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Theopolis - Heimat meines Herzens ANNE MATHER Demetri kann sich nicht vorstellen, dass sein Vater wirklich ein Verhältnis mit der jungen Frau hat, die ihn in seine Heimat begleitet. Und nach einem Ausflug zu einem malerischen Tempel wünscht er sich nur eins: Das die hinreißende Joanna sein Leben auf Theopolis mit ihm teilen möchte. Scheidung auf Griechisch MICHELLE REID Ein kurzer Abstecher nach Athen, um die Scheidungspapiere zu unterschreiben, und dann endlich frei sein. So hatte es sich die temperamentvolle Fotografin Isobel vorgestellt. Nur hat ihr zukünftiger Ex-Mann ganz andere Pläne. Verwirrt flüchtet Isobel in den Hafen von Piräus. Aber dort bleibt sie nicht lang allein ... Liebe meines Lebens LYNNE GRAHAM Nie hat der griechische Millionär Gregoris Cozakis verwunden, dass seine große Liebe ihn betrogen hat. Nun sucht Olympia ihn nach zehn Jahren wieder auf und bittet ihn, sie zu heiraten. Gregoris stimmt ihrem Plan zu. Doch was als Vergeltung für die erlittene Schmach geplant war, weckt in ihm mehr und mehr aufregende Gefühle, und bereits am Ende der Flitterwochen kann er sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen.
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Seitenzahl: 580
Liebesreise nach Griechenland
Anne Mather
Theopolis – Heimat meines Herzens
Aus dem Amerikanischen von Sabine Buchheim
Michelle Reid
Scheidung auf Griechisch
Aus dem Amerikanischen von Rudolf Mast
Lynne Graham
Liebe meines Lebens
Aus dem Amerikanischen von Sabine Reinemuth
MIRA® TASCHENBUCH
MIRA® TASCHENBÜCHER erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH, Valentinskamp 24, 20354 Hamburg Geschäftsführer: Thomas Beckmann
Copyright dieser Ausgabe © 2014 by MIRA Taschenbuch in der Harlequin Enterprises GmbH
Titel der nordamerikanischen Originalausgaben: His Virgin Mistress Copyright © 2003 by Anne Mather
A Passionate Marriage Copyright © 2002 by Michelle Reid
The Cozakis Bride Copyright © 2000 by Lynne Graham
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln Redaktion: Mareike Müller Titelabbildung: Getty Images, München
ISBN eBook 978-3-95576-379-4
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Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich
Anne Mather
Theopolis – Heimat meines Herzens
Aus dem Amerikanischen von Sabine Buchheim
“Ist sie das?” Spiro Stavros warf seinem Arbeitgeber einen ironischen Blick zu.
“Sie ist nicht ganz das, was du erwartet hast, oder?” Demetrios Kastro zog geringschätzig die Brauen hoch. Da seine Ankunft bislang noch nicht bemerkt worden war, konnte er seinen Vater und dessen Begleiterin auf der gegenüberliegenden Seite des überfüllten Salons unauffällig beobachten. Das Paar wurde von Gästen umringt, die gekommen waren, um den alten Mann anlässlich seiner Rückkehr nach Theopolis zu begrüßen. Demetri presste die Lippen zusammen, als sein Vater besitzergreifend den Arm um die Schultern der Frau legte.
“Vielleicht nicht”, räumte er ein. Er hatte sie sich jünger vorgestellt. Als “blondes Flittchen” hatte seine Schwester sie beschrieben. Doch die Frau, die sein Vater als Geliebte gewählt hatte, sah absolut nicht ordinär aus. Ihr Gesicht mit den hohen Wangenknochen vereinte Schönheit und Intelligenz. Das blonde Haar hatte sie zu einem strengen Knoten geschlungen, der die Aufmerksamkeit auf ihren schlanken Hals lenkte. “Sie ist jedenfalls älter, als ich dachte.”
“Und weltgewandter”, fügte Spiro trocken hinzu. “Sie dürfte nicht so leicht loszuwerden sein, wie du erwartet hast.”
“Glaubst du?” Demetri klang zynisch. “Meiner Erfahrung nach hat jeder seinen Preis, mein Freund. Egal, ob Mann oder Frau. Wenn die Belohnung hoch genug ist, werden alle schwach.”
“Schließt dein Urteil mich mit ein?”
Demetri seufzte. “Wir reden nicht von dir, Spiro.”
“Das ist keine Antwort auf meine Frage.”
“Na gut … Ich hoffe nicht. Ich betrachte dich sowohl als Freund als auch als Assistent. Mag sein, dass ich übertrieben misstrauisch bin.”
“Nicht alle Frauen sind wie Athenee, Demetri.” Spiro erkannte, dass er seine Grenzen beinahe überschritten hätte, und fügte rasch hinzu: “Ich sollte mich wohl geschmeichelt fühlen. Also, was willst du nun tun?”
Demetris Miene wurde undurchdringlich. “Ich werde meinen Vater begrüßen und darum bitten, der entzückenden Kiria Manning vorgestellt zu werden.”
“Sei vorsichtig”, warnte Spiro.
“Bin ich das nicht immer?” Mit einem spöttischen Lächeln knöpfte Demetri das Jackett seines dunkelblauen Seidenanzugs auf. “Keine Sorge, ich halte meine Trümpfe zurück.”
Nichtsdestotrotz verspürte er eine leichte Gereiztheit, als er den Raum durchquerte. Verdammt, sein Vater war erst seit wenigen Wochen aus dem Krankenhaus, Wochen, die er in London verbracht hatte, um der hochsommerlichen Hitze auf Theopolis zu entgegen. Der alte Mann war ernsthaft krank gewesen. Wann, um alles in der Welt, hatte er die Zeit gefunden, diese Frau kennen zu lernen und intim mit ihr zu werden?
Er würde es herausfinden. Auf seinem Weg zu Constantine Kastro und dessen Geliebter wechselte er hier und dort ein paar Worte. Wie hieß sie doch noch gleich? Manning, richtig. Aber wie lautete ihr Vorname? Stirnrunzelnd überlegte Demetri. Joanna! Joanna Manning. Ob es ihr richtiger Name war? Falls ja, war er genauso elegant wie die Frau selbst.
“Erzähl mir nicht, dass du deshalb so grimmig dreinblickst, weil ich jetzt wieder hier bin.” In den – vermutlich der Frau zuliebe – auf Englisch gesprochenen Worten seines Vaters schwang ein spöttischer Unterton mit.
Zu spät erkannte Demetri, dass seine Gefühle sich auf seinem Gesicht widergespiegelt hatten. Rasch rang er sich ein höfliches Lächeln ab, schüttelte dem alten Mann die Hand und erwiderte die traditionelle Umarmung mit aufrichtiger Herzlichkeit. “Verzeih mir, Papa. Natürlich bin ich froh, dass deine Ärzte dich für gesund genug erachten, endlich zu uns zurückzukehren.”
Constantine wirkte jedoch keineswegs erfreut. “Ich bin kein Invalide”, verkündete er, obwohl sein ausgemergelter Körper die Behauptung Lügen strafte. “Die Ärzte haben mich für genesen erklärt, also benimm dich nicht so, als wäre ich aus dem Krankenhaus geflohen.”
Demetri verzichtete auf eine Antwort und wandte sich stattdessen der Begleiterin seines Vaters zu. Da sie von neugierigen Zuschauern umringt wurden, war Constantine nun gezwungen, ihm die Frau vorzustellen.
“Meine Liebe …” Er ignorierte Demetris kaum verhohlene Entrüstung über die vertrauliche Anrede. “Darf ich dich mit meinem Sohn bekannt machen. Demetrios, dies ist Joanna. Joanna Manning, meine … Freundin.”
“Wie geht es Ihnen?”
Die Frau beging nicht den Fehler, seinen Vornamen zu benutzen. Demetri lächelte zufrieden. “Es ist mir ein Vergnügen, Sie zu treffen, Kiria Manning. Hoffentlich ist unser Wetter für Sie als Engländerin nicht zu belastend.”
“Im Gegenteil”, entgegnete sie trotz der feinen Schweißperlen auf ihrer Oberlippe. “Ich liebe die Hitze. Sie ist so … sinnlich.”
Sinnlich? Nur mit Mühe verbarg er seine Verblüffung. Er hatte zwar gehört, dass sein Vater von dieser Frau besessen war, doch er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihn aus der Fassung bringen würde. Täuschte er sich, oder amüsierte sie sich tatsächlich über die Situation? Mit ungefähr einssiebzig war sie größer als die meisten Frauen seines Bekanntenkreises, und obwohl er sie trotzdem noch um Haupteslänge überragte, musste sie den Kopf nicht allzu weit zurücklegen, um ihn anzuschauen. Versuchte sie etwa, ihn zu provozieren? Nein, das war lächerlich. Allerdings schien ihre trotzige Miene ihn geradezu herauszufordern …
“Verstehe. Sind Sie denn an das griechische Klima gewöhnt, Miss Manning?”
“Mrs. Manning”, korrigierte sie ihn. “Aber nennen Sie mich ruhig Joanna oder Jo, wenn Ihnen das lieber ist.” Nach einem zärtlichen Blick auf Constantine fügte sie hinzu: “Nein, ich habe mich noch nicht akklimatisiert, doch das wird sich hoffentlich bald ändern.”
Man hatte ihm nicht gesagt, dass sie verheiratet gewesen war. Doch irgendwie passte diese Tatsache ins Bild. Und falls er noch Zweifel an ihrer Beziehung zu seinem Vater gehegt hätte, so wären sie durch den innigen Blick zerstreut worden.
“Leben Sie auf der Insel, Demetrios?”, erkundigte sie sich. “Oder haben Sie ein eigenes Heim?”
“Dies ist mein Heim.” Diesmal war er außerstande, seinen Ärger zu überspielen. “Das Haus hier ist der Familienstammsitz. Aber keine Sorge, Mrs. Manning, es ist weitläufig genug, um uns alle unterzubringen, ohne dass wir uns auf die Füße treten.”
Zufrieden registrierte er, dass sie bei der Zurechtweisung leicht zusammenzuckte. Ihre vollen Lippen bebten kaum merklich. Verdammt, was interessierte ihn ihr weicher, verletzlich wirkender Mund? Sie war eine Frau, die sich aushalten ließ. Es gab keinen Grund, sie zu bedauern. Sein Vater war der Verletzliche. Verletzlich und einfältig. Was glaubte er denn, was sie von einem über dreißig Jahre älteren Mann wollte?
“Demetri hat seine eigene Suite”, warf Constantine ein und sah ihn vorwurfsvoll an. “Genau wie Alex und Olivia. Unsere Insel ist sozusagen unsere Burg. Du wirst leider bald feststellen, dass Sicherheit für uns sehr wichtig ist.”
Joanna nickte. “Verstehe.”
“Das bezweifle ich”, meinte Demetri. “Mein Vater ist sowohl für Terroristen wie auch für Paparazzi ein begehrtes Ziel. Nur auf Theopolis können wir – normalerweise – gewährleisten, dass er nicht Opfer skrupelloser Männer und Frauen wird.”
Ihre tiefblauen Augen funkelten. “Sie wollen doch nicht etwa andeuten, dass ich eine Bedrohung für Ihren Vater sein könnte, oder?”, fragte sie kühl.
Er konnte kaum ein Lächeln unterdrücken. “Natürlich nicht.” Ein kurzer Blick auf seinen Vater verriet, dass dieser keineswegs von der Beteuerung seines Sohnes überzeugt war. “Ich bin sicher, Sie und mein Vater haben vieles gemeinsam. Haben Sie auch Kinder, Mrs. Manning?”
“Nein.”
Zu Demetris Erstaunen legte sein Vater schützend den Arm um Joannas Schulter und zog sie an sich. Es schien eine spontane Reaktion zu sein, als wüsste er Details aus ihrer Vergangenheit, die sie vor anderen verbarg. Demetri fragte sich, worum es sich handeln mochte. Ihm missfiel der Gedanke, dass hinter der Affäre mehr stecken könnte als eine vorübergehende Verirrung seines Vaters.
Bevor Demetri jedoch etwas darauf erwidern konnte, beendete sein Vater das Gespräch. “Dort drüben ist Nikolas Poros”, sagte er zu Joanna Manning. “Ein alter Freund und Geschäftspartner. Ich möchte, dass du ihn kennen lernst.” Er sah seinen Sohn kurz an. “Würdest du uns bitte entschuldigen?”
Es war weniger eine Frage als ein Befehl. Demetri neigte schweigend den Kopf und trat einen Schritt beiseite, um die beiden vorbeizulassen. Joanna schaute ihn im Vorbeigehen verstohlen an. Triumphierend? Demetri war sich nicht sicher. Eines stand allerdings fest: Die Vernarrtheit seines Vaters in diese Frau war stärker als die sexuelle Faszination, die Demetri anfänglich vermutet hatte.
“Demetri, wie geht es dir? Soll ich dir einen Drink besorgen?”
Widerstrebend konzentrierte er sich auf seine Umgebung. Nachbarn, Freunde, Verwandte. Sie alle hatten sich versammelt, um den alten Mann daheim willkommen zu heißen, und wollten nun auch Demetri begrüßen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als das Problem mit seinem Vater und dessen Geliebter vorerst zu vergessen und lächelnd den ergebenen Sohn zu spielen.
Verdammt, ich bin ihm ergeben, dachte er grimmig und nahm ein Glas Champagner entgegen, doch ich bin auch sein Stellvertreter, und er sollte den Respekt, den er in der Geschäftswelt genießt, nicht wegen einer Frau gefährden, die seine momentane Schwäche schamlos ausnutzt.
“Sie ist wirklich schön, nicht wahr?” Spiro hatte sich ihm unbemerkt genähert.
“Ja, das ist sie”, bestätigte Demetri. “Aber was will sie? Was erhofft sie sich aus dieser Liaison?”
“Vielleicht liebt sie ihn.”
“Oder sie betrachtet ihn als willkommene Geldquelle”, wandte Demetri ein. “Mein Vater ist siebenundsechzig, Spiro. Eine Frau wie sie bindet sich nicht aus Liebe an einen so viel älteren Mann.”
“Du bist ein Zyniker, Demetri.” Seine Schwester Olivia hatte sich zu ihnen gesellt. “Du musst zugeben, dass Mrs. Manning nicht gerade wie eine Glücksritterin aussieht.”
“Und wie sehen Glücksritterinnen aus?”, konterte ihr Bruder. “Du hast sie doch nicht etwa unter deine Fittiche genommen, oder? Alex’ Hochzeit findet in einer Woche statt. Eigentlich hatte ich erwartet, dass du genauso empfindest wie ich. Was soll Alex denken, wenn sie erfährt, dass unser Vater eine Fremde zu einer Familienfeier eingeladen hat?”
Olivia presste die Lippen zusammen. “Alex wird es egal sein. Aber das heißt nicht, dass wir den Einfluss unterschätzen dürfen, den Mrs. Manning auf Papa ausübt. Es ist bestimmt nicht klug, sie zur Feindin zu haben. Du hast die beiden zwar nur kurz beobachtet, trotzdem ist dir sicher aufgefallen, dass sie völlig gefesselt voneinander sind.”
“Gefesselt, oh ja.” Demetri trank einen Schluck Champagner. “Weißt du, wie sie sich kennen gelernt haben? Wo konnte der alte Mann nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus eine solche Frau treffen?”
Joannas Räume grenzten an Constantines. Jede Suite umfasste ein behagliches Wohnzimmer, ein großes Schlafzimmer sowie ein Ankleidekabinett und ein Bad. Die Einrichtung verriet erlesenen Geschmack und Reichtum. Vor den mit Damast bespannten Wänden standen Sofas mit blaugrün gestreiften Leinenbezügen und dazu passenden Kissen. Neben einem kunstvoll geschnitzten Schreibtisch gab es einen wunderschönen Rosenholzschrank, in dem sich eine beeindruckende Stereoanlage verbarg. Schwere Messinglampen spendeten warmes Licht. Glastüren führten auf einen umlaufenden Balkon, der sämtliche Räume dieses Stockwerks verband. Türkische Teppiche sorgten für Farbe auf den polierten Holzböden.
Es lag jedoch weniger am Ambiente als vielmehr an den unzähligen kleinen Details, dass Joanna ständig daran erinnert wurde, wo sie war und weshalb sie sich überhaupt hier aufhielt. So wurde beispielsweise täglich die Bettwäsche gewechselt, die teuren Kosmetika und Toilettenartikel wurden sofort ersetzt, sobald sie sie nur einmal benutzt hatte. Sie brauchte nur die Klingel zu betätigen, und schon wurde ihr jeder Wunsch von den Augen abgelesen.
Dies ist Constantines Welt, dachte sie wehmütig. Dieser Lebensstil war ihr fremd. Manchmal wünschte sie, er wäre nicht so reich.
Sein Sohn würde mir natürlich kein Wort glauben, überlegte sie. Ob Constantine gemerkt hatte, dass für den Bruchteil einer Sekunde Hass in Demetrios’ Augen aufgeblitzt war? Vermutlich. Er musste wissen, was sein Sohn empfand. Schließlich hatte er sie nur deshalb zu der Reise überredet. Ihm war klar gewesen, dass einzig erbitterte Feindseligkeit Demetrios von der Wahrheit ablenken würde.
An der Verbindungstür zu Constantines Apartment klopfte es. “Darf ich hereinkommen?”
“Natürlich.” Joanna ließ Constantine in ihr Wohnzimmer. Auch er hatte inzwischen die formelle Kleidung abgelegt und wirkte nun, da er keine Stärke mehr demonstrieren musste, unendlich zerbrechlich. Sie deutete auf eines der Sofas. “Setz dich. Du musst dich ausruhen.”
“Du bist nicht meine Krankenschwester, Joanna”, beschwerte er sich lächelnd. Er trug einen weißen Bademantel, und die Farbe betonte seine Blässe. “Eigentlich fühle ich mich heute Abend ein bisschen kräftiger. Da Demetri wieder daheim ist, kann ich mich entspannen.”
“Sehr schön.” Joanna schloss die Tür hinter ihm und zog den roten Morgenrock, den sie nach dem Duschen übergestreift hatte, fester um sich. “Du glaubst wohl, das Schlimmste wäre geschafft.” Sie schüttelte den Kopf. “An deiner Stelle würde ich nicht darauf wetten.”
Constantine seufzte. “Sei nicht so zynisch, meine Liebe. Demetri mag zwar über die Situation nicht gerade begeistert sein – offenbar hat er Zweifel, was die Schicklichkeit unserer Beziehung betrifft –, aber er wird den Hausfrieden nicht gefährden. Er muss Rücksicht auf Alex’ Hochzeit nehmen. Ich bin sein Vater, Joanna, und kenne ihn besser als jeder andere.”
“So?”
Sie wünschte, sie wäre ebenso sicher. Die Begegnung mit Demetrios Kastro hatte einen unangenehmen Beigeschmack hinterlassen. Sie war überzeugt, dass er nichts als Verachtung für sie übrig hatte und glaubte, sie sei nur des Geldes wegen mit seinem Vater zusammen. Er war höflich, aber kühl gewesen, hatte wenig gesagt, aber viel angedeutet. Wahrscheinlich machte Constantine sich etwas vor, wenn er meinte, Demetrios habe sich mit ihrer Anwesenheit abgefunden.
“Egal.” Constantine nahm ihre Hand und zog sie zu sich auf die Couch. “Wie geht es dir? Bist du glücklich hier? Hast du alles, was du brauchst?”
“Wie kannst du nur fragen? Das Haus ist fantastisch. Es bietet alles, was du mir versprochen hast – und noch mehr.”
“Das freut mich.” Er küsste leicht ihre Finger. “Ich möchte, dass du deinen Aufenthalt genießt. Du sollst dich hier wie zu Hause fühlen. Demetri wird eine Weile schwierig sein, aber er wird es überwinden. Außerdem dürfte er wenig Zeit für Sticheleien über unsere Beziehung haben, solange ich mich erhole. Vielleicht muss er vor der Hochzeit sogar gelegentlich die Insel verlassen – immerhin muss er neben seiner Arbeit auch meine erledigen.”
Joanna stand auf. “Wie mag Alex reagieren, wenn sie von meiner Anwesenheit erfährt?”
“Alex wird dich lieben”, versicherte Constantine. “Sie ist nicht wie Demetri oder Olivia, sondern jünger und nicht so zynisch.”
“Trotzdem …” Sie hob das schwere Haar im Nacken an und genoss die kühle Luft der Klimaanlage auf ihrer Haut. “Es würde mir nichts ausmachen, nach England zurückzukehren.”
“Mir schon. An den Gründen für deinen Aufenthalt auf Theopolis hat sich nichts geändert. Ich brauche deine Stärke und deine Gesellschaft – und deine Unterstützung.”
“Die hast du. Ich bin nur nicht sicher, ob ich es durchhalte.”
Er kam schwerfällig auf die Füße. “Meinetwegen? Findest du mich so abstoßend?”
“Unsinn.” Joanna berührte zart seine Wange. “Du bist ein sehr attraktiver Mann. Dieser Meinung war ich schon immer.”
“Wirklich?”, fragte er skeptisch.
“Ja.” Nach kurzem Zögern umfasste sie sein Gesicht und hauchte einen Kuss auf seinen Mundwinkel. “Und nun hör auf, nach Komplimenten zu angeln, und sag mir, was ich zum Dinner anziehen soll.”
“Was du gerade anhast, gefällt mir ausgezeichnet”, erwiderte er galant und legte ihr die Arme um die Taille. “Du bist immer wunderschön.”
Ehe sie darauf antworten konnte, klopfte es an der Tür zum Flur.
“Beno mesa!”
Beinahe automatisch hatte Constantine den Besucher hereingebeten. Joanna wandte den Kopf, als die Tür geöffnet wurde.
Demetrios blieb auf der Schwelle stehen. Er hatte offenbar ebenfalls geduscht. Das dunkle Haar glänzte feucht und bildete einen starken Kontrast zu seinem hellgrauen Anzug. Ein dunkelblaues hautenges T-Shirt vervollständigte sein Outfit.
Joanna war sich der intimen Szene bewusst, in die Demetrios hereingeplatzt war. Constantine und sie waren nur notdürftig bekleidet, und Constantines Hände auf ihrem Körper mussten eindeutig besitzergreifend wirken. Sie hätte nicht sagen können, wer von ihnen bestürzter war. Constantine schien sich kaum dafür zu interessieren, warum sein Sohn hier war, während Joanna am liebsten im Boden versunken wäre. Demetrios war sichtlich verblüfft über die Anwesenheit seines Vaters in Joannas Suite.
Was hat er denn erwartet?, fragte sie sich wütend. Was glaubte er wohl, warum Constantine sie hergebracht hatte, wenn nicht, um ihre Gesellschaft zu genießen? Glaubte er etwa, sein Vater sei zu alt, um sich an weiblicher Nähe zu erfreuen? Und außerdem … wieso kam er überhaupt ungebeten in ihre Räume? Wenn jemand etwas zu erklären hatte, dann Demetrios.
“Demetri?” Sein Vater wartete offenbar auf eine Erklärung, doch Demetri hatte keine. Er war fassungslos über den Anblick der Hände seines Vaters auf Joanna Mannings Hüften. Die braunen Hände, auf denen sich bereits die ersten Altersflecken zeigten, hoben sich dunkel vom roten Satin ihres Morgenrocks ab – unter dem sie nichts weiter trug, wie er vermutete. Khristo, was hatten die beiden gerade getan? Zusammen geduscht?
Die Fantasie ging mit ihm durch. Er hatte nicht geahnt, dass ihr Haar so lang war, doch nun fiel es ihr hell und seidig über die Schultern. Das rote Gewand war ähnlich provokativ und lenkte seine Aufmerksamkeit auf ihre schlanke Gestalt, indem es ihre schmale Taille und langen Beine betonte.
Zu Demetris Entsetzen reagierte sein Körper sofort. Verärgert riss er sich zusammen. Sein Vater wartete auf eine Antwort, und er wollte unbedingt vermeiden, dass der alte Mann erriet, wie sehr sein Sohn von dieser … dieser – er suchte nach einem geringschätzigen Ausdruck – Person fasziniert war.
“Ich … Guten Abend, Papa, Mrs. Manning”, improvisierte Demetri. “Ich hoffe, es ist alles zu eurer Zufriedenheit?”
Sein Vater runzelte die Stirn. “Wir sind schon seit zwei Tagen hier”, erinnerte er ihn und ließ Joanna los. “Ich glaube nicht, dass deine Sorge um unser Wohlbefinden der eigentliche Grund für diese Störung ist.”
Natürlich nicht. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, seinen Vater hier anzutreffen. Er war wegen Mrs. Manning gekommen und hatte gehofft, ein paar Minuten ungestört mit ihr reden zu können.
“Ich wollte mit dir sprechen, Papa”, behauptete er rasch. Vielleicht war es sogar ganz gut so. Seine Reaktion auf diese Frau hatte ihn selbst überrascht. Es wäre unvorstellbar peinlich geworden, wenn sie seine Erregung bemerkt hätte und Constantine nicht in der Nähe gewesen wäre. Theos! Ihm brach der Schweiß aus. Was, zum Teufel, war mit ihm los?
“Und du hattest angenommen, ich wäre hier bei Joanna?”
Sein Vater war kein Narr, und Demetri musste sich schleunigst etwas überlegen. “Ich habe an deine Tür geklopft, erhielt aber keine Antwort.” Er betete im Stillen, dass Philip, der Kammerdiener seines Vaters, ihn nicht Lügen strafen würde. “Doch das ist ja jetzt egal. Wie ich sehe, bist du … anderweitig beschäftigt.” Er erstickte fast an den Worten. “Die Sache kann bis morgen warten.”
“Davon bin ich überzeugt.” Constantine wollte ihn eindeutig loswerden.
Nach einem kurzen Blick in Joannas Richtung verließ Demetri den Raum. Draußen blieb er stehen und atmete tief durch. Er war aufgewühlt, und obwohl er wusste, dass er sich so schnell wie möglich entfernen sollte, zögerte er. Das Bild der beiden hatte sich ihm ins Gedächtnis gebrannt und würde sich so leicht nicht verdrängen lassen. Im Zimmer hinter ihm herrschte völlige Ruhe. Sein Vater und dessen Geliebte setzten offenbar die Beschäftigung fort, bei der sie gestört worden waren. Demetri brauchte keine Kristallkugel, um zu erraten, was es war.
Leise vor sich hin fluchend ging er den Korridor entlang zur Treppe. Es würde verheerende Folgen haben, falls er versuchte, Mrs. Manning nachzustellen. Wann hatte er eigentlich begonnen, sich von seinen Hormonen statt vom Verstand leiten zu lassen?
Der Salon war inzwischen aufgeräumt worden. Um Platz für die zahlreichen Gäste zu schaffen, hatte man die Möbel beiseite gerückt und nun wieder zu behaglichen Sitzgruppen arrangiert. Üppige Blumengestecke verströmten ihren Duft und vertrieben die schalen Gerüche von kaltem Tabakrauch und Parfüm.
“Kann ich Ihnen etwas bringen, Sir?”
Demetri drehte sich um und sah sich einem Diener gegenüber. Am liebsten hätte er eine Flasche Scotch geordert, um sich damit in den hintersten Winkel des Grundstücks zu verziehen und sinnlos zu betrinken. Doch er war nicht umsonst seines Vaters Sohn, und ein Kastro machte sich nicht zum Narren – insbesondere nicht vor Dienstboten.
“Nein, danke”, erwiderte er und setzte sich in einen Sessel. Mit grimmiger Miene blickte er aus dem Fenster.
So fand ihn Spiro zehn Minuten später vor. Obwohl das Zimmer nur schwach beleuchtet war, entdeckte er seinen Arbeitgeber und Freund sofort. “Ich glaube, deine Schwester und die anderen Dinnergäste haben sich in der Bibliothek versammelt”, sagte er. “Was machst du hier? Schmollen?”
“Hüte deine Zunge”, warnte Demetri.
“Man hat dich wohl zum Teufel gejagt”, fuhr Spiro unbeeindruckt fort. “Was ist los? Hat sie dir erklärt, dass sie aufs Ganze gehen will?”
“Unsinn!” Demetri stand auf und schaute sich suchend um. “Gibt es hier irgendetwas zu trinken?”
Spiro schob die Hände in die Hosentaschen. “Sieht nicht so aus. Warum leisten wir nicht den Gästen deines Vaters Gesellschaft? In der Bibliothek ist eine Bar.”
“Danke, das weiß ich. Wieso gehst du nicht hinüber? Ich bin nicht in der Stimmung für Plaudereien.”
“Warum nicht?”
“Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten, Spiro. Du bist nicht mein Aufpasser.”
Spiro zuckte die Schultern. “Du bist also abgeblitzt.”
“Nein. Ich konnte nicht einmal mit ihr sprechen.”
“War sie nicht in ihrer Suite?”
“Oh doch. Allerdings war sie nicht allein.”
Spiro pfiff leise durch die Zähne. “Nun, morgen ist ja auch noch ein Tag.”
“Ja.” Demetri nickte ironisch. “Und übermorgen und der Tag nach übermorgen … Komm, besorgen wir uns einen Drink. Ich möchte nicht, dass der alte Mann denkt, ich hätte etwas zu verbergen.”
“Glaubst du, er könnte auf diese Idee verfallen?”
“Wer weiß.” Demetri machte eine wegwerfende Geste. “Ich frage mich, warum er sie hergebracht hat.”
“Dreimal darfst du raten.”
“Sie soll als sein Gast an Alex’ Hochzeit teilnehmen.” Demetri überlegte. “Wo mag Mr. Manning stecken?”
“Falls es überhaupt einen Mr. Manning gibt.”
“Denkst du, sie lügt?”
“Nein.” Spiro schüttelte den Kopf. “Aber sie trägt keinen Ring. Meinst du, sie ist geschieden?”
Demetri hatte genug von der Unterhaltung. “Ringe bedeuten heutzutage nichts mehr. Was soll’s? Sie ist hier. Nur das zählt.”
“Denkst du, die Sache ist etwas Ernstes?”
Demetri war ratlos. “Denkst du es?”
“Vielleicht. Dein Vater scheint sie sehr zu mögen.”
“Was willst du damit andeuten? Dass er vorhat, sie zu heiraten?”
“Wohl kaum. Aber schwere Krankheiten verändern den Menschen. Wenn man an die eigene Sterblichkeit erinnert wird, verspürt man plötzlich den verzweifelten Wunsch, das Leben zu genießen.”
“Seit wann bist du ein Philosoph?”, spottete Demetri.
“Ich versuche lediglich, objektiv zu sein”, verteidigte sich Spiro. “Entgegen allen Behauptungen vermittelt Mrs. Manning mir nämlich nicht den Eindruck, dass sie nur aus finanziellen Motiven mit deinem Vater zusammen ist.”
“Kennst du sie so gut?”
“Nein. Allerdings war ich gestern hier, als sie ankamen und habe sie beobachtet. Ich könnte schwören, dass die beiden einander schon sehr lange kennen.”
“Kennen Sie meinen Vater schon lange?”
Die Frage wurde von einer schlanken, dunkelhaarigen Frau gestellt, deren Ähnlichkeit mit ihrem Vater unübersehbar war. Constantine hatte Joanna erzählt, dass Olivia mit neunzehn geheiratet hatte, doch die Ehe war gescheitert. Constantines Meinung nach war Olivia zu verwöhnt und dickköpfig gewesen, um sich den Wünschen ihres Ex-Gatten zu beugen. Wenige Monate nach der Hochzeit mit Andrea Petrou war sie nach Theopolis zurückgekehrt und hatte seither auch kein Interesse an einem anderen Mann gezeigt.
Olivia war das älteste der drei Kastro-Kinder. Mit sechsunddreißig hielt sie sich für die Herrin des Hauses, was vielleicht ihr Misstrauen Joanna gegenüber erklärte. Möglicherweise betrachtete sie die andere Frau als Bedrohung ihrer Autorität.
Sie war Joanna zu den Vitrinen gefolgt, in denen ihr Vater seine Sammlung von Schnupftabaksdosen aufbewahrte. Der Moment war geschickt gewählt, und Joanna erkannte, dass es ein Fehler gewesen war, sich zu weit von Constantine zu entfernen und so einem Kreuzverhör auszuliefern.
“Ziemlich lange”, erwiderte sie und konzentrierte sich auf die Tabatieren. Sie hatte viele der Dosen Constantine persönlich überbracht, und es war faszinierend, die Stücke nebeneinander zu sehen. “Sind sie nicht wunderschön?”, fügte sie hinzu, um Olivia abzulenken.
“Nun, zumindest sind sie wertvoll”, meinte Olivia. “Interessieren Sie sich für Antiquitäten, Mrs. Manning?”
Joanna ignorierte die Anspielung geflissentlich. “Sie sind Bestandteil meines Berufs. Durch sie habe ich auch Ihren Vater getroffen.”
“Tatsächlich?”
“Ja, wirklich.” Joanna wählte ihre Worte mit Bedacht. “Ich arbeite für ein Londoner Auktionshaus. Und was machen Sie, Mrs. Petrou?”
“Was ich mache?” Olivia war sichtlich fassungslos.
Bevor sie jedoch mehr sagen konnte, gesellte sich ihr Vater zu ihnen und legte den Arm um Joannas Taille. “Lass mich überlegen … Sie ist eine fabelhafte Tänzerin, eine Wassersportexpertin und ein Genie beim Geldausgeben. Mein Geld”, betonte er trocken. “Ist es nicht so, Livvy? Oder habe ich etwas vergessen?”
“Du lässt mich ja nichts anderes tun”, beschwerte sie sich. Es kostete sie einige Anstrengung, ihren Zorn zu verbergen. “Jedenfalls glaube ich nicht, dass es Mrs. Manning etwas angeht.”
Betroffen erkannte Joanna, dass sie sich eine Feindin geschaffen hatte. Keiner von Constantines Sprösslingen würde je ihn für die peinliche Situation verantwortlich machen. Die drei waren zweifellos der einhelligen Ansicht, dass sie die Affäre eingefädelt habe.
Da ihr klar war, dass sie Olivia durch nichts besänftigen konnte, wandte Joanna sich Constantine zu. “Wie geht es dir? Du siehst müde aus. Möchtest du nicht lieber oben essen?”
“Das könnte dir so passen”, raunte er ihr zu. Er wirkte tatsächlich erschöpft. Die Anstrengungen des Tages forderten ihren Tribut, doch Constantine wollte keine Schwäche zeigen. “Wie könnte ich unsere Gäste allein lassen? Das Dinner wird gleich serviert.” Er hielt sein Glas gegen das Licht. “Wusstest du eigentlich, dass es nur in Griechenland echten Ouzo gibt? Ich habe ihn im Ausland probiert, aber dort schmeckt er nicht.”
“Darfst du denn Alkohol trinken, Papa?”, warf Olivia ein. “Du warst krank. Ich mache mir große Sorgen um dich.” Sie blickte Joanna verächtlich an. “Du musst dich schonen.”
Constantine presste die Lippen zusammen. “Es freut mich, dass du dich um mein Befinden sorgst, Livvy, aber Demetri hat dir sicher erzählt, dass ich mich sehr wohl fühle. Außerdem kümmert sich die schöne Joanna um mich. Sie kann strenger sein als der beste Arzt.”
Und doppelt so teuer. Joanna konnte Olivias Gedanken förmlich hören. In diesem Moment betrat Demetrios den Raum, und seine Schwester schaute sofort in seine Richtung. Joanna unterdrückte ein Seufzen. Sie war Constantines Sohn tatsächlich dankbar, dass er Olivia von ihr ablenkte.
Spiro Stavros begleitete seinen Arbeitgeber. Beide Männer waren Anfang Dreißig, groß und muskulös gebaut, aber Spiro fehlten Demetrios’ markante Züge. Trotzdem war Joanna Spiros unverhohlene Zurückhaltung deutlich lieber als Demetrios’ kalte Augen und dunkle Attraktivität.
Olivia eilte ihrem Bruder entgegen, und Constantine nutzte die Gelegenheit, um Joanna zuzuflüstern: “Lass dich von Livvy oder Demetri nicht ärgern. Sie sind neugierig, das ist alles. Solange du deine Rolle spielst und dich nicht zu unbedachten Äußerungen hinreißen lässt, ist alles in Ordnung.”
Joanna wünschte, sie wäre ähnlich zuversichtlich. Constantines Reichtum war ihr ebenso fremd wie seine Macht oder das Gefühl, dass jeder sie für eine Glücksritterin hielt. Dabei war sie nicht im Mindesten an seinem Geld interessiert. Allmählich dämmerte ihr, dass die Zweifel, die sie bereits in England geplagt hatten, berechtigt waren.
“Glaubst du, sie halten uns für ein Liebespaar?”, fragte sie leise.
Constantine schmunzelte. “Oh ja, das tun sie. Und ich fange an, es zu genießen.”
Das Dinner wurde im “Esszimmer der Familie”, wie Constantine es nannte, serviert. Auf Joanna wirkte der Raum mit dem Marmorboden und der hohen Decke eher wie ein Ballsaal. Am Vorabend hatte sie mit ihm in seiner Suite gespeist, und obwohl die ständige Anwesenheit der Dienstboten sie zunächst ein wenig irritiert hatte, war die Mahlzeit entspannt verlaufen. Joanna war noch ganz verzaubert von der märchenhaften Umgebung gewesen und hatte sich eingeredet, dass alles nicht so schlimm werden würde, wie sie befürchtet hatte.
Ein unverzeihlicher Irrtum!
Bei der ersten Begegnung hatte Olivia ihre Krallen noch nicht gezeigt. Alex war bei ihrem Verlobten in Athen, und Demetri hatte eine Besprechung mit Bankiers in Genf gehabt, so dass Olivia allein und völlig unvorbereitet auf Joannas Ankunft gewesen war. Joanna fragte sich, ob Constantine seine Familie tatsächlich über die Identität seines Gastes informiert hatte. Er hatte es zwar behauptet, aber Olivia war eindeutig schockiert über die Beziehung gewesen. Ob Constantine klar gewesen war, wie feindselig seine Kinder reagieren würden?
An der Tafel saßen neben Constantines Sohn und Tochter, Spiro Stavros und drei weitere Gäste: Nikolas Poros und seine Frau sowie ein alter Onkel von Constantines zweiter Frau, der ebenfalls in der Villa lebte. Panos Petronides war in den Achtzigern, wirkte aber Jahre jünger.
Die einheimischen Gerichte, die serviert wurden, waren köstlich. Es gab gefüllte Weinblätter, Souvlakia, Tomaten mit Ziegenkäse, kaltes Fleisch, Salate und natürlich Retsina, den mit Harz aromatisierten Wein der Region. Zu Joannas Erleichterung wurde während der Mahlzeit nur wenig gesprochen. Sie beobachtete Constantine verstohlen. Sollte er die ersten Anzeichen von Erschöpfung zeigen, war sie bereit, ihn nach oben zu begleiten. Demetrios hatte allen Grund, am Gesundheitszustand seines Vaters zu zweifeln. Constantine war sehr schwach, und Joanna hoffte inständig, er möge das Täuschungsmanöver durchhalten, bis die Hochzeit vorüber war.
Später wurde im angrenzenden Wohnzimmer Kaffee gereicht. Constantine ließ sich auf einem der Sofas nieder und forderte Joanna auf, neben ihm Platz zu nehmen – vermutlich wollte er vermeiden, dass Olivia sich zu ihm setzte.
Er deutete auf eine silberne Platte mit süßem Gebäck auf einem der Beistelltische. “Bedien dich.”
Joanna, die nur wenig gegessen hatte, schüttelte den Kopf. “Nein, danke.” Da Demetri sich inzwischen genähert hatte und den Inhalt der Schale inspizierte, wartete sie, bis er sich für ein Dessert entschieden hatte und damit zu seinem Sessel zurückgekehrt war. “Möchtest du etwas?”, fragte sie dann.
“Ja, aber nichts zu essen”, erwiderte er, was ihm einen düsteren Blick von seinem Sohn einbrachte. An Demetrios gewandt fügte er hinzu: “Wir unterhalten uns morgen früh. Du kannst mir berichten, was während meiner Abwesenheit passiert ist. Nikolas Poros erzählte mir, dass zwei unserer Tanker nutzlos in Piräus liegen. Hoffentlich hast du eine gute Erklärung dafür.”
“Sie liegen nicht nutzlos vor Anker”, protestierte Demetrios empört. “Hat Poros dir nicht gesagt …”
“Morgen, Demetri”, unterbrach ihn sein Vater und lächelte Joanna an. “Ich bin ein wenig müde, agapi mou. Bist du fertig?”
“Ja, natürlich.”
“Du willst uns doch nicht etwa auch Mrs. Mannings Gesellschaft berauben?”, warf Demetrios ein und erntete erneut das Missfallen seines Vaters. “Vielleicht hat Mrs. Manning ja Lust auf einen kleinen Bummel durch den Park. Wie ich hörte, haben Engländer eine Schwäche für gepflegte Gärten. Ist es nicht so, Mrs. Manning?”
“Ich lebe in einem Hochhaus, Mr. Kastro”, erklärte sie ihm ausweichend.
Bevor sie noch mehr äußern konnte, ergriff Constantine das Wort. “Joanna ist ebenfalls müde.”
Demetrios ließ sich jedoch nicht beirren. “Bist du sicher, Papa? Sie ist schließlich erheblich jünger als du, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf.”
“Du überschreitest deine Grenzen, Demetri.” Diesmal war Constantines Ärger unverkennbar.
“Vielleicht solltest du Mrs. Manning selbst entscheiden lassen.”
Joanna seufzte. “Ihr Vater hat Recht. Ich bin müde. Es war ein anstrengender Tag.”
Ein Lächeln umspielte Demetrios’ Lippen. “Davon bin ich überzeugt.” Unvermittelt erhob er sich. “Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden …” Ohne die Erlaubnis seines Vaters abzuwarten, verließ er das Zimmer.
Trotz der morgendlichen Hitze war das Wasser im Pool noch kalt – was Demetri sehr willkommen war. Er hatte nicht nur unruhig, sondern extrem schlecht geschlafen und war von Träumen heimgesucht worden, über die er in wachem Zustand lieber nicht nachdenken wollte. Es frustrierte ihn, dass er nicht im Stande war, sein Unterbewusstsein zu kontrollieren, und deshalb im kühlen Nass versuchen musste, seine aufgewühlten Sinne abzulenken.
Mit kraftvollen Zügen schwamm er Bahn um Bahn, nach jeder Wende tauchte er so lange, bis ihm die Lungen brannten. Als er an die Oberfläche kam, sah er plötzlich, dass er nicht mehr allein war.
Eine Frau hatte die Villa verlassen. Dass sie ihn noch nicht entdeckt hatte, erkannte er an der Art und Weise, wie sie unbekümmert den Patio durchquerte und die Hände auf die Balustrade stützte. Sie legte den Kopf zurück und streckte das Gesicht der Sonne entgegen.
Joanna Manning war schön. Und nun, da er Gelegenheit hatte, sie unbemerkt zu betrachten, musste Demetri einräumen, dass er seinen Vater verstand. Sie trug eine ärmellose Weste aus einem weichen, seidigen Material, das sich an ihre vollen Brüste schmiegte. Ihm stockte der Atem, als sie sich rekelte und die festen Knospen sich deutlich unter dem dünnen Stoff abzeichneten. Um die Taille hatte sie einen Sarong geschlungen, ein durchsichtiges Tuch in Rot- und Grüntönen, das den Bikinislip darunter mehr enthüllte als bedeckte. Es umwehte ihre schier endlosen, wohlgeformten Beine, und Demetri spürte, wie sein Körper sofort reagierte – trotz des kalten Wassers.
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