Tränen in die Augen stiegen.

„Hat er denn nicht um Ihre Hand angehalten? Sagen Sie die ganze Wahrheit.“

Gaby wischte sich die Tränen entschlossen aus den Augenwinkeln und hob den Kopf. „Nein“, rief sie aus. „Wir haben nicht ein einziges Mal darüber gesprochen. Giovanni ist ein guter Freund, aber das ist auch alles.“

Luca schien mit dieser Antwort nicht zufrieden zu sein. „Dann ist es Ihnen wohl noch gar nicht recht bewusst geworden, dass es Ihnen gelungen ist, sein Herz zu erobern. Und da sind Sie die erste Frau.“

Gaby kam gar nicht mehr aus dem Staunen heraus. „Hat Giovanni Ihnen gesagt, dass wir heiraten werden?“

„Nun, er hat die ganze Familie hierher eingeladen, um Sie vorzustellen. Ich denke, die Antwort ist klar. Er hat mich in Rom angerufen und mehrfach gebeten, dass ich hierher komme, obwohl er genau wusste, dass ich …“ Er zögerte einen Augenblick, dann fuhr er fort: „Dass ich andere Verpflichtungen habe.“

Obwohl die Nacht angenehm warm war, zitterte Gaby. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, was Giovanni sich denkt. Selbst wenn er in mich verliebt ist, muss er doch wissen, dass ich diese Gefühle nicht erwidere.“

Wieder schaute sie sich staunend um. Giovanni war also in diesem Palast aufgewachsen. Sicher war er es von Kindesbeinen an gewöhnt gewesen, dass alle Menschen nach seiner Pfeife tanzten. Seine Familie gehörte zu den ältesten und vornehmsten in ganz Italien. Merkwürdig war nur, dass Luca sich keinerlei Fragen zu stellen schien, was Giovannis angebliche Ehefrau anging. Schließlich kannte er sie doch gar nicht.

Gaby kam aus Amerika. Für viele Europäer bedeutete das doch, dass sie über keine Kultur verfügte. Und es stimmte ja, dass ihre Kenntnisse der italienischen Sprache sehr beschränkt waren. Würde sie da wirklich die richtige Frau sein, um an der Seite des Provere-Familienoberhauptes zu bestehen?

Sie erschauerte und rieb die Hände aneinander, um sich ein wenig zu wärmen, und fragte: „Meinen Sie, dass Sie Giovanni finden könnten? Ich würde sehr gern mit ihm sprechen, bevor wir die ganze Familie treffen.“

Luca aber schüttelte den Kopf. „Nein, Signorina. Ich liebe meinen Bruder über alles, da möchte ich auf keinen Fall, dass Sie seinen Traum zerstören. Deshalb werden Sie an dem Fest teilnehmen, als sei nichts geschehen. Danach können Sie ihm ja immer noch sagen, dass Sie nicht mit dem Plan einverstanden sind.“

„Das wäre doch geschwindelt!“

„Richtig. Aber Giovanni hat sich Ihnen gegenüber ja auch nicht ehrlich verhalten.“

„Dabei habe ich gar nicht so sehr an ihn gedacht, sondern eher an Ihre Mutter. Ich kann ihr das doch unmöglich antun.“

„Das wird sie überleben. Mir geht es vor allem um Giovanni.“

„Luca?“, stieß sie hervor, ohne darüber nachgedacht zu haben. Ein Blick aus seinen Augen zeigte ihr nur zu deutlich, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Rasch fügte sie hinzu: „Ich meine Signore, entschuldigen Sie.“

„Was gibt es denn noch?“, fragte er ungeduldig. Gaby aber gelang es kaum noch, sich auf diese Unterhaltung zu konzentrieren. Es lag ein süßlicher Duft von Rosen in der warmen Nachtluft. Giovanni hatte viel von seinem Bruder gesprochen, doch Gaby wollte mehr von ihm wissen. Was war er nur für ein Mann? Sie spürte, wie sie sich auf einmal mit allen Sinnen danach sehnte, von ihm in den Armen gehalten zu werden. Wie wäre es wohl, ihm über das dunkle Haar zu streicheln, die sanfte Haut mit zärtlichen Küssen zu bedecken, sich an die starken Schultern zu schmiegen?

„Signorina?“, fragte Luca und riss Gaby aus ihren Tagträumen. Sie war nur froh, dass es schon dunkel geworden war, sonst hätte er sicher bemerkt, wie ihr das Blut in die Wangen geschossen war.

„Vielleicht täuschen Sie sich ja in Giovanni, und er hat einfach genug davon, so viel Verantwortung zu tragen.“ Da Luca nicht antwortete, fuhr Gaby hastig fort: „Und vielleicht ist das alles doch nur eine Komödie. Ich bin doch eine Fremde hier und würde niemals von einer alteingesessenen Familie akzeptiert werden. Das muss auch Ihrem Bruder klar sein. Ich nehme an, für ihn ist das alles nur ein Spiel.“

Luca sagte immer noch nichts und hielt den Blick unverwandt auf Gabys volle Lippen.

„Wenn er gewollt hätte, dass ich seine Frau werde, hätte er doch um meine Hand angehalten. Und das hat er nie getan und …“

„Giovanni wollte, dass ich seiner Hochzeit zustimme, deshalb war ihm so viel daran gelegen, dass ich nach Hause zurückkomme“, unterbrach er Gaby. „Und morgen früh muss ich nach Rom zurück.“

„Sie fahren schon so schnell wieder ab“, platzte sie heraus, wobei es ihr kaum gelang, ihre Enttäuschung zu verbergen. Luca atmete tief durch. Wieder beobachtete sie, wie sich der mächtige Brustkorb spannte. Sie atmete tief durch, doch konnte sie sich einfach nicht der Ausstrahlung dieses Mannes entziehen.

„Schade für Giovanni“, erklärte sie mit zittriger Stimme. „Er hätte Sie sicher gern länger gesehen. Er hat mir oft erzählt, dass er Sie sehr schätzt und auf Ihre Meinung größten Wert legt.“

Luca machte einige Schritte auf Gaby zu. Sie spürte genau, wie schwer es ihm fiel, die Selbstbeherrschung zu wahren, als er leise sagte: „Ich weiß.“

„Dann gehen Sie endlich zu Giovanni und sagen ihm, dass ich nicht die richtige Frau für ihn sei, bevor es endgültig zu spät dafür ist.“

„Das ist ausgeschlossen“, stieß er hervor. „Nein, Signorina, ich werde meinen Bruder niemals so sehr enttäuschen und seine Träume zerstören. Und Sie werden das auch nicht tun. Wir werden beide unsere Rolle spielen, bis Giovanni Sie nach Hause bringt. Dann ist es immer noch genügend Zeit, alles zu klären.“

Gaby gefiel es ganz und gar nicht, doch musste sie sich eingestehen, dass Luca recht hatte. Es war einfach unmöglich, Giovanni so tief zu verletzen. Doch wie sollte sie dieses seltsame Abendessen nur überstehen?

„Mein Bruder ist ein durch und durch guter Mensch“, erklärte Luca. „Deshalb mag ihn auch jeder hier. Als er mich angerufen hat, um mir zu sagen, dass er seiner Familie eine junge Amerikanerin vorstellen wolle, habe ich genau bemerkt, wie froh und stolz er war. Das wollte ich ihm auf keinen Fall nehmen, bevor ich Sie nicht persönlich kennengelernt habe.“

Gaby hatte sich also nicht getäuscht! Rasch erklärte sie: „Ich habe mir schon gedacht, dass Sie mich nicht für die richtige Ehefrau Ihres geliebten Bruders halten.“

„Nein, nicht Sie, Signorina. Aber ich habe bis jetzt immer gedacht, dass es keine Frau gibt, die gut genug für meinen Bruder wäre.“ Er lächelte leicht. „Jetzt aber muss ich einsehen, dass ich mich getäuscht habe.“

Mit diesem Kompliment hatte Gaby nun wirklich nicht gerechnet. Verblüfft schaute sie Luca an, als dieser fortfuhr: „Vor einigen Jahrhunderten hätte man nicht die geringste Rücksicht auf Ihre Gefühle genommen und Sie zur Hochzeit gezwungen. Und vielleicht sollte ich genau das tun, schließlich bin ich Giovannis älterer Bruder.“

„Aber wie kommt es dann, dass Giovanni den Fürstentitel geerbt hat?“, fragte Gaby überrascht. Obwohl es bereits dunkle Nacht war, erkannte sie doch, wie sich sein Gesichtsausdruck zu einer undurchdringlichen Maske wandelte. Einen Augenblick lang hatte es so ausgesehen, als ob sie sich offen unterhalten könnten, doch damit war es nun vorbei.

„Tut mir leid, dass ich diese Frage gestellt habe“, murmelte Gaby.

„Das ist doch ganz normal“, erwiderte Luca erstaunlich gelassen. „Nur leider haben wir jetzt keine Zeit, uns darüber ausführlich zu unterhalten. Giovanni wird sicher gleich zurückkommen, und ich habe mich nicht einmal richtig um Sie gekümmert. Bitte kommen Sie doch.“

Er nahm Gaby beim Arm und führte sie die geschwungene Treppe zur Eingangstür hinauf.

„Ich fühle mich gar nicht wohl in meiner Haut“, sagte Gaby leise.

Luca blieb stehen, wandte sich zu ihr und schaute ihr tief in die Augen. Sanft erwiderte er: „Das geht mir genauso.“

2. KAPITEL

Irgendwo in dem weitläufigen Palazzo musste Giovanni bei seiner Familie sein, doch war weit und breit nichts von ihm zu sehen. Gaby hatte den Eindruck, durch eine riesige Kirche zu wandern, in der sie ganz allein war. Luca hatte sich einen Augenblick zurückgezogen. Offenbar brauchte er ein wenig Zeit für sich. Gaby erschauerte. Sie hatte gehofft, dass er bei ihr bleiben würde, da sie sich wie ein Eindringling vorkam.

Langsam aber beruhigte sie sich ein wenig. Sie schaute sich lange die fantastischen Fresken an, die die weite Eingangshalle überspannten. Hier hatte Luca seine ganze Kindheit verbracht. Wie war es wohl, wenn man ständig von mittelalterlicher Kunst umgeben war? An den Wänden hingen Gemälde, die die Geschichte der Provere-Familie nachzeichneten. Gaby schlenderte ein wenig umher und betrat einen Nebenraum, in dem eine wunderbare Marmorstatue stand. Sie zeigte den griechischen Gott Apollo. Lange betrachtete Gaby das fein geschnittene Gesicht. Die Züge waren so genau in dem Marmor nachgebildet, dass die Statue in dem Abendlicht beinah lebendig zu sein schien.

Gaby konnte einfach nicht glauben, was sie da sah. Es war wie ein fantastischer Traum, so von einem Raum in den anderen zu schlendern, die alten Möbel zu betrachten, die Wandteppiche, die Statuen. Der Fußboden bestand aus hellen Marmorplatten, auf den Kommoden strahlte feinstes Porzellan, überall blitzte Gold und Silber. Sie blickte sich staunend um. Die Harmonie, die in diesen Räumen herrschte, hatte schon etwas Unwirkliches. Es war beinah unglaublich, dass das das Werk von Menschenhand war. Doch wenn sie sich nicht täuschte, waren die Gemälde hier von den bedeutendsten Künstlern der italienischen Renaissance gemalt worden.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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